Manaslutreck Nepal

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  • StefanBoe
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    • 14.12.2020
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    • Meine Reisen

    Manaslutreck Nepal

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    Manaslutreck Nepal

    Wenn ich noch mal einen Treck wiederholen möchte, genau so wie bereits gegangen, dann den Manaslutreck. Er bietet so unglaublich viel und hat (hoffentlich) noch ein wenig Abenteuerlichkeit bewahrt, auch wenn er mittlerweile im DAV - Summit- Programm sowie bei vielen Treckingunternehmen eine feste Größe ist. Kostet dann aber ein Heidengeld. Es lässt sich auch auf eigene Faust machen, so wie mein Freund Micha und ich im Jahre 2009, als das Gebiet noch als "restricted area" galt.

    Man startet wirklich tief unten im tropischen Nepal auf 500 m ....

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    ... und kommt nach einem langen, 8 - 10 tägigen Marsch durch das landschaftlich und kulturell faszinierende Budi-Gandaki-Tal auf über 5000 m in den eisigen Bannkreis des Manaslu, des für viele "schönsten Achtausenders", um dann relativ rasch in zwei Tagesmärschen in Dharapani am berühmten und stark frequentierten Annapurnatreck zum Zivilisationsschock zu landen. Von dort kann man mittlerweile mit Jeeptaxis nach Besisahar und mit Bus nach Pokhara und Kathmandu gelangen.

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    Ich lief die Runde mit Freund Micha im Oktober 2009, übrigens ohne Guide und Porter. Oft wird gesagt, dass der Treck nur mit Guide zulässig sei, aber es gibt Trekkingagenturen in Kathmandu, die Individualtrekkern ein Permit besorgen. Das wird, wenn nicht jetzt schon erfolgt, mit Sicherheit in naher Zukunft sowieso der Fall sein. Die nötige Lodgeinfrastruktur war im Grunde schon 2009 in bescheidener Weise vorhanden und hat sich in den letzten Jahren weiter entwickelt. Auch gibt es nun eine funktionsfähige Lodge auf 4450 m für die Überschreitung des Larkja La Passes (5100 m, höchster Punkt des Trecks), die es 2009 noch nicht gab. Damals musste man entweder auf dieser Höhe bei - 10° zelten, oder aber (so wie wir) einen 13 Stunden- Tagesmarsch von Samdo (3800 m) absolvieren.

    Hier im Forum sind bereits zwei Berichte über den Treck von 2015 und 2016, die den derzeitigen Stand natürlich besser wiedergeben. Trotzdem meine ich kann der Manaslutreck ruhig noch mehr Berichte vertragen, denn er ist wie man neudeutsch sagt: Mega!

    Mein Bericht ist aus der Schublade und hat viel Text, da die landschaftlichen und kulturellen Eindrücke festgehalten werden wollten. Vielleicht macht er einzelnen Foris trotzdem Appetit auf die Tour.



  • StefanBoe
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    • 14.12.2020
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    #2

    1. Wandertag: Busfahrt von Kathmandu nach Araughat / Wandern nach Arkhet Bazar:

    Wenn man viel trinkt, darf man sich nicht wundern … Der Schlaf bringt kaum Erholung. Der Wecker steht auf 4.30 Uhr, aber wir sind schon um 3.30 Uhr wach. Kopfschmerzen. Im Schein der Taschenlampe Rucksack packen, die Treppe nach unten stolpern, und draußen wartet tatsächlich ein Kollege der Trekkingagentur (die uns auch das Permit für den Manaslutreck besorgt hat) im Auto auf uns, um uns zum Bus nach Araughat zu befördern. Die Autofahrt beginnt im Dunkeln. Die Vorstadtszenerie Kathmandus im beginnenden Dämmerlicht hat etwas Gespenstisches: Betonskelettbauten, Dreck, mancherorts brennender Müll, rußige Luft, viele fahle Gestalten. Ein Arbeits- oder Nichtarbeitsalltag in einer Dritte-Welt-Metrolpole beginnt sich zu organisieren. Überall stehen vollbesetzte Busse oder sind schon unterwegs, aber nirgendwo ein Schild oder Hinweis, wohin die Busse fahren könnten. Das läuft scheinbar nur über Mund-zu-Mund-Propaganda. So muss sich unser Fahrer auch zum Bus nach Araughat durchfragen – wir hätten den morastigen Hinterhof, von dem die Fahrt losgeht, nie im Leben selber ausfindig machen können.


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    Kurz vor sechs, der Bus ist bereits vollbesetzt, die Sitzgelegenheit für 1,90 m Kerle ausgesprochen krümmend und drückend. Der Fahrer begibt sich mit viel Besonnenheit in den regelfreien Verkehr. Ein Junge, vielleicht 13, hängt sich aus der Tür und ruft unablässig das Ziel der Fahrt in die Straßen. Ein Schild vorne im Bus würde es vielleicht auch tun, aber was soll’s: So hat der Junge einen Job. (Ein einfacher Schriftzug bei uns würde es vielleicht auch tun, aber was soll’s: So hat der Designer einen Job.) Mittlerweile ist es etwas heller geworden, die Szenerie ist aber immer noch mindestens genauso gespenstisch. Hunderte von stinkenden Lastern und Bussen prägen den Verkehr. Durch die verrußte Luft wirken die wild gebauten Vorstädte wie ein real gewordenes Inferno: Skelettbauten, Müll, verwahrloste Gestalten. Endlich liegt die Stadt hinter uns, die Luft wird klarer, die Hügel grün, es gibt Wald und Reisfelder. Gut vier Stunden auf stark befahrener Asphaltstraße bis Dading Besi, ein größerer Marktort, an dem es eine Pause gibt. Der Bus wird nun gequetscht voll. Die Straße geht alsbald in eine orangefarbene Sand- und Schlammpiste über, die sich in endlosen Kurven durch die grünen Ausläufer des Himalaya zieht. Es ist heiß, der Schweiß läuft, man wird bei nervtötenden 10 km/h Reisegeschwindigkeit geruckelt und geschuckelt. Der aufdringlich laute Nepali-Singsang-Pop aus den Lautsprecherboxen geht vom Nervigen nach und nach ins Surreale und später dann aus der bewussten Wahrnehmung ins unterste Stammhirn über. Wir sind die einzigen Ausländer im Bus. Ehrfurcht gebietend die gnadenlose Geduld der mitfahrenden Nepalis, uralte Leute, Mütter mit Kleinkindern auf dem Arm, die über vier Stunden nicht eine Unmutsäußerung von sich geben. (Man stelle sich an ihrer statt ein deutsches Kleinkind in diesem Setting vor – nicht auszudenken!)

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    Die Schlammlöcher des gerade erst zu Ende gegangenen Monsuns werden immer größer, teilweise muss der Bus mehrfach Anlauf nehmen, um zu passieren. Noch ein paar Tage vorher musste der Bus 20 km vor Araughat passen – und alle Mitfahrer, ob alt oder jung, mussten zu Fuß weiter. Aber auch das werden die Nepalis wohl klaglos ertragen haben – es gehört halt dazu. (Man stelle sich so etwas bei uns vor, wie man die Busgesellschaft mit juristischen Verfahren überzogen hätte …) 8 Stunden Nonstop- Fahrt ohne jeden Stau für 110 km: Das ist doch mal ein toller Kilometerschnitt.

    Völlig gerädert verlassen wir den Bus, überqueren die große Hängebrücke über den Budi Gandaki und schwanken in den Ort Araughat, an dem die mit Autos befahrbare Welt zu Ende ist. Die tropische Hitze, die schlechte Nacht, die monströse Busfahrt, undefinierbares Magengrimmen: Mir geht’s nicht wirklich gut beim Start unserer Wanderung. Wir gehen ohne viel Federlesens gleich zum Ortsende, es ist 3 Uhr am Nachmittag, Höhe über NN 500 m, die Rucksäcke wiegen wie in alten Wandertagen ca. 18 kg.

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    Auf geht’s, knapp zwei Wochen darf jetzt gewandert werden bis in eisige Höhen! Es geht auf breitem Feldweg meist durch Reisfelder dahin, welche das hier noch weite Tal des Budi Gandaki prägen.

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    Unterwegs begegnen wir zahlreichen Menschen aller Altersklassen, die den Dorfverbindungsweg nutzen. Nach zwei Stunden erreichen wir den nächsten größeren Ort, Arkhet Bazar, wo wir nächtigen wollen. Wir finden auch gleich eine einfache Lodge, hochtrabend „Hotel Manaslu“ genannt, unmittelbar am belebten Dorfplatz.

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    Dieser wirkt wie ein großer bunter Markt mit vielen kleinen Läden, Handwerksbetrieben und Ständen. Der Boden des Platzes ist aus Lehm und teilweise verschlammt und vermüllt. Zum Essen (natürlich DalBat) setzen wir uns an ein Tischchen vor dem „Hotel“ auf den Dorfplatz und schauen dem vorabendlichen Dorftreiben zu.

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    Als einzige Ausländer im Ort erregen wir viel Aufsehen. Eine ganze Traube Kinder und Jugendliche umringt uns bald. Einige betasten meine Arme, da sie offensichtlich meine blonde Armbehaarung fasziniert. Ein paar Jugendliche können etwas Englisch, so dass wir etwas Konversation betreiben können. Ein Junge schätzt das Alter von Micha (47) auf 60! Später gesellen sich auch ein paar Erwachsene zu uns, wobei Micha diese Gelegenheit natürlich nutzt, um mit seinen nepalischen Sprachkenntnissen zu glänzen. Immer wieder fragende Gesichter auf Seiten von den Zuhörern, dann eine leise Ahnung, nochmaliges Nachfragen, ein neuer Verständigungsversuch, dann ein Leuchten im Gesicht der Zuhörer, ahh, das war gemeint, das Wort wird wiederholt, Micha übt die richtige Aussprache, die Zuhörer lachen, aber nicht im Sinne von Auslachen, sondern von Erheiterung. Es scheint ihnen viel Spaß zu machen, und Micha ist auch kaum zu bremsen. Da trifft es sich gut, dass sich der Dorflehrer auf Englisch mir widmet. Als er erfährt, dass auch ich Lehrer bin, reagiert er sehr interessiert und hat viele Fragen nach den Schulen bei uns in Deutschland. Er schaut neidisch, als er hört, dass bei uns Klassen in der Regel zwischen 20 – 30 Schüler haben. Dass ich als Sonderschullehrer nur 10 – 14 Schüler in der Klasse habe, lasse ich sogar ganz unter den Tisch fallen. Er unterrichtet 60 – 80 Kinder unterschiedlichen Alters in einem großen Raum. Die Schüler treffen unterschiedlich spät ein, da viele aus den umliegenden Dörfern bis zu 2 Std. Fußweg pro Strecke zurücklegen müssen. Die Schüler arbeiten individuell an ihren Materialien und Büchern. Es ist oft laut und er glaubt, dass die Schüler eigentlich zu wenig lernen. Er fragt mich ernsthaft, ob ich Tipps hätte, wie er den Unterricht effektiver machen könnte und ob ich morgen einmal hospitieren möchte. Ich würde gerne, es wäre einfach spannend – aber wir haben dafür ein zu straffes Zeitkorsett. Schade, ich muss absagen. Wir unternehmen noch einen kleinen Nachtspaziergang zum Dorfrand und ein Stück über die Felder. Tausend schimmernde Nachtfalter fliegen umher, stellenweise ein surreales blaues Funkeln, wohin man blickt, tausend Sterne leuchten und mit tausend Eindrücken schlafen wir später in unserem Lager ein.


