[NO/SE] Lierne im Juni 2023: Arvasslia – Blåfjella – Lierne NP

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  • Borgman
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    [NO/SE] Lierne im Juni 2023: Arvasslia – Blåfjella – Lierne NP

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Trøndelag + etwas nördliches Jämtland
    04. bis 18. Juni 2023


    Der nüchterne Titel soll es schon andeuten: in diesem Bericht steht die Routenbeschreibung im Vordergrund. Soll heißen, dass das Erlebnis drumherum zwar nicht ganz fehlt, aber wohl etwas knapper ausfallen wird als gewohnt. Hauptsächlich weil ich zur Zeit beruflich ziemlich eingespannt bin und nur wenige Mußestunden zum Schreiben übrig bleiben. Bis Oktober will ich aber auch nicht warten, er soll schon gleichzeitig mit Fjellfex’ Bericht beginnen. Schließlich haben wir gemeinsam intensiv an der Vorbereitung gearbeitet und es allen Widrigkeiten zum Trotz geschafft, ein paar Tage zusammen im Norden zu verbringen.

    Praktische Infos zu Gehzeiten, Gelände, vorhandenen oder nicht vorhandenen Brücken (wichtiger Punkt, weil nicht alle in der Karte eingezeichnet sind) und den Besonderheiten des weglosen Wanderns im Juni lassen sich aus einem strafferen Bericht auch besser herausfiltern. Falls sich mal jemand für diesen eher wenig besuchten, abgelegenen Teil Nord-Trøndelags interessiert und meine Route als Anregung für eine eigene Tour hernimmt. Die Möglichkeiten für Varianten sind vielfältig. Ich hatte vorher keine Route geplant – weil die Schneeverhältnisse völlig unklar waren und weil ich mir das überhaupt weitgehend abgewöhnt habe. Spontan nach den äußeren Bedingungen und dem eigenen Gefühl zu entscheiden hat für mich mehr Reiz als einem vorher festgelegten Plan sklavisch zu folgen.

    Ich wollte also gerne mit dem Fjellfex eine gemeinsame Strecke gehen, selbst wenn es vielleicht nur ein paar Tage sind, und ich wollte gerne endlich in den Lierne Nationalpark, weil ich eine Tour dorthin schon zweimal absagen musste. Rund um Blåfjellhatten zu wandern wäre auch schön, wobei dort nach SeNorge noch viel Schnee liegen sollte. Prinzipiell habe ich nichts gegen Schnee, aber speziell im Juni damit in früheren Jahren ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Von "fest und über weite Strecken gut gangbar" bis zu "morgens als Bruchharsch knallhart glatt gefroren und nachmittags knöcheltief nasser Sulz" (das war in Jotunheimen, hat mich den letzten Nerv gekostet). Welche Sorte uns wo erwarten würde, darüber konnten wir allenfalls spekulieren. Die Packrafts sollten mit, um bei der wahrscheinlich starken Schneeschmelze unfurtbare Flüsse an geeigneter Stelle zu queren (wenn es denn eine solche gibt, siehe letztes Jahr in Varanger). Und, wenn man denn schon ein Boot dabei hat, eine weitere ungeklärte Frage: welche Seen werden überhaupt schon aufgetaut sein?



    Storstrivatnet, 749m
    Zuletzt geändert von Borgman; 24.09.2023, 13:17.

  • vobo

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    #2
    Was für eine nette Idee, die gemeinsamen Tage gemeinsam zu veröffentlichen. Freu mich drauf!
    Aber ich möchte dann auch noch eine gefilmte Schlitterpartie übers Eis sehen 😎.

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    • Blahake

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      #3
      Was für ein Knaller-Bild schon zum Einstieg!

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      • Borgman
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        #4
        Sonntag, 04. Juni: Reisetag

        Die Anreise Hamburg – Oslo – Trondheim verläuft erfreulich glatt. Pünktlich um 19:15 Uhr landen wir in Værnes, es ist bewölkt und trocken bei 9°C. Ich kaufe noch überteuerten Spiritus (119 Kr) an der Tanke und gehe dann zielstrebig eine gute Stunde bis zu meinem schon mehrmals genutzten Platz („bewährt“ könnte man auch sagen, denn ich wurde da noch nie gestört) etwa 500m hinter dem Sprengstofflager. Das gibt es auch schon ewig, und ganz offensichtlich wurde ich da auch noch nie in die Luft gesprengt. Sichere Sache also. Trotzdem vertrödele ich etwas Zeit um die beste Stelle zu finden. Seit meinem letzten Besuch ist es wohl etwas krautiger geworden. Oder ich bin anspruchsvoller, kann auch sein. Kurz im Bach waschen, dann Nachmittagskaffee erst gegen 21:30 Uhr. Der muss schon sein, sonst hätte ich den teuren Spiritus gar nicht kaufen müssen … sonst hätte morgen der günstigere vom Baumarkt ausgereicht.


        Montag, 05. Juni: Grong, Sørli und Tourstart

        Leider nicht gut geschlafen, weil eine Hautkrankheit mir nachts Probleme bereitet. Ich habe zwar eine Salbe mit, aber die bringt es nicht wirklich. (Das wird sich bis zum Ende der Tour auch nicht ändern, deshalb verzichte ich auf ständige Wiederholung. Wenn ich um die 4 Std. Schlaf kriege, sei es auch nur in Stunden- oder Halbstundenhäppchen, bin ich i.d.R. fit genug für den Tag. Ausgeschlafen ist was Anderes. Thema beendet ).

        Am Morgen leichter Nieselregen. Ich frühstücke einen Müsliriegel und laufe zurück zum Hellsenteret, wo ich genau zur Öffnung des Rema 1000 um 7:00 Uhr ankomme. Meine üblichen Sachen, die ich immer kaufe ... Kornmo, Rosinenbrötchen und so. Aber! Es gibt kein Bixit! Was soll der Scheiß? Das ist verdammt noch mal ein Grundnahrungsmittel! Ach so ... für 11.90 Kr im Angebot und deshalb ausverkauft ... na ja ... das ist wirklich günstig ... da hätte ich wohl auch ein paar gebunkert.

        Nach einem Kaffee mit Rosinenbrötchen (wann lernt man in anderen Ländern endlich, dass in ein richtiges Rosinenbrötchen selbstverständlich Kardamom gehört? Muss ich mal den Fjellfex fragen.) am Flughafen nehme ich um 8:24 Uhr den Zug nach Grong. Hier regnet es nicht, sogar die Sonne kommt manchmal durch, aber es weht ein kühler Wind. Nur wenige Minuten vom Bahnhof finde ich einen überraschen guten Platz im Wald, den ich mir für die Rückfahrt merke. Mittagessen, bisschen abschlappen bis zur Busabfahrt um 14:05 Uhr. Der Nachmittag wird noch anstrengend genug.

        Auf der Busfahrt sieht man sowohl Berge, die noch fast komplett weiß sind als auch welche, die schon große dunkle Flecken haben. Ja, da wird bestimmt was gehen. Was meine Wunschliste angeht bin ich weiterhin skeptisch. Wird die Tour am Ende doch nur ein unbefriedigender Kompromiss? Den Gedanken schiebe ich beiseite. Erst mal zur Arvasslihytta, die wir für morgen als Treffpunkt gebucht haben, dann sehen wir weiter. Gegen 16:20 Uhr steige ich an der Kreuzung nach Berglia aus und die Tour beginnt. Bewölkt, manchmal Sonne, aber immer ein frischer Wind aus NW. Gutes Wetter, um zum Warmlaufen einige Kilometer auf der Straße abzureißen. Jede Stunde mache ich 20–30 Minuten Pause, also alle ca. 5 km.


        den See Ulen umgehe ich westlich – kein Paddelwetter für mich


        Ingeldalsåa führt mächtig viel Wasser


        Blick zum Rengen. Da gaaanz weit hinten dürfte der Fjellfex jetzt mit dem Boot übersetzen.

