[SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

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  • Nuklid
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    • 09.06.2013
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    [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

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    Mittlerweile ist diese Reise über ein Jahr her, im August 2017. Da jetzt aber schon der nächste Bericht anstünde, erstmal brav chronologisch den älteren:

    Ich schaute meiner ersten Solo-Trekkingtour etwas ambivalent entgegen: Zwar voller Vorfreude, aber auch unsicher, wie mir ein längerer Solo-trekk wohl gefallen würde. Aufgrund der großzügigen und freundlichen Lichtverhältnisse im Sommer, hatte ich mich für Lappland entschieden. Meine Route durch's Kebnekaisefjäll sah schließlich folgendes vor:

    In Katterjak aus dem Zug hüpfen, und dann nach Süden bis kurz vor die Schutzhütte und dort nach Osten abbiegen und mehr oder weniger weglos durch das Hioganvággi bis zum Kamajakka. Dort dann dem Weg nach Süden entlang Richtung Rovvidievva. Vor Rovvidievva nach Osten abbiegend dem Weg Richtung Kungsleden folgen.
    Entweder am Süd- oder Nordufer des Ahpparjavri entlang östlich bis zur Abzweigung zur Marmastuga. Dann über den Pass zur Vistasstugan. Von dort über Nallo nach Sälka, von dort kurz etwas südlich dem Kungsleden folgen und dann östlich ins Guobirvaggi nach Tarfala. Von dort nach Osten über den Pass beim Darfalcorru, dann weglos grob dem Cievrragorsa folgend nach Nikkaluokta.


    Dafür hatte ich etwa neun Tage Zeit. Eigentlich waren es mal zwölf gewesen, und eigentlich wollte ich mit dem Flieger anreisen, doch ich hatte einen Geniestreich sondergleichen vollbracht, der meine Reisezeit verkürzte...

    Ich sitze gemütlich vorm PC und möchte den Online-Check-in durchführen, der 24 Stunden vor Abflug verfügbar ist. Das System meldet mir zurück, dass zu wenig Zeit bis zum Abflug ist Ich checke die Uhrzeiten - knapp 24 Stunden bis zum Abflug. Ein paar Tage zuvor hatte das System wie erwartet gemeldet, "Check-In noch nicht möglich". Und jetzt zu Spät? Da kommt mir ein böser Verdacht: Ich checke angsterfüllt das Datum und falle fast vom Stuhl: Mein Flieger geht tatsächlich nicht morgen, sondern in zehn Minuten in Düsseldorf. Ein paar wahnwitzige Sekunden überlege ich noch, wie ich rechtzeitig dorthingelange. Ich kann es nicht fassen. Quelle malheur!

    Ein paar Tage nach meinem teuren Irrtum sitze ich dann im kurzfristig gebuchten Zug Richtung Norden.
    In Kopenhagen habe ich drei Stunden Aufenthalt. Die nächtliche Zugfahrt hierher habe ich ganz passabel überstanden, aber ich bin froh über den Platz im Liegewagen für die nächste nächtliche Fahrt, von Stockholm nach Kiruna.



    In Stockholm habe ich den ganzen Nachmittag Zeit, mein Zug fährt erst am Abend weiter.



    Meine Planung sieht vor, mir in Stockholm Sek-Bargeld aus einem Bankomaten zu besorgen, ich gehe nicht davon aus, dass es in Katterjak zwingend einen geben wird (in der Tat besteht Katterjak streng genommen nur aus zwei Häusern und einer Unterführung, wie sich zeigen wird).
    Tatsächlich entdecke ich am Bahnhof keinen einzigen Bankomaten. Ich fange an, mich zu erkundigen. Man sagt mir, am Bahnhof gäbe es keine, vielleicht wären in der Innenstadt noch welche. In der Innenstadt wird es nicht besser, kein Bankomat in Sicht, keiner weiß was. Ein Kioskbesitzer schickt mich schließlich zu einer bestimmten Kreuzung. Fast eine halbe Stunde bin ich dahin unterwegs, mit schwerem Gepäck kein Vergnügen im Stadtgewühl. Ich bin also fast eine Stunde unterwegs um Cash zu organisieren, dabei aber wenigstens erfolgreich.
    Dafür stelle ich später zufällig fest, dass es doch Bankomaten am Bahnhof gibt




    Der Nachtzug hat zwar eine Stunde Verspätung, im Gegenzug kriegt man den Kaffee umsonst - in meinen Augen ein sehr guter Deal. Kaffeetrinkend unterhalte ich mich im Abteil ausgiebig mit zwei Schweden, die auf dem Weg in den Sarek sind, über Trekkingausrüstung und Wanderanekdoten.
    Der Zug passiert den Polarkreis und irgendwann sind wir in Kiruna.







    Tag 1:

    Ich bin der einzige Reisende, der in Katterjak ausgestiegen ist. Es ist Nachmittag, es gibt hier nichts, was mich aufhielte, direkt loszugehen. Ein paar Handgriffe am Rucksack, ein letzter Blick auf die Karte, dann lenke ich meine Schritte nach Süden ins Fjäll, gespannt, was mich in den kommenden Tagen erwarten wird. Das Wetter ist freundlich, bewölkt bis sonnig.