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    • StefanBoe
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      • 14.12.2020
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      #3
      2. Wandertag: Arkhet Bazar - Macchakhola:

      ine erholsame Nacht endet mit dem Blick über einen tropischen Bananengarten und grüne Vorgebirge bis zur im Frühlicht leuchtenden Eispyramide des Ganesh Himals in der Ferne. Wir sind da! Gemütliches Frühstück vor der Lodge mitten im morgendlichen Treiben dieses sympathischen Himalaya- Marktdorfes. Die Wirtin kommt immer wieder zu uns, um mit Micha ein paar Brocken Nepali auszutauschen. Es scheint sie außerordentlich zu erheitern. Vielleicht ist es gar nicht schlecht, wenn „Pioniere“ so wie wir auf eigene Faust losziehen, denn bei den anderen Trekkern übernehmen natürlich die nepalischen Guides die Kommunikation mit der Bevölkerung.


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      Aufbruch um halb neun. Der Weg führt zunächst entspannt durch Reisfelder und kleinere Passagen Wald. Schon bald sehen wir eine Horde großer Affen etwas entfernt durch die Bäume toben. Immer wieder passieren wir primitiv gebaute Häusergruppen, in denen Bauernfamilien ein archaisches Selbstversorgerleben führen. Jedes mal Scharen von Kindern, die uns um Bonbons, Luftballons oder Stifte anbetteln: „Bimbim? Balloooon?“ Wir können leider nicht dienen. Die Bauern gehen rechts und links des Weges ihren Tätigkeiten nach.

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      Auf dem Weg selber begegnen wir immer wieder Einheimischen, die zumeist in offenen Sandalen talauf- oder talabwärts laufen und teils als Träger mit großen Körben auf dem Rücken schwere Lasten tragen. Da es scheinbar keine Ställe gibt, laufen überall Hühner, Ziegen, Büffel, Mulis und Schweine herum. Eine hübsche junge Frau im gelben Sari sitzt am Rande eines dieser archaischen Dörfer und hantiert mit einem Handy. Hat sie Empfang, Kontakt zur großen Welt? Welch ein Kontrast!

      Bald verengt sich das Tal zwischen hoch aufragenden, bewaldeten Bergen. Zum tosenden Budi Gandaki hin gibt es jetzt große Felspassagen, denen der Weg in zähem Auf und Ab ausweichen muss.

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ID: 3010114
      Auf diese Weise kommen, wie in den meisten Himalayatälern, das Doppelte und Dreifache der Höhenmeter zusammen, die eigentlich zwischen zwei Orten liegen. Das ganze bei 30° Hitze, 18 kg Rucksack plus hohem Schritttempo treibt nicht nur Bäche von Schweiß, sondern weicht irgendwann auch die Kondition auf. Da kommt ein Wasserfall unmittelbar am Wegesrand wie gerufen. Wir nutzen ihn zur Kaffeepause mit Dusche ...

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ID: 3010115
      ... für die begnadeten Körper eine wunderbare Erfrischung

      Im Dorf Lapubesi treffen wir zum ersten Mal ausländische Trekker, ein paar ältere Schweizer mit Führer und einigen Trägern. Wir haben bereits 5 Stunden Wegstrecke hinter uns, 3 Stunden folgen noch bis zu unserem heutigen Zielort Macchakhola. Hinter Lapubesi verengt sich das Tal zur Schlucht, links und rechts ragen die Berge 2000 – 3000 m steil auf. Auf der gegenüberliegenden Talseite ist ein gigantischer Bergsturz aktiv, immer wieder bricht dort Geröll ab und stürzt mit Getöse bis in den Budi Gandaki- Fluss. Der Weg ist sehr anregend und schön: Faszinierende tropische Waldvegetation, spektakuläre Wasserfälle, Hängebrücken über schäumende Seitenflüsse, viele, viele bunte Schmetterlinge. Die Wanderzeit vergeht auf diese Weise wie im Flug, trotzdem müssen wir zum Abend hin doch ziemlich beißen.


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ID: 3010117

      Mitten im dämmrig- verwunschenen Tropenwald liegt dann Macchakhola vor uns, eine kleine Ansammlung von einfachen Bauernhäusern an einer Stelle, an der in die tiefe Budi Gandaki Schlucht ein ebenso tiefes Seitental mündet. Keine Elektrizität, kein Auto, abgesehen vom Flussrauschen nur Stille, umgeben von monströser Natur, ein wirklich weltenfernes Dorf, sehr schön und auch ein bisschen magisch. Wie schon in Arkhet Bazar sind wir an diesem Abend die einzigen Touristen im Dorf. Es gibt eine einfache, doch sehr nette Lodge.

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ID: 3010118
      Die Wirtin bekocht uns mit Dalbat, welches sie an einem mit Holz befeuerten Lehmofen zubereitet. Es amüsiert sie sehr, sich mit Micha und seinen Nepali- Brocken zu verständigen und ihm einige neue Wörter beizubringen. Außerhalb der Lodge schwarze Nacht, man ahnt nur den Wald und die Schlucht, Zikadenlärm, ab und zu ein rufender Vogel. Um 9 Uhr liegen wir in unseren Schlafsäcken und fallen in den Schlaf.






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      • StefanBoe
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        #4
        3. Wandertag Macchakhola – Jagat:

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ID: 3010126
        Wir sind beide schon um 5 Uhr wach, dösen auf unserem harten Pritschenlager aber bis 7 Uhr weiter. Die Wirtin backt uns Fladenbrot aus Maismehl in der Pfanne, dazu gibt es gebratenes Ei und süßen Tee. Beim Frühstück genießen wir die morgendlich- friedliche Stimmung im Dorf. Aufbruch dann um halb neun.

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ID: 3010127
        Der Weg beginnt gleich aufregend schön: Als schmaler Treppenweg zwischen Farnen, Bananenstauden und Bambus hoch überm tosenden Budi Gandaki, über dessen tiefen, grünen Einschnitt aus unglaublichen 6 – 7 km Höhe die ferne Eispyramide des Ganesh- Himal zu uns hinab schaut. Und so wie dieser Auftakt bleibt der Weg mehr oder weniger den ganzen Tag: Jeden Moment spannend und genussreich.
        Das Tal ist nun kaum noch besiedelt und hat überwiegend den Charakter eines tropischen Canyons, eine schmale, gewaltige Kerbe im Himalaya. Verwunschene Waldpassagen wechseln mit offenerem Gelände, immer wieder Wasserfälle, viele Hängebrücken über Zuflussschluchten.

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ID: 3010129
        Nach 2 ½ Stunden kurze Pause im Dorf Tatopani, wo wir ein paar Maoisten unseren finanziellen Tribut entrichten dürfen-müssen.

        Eine weitere Stunde später erreichen wir das kleine Dorf Dobhan, es ist mittlerweile wieder sehr heiß. Beim folgenden längeren Anstieg in praller Sonne fließen Ströme von Schweiß, weshalb anschließend eine längere Pause angesagt ist. Irgendwann hat sich die Nachmittagssonne hinter den hoch aufragenden Schluchtbergen verabschiedet, so dass es leichter vorangeht. Die Schluchtwände ragen nun teilweise 500 m vom Flussbett aus fast senkrecht in den Himmel, eine etwas unglaubliche und auch unheimliche Szenerie.


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ID: 3010132
        Nach insgesamt 7 Stunden reiner Wanderzeit erreichen wir wiederum ziemlich fratze unser Ziel Jagat. Hier am Eingangsort in die Manaslu- Conservation- Area sind offensichtlich die Permitgelder der Trekkingtouristen aktiv, denn der Ort strahlt etwas mehr Wohlstand aus als die hutzeligen Walddörfer bisher. Die Dorfwege sind mit Steinplatten gepflastert; einige Mülleimer sorgen für Sauberkeit; und ein kleines Wasserkraftwerk produziert Strom. Wir kommen als wiederum einzige Touristen im Ort in einer angenehmen Lodge unter. Das Abendessen ist mit Dalbat, Lamm, Kartoffeln und Spinat besonders lecker. Wir kommen mit zwei sehr interessierten jungen Männern auf Englisch ins Gespräch. Der eine ist frisch gebackener Lehrer im Ort und fragt mich nach meinem Verdienst. Beim Umrechnen in nepalische Rupien ergibt sich für den armen Kerl eine astronomische Summe – er muss schlucken. Er erzählt, dass der Ort irgendwann christlich missioniert wurde und sich die meisten so wie er zum Christentum bekennen würden. Unglaublich, eine christliche Enklave im hintersten hinduistisch- buddhistischen Himalaya! Gibt es vielleicht auch noch eine Kapelle mit Zwiebeltürmchen und Marienstatue? Dann meint er, dass ein verstärkter Individual- Trekking- Tourismus, so wie wir ihn betreiben, gut für die Entwicklung der Dörfer sei, da mehr Geld direkt an die Dorfbevölkerung fließe. Bei den organisierten Trekkinggruppen hingegen ginge das meiste Geld an die Trekkingagentur.


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ID: 3010131
        Gute Nacht in Jagat

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          #5
          4. Wandertag Jagat – Deng:

          Heute sind wir schon etwas früher los, da wir eine besonders lange Etappe vermuten. Insbesondere steht der spannende Moment an, ob der Permitkontrollposten am Ortsende von Jagat unsere führerlose Zweiergruppe akzeptiert? Ja – er tut es, ohne kritisch nachzufragen! Perfekter Start in einen großen Wandertag.


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ID: 3010140
          Der Pfad zieht bald durch steile Grashänge, die abschnittsweise in der Morgensonne liegen, der grün-blaue Budi Gandaki weit unten, immer mit Blick auf einen gleißend weißen Siebentausender namens Shringi Himal.

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ID: 3010139
          Wir passieren die kleinen Dörfer Salleri und Sirdibas, bevor wir die Talseite wechseln und in mittlerweile heißer Sonne nach Philim aufsteigen. Hier machen wir Cola- Pause. Anschließend wird das Tal mit seinen riesigen Bergflanken fast waldfrei, so dass wir beim stetigen Steigen voll der Sonne ausgesetzt sind. Anstrengend und Bäche von Schweiß auslösend! In größeren Gruppen stehende, 3 - 4 m hohe Kakteen und zahlreiche Gekkos, die durchs Gebüsch huschen, lassen einen glauben, man sei in Mexiko oder auf Gomera. Wo es das steile Gelände ermöglicht wird auf winzigen Feldern Mais und Hirse angebaut, wobei die weinroten Blütenstauden der Hirse einen Farbakzent ins Grün und Ocker der Landschaft setzen. Ab und an begegnen wir schwer bepackten Eselskarawanen, mit riesigen Körben beladenen Bauern oder in Gruppen gehenden Einheimischen; anderen Treckern begegnen wir bis jetzt so gut wie nie. Nach der kleinen Ansiedlung Eklebati verengt sich das Tal wieder, und hinter einer Wegbiegung erwartet uns ein Landschaftsbild, welches uns den Mund offen stehen lässt.

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ID: 3010142
          Aus mehr als 200 m Höhe fällt ein Wasserfall in freiem Fall über eine Felskante – und darüber leuchtet der Eisgipfel des Shringi Himal. Großes Kino!

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ID: 3010141
          Und so ähnlich geht es nun noch für Stunden weiter. Der Weg zieht wunderbar in das nunmehr mit Kiefern bewaldete Tal hinab, überquert den Fluss und verläuft dann lange Zeit knapp über dem Fluss in üppigem Urwald mit Bambus und Farnen: Ein schmaler tropischer Spalt in einer gigantischen Bergwelt. Es macht uns hier unglaublich Spaß zu laufen, die zahlreichen Wanderstunden vergehen wie im Flug.

