[SE] Von einer, die auszog, von Abisko bis Kvikkjokk zu laufen

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  • fahrenheit
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    • 12.04.2015
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    [SE] Von einer, die auszog, von Abisko bis Kvikkjokk zu laufen

    Tourentyp
    Lat
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    Mitreisende
    Kungsleden mit Umwegen von 9.-22.7.21


    13 Tage allein mit Zelt unterwegs von Abisko bis Kvikkjokk: durchs Vistasvággi, am Nállu vorbei, Baden im Tjäktjajåkka, Sprint nach Vakkotavare, Pause in Saltoluokta, über Tjirák und Skierffe, viel Wind und vielen Nächten neben rauschenden Flüssen. Eine abenteuerliche Bootsfahrt mit Bush-Whacking und 6 Tage An-und Abreise inklusive.

    Meine erste Wanderung, die weit mehr als 5 Tage gehen sollte und meine erste Wanderung, die ich allein gehen sollte. Eigentlich sollte es auch gar nicht nach Lappland, sondern nach England gehen. Auf den Pennine Way, um genau zu sein. Aber COVID-19 durchkreuzte meine Pläne auf verschiedenste Arten und so wurde es der Kungsleden in Lappland. Es war aber alles andere als eine Ersatz-Tour. Es war genau die richtige Tour.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_8714.jpg Ansichten: 132 Größe: 3,51 MB ID: 3078687
    Abzweigung, bei der ich nur auf dem Rückweg vom Skierffe vorbeikomme

    Aber zurück zum Anfang.

    Um kurz vor vier rollte der Zug von Abisko Östra zur Touriststation. Die Lautsprecherboxen knackten und die Zugbegleiterin kündigte an: „If you look to your left, you can see a swimming mouse”. Huch! Eine schwimmende Maus? Hatte Abisko eine neue Attraktion, seit ich das letzte Mal vor zwei Jahren hier war? Nein, auf die Schnelle hatte die Zugbegleiterin nur die Wörter «mouse» und «moose» vertauscht. In einem See gleich neben den Schienen schwamm eine Elchkuh.
    Was für ein Start!
    Die Reise hatte sich schon jetzt gelohnt. Vor drei Tagen war ich in der Schweiz in den Nachzug nach Hamburg gestiegen. (Auf Grund von Corona in ein teures Einzelabteil. Aber es hat sich gelohnt. So gut habe ich selten, also eigentlich nie im Nightjet geschlafen.) In Hamburg habe ich Tagsüber meine Patenkinder besucht und bin nachmittags Richtung Kiel und Fähre nach Göteborg aufgebrochen. Die Fähre: wow! Fährt sogar als bisher einziges Fährschiff mit Methan und ist dadurch umweltfreundlicher. Ich fahre super gerne Schiff und so war ich schon fast enttäuscht, als wir am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein in Göteborg einliefen. In Göteborg kaufte ich – wie sich leider an der Waage der Touriststation in Abisko dann herausstellt – viel, viel, viel zu viel zusätzliches Essen. Und sass den Rest des Tages im Schatten eines Baumes im Park Trädgårdsföreningen bevor ich am Abend in den geliebten Nachtzug nach Abisko stieg. Auf diesen Teil der Reise hatte ich mich besonders gefreut.
    Der krönende Abschluss war aber natürlich der schwimmende Elch.

    Der riesige Tumult an der Touriststation anschliessend, schreckte mich allerdings doch etwas ab. Eigentlich wollte ich hier noch in Ruhe einen Kaffee trinken und mich zuhause ordentlich verabschieden, bevor ich keinen Empfang mehr haben würde. Der Abschied fiel mir dann schwerer als erwartet. Und den Rucksack zu wiegen bevor ich loslief, half auch nicht, mir den Anfang leichter zu machen:

    Etwas über 16kg. WTF happend? Ich dachte, ich hätte mich exakt an meine Liste gehalten. Bei der kam ich auf ein Total von etwas über 13kg. Nun 3kg mehr? Offensichtlich sollte ich die nächsten Tage keinen Hunger leiden. Dafür aber bezweifeln, ob ich überhaupt jemals in Kvikkjokk ankommen würde.
    Der Schwere Rucksack
    Der Schwere Rucksack

    Gleich geht es wirklich los.
    Zuletzt geändert von fahrenheit; 20.10.2021, 12:17.

  • fahrenheit
    Gerne im Forum
    • 12.04.2015
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    #2


    Tag1: Abisko – Hinter der Nationalparkgrenze (Rengärde)

    Die Freude endlich loszulaufen, mischte sich mit dem irgendwie traurigen Abschied daheim und einem viel zu schweren Rucksack. Aber die Sonne schien und es war ziemlich heiss. Auf solches Wetter war ich gar nicht eingestellt. Ich fluchte über mein vieles Essen und die vielen Kleider, die ich eingepackt hatte. (Spoiler: Das Essen war irgendwann aufgegessen und die Kleider waren auch nicht zu viel.)
    Ich jubelte über die Schönheit der Landschaft und den wunderbaren Fluss neben mir. Ein Glücksgefühl durchströmte mich und eine emotionale Achterbahnfahrt begann:
    Pures Glück hier wandern zu können, Traurigkeit dies allein zu tun und nicht teilen zu können, der schwere Rucksack und das Gefühl, dass ich mich wohl masslos selbst überschätzt hatte, wechselten sich im 10 Minuten Takt ab.
    Zusätzlich kam ich nicht so schnell voran wie gedacht. Mein Abendessen kochte ich unterwegs, immer noch im Nationalpark, den ich verlassen musste, bevor ich das Zelt aufstellen konnte.
    Ziemlich kaputt stellte ich erst gegen halb Zwölf in einem Schwarm Mücken mein Zelt auf. Fast direkt hinter der Nationalparkgrenze neben einem Rentierzaun. Zum Glück verschwand die Sonne bald hinter einem Hügel. Sonst wäre es viel zu heiss im Zelt gewesen. Für was hatte ich überhaupt einen Schlafsack eingepackt?

    Schöner Abiskojåkka
    Abendessen
    Schatten zum Glück

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    • Taffinaff
      Fuchs
      • 03.01.2014
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      #3
      Zitat von fahrenheit Beitrag anzeigen
      Etwas über 16kg.
      Die Waage da ist ganz schön unzuverlässig. Weiss jetzt nicht ob das genau die selbe ist, die frueher ein paar Schritte weiter vor dem Eingang hing, die war so auf ein Kilo genau, aber die da neben der Tuer dient anscheinend nur zur groben Orientierung. Und bitte weiterschreiben!

      Taffi

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      • fahrenheit
        Gerne im Forum
        • 12.04.2015
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        • Meine Reisen

        #4

        Weiter geht's mir einem nur ungefähr sich zu schwer anfühlenden Rucksack.