    Den einschlägigen Threads hier im Forum hatte ich schon entnommen, dass aufgrund später Schneeschmelze noch viel Restschnee liegen müsste. Und so ist es auch, Altschneefelder allerorten, welch Augenweide.






    Ich begegne zwei, drei Tagesausflüglern auf dem Rückweg und komme schließlich an einen recht malerisch im Sonnenschein liegenden See. Hier mache ich ein kleines Päuschen und koche sogar etwas Kartoffelbrei. Einfach weitergehen wäre ein Frevel.



    Der Weg führt über einen kleinen Bergrücken und dann wieder hinab. Ich fühle mich pudelwohl, es ist wie nach Hause kommen.






    Ich gehe nicht mehr lange und suche mir einen schön gelegenen Lagerplatz. Der Sonnenuntergang ist eine Wonne, ich bleibe noch lange draußen und flaniere durch die Umgebung. Ein paar Schlücke Schnaps und eine Zigarre dürfen nicht fehlen. Allerdings stelle ich fest, dass ich meine Watschuhe zu Hause gelassen habe, naja. Ansonsten bin ich mit dem Auftakt voll zufrieden.













    Tag 2:

    Morgens begrüßt mich strahlender Sonnenschein, es ist superwarm. Geil! Nach einem guten Frühstück mache ich mich voller Entdeckungsfreude und Enthusiasmus auf den Weg. Ich ahne allerdings schon, dass das Wetter nicht so bleiben wird, die Wetterprognose hatte vorab nicht gerade sehr rosig ausgesehen: Viel, viel Niederschlag. Umso mehr freue ich mich über das augenblickliche Prachtwetter.



    Etwa einen Kilometer vor der Schutzhütte beim Stuor Kärpel mache ich an dem Seitenarm des Hioganvággi eine Pause und gönne mir eine Portion Kartoffelbrei. Hier muss ich in das Tal nach links abbiegen und irgendwo über den Fluss hinüber. Ich freue mich auf den weglosen Abschnitt und suche flussaufwärts nach einer Stelle zum furten.



    Aus reiner Faulheit möchte ich irgendwie das Barfuswaten vermeiden. Da sich keine Stelle findet, an der ich in trockenen Schuhen über den Fluss komme, bleibe ich auf der linken Seite des Flusses und suche mir hier meinen Weg durch die malerische Umgebung.






    Diese Schneebrücke umgehe ich lieber linksseitig:









    Außer ein paar vereinzelten Mücken begegne ich den ganzen Tag nichts und niemandem.






    Einmal bricht an einem gegenüberliegenden Seeufer ein größeres Stück Eis ab, fällt laut platschend ins Wasser und wirft kleine Wellen auf.






    Es ist herrlichstes, entspanntes Wandern, Wetter und Landschaft ein Traum.


















    Es beginnt sich im Süden zuzuziehen, der Himmel wird deutlich dunkler. An einer nett gelegenen Stelle schlage ich mein Zelt auf.



    Ganz so schön gelegen wie gedacht, ist mein Lagerplatz allerdings nicht, beinahe schlagartig beginnt die Luft vor Mücken zu flirren. Ohne komplette Regenkleidung und Anti-Mückenmittel im Gesicht ist es vor dem Zelt nur schwer auszuhalten, auch die Apsis ist schnell dicht besiedelt. Das Wetter kippt, es beginnt zu nieseln. Ich lege micht zeitig schlafen.


    Zuletzt geändert von Nuklid; 04.11.2018, 10:33.

  • Blahake

    Fuchs
    • 18.06.2014
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    #2
    AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

    So sieht das Hoiganvaggi also bei Sonne aus!
    Ich hab's vor zwei Jahren vor lauter Regen ja kaum gesehen.
    Seehr schöner Bericht bisher, freue mich auf die Fortsetzung!

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    • smeagolvomloh
      Fuchs
      • 07.06.2008
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      #3
      AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

      Prima - bitte weiter so. Der Bericht macht in der Verfolgung Freude und rettet mir den langweiligen Nachtdienst!
      "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit."
      Wilhelm von Humboldt, 1767-1835

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      • Nuklid
        Erfahren
        • 09.06.2013
        • 437
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        #4
        AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

        Thanx.

        @Blahake: Das Hoiganvaggi war bei dem Wetter ein echtes Highlight. Aber gönn mir das ruhig, die restlichen Tage gab's nur noch selten Sonne.

        Tag 3:

        Ich habe felsenfest geschlafen und registriere beim Aufwachen, dass es regnet. Die Landschaft um mich herum ist dunkelgrau und wolkenverhangen, wie ein Gang vor das Zelt verrät. In einigen hundert Metern Entfernung sehe ich die unwirkliche Erscheinung einer Gestalt, die mit aufgespanntem Regenschirm durch das Fjäll marschiert. Ich gehe an den Fluss, Zähneputzen im Regen.