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ID: 3010143
          Gegen Abend erreichen wir die kleine Ansiedlung Deng, die auf etwa 1800 m Höhe an der Grenze vom subtropischen zum gemäßigten und alpinen Klima- und Vegetationsbereich liegt. In der beginnenden Dämmerung macht der Ort einen ziemlich düsteren Eindruck. Die Lodge im Ort wirkt sehr spartanisch, die Matratzen liegen einzeln in engen, fensterlosen Bretterverschlägen. Micha bekommt schon beim Hineinschauen Platzangst und sucht noch eine Weile verzweifelt eine alternative Lodge, jedoch ohne Erfolg.

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ID: 3010144
          In meinem Verschlag krabbelt eine ungelogen von Bein zu Bein mindestens 10 cm lange Spinne an der Wand lang, was mich überhaupt nicht amüsiert. Todesmutig versuche ich sie zu erschlagen, aber sie riecht den Braten und entwischt blitzschnell in einen Holzspalt. Beim Abendessen in der Wohnküche der Lodge machen wir die nette Bekanntschaft mit vier etwas älteren Franzosen und ihren nepalischen Guide und Portern, die hier ebenfalls übernachten. Drei von ihnen sind Bergführer aus Chamonix, vielfach himalayaerfahren und mit allen Bergwassern gewaschen. Sie sind jetzt aber zum reinen Wandern da und so wie wir von den bisherigen Eindrücken des Manaslutrecks begeistert. Nach gemütlicher Runde um den Feuerofen in der Wohnküche müssen wir wohl oder übel in unsere engen Bretterverschläge zur Nachtruhe. Die Riesenspinne hat nach meiner Mordattacke bestimmt noch eine Rechnung mit mir offen, sitzt in ihrem Spalt, sinnt auf Rache und wetzt ihre Zähnchen. Ich suche verzweifelt mit der Taschenlampe die Holzwände ab, kann sie aber nicht finden. Mir ist mulmig und ich finde kaum in den Schlaf. Nachts attackiert mich die Spinne mehrfach im Traum und beschert mir eine unruhige Nacht.





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            • Meine Reisen

            #6

            5. Wandertag Deng – Namrung:

            Mein Wanderfreund hat die Nacht in dem Brettersarg besser als ich überstanden. Ein gemütliches Frühstück in der guten Stube mit viel süßem Tee, Chapatibrot und Ei lässt mich die Spinne vergessen und bringt mich in versöhnliche Stimmung. Als wir anschließend vor die Lodge treten, ist auch schon wieder Hochstimmung angesagt, denn – Hey! – wir dürfen auch heute durch eines der tiefsten, wildesten und schönsten Täler der Erde wandern.


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ID: 3010223
            Als Morgengruß stehen über der noch schattigen Budi Gandaki- Schlucht zwei eisüberzogene Sechstausender an der tibetischen Grenze unerreichbar hoch im Frühlicht. Unser Weiterweg führt uns gleich über eine lange Hängebrücke auf die andere Schluchtseite und anschließend in beständigem Up and Down in die kleinen Dörfer Rana und Bihi Pedi.

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ID: 3010221
            Hier, auf ca. 2000 m Höhe, weicht das tropische Grün mehr und mehr einem milden, ockerfarbenem Landschaftseindruck. Die Landschaft erinnert an ein Tal in den Walliser Alpen im September, bloß dass hier nirgendwo eine Straße, eine Bergbahn etc. den Natureindruck schmälert. Während einer Rast leistet uns ein Junge Gesellschaft, der wegen dick geschwollener Insektenstiche Schmerzen hat und von uns ein Aspirin erhält.

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ID: 3010222
            Später beim Wandern, als uns die Sonne wieder mächtig einheizt, sorgt ein Wasserfall am Wegesrand für Ganzkörperabkühlung - das Wasser ist 10° kühler als bei der tropischen Wasserfalldusche am ersten Wandertag. Danach läuft es sich erfrischt durch die große Landschaft.

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Name: 80 tor zum buddhismus.jpg
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ID: 3010216
            Ein Tor im Pagodenstil, durch das der Weg hindurchführt, bildet quasi das Eintrittstor zum buddhistischen Bereich, der alle tibetnahen Gebiete in Nepal umfasst. Innen ist der Bau mit bunten Buddha- Wandbildern und einer großen Gebetsmühle aus Holz ausgestattet. Etwas später bildet eine Handvoll Bauernhäusrer die Ansiedlung Prok, um die herum etliche Manimauern zu sehen sind.

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Name: 77 treffen unterwegs - michelle aus chamonix.jpg
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ID: 3010214

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Name: 78 manistein.jpg
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ID: 3010215
            Hier ein Detail einer Manimauer

            An kleinen Bächen finden sich zahlreiche Wassergebetsmühlen, die vom fließenden Wasser in beständiger, spiritueller Rotation gehalten werden.

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Name: IMG (2).jpg
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ID: 3010220
            Hinter Prok taucht der Weg für einige Stunden in einen verwunschenen Bergurwald ein: Riesige, verflechtete, bis 50 m hohe Tannen, überall vermooste Baumleichen auf dem Boden, Rhododendronbäume, mannshohe Farne – der Weg bietet großen Naturgenuss, so dass die vielen Wanderstunden fließend vergehen.

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Name: 86 gompa in namrung.jpg
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ID: 3010219
            In einer gerodeten Tallage unterhalb hoch aufragender Berge taucht unser Zielort Namrung auf, eine sympathische Ansiedlung auf bereits 2600 m Höhe. In der Dorf- Lodge nächtigen auch die französischen Bergführer mit ihrem Anhang, mit denen wir wieder angeregt ins Gespräch kommen.

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Name: 85 in namrung.jpg
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ID: 3010218
            Als Abendessen gibt es Nudelsuppe und köstlich zubereitete Kartoffeln. In einer Art Kneipe am Ortsende gibt es Telefon und sogar einen Fernseher! Wir sind vom Wandern früh müde und verkriechen uns im dieses mal etwas großzügigeren Schlafraum in unsere Schlafsäcke. Jedoch zieht von unten durch die Ritzen des Holzbodens der Rauch der Küchenfeuerstelle und räuchert unseren Raum so richtig zu.

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Name: 83 verräuchertes lager in namrung.jpg
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ID: 3010217
            Gut, dass wir als alte Pfadfinder an solche Fährnisse gewöhnt sind und mit Kohtenfeeling einschlafen können.





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            • StefanBoe
              Erfahren
              • 14.12.2020
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              • Meine Reisen

              #7
              6. Wandertag Namrung – Lho:

              Morgens empfängt uns strahlend blauer Himmel, die Morgensonne beleuchtet die hohen Berge ringsum und schon bald auch den Ort, da das Tal nach Osten geöffnet ist. Die Luft auf 2600 m Höhe ist beträchtlich frischer als bisher. Nahrungsmittel scheinen hier im oberen Talbereich tatsächlich knapp zu sein, denn wir erhalten in der Lodge kein Essen zum Frühstück, sondern lediglich Tee. Aber kein Problem, wir essen von mitgebrachtem Müsli und Wurstbroten. Wir erstehen je einen Schal für unsere Frauen, die an einem Webstuhl im Ort gewebt wurden.


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Name: IMG_0009 (3).jpg
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ID: 3010251
              Um 8 Uhr brechen wir auf in einen neuen Wandertag. Durch ein Pinienwaldgebiet geht es hinauf nach Lihi und Sho. Beide Dörfer wirken sehr idyllisch, wie sie zwischen goldfarbenen Kornfeldern liegen, überragt von weißen Gipfeln. Besonders beeindruckend sind der Rückblick auf den pyramidenförmigen Ganesh-Himal im Osten und ein Durchblick auf die eisüberwallte Nordseite des Himalchuli.

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Name: IMG_0008 (3).jpg
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ID: 3010250
              Vor den Dörfern flattern bunte Gebetsfahnen an endlosen Leinen. Fein bearbeitete, jahrhunderte alte Steine, aufgeschichtet zu langen Manimauern, einfach hingelegt, dem Himmel und der Witterung preisgegeben, sprechen von der ungebrochenen Ehrfurcht der Einheimischen vor dem großen Ganzen. Die Leute sind meist bei der Arbeit auf den Feldern mit Hacke und Spaten. Sie grüßen interessiert und freundlich.

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Name: 90 kind in lihi.jpg
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ID: 3010253
              Mitunter sehen wir, wie sich Kindergruppen von halbwüchsig bis ganz klein (2 Jahre vielleicht) ohne jede Aufsicht im Gelände tummeln, auch wenn das Gelände gefährlich steil ist. In der Phantasie sehe ich Horden von herbei springenden westlichen Großstadteltern, wie sie sich aufgelöst zwischen die Kinder und die Hangkante werfen. Ich gehe besorgt an den Kindern vorbei und brüte darüber, ob man nicht vielleicht ihre Eltern benachrichtigen sollte über den unverantwortlichen Aufenthaltsort ihrer Schutzbefohlenen ....

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ID: 3010254

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Name: 93 weg nach lho.jpg
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ID: 3010238
              Beim folgenden Aufstieg nach Lho gehen wir durch eine Himalaya- Traumlandschaft. Das Tal öffnet sich zu einem weiten Hochtal mit kleinen, goldgelben Kornfeldern, umgeben von Pinien- und Lärchenwäldern ...

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ID: 3010248
              ... und dabei rückt Schritt für Schritt die gigantische Eispyramide des Manaslu ins Blickfeld. Sagenhaft!

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Name: IMG_0006 (3).jpg
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ID: 3010249
              Nach 4 Stunden Wanderzeit erreichen wir die große Ortschaft Lho auf bereits knapp 3200 m Höhe, wo wir beschließen zu bleiben, da wir nach den vielen langen Etappen ziemlich kaputt sind, und auch, weil der Ort so faszinierend liegt.

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Name: 99 gompa in lho.jpg
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ID: 3010239
              Es findet sich eine Lodge am Weg; unsere Schlafkammer ist angenehm hell. Die Franzosen treffen auch ein und essen zu Mittag, gehen dann aber noch weiter in den nächsten Ort. Wir lassen uns eine Nudelsuppe zubereiten. Anschließend streckt sich Micha zur Siesta auf eine Wiese in der Nähe der Lodge aus. Bald ist er umringt von einer großen Rasselbande von Kindern, die ihn zunächst nur mit Blicken mustern, dann aber das fremde Objekt durch Betasten und Herumfummeln an seinen Sachen näher untersuchen. Etwas erschrocken über die Distanzlosigkeit muss er klar machen, dass das so nicht geht.

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ID: 3010244
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Name: 102 kinder in lho.jpg
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ID: 3010241
              Manche Kinder haben rot- oder braunfarbene Mäntel an, aus derbem Stoff, die mit einer Kordel zugebunden sind. In ihren Gesichtern ist die tibetische Abstammung deutlich zu sehen, sie sind rundlich, ihre Augen stärker geschlitzt, insgesamt erinnern sie an Eskimo- oder Indianerkinder. Bei näherem Hinsehen hat fast jedes Kind eine lange Rotzfahne unter der Nase kleben, ihre Gesichter sind schmutzig, die Haare starren vor Dreck. Ein etwa 8 –jähriges Mädchen hütet vier kleinere und ganz kleine Geschwister, die über Stock und Stein umherwuseln und uns immer wieder interessiert begutachten. Ein Kind weist entstellende Brandverletzungen im Gesicht auf - wie wir gelesen haben, verbrennen sich etliche Kinder im Schlaf, da alle um die Feuerstelle im Wohnraum herum schlafen.