        Tag 2: Hinter den Nationalparkgrenze –Bajip Čazajávri

        Am nächsten Morgen wurde ich von einer gleissenden Sonne geweckt. Nichts wie raus aus dem Zelt! So hatte ich mir das mit den Vorteilen, der Nicht-untergehenden-Sonne nicht vorgestellt. Aber immerhin, es war immer so hell, ich musste keine Angst haben. In keiner der kommenden Nächte. Und das will etwas heissen! Für eine kleine Zelt-Schisserin wie mich. (Vielleicht bin ich eben gar keine Zelt-Schisserin, sondern eine Dunkel-Schisserin.)
        Beim Weitergehen stellte ich fest, dass ich hier bei Weitem nicht nur neben zwei Zelten genächtigt hatte. Ich lief bis zur Hängebrücke über den Fluss wohl an 30 Zelten vorbei.
        Ach du meine Güte! Ich fragte mich, in was ich hier hineingeraten war. Ich hatte mich zwar für den Kungsleden entschieden, weil ich bei meiner ersten Solo-Tour nicht komplett Abseits laufen wollte, aber so hatte ich mir das nun auch nicht vorgestellt. Zum Glück schien 8:30 nicht die Uhrzeit zu sein, zu der die meisten schon «up and about» waren. (Nur die Mücken waren schon wach.) Und so nahm ich den Anstieg hinter der Brücke weitestgehend allein in Angriff. Gut, dass ich heute morgen zu faul war mir noch Kaffee zu kochen. Das plante ich am nächstmöglichen schönen mückenfreien Ort, der nicht lange auf sich warten liess.
        Allerdings bedeutete das auch, dass das Gross der Leute aufholte und eine recht laute Männergruppe, meinen Pausenplatz so schön fand, dass sie sich direkt neben mir niederliessen. Schade, ist doch in Lappland eigentlich genug Platz, um nicht aufeinander sitzen zu müssen.

        Da ich mich die ersten Tage leider sowieso etwas getrieben fühlte, als hätte ich noch Termine und müsste dringend irgendwo hin, hielt ich die Pause kurz und lief weiter.
        Aber wow! So schöne Ausblicke. Am Gårdenvárri vorbei mit Blick auf die Seen und Täler und den Godugalciären. Wunderschön. Irgendwann entdecke ich auf der anderen Seite einen Gletscher und glaube, dass es der Storsteinsfjellet war. Hallo! Ich freute mich einen Bekannten von vor zwei Jahren zu sehen.

        Die Sonne brannte auf mich herunter und ich stellte mir die Frage, ob ich wirklich das Wetter so vollkommen falsch eingeschätzt hatte. Hatte ich etwa zu wenig Sonnencreme dabei?
        Sehr froh war ich, dass ich in einem Reisebericht gelesen hatte, dass es an heissen Tagen auf der zweiten Etappe (als grosse Ausnahme!) knapp um Wasser bestellt war. Zum Glück hatte ich mir meine beiden Flaschen aufgefüllt.
        Meine Mittagspause machte ich im Schatten eines kleinen Felsens und war froh um das bisschen Schatten, dass er spendete.
        Bald danach kamen mir zwei Männer entgegen, die sich nach Wasser erkundigten. Ein wirklich heisser Tag. Um drei pausierte ich noch einmal an einem schönen Fleckchen Erde mit schöner Aussicht, denn inzwischen war mir klar, dass ich sehr gerne das Boot um 15:30, mit dem die letzten sieben Kilometer zur Alesjaurestugorna abgekürzt werden können nehmen wollte. Zuerst rechnete ich an meinem kleinen Pausenplatz aber aus, um wieviel mein Rucksack wohl schon leichter geworden war. In meinem Tour-Tagebuch steht dazu:
        «1x Müsli, 2x Müsliriegel, 4x Polarbröd mit Mildost, 1x Chilligryte ca. 450g? Ich merke nichts.»
        Mittagspause im Schatten Blick über die Seen zum Gletscher
        Mildost mir Hintergrund
        An der Bootsstation traf ich das ersten Mal Johanna, Lisa und Lina und Patrick. Nicht zum letzten Mal, wie sich später herausstellte. Die Bootsfahrt über den See war schön. Habe ich schon erwähnt, dass ich gerne Boot fahre? Der Mann, der das Boot fuhr, erklärte auf der recht langen Bootsfahrt viele spannende Dinge. So schien mir. Ich verstand leider nur Bruchstücke, da er schwedisch sprach. Wir waren 9 Frauen auf seinem Boot: 7 Schwedinnen, eine Amerikanerin und ich. Da war verständlich, dass er nicht unbedingt alles auf englisch sagen mochte.

        Beim Hüttenwart der Alesjaurestugorna erkundigtee ich mich, ob es irgendetwas gäbe, dass ich über den «Umweg» über das Vistasvággi am Nállu vorbei nach Sälka wissen sollte.
        Er sagte, wenn ich die Zeit habe, den Umweg zu machen, sollte ich es auf alle Fälle tun.
        Da ich tagsüber immer wieder ein bisschen an mir und meinem Vorhaben so weit alleine zu wandern gezweifelt hatte, zweifelte ich nun auch, ob ich wirklich vom Kungsleden abbiegen sollte.
        Als ich über die wunderschöne Hängebrücke bei der Alesjaurestugorna weiter ging und vor dem Wegweiser stehen blieb: Rechts dem Kungsleden entlang über den Tjäkjapass oder links Richtung Vistasvággi, nahm ich all meinen Mut zusammen, sagte mir, dass dieser Umweg doch das ist, worauf ich mich bei meiner Planung am meisten gefreut hatte und bog – zum Glück! – links ab.

        Blick von der Alesjaurestugorna den Aliseatnu hinauf
        Der Entscheidende Wegweiser
        Einige Zeit später steige ich frisch gebadet aus meinem kleinen See, den ich ganz für mich habe und bin sehr, sehr glücklich! Meine zweite Nacht und langsam macht sich das Gefühl breit, dass ich genau da bin, wo ich sein soll. Selbst das Essen mit Erbsen schmeckt superlecker. Der einzige Haken: es ist zu heiss im Zelt. Hoffentlich findet die Sonne bald etwas, hinter dem sie verschwinden kann. Der Wasserfall gegenüber rauscht mich in den Schlaf. In der Nacht frischt der Wind auf, bringt Wolken und dreht. (Nicht zum letzten Mal auf dieser Wanderung.) Sodass ich das Zelt neu abspannen muss. Zum Glück! Denn am gegenüberliegenden Ufer zieht eine ganze Herde Rentiere vorbei.
        Schade, dass ich so verdammt müde bin und mich trotz des überwältigenden Anblicks bald wieder ins Zelt verkrieche.
        Auf den Bildern, die ich nachts gemacht habe, kann ich am nächsten Morgen leider nichts erkennen. Aber ich weiss, dass sie da waren.

        Privatsee
        Theoretisch Rentiere
        Hier sind theoretisch Rentiere zu sehen.