        Auf Abwettern habe ich nach dem Frühstück absolut keinen Bock, packe meine Sachen und gehe los. Das Zusammenpacken des nassen Zeltes ist, wie immer beim Aufbruch im Regen, ein ungemütliches Prozedere.
        Die Landschaft hat nichts mehr vom gestrigen Charme. Es ist nicht besonders windig und regnet ohne Unterlass, mal kräftig, mal feiner Niesel. Auf jeden Fall regnet es.



        Einmal muss ich die Schuhe ausziehen um durch einen Fluss zu waten, im kalten Dauerregen nicht so gemütlich.

        Am Ende des Hoiganvággi folge ich ufernah dem Verlauf des Hoiganjoka und halte das noch für eine gute Route für den Abstieg Richtung tieferliegendem Wald am Ende des Hoiganvággis. Jedoch stellt sich bald heraus, dass zwischen den kleinen Bodenwellen goße, nasse Steinblöcke liegen, dazwischen etwas Gebüsch. Nachdem ich das erste Hindernis dieser miesen Art mühsam überwunden habe, beschließe ich, den Hang links nach weiter oben aufzusteigen und dort talwärts zu weiterzugehen.



        Irgendwann habe ich den Wald erreicht und stoße schnell auf einige Trampelpfade. Meine Schuhe schmatzen mittlerweile bei jedem Schritt und sind voller Wasser, Tribut an aufgeweichten Boden und Dauerregen.



        Nach einiger Zeit stoße ich auf den markierten Weg nach Rovvidievvá. Es ist eine einzige Schlammschlacht, eine Pause im Dauerregen macht nicht wirklich Sinn, meine Klamotten sind jetzt schon gut nass, mir ist nur im Gehen warm. Ich esse gehend die Schokoriegel- und Nussvorräte meiner Jacken- und Hosentaschen und marschiere durch's trübe Nass voran. Zwischenzeitlich bin ich mir nicht sicher, ob ich auf dem richtigen Weg bin, als irgendwann ein paar kleine Häuser im Wald auftauchen. Das dürfte Rovvidievvá sein.
        Niemand zu sehen. Ich nehme die Abzweigung nach Osten über die Brücke, wieder leicht aufwärts, den Wald verlassend. Meine einzige Pause des Tages besteht darin, kurz den Rucksack abzusetzen, die Essensvorräte meiner Kleidung aufzufüllen und im Stehen etwas auszuruhen. Es hat nicht ein einziges Mal aufgehört zu regnen.
        Irgendwann wird die Sicht freier und ich stoße schließlich auf den Kungsleden. Bei diesem Wetter ist mir das Kahlfjäll hier oben deutlich lieber als die schlammige, waschküchenartige Talsenke zuvor.



        Nahe des Kungsledens komme ich an einem herrenlosen Quad vorbei, nach einiger Zeit endtdecke ich etwas entfernt auch ein paar Menschen. Ich kreuze den Kungsleden, über die weitere Route brauche ich nicht nachzudenken: Um ans Südufer des Ahpparjavri zu gelangen, müsste ich eine sehr breite Furt durchqueren. Ich kenne die Furt schon, allerdings bei deutlich besserem Wetter. Hier im Forum wurde ich auch gerade bzgl. hoher Wasserstände vor der Furt gewarnt. Ich wähle also, ohne lange überlegen zu müssen, den Weg am Nordufer entlang.



        Ein paar Büsche, ein paar Holzbohlenabschnitte, drei, vier entgegenkommende Wandersleute, viel Schlamm - ansonsten ist nicht viel los. Die nassen Holzbohlen sind manchmal extrem rutschig, der Weg gleicht oftmals eher einem Bach.





        Irgendwann schlage ich das Zelt auf und koche mein Abendessen. Um mich herum eine dunkelgraue Landschaft. Immerhin habe ich etwas Strecke gemacht, und bin darüber ganz zufrieden. Es regnet immer noch ohne Unterlass, der Wind ist etwas stärker geworden. Meine Wanderklamotten sind triefnass, ich kann das Wasser aus den Schuhen ausgießen. Auch das Schlafsackinlett im Rucksack ist ziemlich nass geworden und daher nur noch sinnfreier Ballast. An Trocknungsprozesse ist nicht ernsthaft zu denken. "Warum packe ich meinen Schlafsack und Kleidung eigentlich wasserdicht ein, aber das Inlett nicht?" frage ich mich selbst.
        Trotzdem schlafe ich gut und fest, auch ohne Inlett.

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        • pekra62
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          #5
          AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

          Hallo Nuklid,

          eine interessante Route, die du dir da zusammengestellt hast. Bin besonders gespannt auf "...und dann östlich ins Guobirvaggi nach Tarfala."

