Tourentyp | |
Lat | |
Lon | |
Mitreisende | |
Kajaktour um Formentor
Was ist das?

. . . .
Vorgeschichte:
Eigentlich wollte ich Ostern schön zu Hause bleiben, vielleicht für 3 Tage nach Meck-Pomm zum Paddeln fahren. Aber meine Holde zog es in die Wärme, nach Mallorca.
Das war die Ausgangssituation für eine etwas längere Kontroverse.
"Kann man auf Mallorca nicht auch Kajak fahren?" Mit dieser rhetorischen Frage meiner Angetrauten bekam die Diskussion eine völlig neue Wendung und plötzlich konnte ich mir auch vorstellen, mein ökologisches Gewissen mit einer Atmosfair-Spende zu besänftigen und in den Flieger nach Malle zu steigen.
Mallorca ist groß - wohin soll's gehen? Ein Blick auf die Karte zeigt, die nordöstliche Ecke der Insel scheint ein gutes Kajakrevier zu sein. Port de Pollensa liegt geeignet, rundherum gibt es auch ein paar schöne Huckel, die aussichtsreiche Wanderungen versprechen, denn meine Holde hat höchstens zwei Tage für die Paddelei freigegeben, es braucht auch Wanderziele. Also dort soll's hingehen.
Flug, Hotel, Leihwagen - die Standards sind schnell organisiert.
Gibt's da auch Kajakvermieter? ... Ja, http://mondaventura.com/ und http://www.piraguasgm.com/kayakmallorca/ . Geht da was in der Vorsaison? Ich hab mein Englisch zusammengerafft und je eine Mail an beide Vermieter losgelassen. ... Ja, man kann Seekajaks mit Ausrüstung mieten. Mit ein paar Euro zusätzlich lässt sich der durch die Vorsaison bedingte Mehraufwand für den Vermieter abgelten.
. . . .
Zur Wahl des Vermieters:
Mon d'Aventura hat einen Laden in Pollensa, das ist daher unser erster Anlaufpunkt. Die Verständigung auf Englisch klappt ganz gut, meine Gesprächspartnerin spricht die Sprache etwa gleich schlecht wie ich. Aber inhaltlich ist alles etwas schwierig. ... Ja, wir müssen dann das Kajak aus dem Lager holen, aber wann der Chef dafür Zeit hat? Irgendwie soll ich bei Miete unterschreiben, dass ich für Rettungskosten selbst aufkomme (wer sonst?). Und der Transfer? Jeweils 15€ für An- und Abtransport, Bootsmiete 40€. Schwimmweste, Paddelfloat, Neo und Lenzpumpe? Ja wahrscheinlich ohne Zusatzkosten, aber der Guide ist gerade auf Klettertour und jetzt im Felsen hat er sein Handy aus. ... Es geht irgendwie nicht weiter, wir vereinbaren, uns per Mail zu kontaktieren. Zumindest kaufen wir hier eine gute Wanderkarte für die Region.
Am selben Tag, nachmittags, ein Spaziergang an der Promenade von Port de Pollensa. In einer Nebenstraße steht ein Trailer mit mehreren SOT-Spaßbooten, daneben ein Fahrzeug mit Aufklebern von Kayakmallorca und einer Telefonnummer. Der Vermieter scheint doch schon aktiv zu sein. Ich rufe also an - und zwei Minuten später kommt Miguel angeschlendert. Die Verständigung läuft ebenfalls auf Englisch, aber alles ist ganz easy. Wir vereinbaren für den nächsten Tag ein Spaßboot für einen Ausflug mit meiner Holden zu mieten und - so der Wettergott mitspielt - für den übernächsten Tag ein Seekajak. Die Kajakmiete kostet 30€ und der Transfer nach Cala Sant Vicenc einmalig 15€ - das scheint mir sehr moderat.
. . . .
Zur Tour:
zum Vergrößern:
Schaltfläche rechts unter dem Höhenprofil anklicken
Beschreibung für GoogleEarth:
Formentor.kmz
Tatsächlich, der Wetterbericht verspricht beste Bedingungen, um 8Uhr rufe ich Miguel an, der sieht ebenfalls keine Hindernisse. So treffen wir uns um 9Uhr, das Kajak (ein P&H Scorpio LV) kommt aufs Dach und wir fahren zum Startpunkt nach Cala Sant Vicenc. Es gibt keinen schriftlichen Mietvertrag, der Vermieter hat nur meine Handynummer. Ich bekomme einen Neo-Longjohn, Schwimmweste, Werner-Ergopaddel sowie Ersatzpaddel, eine Handlenzpumpe aber kein Paddelfloat. Dafür gibt es einen Packsack als Behelfsfloat. Allerdings lässt das Teil so schnell Luft, dass ich im Ernstfall wohl eher die Schwimmweste als Auftriebskörper ums Paddel wickeln müsste.
Miguel setzt sich ins Auto und braust los. Jetzt gibt es kein zurück, nur noch den Weg ums Kap.
Der Anfang ist schwierig, das Boot ist 4cm schmaler als das meinige und erscheint mir kippliger. Ich kann jetzt auch nicht die Grenzen der Stabilität austesten, so fahre ich ziemlich angespannt. Der Kahn eiert hin und her, eigentlich sind alle Vorwärtsschläge auch Steuerschläge. Miguel hat mir den Skegschieber gezeigt, ich fahre das Skeg voll aus, aber nichts ändert sich.
Ich bin leider ziemlich mit mir selbst beschäftigt, die imposante Steilküste zieht vorüber ohne dass ich die Tour, auf die ich mich so gefreut habe richtig genießen kann.