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        • fahrenheit
          Gerne im Forum
          • 12.04.2015
          • 78
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          • Meine Reisen

          #5
          3. Tag: See – Vistasstugan

          Die Freude, dich ich beim Aufstehen empfand, wurde leider durch die Tatsache getrübt, dass mich nun die nächsten Tage meine Menstruation begleiten würde. So nervig!
          Heute war dafür endlich Wanderwetter! Der Himmel war bedeckt, Wind wehte und die Temperatur war merklich gesunken. Wunderbar! Es ging den Seen entlang und Wasser rauschte mal von hier und dann von dort, bevor es steil nach unten zu einer Hängebrücke ging. Kurz zuvor sah ich ein Zelt und den einzigen Wanderer für heute.
          Endlich allein. Ein bisschen unheimlich war es mir auch. Aber insgesamt war ich sehr zufrieden mit der Situation. Und das Vistastal erfüllte meine hohen Erwartungen komplett. Entlang des Flusses, den ich auf der Brücke heute morgen überquert hatte, schlängelte es sich – von immer höher werdenden Bergen umgeben – Flussabwärts. Es leuchtete trotz des bedeckten Himmels alles grün und saftig und mein Mantra des Tages wurde: Hier möchte ich Elch sein!
          Elche schien es hier viele zu geben. Zumindest ihre Hinterlassenschaften sah ich ungefähr alle zwei Meter. Mir ist das ein bisschen unheimlich und so sang und redete und klatsche ich den ganzen Tag, weil das Gelände zwischen kleinen Hügelchen und Birken recht unübersichtlich war und ich nicht plötzlich erschrocken vor einem erschrockenen Elch stehen wollte. Man weiss ja nie. Gesehen habe ich so aber natürlich auch keine Elche.
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte AnsichtName: image_34667.jpgAnsichten: 6Größe: 4,63 MBID: 3079039 Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte AnsichtName: image_34668.jpgAnsichten: 7Größe: 4,48 MBID: 3079038 Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: IMG_8116.jpeg
Ansichten: 1285
Größe: 4,78 MB
ID: 3079041 Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte AnsichtName: image_34662.jpgAnsichten: 9Größe: 3,88 MBID: 3078975 Die Hüttenwartin würde heute der einzige Mensch zum Reden bleiben. Sie war dafür ausgesprochen nett und wir unterhielten uns etwas in der Hütte, weil die Mücken draussen zu unerträglich geworden waren, um rumzustehen und sich zu unterhalten.
          (Ich fragte mich und sie ob es schlau ist nach Aktse bzw. Kvikkjokk zu gehen. Dort soll es generell schlimm sein mit den Mücken und dieses Jahr gäbe es anscheinend besonders viele Mücken. Aber wo sollte ich sonst hin? Für etwas anders reichte weder meine Zeit, noch meine Erfahrung.)
          Auf meine Frage, ob meine Krachmacherei heute grosser Quatsch gewesen sei, sagte sie, dass Elche eigentlich nur gefährlich würden, wenn sie zum Beispiel in eine Ortschaft geraten und nicht wissen, wohin sie rennen können. Oder eben wenn man zwischen eine Elchkuh und ihr Kalb geriet. Diese beiden hätte sie gestern beobachtet. Ausserdem sei das ja auch für Bären ganz nützlich, auch wenn sie von denen schon länger nichts mehr gesehen hätte…

          Für die Nacht war Regen angesagt und ich hatte etwas Bammel, weil ich das Zelt nur geliehen hatte (wenn ich es auch ein paarmal bei Regen im Garten getestet hatte) und ihm noch nicht 100% vertraute, wie es sich in Wind und Regen halten würde. Ich baute es auf der anderen Seite vom Fluss auf und zu meiner Überraschung fand die Hüttenwartin, wenn ich die Küche nicht benützte, müsse ich nichts zahlen für den Platz. Auch nicht für die Benutzung der Toiletten. Es sei ja schliesslich besser ich würde hier als anderswo.

          Zum Abendessen gab es den Rest Polarbröd. Wegen der menstruationsbedingten Unterleibsschmerzen konnte ich mich nicht überwinden mehr zu essen.

          Ganz nebenbei und für alle Interessierten ohne zu sehr ins Detail zu gehen ​: das mit dem Mooncup war also eine ganz bescheuerte Idee von mir!
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte AnsichtName: image_34663.jpgAnsichten: 10Größe: 3,80 MBID: 3078976 Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte AnsichtName: image_34664.jpgAnsichten: 9Größe: 3,40 MBID: 3078977
          Angehängte Dateien
          Zuletzt geändert von fahrenheit; 27.09.2021, 20:53.

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          • Ljungdalen

            Alter Hase
            • 28.08.2017
            • 3379
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            Vielen Dank für den Bericht schon mal bis hier...

            Zitat von fahrenheit Beitrag anzeigen
            Ganz nebenbei und für alle Interessierten ohne zu sehr ins Detail zu gehen ​: das mit dem Mooncup war also eine ganz bescheuerte Idee von mir!
            Hm, bei den Frauen meiner Familie steht es auch 3:1 für "Contra"... (und die 1 ist die, die eher nicht mit auf Trekkingtouren geht)

            Übrigens: in deinem letzten Teil sind die Bilder nicht zu sehen! Bei anderen Benutzern hat sich in solchen Fällen herausgestellt, dass man am besten den Beitrag neu erstellt und/oder die Bilder neu hochlädt. Sind ja hier nicht so viele.

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            • Freedom33333
              Dauerbesucher
              • 09.09.2017
              • 900
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              Erstmal vielen Dank für den Reisebericht bis hierhin und die anschaulichen Beschreibungen.

              Das mit der nicht untergehenden Sonne würde mich zwar auch mal reizen - schlicht weil man das einmal im Leben erlebt haben will - aber wenn du sogar davon schreibst, dass es dann abends zu warm im Zelt ist würde mich das abschrecken. Wie muss ich mir das mit den Temperaturen vorstellen nachts, wenn da auch die Sonne scheint? Ist es dann "nachts" genauso warm wie tagsüber? Oder geht die Sonne so weit unter, dass es merklich abkühlt? Und halten sich dann überhaupt alle an den vorgegeben Rythmus oder kann es dir auch passieren, dass Leute nachts lärmend vor ihren Zelten sitzen und tagsüber laufen?

              Zitat von fahrenheit Beitrag anzeigen
              Beim Weitergehen stellte ich fest, dass ich hier bei Weitem nicht nur neben zwei Zelten genächtigt hatte. Ich lief bis zur Hängebrücke über den Fluss wohl an 30 Zelten vorbei.
              Gute Güte , da weiß ich wieder warum ich nicht zur Hauptreisezeit in der Nähe von Fernwanderwegen laufen will. Für mich war es dieses Jahr ja schon ungewohnt, dass ich das eine mal ein Zelt hinter einer Hügelkette wusste. Aber schön dass du im Anschluss einen weniger vollen Weg gefunden hast, das zeichnet für mich die Natur auch ein Stück weit aus, mal nichts zu hören als Wind und Wasser.

              Das mit dem Essenskauf haben wir übrigens wahrscheinlich alle durch, ich bin bei meinen letzten Urlauben dazu übergegangen vorher alles zu planen und zu kaufen und vor Ort dann strikt zu bleiben. Freilich nur wenn man vorher einschätzen kann wieviel man essen will. Das eine mal hab ich am Ende 1kg wieder mitgebracht, das war suboptimal ;).

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              • fahrenheit
                Gerne im Forum
                • 12.04.2015
                • 78
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                Ljungdalen : Danke, für's Bescheidsagen, wegen der Bilder. Und für die Statistik.

                Freedom33333: Zur Temperatur würde ich sagen, sie wird nachts merklich kühler, aber ein Zelt auf das Sonne scheint, ohne das es darin warm wird, möchte ich mal sehn. Bei mir war das aber tatsächlich nur an zwei sehr heissen Tagen (knapp 30° tagsüber) problematisch, weil ich auch das Mückennetz zumachen musste. Ansonten finde ich immer hell sehr vorteilhaft. Weil du eben so lange laufen oder früh aufstehn kannst, wie du willst. Ich muss keine Angst im Dunkeln haben. Und Stress einen Zeltplatz vor Einbruch der Dunkelheit zu finden, fällt auch weg.
                Zum Rhythmus der Menschen: ich glaube das ist sehr verschieden. Die Menschen, in deren Nähe ich geschlafen habe (wenn es sich nicht vermeiden lies), waren alle vom Wandern müde und sind zeitig ins Bett.