          Den Abschnitt am Nordufer des Ahpparjavri entlang hab ich unschön in Erinnerung. Würde trotz der Furt das Südufer bevorzugen. Aber mag sein, dass im August der Wasserstand zu ungünstig ist. Kenne die Furt nur aus September

          Peter

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          • Pfiffie
            Fuchs
            • 10.10.2017
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            #6
            AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

            Hallo Nuklid

            Ich lese auch gespannt mit, krass die Gegensätze zu diesem Jahr. Die Schneefelder gab es dies Jahr wohl kaum bis garnicht dort. Würde mich am Ende deines Berichtes interessieren wie du mit dem ganzen nassen Zeug umgehen konntest und was sich allg. bewährt hat es iirgendwann trocken zu bekommen.

            Vielen Dank bisher

            Grüße Maik
            "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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            • andrea2
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              • 23.09.2010
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              • Meine Reisen

              #7
              AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

              Hallo Nuklid,

              ich lese auch gerne mit. Das Hoiganvaggi kenne ich auch nur wolkenverhangen im Herbst. Zumindest hatten wir es trocken. Aber so im Sonnenschein mit dem vielen Schnee, das sieht schon toll aus.

              Magst du noch dazu schreiben, wann du genau unterwegs warst. Zwischen Vistas und Sälka überschneiden sich unsere letztjähtige Route mit deiner, aber ich gehe mal davon aus, dass du füher dort warst.

              Den Mårmapass mag ich mir gar nicht vorstellen bei dem vielen Schnee im letzten Jahr. Freue mich auf die Forsetzung.

              Andrea

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              • Taffinaff
                Fuchs
                • 03.01.2014
                • 1067
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                #8
                AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                Zitat von Nuklid Beitrag anzeigen
                In Katterjak aus dem Zug hüpfen, und dann nach Süden bis kurz vor die Schutzhütte und dort nach Osten abbiegen und mehr oder weniger weglos durch das Hioganvággi bis zum Kamajakka. Dort dann dem Weg nach Süden entlang Richtung Rovvidievva. Vor Rovvidievva nach Osten abbiegend dem Weg Richtung Kungsleden folgen.
                Entweder am Süd- oder Nordufer des Ahpparjavri entlang östlich bis zur Abzweigung zur Marmastuga. Dann über den Pass zur Vistasstugan. Von dort über Nallo nach Sälka, von dort kurz etwas südlich dem Kungsleden folgen und dann östlich ins Guobirvaggi nach Tarfala. Von dort nach Osten über den Pass beim Darfalcorru, dann weglos grob dem Cievrragorsa folgend nach Nikkaluokta.
                Zitat von pekra62 Beitrag anzeigen
                Hallo Nuklid,
                eine interessante Route, die du dir da zusammengestellt hast. Bin besonders gespannt auf "...und dann östlich ins Guobirvaggi nach Tarfala."
                D'accord. Sehr, sehr interessante Route, wollte ich ganz ähnlich auch schon mal machen, was dann immer wieder an Zeitmangel gescheitert ist. Bitte weiterschreiben!

                Taffi

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                • toppturzelter
                  Fuchs
                  • 12.03.2018
                  • 1868
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                  Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                  Den Mårmapass mag ich mir gar nicht vorstellen bei dem vielen Schnee im letzten Jahr. Freue mich auf die Forsetzung.
                  Als ich letztes Jahr die Suedseite runter bin hätte ich am liebsten einen Schlitten gehabt..
                  Aber auf den Mårmapassbericht bin ich auch sehr gespannt.

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                  • Nuklid
                    Erfahren
                    • 09.06.2013
                    • 437
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                    • Meine Reisen

                    #10
                    Hallo zusammen!

                    Den Abschnitt am Nordufer des Ahpparjavri entlang hab ich unschön in Erinnerung. Würde trotz der Furt das Südufer bevorzugen.
                    Ja, das Südufer finde ich auch schöner - bei dem Wetter war's aber auch egal, da ging's fast nur noch um's Kilometer fressen. Die Furt fand ich seinerzeit bei gutem Wetter schon beeindruckend, einfach schon aufgrund der Breite - als ob man in einem See steht, wenn man in der Mitte ist. Das habe ich diesmal, alleine im Regenwetter, sofort verworfen.

                    Würde mich am Ende deines Berichtes interessieren wie du mit dem ganzen nassen Zeug umgehen konntest und was sich allg. bewährt hat es iirgendwann trocken zu bekommen.
                    Das war ab Tag 3 dann tatsächlich ein ständiger Aspekt der Tour, kann ich gerne was zu schreiben. Die Schuhe waren jedenfalls erst in Dtl. wieder komplett trocken

                    Magst du noch dazu schreiben, wann du genau unterwegs warst. Zwischen Vistas und Sälka überschneiden sich unsere letztjähtige Route mit deiner, aber ich gehe mal davon aus, dass du füher dort warst.

                    Den Mårmapass mag ich mir gar nicht vorstellen bei dem vielen Schnee im letzten Jahr. Freue mich auf die Forsetzung.
                    Ich war tatsächlich vom 28.7 bis 6.8. untwerwegs, früher als ich dachte, habe gerade nochmal nachgeschaut.

                    Ich hatte auch mit viel Schnee am Pass gerechnet, das war dann aber gar nicht das Problem...