              Nachmittags machen wir einen Spaziergang. Lho wirkt sehr auf uns, schön und irritierend zugleich.

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Name: IMG_0004 (3).jpg
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ID: 3010247
              Zunächst fasziniert die einmalige landschaftliche Lage mit dem klaren Licht, die Häuser und Wiesen überspannt von Gebetsfahnen, ein bunter Stupa im Zentrum des Dorfes und eine gigantisch lange und hohe Manimauer am Ortsausgang. Als wir die Gassen zwischen den Bauernhäusern betreten, gewinnen wir aber den Eindruck eines besonders armen Dorfes. Unser westlicher Wohlstand scheint hier Lichtjahre entfernt; man fühlt sich 1000 Jahre in ein mittelalterliches Leben zurück versetzt.

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Name: 100 bauernhäuser in lho.jpg
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ID: 3010240
              Die Behausungen sind im Erdgeschoss meist aus Stein, im Obergeschoss teils aus Holz, welches über eine Außenleiter zu erreichen ist. Sie wirken einfachst und und so zugig, dass man sich den eisigen Winter hier lieber nicht vorstellen mag. Im Erdgeschoss sind in der Regel Stallungen, im Obergeschoss wohnen die Familien. In den Innenhöfen lagert geerntetes Getreide oder Gemüse, alles wirkt etwas verwahrlost, die Gassen von Rindern, Yaks, Ziegen und Eseln zugeschissen. Die Menschen, die wir treffen, sind wirklich schmutzig und wirken etwas erschöpft. Auf den Feldern sind sie in kleineren Gruppen mit der Kartoffelernte beschäftigt, alles in einfacher Handarbeit. Sie grüßen immer sehr freundlich mit offen- interessiertem Blick.

              Hoch über Lho auf einem Hügel liegt ein buddhistisches Kloster, zu dem wir hinauf spazieren. Ein Mönch empfängt uns freundlich und beantwortet auf Englisch unsere interessierten Fragen. Wesentlicher Bestandteil des Klosters ist eine Schule für 90 Jungen der umliegenden Dörfer, für die der Besuch ein großes Privileg darstellt. Er gewährt uns Blicke in die kunstvoll ausgestattete Klosterküche – und gibt uns dann tatsächlich den Schlüssel für die Besichtigung des Tempels.

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Name: 106 im klostertempel - lho.jpg
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ID: 3010245
              Diesen darf man nur ohne Schuhe betreten. Das Innere des Tempels ist überwältigend reichhaltig und bunt mit Figuren, Altären, Stoffen und Details ausgestattet. Überall kunst- und liebevoll gestaltete Utensilien für uns unbekannte religiöse Zeremonien. Den erdenden Sound eines großen Gongs und der langen Tröten, den alpenländischen Alphörnern ähnlich, die hier stehen, kann man förmlich ahnen.

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Name: 107 buddha.jpg
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ID: 3010243
              Von der hinteren Wand blickt freundlich ein großer, goldener Buddha hinab. Eine weitere Wand beherbergt vom Boden bis zur Decke tausende Schachteln; wir mutmaßen, ob dies der Aufbewahrung der Asche von Toten dient?

              Schon beim Weg bergan zum Kloster ist uns eine große Gruppe rot gewandeter Jungen aufgefallen, Jungmönche des Klosters, die sich um einen riesigen Kessel aufhalten, der auf einem Feuer steht.

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Name: 105 nachwuchsmönche.jpg
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ID: 3010242
              Wir sind erst der Meinung, dass da wohl Suppe gekocht wird, stellen jetzt aber fest, dass ein Junge im Kessel sitzt: Es wird also gebadet.

              Anschließend kommen wir an der Schule vorbei. Auf dem lehmigen Vorhof spielt ein Jugendlicher mit einem kleinen, gelben Etwas aus Stoff Fußball. Dieses „Etwas“ Ball zu nennen, wäre übertrieben, denn es springt und rollt nicht wirklich. Es existieren sogar zwei klapprige Holztore. Wir fordern den Jugendlichen zu einem Match heraus, er organisiert sich noch einen Partner und schon beginnt das große Spiel Nepal: Deutschland. Im Nu ist der Platz von rot gewandeten Klosterschülern umringt. Man merkt den Spielern und den Zuschauern eine große Freude an; dies alles ist nichts Alltägliches für sie und daher toll. Entgegen unserer Erwartung, als erfahrene Fußballer die armen Hochlandbewohner spielerisch zu dominieren, klappt das Zusammenspiel zwischen uns nicht optimal. Wir kommen zwar oft vors gegnerische Tor, aber bringen das gelbe Stoffteil nur selten darin unter. Nach etlichen Fehlern werden wir von dem läuferisch eindeutig überlegenen nepalischen Team eiskalt ausgekontert. Nach bestenfalls 15 min und beim Stand von 3:5 für Nepal muss das deutsche Team sogar um einen Spielabbruch bitten, da ein unerklärlicher Erschöpfungszustand eingetreten ist. Enttäuschte und betretene Mienen bei den Zuschauern; sie hatten sich mehr erwartet. Beim Weg zurück zur Lodge kann das deutsche Team in der Spielanalyse folgende Faktoren geltend machen: a) Die Platzverhältnisse waren indiskutabel, es gab Löcher und zahllose Steine. b) Das kleine gelbe Etwas aus Stoff war kein Ball. c) Von der Belastung des Trekkings waren die Beine des deutschen Teams nach wenigen Spielminuten vollständig steif. d) Die Höhenanpassung an 3200 m war noch nicht zufrieden stellend gelungen; nach einem kurzen Sprint setzte beim deutschen Team schon Schnappatmung ein. e) Zudem hatte Stefan nur Sandalen an. Insgesamt muss das Spiel daher als irregulär betrachtet werden.


              Mit dem Abendessen in der Lodge gibt es dann ein Problem. Die Lodgewirtin hat offensichtlich nichts, was sie uns kochen will. Dazu gibt es wohl zu wenige Vorräte, und die Vorräte im kleinen, der Lodge angeschlossenen Laden scheinen nur für die Dorfbewohner bestimmt. Sie macht uns dies aber nicht wirklich deutlich, sondern lässt unsere Frage immer wieder offen. Ein klares „Nein“ scheint sich aus Höflichkeitsgründen zu verbieten, aber das kapieren wir erst sehr spät, als der Magen schon übel knurrt. Micha kannt dann mit seinen Nepalikenntnissen dafür sorgen, dass wir am Küchenfeuer selbst mitgebrachte Nudeln und Suppenpulver zubereiten können. Die Wirtin scheint aufrichtig erleichtert, dass sie uns nicht hungrig lassen muss, gleichzeitig aber auch ihre Vorräte schonen kann. Wir essen hungrig, schließlich bleibt noch einiges übrig, was wir den neugierigen Kindern der Wirtin anbieten können. So kommen sie in den Genuss von Broccoli- Creme- Suppe von Maggi, welche ihnen augenscheinlich richtig schmeckt.




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              • StefanBoe
                Erfahren
                • 14.12.2020
                • 338
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                #8
                7. Wandertag Lho – Samdo:

                Micha hat in der Nacht Kopfschmerzen bekommen und daher nicht viel geschlafen. Offensichtlich hat er Probleme mit der Höhenanpassung. Die Wirtin, eine junge Frau mit auffällig auseinander stehenden Augen, sagt uns die Zubereitung eines Frühstücks zu, aber das Frühstück kommt dann nicht. Hat sie wieder ein Problem uns zu sagen, sie hätte nichts, oder ist sie einfach mit der Begabung der Langsamkeit gesegnet? In der Wartezeit stromere ich ein wenig umher und bewundere den im Frühlicht stehenden Manaslu, eine überirdisch hohe Eispyramide über dem noch schattigen Lho. Nach dem Frühstück, das dann doch noch kommt, geht es Micha etwas besser, aber wie gewohnt fit ist er nicht. Wir brechen auf, gleich hinter Lho geht es ein Stück bergab, dann aber folgt ein längerer Aufstieg durch schönen Pinien- und Lärchenwald hinauf ins Dorf Shyala (3450 m). Aus dem Wald tretend werden wir geblendet von einem Kranz eisüberwallter Berge, die den Pun Gyen Gletscher umstehen, der höchste von ihnen ist der Ngadi Chuli, ein Fast- Achttausender. Nach kurzer Rast ziehen wir weiter durch ein letztes Stück duftenden Pinienwald, bevor dieser uns in eine weite, baumlose, pastellfarbene Ebene entlässt,


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ID: 3010278
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Name: 111 yak.jpg
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ID: 3010271
                Große Herden von zotteligen Yaks und viele Pferde nagen an dürrem Gras, rostrotes, stacheliges Buschwerk bedeckt die Hänge. Es ist hier im Regenschatten des Manaslumassivs wesentlich trockener als auf der monsunzugewandten Südseite.

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Name: IMG_0013 (2).jpg
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ID: 3010279
                Eine Wild- West- Landschaft, durch die wir von ordentlichem Rückenwind getragen werden.

                Mittags erreichen wir den Ort Samagaon (3520 m), wiederum ein großes, tibetisch geprägtes Bauerndorf, was jedoch etwas sauberer und wohlhabender wirkt als Lho.


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Name: 112 ankunft in samagaon.jpg
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ID: 3010272
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Name: 113 getreide in samagaon.jpg
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ID: 3010273
                In den Innenhöfen der Stein- und Holzhäuser liegt in großen Mengen Getreide, Bohnen und Weiteres zum Trocknen aus. Zwei große und komfortable Lodgen liegen am Wegrand, in der hinteren bestellen wir Cola. Hier gibt es auch eine Permitkontrolle, die wir ohne Probleme passieren dürfen.

                Als wir nach Samdo, dem höchstgelegenen Ort im Budi Gandaki Tal aufbrechen, haben sich die Gipfel in dichte Wolken zurückgezogen. Der Manaslu selber ist auch schon länger nicht mehr sichtbar, wohl aber die zerrissene Zunge des Manaslugletschers, die weit ins Tal hinab reicht. Der Weg zieht in ein verwunschenes, wolkenverhangenes Hochtal, welches mit seinen knorrigen Birkenwäldern und ockerfarbenen Grashängen sehr an nordische Gefilde erinnert.


                Noch zu Beginn des Hochtales begegnen wir drei ernsten, rasch bergab gehenden Männern. Einer der Männer trägt auf dem Rücken eine Kiepe, aus der zwei dürre Beine hängen. Ich schaue genauer und sehe hinter den Beinen das blasse Gesicht einer alten Frau, die meinem Eindruck nach im Sterben liegt. Vielleicht gehen sie noch rasch zu einer Krankenstation? Das nächste Krankenhaus dürfte mit etlichen Tagesmärschen außerhalb jeder realistischen Reichweite sein. Und Helikoptertransporte finden für die arme und unversicherte einheimische Bevölkerung mit Sicherheit nicht statt. Trotz der Kürze des Eindrucks bin ich bewegt. Das, was wir ursprünglich oder archaisch nennen, wie hart es ist! In einer Kiepe zu sterben, im kalten Hochgebirge, ohne Medikamente, ohne Linderung von Schmerzen. Mit ärztlicher Versorgung hätte sie bestimmt wesentlich länger leben können, hätte die Erkrankung oder den Schwächezustand vielleicht überlebt. Jedoch: Sie wird getragen, sie hat Beistand, war bestimmt bis zum Schluss im Kreis der Familie, muss nicht in irgendeinem fremden Krankenhausbett sterben, erlebt das Unabänderliche und Endgültige nicht durch Anonymität entstellt. Ich muss denken, über unsere softe Wohlstandswelt, so angenehm, dass wir sie kaum jemals aufgeben könnten. Über das Ausblenden von Tod und Vergänglichkeit in unserem Leben und Denken, so als ob man über die Perfektionierung jedes Lebensbereiches zu einer immer groteskeren High-Tech-Welt die Vergänglichkeit stoppen könnte. Wenn man sich vom Tod abwendet, verliert man die Intensität des Lebens. So vor mich hin denkend sehne ich mich wieder einmal heftig nach einer konfrontierenden philosophisch- religiösen Kultur, die das Leben intensivieren würde – und die mir zu Hause verloren gegangen ist.