                1kg wieder mit nachhause gebracht?! Ohje. Da hatte ich es ja noch richtig gut.

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                • andrea2
                  Dauerbesucher
                  • 23.09.2010
                  • 997
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  Hallo fahrenheit

                  ich bin auch dabei und begleite dich auf deiner Wanderung. Was für ein Glück, dass du den "Umweg" über das Visttasvággi gewählt hast. Es ist einfach wunderschön.

                  Wir haben vor ein paar Jahren, kurz vor der Vistasstugan einen kapitalen Elchbullen gesehen und obwohl ich sonst in der Beziehung nicht besonders ängstlich bin, hab ich da auch nur ganz schnell zwei Fotos gemacht und dann nichts wie weiter. Danach hab ich mich etwas geärgert darüber.



                  https://www.outdoorseiten.net/vb5/forum/tourenberichte/tourenberichte-nördliches-europa/102017-se-no-zwischen-akkajaure-und-torneträsk-im-herbst-2017?p=2327994#post2327994

                  Am nächsten Tag auf dem Weg nach Nallo haben wir dann tatsächlich noch einen Elch gesehen.

                  Im Hochsommer im Zelt kann es echt fies werden. Drinnen ist es viel zu heiß und draußen fressen dich die Mücken auf. Wenn dann morgens um 5 oder 6 Uhr die Sonne aufs Zelt knallt, dann kannst du nur aufstehen, oder wenn es die Mücken zu lassen, dich noch mal zum Weiterschlafen nach draußen begeben. Im Zelt sitzt man dann in Unterwäsche und hofft, dass nicht gerade jemand vorbei kommt.
                  Nachst hat die Sonne aber so wenig Kraft, dass es doch deutlich abkühlt und man wenigstens ein paar Stunden schlafen kann.

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                  • fahrenheit
                    Gerne im Forum
                    • 12.04.2015
                    • 78
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    andrea2 Oh wow!!! Das war sicher sehr eindrücklich. Wobei ich mir wahrscheinlich sehr in die Hosen geschissen hätte. Also ein Elch will ich auch nochmal sehn (nicht nur aus dem vorbeifahrenden Zug). Aber wenn ich's mir aussuchen dürfte, gerne ein bisschen weiter weg.

                    Gut, dass du noch deinen Bericht drangehängt hast, da kann ich mich gleich noch ein bisschen inspirieren lassen und in Erinnerungen schwelgen gleichzeitig.

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                    • fahrenheit
                      Gerne im Forum
                      • 12.04.2015
                      • 78
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      4. Tag: Vistas – Reaiddájávri: Hoch hinaus und Wasser marsch!

                      Ich schlief so dermassen gut. Ich und Schlafen im Zelt, das war bis zu diesem Urlaub eigentlich immer mehr so ein notwendiges Übel. Aber vielleicht war es einfach der Umstand, dass es nicht dunkel wurde. Oder das Rauschen der verschiedenen Flüsse neben denen ich schlief. Um 4 Uhr begann es zu regnen, aber nicht so schlimm und bis ich aufstand, war das Zelt schon fast trocken und ich freute mich auf den heutigen Tag. (Wenn nur meine Schultern, Füsse und Hüften bald aufhörten weh zu tun. Ich musste noch mehr von meinem schweren Lakritz-Vorrat essen…)

                      Gleich zu Beginn stiegt der Weg stetig an und ich musste mich immer wieder umdrehen und den Blick zurück nach Vistas geniessen. Vor mir war das Tal Richtung Nállu allerdings auch nicht an Schönheit zu übertreffen. Mal warfen die Wolken kontrastreiche Schatten auf die Bergflanken, mal wurden verschiedene Stellen dramatisch beleuchtet. Farn bildete zu meiner Rechten einen kleinen Wald, giftgrüne Algen (oder Moos?) wuchsen im Flusslauf und sahen sehr unecht, aber toll aus. Über allem thronte die kantige Spitze des Nállu.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: IMG_8142.jpeg
Ansichten: 1237
Größe: 2,84 MB
ID: 3079230

                      Space-Grün
                      Heute gab es auch wieder Menschen. Keine Ahnung, wo die herkamen. Vor mir lief eine Frau und zwei Dänen überholten mich, als ich auf einem schönen Pausenstein einen Müsliriegel ass. (Also ich weiss gar nicht, ob sie Dänen waren, ich hab das einfach für mich beschlossen.)

                      Und dann passierte etwas blödes, weil Menschen eben Herdentiere sind.
                      Der Weg war nur noch schwer zu erkennen, weil sich alles in ein Steinfeld verwandelt hatte, in dem die keinen Steinhäufchen schwer zu sehen sind. Verlaufen konnte man sich hier aber nicht. Vor mir kam eine Flussquerung, ich sah, wie die Dänen und drei weitere Männer den Fluss von oben wieder nach unten liefen und sich dann für eine Stelle entschieden. Die Frau war anscheinend schon rüber. Ich stiess dazu. Es war ein rauschender Gebirgsbach/Fluss. (Bis wann ist es ein Bach? Und ab wann ein Fluss? Egal.) Ich hatte ziemlich Respekt vor dieser Querung und beobachtete genau, wie und wo die anderen querten und war froh an dieser Stelle nicht allein drüber zu müssen.
                      Einen so hohen Fluss hatte ich noch nicht gequert. Das Wasser ging bis zu den Knien und riss ziemlich. Alle Flüsse, die ich bis dato ohne Brücke queren musste, reichten mir höchstens bis über die Knöchel und in diesem Urlaub bisher konnte ich alle Flüsschen steine-springend, trockenen-fusses queren.
                      Es half nichts, dass auch die zwei Dänen und drei Schweden etwas aufgeregt waren. Einer verlor seinen Stock, der davon schwamm, sich aber glücklicherweise an Steinen verhakte und noch gerettet werden konnte.
                      Es half auch nichts, dass ich meinen ursprünglichen Plan vergass: Und zwar hatte ich keine Wechselschuhe dabei, sondern ein paar wasserdichte Socken, die ich nach einer Flussquerung in die nassen Schuhe anziehen wollte, bis diese trocken waren.
                      Nun sass ich da und beobachtete die Männer und hatte ziemlich Respekt vor dem kalten Wasser – ich weiss auch nicht mehr, was genau ich mir überlegt habe – auf jeden Fall zog ich die wasserdichten Socken schon an, um den Fluss zu queren.
                      Und wow! Der riss an mir. Nachdem ich aus Unerfahrenheit den ersten Schritt zu gross gemacht hatte und es mir beinahe das Bein nach hinten weggerissen hätte, tastete ich mich in kleinen Schritten und der Drei-Punkt-Methode langsam unter Hilfestellung und Beobachtung der anderen ans andere Ufer.
                      Drüben angekommen trocknete ich nun - meinen Fehler bemerkend - meine Füsse ab und wrang meine Schuhe so gut es ging aus. Trockene Füsse ade! Und kalt war es auch noch.
                      Die beiden Dänen bauten ganz motiviert einen Steinhaufen, um die Flussquerung zu markieren.