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                    • Nuklid
                      Erfahren
                      • 09.06.2013
                      • 437
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                      Tag 4:

                      Es hat aufgehört zu regnen. Der Himmel ist immer noch bedeckt und es ist kühl. Ich weiß, was mir bevorstehen wird: Raus aus dem gemütlichen, warmen Schlafsack und rein in teilweise klamme, bis nasse Wanderkleidung, die es dann warmzutragen gilt. Um irgendwas im Schlafsack zu trocknen, waren die Sachen viel zu nass. Auch was ich auf die innere Zeltleine gehängt habe, fühlt sich, wenig überraschend, genauso nass wie abends an. Ich genieße daher ganz besonders mein Frühstück im Schlafsack.



                      Es scheint tatsächlich trockenzubleiben, ganz selten erblicke ich sogar mal ein kleines Stück blauen Himmels und die Sonne lacht ganz kurz. Ich bin guter Laune und marschiere weiter gen Osten. Alle Berge der Umgebung sind von tiefhängenden Wolken umhüllt.





                      An einer Rentierzüchterhütte mache ich ein Päuschen, mittlerweile wieder im Wald. Später komme ich an eine Wegkreuzung von Trampelpfaden, und bin mir nicht ganz sicher, welcher der richtige ist. Ich entscheide mich schließlich für einen der Pfade und folge ihm. Doch nach hundert Metern geht es auf einmal steil bergab, im dichten Wald erst spät zu sehen. Ok, das war nicht der richtige Pfad.
                      Ich finde schließlich einen Weg, der mich wie gewünscht zum Ufer des Aliseatnu bringt. Allerdings verliert sich der Weg im Schilf, und von der Brücke die ich suche, ist weit und breit nichts zu sehen. Ich gehe etwas flussaufwärts und finde sie schließlich.
                      Hinter der Brücke treffe ich einen Schweden aus Göteborg mit derselben Marschrichtung. Wir unterhalten uns etwas im Gehen und lassen den Wald schnell hinter uns. An einem schmalen, aber steilen Schneefeld lassen wir die Rucksäcke vorsichtig hinunterschlittern.



                      Irgendwann möchte der Göteborger Pause machen, ich muss aber weitergehen, denn ich habe Durst und kein Wasser bei mir. Also verabschiede ich mich, und setze meinen Weg fort. Allerdings will sich erstmal kein Bächlein zum trinken finden.



                      Es hat seit heute morgen fast gar nicht geregnet, und das Wandern macht daher heute deutlich mehr Laune. Die Sonne lässt sich allerdings nicht blicken und die Vegetation ist nass und der Boden durchweicht. Am gegenüberliegenden Hang zieht eine größere Rentierherde entlang.



                      Irgendwann kann ich meinen Durst stillen.



                      Das Gelände wird zunehmend felsiger.






                      Die Mårmastugan liegt eine handvoll Kilomter vor dem Pass und kann nicht mehr weit entfernt sein, als ich schließlich irgendwann mein Zelt aufschlage. Ich hänge alles Nasse zum Trocknen raus. Aber der Wind ist schwach, die Sonne nicht zu sehen und die Luft zu feucht, um nennenswerte Resultate zu erzielen. Immerhin ist die Jacke wieder trocken. Beim Abendessen zieht der Göteborger grüßend vorrüber. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, wollte er in der Stuga nächtigen.
                      Es bleibt auch abends regenfrei und damit ein recht schöner Abend vorm Zelt. Hier und da blitzt mal kurz blauer Himmel durch, dann ziehen wieder tiefe, dunkle Regenwolken vorrüber. Ich bin neugierig, wie das Wetter sich morgen entschieden haben wird.



                      Es kommt noch ein Däne des Weges, während ich mit Zigarre vorm Zelt sitze. Trinkschlauch an der Schulter, Camouflage-Klamotten. Er möchte seine Sachen in der Stuga trocknen, ich erzähle ihm von dem Göteborger, den er dort wohl treffen wird. Zudem will der Däne wissen, ob ich Schneeschuhe dabei habe, wegen des Passes. Etwas überrascht, verneine ich wahrheitsgemäß und frage, ob er das für nötig hält. Er ist sich nicht sicher, hat aber auch keine dabei. "Tomorrow we will know", bleibt uns als Fazit. Aber ich bin spätestens jetzt doch sehr gespannt, was mich morgen da oben erwarten wird.

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                      • toppturzelter
                        Fuchs
                        • 12.03.2018
                        • 1868
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                        #12
                        AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                        Spannung...

                        Ich war 1-2 Wochen vorher auf dem Stueck zwischen Aliseatnu und Vistas. Auch alles nass - geschwitzt. Von der Huettenwärtin, die damals in der Vistasstugan war, hörte ich dieses Jahr vom schlechten Wetter, das nach mir kam. Ich hätte mich damals ueber ein paar Regentage sehr gefreut... stattdessen hatte ich den Sonnenbrand meines Lebens.

