Tourentyp | |
Lat | |
Lon | |
Mitreisende | |
Land: SE/NO
Reisezeit: Ag/Sept '08
Region/Kontinent: Nordeuropa
Vorgeschichte
28. August 2007
-Jämtlandsfjällen-
Eisregen peitscht waagerecht über das Land, ein wehender grauer Schleier über der Hochebene. Kurz scheint er inne zu halten, dann stiebt er nach oben weg und gibt den verschwommenen Blick frei auf eine gewaltige schroffe Steilwand, der Neuschnee glänzt im milchigen Licht.
Einen Moment vergessen wir das Frieren, die Nässe, die Schmerzen – uns trifft die Wucht eines plötzlich auftauchenden Berges. Nicht dass wir den Sylarna noch nie gesehen hätten, es ist nur die Wirkung, wenn nach drei Tagen Wanderung durch eine dunstige, windgepeitschte Landschaft flacher weiter Hügel plötzlich die unmittelbare Präsens der Berge offenbar wird, die die Hochebene umgeben.
Rasch drängt eine neue Wolke in die Lücke. Die Kälte kriecht uns in die Knochen. Wir ziehen den Kopf zwischen die Schultern und gehen eilig weiter. Es ist August.
Feiner Schnee wirbelt mit uns durch die Tür der Sylarna-Fjällstation, einer hochgeheizten hotelartigen Anlage am Fuße des Berges. Ein Gewirr aus Wanderstäben und Bergstöcken flankiert das schlammverschmierte Schuhregal. Wir starren auf die Väderprognos des SMHI und müssen kapitulieren.
Das war der erste Versuch.
Nachdem wir noch am selben Tag unter Schmerztabletten bei Minusgraden mit einer kurzen Pause in einer überfüllten Raststuga zur talwärts liegenden Storulvån-Fjällstation durchmarschiert waren und dort die Zeltgebühr bezahlt, aber ein Sofa im Aufenthaltsraum dem Zelt vorgezogen hatten, verbrachten wir den Rest der Zeit an der Höga Kusten.

Skuleskogen
Im sonnigen Skuleskogen den Blick über die schärendurchsetzte Bottensee in die Ferne schweifend hingen wir beide stumm unseren Gedanken nach. Ich erinnere mich, dass mich die Wucht des Wetters im Nachhinein stark beeindruckt hatte, die Nichtigkeit der eigenen Präsens an einem Ort, der dir die Gewissheit gibt, dass der Mensch es niemals schaffen wird die Mächte der Natur zu bezwingen. Lydia hat es seelisch verletzt. Die Angst vor Kälte und Nässe wurde sie nun nie mehr los.