                      Als ich mich auf die Suche nach dem weiteren Weg zur Nallostugan machte (nicht das ich ohne Weg verloren gewesen wäre, aber meistens ist der Weg ja auch die leichteste Route über Steine), fand ich etwa 50 Meter weiter unten die sehr gute und markierte(!) Flussquerung, die ich wahrscheinlich trockenen Fusses hätte meistern können, da sich der Fluss hier in drei wesentlich kleinere Arme spaltete…
                      Merke: niemals sicher sein, dass die Menschen vor mir, wirklich die beste Stelle zum Queren gefunden haben!

                      Die Watstelle vor der Hütte anschliessend war zwar sehr lang, aber durch ziemlich flaches Wasser, sodass ich einfach nur in meinen durchnässten wasserdichten Socken durch den Fluss ging, weil ich fand, dass meine Schuhe schon etwas trockener geworden waren.
                      An der Nallostugan angekommen, kochte ich mir etwas Warmes zu trinken, stellte meine Schuhe in den Wind und kokelte aus Versehen mein Sitzkissen an, als ich es als Windschutz für den Kocher benutzte. Ich cremte meine Füsse zum wiederholten Mal mit Hirschtalg ein. Aber barfuss sein, während ich sonst schon alles, was ich zum Anziehen dabeihatte, anhatte half natürlich nicht gegen kalte Füsse.
                      Der Hüttenwart schüttelte über die gesammelte Dummheit der Flussquerer:innen den Kopf. (Er tat das allerdings sehr höfflich, er war ja Schwede.) Das Paar, das auf dem Weg nach Vistas war, wurde gewarnt beim Fluss nicht dem grössten Steinhaufen zu folgen, sondern dem schlausten. ;)

                      Ausserdem empfahl er für den Weg nach Sälka einen alternativen Weg ohne viele Flussquerungen und erklärte extra ausführlich an welcher Stelle die drei Schweden, die kurz vor mir liefen und ich den nächsten grösseren Fluss zu queren hatten. (Die Dänen wollten zur Unna Räitastugan und liessen Teile ihres Gepäcks beim Hüttenwart. Zwei Frauen waren von dort gekommen, sahen ziemlich gebeutelt aus und konnten den Weg nicht wirklich empfehlen. Wenn ich das richtig verstanden habe, kamen sie vom Gaskkasvággi und fluchten viel über Geröll und Schneefelder.)

                      So. Das war das Flussquerungsabenteuer. Abgesehen von dieser Aufregung, die nicht mal nötig gewesen wäre, kann ich den «Umweg» vom Kungsleden wärmstens empfehlen. Über das Vistastal habe ich ja schon geschwärmt, der Aufstieg zur Nallostugan ist ebenfalls wunderbar und die Nallostugan liegt einfach ganz fantastisch in diesem sehr besonderen Tal.
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                      Vad
                      So unglaublich schön

                      Aber, der Tag war ja noch gar nicht zu Ende! Ich querte noch ein paar Flüsschen und kleine ungefährliche Schneefelder, warf einen letzten Blick zurück ins grüne Vistastal und bog um die Kurve ins Stuor Reaiddávággi. Die extra mit Metalstangen markierte Flussquerung vorm See, stellte kein grösseres Hindernis mehr dar und so schlug ich bald an einer steinfreien Stelle am Seeufer mein Zelt auf. Ich überlegte, ob es eine schlaue Idee ist, hier so recht ungeschützt in diesem starken Wind das Zelt aufzustellen, aber die Faulheit und das Bedürfnis nach Schlafsack und Wärmflasche gewann. Und die Aussicht lohnte sich allemal.
                      Ein toller Tag! Mantra des Tages: «Wie kann es nur so schön sein?!»
                      Und sind wir ehrlich: so kleine Abenteuer, machen im Nachhinein ja auch Spass.

                      Easy-peasy
                      Die Metalstangen diesseits und jenseits sind auf dem Bild nicht sonderlich gut zu erkennen. Vor Ort sind sie nicht zu verfehlen. Der Fluss wird dann in einem Halbbogen gequert.
                      Wärmflasche
                      Zelt mit Wind und Socken
                      OT: Ich habe das Gefühl mein iPhone SE hat früher bessere Bilder gemacht. Die Tiefenschärfe ist jetzt praktisch gegen Null. Kann das sein oder bilde ich mir das ein? Meine Epfehlung ist sowie so, sich das alles mit eigenen Augen anzuschauen. ;)

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                      • Fjellfex
                        Fuchs
                        • 02.09.2016
                        • 1723
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        Auch ich möchte mich hier mal als einer outen, der sehr vergnügt mitliest!
                        Toller Debutbericht!
                        In Anbetracht der Steinmauer vor dem Zelt frage ich mich schon, ob du vor der Tour ein paar Blahake-Berichte gelesen hast....
                        Bin gespannt auf den Rest!

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                        • Fjellfex
                          Fuchs
                          • 02.09.2016
                          • 1723
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
                          Toller Debutbericht!!
                          Von wegen Debutbericht! Sehe eben, dass es ja schon vorher einen gab.... der nicht minder lesenswert ist!

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                          • Ljungdalen

                            Alter Hase
                            • 28.08.2017
                            • 3379
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            Zitat von fahrenheit Beitrag anzeigen
                            Zwei Frauen ... fluchten viel über Geröll und Schneefelder.
                            Hm, das verstehe ich nicht. Über viel Geröll fluche ich auch, aber sie meisten Schneefelder sind super (vor allem, wenn man auf ihnen Geröll umgehen kann).

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                            • evernorth
                              Fuchs
                              • 22.08.2010
                              • 1958
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
                              Auch ich möchte mich hier mal als einer outen, der sehr vergnügt mitliest!
                              Toller Debutbericht!
                              In Anbetracht der Steinmauer vor dem Zelt frage ich mich schon, ob du vor der Tour ein paar Blahake-Berichte gelesen hast....
                              Bin gespannt auf den Rest!
                              Ja, ja, die Steinmauer - Blüten haben wohl schon Samen geworfen. Schein ein regelrechter Wettbewerb zu sein, so nach dem Motto. Eine Steinmauer kommt selten allein.
                              Auf jeden Fall ein schön geschriebener Bericht, bei dem ich gerne dabei bin und gespannt mitlese.
                              Bin froh, dass es noch eine Weile weitergeht. Ist ja noch ein gutes Stück bis Kvikkjokk.
                              My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                              • lina
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                                • 12.07.2008
                                • 44663
                                • Privat

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                                #16
                                Freu mich auch sehr auf die Fortsetzung! :-)

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                                • fahrenheit
                                  Gerne im Forum
                                  • 12.04.2015
                                  • 78
                                  • Privat

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                                  #17
                                  Liebe Leute, danke für eure schönen Rückmeldungen!

                                  Die Steinmauer ist einfach so passiert. Die Heringe mussten beschwert werden und plötzlich stand da ein kleines Mäuerchen. Wohl eine Mischung aus der Erkenntnis, dass ich bei starkem Wind nicht irgendwo ungeschützt das Zelt aufstellen sollte und dem hilflosen Versuch daran etwas zu ändern. Immerhin die Socken konnte ich dort gut "einmauern". Und die Steine waren schön ordentlich weggeräumt. (Zuhause bin ich nicht so ordentlich. )

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                                  • fahrenheit
                                    Gerne im Forum
                                    • 12.04.2015
                                    • 78
                                    • Privat

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                                    #18
                                    Nun aber weiter, denn ja: es ist noch ein gutes Stückchen bis Kvikkjokk.