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                        • DerNeueHeiko
                          Alter Hase
                          • 07.03.2014
                          • 3129
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                          #13
                          AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                          Hätten wir mal tauschen sollen... ich war dieses Jahr im August dort unterwegs, hab knapp unterm Pass einen Tag im Zelt auf besseres Wetter gewartet, die meisten Bilder hätte ich auch so machen können (oder habe sie gemacht) ;)

                          MfG, Heiko

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                          • andrea2
                            Dauerbesucher
                            • 23.09.2010
                            • 940
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                            #14
                            AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                            Wir standen da auch dieses Jahr Ende August unter dem letzten Anstieg zum Pass in leichtem Schneegestöber. Ich hab mir nur gedacht, "wie gut, dass wir da nicht rauf müssen, ich will da nicht rauf müssen!"
                            Mein Respekt gilt allen, die sich da rauf kämpfen. Bin schon sehr gespannt auf die Ver(w)irrung.

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                            • zeank
                              Anfänger im Forum
                              • 01.05.2017
                              • 40
                              • Privat

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                              #15
                              AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                              Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                              Wir standen da auch dieses Jahr Ende August unter dem letzten Anstieg zum Pass in leichtem Schneegestöber. Ich hab mir nur gedacht, "wie gut, dass wir da nicht rauf müssen, ich will da nicht rauf müssen!"
                              Mein Respekt gilt allen, die sich da rauf kämpfen. Bin schon sehr gespannt auf die Ver(w)irrung.
                              Seid ihr dann vor dem Pass (von Norden her kommend, oder?) Richtung Osten weiter?

                              Ich bin dieses Jahr Anfang September über den Pass. Bei schönstem Wetter ist das eigentlich was ganz herrliches.

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                              • andrea2
                                Dauerbesucher
                                • 23.09.2010
                                • 940
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                                Zitat von zeank Beitrag anzeigen
                                Seid ihr dann vor dem Pass (von Norden her kommend, oder?) Richtung Osten weiter?

                                Ich bin dieses Jahr Anfang September über den Pass. Bei schönstem Wetter ist das eigentlich was ganz herrliches.
                                Wir sind von Osten aus dem Leavasvaggi gekommen und dann weiter nach Norden. Wenn man da unter dem Pass steht fragt man sich, wo da bitte ein Weg entlang gehen soll.

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                                • Nuklid
                                  Erfahren
                                  • 09.06.2013
                                  • 437
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                                  hab knapp unterm Pass einen Tag im Zelt auf besseres Wetter gewartet
                                  Das hätte ich auch mal in Erwägung ziehen sollen

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                                  • zeank
                                    Anfänger im Forum
                                    • 01.05.2017
                                    • 40
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                                    Zitat von Nuklid Beitrag anzeigen
                                    Das hätte ich auch mal in Erwägung ziehen sollen
                                    Wird ja immer spannender!

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                                    • Sereknitty
                                      Anfänger im Forum
                                      • 22.09.2018
                                      • 10
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                                      Sehr interessant geschrieben. Warte schon auf die Fortsetzung. Das mit den verpassten Flieger ist ja echt blöd. Ehrlich gesagt ist meine größte Sorge beim Verreisen, dass ich den Tag des Abfluges versäume oder den Flieger uas irgend einem amderen Grund versäume .

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                                      • Nuklid
                                        Erfahren
                                        • 09.06.2013
                                        • 437
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [SE] Ver(w)irrung am Mårmapass - mein erster Solo-Trekk in Lappland

                                        Tag 5:

                                        Das Wetter lässt zu arg wünschen übrig: Nebel und Sprühregen, dabei recht kalt. Wenigstens ist der Wind vernachlässigbar schwach. Kein Unwetter, aber sehr ungemütlich. Wenn auch enttäuscht vom Wetter, so bin ich guter Dinge und voll Tatendrang, den Pass ohne Verzögerung in Angriff zu nehmen. Ingesamt werden es etwa 400 Höhenmeter, davon die Hälfte recht steil. Ich packe mich gut ein, fülle die Kleidungstaschen mit Wegzehrung und mache mich auf den Weg. Das einpacken des nassen Zeltes war, wie immer, eine Wonne.
                                        Bald passiere ich besagte Hütte, der Göteborger und der Däne sind offenbar schon losgezogen.



                                        Alles wirkt sehr unwirtlich. Wenig später passiere ich diese übergoße Wegmarkierung, deren Skull-Schmuck die Stimmung schön akzentuiert.



                                        Ich folge den Wegmarkierungen entlang des Vierrojohka, überwiegend durch sehr felsiges Gelände. Es nieselt ohne Unterlass und die Sicht bleibt schlecht: Vor mir im Südwesten, wo eigentlich der Passanstieg zu sehen sein müsste, ist nur eine weiße Nebelwand auszumachen.






                                        Ich muss ein großes Schneefeld passieren, das eine große Rinne zu bedecken scheint - die Ausläufer sind im Nebel kaum zu sehen, gut möglich dass ein Fluss drunter herfließt. Frische Fußspuren führen quer hinüber, vermutlich von den beiden Wanderern, die ich am Vortag traf. Die wollten ja heute auch hierlang. Trotzdem ist mir überhaupt nicht wohl dabei, ich teste vor jedem Schritt möglichst gut mit dem Trekkingstock und ich bin froh, als ich das Schneefeld gequert habe und hinter mir lasse. Der Göteborger hatte mir gestern noch eine Begebenheit aus dem Sarek erzählt, wo jemand auf nimmer Wiedersehen in einer Schneebrücke eingebrochen ist. Die Freundin musste das mitansehen und danach noch zwei Tage alleine in die Zivlisation zurückwandern.