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Name: 115 dorfeingang samdo- das tor zur kälte.jpg
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ID: 3010274
                Nach drei Stunden Wanderung empfängt uns Samdo mit einem großen Pagoden-Tor. Ringsum weite, kahle, kalte Hochgebirgslandschaft unter grauen Wolken, aus denen Schneegriesel fällt. Die tropische Hitze und üppige Vegetation von vor drei oder vier Tagen, wo ist sie geblieben? Nun ja, wir sind auf 3860 m Höhe, da muss man sich nicht wundern. Neben der alten Bauernsiedlung gibt es hier zwei größere Lodgen und etliche Zelte von organisierten Trekkinggruppen.

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Name: 116 yak hotel samdo.jpg
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ID: 3010275
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Name: 118 zelte vor samdo.jpg
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ID: 3010276
                Wir beziehen ein schönes Zimmer in der Yak- Lodge. Kurz vor der Dunkelheit unternehmen wir mit Handschuhen und Mütze noch einen Spaziergang zur Moräne eines Gletschers, der gar nicht weit oberhalb des Ortes endet. Wir sehen dabei viele, laut grunzende Yaks und einige tibetische Cowboys, die mit wilden Augen und Zottelmähne ihre Yakherden in die Nähe des Dorfes zurück treiben. Im unbeheizten Aufenthaltsraum unserer Lodge ordern wir Bier sowie gebratene Nudeln mit Ei und Gemüse. Wir unterhalten uns lange, während draußen in der Dunkelheit Schneegriesel im kalten Wind treiben. Zur Nacht packen wir uns mit Thermounterwäsche, Hose, Innenschlafsack und Daunenschlafsack möglichst warm ein, denn auch im unbeheizten, dünnwandigen Zimmer wird es im Verlauf der Nacht einige Grade unter Null sein.

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Name: 120 warme küche in samdo.jpg
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ID: 3010277
                Tee und Chapati in der Yak-Lodge / Samdo

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                • StefanBoe
                  Erfahren
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                  #9
                  8. Tag: Akklimatisation in Samdo

                  Micha hat in der Nacht heftige Kopfschmerzen bekommen und daher kaum geschlafen. Er kommt morgens nur schwer hoch und siehst von den Schmerzen richtig mitgenommen aus. Aspirin hilft auch nur wenig. Er verträgt also tatsächlich die Höhe nicht – Shit! Wir überlegen, wie wir nun am besten vorgehen, auch wie wir den Rückweg gestalten, falls er die Höhenkrankheit nicht los wird und wir auf den Übergang über den Larkja La verzichten müssen. Wir beschließen, diesen Tag erstmal abzuwarten und morgen weiter zu sehen. Er legt sich noch mal hin.


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ID: 3010295
                  Ich frühstücke und wandere dann auf kleinem Pfad im ersten Sonnenlicht für etwa 1 1/2 Stunden den Hang oberhalb Samdo empor.

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ID: 3010303
                  Je höher ich komme, desto mehr öffnet sich der Blick aus dem Hochtal hinaus auf die gigantische Bergkette vom Himalchuli über den Ngadi Chuli, die Pyramide des Manaslu bis zum Turm des Larkja Peak. Ein unglaubliches Licht, ockerorange das Tal, gleißend weiß die Eisriesen, tiefblau der Himmel.

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ID: 3010302
                  Manaslu von der Langshisha-Alm oberhalb Samdo

                  Zurück an der Lodge ist Micha wach, aber ihm geht es nicht gut. Wir verbringen den Tag mit kleinen Wanderungen, Micha schläft viel, aber sein Zustand bessert sich nicht wirklich: Schlapp, leichter Kopfschmerz, leichte Übelkeit.

                  Abends checken wir verschiedene Möglichkeiten über den Larkja La Pass zu kommen, auf die uns unsere französischen Freunde aufmerksam machen, die nunmehr auch in Samdo angekommen sind. So kann man wohl im Ort begleitete Pferde mieten, die das Gepäck bis kurz vor den Pass hoch tragen und dann wieder nach Samdo umkehren. Mit dieser Entlastung könnten wir uns die Zeltnacht bei der Alm Dharmasala auf 4460 m ersparen, die Micha wegen der Höhe bestimmt nicht vertragen würde. Gleichzeitig könnten wir morgen noch einen weiteren Akklimatisationstag in Samdo verbringen, da wir dann übermorgen mit einer Riesenetappe den Tag wieder rausholen würden. So beschließen wir es dann. Micha nimmt die Einladung der Franzosen, ihn morgen an einem Ausritt in das obere Tal Richtung Tibet zu beteiligen, gerne an. Ich plane eine Abstechertour zu einem Pass an der Grenze zu Tibet/ China.


                  9. Tag: Ausritt ins Hochtal und Abstechertour zum Lajyung- La Pass (5100 m)

                  Micha hat die Nacht ohne nennenswerte Kopfschmerzen verbringen können und scheint etwas besser akklimatisiert. Die Pferde und die Begleiter für den Ausritt kommen schon früh an der Lodge an; es wird gesattelt und gepackt.

                  Ich breche ebenfalls zeitig um 7 Uhr auf zu meiner Tour zum Lajyung La, einem 5100 m hohen Pass nach Tibet. Bei bestem Wetter laufe ich auf Pfadspuren in einem Hochtal immer höher, bis ich auf ca. 4800 m in Schnee gelange. Es gibt eine einzelne blasse Triitspur, der ich bis zum Pass folgen kann. Es ist eisig kalt hier oben, bestimmt ca. - 10°, aber wirklich beeindruckend. Keine Menschenseele außer mir den ganzen Tag.


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                  Ich laufe ein paar Schritte nach China rüber und schaue ins unberührte tibetische Bergland.

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ID: 3010300
                  Beim Blick zurück gehen die Augen über: Da steht die Himalayahauptkette um den Manaslu in voller Wucht.

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Name: 133 blick zum manaslu  abstieg laijung la.jpg
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ID: 3010305
                  Beim Abstieg werde ich dann zum Verehrer: Noch nie solch einen großartigen Berg gesehen!

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Name: 127 mischa hoch zu ross.jpg
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ID: 3010297
                  Zurück in Samdo kommst alsbald auch Micha, vergnügt und mit leuchtenden Augen auf einem kleinen Pferd sitzend, von seinem Ausritt mit den Franzosen zurück. Er erzählst begeistert von der schönen Stimmung in der Gruppe, dem braven Pferd, den netten nepalischen Begleitern und der faszinierenden Landschaft in dem entlegenen Hochtal, in das sie geritten seid.

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Name: 128 blick richtung cukang gletscher.jpg
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ID: 3010298
                  Wir essen in der Lodge gut zu Abend und versuchen dann, alles so gut es geht für Morgen zu organisieren. Es gibt eine von den Franzosen für uns vorgenommene Absprache für einen Guide mit Pferd, der noch in der Nacht um 2.30 Uhr kommen und dann unsere Rucksäcke bis kurz vor den Larkja La transportieren soll. Hoffentlich klappt das, andernfalls wird es für uns zeitmäßig richtig eng, sowohl für die Überquerung des Larkja La, als auch für die Alternative des Rückwegs durch das ganze lange Budi Gandaki Tal, welches wir herauf gekommen sind. Wir müssen vertrauen und tun es auch, packen alles zusammen und legen uns sehr zeitig um 8 Uhr schlafen.



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                  • Speedy02
                    Erfahren
                    • 24.05.2009
                    • 106
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    Danke für den tollen Bericht. Dein Schreibstil gefällt mir gut.

                    Ich bin die Runde mit Tsum Valley 2019 gegangen, allerdings mit Guide.
                    Einige Bildern hab ich genau so vor Augen. Und ich glaube, das Bild vom Manaslu mit den Feldern davor und dem Kloster rechts auf dem Hügel habe ich bin vom gleichen Standort auch gemacht.
                    Ich bin gespannt, wie Eure Tour weiter geht.
                    Ein Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag. (Charlie Chaplin)

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                    • StefanBoe
                      Erfahren
                      • 14.12.2020
                      • 338
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      Hallo Speedy02 - Vielen Dank fürs Feedback! Ist dein Forumsname Programm?
                      Ein Großteil der Fotos sind übrigens ursprünglich Dias gewesen, die wurden vor langer Zeit abgezogen und nun frisch gescannt. Darunter leidet natürlich die Pixelqualität - aber ich finde, es ist besser, als ich zunächst gedacht habe.

                      Dann mach ich mal weiter ...macht nämlich, obwohl schon ziemnlich was her, richtig Spaß das Ganze noch mal Revue passieren zu lassen.

                      10. Wandertag: Passübergang Larkja La (5100 m) von Samdo bis Bimtang:

                      Um 2 Uhr nachts klingelt der Wecker. Micha hatte in der Nacht wieder leichte Kopfschmerzen und fühlt sich alles andere als fit. Wir packen die Schlafsäcke in unsere Rucksäcke, trinken im Gastraum ein wenig Tee und warten auf den Mann mit dem Pferd. 3 Uhr – immer noch kein Pferd. Wir treten vor die Lodge in die eiskalte Sternennacht und warten. 3.15 Uhr – immer noch nichts. Ich werde nervös, da unser Zeitfenster, ohne Pferd über den Pass zu kommen, sich langsam schließt. 3.25 Uhr – wir beschließen aufzubrechen, ohne Pferd, und mit den schweren Rücksäcken halt eine Monsteretappe zu wagen, was statt 12 mindestens 14 Stunden reine Marschzeit bedeuten würde. Gerade als wir den Ort verlassen wollen, schauen wir noch einmal die dunkle Dorfgasse hinauf und sehen den Mann mit dem Pferd angetrottet kommen. Puh – Glück gehabt! Der Mann aus Samdo, Outfit „wilder Mongole“, macht nicht viel Worte, befestigt unsere Rucksäcke mit zwei Seilen gekonnt auf dem kleinen Pferd, und schon treibt er es über den Pfad in die finstere Nacht hinaus. Wir müssen uns ganz schön sputen das hohe Tempo mitzuhalten, zumal kein Mond scheint und lediglich viele tausend Sterne die Landschaft und den Pfad ein klein wenig erhellen. Von unserem Aufstieg haben wir zwischendurch einen faszinierenden Blick in das noch dunkle Seitental des Syachen-Gletschers, über dem ganz am Ende im ersten silbernen Frühlicht der Gipfel des Manaslu steht.


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Name: 135 unser rucksacktransporter.jpg
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ID: 3010365
                      Überraschend zügig haben wir bereits nach 2 ½ Stunden das Almgebäude Dharmasala, 4450 m, erreicht, von wo gewöhnlicherweise zum Passübergang aufgebrochen wird. Die Steinhütte selbst ist zugig, innen ziemlich verdreckt und wirkt zum Übernachten nicht wirklich einladend. (Anmerkung: Hier steht jetzt mittlerweile eine ausgebaute Lodge!)