                                    Tag 5: Reaiddájávri – Singi

                                    Guten Morgen Sonnenschein!
                                    Sehr willkommen nach einer sehr windigen und kalten Nacht.
                                    Sonnenschein
                                    Zeltplatz am See
                                    Heute sollte ich also zurück zum Kungsleden. Ich hatte mich endlich an die Einsamkeit und das allein Wandern gewöhnt und dann das. Zurück zu den Massen. Na toll. Und noch dazu glaubte ich, jetzt schon alles gesehen zu haben, das ich sehen wollte. Ich war also nicht sonderlich motiviert ins Tal zu steigen. (Spoiler: Ich habe natürlich noch lange nicht alles gesehen.)

                                    Nach dem See bald rechts, war die Anweisung des Hüttenwarts gestern gewesen. Da sei dann ein kleiner Pfad zu erkennen. Einen kleinen Pfad konnte ich nicht finden, aber trotzdem eine gute Stelle, um den Fluss zu queren. Auch auf der anderen Seite konnte ich – entgegen meiner Hoffnung – keinen Weg im Geröll erkennen.
                                    Naja egal. Der Weg ist klar: Immer das Tal nach unten.
                                    Und so hüpfte ich von Stein zu Stein über ewig lange Geröllfelder. Seltsamerweise hatte ich daran irgendwie meinen Spass. Vielleicht auch, weil mir inzwischen egal war, wo der Weg war. Es schienen überall gleich viele Steine zu liegen. Hüpf hüpf.

                                    Auf der gegenüberliegenden Flussseite – die für mich inzwischen unerreichbar geworden war – sah ich einen Mann, der die drei Flüsse (oder mehr?), die es dort zu queren galt, ohne grosse Schwierigkeiten durchschritt. Gut, der hatte vielleicht gut eingefettete Schuhe. Aber es schein mir doch etwas leichter voranzugehen auf der anderen Seite.
                                    Nuja. Ich machte mir dafür meinen eigenen Weg. Das fand ich auch gut.
                                    Und dann war ich auch schon bei der Sälkastugorna. Puh! Viele Leute.
                                    Ich musste das erste Mal etwas einkaufen: Mittagessen, also Knäckebrot.
                                    Mein Plan war gar nie für so lange Zeit Proviant mitzunehmen, nun lief ich ja schon den fünften Tag. Dafür hatte ich bisher sehr abwechslungsreiche Mahlzeiten, das sollte sich gegen Ende der Tour ändern.
                                    Auf dem Weg ins Tag
                                    Blick zurück
                                    Gaskkasjohka?

                                    Heute war ein sehr durchzogener An-Auszieh-Tag. Immer wieder Schauer. Sobald diese aufhörten wieder Mücken und zu warm für die Regenjacke. Aber schön sah es trotzdem aus. So ganz anders als die Tage davor. Nur alles mit viel mehr Menschen, die vor und hinter mir liefen. (Die hab ich nur einfach nicht fotografiert…)

                                    Auch ein Blick zurück

                                    Ich war etwas genervt, dass hatte wahrscheinlich mehrere Ursachen. An erster Stelle stand natürlich der Wechsel vom allein laufen zum allein in einer Menschenmenge laufen.
                                    Wie hier im Forum gerne gesagt wird: wenn man das Wandern in den Alpen gewohnt ist, kann man auch auf dem Kungsleden wandern. Da ist was dran. Aber nach den schönen ruhigen Tagen, nervte es mich heute. (Und zugegeben: ich bin auch in den Alpen manchmal genervt.)
                                    An zweiter Stelle steht der Weg. Durch die vielen Leute ist der Weg oft so ausgetreten, dass die Füsse eigentlich nie gerade aufgesetzt werden können. Die Erde zwischen den vielen oft spitzen Steinen fehlt. Eine Zeitlang kann man dabei wie auf einem Blockfeld von Stein zu Stein hüpfen. Aber es ist eben kein Blockfeld, sondern eigentlich ein Weg. Und so hatte ich daran keinen Spass. Und wünschte mich aufs Blockfeld zurück. (Da weiss man wenigstens was man hat.) Oder natürlich noch besser: auf den schönen Pfad im Vistastal.
                                    Drittens lernte ich, dass ich auf Wanderungen kein grosser Fan von Knäckebrot werde. Damit es irgendeine Wirkung haben könnte, müsste ich mehr davon essen, aber das ewig lange Geknusper nervte mich. Das sollte also die letzte Packung Knäckebrot der Wanderung sein, die galt es aber zuerst aufzubrauchen.

                                    In Singi angekommen, gab es dort eine unglaubliche Menschen- und damit auch Mückendichte. Trotz sehr viel Wind. Ich fand das sehr bemerkenswert. (Also: Mücken trotz starkem Wind, nicht Menschen trotz Wind.)
                                    Da es erst Nachmittag war, fragte ich bei der Hüttenwartin und ihrem Mann nach, ob gute Plätze zum Zelten kämen, wenn ich weiter ging und ob es mit den Mücken irgendwo nachlassen würde. Zeltplätze und Mücken überall, lautete die Antwort. Aber für heute sei ein Sturm angesagt, dass sollte ich bedenken. In meinem müden, genervten Zustand konnte ich mir also die Frage nicht verkneifen, ob sie ein Bett für mich frei hätten. (Anmerkung: wegen COVID-19 musste eigentlich immer im Voraus reserviert werden.)
                                    Sie hätten ein Zimmer wegen des Sturms zurückbehalten und bisher sei ich die Einzige.
                                    Und so kam ich zu meinem ersten Bett. Nachdem ich zirka 50 Mücken erschlagen und die Mückennetze an den Fenstern mit meinem Tape repariert hatte, konnte ich nun gemütlich in der Küche sitzen. Das war auch mal gut.
                                    Ein deutsch-indisches Paar schwedischer Postdoktoranden gesellte sich wegen der Mücken draussen zu mir in die Küche und teste den Feueralarm mit angebranntem Couscous. Ich legte meine Menschenfeindlichkeit ab und stellte fest, dass sich unterhalten ja auch sehr nett sein kann. Überraschung.
                                    Kurz darauf zogen noch drei junge Frauen in das andere Zimmerchen, das an die Küche grenzte, weil ihr Zelt im Wind zusammengefaltet wurde. (Wir kannten uns schon flüchtig von der Bootsfahrt über den Alesjaure.)
                                    Als allerdings um acht der Sturm vorbei war (!) und es draussen fast windstill wurde, hatte ich mich schon so – im Bett liegend und Hobbit lesend – an meinen Luxus gewöhnt, dass ich nicht mehr bereute heute Nacht in der Hütte zu schlafen. Ausserdem gab es hier das schönste Klo am Kungsleden. (Ein bisschen aber vermisste ich mein Zelt.)
                                    Schönes Örtchen
                                    Zuletzt geändert von fahrenheit; 01.10.2021, 14:58.

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                                    • fahrenheit
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                                      • 12.04.2015
                                      • 78
                                      • Privat

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                                      #19
                                      Tag 6: Singi – fast zum Teusajaure

                                      Am nächsten Morgen brach ich frühzeitig auf. Auch wenn die meisten Menschen, die ich gestern gesehen hatte, heute Richtung Kebnekaise gehen würden, wollte ich doch den Massen entfliehen.
                                      Drama-Singistugorna

                                      Nach anfänglich dramatischem Himmel wurde heute wieder ein sonnig heisser Tag auf dem Kungsleden.
                                      Pausen mussten gut mit den Menschen vor und hinter mir koordiniert werden. Nicht nachdem überholen einer Person gleich Pause machen. Nicht die Pause aufhören, wenn gerade eine Person näherkommt. Wo und wann aufs Klo?
                                      Logistik auf dem Kungsleden.
                                      Auch hier mehr Steine als Weg
                                      Pause am Tjäktjajåkka

                                      Es lief sich einfach so dahin neben dem schönen Tjäktjajåkka. Bis sich die Landschaft vor Kaitumjaure änderte.

