AW: [NO] Ins wilde Herz von Lomsdal-Visten
TAG 11 | MITTWOCH 4.9.2019
So, jetzt aber. Heute wird es doch wohl klappen mit dem Bier, der Dusche und den gewaschenen Klamotten. Irgendwann zwischen 11:00 und 12:00 breche ich auf. Das Boot kommt, laut Fahrplan, um 15:40 unten am Kai an. Wahrscheinlich werde ich viel zu früh da sein und mir noch ein bis zwei Stunden am Anleger um die Ohren hauen müssen. Trotzdem ist es mir lieber auf Nummer Sicher zu gehen.
Den Beginn des Abstiegs habe ich ja schon vorgestern ausgekundschaftet. Deswegen weiß ich auch ungefähr wo ich lang muss. Zumindest am Anfang.
Um überhaupt wieder zum Weg zu kommen muss ich heute allerdings erstmal eine neue Route finden. Es hat in der Zwischenzeit so viel geregnet, dass der „Weg“ den ich vorgestern bis zum Wasserfall genommen habe heute nicht mehr trockenen Fußes zu machen ist. Trotzdem komme ich mit ein bisschen Suchen letztendlich an.
Der Wasserfall wird rechts umgangen und gelegentlich zeigen Markierungen den richtigen Weg an. Dass das hier ein norwegischer Weg ist, erkennt man spätestens als man eine fast trittlose Stufe von 1,20 m Höhe nur mit Hilfe einer nahen Birke hoch kraxeln kann. Wird aber noch besser.


Die Krongelvasselva (nenne ich jetzt mal so) quert man über ein Blockfeld, das den Fluss kurz hinter dem ersten Wasserfall verschüttet hat.

Dann geht es noch ein Stück weit mit Markierungen abwärts. Und dann… ja dann stehe im nassen Unterholz und versuche im Regen irgendwo die nächste Markierung zu finden. Ich gehen ein bisschen auf und ab, versuche etwas auf der anderen Flussseite zu entdecken. Da, das könnte ein Pfad sein, Markierungen sehe ich aber keine. Aber wie soll ich denn da jetzt rüberkommen. Ich ziehe doch jetzt nicht meine Stiefel aus und kämpfe mich hier auf die andere Seite. Das wäre bei der starken Strömung hier sowieso ein ziemlich grenzwertiges Unterfangen.
Ich mache das jetzt einfach so wie die ganze Zeit schon. Hier soll irgendwo ein Weg sein? Mir doch wurscht. Also weglos weiter. Immer wieder muss ich Birken zu Hilfe nehmen um größere Stufen herab zu kommen. Dann über nasse Felsbrocken auf denen ein zentimetertiefer Moosteppich wächst. Ja sorry, leave no trace – geht gerade nicht.

Als ich dann mal kurz anhalte um durch zu schnaufen und mir Schweiß und Regen aus dem Gesicht zu wischen merke ich, dass ich ja doch auf dem „Weg“ stehe. Der ist halt hier so scheiße. Allzu viele Leute können hier im Jahr nicht hochkommen. Man muss tatsächlich ziemlich genau hinschauen, damit man die Stellen mit totem Moos erkennt, die zusammengenommen einen Pfad ergeben – zumindest, wenn man das ganze optimistisch betrachtet.
Das ist also mal wieder einer dieser norwegischen Wege. Schon letztes Jahr habe ich mir gedacht, wenn die Norweger in eine Landkarte einen Wanderweg einzeichnen, dann geht das wahrscheinlich so von statten:
„Meine Schwester kennt einen, dem sein Cousin, der hat erzählt, dass ihm sein Opa gesagt hat, dass der da mal ein Rentier langlaufen hat sehen.“
„Ja, dann trag da mal einen Wanderweg ein!“
Komisch wie sich die Wahrnehmung verschiebt. Allein die Tatsache, dass auf einer Karte ein „Weg“ eingezeichnet ist beeinflusst die Wahrnehmung vor Ort, zumindest bei mir, oft massiv. Wenn da nix eingezeichnet gewesen wäre, hätte ich mir gedacht: „Puh, schwierig aber geht schon.“ Dadurch, dass ich mit einem, wie auch immer gearteten Weg gerechnet hatte wurde daraus direkt ein: „Was für eine Scheiße, die haben ja wohl einen Schatten.“
Eine Weile lang kann ich einer vage erkennbaren Pfadspur über Blockfelder folgen. Spätestens im Wald verliert sich der Pfad dann aber wieder. Ein wenig später finde ich wieder etwas, das Teil eines Weges sein könnte. So geht es eine ganze Zeit lang weiter.
Inzwischen ist eigentlich alles was ich an habe klatschnass. Beim Aufbruch habe ich mir noch gedacht: zieh dir ein Fleece an, es ist kühl und geht eh nur abwärts. Dumm gelaufen das Fleece ist komplett durchgeschwitzt und wird auch recht lange nicht mehr trocken werden.
Am Bonnavatnet erreiche ich endlich den Talboden. Auf einer Landzunge kann ich eine Fischerhütte erkennen, dort wäre auch der erste mögliche Platz um ein Zelt aufzustellen. Hier in der Nähe beginnt auch endlich ein richtiger Pfad. Dieser führt mich, oft sehr schlammig, bis zu einer Brücke über den Fluss – ein paar Kilometer weiter talabwärts. Ab hier geht es auf einem Fahrweg bis nach Bona. Dieses letzte Stück ist dann endlich wirklich einfach zu gehen.

Alles in allem, habe ich für die 7,5 km gute 3 h gebraucht und ich erreiche den Kai mit nur 30 min Reserve.
Ich stehe in der Sonne, freue mich über die gelungene Tour und schaue zwei Delphinen im Fjord zu, bis das Boot kommt.