        Hinter Sundvika biege ich nach Süden auf einen Forstweg ab, da ist die 2. Pause fällig. Hier kommt mir ein Mann auf einem Quad entgegen, der dankenswerterweis kein Trøndersk spricht, sondern sich um verständliches Norwegisch bemüht. Er erkundigt sich nach meinem Plan. Ich sage Arvasslia, dann Blåfjella über Grubbdalen, vielleicht auch Stor-Stensjön. Er grinst schon mal nicht hämisch – gutes Zeichen – sondern denkt einen Moment nach. Ganz einfach wird’s vielleicht nicht, sagt er, aber seiner Meinung nach auch nicht unmöglich. Der Übergang nach Arvasslia sollte kein Problem sein. Er freut sich, dass wir da hin wollen und meint, das ist ein besonders schönes Tal. Wie wir denn darauf gekommen sind? Jaa … das ist eine lange Geschichte …

        Dort, wo der Forstweg eine scharfe Rechtskurve mach, schwenke ich nach links und gehe pfadlos 500m durch den Wald, bis ich auf das erwartete Hindernis stoße. Der Bergbach ist reißend und vermutlich tiefer als er auf den ersten Blick aussieht.



        Die Furt geht dann doch ganz gut, etwas mehr als knietief. Dahinter ziehe ich die Stiefel gar nicht mehr an, sondern folge in Furtsandalen der Fahrspur ein Stück den Hang hoch. Im dichten, steinigen Wald gibt es keine guten Zeltstellen. Nah am Bach finde ich dann doch eine passable. Der stürzt hier mit Getöse bergab, aber das stört mich nicht allzu sehr.

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        • Borgman
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          #5
          @Volker: Das gemeinsame Veröffentlichen setzt natürlich einen Kompromiss voraus: Fjellfex drosselt sein gewohntes Raketentempo ein bisschen und ich haue die Texte möglichst schnell raus und benutze wo es geht die JPGs direkt aus der Kamera. Kam ja erst am Sonntag spät abends wieder, und der Rucksack ist immer noch nicht ganz ausgepackt. Fürs Filmen ist allein Fjellfex verantwortlich … Sonderwünsche bitte möglichst schon vor der Tour anmelden

          @Anne: Danke! Und das ist nicht mal ein gestelltes Foto – ich kam mit dem Boot unterm Arm von einer Paddelstelle, setzte es auf dem Schnee kurz ab und musste lachen wie herrlich schräg das aussah.

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            #6
            Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
            @Anne: Danke! Und das ist nicht mal ein gestelltes Foto – ich kam mit dem Boot unterm Arm von einer Paddelstelle, setzte es auf dem Schnee kurz ab und musste lachen wie herrlich schräg das aussah.
            Auf Schnee zudem Beschädigungsgefahr geringer. Win-win

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            • Borgman
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              #7
              Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen

              Auf Schnee zudem Beschädigungsgefahr geringer. Win-win
              Schäden - leider werden wir auf dieses Thema zurück kommen müssen - sind meistens menschlicher Unachtsamkeit geschuldet ... seufz ... aber du hast recht: auf Schnee wäre ... was später passiert vielleicht vermieden worden

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              • Borgman
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                #8
                Dienstag, 06. Juni: Kratt, Hütte und ein Fjellfex

                Am Morgen ist es noch trocken bei 3°C, aber Regen ist angesagt. Früher Aufbruch wäre ratsam. Wir sind beide der Meinung, dass wir die Hütte, obwohl sie uns offiziell erst ab 15:00 Uhr zur Verfügung steht, schon ein paar Stunden früher aufsuchen können. Um 7:00 Uhr folge ich weiter der Fahrspur, die allerdings schon sehr bald nicht mehr durchgehend zu erkennen ist. Vielleicht ist sie falsch eingezeichnet oder sie zweigt noch mal ab, jedenfalls lande ich nicht wie erhofft am kleinen See Finnkrutjønna, sondern irgendwo am Bach unterhalb. Auch die in der Karte eingezeichnete Hütte kann ich nicht entdecken. Macht nichts, dann geht es eben ab jetzt pfadlos weiter. Die Sicht ist gut, ich kann mich an den Bergen orientieren.



                Besonders schnell komme ich trotzdem nicht voran. Auf dem Foto lässt sich der Grund erahnen – kratt. Der Begriff ist vielleicht nicht jedem geläufig. Kratt bedeutet „Gesträuch, Gestrüpp“ und ist der Erzfeind jeglicher Wanderbekleidung sowie unbedeckter Haut. Das Klima in Nord-Trøndelag (und Teilen von Nordland) begünstigt ja anscheinend sowieso das Pflanzenwachstum. Kaum irgendwo sonst sind nach meinem Gefühl die Moospolster dicker, die Beerenheiden üppiger und die Wälder dichter als dort. Man muss oft durch die Moore laufen um dem kratt zu entgehen. Doch selbst das größte Moor ist irgendwann zu Ende und dann greift das kratt wieder mit seinen tausend harten, spitzigen Zweigen nach den Hosenbeinen, zerrt an Jacke und Rucksack, zerkratzt Hände und Arme und versucht dem Wanderer den Durchgang so sauer wie möglich zu machen.

                Hier sind es neben den Strauchweiden besonders sperrige, 2-3m hoch wachsende Birken (ich vermute Birken, könnte auch eine Weidenart sein, sie haben noch keine Blätter) mit Ästen, die wild in alle Richtungen wachen und sich ineinander verhakeln. Sehr unangenehm, dazu praktisch unvermeidbar, wenn man einigermaßen die Richtung halten will. Ich schlage mich an Finnkru- Storstein- und Djuptjønna entlang nach Süden. Leichter Regen setzt ein. Nach zwei Stunden habe ich gute 4 km geschafft, die halbe Strecke bis zur Arvasslihytta. Zeit für eine Pause im Zelt.


                Kratt kann auch auf Schnee umgangen werden

                Danach geht es deutlich angenehmer über Schneefelder und durch weniger dichte Vegetation. Die im Gelände günstigste Route führt mich nicht wie gedacht an der niedrigsten Stelle zwischen Flatfjellknulen und dem Punkt 818m über den Pass, sondern 800m NNW davon auf 840m Höhe. Das Gröbste wäre geschafft.


                Arvatnet, dahinter Grubbdalen. Der Berg rechts ist Juthatten.

                Ja, das sieht wirklich schön aus, ich freue mich auf die Hütte und Fjellfex. Bestimmt ist er auch früh aufgebrochen und hat schon ein gutes Stück geschafft. Durch den höheren Übergang habe ich jetzt einen steileren Abstieg, der sich aber als völlig unproblematisch erweist. Weiter unten lässt der Nadelwald mit vielen umgestürzten und abgeknickten Bäumen dem Wanderer netterweise immer freie Passage, ohne dass man sich durch sperriges Dickicht zwängen muss. Dann treffe ich auf eine Fahrspur und folge ihr in der nahe liegenden Annahme, dass sie zur Hütte führt. Tut sie aber nicht. Sie quert mehrmals den Bach und entlässt mich in ein Moor wenige hundert Meter nördlich der Hütte.



                Jetzt wird es spannend. Die Hütte soll abgeschlossen sein, der Schlüssel in einer Schlüsselbox hängen, die sich mit einem Code öffnen lassen soll, der in der Buchungsbestätigung stand. Extrem praktische Sache für Streckenwanderer. So muss man nicht umständlich den Schlüssel irgendwo abholen und wieder abgeben. Und siehe da: es funktioniert sogar. Keine 10 Minuten später, ich habe nur eben Wasser aus dem Bach geholt und den Ofen beguckt (ja, es ist immer noch sehr frisch, wir brauchen sofort eine warme Hütte), höre ich Schritte. Da kommt auch schon der Fjellfex - perfektes Timing. Endlich treffen wir uns mal, und dann sogar in einer behaglichen Behausung an diesem schönen See. Schnell ist der Ofen angezündet, er zieht super, dann große Waschaktion und Kaffee. Zur Feier des Tages habe ich ein 6er Pack Kvikk Lunsj zum Aufteilen erstanden.