Wie konnte das passieren? Letztlich waren wir naiv gewesen, was die Zusammenstellung unserer Ausrüstung betraf. Aber das ist nur Nebensache. In erster Linie hatten wir einfach Pech. Oder doch: War es so gewollt?
Bei unseren eher halbherzigen Aufnahmen im Skuleskogen erprobten wir beide unsere Möglichkeiten und mir wurde schnell klar, dass wir beide nicht ausreichend vorbereitet waren. Ich glaube dass ich 2007 in keinem Fall mit befriedigendem Material zurückgekehrt wäre.
Tagebuch auf dem Valkallen
Einen Film drehen – im skandinavischen Fjäll. Warum? Es ist LÄNGTAN – die Sehnsucht.
Diese Landschaft zieht uns an. Der Kungsled ist einer der bekanntesten und meistbegangenen Strecken in Europa. Schweden ist mittlerweile in Deutschland zur Marke geworden, mit der Produkte und Dienstleistungen beworben werden. Und es wirkt.
Was treibt uns dazu unsere romantischen Vorstellungen und Sehnsüchte auf den kalten Norden zu projizieren? Warum rennen jedes Jahr mehr Menschen durch Norrlands Gebirge, stürmen den Kebnekaise, entfliehen in den Sarek…
Nun es ist einfach verlockend, die alltäglichen Sorgen durch unmittelbare kleine Probleme zu ersetzen, seinen Körper zu spüren, die Schönheit der Landschaft zu betrachten.
Doch vor allem ist es die Sehnsucht die Verbindung zu etwas zu spüren, was uns in den warmen Stuben unserer Wohnhöhlen, der physischen Passivität in unserer Mobilität und der Entfremdung zwischen Lebenserwerb und Lebensmittel abhanden gekommen ist – dem Wilden.
Sich bewusst auf das Wilde einlassen, versuchen mit den Urkräften zu leben, auf die man keinerlei Einfluss hat, und zwar ohne sich jeden Abend feige in sein abgeschottetes, beheiztes kleines Stück kontrollierte Umwelt zurück zu ziehen. Wo sonst, wenn nicht hier – in Norrlands Fjäll – kann man besser über die veränderte Beziehung zwischen Mensch und Natur, die eigene Lebensgestaltung, unseren Lebensstil nachdenken, hier von all dem weitgehend abgetrennt, was uns täglich umgibt und scheinbar erhält, hier, wo wir einen Hauch von euphorischem Freisein spüren, wenn wir vom Gipfel eines Berges in die Ferne blicken…
Nun sitzen wir in Christiana in einem bunten Haufen von Leuten, die unseren Lebensstil mehr oder weniger abgelegt und durch ihren eigenen chaotischen Lebensentwurf ersetzt haben und lassen den Blick über bunt bemalte rundliche Hütten, wirr zusammengeschweißte Fahrräder und ein buntes Volk schweifen, während von einer kleinen Bühne bluesige Klänge tönen.
Es ist ein Jahr später. Der zweite Versuch.
18. August 2008
-Grövelsjön-
Uns ist übel. Bei vier Stunden wackeliger Busfahrt durchs nördliche Dalarna hatten wir Zeit genug die Fahrkünste unseres Fahrers kennen zu lernen. Und um die Filmausrüstung zu bangen, die im Gepäckraum zwischen Kloschüsseln und Autofelgen hin und her geworfen wird.
Regen und 8 °C. Das Übliche. Nachdem wir die Reste unseres Tagesproviants vertilgt und etwas trockenes Holz vom Vindskydd am See eingepackt haben, steigen wir gegen halb sechs zum Salsfjäll auf. Wir sind allein auf einem breiten mancherorts „fünfspurigen“ Wanderweg, der sich unweit im wirbelnden Regendunst auflöst.
Wir überqueren die norwegische Grenze. Lydia hat Verspannungen in den Schultern, da sich das Futter ihrer Rucksackträger seitlich heraus geschoben hat. Wir können aber nicht lange verweilen, da uns kalt und klamm wird und wir den Pass überqueren müssen, bevor es dunkel wird.
Graue Wolken schleppen sich durch die Enge zwischen Sjöhöjden und Salsfjället. Sprühregen peitscht in unsere geröteten Gesichter. Es geht wieder bergab.
Gegen halb acht lässt der Regen etwas nach und wir können das Zelt nahezu regenfrei an der Baumgrenze oberhalb des westlichen Grövelsjö aufbauen. Für ein Lagerfeuer ist es jedoch zu nass und wir begnügen uns mit Wurst- und Käsebrot bei Quellwasser.
19. August
-Grövelsjön-Grøtådal-

Bewölkter Himmel, aber kein Regen mehr. Wir frühstücken und blicken in das tiefe U-förmige Tal an dessen Grund der bleierne Grövelsjö ruht. Fernes Motorensummen steigt aus dem Tal auf. Es ist das Wassertaxi, das nun den See durchpflügt und die Tagestouristen an der norwegischen Anlegestelle Ryvang abwirft.
Nach dem Dreh einer kurzen Szene packen wir zusammen und steigen ab zum ehemaligen Fäbodvall Sylen. Schon bald kommt uns die Bootsbesatzung entgegen, die wie gehetzt den Hang hoch schnauft. Flüchten sie voreinander oder haben sie Angst es bis zum Abend nicht zur Fjällstation zu schaffen, weil sie die Strecke und ihre Kräfte nicht einschätzen können? Wahrscheinlich beides.
Unten finden wir einen handgemalten Wegweiser, der den Trampelpfad ins Grøtådal markiert. Der Weg ist nicht offiziell markiert und liegt abseits der üblichen Touren. Der Grøtå wandelt sich hier vom rauschenden Bach langsam in einen breiten zäh dahin fließenden Fluss, bis er schließlich in der steinigen Ebene der Femundmark in den Røa mündet. Dabei durchquert er auf kleinem Raum vielfältigste Biotope. Hier konnten wir schöne Drehplätze finden und dabei ungestört sein.
Spuren von Rentier, Elch, Hund und Mensch vermischen sich auf dem Pfad. Es scheint Mensch und Tier hätten das selbe Anliegen, das selbe Ziel. Tatsächlich sind es die gehörnten Herdentiere, die hier die Straßen bauen, denn der Weg ist auf Grundlage der Rentier-Wechsel entstanden, auf denen die norwegischen Angler bequem zu ihren Jagdrevieren gelangen.