Und aus.
TAG 11 | MITTWOCH 4.9.2019
So, jetzt aber. Heute wird es doch wohl klappen mit dem Bier, der Dusche und den gewaschenen Klamotten. Irgendwann zwischen 11:00 und 12:00 breche ich auf. Das Boot kommt, laut Fahrplan, um 15:40 unten am Kai an. Wahrscheinlich werde ich viel zu früh da sein und mir noch ein bis zwei Stunden am Anleger um die Ohren hauen müssen. Trotzdem ist es mir lieber auf Nummer Sicher zu gehen.
Den Beginn des Abstiegs habe ich ja schon vorgestern ausgekundschaftet. Deswegen weiß ich auch ungefähr wo ich lang muss. Zumindest am Anfang.
Um überhaupt wieder zum Weg zu kommen muss ich heute allerdings erstmal eine neue Route finden. Es hat in der Zwischenzeit so viel geregnet, dass der „Weg“ den ich vorgestern bis zum Wasserfall genommen habe heute nicht mehr trockenen Fußes zu machen ist. Trotzdem komme ich mit ein bisschen Suchen letztendlich an.
Der Wasserfall wird rechts umgangen und gelegentlich zeigen Markierungen den richtigen Weg an. Dass das hier ein norwegischer Weg ist, erkennt man spätestens als man eine fast trittlose Stufe von 1,20 m Höhe nur mit Hilfe einer nahen Birke hoch kraxeln kann. Wird aber noch besser.


Die Krongelvasselva (nenne ich jetzt mal so) quert man über ein Blockfeld, das den Fluss kurz hinter dem ersten Wasserfall verschüttet hat.

Dann geht es noch ein Stück weit mit Markierungen abwärts. Und dann… ja dann stehe im nassen Unterholz und versuche im Regen irgendwo die nächste Markierung zu finden. Ich gehen ein bisschen auf und ab, versuche etwas auf der anderen Flussseite zu entdecken. Da, das könnte ein Pfad sein, Markierungen sehe ich aber keine. Aber wie soll ich denn da jetzt rüberkommen. Ich ziehe doch jetzt nicht meine Stiefel aus und kämpfe mich hier auf die andere Seite. Das wäre bei der starken Strömung hier sowieso ein ziemlich grenzwertiges Unterfangen.
Ich mache das jetzt einfach so wie die ganze Zeit schon. Hier soll irgendwo ein Weg sein? Mir doch wurscht. Also weglos weiter. Immer wieder muss ich Birken zu Hilfe nehmen um größere Stufen herab zu kommen. Dann über nasse Felsbrocken auf denen ein zentimetertiefer Moosteppich wächst. Ja sorry, leave no trace – geht gerade nicht.

Als ich dann mal kurz anhalte um durch zu schnaufen und mir Schweiß und Regen aus dem Gesicht zu wischen merke ich, dass ich ja doch auf dem „Weg“ stehe. Der ist halt hier so scheiße. Allzu viele Leute können hier im Jahr nicht hochkommen. Man muss tatsächlich ziemlich genau hinschauen, damit man die Stellen mit totem Moos erkennt, die zusammengenommen einen Pfad ergeben – zumindest, wenn man das ganze optimistisch betrachtet.
Das ist also mal wieder einer dieser norwegischen Wege. Schon letztes Jahr habe ich mir gedacht, wenn die Norweger in eine Landkarte einen Wanderweg einzeichnen, dann geht das wahrscheinlich so von statten:
„Meine Schwester kennt einen, dem sein Cousin, der hat erzählt, dass ihm sein Opa gesagt hat, dass der da mal ein Rentier langlaufen hat sehen.“
„Ja, dann trag da mal einen Wanderweg ein!“
Komisch wie sich die Wahrnehmung verschiebt. Allein die Tatsache, dass auf einer Karte ein „Weg“ eingezeichnet ist beeinflusst die Wahrnehmung vor Ort, zumindest bei mir, oft massiv. Wenn da nix eingezeichnet gewesen wäre, hätte ich mir gedacht: „Puh, schwierig aber geht schon.“ Dadurch, dass ich mit einem, wie auch immer gearteten Weg gerechnet hatte wurde daraus direkt ein: „Was für eine Scheiße, die haben ja wohl einen Schatten.“
Eine Weile lang kann ich einer vage erkennbaren Pfadspur über Blockfelder folgen. Spätestens im Wald verliert sich der Pfad dann aber wieder. Ein wenig später finde ich wieder etwas, das Teil eines Weges sein könnte. So geht es eine ganze Zeit lang weiter.
Inzwischen ist eigentlich alles was ich an habe klatschnass. Beim Aufbruch habe ich mir noch gedacht: zieh dir ein Fleece an, es ist kühl und geht eh nur abwärts. Dumm gelaufen das Fleece ist komplett durchgeschwitzt und wird auch recht lange nicht mehr trocken werden.
Am Bonnavatnet erreiche ich endlich den Talboden. Auf einer Landzunge kann ich eine Fischerhütte erkennen, dort wäre auch der erste mögliche Platz um ein Zelt aufzustellen. Hier in der Nähe beginnt auch endlich ein richtiger Pfad. Dieser führt mich, oft sehr schlammig, bis zu einer Brücke über den Fluss – ein paar Kilometer weiter talabwärts. Ab hier geht es auf einem Fahrweg bis nach Bona. Dieses letzte Stück ist dann endlich wirklich einfach zu gehen.

Alles in allem, habe ich für die 7,5 km gute 3 h gebraucht und ich erreiche den Kai mit nur 30 min Reserve.
Ich stehe in der Sonne, freue mich über die gelungene Tour und schaue zwei Delphinen im Fjord zu, bis das Boot kommt.



Und aus.
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