                Arvasslihytta mit Fjellfex

                Der gemütliche Teil des Tages zieht sich bis zum Abend. Keiner von uns hat Lust auf eine Paddelrunde gegen den Wind oder auch nur einen Spaziergang. Wir haben aber auch viel zu besprechen, z.B. welche gemeinsame Route sich von hier anbietet. Ich kann mir eine Strecke auf schwedischer Seite vorstellen, Grubbdalen oder vielleicht über Stor-Stensjön, wobei ich irgendwann nach Norden abdriften will. Da lässt sich auf jeden Fall eine Schnittmenge finden. Später am Nachmittag kommt die Sonne öfter durch, die Regenschauer werden seltener … wir nehmen ein frühes Abendessen ein … und irgendwann haben wir beide die selbe Idee. Der Hang da drüben sieht so einladend aus. Wir fahren mit dem Boot über denn See, laufen weiter nach Westen, zwischen Langvassklunpen und Juthatten hoch und halten uns immer oberhalb vom Grubbdalen, bis wir nach Schweden rein kommen. Ausgezeichneter Plan. Ablegen morgen Früh um Sieben von unserem Strand am Bootsschuppen.


                Blick von der Hütte auf unsere morgige Anstiegsroute (zwischen den beiden Einschnitten am Hang in der rechten Bildhälfte)


                Arvatnet mit Langvassklumpen

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                  #9
                  Mittwoch, 07. Juni: Arvasslihytta bis Serviesgaejsie

                  Wie gut, dass der Fjellfex auch ein Frühaufsteher ist. So angenehm unser Tag in der Hütte auch war, bei dem vielversprechenden Wetter heute hätte ich nicht noch den halben Vormittag hier verdaddeln wollen. Bei Wind und Regen wäre das anders, versteht sich. Aber am Morgen hat der Wind deutlich nachgelassen und die Wolken sehen nicht nach viel Regen aus. Höchstens ein paar Tropfen. Wir räumen nach dem Frühstück gut gelaunt den Ofen aus, fegen den Boden, klemmen das Gas ab und machen um 7:15 Uhr die Boote startklar.







                  Wir queren den See Richtung WSW und landen an der Stelle, wo der südlichste von drei Bächen einmündet. Für Fjellfex gibt es einen prima Strand und ich fahre noch ein Stück in den Bach ein, der hier ruhig und tief mäandriert, bis es nicht mehr weitergeht. Solche Bäche mag ich und nutze sie wo immer möglich. Kurz die Boote trocken, Sachen umpacken, eine rauchen … dann steigen wir in gemächlichem Tempo genau nach Westen den Hang hoch.



                  Fjellfex hat mich schon darauf vorbereitet, dass er langsam geht und lieber mehrere kurze Pausen macht als eine oder zwei längere. Dagegen ist mein gewohntes Tempo etwas höher und ich liebe lange Pausen, in denen ich Kaffee koche und mich ein bisschen ausstrecke. Da werden wir einen Kompromiss finden müssen. Wir starten also in Fjellfex’ Tempo durch lichten Wald und Moor.




                  Premium-Schneefeld: fest und tragfähig bis zum Rand

                  Leider hält das Wetter nicht ganz, was es am Morgen versprach. Der Wind bläst uns mittlerweile kalt ins Gesicht, und nach einer ersten Fjellfex-Pause kommt leichter Regen dazu. Hier wechseln sich Schneefelder und Strauchweiden ab, auf der Passhöhe dominiert dann wenig überraschend der Schnee. Wir sind gespannt wie es auf der anderen Seite weitergeht.


                  Blick zurück (vom Pausenplatz?) zum Arvatnet und unserer Hütte


                  Bielnie in der Mitte ist der höchste der umliegenden Berge




                  der Berg ganz rechts ist Serviesgaejsie (Schweden)

                  Ja, das sieht eigentlich besser aus als gedacht. Überall schon größere schneefreie Stellen, und wenn der Schnee überall so gut zu gehen ist wie hier auf dem Pass, dann sollten wir keine Probleme bekommen. Günstiger Zeitpunkt also, um anzumerken, dass ich jetzt gerne meine längere Pause machen würde. Wenn Fjellfex in seinem Rhythmus weiterlaufen möchte, können wir ja einen Treffpunkt festlegen. Da er sowieso heute nicht weiter als zum schwedischen Serviesgaejsie will (um etwas Verwirrung zu stiften gibt es keine zwei Kilometer entfernt in Norwegen noch einen Berg dieses Namens), einigen wir uns auf einen Bach direkt vor dem gleichnamigen See. Dort sollte man eigentlich geeignete Zeltstellen finden.

                  Nach zwei Stunden Pause laufe ich ausgeruht weiter. Sonne und Regenschauer wechseln sich ab, der Gegenwind bläst weiterhin ungemütlich. Anfangs erkenne ich noch Fjellfex’ Spuren im Schnee, später nicht mehr. Die Entscheidung für die höhere Route hat sich jedenfalls gelohnt. Nicht nur wegen der Aussicht, auch das Gelände ist angenehm. Auf dem Hügel 857m, südlich vestre Langvassklumpen, schalte ich das Telefon ein und habe mit Blick weit in das Grubbdalen gutes Netz (wie von Fjellfex vorausgesagt). Die Wetterlage ist so mittelgut. Morgen Früh Regenschauer, dann Schneeschauer, ab Mittag trocken, weiterhin windig. Besserung zumindest in Sicht.


                  das Tal links von der Mitte ist das obere Grubbdalen, Serviesgaejsie hinten rechts von der Mitte


                  Grubbdalen

                  Beim Abstieg zum Rentierzaun und der schwedischen Grenze gerate ich in sperrige Strauchweiden, die ich vielleicht weiträumig umgangen hätte, würde nicht von oben schon sichtbar das orange Zelt als Zielmarke leuchten. So wollte ich aber genau die Richtung halten, falls es weiter unten nicht mehr so gut zu erkennen ist. Der Zaun selber ist überhaupt kein Hindernis, eher dringend reparaturbedürftig. Leider gibt es in der nassen, hubbeligen Ebene nicht viele passende Zeltstellen, so dass ich mich außer Rufweite vom Fjellfex einrichte. Schade eigentlich. Bei dem ungemütlichen Wetter bleibt dann auch jeder in seinem Zelt.


                  am nächsten Morgen

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                  • Borgman
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                    #10
                    Donnerstag, 08. Juni: Im Schnee - Serviesgaejsie bis Goegkemesspielte


                    In dieser kühlen, windigen Nacht konnte ich etwas besser schlafen. Offenbar juckt es erst so richtig dolle, wenn ich unter dem Quilt warm werde … also sollte ich ihn so regulieren, dass das nicht passiert … ein bisschen Frösteln in der Nacht ist ausnahmsweise schlaffördernd. Was in der Praxis aber nur bedingt funktioniert. Jedenfalls bin ich um 4 wach, warte noch eine Stunde und koche dann einen Kaffee. Fjellfex hat sich überrascht gezeigt, dass mir ein Liter Spiritus für 12 Tage nur ganz knapp ausreicht. Nee, mit Heißgetränken möchte ich nicht sparen müssen. Bei ungemütlichem Wetter sollte immer eins extra drin sein. Wir haben uns auf Start um 8 Uhr verständigt, nicht früher, weil der Niederschlag am Vormittag nachlassen soll. Also, von mir aus könnte es gerne noch später sein, ich habe vorerst keine Lust da raus zu gehen. Nicht mal, um den Fjellfex um weiteren Aufschub zu bitten.

                    Um 6 kommt er dann netterweise von selber zu meinem Zelt. Jetzt muss ich ihn nur noch davon überzeugen, dass ein späterer Aufbruch seine eigene Idee ist. Der Wetterbericht (ich habe gestern einen Screenshot Stunde für Stunde gemacht) spricht eigentlich für sich, aber er hat keine Lesebrille dabei. Dann muss ich eben etwas nachhelfen. Wir einigen uns schließlich auf 10 Uhr, bis dahin sollte das Gröbste durch sein. Der Regen geht allmählich in Schnee über, und gefühlt legt der Wind auch noch mal zu. Um 8 ist die Luvseite am Zelt bedeckt von nassem Schnee, der in einer kurzen Sonnenphase wieder schmilzt. Zum Frühstück um 9 sinkt die Temperatur in den Minusbereich und die Schneeschauer werden erträglich. Als eine halbe Stunde später die Gummischnur einer Ecke reißt (wegen der kantigen MSR Groundhogs, die ich statt der originalen runden Heringe überall außer den Eingängen verwende), ist der Aufbruch unvermeidbar. Werde ich später durch ein Stück Dyneema-Leine ersetzen.