                                      Vor Kaitumjaure
                                      mehr Gestrüpp

                                      An der Kaitumjaurestugorna angekommen, traf ich auch wieder Johanna, Lina, Lisa und Patrick (vom 2. Tag), die mir dringend den Weg zum Fluss empfahlen. Ich hatte das Schild, das vom Weg abzweigte und eine Badestelle ankündigte, gesehen und mich gefragt ob sich der extra Weg wohl lohnen würde. Ihre begeisterte Beschreibung der kleinen Lagune im Fluss überzeugte mich restlos. Und so liess ich alles stehn und liegen und ging die angegeben 360m (?) zum Fluss. Wow! Es war schlicht fantastisch!
                                      Das Wasser in der schön türkis-blauen Farbe schoss in wilden Stromschnellen den Berg herunter, aber an einem kleinen Privatstrand gab es eine strömungsfreie «Badewanne» mit «Treppe» zum Einsteigen. Sehr empfehlenswert. (Auch mal wieder dringend nötig. Und sowieso war es hier noch dazu erstaunlich Mücken frei.)

                                      Badewanne

                                      Und nun beging ich den einzigen wirklichen Fehler meiner Tour. Ich ging, obwohl ich noch mehr als genug Tage für den Rest der Wanderung nach Kvikkjokk übrighatte, an diesem Mittag noch weiter. Weil: ich kann doch nicht mittags schon aufhören…
                                      Hätte ich eben doch gekonnt. Und es wäre sicher sehr schön gewesen bei Kaitumjaure noch mehr Zeit zu verbringen und vielleicht auch noch auf den Sánarčohokka zu steigen. Oder einfach nochmal zu baden.
                                      Ich muss das Verweilen an schönen Orten noch üben.

                                      Also ging es weiter. Durch ein schönes kleines Wäldchen. Über eine weitere Hängebrücke, über einen fast noch schöneren Fluss. Durch einen Rentierzaun. Alles sah – mal wieder – erfrischend anders aus.

                                      Kaitumjåkka
                                      kleines Seechen

                                      Dann war ich auf schon dem Hochplateau, das auf der Karte mit Muorki beschriftet ist. Ich fühlte mich wie zuhause: am Horizont thronten die Alpen. Waren das Eiger, Mönch und Jungfrau?
                                      Ich vermute Sarektjåhkkå (?). Aber sicher bin ich mir da nicht.

                                      Muorki

                                      Jetzt folgte der unschöne Teil des Tages. Es ging einfach gerade aus. Die Sonne knallte auf mich herunter und stehen bleiben kam wegen der unglaublich vielen Mücken auf dem Hochplateau nicht in Frage.
                                      Ein Hungerast tauchte dann auch noch auf (blödes Knäckebrot!), sodass ich im Gehen die ganze Packung getrocknete Mango (noch aus Göteborg) und zwei Traubenzucker wegmampfte. Das half. Und bald ging es auch schon merklich bergab. Oh, ein Wasserfall! Und: Oh! Direkt daneben ein sehr exponierter Zeltplatz, auf dem ich schief, mit Stein im Rücken schlafen konnte: Gekauft!
                                      Und dann das erste Mal einen Wecker gestellt, um am nächsten Morgen das Boot über den See nicht zu verpassen.
                                      Teusajaure von oben
                                      Einschlafhilfe
                                      Schön ist es ja

                                      Kommentar


                                      • fahrenheit
                                        Gerne im Forum
                                        • 12.04.2015
                                        • 78
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        Tag 7: Teusajaure – Vakkotavare/Saltoluokta

                                        Ich wachte noch vor dem Wecker auf. Zum Glück. Ich hasse Wecker. Und machte mich ohne Frühstück und Kaffee auf den Weg:
                                        Erstens sah es so aus, als könnte es gleich regnen und ich wollte das Zelt trocken einpacken und zweitens wusste ich nicht genau, wie lange ich nach unten bräuchte und wollte nicht das Boot verpassen.
                                        Natürlich war ich zu früh unten am See, aber das war nicht dramatisch. So konnte ich mir noch etwas zu Essen im Shop kaufen (u.a. Kekse, die noch eine Rolle spielen werden), mir einen Kaffee am «Strand» kochen und alle Anwesenden (auch wieder die Schweden: Johanna, Lina, Lisa und Patrick) fragen ob ihnen evtl. die Unterhose, die ich am Strand gefunden hatte, in der Nacht weggeweht sei.
                                        Das stellte sich als ziemlich unterhaltsam heraus. Aber ich beschloss nicht weiter einen Creep zuspielen, der Menschen zu ihrer Unterhosen-Vorliebe befragt.

                                        Es war ziemlich viel Wind auf dem See und die Hüttenwartin, überliess das Boot fahren ihrem Mann. Wir zogen die Rettungswesten auf einem stark schwankenden Steg an und waren alle sehr aufgeregt. Es wurde uns aber versichert, dass alles «perfectly safe» sei. Aber wegen des Windes und damit das Boot nicht so tief im Wasser lag, brachte der Hüttenwart nur höchstens drei Leute auf einmal über den See.
                                        Hütten am Teusajaure
                                        Kaffee mit See
                                        Lina wird später den Kaffe als den best aussehendsten Kaffee der Welt bezeichnen, sogar mit Schaum.
                                        (Der Trick ist Instant-Cappuccino statt Kaffee. Schmeckt eingermassen annehmbar finde ich und ersparrt mir auch noch Milchpulver mitzunehmen, das ich nur für den Kaffee brauche.)

                                        schon auf der anderen Seite

                                        Auf der anderen Seite ass ich zuerst noch meine letzte Portion selbstgemischtes Müsli und machte mich dann auf den Weg nach oben. Heute ging es durch den Stora Sjöfallets Nationalpark. Der inzwischen einsetzende Regen, konnte nichts daran ändern, dass es hier ziemlich schön war.
                                        Zuerst durch einen lichten Birkenwald hoch, hoch, hoch und dann oben Blick auf die umliegenden teils schneebedeckten Berge, deren Gipfel immer wieder von dramatischen Wolkenformationen verdeckt wurden.
                                        Beim Aufstieg wünschte ich mir meine Jacke hätte Pit Zips, denn es war ziemlich heiss. Aber nass sein wollte ich auch nicht. Zum Glück bin ich keine grosse Schwitzerin und werde mit Regenjacke (auch ohne Belüftungsoptionen unter den Armen) nicht genauso nass wie im Regen. Aber besonders angenehm war es auch nicht. Auf die Regenhose verzichtete ich beim Aufstieg allerdings. Der Wind pustete bei einer kurzen Regenpause die Hose im Nu wieder trocken. Oben angekommen, zog ich beim nächsten Regenschauer nun doch die Regenhose an. So warm war es ohne Aufstieg dann doch nicht.
                                        Ein Weg, der geradeaus markiert war, aber ein Schild das rechts zur Brücke zeigte, irritierte mich ein wenig. Auf meiner Karte sah ich dann, dass es zur Brücke ein kleiner Umweg war. Da ich aber dachte, die Schweden bauen sicher nicht grundlos eine Brücke, folgte ich dem Schild. Auf der Brücke stellte ich fest, dass ich die Brücke nicht wirklich gebraucht hätte. Aber das kommt wohl auf die Jahreszeit und den Wasserstand des Flüsschens an.
                                        Meine Pause machte ich, als ich mich plötzlich vollkommen von einer Wolke eingehüllt fand. Ich mag Nebel! (Und Schokolade!) Da rufen mich immer die Unterirdischen.
                                        Blick nach Hinten
                                        Im Nebel
                                        Renvaktarstuga