Erzwungene Drehpause
Es schauert. Hektisch werfe ich den aus einem Duschvorhang gebastelten Regenschutz über die Kamera. Als sich der Niesel in richtigen Regen wandelt, beschließen wir rasch das Zelt aufzubauen. Das Wetter fordert stets viel Flexibilität von uns ab. Doch darum geht es bei diesem Projekt ja auch: Mit dem arbeiten, was da ist; nicht das erkämpfen, was man gern hätte, sondern dankbar annehmen, was man bekommt – denn die Natur zeigt sich in ihrer Unberechenbarkeit und Schönheit viel beeindruckender und spannender als jede menschkontrollierte Inszenierung.
Als es wieder aufklart, ist es zu spät zum Drehen. Schräg flutet das gelbe Abendlicht durch das Tal und wirft seinen Schein an die kreideweißen Stämme der windgebeugten Fjällbirken. Mit dem trockenen Holz, das ich noch im Gepäck habe, ist schnell ein Feuer entfacht und wir kochen zwei dieser klebrigen Fertiggerichte, mit einem Birkenpilz verfeinert.
Als die Sonne zu anderen Ländern abtaucht und sich die eiszerschmetterten Felsblöcke wie Trolle gegen den blassen Abendhimmel erheben, sitzen wir bei den leuchtenden Flammen und nehmen die Energie des Holzes in Form warmen Tees in uns auf.

20. August
- Grøtådal-
Unkontrolliert kriecht der Ärger auf, als das Geräusch nicht aussetzt. Der Regen hört sich im Zelt immer nach mehr an. Doch Regen ist Regen und die Kamera bleibt im Koffer. Wir haben beschlossen die Szene hier zu Ende zu drehen, doch der Blick nach draußen offenbart tief hängende graue Wolken, die im Tal bei nahezu Windstille festgesetzt haben. Wir sind frustriert. Das taube Gefühl der Hilflosigkeit, im engen Zelt festzusitzen und nichts tun zu können, frisst an uns.

Umso mehr freuen wir uns, als gegen halb zwölf der Regen aussetzt und die Sonne als milchiger verschmierter Fleck sichtbar wird. Wir kriechen aus den Schlafsäcken und frühstücken erstmal. Doch da nahen bereits wieder Regenwolken und verhindern den Dreh.
Das Wetter ist eine launische Diva.
Halb zwei dann klart es nochmals kurz auf und wir drehen in großer Hektik die Szene zu Ende. Während es wieder zu nieseln beginnt, bauen wir schnell das Zelt zusammen und raffen uns auf. Wandern lässt es sich bei dem leichten Regen und der Windstelle gut und wir genießen die Bewegung und die Luft.
Ganz wie der Bach mäandert der Weg sanft durch die Landschaft aus Geröllwüsten und dünenartigen Sandhügeln, zwischen Birkenhainen und Wacholderheiden hindurch, an rauschenden Wasserfällen und stillen Sümpfen vorbei.
Wir halten Ausschau nach einer passenden Stelle für die Szenen am Lagerplatz, doch obgleich wir zahlreiche von Anglern angelegte Lagerstellen an malerischen Plätzen passieren, finden wir nichts Passendes.
Das Tal flacht ab und dunstige Moore ziehen sich am Grøtå hin, der nun schleppend dahin fließt, als hätte das Wasser die junge fliegende Leichtigkeit verloren und wäre zu bleierner Schwere gealtert. Eine recht abenteuerliche Brückenkonstruktion aus einem Baumstamm und einem Drahtseil komplettiert den Weg, der hier die Stormyrskojian passiert, eine kleine verlassene Trapperhütte. Das alte Thermometer zeigt 12°C an. Recht angenehm.
Gegen sechs geben wir vorerst die Suche nach einem geeigneten Drehplatz auf und lassen uns an einem schönen mit Kiefern bestandenen Platz nieder. Zwei Norweger lagern hier schon. In gebrochenem Englisch frag ich sie, ob sie etwas dagegen haben, wenn auch wir hier unser Zelt aufschlagen. „Nice place for camping. You’re welcome!“ Doch sein Gesichtsausdruck scheint das nicht auszudrücken. Egal, wir werden sie nicht stören, stellen unser Zelt hinter eine breite Kiefer.
---