                    Bielnie, mit Neuschnee überstäubt, am Serviesgaejsienjaevrie


                    Blick zurück mit Fjellfex

                    Wie gestern läuft es sich gut auf den Schneefeldern. Kein Grund für Umwege am Hang, wo es mehr schneefreie Flecken gäbe. Aber der Schnee hat trotzdem seine Tücken. Kurz vor der Renvaktarstuga am Ostende des Guevtelesjaevrie trete ich satt bis über den Stiefelschaft in in Wasser und merke erst jetzt, dass wir gerade einen schneebedeckten kleinen See überqueren. Egal, sage ich, der trocknet auch wieder, aber mit ein bisschen mehr Umsicht wäre das nicht passiert.


                    Renvaktarstuga


                    Guevtelesjaevrie

                    Im Windschatten der älteren Hütte nebenan (warum habe ich davon kein Foto?) machen wir nach einer knappen Stunde die erste Pause. Noch gibt es Schneeschauer, aber die Sonne setzt sich immer mehr durch. Wir laufen weiter am Nordrand des Guevtelesjaevrie, bis wir die Engstelle erreichen, die den See teilt. Hier scheint unerwarteterweise eine Furt möglich, weil es einen geringen Höhenunterschied zwischen beiden Teilen gibt und genau diese Stelle schon aufgetaut ist.


                    kurz vor der Engstelle

                    Das eröffnet dem Fjellfex eine neue Variante, und während wir die potentielle Furtstelle inspizieren denkt er nach. Der Hang im Süden sieht einladend aus, das muss ich zugeben. Und so braucht er dann auch nicht lange für den Entschluss, dass er es probieren möchte. Wir verabschieden uns, wünschen guten Weiterweg und melden uns, sobald wir Mobilnetz haben.


                    hier endet unsere gemeinsame Strecke


                    letztes gegenseitiges Foto

                    Ich warte noch, bis er die Furt geschafft hat … da zeigt sich wieder, dass Gummistiefel gewisse Vorteile haben … und setze dann meinen Weg am Guevtelesjaevrie fort. Anfangs ist das schon ein seltsames Gefühl, ich hätte mich über ein paar Tage länger mit dem Fjellfex durchaus gefreut, aber unsere Interessen liegen dann doch in unterschiedlichen Richtungen. Und weil wir beide zuverlässige Berichteschreiber sind kann ich ja trotzdem im Nachhinein an seiner Tour teilhaben und umgekehrt. Beim Gehen stellt sich dann bald eine fast schon einlullende Routine ein.


                    Strååhte, der Berg im Westen

                    Am Seeende finde ich gegen 13:30 Uhr eine gute Stelle für meine lange Pause und repariere erst mal das Zelt. Die Gummischlaufe an der gegenüberliegenden Ecke ist auch schon ausgefranst und wird ebenfalls ersetzt.


                    Blick vom Pausenplatz zurück zum Bielnie

                    Wie angesagt bleibt der Nachmittag trocken und wird sogar ausgesprochen sonnig. Gute Bedingungen natürlich für meine anstehende Passüberschreitung zurück nach Norwegen, aber der Schnee weicht in der Sonne auch deutlich auf. Hoffentlich wird das nicht zum Problem. Ich halte mich nur noch einen halben Kilometer in der Ebene zwischen Guevteles- und Aallejegaejsienjaevrie und beginne dann diagonal am Hang zu dem Sattel aufzusteigen, der in der norwegischen Karte Brennevinskardet (Schnapspass) heißt.


                    da geht es jetzt hoch


                    Blick zum Aallejegaejsienjaevrie mit dem markanten Berg Sjuevlie im Hintergrund


                    Blick zurück


                    Blick nach SW Richtung Stoere Tjovre

                    Bisschen steinig und unübersichtlich ist es am Hang, der Blick dafür umso weiter. Auch hier hat sich der Rentierzaun halb von den Pfählen gelöst, man kann einfach drüber steigen. Auf der Passhöhe gibt es eine ausgiebige Fotopause, es ist irre schön hier. Ich bin vollkommen begeistert.


                    mein Weiterweg, Goegkemesspielte …


                    aber der Blickfang ist natürlich Aallejegaejsie. Hier der schwedische …


                    und hier der norwegische. Aus welcher Richtung wohl oft der Wind weht?



                    Eine typische Spur von mir: nie so ganz gerade, die Füße immer etwas nach außen gestellt. Ich halte mich jetzt nach NNO, genau auf den Goegkemesspielte zu (weil ich eine Nacht ohne Sonne haben möchte, also einen Berg im Norden brauche), bemerke aber sehr bald die Tücke dieser Route. Die Ebene ist durchsetzt von nassen Stellen wie dieser:



                    Egal ob da jetzt kleine Seen unter dem Schnee sind oder einfach nur Senken, das ist mir zu riskant. Ich halte mich lieber etwas höher, gehe nach Norden und schwenke später nach Nordost. Das klappt auch wunderbar ohne weitere vollgelaufene Stiefel.


                    Midtiklumpen kommt ins Blickfeld (in der Mitte, wo sonst?)


                    noch mal Aallijegaejsie (norw.)

                    Jetzt gibt es auch wieder schneefreie Stellen, die ich wo immer möglich nutze, denn der Schnee weicht auf und wird deutlich anstrengender zu gehen. Eigentlich will ich schauen wie weit Store und Midtre Blåfjellvatnet aufgetaut sind und sich zum Paddeln eignen. Schon von hier kann ich die Frage beantworten.


                    Store Blåfjellvatnet

                    Nicht gut. Vielleicht ist am südlichen Rand was aufgetaut, aber der allergrößte Teil nicht. Schade. Über die weitere Route mache ich mir aber erst morgen Gedanken. Jetzt quere ich nur noch das Tal und suche mir möglichst nah am Goegkemesspielte einen Platz für die Nacht. Was einige Zeit beansprucht, weil das Gelände noch deutlich unebener ist als gestern am Serviesgaejsie. Bin froh als ich gegen 18:30 Uhr endlich eine brauchbare Stelle finde und auch rechtschaffen müde. Nur noch eine Katzenwäsche, Kaffee erst nach 19:30 Uhr, Abendessen, Tagebuch. Als die Sonne hinter dem Berg verschwindet, wird es empfindlich kühl. Sehr gut. Es gibt zwar hier keine Mitternachtssonne, aber bei freiem Horizont nach Norden hätte man jetzt Anfang Juni nur 2-3 blaue Stunden, bevor sie wieder aufgeht.


                    Midtiklumpen in voller Pracht




                    später am Abend

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                    • Borgman
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                      #11
                      Freitag, 09. Juni: Goegkemesspielte Südseite bis Brücke Ingeldøla

                      Am frühen Morgen ist das Zelt bei -3°C komplett mit Raureif überzogen, taut aber schnell auf als die Sonne höher steigt. Nach dem ersten Kaffee bin ich um 7:00 Uhr unterwegs. Der Wind weht immer noch recht kräftig, jetzt aus SO.


                      Aufbruch


                      Südufer Store Blåfjellvatnet

                      Von hier sieht man, dass selbst der kleine schneefreie Teil vom See noch gefroren und nur eine einzige Stelle am Rand aufgetaut ist. Ich bin noch sehr unschlüssig wie die weitere Route verlaufen könnte. Mehrere Möglichkeiten kommen mir in den Sinn, aber keine davon will wirklich zünden. Also steige ich erst mal den Hang östlich vom Goegkemesspielte bis auf 950m hoch, um mir Blåfjellet, Blåfjellhatten und das Tal Vuahtemedurrie anzugucken. In der frostigen Kälte ist der Schnee wieder ganz fest geworden und wunderbar zu gehen.


                      Blick zurück


                      Goegkemesspielte von Osten


                      Blåfjellhatten

                      Schon beim ersten Blick auf die andere Seite bin ich begeistert. Jetzt weiß ich, wie ich gehen will. Svaberg! Ich liebe Svaberg! Sva nennt man diesen glatt geschliffenen Fels, und das ganz Tal ist voll davon. Vuahtemedurrie gefällt mir ausgesprochen gut.