                                        Der Regen hörte irgendwann auf, die Landschaft wurde dafür etwas feuchter. Und die Mücken kamen wieder hervor. Stehen bleiben wurde schwieriger. Meine wohlverdiente Kaffeepause fiel daher leider flach.
                                        Ein Blick auf die Karte verriet mir ausserdem, dass ich schon viel näher an Vakkotavare war, als ich vermutet hatte und dass ich es tatsächlich schaffen könnte den Bus noch heute nach Saltoluokta zu nehmen. Ich hatte mal wieder Angst vor Sturm in der Nacht und hatte die grosse Hoffnung in Saltoluokta heute noch ein Zimmer zu bekommen. Ich weiss auch nicht. Es überkam mich einfach. Ausserdem wusste ich, dass es in Saltoluokta Empfang geben würde und ich freute mich drauf mich zuhause zu melden. (Suchtkrüppel…)
                                        Es war also beschlossene Sache, ich marschierte im Sauseschritt los (und hatte schon wieder vergessen, dass zu schnell vorankommen auch nicht gut ist, wenn die Rückfahrt schon gebucht ist).
                                        10 min vor der Abfahrtszeit des Busses stand ich auf der Strasse in Vakkotavare. Vakkotavare ist also schon ein kleiner Schock. Eine Hochspannungsleitung, Mülleimer, eine Strasse. Ganz vergessen, wie hässlich es in der Zivilisation ist. (Hier gibt es anscheinend auch schon Empfang, habe ich später erfahren, aus Gewohnheit probierte ich das aber gar nicht aus.) Und auch vor einem Sturm hätte ich mich im gut geschützten Birkenwald von Vakkotavare nicht fürchten müssen. Aber die Entscheidung war gefällt. (Besonders heimelig fand ich es dort sowieso irgendwie nicht. Das lag aber vielleicht an der Stimmung.)

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ID: 3079922

                                        Um die Kurve fuhr ein Kleinbus mit Anhänger. Es rumpelte, klepperte und schleifte. Der Bus hielt 100 m entfernt an. Zwei aufgeregte Menschen stiegen aus und hängten den abgefallenen Anhänger wieder an den Bus. An der Haltestelle machte jemand den Witz: «Hopefully this isn’t our bus». Alle lachten. Dann hielt der Bus vor uns an, die Tür ging auf und uns wurde mitgeteilt: «Sorry we’re already full. But we will come back in 40 minutes». Dem Anschlussbus würden sie bescheid sagen, damit dieser auf uns warten würde.
                                        Der junge Engländer, der kurz zuvor völlig ausser Atem auf die Strasse und die Bushaltestelle zu gestolpert war, brach in eine Fluch-Tirade aus, als der Bus davonfuhr…
                                        … war ich froh wieder in der Zivilisation zu sein.
                                        Ich wusch meine total vermatschte Regenhose und ein paar andere Kleider im Fluss und ass ein bisschen was. Allein auf einem Stein sitzend. Die Stimmung in Vakkotavare war seltsam. Alle tigerten auf und ab, humpelten durch die Gegend oder sassen sehr erschöpf aussehend auf den Bänken vor der Hütte.

                                        40 Minuten später kam der Bus tatsächlich zurück. Die Rucksäcke und Wanderstöcke wurden ordentlich im Anhänger verstaut. Im Bus brach bei einigen Jubel aus: es gab USB-Steckdosen. Hatten die alle ihre Kabel immer griffbereit in der Hosentasche? Meins zumindest war irgendwo in meinem Rucksack, aber so dringend war es mir gar nicht. (Ich wusste ja auch nicht, dass es schon Empfang gab…)
                                        Der Busfahrer fuhr im wahrsten Sinne des Wortes wie eine gesengte Sau über die rumplige, mit Schlaglöchern übersähte Strasse, während seine Partnerin die Reiseführerin spielte. Nette schwedische Volksmusik wurde angeschaltet. Dann krachte es und der Bus legte eine Vollbremsung hin. Der junge gestresste Engländer gegenüber von mir sah aus, als würde er sein letztes Gebet sprechen. Der Anhänger hatte sich wieder gelöst. Die Rucksäcke wurden irgendwie auch noch in den vollen Bus gepackt, der Anhänger, der erst seit gestern in Betrieb sei und als «wie neu» vom Verkäufer angepriesen worden sei, wurde neben der Strasse stehen gelassen.
                                        Wir kamen heil in Vietas an, wo tatsächlich ein luxuriöser grosser Reisebus bereitstand. Als wir jedoch gerade den ersten Rucksack unten einladen wollten, schloss dieser die Klappe und fuhr los. Die Partnerin unseres Busfahrers rannte zum Glück hinterher und der Bus hielt wieder an. So kamen wir dann doch noch nach Kebnats. Am Steg angekommen teilte uns das Schiff mit, dass es bereits voll sei, aber in 40 Minuten wieder zurückkomme…

                                        Lange Rede kurzer Sinn: ich bewege mich doch lieber ganz ohne Fahrplan auf meinen zwei Beinen voran, das scheint mir viel weniger aufregend zu sein.

                                        In Saltoluokta war natürlich schon alles ausgebucht. Und da ich feststellte, dass ich 3-4 Tage zu früh in Kvikkjokk ankommen würde, wenn ich so weiterlief, stellte ich mein Zelt in den windgeschützten Wald und nahm ich mir ein Zimmer für die nächste Nacht. Und so blieb ich eine Nacht im Zelt und eine Nacht in einem sehr gemütlichen Bett in Saltoluokta.

                                        Im Laufe des Tages sprach mich irgendwann der junge Engländer an, ob ich auch nach Kvikkjokk laufen würde und ob ich Lust hätte mit ihm zusammen zu gehen. Ich erklärte ihm aber, dass ich gerade sehr genoss allein und unabhängig zu sein. Er schien leider nicht ganz so angetan vom allein Wandern und fühlte sich in Gesellschaft wohler.

                                        Den zweiten Tag in Saltoluokta verbrachte ich hauptsächlich lesend und war froh um den Ruhetag. Mein Bauch grummelte einigermassen und beim Blick auf die Kekse, die ich in Teusajaure gekauft hatte, stellte ich fest, dass sie das Haltbarkeitsdatum schon längstens überschritten hatten. (Ich hätte nicht gedacht, dass Kekse schlecht werden, aber offensichtlich war das der Grund für meinen Bauchtumult, der am nächsten Tag zum Glück wieder gut war.)

                                        Boot im Sturm
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                                        Sieht auf dem Bild mal wieder aus, als wäre kein Mensch da gewesen. War aber ziemlich voll dort. Die letzten anderthalb Tage auf dem Kungsleden waren aber ganz angenehm wieder sehr menschreduziert.

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