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Name: 134 frühstückspause in dharmashala.jpg
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ID: 3010364
                      Wir hocken uns auf unsere Isomatten draußen auf die tief gefrorene Wiese, kochen Kaffee und essen ein Frühstücksmüsli. Mittlerweile kippt der Erdball langsam und stetig ostwärts und wendet sich der Sonne zu, die hinter dem Berg Samdo Ri lange Lichtbahnen in die glasklare Atmosphäre jagt. Die Franzosen kommen nun auch in Dharmasala an; einer von ihnen, der „Inder“, hat ebenfalls ein Pferd gemietet, jedoch trägt dieses nicht nur seinen Rucksack, sondern auch ihn selbst.

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ID: 3010372
                      Wir brechen auf. Der Pfad zieht nun leicht ansteigend und endlos lang unterhalb einer Gletschermoräne entlang. Als wir ins helle Sonnenlicht gelangen, lässt die beißende Kälte rasch nach.

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Name: IMG_0018 (2).jpg
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ID: 3010373
                      Über dem Gletscher steht im bläulichen Schatten die Eiswand des Larkja Peak mit Gletscherbalkonen, Eisrinnen, Gletscherbrüchen – faszinierend schön. Der Pfad passiert bald einen großen, halb gefrorenen See und führt dann von der Moräne auf die endlosen, nur leicht geneigten Schnee- und Gletscherflächen als festgetretene Spur. Micha hat bisher das stramme Tempo des Pferdeführers halten können, doch nun bricht er ein und kann nur noch slow motion.

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Name: IMG_0019 (2).jpg
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ID: 3010374
                      Leicht ansteigend, teils auch im Auf und Ab, geht es nun fast zwei Stunden über Schnee und das darunter liegende Eis aufwärts. Auf ca. 4900 m Höhe wird das Gelände so unwegsam, dass das Pferd nicht mehr weitergehen kann. Der Pferdemann hat Feierabend und kassiert die vereinbarten 5000 Rupien. Wir müssen unsere schweren Rucksäcke nun wieder selber schultern und beginnen mit dem letzten Stück des Aufstiegs. Trotz der Höhenkrankheit zieht mein Freund das super durch, eiskalt step by step – leider ohne es genießen zu können.

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ID: 3010366

                      Dann sind wir am Pass Larkja La. Ein tagelanger Aufstieg von tropischen Gefilden hat nun auf 5100 m Höhe seinen arktischen Höhepunkt erreicht. Zahlreiche, bunte Gebetsfahnen sind hier gespannt und kontrastieren wunderbar mit dem grellen Weiß der umliegenden Eisberge und dem tiefblauen Himmel. Wir sind erleichtert, dass wir es trotz Michas Höhenproblemen tatsächlich geschafft haben – bloß dass nur ich das Ganze genießen kann, während er sich völlig geschafft in den Schnee legt und kaum mehr aufstehen mag.

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Name: 144 beim abstieg vom larkja la.jpg
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ID: 3010378
                      Jetzt weiter, Abstieg nach Westen ins Dudh Kola Tal. Es geht zunächst über einen langen, schön zu begehenden Schneegrat dahin, bevor wir einen Steilabbruch erreichen.

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Name: 146 blick zum himlung.jpg
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ID: 3010368
                      Erst hier öffnet sich der vollständige Blick über den Bergkranz, der das obere Dudh Kola Tal umsteht: Himlung, Nemjung, Kang Guru und Cheo Himal heißen hier die über 7000 m hohen Berge, manche formschöne Eispyramiden, andere gewaltige Eis- und Felsmauern.

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Name: IMG_0020 (2).jpg
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ID: 3010375
                      Von den Gipfeln strömen große Eismassen hinab und bilden tief zu unseren Füßen drei schuttbedeckte Gletscher, welche sich vereinigen und talauswärts strömen. Die Dimensionen sind gigantisch, gleichzeitig spürt man deutlich, dass dies abseits unserer Passroute ein wirklich verlassener Erdenwinkel ist, in den sich kaum einmal ein Mensch verirrt.

                      Es folgt über viele hunderte von Höhenmetern ein steiler Abstieg im Schnee, bei dem man aufpassen muss, nicht das Gleichgewicht zu verlieren und die Steilhänge hinab zu purzeln. Micha kämpft weiterhin sehr langsam, aber stetig, um jedes kleine Wegstück. Auf ca. 4500 m Höhe dann endlich, nach 6 Stunden Eis und Schnee, können wir ein erstes Stück Wiese gebührend mit einer ausgiebigen Rast feiern.
                      Ausstrecken, die Sonne knallt, Kopf in den Nacken, von dort ganz oben stürzen 2000 m Eiskaskaden vom Cheo Himal hinab, aufrichten, Blick schweifen lassen, ringsum eine beunruhigend ungeheure Bergwelt. Die Träger unserer französischen Kollegen liegen vergnügt neben uns im Gras und singen mit vollen, ausdrucksstarken Stimmen Nepali- Lieder. Der weitere Abstieg ist von großer Schönheit. Der Pfad führt neben der Gletschermoräne in immer idyllischere Kleinräume mit plätschernden Bächen, Wiesen, ersten Sträuchern und krummen Birken. An einer Stelle legt Micha sich hin und schläft ein Ründchen, während ich eine Suppe koche. Danach geht es etwas besser. Während des weiteren Abstiegs zieht dichter Nachmittagsnebel auf, so dass die eben noch so heiteren, blattlosen Birkenwälder mit einem Mal grau und winterlich wirken. Plötzlich ein unerwarteter Durchblick durch die Nebel, was ist das?


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ID: 3010376
                      Gleich vor uns, unwirklich weit oben, ein eisiger, raketensteiler Gipfel, der Phungi, zu dem sich immer weitere Gipfel dazu gesellen bis hin zum von dieser Seite felsigen Manaslu. Die Nebel lichten sich weiter: Unter uns liegt ein ausgedehnter, von einem mäanderndem Bach durchzogener Wiesenboden zwischen Gletschermoräne und Birkenwaldhang, am Ende sehen wir ein paar Almgebäude.

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Name: IMG_0022 (2).jpg
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ID: 3010379
                      Es ist die Alm Bimtang, 3600 m hoch gelegen, unser Ziel für heute, nach 13 Stunden erreicht. Die Gebäude dienen als Trekker-Lodge, nebenan auf einer Wiese stehen etliche Zelte von Trekkinggruppen. Die Träger der Franzosen waren vor uns da und haben netterweise auch für uns schon einen kleinen Schlafraum reserviert. Wir setzen uns erstmal vor die Alm auf eine Bank, ordern Bier und Cola, genießen das Gefühl, den Gewaltmarsch trotz der Höhenprobleme von Micha geschafft zu haben, und realisieren, dass die Landschaft hier so ziemlich mit zum Eindrucksvollsten gehört, was man bisher gesehen hat.

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Name: IMG manu.jpg
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ID: 3010371
                      Das orange-rote Spätlicht auf Manaslu und co ist zum Auf-die-Knie-gehen.

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Name: 152 bimtang - in der lodge.jpg
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ID: 3010369
                      Nach Einbruch der Dunkelheit sitzen wir mit den Franzosen, ihren Führern und Trägern in vertrauter Runde um den Feuer-Herd in der Küche der Lodge, die von zwei jungen Nepalesinnen geschmissen wird.

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Name: IMG_0024 (2).jpg
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ID: 3010377
                      Ihre Männer sind, wie so viele andere Männer auch, auswärtig arbeiten: In Kathmandu oder in den arabischen Ländern. Ihre kleinen Kinder wuscheln mit ihren Schniefnasen um uns herum. Wir bekommen Dal-bat zubereitet und dazu probiere ich auf Anraten eines Franzosen ein angewärmtes Hirsebier, welches im Plastikpott mit Strohhalm serviert wird. Es schmeckt so widerlich, dass danach nur noch zwei ordentliche San-Miguel-Biere Abhilfe schaffen können.

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                      • StefanBoe
                        Erfahren
                        • 14.12.2020
                        • 338
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        Auch an dich, Naturelover 467, vielen Dank fürs Feedback! Wenn du eine Trekkingtour in Nepal suchst und es etwas ruhiger magst, dann ist der Manaslutreck einfach nur zu empfehlen. Das Everestgebiet ist überfüllt, der Annapurnatreck durch den Straßenbau in beiden Tälern unattraktiv und ebenfalls überfüllt. Landschaftlich toppt der Manaslutreck den Annapurnatreck (habe ich 2002 gemacht), obwohl der an sich natürlich auch großartig ist bzw. war. Durch den Straßenbau im Marsiyangdital ist man in zwei Tagen vom Larkja La in Dharapani am Jeeptaxi und kann sich dafür umso mehr Zeit lassen für den wunderbaren Weg durch das Budi Gandaki-Tal und die Akklimatisation.

                        11. Wandertag Bimtang – Tilje:


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ID: 3010407
                        Morgens lassen wir uns in Bimtang Zeit. Zu schön die Szenerie, als dass man gleich wieder verduften könnte. Micha hat besser geschlafen und ist deutlich präsenter und kräftiger als an den Tagen zuvor. Wir pilgern zum Wiesenbach, warten, bis die Morgensonne das Wasser zum Glitzern bringt, genießen das Wasser, die Kiesel, die Wiesen, die versammelten Eisgipfel.

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ID: 3010408

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Name: IMG_0023 (2).jpg
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ID: 3010404

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Name: 157 phungi peak.jpg
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ID: 3010405

                        Aufbruch gegen 10 Uhr. Abstieg entlang eines Moränenwalls, der uns in herbstlich orange-farbene Birkenwälder führt.

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Name: 159 manaslu über dudh khola tal.jpg
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ID: 3010406
                        Die Kulisse des eisüberwallten, steil aufragenden Manaslumassivs liegt nun unmittelbar vor uns und lässt uns immer wieder stehen bleiben und staunen.

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ID: 3010409
                        Alsdann stehen wir im Talgrund vor dem mächtigen Gletscherabfluss, der offensichtlich überquert werden muss, da die Pfadspur hier endet, allerdings ohne dass eine Brücke zu sehen wäre. In einiger Entfernung sehen wir ein paar Träger über unwegsame Blöcke flussaufwärts klettern. Mein Freund folgt ihnen in der Annahme, dass diese wohl Bescheid wissen. Ich hingegen finde, dass das Terrain flussabwärts viel einladender aussieht und tanke mich am Flussufer durch, ohne eine Möglichkeit der Flussüberquerung zu finden. Ich will schon aufgeben, als ich eine wacklige, halb eingerissene Holzbrücke entdecke. Ich rufe nach meinem Kumpan, aber er ist wohl ganz woanders. Ohne lange nachzudenken überquere ich die wacklige Brücke, finde einen ordentlichen Pfad, steige noch einen Steilhang hinauf und warte. Eine geschlagene halbe Stunde später kommen Micha und die Franzosen, sie haben den Fluss sehr weit oben in einer aufwendigen Aktion über Blöcke überquert. Als Francoise hört, dass ich über die wacklige Brücke gegangen bin, wirkt er entgeistert und meint, ich sei ein „lucky man“, denn oben in Bimtang habe ein Schild gestanden, dass die Brücke keinesfalls mehr überquert werden dürfe. Puh!