                      Blåfjellet


                      Vuahtemedurrie

                      Ich genieße für einen Moment das Panorama und steige dann ins Tal ab. Links oder rechts vom Wasser? Keine Ahnung … hängt davon ab was ich danach mache. Mein Gefühl sagt mir „quere den Bach“ und meine Erfahrung rät mir, dem Gefühl zu folgen. Finde sogar auf Anhieb eine Stelle, wo ich ohne Schuhwechsel hinüber komme. Danach geht es problemlos auf der nördlichen Talseite nach Westen.


                      noch mal Blåfjellet


                      Vuahtemedurrie


                      Goegkemesspielte Nordseite


                      Bach im Talgrund


                      SeNorge hatte in diesem Bereich noch viel Schnee angezeigt – das kann ich so nicht bestätigen ...


                      oder nur stellenweise, hier mit Bjørkvasshatten im Hintergrund

                      Ziemlich genau um 9:00 Uhr finde ich einen perfekten Pausenplatz. Den vollen Blick auf Bjørkvasshatten kann ich nicht wirklich genießen, weil der kalte Wind immer noch kräftig aus SO weht. Dafür umso mehr den Blick nach Norden, meine Wanderrichtung. Über die Route bin ich mir noch nicht klar, aber auch die wird sich finden. Hier scheint wesentlich mehr möglich als gedacht.


                      Bjørkvasshatten


                      Frühstückspause

                      Um 10:45 Uhr habe ich genügend geruht, gepackt und einen Plan. Hoch zum vestre Blåfjellvatnet soll es gehen und dann nach Norden bis zur Brücke über die Ingeldøla. Wenn sie denn noch existiert. Auf den Luftbildern habe ich sie bemerkt und in die Karte eingetragen. Statt in der Ebene am Fluss möchte ich mich höher am Westhang des Blåfjellhatten halten. Das kostet im steinigen, teils überwachsenen und verblockten Gelände mehr Kraft, aber nach dem anregenden Morgen bin ich hochmotiviert. Außerdem will ich den sonnigen Tag nutzen, um was von der Gegend zu sehen. Wer weiß wie es morgen wird.






                      mehr kratt am NW-Hang




                      SW-Bucht vestre Blåfjellvatnet



                      Einigermaßen erschöpft erreiche ich nach zwei Stunden den vestre Blåfjellvatnet. Mittagspause … Beine ausstrecken … das tut gut. Um 14:20 Uhr nehme ich den letzten Teil in Angriff. Die unübersichtliche Hochfläche nordwestlich des Sees besteht aus Svaberg, kleinen Schneefeldern (die mittlerweile in der Sonne weich und brüchig werden) und unzähligen nassen Stellen. Damit ich im ständigen Auf und Ab und Kreuz und Quer nicht die Richtung verliere, ich will ja möglichst genau an der Brücke ankommen, peile ich Guspiggen an. Das ist mein Fixpunkt.


                      Blick nach Osten


                      Blick nach NNW, mit Fossdalsfjellet in der Mitte, davor Lakavatnet


                      Blick Richtung Berglia, Hestkjøltoppen und die anderen Berge des Lierne NP im Hintergrund

                      Am Nordhang wird die Orientierung einfacher, aber nicht das Gelände. Dafür gibt es gutes Mobilnetz für aktuelles Wetter und Grüße an die Lieben zu Hause. Der Abstieg zieht sich wegen der vielen kleinen Umwege enorm in die Länge. Hier im Windschatten brennt mir die Sonne zum ersten Mal etwas unangenehm auf den Pelz, da liefern die Kiefern willkommenen Schatten.


                      Guspiggen ganz rechts oben im Bild




                      typische Nord-Trøndelag-Landschaft

                      Endlich, als ich fast schon nicht mehr daran glaube, erreiche ich kurz vor 17:00 Uhr den Fluss und suche die Brücke. Nee, nicht viel zu suchen … da ist sie schon. Keine 300 Meter östlich. Gut gelaunt, wenn auch etwas müde, überschreite ich sie und suche mir auf der anderen Seite sofort einen Platz. Möglichst schattig soll er sein. Nachdem er gefunden ist und das Zelt steht, folgt die große Waschaktion. Sauber und warm, bei 16°C mit sanftem Streichelwind im Wald und mit einer Tasse Kaffee in der Hand ist das Leben herrlich. Fühle mich sauwohl. Ach ja: die ersten Rentiere habe ich beim Abstieg auch gesehen.


                      Brücke Ingeldøla




                      mein Schattenplatz am nächsten Morgen

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                        #12
                        Echt schöne Strecke die Du da gefunden hast, aber da muss ich alle Namen erst mal auf der Karte suchen. Und die Brücke scheint da ja sehr hilfreich zu sein - obwohl mit Packraft hätte es ja such anders geklappt.

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                        • Borgman
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                          #13
                          Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                          da muss ich alle Namen erst mal auf der Karte suchen.
                          Das geht bestimmt Vielen so, du kennst ja meine Vorliebe für weniger bekannte oder zumindest selten beschriebene Wandergebiete. Außer Båfjellhatten und Lakavatnet hätte ich vorher auch nichts benennen können. Gerade das reizt mich ja.


                          Und die Brücke scheint da ja sehr hilfreich zu sein - obwohl mit Packraft hätte es ja such anders geklappt.

                          Skeptisches Jaa, aber … bei vårflom kann der Strömungsdruck am Nachmittag selbst an breiten Stellen heftig sein. Ein paar Kilometer flussabwärts hinter Berglisætra wäre es vielleicht gegangen. Die Luftbilder sind vom Spätsommer mit wesentlich weniger Wasser. Ich war wirklich froh um die Brücke.

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                          • Borgman
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                            #14
                            Samstag, 10. Juni: Brücke Ingeldøla - Lakavatnet - Berglisætra

                            Heute will ich den sonnigen, windstillen Morgen für eine gemütliche Paddelrunde auf dem Lakavatnet nutzen. Mit dem Boot wurde eindeutig noch nicht genügend gespielt, weil ja alles zugefroren war. Lakavatnet liegt mit 506m sogar noch niedriger als Arvatnet, ist also eine sichere Sache. So zeitig wie Fjellfex gestern schaffe ich aber dann doch nicht. Nach dem obligatorischen Frühkaffee bin ich um 05:40 Uhr abmarschbereit. Ich laufe möglichst direkt nach Norden zum Klumplifjell, dann ein Stück hoch und an dessen Nordhang ein paar Kilometer durch wirklich nasses Gelände nach WNW. Bei jedem Schritt sinkt man etwas ein, meist in Torfmoose, was auf die Dauer anstrengt ... um nicht zu sagen: nervt. Vielleicht bin ich auch ungeduldig, weil ich endlich aufs Wasser will.


                            Klumplifjellet




                            Rentiere mit Nachwuchs am frühen Morgen


                            noch mal mit Bergkulisse



                            Endlich Lakavatnet! Links im Bild Lakavasshatten, dahinter Lurusneisa, rechts Fossdalsfjellet. Genau um 7:00 Uhr erreiche ich die Südbucht und schaue nach einer Stelle zum Einsetzen. Kein Problem, das geht hier überall. Schnell blase ich das Boot auf, packe ein paar Sachen um und wechsele die Schuhe. Als Sitz dient wie letztes Jahr der Kleiderbeutel. Noch ein Foto …



                            dann gleite ich schwerelos, mühelos über das Wasser. Ein herrliches Gefühl! Ich will erst mal nur in aller Ruhe am Westufer entlang fahren, irgendwo am Lurudalsbekken anlanden, frühstücken und dann überlegen was der Tag noch bringen könnte.











                            Erfreut stelle ich fest, dass man ein Stück in den Bach einfahren kann. An einer von Ästen blockierten Stelle geht es nicht mehr weiter, aber die Strömung ist gar nicht so stark. Eigentlich führt er sogar erstaunlich wenig Wasser, obwohl an den Hängen ja noch viel Schnee liegt und die Temperatur sich von 2°C am Morgen bestimmt schon deutlich in den zweistelligen Bereich hochgearbeitet hat.






                            hier ist ein guter Pausenplatz

                            Als ich das Boot aus dem Wasser hole und herumkrame, passiert mir leider ein blödes Missgeschick. Ich trete auf das Paddel und das linke Blatt bricht am Rohr. Schei … benkleister! Wie kann man nur so unachtsam mit seinen Sachen sein? Das Anfibio Fly als wirklich leichtes Paddel verträgt einfach keine grobe Behandlung.