                                        Die Sicht wird schlechter, es geht über dunkles, nasses Geröll und zunehmend steil bergauf. Es ist teilweise sehr schwierig, das jeweils nächste Steinmännchen auszumachen, manchmal sehe ich keine fünf Meter weit. Der Aufstieg ist super fordernd: Die Anstrengung, das Kraxeln auf den rutschigen Steinen, die schwierige Orientierung, die ständige Konzentration, die mentale Herausforderung. Dafür nimmt der Regen etwas zu, die Kleidung durchnässt langsam. Ich registriere erstaunt, dass mir kühl ist, obwohl ich immer wieder mal Stehen bleiben muss, um unter der Anstrengung Atem zu holen. Kann mich nicht erinnern, dass mir mal bei einem derartigen Aufstieg kalt gewesen wäre.
                                        Das ist alles nicht gut, und mir ist klar, dass ich irgendwie an der Grenze meiner Kontrollzone agiere. Jetzt sollte zumindest nichts unvorhergesehenes passieren: Ein blöder Sturz, plötzlicher Sturm oder womöglich auch schon nur das Reißen eines Schulterriemens, und ich habe womöglich ganz schnell sehr schlechte Karten. Hier, mitten im verregneten Geröllhang, wäre ein Notbiwak schon unverletzt eine Herausforderung.
                                        Auch mein Bauchgefühl meldet, dass ich hier jetzt nicht unbedingt sein sollte.



                                        "Vorsichtig, aber zügig weiter den Steinmännchen folgen, und bloß nicht stürzen", ist meine Schlussfolgerung. Ich bin voll fokussiert, einfach heile diesen Scheißpass zu überwinden. Durchaus etwas abenteuerlustig vor Reiseantritt gewesen, stelle ich nun fest, dass dieser Bedarf jetzt mehr als ausreichend gedeckt ist.
                                        Interessanterweise ist Schnee entgegen jeder Erwartung überhaupt kein Problem, es gibt hier schlichtweg keinen.



                                        Und dann erreiche ich schließlich frohlockend die Passhöhe. Es ist zwar nicht viel zu sehen, aber es wird ebenerdig. Yes! Nochmal im Stehen kurz pausiert und etwas Schokolode gemampft, dann geht es direkt weiter. Immer in Bewegung bleiben, ich muss auf Unterkühlung achten, denke ich mir und suche meinen Weg von Steinmann zu Steinmann durch den Nebel über die Passkuppe.

                                        Der Abstieg beginnt, die Sicht genauso Null wie auf der anderen Seite. An einer gar nicht so steilen Stelle passiert es schließlich, ich rutsche aus und stürze unsanft auf den Rücken. "Ich darf mich nicht verletzen" schießt es mir erschrocken durch den Kopf. Doch schnell ist klar - alles heile. Der Rucksack hat gute Dienste geleistet. Aber der Schreck sitzt noch einige Minuten, das ist genau das, was mir am meisten Sorge bereitet.
                                        Der Abstieg wird schnell ähnlich steil wie der Aufstieg. "Jetzt nur keine Fehler machen, mehr als die Hälfte habe ich geschafft." Ich rede überdurchschnittlich viel mit mir selbst und kraxel mühsam hinab, den Steinmännern folgend.

                                        Nach geraumer Zeit lichtet sich der Nebel langsam etwas, und gibt manchmal ein wenig den Blick auf das Tal frei, in das ich hinabsteige. Viel Schnee und Fels, ein großer Fluss. Es wird ebener, ich habe den Pass geschafft! Genial. Entsprechend in Hochlaune geht es weiter, die Sicht wird besser. Irgendwie passt die Umgebung nicht zu meiner Erinnerung an die Darstellung auf der Karte. Aber da ich jetzt die nächsten drei, vier Steinmännchen vor mir sehen kann, und es hier nur einen Weg gibt, marschiere ich, innerlich quasi achselzuckend, weiter. Der Regen lässt ein wenig nach.

                                        Bald komme ich an einen Steinturm, der auch mit Rentierschädel verziert ist. "Ah," denke ich mir, "einer markiert den Beginn, und einer das Ende des Passes." Interessant.
                                        Interessant ist auch, dass der Rentierschädel hier exakt genauso befestigt ist, wie der auf der anderen Seite, fällt mir auf. Am rechten Hornende zwischen die Steine geklemmt, leicht schief.




                                        Ein ungutes Gefühl steigt in mir auf, während ich die Umgebung mustere. Das Schneefeld mit der Abbruchkante am anderen Flussufer, der Steinkreis links.... AAAAAAAAHHHHHHH!!!!!!!!!!