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ID: 3010410
                        Es geht nun in ein ausgedehntes Pinien- Rhododendron- Urwaldgebiet hinab: Von all den schönen Wegabschnitten des Manaslutrecks für mich die Sahneschnitte. Zwischen den jahrhundertealten Baumriesen immer wieder hinreißende Durchblicke auf die eisglitzernde Manaslukulisse, rundum Naturwald, Baumleichen, stehend, liegend, vermodernd, vermoost, verfarnt, verflechtet.

                        Gut zwei Stunden vergehen rauschhaft rasch, dann machen wir an einer einsam liegenden Almhütte namens Bhute Pause. Die Temperaturen sind mittlerweile wieder T-Shirt tauglich, als wir weiter talauswärts laufen durch dichten Urwald, der nun auch von Laubbäumen, u. a. Ahornen, bereichert wird. Die Almhütte Karche erscheint, die bewirtschaftet ist, so dass wir uns mit Nudelsuppe und Cola stärken können.


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Name: IMG_0028 (2).jpg
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ID: 3010411

                        Beim Weiterweg laufe ich etwas voran, als ich unmittelbar vor mir im Dickicht ein großes Tier aufscheuche. Ich sehe braunes Fell, drehe mich sofort um, laufe zurück und rufe aufgeregt: „Ein Schneeleopard!“
                        Wir schauen den Hang aufwärts und Micha, mit Sehhilfe ausgestattet, beruhigt: „Stefan, es ist ein Affe.“
                        O. k. – durchatmen. Allerdings ist der Affe ein fast menschengroßer Kawennsmann, der sich weiter oben seiner ebenfalls versammelten Horde anschließt.

                        Erst nach weiteren Stunden Fußmarsch erreichen wir die erste Ansiedlung Gho, von kleinen Kartoffel- und Getreidefelder umgeben, die ein Bauer mit Hilfe eines Ochsen pflügt. Wir ziehen weiter und erreichen in der Abenddämmerung das belebte Bauerndorf Tilje, auf 2200 m in schmalem Tal gelegen, wo wir eine recht große Lodge als Unterkunft finden. Der Besitzer gibt sich viel Mühe bei der Zubereitung unseres Dal-bat. Im Essraum, der den Charakter einer Halle hat, befindet sich ein Telefon, welches nacheinander von etlichen Dorfbewohnern benutzt wird. Hinten an der Wand läuft ein leibhaftiger Fernseher und präsentiert Videoclips von Nepali-Pop-Songs, die genauso hektisch geschnitten sind wie bei uns. Der entschleunigte Naturbereich der Manaslurunde scheint sich dem Ende zuzuneigen.




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                        • StefanBoe
                          Erfahren
                          • 14.12.2020
                          • 338
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          12. Wandertag Tilje – Sjanje:

                          Wir brechen früh in Tilje auf, denn wir müssen heute so weit wie möglich kommen, um morgen Kathmandu erreichen zu können. Nach bereits 1 ½ Stunden haben wir Dharapani im Marsijangdital erreicht – und ab hier wird alles sehr anders.

                          (Anmerkung: heute kann man den Manaslutreck hier beenden: Jeeptaxiverkehr)

                          Dharapani liegt am weltberühmten und nach der Maoisten-Krise wieder hochfrequentierten Annapurna-Trail. Die bisher so einfachen Lodgen gleichen leibhaftigen Hotels mit palmengeschmückten Terrassen, Sonnenschirmen und Reklametafeln: Hot Shower, Heineken Beers, Coca Cola.


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                          Und die dazu passenden Trekker sind auch gleich in Horden vorhanden: Oftmals beleibt, sonnenbebrillt, mit leichtem Tagesrucksack behängt, z.T. sich sogar mit arrogantem Schmäh über die Arbeitseinstellung ihrer schwer bepackten nepalesischen Porter lustig machend. Elendig zahlreiche deutsche, österreichische, niederländische oder englische Grüppchen in schlechtem Trainingszustand und mit ein und demselben Sonnenhütchen schinden sich den Trail hinauf, um dann und wann in den Gastronomiebereichen der Dörfer angemessen zu chillen.

                          Aber es kommt noch dicker: So wie es nach Internetberichten (Stand: 2009 - die Straße ist nun fertig) zu befürchten war, wird im gesamten Marsijangdital eine Straße in die Hänge getrieben, die bereits über weite Strecken den ehemaligen Wanderpfad ersetzt. Das Tal ist vorwiegend ein schmaler Canyon mit hoch aufragenden, erosionsgefährdeten Steilhängen. Hier wird gnadenlos mit Tausenden von Sprengungen die Straße in die Felsen geritzt, egal, ob dabei alle paar hundert Meter große Hangabrutschungen und Vegetationszerstörungen die Folge sind. Als ich vor 7 Jahren auf dem Höhepunkt der Maoisten-Krise den Annapurna-Trail gelaufen bin, war dieser wohl vergleichsweise verwaist und daher auch so schön. Zudem wirkte das Marsijangdital auf mich noch ziemlich urig – hier hat sich in wenigen Jahren ein großer Wandel zum vollkommenen Tourismus hin vollzogen. Das mag man beklagen oder nicht, aber der Vorteil des gesteigerten Tourismus wird für die Dorfbewohner durch den Straßenbau absolut konterkariert. Es wird uns berichtet, dass der Straßenbau vor allem im Interesse der Leute aus Manang läge, bis wohin die Straße führen soll. Wenn die Jeeps erstmal bis Manang hochrumpeln, können alle anderen Dörfer am Annapurnatrekk ihr bisher so einträgliches Trekkinggeschäft einstampfen. Welch ein Widersinn! Vor allem, wenn man den erbarmungswürdigen Zustand der bisher gebaggerten und gesprengten Piste bewundern darf: Überall blockieren monsunbedingte Lehm- und Steinrutsche die Piste, es gibt massenweise weggeschwemmte Abschnitte. Diese Himalayatäler waren vermutlich nicht umsonst bis ins 21. Jahrhundert von Straßen unbeleckt. Mit ziemlichem Groll laufen wir die Strecke hinab, die ich vor 7 Jahren so begeistert empor gelaufen bin. Schön gelegene Ortschaften wie Tal, die Hängebrücken im Canyon, die Bambuswaldabschnitte, nichts hat den Zauber von damals angesichts der breiten Piste und den Scharen von aufwärts strebenden Treckern, die einem allesamt leid tun angesichts des Zustandes des Trails. Der Ärger wird nicht geringer, als wir auch noch eine ¾ Stunde aufgehalten werden durch Sprengungsarbeiten auf der gegenüberliegenden Talseite. Alles in allem wenig Gehfreude, Augen zu und durch. Wir passieren die bereits wieder in tropischer Vegetation liegenden Orte Chamje und Jagat und müssen ganz zum Schluss noch über eine abenteuerlich wacklige Bambusbrücke den reißenden Marsijangdi überqueren, bevor wir in der schon beginnenden Dunkelheit den Ort Sjanje erreichen. Mehrere Lodgen stehen zur Auswahl und die Schilder „Hot Shower“ sind nach zwei ungeduschten Wanderwochen sehr verlockend. Wir beziehen Quartier beim überzeugensten Schild und tatsächlich: In einer wenig einladenden Betonbox mit Wellblechdach labt ein Schwall solar erwärmtes Duschwasser die geschundenen Körper. Trost nach diesem trostlosen Wandertag.


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                          .... zurück in den Suptropen

                          13. Tag; letzter Wanderabschnitt und Busfahrt über Besisahar nach Kathmandu:

                          Nach gutem Frühstück laufen wir die letzten 8 Wanderkilometer dem schäumenden Marsijangdi entlang abwärts. Hinter einer Kurve warten unvermittelt eine handvoll Jeeps auf Ankömmlinge. Bald holpern wir zwei Stunden lang auf 20 km unsäglicher Stein- und Schlammpiste Richtung Besisahar. Der Fahrer plaudert ausgiebig mit jedem, dem er begegnet und macht obendrein noch ausgedehnte Essenspause in einer Taverne am Straßenrand. Wir haben Zeitdruck, diese westliche Krankheit, aber Nepal heißt nun mal „Lay back“, entspann dich, sonst geht hier gar nichts.


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                          Wir haben es geschafft: Ankunft in Besisahar

                          In Besisahar heißt es, der letzte Microbus nach Kathmandu würde jeden Moment fahren, sei aber leider schon ausverkauft. Wir rennen zum Bus, wo uns der Busfahrer netterweise bedeutet, er sähe eine Möglichkeit für uns auf dem Dach.


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                          Für Nepalis wäre das normal, für Touristen ist diese Form der Beförderung aber zu gefährlich und daher eigentlich nicht erlaubt. Keine Regel ohne Ausnahme, also wird das Gepäck auf dem Dach entsprechend nach vorne verfrachtet und fest gespannt, so dass ein Dachplatz für uns entsteht. Nun stehen aber leider ein paar Schritte entfernt sage und schreibe 7 Polizisten die Geschäfte des Städtchens betrachtend in der Gegend herum. Die dürfen von unserer illegalen Dachfahrt natürlich nichts mitbekommen und müssen erst einmal eiskalt ausgetrickst werden. Obwohl sie verdammt den Eindruck machen, als würden sie genau checken was vorgeht, schauen sie mit sehr viel Understatement angestrengt weg. Als unsere Rucksäcke auf dem Dach verstaut sind, werden wir zu Fuß die Straße um die nächste Ecke herum geschickt, wo wir außer Sichtweite der Polizisten (legal-illegal-scheißegal) auf’s Dach klettern dürfen. Einfach herrlich, wie das hier schmiert. Ein weiteres nepalesisches Abenteuer kann beginnen!

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                          Oben angekommen begrüßt uns eine nur lose angebundene Ziege, die auch mitfahren soll. Als wir uns gegen die Fahrtrichtung auf den wenig bequemen Gepäckträgermetallen ausstrecken, kuschelt sich die Ziege in meinen Arm.

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                          Darf ich nun die gesamte Fahrt auf das Tier Obacht geben und seine Kuschelbedürfnisse befrieden?

                          Micha grinst schadenfroh. Der Bus hat Fahrt aufgenommen. Zwei nepalesische junge Männer sitzen lässig vor uns an der Kante des Busdaches. Der eine mit Zottelmähne und einigen Zahnlücken, der andere mit Kurzhaarschnitt. Im Gegensatz zu diesen beiden verkeilen wir uns bei jeder beschleunigten Kurvendurchfahrt ängstlich in den Metallstreben. Erst mit der Zeit wird die Fahrt vom Höllenritt zum Genuss und wir nehmen entspanntere Sitz- oder Liegepositionen ein. Eigentlich ist es hier oben viel besser als im engen Bus.


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                          Sonne im Gesicht, über uns blauer Himmel, rechts und links eine herrliche grüne Hügellandschaft, über die weit entfernt wie weiße Wölkchen Manaslu und Himalchuli schweben, so als wollten sie uns zum Abschied möglichst lange grüßen.

                          Die Ziege steht manchmal auf, und ich befürchte, sie springt vom Dach, so dass ich sie fest im Arm halte.

                          Ansonsten ist sie aber total brav und legt schließlich sogar ihr Köpfchen in meinen Schoß. Das arme Tier wird, in Kathmandu angekommen, mit Sicherheit nicht mehr lange leben.