                            Nach dem Frühstück flicke ich es mit Panzerband, einem Karabiner als Schiene und zwei Kabelbindern so weit zusammen, dass ich ihm die Rückfahrt zutraue. Ganz überzeugend ist das Ergebnis allerdings nicht. Ich wasche noch ein paar Sachen, trockne so gut wie möglich die Stiefel und lasse es bei einen entspannten Vormittag. Zum Luruvatnet wäre es nicht weit, bestimmt eine schöne Strecke, aber dazu kann ich mich nicht aufraffen. Hey, ich habe Urlaub, da darf man auch einfach mal gepflegt in der Sonne chillen.

                            Gegen 12:00 Uhr frischt der Wind auf und kommt jetzt aus Westen. Langsam sollte ich zurück fahren. Das geflickte Paddel funktioniert einigermaßen, so lange der Druck nicht zu stark ist. Also lieber kleine, sanfte Paddelschläge und ansonsten mit dem Wind treiben lassen. Zeit ist ja kein Thema heute. Kurz vor dem Ziel, einem Strand mit Bootsschuppen zwischen Brücke und Lakavasshytta (offenbar auch eine Miethütte) knackt es kurz und das Rohr ist ganz durch. Okay, dafür muss ich mir was einfallen lassen. Das Boot wird unbedingt noch gebraucht.




                            Blåfjella



                            Hier ist kein guter Platz für die Mittagspause, also trage ich alle Sachen bis zur Brücke über den Seeabfluss und lasse sie dort trocknen. Eigentlich könnte ich hier gleich bleiben und den Abend verbringen. Der Platz ist gut, nur leider brennt die Sonne am Nachmittag wie gestern eher unangenehm. Wolken ziehen jetzt auch nicht mehr viele durch. Nee, ich laufe noch weiter, ich brauche Schatten.


                            Brücke Lakavasselva (in meiner Karte auch nicht verzeichnet)

                            Um 15:45 Uhr folge ich dem Pfad etwa 3 Kilometer bis zu einem Wendeplatz mit Plumpsklo und Picknicktisch aus Schieferplatten, wo die Straße endet (oder beginnt, je nach Perspektive). Der Pfad ist z.T. mit Bohlen und Gummi-Gittermatten ausgelegt, aber immer noch sehr nass und matschig.




                            hier beginnt für mich die Schotterstraße

                            Auf der Straße komme ich ziemlich ins Schwitzen. Jetzt darf sich gerne bald ein schöner Zeltplatz anbieten. Die eine oder andere vielversprechende Stelle gucke ich mir näher an, aber es ist alles Grütze. Hubbellig, überwachsen, nass … hier findet sich gar nichts. Einen Kilometer vor Berglisætra quere ich durch den Wald nach unten und suche am Fluss. Auch hier Fehlanzeige. Erst kurz vor der Einmündung in die Ingeldøla stelle ich das Zelt auf ein überwachsenes, unebenes Fleckchen, das zumindest trocken ist und eine passable Liegefläche hat. Wird schon gehen. Das herrlich erfrischende Bad im Fluss bessert meine Laune erheblich. Später furten Rentiere ein paar Meter weiter – selbst die Kleinen machen das ganz mühelos. Hätte ich nicht gedacht. Eigentlich ein netter Platz und ein milder Abend, genau zwei Kilometer entfernt von meinem gestrigen Nachtlager.


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                            • Borgman
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                              • 22.05.2016
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                              #15
                              Sonntag, 11. Juni: Berglisætra bis Mebygda

                              Das fett gedruckte da oben … 23 km von kurz vor Berglisætra nach kurz vor Mebygda laufen … ich müsste das nicht machen. Ich könnte hier faul den ganzen Tag verdaddeln (oder irgendwas anderes machen), morgen in der Früh die 5 km nach Berglia schlendern und den Schulbus nehmen. Es ist nur eine Grille, die mir da im Kopf herumzirpt. Die mir einredet, dass ich unbedingt die ganze Strecke laufen will. Um die Runde abzuschließen. Wenn schon eine Rundtour, denke ich, dann soll sie bitte auch geschlossen sein. Also packe ich zusammen, stelle mich seelisch auf eine langweilige, viel zu warme Straßenetappe ein und …



                              ja, das wird sie dann auch. Schon am Morgen ist es deutlich wärmer als gestern. Bäume links, Bäume rechts, dazwischen kein Schatten. Schade, dass ich auf die kurze Hose verzichtet habe. Die Wetteraussichten waren ja nicht schlecht vor Abfahrt, aber nach Hochsommertemperaturen sah es dann doch nicht aus. Selbst die Vorhersage vom Freitag sprach für heute nur von angenehmen 15°C, Wolken, Wind und vielleicht etwas Regen. So schnell kann sich das ändern. Kurz vor Fjellheim mache ich Frühstückspause im Wald mit Kaffee und allem Komfort, danach nur noch jede Wanderstunde 20 bis 30 Minuten unter irgendeinem Baum am Straßenrand.


                              Blick von Berglia in Richtung Blåfjella ...


                              und Lakavasshatten


                              12 km weiter ist die Runde abgeschlossen

                              Nur wenige Meter von dieser Stelle habe ich am Montag um 16:53 Uhr ein Foto vom Ulen gemacht (in Beitrag #4) und dazu geschrieben „kein Paddelwetter für mich“. Heute ist dagegen prächtiges Paddelwetter. Liebend gerne würde ich jetzt auf dem ruhigen Flussabschnitt und noch über den See fahren, aber das kann ich mir mit kaputtem Paddel abschminken. Stattdessen mache ich mir Gedanken über den Weiterweg. Auf jeden Fall will ich noch in den Lierne Nationalpark und muss vorher einkaufen. Der Joker-Laden in Jule wäre eine Möglichkeit, die andere Matkroken Mebygda. Über Jule hätte ich die kürzere Strecke bis zur Nationalparkgrenze, aber letztendlich macht mich die Route über Strivasshytta mehr an. Also halte ich mich an der nächsten Kreuzung links und suche mir zwei Kilometer vor Mebygda am Storbekken einen Platz im Wald. Wie gestern dauert es ewig, bis eine halbwegs passende Stelle gefunden ist. Dichte Bewölkung und sogar ein paar Tropfen Regen sorgen am Abend für willkommene Abkühlung.


                              Montag, 12. Juni: Mebygda bis Storstrivatnet


                              der See Lenglingen kurz vor Mebygda

                              Der Matkroken öffnet erst um 9:00 Uhr, also muss ich mich mit dem Frühstück nicht übermäßig beeilen. Also, in Wirklichkeit würde ich natürlich gerne viel früher aufbrechen um die kühlen Morgenstunden zu nutzen. Zumindest kann ich pünktlich vor dem Laden stehen und nicht noch mehr Zeit vertrödeln. Jetzt meldet sich ganz begeistert der Fjellfex per SMS vom Dörrsvalen (bin gespannt auf Fotos), ein paar Minuten später kann ich endlich einkaufen. Auf das frische Brot muss ich eine halbe Stunde warten, aber ich darf in der Zeit mein Telefon laden. Essen für 5 Tage brauche ich … als Extras Äpfel, 2 kleine Dahls Pils, Lefse … und natürlich schaue ich, was sich in dem kleinen Supermarkt als Paddel-Reparaturmaterial eignet. Da hätten wir Panzerband, schon mal gut … und hier einen Pfannenwender aus Kunststoff. Na, das sollte doch klappen.

                              Draußen ist es in der Sonne warm geworden. Jetzt muss ich mit meinem deutlich schwereren Rucksack Höhenmeter machen. Zuerst ein Stück Straße bis der eingezeichnete Pfad nach Osten beginnt. Der sich dann netterweise als angelegter Weg entpuppt. Links und rechts sind Gräben gezogen, es ist ein alter Almweg. Angenehme Überraschung – nicht zu verfehlen und jedenfalls besser zu gehen als irgendeine Spur im Moor. Auf letzteres war ich mit Blick auf die Karte nämlich eingestellt.


                              Almweg nach Gravtjønnseteren



                              ansonsten sieht das Gelände eher ungünstig aus

                              Direkt nach der Querung des Bjørkhaugbekken mache ich Mittagspause im Schatten einiger Fichten und erleichtere den Rucksack um einen Apfel, ein paar Scheiben Brot und das erste Bier. Kleines Nickerchen schadet auch nicht. Weiter erst kurz nach 13:00 Uhr bis Gravtjønnseteren. Hier endet der Weg an drei Hütten.