                                        Mein emotionaler Haushalt in den nächsten Minuten ist schwer zu beschreiben. Unglaube, Trauer, Wut, Verzweiflung, so in der Art. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Die ganze Plackerei umsonst!!! Ich bin da, wo ich gestartet bin. Ich kann es nicht fassen. Einmal rauf auf den Marmapass und auf derselben Seite wieder runter. Wie dumm kann man sein? Was soll ich jetzt tun? Niedergeschlagen gehe ich noch etwas und verschaffe mir mit dem Erreichen der Marmastuga letzte Gewissheit. Ich bin völlig deprimiert und wäre jetzt gerne irgendwoanders, als ich die leere Stuga betrete. Aber es nützt nichts.

                                        Was nun tun? Entweder ich muss da nochmal hoch, oder zurückgehen und einen ca. 30km-Umweg (über Alisjávri) in Kauf nehmen. Beides erscheint mir vollkommen abwegig. Es ist zum Mäusemelken, ich bin am Boden zerstört. Irgendwie muss ich erstmal meine Motivation wiederherstellen. Ich hänge ein paar Sachen zum Trocknen auf, koche mir erst Kartoffelbrei und dann eine Suppe, esse etwas Süßes und gönne mir dann einen (sehr kleinen) Schluck Schnaps und eine kleine Zigarre.
                                        Ich grübel darüber, wo ich falsch gelaufen sein könnte. Irgendwo auf der Passhöhe muss ich eine 180°-Wendung zwischen den Steinmännchen hingelegt haben. Warum, zum Teufel, habe ich nicht auf den Kompass geschaut und mich auf die Steinmännchen "verlassen"?? Unfassbar. Ich könnte jetzt drüben sein. Vielleicht ist das einfach die gerechte Strafe der Berggötter, für a.) in den Nebel aufbrechen und b.) den Kompass nicht nutzen.

                                        Meine Gedanken wenden sich den Konsequenzen für die weitere Planung zu. Es ist jetzt Mittag, langsam fühle ich mich körperlich und mental erholt. Das Wetter draußen wird besser: Der Regen hat aufgehört, der Nebel ist weniger/höher, der Himmel freundlicher. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr liebäugel ich damit, es einfach nocheinmal zu versuchen, sofern das Wetter sich nicht wider eintrübt.

                                        Plötzlich knallt krachend laut die Tür auf, ein Mann kommt in die Stuga gestolpert, er hat wohl mit der Schulter geöffnet. So ungefähr muss es sein, wenn das SEK anklopft. Ich zucke erschrocken zusammen, so unerwartet aus meinen Überlegungen gerissen. "Hej!"
                                        Es sind zwei jüngere Schweden aus Stockholm an der Stuga eingetroffen, Laune und Motivation scheinen auch bei Ihnen nicht zum Besten zu stehen, und ich erfahre auch schnell, warum: Sie wollten gestern über den Marmapass und sind stattdessen zehn Kilometer ins Leavásvággi marschiert, bis sie merkten, dass sie falsch sein müssen und dort lagerten.
                                        Der Weg war wohl recht mühsam, die beiden sind jedenfalls froh, wieder bei der Stuga zu sein und wirken auch etwas verstimmt. "Ich habe es immerhin bis auf den Pass geschafft", kann ich triumphieren und Berichte von meiner Meisterleistung. Ein Gespräch unter Pros halt. Wir unterhalten uns noch etwas, zwischendurch blitzt kurz die Sonne durch. Das ist mein Zeichen, ich werde es nochmal versuchen, die Bedingungen sind jetzt viel günstiger (und ich kenne ja auch schon die Hälfte des Weges ).
                                        Ich wünsche den beiden eine gute Reise, packe meine Sachen wieder zusammen und starte erneut in Richtung Marmapass.



                                        Der Regen hat nicht wieder eingesetzt, die Sicht ist viel besser. Die Steine beginnen zu trocknen - sehr gut. Möge es so bleiben.
                                        Dieses Mal sehe ich auch den Hang, den es hinaufgeht:



                                        Ich komme tatsächlich besser voran als heute Vormittag und habe sogar ein paar Aussichten:









                                        Irgendwann bin ich tatsächlich wieder oben. Den Blick oft auf den Kompass gerichtet, quere ich den Pass. Der Abstieg im Süden ist nicht so steil wie die Nordseite, wie sich herausstellt. Dieses mal deckt sich das Tal, das bald sichtbar wird, auch mit der Karte.




                                        Der Abstieg über grobes Geröll zieht sich lange hin und ich merke langsam die Anstrengungen des Tages.



                                        Langsam wird der Himmel grauer und es zieht sich etwas zu. Sobald ich zeltbares Terrain erreicht habe, schlage ich mein Lager auf.



                                        Ich bin ziemlich k.o., meine Sachen jetzt alle wieder schön nass. Während des Abendessens beginnt es wieder zu regnen. Na gut, Hauptsache, ich bin endlich über den Pass. Ich stelle noch fest, dass der Schlafsack irgendwie etwas Nässe abgekriegt hat, schlafe aber erstmal schnell ein.

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