Reisezeit: Ag/Sept '08
Region/Kontinent: Nordeuropa
Vorgeschichte
28. August 2007
-Jämtlandsfjällen-
Eisregen peitscht waagerecht über das Land, ein wehender grauer Schleier über der Hochebene. Kurz scheint er inne zu halten, dann stiebt er nach oben weg und gibt den verschwommenen Blick frei auf eine gewaltige schroffe Steilwand, der Neuschnee glänzt im milchigen Licht.
Einen Moment vergessen wir das Frieren, die Nässe, die Schmerzen – uns trifft die Wucht eines plötzlich auftauchenden Berges. Nicht dass wir den Sylarna noch nie gesehen hätten, es ist nur die Wirkung, wenn nach drei Tagen Wanderung durch eine dunstige, windgepeitschte Landschaft flacher weiter Hügel plötzlich die unmittelbare Präsens der Berge offenbar wird, die die Hochebene umgeben.

Feiner Schnee wirbelt mit uns durch die Tür der Sylarna-Fjällstation, einer hochgeheizten hotelartigen Anlage am Fuße des Berges. Ein Gewirr aus Wanderstäben und Bergstöcken flankiert das schlammverschmierte Schuhregal. Wir starren auf die Väderprognos des SMHI und müssen kapitulieren.
Das war der erste Versuch.
Nachdem wir noch am selben Tag unter Schmerztabletten bei Minusgraden mit einer kurzen Pause in einer überfüllten Raststuga zur talwärts liegenden Storulvån-Fjällstation durchmarschiert waren und dort die Zeltgebühr bezahlt, aber ein Sofa im Aufenthaltsraum dem Zelt vorgezogen hatten, verbrachten wir den Rest der Zeit an der Höga Kusten.

Skuleskogen
Im sonnigen Skuleskogen den Blick über die schärendurchsetzte Bottensee in die Ferne schweifend hingen wir beide stumm unseren Gedanken nach. Ich erinnere mich, dass mich die Wucht des Wetters im Nachhinein stark beeindruckt hatte, die Nichtigkeit der eigenen Präsens an einem Ort, der dir die Gewissheit gibt, dass der Mensch es niemals schaffen wird die Mächte der Natur zu bezwingen. Lydia hat es seelisch verletzt. Die Angst vor Kälte und Nässe wurde sie nun nie mehr los.