                              Bohlenweg (norwegische Variante)


                              Moor mit Strifjellet im Hintergrund


                              Brücke über die Stria


                              teils ist der Weg sogar mit Schieferplatten ausgelegt, Gravtjønnseteren schon in Sicht

                              Ich suche noch hier und da, finde aber keinen Weg (Pfad, Fahrspur oder Sonstiges), der von den Hütten weiter führt. Na, ist ja auch egal, die Route ist eindeutig. Viel Moor, dazwischen kleine Hügel mit Birken drauf, ein paar aufgeweichte Schneefelder. Hier alles zusammen auf einem Bild:



                              Graubraune Holzpfähle in weiten Abständen sollen wohl eine Route markieren, aber die erkenne ich in der graubraunen Landschaft immer erst, wenn ich direkt davor stehe. Nicht hilfreich. Am Moltpynten geht es jetzt etwas hoch, dann sehe ich auch schon die Strivasshytta (wieder eine Miethütte). Erreichen kann ich sie allerdings nicht.


                              Strivasshytta


                              Stria

                              Nur im Notfall würde ich hier versuchen zu furten. Später im Sommer bestimmt kein Problem, aber jetzt führt der Fluss zu viel Wasser. Die Uferbereiche sind großzügig überschwemmt. Tja, das ist ein Fall für das Packraft. Ich gehe also noch weiter bis zum Litlstrivatnet und mache mich an die Reparatur des Paddels. Der Pfannenwender wird leider nie in seinem Leben eine Pfanne wenden, denn ich breche den Wendeteil ab und benutze nur den Griff. Dessen hohle Seite passt genau auf das Rohr. Auf die andere Seite kommt ein Hilleberg V-Profil-Hering.


                              vorher


                              nachher

                              Das Ergebnis macht einen überaus stabilen Eindruck. Nachdem dieses Hindernis also elegant umgangen (oder besser: umfahren) wurde, schlage ich mich weniger elegant mit dem Boot in der Hand durch unwegsames Gelände - kratt!! - am Djupvatnet vorbei zum Storstrivatnet.


                              Litlstrivatnet


                              Djupvatnet mit Wasserfall der Stria


                              Djupvatnet


                              Südwestbucht Storstrivatnet

                              Wenn möglich will ich diesen See von Südwest nach Nordost überqueren. Ganz eisfrei sieht er nicht aus, aber vielleicht gibt es eine ufernahe Fahrrinne. Werden wir dann sehen.



                              Jetzt muss das Paddel vollen Druck aushalten, was es auch tut, denn der Wind frischt auf und kommt genau von der Seite aus NW. Mehr Sorgen macht mir das Eis. Außerhalb der geschützten Südwestbucht wird eine fahrbare Passage immer unwahrscheinlicher.


                              kleine Pause – das Paddel hält bombenfest



                              Hier geht es nicht weiter. Ich muss mich tüchtig ins Zeug legen, um nicht auf den Eisrand getrieben zu werden und nach dem Foto schnell wieder Abstand zu gewinnen. Direkt dahinter kann ich anlanden.



                              Ab hier trage ich das Boot, damit es trocknet. Vielleicht kann es später auch als Sonnenschutz dienen, wenn ich hier irgendwo einen Platz finde. Am liebsten würde ich direkt am See zelten. Was schwierig werden dürfte, denn die Senken sind wie die Ufer nass (oder bedeckt von Schnee) und die Hügel dicht bewachsen.



                              Ich laufe noch weiter bis zur Nordbucht, lasse Boot und Rucksack vor der Bachquerung stehen und suche nach einer geeigneten Stelle. Ganz passabel sieht es wirklich mitten im kratt aus, wer hätte das gedacht?



                              Hier lassen sich auch prima das Boot und andere Sachen als Schattenspender in die Sträucher hängen. Zum ersten Mal nutze ich die Möglichkeit, beim Stratospire nur eine Apsis aufzuspannen. Mehr Sonne vertrage ich heute nicht, das hatte ich im Wind gar nicht so bemerkt. Und nur ein paar Meter entfernt liegt ein Schneefeld, das mein den ganzen Tag mitgeschlepptes 2. Bier kühlen darf.

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                              • Borgman
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                                • 22.05.2016
                                • 795
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                                #16
                                Dienstag, 13. Juni: Storstrivatnet bis Pass Merrafjellet

                                Der Tag beginnt trübe. Ein frischer Westwind treibt Wolken Richtung Schweden, die sich am Strifjell stauen und etwas Regen verlieren. Kein Wetter um ganz früh aufzubrechen. Ich genehmige mir einen zweiten Kaffee, lasse mir Zeit mit dem Frühstück und knalle mich noch mal auf die Matte. Als später die Sonne durchkommt und die Wolken sich heben, packe ich schnell zusammen und bin um 10:15 Uhr abmarschbereit. Bei mittlerweile besserer Sicht peile ich den Südausläufer des Hestkjøltoppen an, in der Karte der Berg 1259m und auf dem Foto genau in der Mitte.



                                Eine gerade Linie nach Norden zu halten ist in dem nassen Gelände mit vielen Hügeln und kratt dann doch nicht so einfach wie gedacht. Jedenfalls schont die Schlangenlinienroute mein fast trockenes Schuhwerk und die Hosenbeine. Vorerst.


                                Blick zurück zum Storstrivatnet


                                hier zeigt sich eindrucksvoll, warum man Schneefeldern nie ganz trauen darf


                                Strifjellet (der Mühe-Berg), vom Flatfjell aus gesehen

                                Kurze Pause nach einer Wanderstunde, danach geht es westlich am Flatfjellet für eine Weile deutlich angenehmer. Aber auch nur bis zur Ebene vor dem Berg 1259m. Hier liegt wieder viel Schnee, der in der wärmeren Witterung weicher und damit beschwerlicher zu gehen ist als Freitag im Blåfjella-Gebiet. An den Rändern muss man sich heute wirklich darauf einstellen, dass man tief einsackt. An einer Stelle breche ich sogar mitsamt der Schneedecke und beiden Beinen gleichzeitig ins Wasser ein. Ich werfe mich reflexhaft nach vorne, aber Stiefel und Hose sind bis über die Knie durchnässt.


                                rückblickend wirkt die Stelle tatsächlich nicht sehr vertrauenerweckend

                                Zum Glück scheint die Sonne, wenngleich ein kalter Wind keine Gemütlichkeit aufkommen lässt, und ein Platz für die Mittagspause ist nicht weit. Ab jetzt werde ich wesentlich besser aufpassen müssen. Natürlich reicht selbst eine ausgiebige Borgman-Pause (13:00 bis 15:15 Uhr) nicht aus, um die Stiefel auch nur ansatzweise zu trocknen. Aber der Blick von hier über den südöstlichen Teil des Nationalparks hat schon was. Ich genieße den Tag trotzdem.


                                noch vor der Pause: Oivisfjellet an der schwedischen Grenze


                                Hestkjøltoppen (Pferde-Kiel-Gipfel? Ist damit die Rückenlinie eines Pferdes gemeint? Würde ja passen.)


                                viel Wasser unter dem Schnee ... man weiß nur nicht immer … wo




                                Pausenplatz mit Wind und Aussicht

                                Jetzt steht auch der Plan für den Nachmittag: bis zu dem Übergang ins Luterdalen will ich noch nach Norden gehen. Der liegt ziemlich genau in der Mitte des Lierne Nationalparks und hat mit Merrafjellet einen Berg im Norden, der mir am Abend Schatten spenden soll. Hoffentlich gibt es dort trockene Stellen zum Zelten.

                                Um die nasse, von unsichtbaren kleinen Seen durchsetzte Ebene zu umgehen, halte ich mich recht nah am Hestkjøltoppen und überschreite auf etwa 1150m Höhe dessen Ostausläufer. Danach geht es ein Stück hinunter in das Kar mit dem See 1098m. Der Schnee ist teils aufgeweicht, teils gut zu gehen, aber man sieht überall, dass die Schneeschmelze voll aufdreht.