                          Die beiden jungen Nepali sind sehr sympathisch. Sie wirken fröhlich, bieten uns einen Joint an („Relax“) und der eine schmiegt sich später ganz ungeniert zum entspannten Liegen an meinen Wanderkumpan an. Die Fahrt dauert Stunden und mutiert nach und nach vom Vergnügen zum Ausharren. Die Sitzknochen schmerzen und man weiß nicht mehr, wie man sich auf dem Gestänge positionieren soll. Als die Sonne sinkt, kühlen wir im Fahrtwind unangenehm aus. Kurz bevor die Finger und Füße vor Kälte abfallen, fingert Micha seinen Schlafsack heraus und breitet ihn über uns wie ein Zeltdach aus. Auch die beiden jungen Männer und die Ziege schlüpfen zum Aufwärmen unter. Plötzlich im Dunkeln muss sich die Ziege schon wundern, bleibt aber ruhig neben mir liegen.

                          Die letzten drei Fahrtstunden verlaufen auf dem Privthihighway, der schmalen und schlaglochreichen Hauptverkehrsachse Nepals. Hier werden wir wieder Zeuge der ausgesprochen nervenaufreibenden Verkehrsordnung des Gastlandes – das Ganze hätte locker das Zeug zu einer herausfordernden Computerspiel- Fahrtsimulation. Eben noch auf 90 km/h rasant beschleunigend, muss unser Bus im nächsten Moment hinter einer Kurve einem stehenden Truck elegant ausweichen, da dessen Fahrer am Straßenrand steht und pinkelt. Nach der nächsten rasanten Beschleunigung ist reaktionsschnelles Abbremsen erforderlich, da ein mit 10 km/h aufwärts ächzender Truck in seiner Rußwolke erstickt und die Straße blockiert. Relax. Auch müssen von Zeit zu Zeit auf dem Highway spielende Kinder oder Kühe vom Fahrer frühzeitig lokalisiert und elegant umfahren werden. Besonders adrenalinträchtig ist es immer dann, wenn ein bereits überholendes Auto noch weiter rechts auch noch überholt wird, ohne in Anbetracht der unübersichtlichen Kurven genau sagen zu können, ob nicht doch ein Fahrzeug entgegenkommt. Aber das müsste dann halt reaktionsschnell abbremsen – ist doch klar. Lay back. Unser Fahrer meistert alles in extrem geschmeidiger Fahrweise, ohne auch nur einmal voll in die Eisen treten zu müssen.

                          Bereits im Dunkeln mündet die Fahrt im chaotischen Verkehr Kathmandus. Die beängstigende Peripherie der Stadt kann uns jetzt nicht mehr schocken – ce` la vie. Dann heißt es Abschied nehmen von der lieben Ziege, wir klettern kalt und steif vom Busdach, zahlen 3 € pro Person für die gesamte Fahrt und halten ein Taxi an, welches uns nach Patan fährt, wo wir wieder im „Cafe de Patan“ Quartier nehmen. Nach einem ausgiebigen Abendmenu zieht es uns noch einmal hinaus zum Platz der Tempel, dem Durbar Square, wo eine Theateraufführung anlässlich des großen „Chantfestes“ stattfindet. Anschließend überkommt uns die geballte Müdigkeit, und wir trollen uns in unsere Betten zum verdienten Schlaf.


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                          Namaste, Nepal!


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                          • oesine63
                            Erfahren
                            • 27.11.2013
                            • 421
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            Danke für diesen schönen Bericht! Toll und witzig geschrieben, die Bilder zum Niederknien und vor allem fast in einem Rutsch fertiggeschrieben - Respekt!

                            Nepal's Menschen sind schon was ganz Besonderes, bewundernswert in ihrer Ruhe und Bescheidenheit. Im Herbst 2009 war ich auch in Nepal unterwegs, Langtang und Helambu. Werde ich nie vergessen!

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                            • ldrunner
                              Erfahren
                              • 10.01.2019
                              • 198
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              Hallo und erstmal noch ein schönes gesundes (!) neues Jahr!
                              Der Beitrag inspirierte mich sehr, einige Aufnahmen kamen mir bekannt vor, ... die muss ich doch auch irgendwo haben und schau her, da sind sie vom beinahe gleichen Standpunkt aus aufgenommen.
                              Die Manaslu-Runde erlebte ich Herbst 2017, seit 2009 und auch 2017 hat sich einiges verändert.
                              ...
                              Den geplanten Ruhetag in Samdo verbrachten wir ebenfalls mit dem Abstecher zur tibetischen Grenze, allerdings/ zum Glück schneefrei

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Hochtal 29.09.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 4,62 MB ID: 3010586
                              Im Hochtal oberhalb Samdo

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Larkya Ri von Samdo aus 29.09.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 3,96 MB ID: 3010585
                              Larkya Ri von Samdo aus

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 03 Dharamsala 30.09.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 3,98 MB ID: 3010587
                              Dharamsala - hier stehen mittlerweile drei größere Lodges

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 04 image_12832.jpg Ansichten: 0 Größe: 191,7 KB ID: 3010605
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                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 04 image_12832-2 01.10.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 3,93 MB ID: 3010589
                              Am See - morgens

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 05 image_12833.jpg Ansichten: 0 Größe: 178,8 KB ID: 3010590
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                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 05 image_12833-2 01.10.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 3,54 MB ID: 3010591
                              Weit oberhalb Samdo

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 05 image_12833-3 01.10.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 4,25 MB ID: 3010592
                              Weit oberhalb Samdo

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 06 Larkya Ri 01.10.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 4,22 MB ID: 3010593
                              Larkya Ri - vom Pass aus

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 07 image_12834.jpg Ansichten: 0 Größe: 173,1 KB ID: 3010594
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                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 07 image_12834-2 01.10.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 4,66 MB ID: 3010595
                              Himale beim Abstieg nach Bimtang

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 08 image_12835.jpg Ansichten: 0 Größe: 103,4 KB ID: 3010596
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                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 08 image_12835-2 02.10.2017 bei Sonnenaufgang.JPG Ansichten: 0 Größe: 2,97 MB ID: 3010597
                              Blick talabwärts bei Sonnenaufgang

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 09 image_12829.jpg Ansichten: 0 Größe: 187,8 KB ID: 3010598
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                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 09 image_12829-2 02.10.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 4,22 MB ID: 3010599
                              Rückblick in Bimtang

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 10 image_12837.jpg Ansichten: 0 Größe: 151,0 KB ID: 3010600
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                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 10 image_12837-2 02.10.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 4,40 MB ID: 3010601
                              Abstieg von Bimtang

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 11 image_12947.jpg Ansichten: 0 Größe: 173,3 KB ID: 3010602
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                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 11 image_12947-2 07.10.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 3,57 MB ID: 3010603
                              Rückblick während Fahrt

                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 11 image_12947-3 07.10.2017.JPG Ansichten: 0 Größe: 4,34 MB ID: 3010604

                              Die Manaslu-Runde ist allerdings auch schon sehr überlaufen, zum Glück gibt es genügend Täler abseits der Karawanen
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                              Zuletzt geändert von ldrunner; 07.01.2021, 01:19.
                              “The world's big and I want to have a good look at it before it gets dark.”
                              John Muir

                              Kommentar


                              • StefanBoe
                                Erfahren
                                • 14.12.2020
                                • 338
                                • Privat

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                                #16
                                Hallo Idrunner, klasse deine Idee mit den parallel gesetzten Bildern 2009-2017. Die Fotoperspektiven drängen sich wohl auf. Ja, der Manaslutreck wird sicherlich immer beliebter werden. Hauptsache, man baut keine Piste ins Tal, so wie am Annapurnatreck. Dann wird er für Trecker ein Genuss bleiben.

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                                • derSammy

                                  Lebt im Forum
                                  • 23.11.2007
                                  • 7412
                                  • Privat

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                                  #17
                                  sehr schön Stefan!!

                                  Das mit dem "touristisch" "Strassenbau" usw..... ganz schwieriges Thema...
                                  Der Ausbau der Infrastruktur ist sicher "schädlich" für "unser" Gefühl von Nepal.
                                  in den 10 Jahren 2007-17 die ich da war (so ca.) hat sich das halt brutal viel getan... und jetzt kommt die Ei><Henne Frage..

                                  2007 rund um den Dauladingens.. ab Tag 1 kein Auto mehr zu sehen bis "Jomson" ... obs das Telefon oder gar Internet gab.. die Frage hätt sich kein Mensch gestellt weil vollkommen abwägig.
                                  Fotos wurde von allem gemacht was da steht, kreucht und fleucht.

                                  "Heute" In jeder Lodge wird zuerst nach dem Wifi Passwort gefragt .. Fotos sind nur noch (Deppenzepter raus ICH vor dem Jak, dem komischen Berg & vor meinen Spagettis, Filmchen mit der GoPro am Hirn.. "Ich" röchelnd auf den Poon Hill.. An und Abreise mit Auto oder Heli bis maximal nah ans (Instagram)Objekt der Begierde....

                                  Kommen jetzt so viel "moderne Trekker" dahin weil die Infrastrukturen europäischer geworden sind.. oder werden die Infrastrukturen immer westlicher damit möglichst viele "moderne Trekker" kommen??

                                  (Das, was aber IMMER Bleibt.. ob Anna, Mana, Everesta .... Kopf hochnehmen und geniessen... (ob ich auf ner Piste oder ´nem Eselpfad stehen.. das "große Ganze" Außenrum beibt Atemberaubend!

                                  (Und mit ein bissl "old scool" .. d.h. Leidensfähig & und ein kleinbissl mehr Dampf in den Beinen, gibts auf allen bekannten Nepal Runden wunderschöne, einsame und ruhige Abstecher und Varianten)



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                                  • blauloke

                                    Lebt im Forum
                                    • 22.08.2008
                                    • 8315
                                    • Privat

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                                    #18
                                    Danke für diesen interessanten Bericht und insgesamt den Blick auf die Entwicklung in Nepal.
                                    Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                    • ldrunner
                                      Erfahren
                                      • 10.01.2019
                                      • 198
                                      • Privat

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                                      #19
                                      Zitat von derSammy Beitrag anzeigen


                                      Kommen jetzt so viel "moderne Trekker" dahin weil die Infrastrukturen europäischer geworden sind.. oder werden die Infrastrukturen immer westlicher damit möglichst viele "moderne Trekker" kommen??
                                      Die Infrastrukturen werden keinesfalls europäischer, die Seidenstraßen vermehren sich ;-o
                                      “The world's big and I want to have a good look at it before it gets dark.”
                                      John Muir

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                                      • StefanBoe
                                        Erfahren
                                        • 14.12.2020
                                        • 338
                                        • Privat

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                                        #20
                                        Deine Hinweise, Sammy, kann ich sehr gut nachvollziehen. Für die meisten Talbewohner ist der Straßenbau oder der Bau einer Stromleitung etc. natürlich ein Riesenfortschritt hin zu mehr Wohlstand. Vermutlich ist das in den Himalayatälern gerade erst der Beginn einer grundlegenden Änderung vom archaischen Bergbauernleben zum Misch- oder Vollerwerbsleben in der Touristikbranche. Nach den europäischen und amerikanischen Trekkingtouristen werden demnächst wohl immer mehr chinesischer und indischer Mittelstand dort einfach Hotel- und Pensionsurlaub machen, so wie wir bei uns in Österreich und der Schweiz Urlaub machen. Und natürlich bleibt dabei unser "Nepalgefühl" auf der Strecke - so wie man das romantische Entdeckergefühl der Engländer in Bezug auf die Alpen (vor 180 Jahren) heute in den Alpen natürlich auch nicht mehr empfinden kann. Bisschen Verlust ist immer ...
                                        ...aber so wie du sagst: Die großartige Landschaft bleibt und der Naturfreak wird Stille und unversehrte Landschaft vermutlich auch in 50 Jahren noch in den vielen Seitentälern finden können und Alternativen zu den alten, vom Straßenbau aufgegessenen Trekkingtouren austüfteln.

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