Wie konnte das passieren? Letztlich waren wir naiv gewesen, was die Zusammenstellung unserer Ausrüstung betraf. Aber das ist nur Nebensache. In erster Linie hatten wir einfach Pech. Oder doch: War es so gewollt?
Bei unseren eher halbherzigen Aufnahmen im Skuleskogen erprobten wir beide unsere Möglichkeiten und mir wurde schnell klar, dass wir beide nicht ausreichend vorbereitet waren. Ich glaube dass ich 2007 in keinem Fall mit befriedigendem Material zurückgekehrt wäre.
-------
Tagebuch auf dem Valkallen
Einen Film drehen – im skandinavischen Fjäll. Warum? Es ist LÄNGTAN – die Sehnsucht.
Diese Landschaft zieht uns an. Der Kungsled ist einer der bekanntesten und meistbegangenen Strecken in Europa. Schweden ist mittlerweile in Deutschland zur Marke geworden, mit der Produkte und Dienstleistungen beworben werden. Und es wirkt.
Was treibt uns dazu unsere romantischen Vorstellungen und Sehnsüchte auf den kalten Norden zu projizieren? Warum rennen jedes Jahr mehr Menschen durch Norrlands Gebirge, stürmen den Kebnekaise, entfliehen in den Sarek…
Nun es ist einfach verlockend, die alltäglichen Sorgen durch unmittelbare kleine Probleme zu ersetzen, seinen Körper zu spüren, die Schönheit der Landschaft zu betrachten.
Doch vor allem ist es die Sehnsucht die Verbindung zu etwas zu spüren, was uns in den warmen Stuben unserer Wohnhöhlen, der physischen Passivität in unserer Mobilität und der Entfremdung zwischen Lebenserwerb und Lebensmittel abhanden gekommen ist – dem Wilden.
Sich bewusst auf das Wilde einlassen, versuchen mit den Urkräften zu leben, auf die man keinerlei Einfluss hat, und zwar ohne sich jeden Abend feige in sein abgeschottetes, beheiztes kleines Stück kontrollierte Umwelt zurück zu ziehen. Wo sonst, wenn nicht hier – in Norrlands Fjäll – kann man besser über die veränderte Beziehung zwischen Mensch und Natur, die eigene Lebensgestaltung, unseren Lebensstil nachdenken, hier von all dem weitgehend abgetrennt, was uns täglich umgibt und scheinbar erhält, hier, wo wir einen Hauch von euphorischem Freisein spüren, wenn wir vom Gipfel eines Berges in die Ferne blicken…
--------
Nun sitzen wir in Christiana in einem bunten Haufen von Leuten, die unseren Lebensstil mehr oder weniger abgelegt und durch ihren eigenen chaotischen Lebensentwurf ersetzt haben und lassen den Blick über bunt bemalte rundliche Hütten, wirr zusammengeschweißte Fahrräder und ein buntes Volk schweifen, während von einer kleinen Bühne bluesige Klänge tönen.
Es ist ein Jahr später. Der zweite Versuch.
18. August 2008
-Grövelsjön-
Uns ist übel. Bei vier Stunden wackeliger Busfahrt durchs nördliche Dalarna hatten wir Zeit genug die Fahrkünste unseres Fahrers kennen zu lernen. Und um die Filmausrüstung zu bangen, die im Gepäckraum zwischen Kloschüsseln und Autofelgen hin und her geworfen wird.
Regen und 8 °C. Das Übliche. Nachdem wir die Reste unseres Tagesproviants vertilgt und etwas trockenes Holz vom Vindskydd am See eingepackt haben, steigen wir gegen halb sechs zum Salsfjäll auf. Wir sind allein auf einem breiten mancherorts „fünfspurigen“ Wanderweg, der sich unweit im wirbelnden Regendunst auflöst.

Graue Wolken schleppen sich durch die Enge zwischen Sjöhöjden und Salsfjället. Sprühregen peitscht in unsere geröteten Gesichter. Es geht wieder bergab.
Gegen halb acht lässt der Regen etwas nach und wir können das Zelt nahezu regenfrei an der Baumgrenze oberhalb des westlichen Grövelsjö aufbauen. Für ein Lagerfeuer ist es jedoch zu nass und wir begnügen uns mit Wurst- und Käsebrot bei Quellwasser.
19. August
-Grövelsjön-Grøtådal-

Bewölkter Himmel, aber kein Regen mehr. Wir frühstücken und blicken in das tiefe U-förmige Tal an dessen Grund der bleierne Grövelsjö ruht. Fernes Motorensummen steigt aus dem Tal auf. Es ist das Wassertaxi, das nun den See durchpflügt und die Tagestouristen an der norwegischen Anlegestelle Ryvang abwirft.

Unten finden wir einen handgemalten Wegweiser, der den Trampelpfad ins Grøtådal markiert. Der Weg ist nicht offiziell markiert und liegt abseits der üblichen Touren. Der Grøtå wandelt sich hier vom rauschenden Bach langsam in einen breiten zäh dahin fließenden Fluss, bis er schließlich in der steinigen Ebene der Femundmark in den Røa mündet. Dabei durchquert er auf kleinem Raum vielfältigste Biotope. Hier konnten wir schöne Drehplätze finden und dabei ungestört sein.
Spuren von Rentier, Elch, Hund und Mensch vermischen sich auf dem Pfad. Es scheint Mensch und Tier hätten das selbe Anliegen, das selbe Ziel. Tatsächlich sind es die gehörnten Herdentiere, die hier die Straßen bauen, denn der Weg ist auf Grundlage der Rentier-Wechsel entstanden, auf denen die norwegischen Angler bequem zu ihren Jagdrevieren gelangen.
Abstieg nach Sylen/Norwegen