                                Hestkjøltoppen


                                Blick zurück – da ist der Schnee ziemlich fest


                                Blick nach Osten aus 1150m Höhe


                                See 1098m am Hestkjøltoppen



                                Die Spur zeigt den Abstieg ins Kar, das ich nach NO quere um auf den kleinen Sattel westlich vom Punkt 1065m zu gelangen. Hier mache ich noch eine kurze Pause im Windschatten …



                                und steige dann in das namenlose Tal unterhalb des Merrarumpen ab.


                                oberes Tal, da ganz links will ich irgendwo zelten


                                unteres Tal mit Merrarumpen



                                Da genau in der Mitte vom Bild könnte man doch einen Platz finden, oder? Ich muss nur noch anderthalb Kilometer durch Schnee und Schmelzwasserbäche, über trockene Hügel, dann bin ich mir sicher. Es gibt sogar mehrere akzeptable Stellen zur Auswahl. Ich nehme den mit der besten Aussicht. Windig ist es überall.


                                um 18:00 Uhr steht das Zelt

                                Bis auf die nassen Schuhe bin ich sehr zufrieden mit dem Tag. Das hat Spaß gemacht, und immer wieder gab es tolle Ausblicke. Wenn es morgen wie angesagt wärmer wird, traue ich dem Schnee aber nicht mehr. Vernünftig wäre ein früher Aufbruch und der schnellste Weg ins Tal. Haarewaschen und Rasieren steht heute an – trotz Sonne wird das mit Schmelzwasser im eiskalten Wind kein Vergnügen. Das bringe ich schnell hinter mich, koche einen Kaffee zum Aufwärmen und genieße den weiten Blick ins Tal.



                                Als die Sonne kurz vor 20:00 Uhr hinter dem Berg verschwindet, kann man dem Thermometer fast schon beim Fallen zusehen. Der letzte Blick zeigt nur noch 3°C.

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                                  • 02.09.2016
                                  • 1723
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                                  #17
                                  Mit Blick auf die Spekulationen rund um den Namen Hestkjølen: es ist noch gar nicht so lange her, da wurde er Hartkjølen genannt:
                                  Mitt kart | Kartverket.no

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                                  • Borgman
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                                    • 22.05.2016
                                    • 795
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                                    #18
                                    Ah, interessant, danke! Dann war der Kiel schon da (kommt vielleicht wirklich vom Bootskiel) und das Pferd hat sich später in den Namen geschlichen.

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                                    • Borgman
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                                      • 22.05.2016
                                      • 795
                                      • Privat

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                                      #19
                                      Mittwoch, 14. Juni: Pass Merrafjellet bis Kjerdelselva

                                      Ganz so früh wie ich mir gestern vorgenommen hatte schaffe ich zwar nicht (die Nacht war eine der schlechtesten), aber um 7:00 Uhr breche ich dann doch auf. So lange der Schnee noch halbwegs trägt. Na ja, halbwegs ist das richtige Wort … das tut er gerade noch … nach der kühlen Nacht müsste er eigentlich insgesamt fester sein und dürfte nicht so viele weiche Stellen haben. Es geht ganz gut über die Passhöhe, und auf der anderen Seite zum Luterdalen hin scheint es in absehbarer Entfernung schon schneefrei Bänder am Hang zu geben. Die will ich nutzen, auch wenn es vielleicht einen Umweg bedeutet.


                                      Blick zurück nach SO


                                      Luterdalen


                                      hier halte ich mich ganz links – den ebenen Schneefeldern in Bachnähe traue ich auf keinen Fall



                                      Die Mütze brauche ich nicht mehr lange. Trotz kühlem Westwind wird es schnell warm in der Sonne. Was dann auch bedeutet, dass der Schnee bald sackt und bricht. Ich lege einen Zahn zu und schaffe es ohne weitere Unfälle bis zum Bach aus dem Quertal im Süden. Es ist 9:00 Uhr, Zeit für die Frühstückspause.




                                      einige interessante Bäche im Schnee, alle noch vor der Pause




                                      das sieht seltsam aus - hier fließt nicht mal Wasser






                                      Hestkjøltoppen


                                      Luterdalen

                                      Was den Schnee betrifft, sollte das Gröbste geschafft sein. Nach der Pause (10:40 Uhr) halte ich mich bis zum Litlbursklumpen so gut wie möglich auf 840 – 850 Meter Höhe. Die Sonne brennt schon ganz ordentlich. Auf den ersten Kilometern gibt es nasse Stellen und Strauchweiden, später mehr und mehr angenehmes Wandergelände. Durch die vielen Rinnen und Senken am Hang hat man trotzdem immer gut zu tun.


                                      Skorgadalen mit Storbursklumpen


                                      Litlbursklumpen


                                      Blick zum Løvsjøen. Da werde ich morgen paddeln (und ich freue mich schon darauf wie ein Kind auf Weihnachten).

                                      Jetzt will ich aber wirklich runter zu Wald und Schatten. Mit den Bäumen in Sichtweite fällt es mir schwer, die Sonne noch länger zu ertragen. Ich mache nur noch einen kurzen Abstecher zur Südseite vom Litlbursklumpen für einen unverstellten Blick ins Kjerdelsdalen, hole den Wetterbericht ein (weiter sonnig, kaum Wind, über 20 Grad) und schicke ein paar Nachrichten. Weiter unten wird das Mobilnetz wenn überhaupt nur sehr schwach sein. Dann mache ich mich äußerst gut gelaunt genau nach Westen an den Abstieg.


                                      die Schneefelder im Wald sind alle nach O oder SO ausgerichtet, an den Leeseiten kleiner Erhebungen


                                      Kjerdelsdalen


                                      noch mal Løvsjøen

                                      Fjellwanderer, verachtet mir den Wald nicht. Unter Birken zu wandeln kann ein unbeschreiblich herrliches Gefühl sein. Weiter unten kommen Fichten dazu und machen mein Glück vollkommen. Super entspannte Mittagspause am Flüsschen Kjerdelselva von 14:00 bis 16:30 Uhr im Schatten. Eigentlich hätte ich Lust, genau hier die Nacht zu verbringen, aber ich will noch bis zu der Stelle kommen, wo ich morgen mit dem Boot einsetze. Der gemächlich mäandrierende untere Flusslauf dürfte sich nämlich perfekt zum Paddeln eignen.


                                      Schatten in Sicht


                                      Litlbursklumpen von unten


                                      Kjerdelselva am Pausenplatz

                                      Wie auf dem Bild schon erkennbar ist, wird es nicht so ganz einfach, dem Fluss zu folgen. Teils ist der Wald einfach zu dicht, an anderen Stellen liegen umgestürzte Bäume wie Mikadostäbe durcheinander. Wo es geht mache ich Umwege durch die Moore. So lange der rauschende Fluss zu hören ist, drifte ich auch nicht zu weit vom Kurs ab.




                                      links und rechts die beiden Bursklumpen

                                      Als ich endlich den ruhigen Flussabschnitt erreiche, muss ich feststellen, dass es dort absolut keine geeigneten Zeltplätze gibt. Zu sonnig, zu uneben oder zu dicht bewachsen. Bestimmt eine halbe Stunde laufe ich in der Gegend herum, bis ich um 18:00 Uhr eine tatsächlich sehr schöne Stelle an einem alten Flussarm finde, die ich ganz am Anfang meiner Suche übersehen hatte. Bei der Wärme, direkt am Wasser, bin ich etwas skeptisch wegen der Mücken, aber meine Sorge ist unbegründet. Es gibt noch keine. Dafür das erste Badewasser auf dieser Tour, das kein Schmelzwasser ist. Ich will gar nicht mehr raus aus dem Fluss. Außer für den Nachmittagskaffee natürlich.


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                                      • evernorth
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                                        • 22.08.2010
                                        • 1958
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                                        #20
                                        Herrliche Tour, wenn auch, für meinen Geschmack, etwas zu „Schnee-lastig“. Aber gut,….das frühe Datum im Juni… 😉 Da konnten bei mir nur die ersten Tage mithalten. 😏
                                        Das Stratospire macht sich wirklich gut im gediegenen Habitat. Braucht halt etwas mehr Platz, aber das kenne ich ja vom letzten Jahr und meiner diesjährigen Tour. Da hatte ich selbst ein Firstzelt dabei.
                                        Ich freue mich auf die Fortsetzung.
                                        PS.: Interessant, dass genau das Paddel gebrochen ist, welches du schon am Blatt reparieren musstest? 🤔😉
                                        My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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