Erzwungene Drehpause
Es schauert. Hektisch werfe ich den aus einem Duschvorhang gebastelten Regenschutz über die Kamera. Als sich der Niesel in richtigen Regen wandelt, beschließen wir rasch das Zelt aufzubauen. Das Wetter fordert stets viel Flexibilität von uns ab. Doch darum geht es bei diesem Projekt ja auch: Mit dem arbeiten, was da ist; nicht das erkämpfen, was man gern hätte, sondern dankbar annehmen, was man bekommt – denn die Natur zeigt sich in ihrer Unberechenbarkeit und Schönheit viel beeindruckender und spannender als jede menschkontrollierte Inszenierung.
Als es wieder aufklart, ist es zu spät zum Drehen. Schräg flutet das gelbe Abendlicht durch das Tal und wirft seinen Schein an die kreideweißen Stämme der windgebeugten Fjällbirken. Mit dem trockenen Holz, das ich noch im Gepäck habe, ist schnell ein Feuer entfacht und wir kochen zwei dieser klebrigen Fertiggerichte, mit einem Birkenpilz verfeinert.
Als die Sonne zu anderen Ländern abtaucht und sich die eiszerschmetterten Felsblöcke wie Trolle gegen den blassen Abendhimmel erheben, sitzen wir bei den leuchtenden Flammen und nehmen die Energie des Holzes in Form warmen Tees in uns auf.

20. August
- Grøtådal-
Unkontrolliert kriecht der Ärger auf, als das Geräusch nicht aussetzt. Der Regen hört sich im Zelt immer nach mehr an. Doch Regen ist Regen und die Kamera bleibt im Koffer. Wir haben beschlossen die Szene hier zu Ende zu drehen, doch der Blick nach draußen offenbart tief hängende graue Wolken, die im Tal bei nahezu Windstille festgesetzt haben. Wir sind frustriert. Das taube Gefühl der Hilflosigkeit, im engen Zelt festzusitzen und nichts tun zu können, frisst an uns.

Umso mehr freuen wir uns, als gegen halb zwölf der Regen aussetzt und die Sonne als milchiger verschmierter Fleck sichtbar wird. Wir kriechen aus den Schlafsäcken und frühstücken erstmal. Doch da nahen bereits wieder Regenwolken und verhindern den Dreh.
Das Wetter ist eine launische Diva.
Halb zwei dann klart es nochmals kurz auf und wir drehen in großer Hektik die Szene zu Ende. Während es wieder zu nieseln beginnt, bauen wir schnell das Zelt zusammen und raffen uns auf. Wandern lässt es sich bei dem leichten Regen und der Windstelle gut und wir genießen die Bewegung und die Luft.
Ganz wie der Bach mäandert der Weg sanft durch die Landschaft aus Geröllwüsten und dünenartigen Sandhügeln, zwischen Birkenhainen und Wacholderheiden hindurch, an rauschenden Wasserfällen und stillen Sümpfen vorbei.
Wir halten Ausschau nach einer passenden Stelle für die Szenen am Lagerplatz, doch obgleich wir zahlreiche von Anglern angelegte Lagerstellen an malerischen Plätzen passieren, finden wir nichts Passendes.
Das Tal flacht ab und dunstige Moore ziehen sich am Grøtå hin, der nun schleppend dahin fließt, als hätte das Wasser die junge fliegende Leichtigkeit verloren und wäre zu bleierner Schwere gealtert. Eine recht abenteuerliche Brückenkonstruktion aus einem Baumstamm und einem Drahtseil komplettiert den Weg, der hier die Stormyrskojian passiert, eine kleine verlassene Trapperhütte. Das alte Thermometer zeigt 12°C an. Recht angenehm.
Gegen sechs geben wir vorerst die Suche nach einem geeigneten Drehplatz auf und lassen uns an einem schönen mit Kiefern bestandenen Platz nieder. Zwei Norweger lagern hier schon. In gebrochenem Englisch frag ich sie, ob sie etwas dagegen haben, wenn auch wir hier unser Zelt aufschlagen. „Nice place for camping. You’re welcome!“ Doch sein Gesichtsausdruck scheint das nicht auszudrücken. Egal, wir werden sie nicht stören, stellen unser Zelt hinter eine breite Kiefer.
---


<-Catering ------------- Der Grøtå->
-Fortsetzung folgt in Kürze-
Kommentar