die Felswand strebt über 300m steil empor - Serra del Cavall Bernat



Ich quere die Bucht Cala Boquer und fahre auf direktem Wege auf el Colomer - soweit man das Herumeiern mit "direkter Weg" beschreiben kann. Zwar bietet Cala Boquer eine der zwei Rastmöglichkeiten an der steilen Nordküste, aber ich spare durch den direkten Kurs etwa 2km Strecke.
Nach der Passage von el Colomer sind es noch 3,5km, dann wird erstmals Kap Formentor sichtbar. Das liefert schon einen Motivationsschub - zumal es wenig später, nach Umrundung von Cap de Catalunya in die Bucht Cala Figuera und damit zur ersten Pause geht.



Die Atmosphäre bei Cala Figuera ist entspannt, man spricht überwiegend deutsch, einige Spanier haben sich unter die Touris gemischt und zwei so richtig knorrige Engländer scheinen hierher gewandert zu sein. Nach der morgendlichen Kühle des Starts sind die Temperaturen recht angenehm, für mich als bekennende Frostbeule könnte es aber gern wärmer sein. Schon auf dem Wasser schätze ich den Wind auf nur irgendwo zwischen 1 und 2 Bft, hier in der Bucht lässt sich im Prinzip kein Wind spüren. Unter vielem Juchen wagen sich einige Hartgesottene ins Wasser, aber ich bin froh, dass ich mir bei Landung und Start nur die Füße nass zu machen brauche.
Wie funktioniert eigentlich das Skeg? Theoretisch weiß ich, die ausgefahrene Skegflosse soll die Richtungsstabilität des Bootes verbessern. Davon hab ich bisher aber noch nichts bemerkt. Zwar bin ich bisher noch nie Skegboot gefahren, kann mir jedoch kaum vorstellen, dass die enorme Drehfreudigkeit des Bootes normal ist. Jedenfalls möchte mir daher das Skeg etwas genauer ansehen.
Eine furchtbare Entdeckung - oder eine befreiende: Zwei Steinchen blockieren die Flosse in ihrer Aufnahme. Die Steinchen sind schnell entfernt - und nach der Pause bekomme ich erstmals den Eindruck, dass die Tour Spaß machen könnte. Zwar habe ich mich mit der Stabilität des Bootes noch nicht komplett angefreundet, aber ich sitze sicherer und vor allem: Nicht mehr das Boot sagt, wo es lang geht, jetzt habe ich endlich das Direktionsrecht.


Das Wetter ist noch immer unverschämt gut - auf zur Kapumrundung.
Die Steilküste ist auf dem letzten Stück etwas eintönig, da wenig gegliedert. Fährt man dichter heran, wird die Struktur der Felswand mit einigen interessanten Auskolkungen sichtbar, aber der Blick auf die Gesamtkulisse geht verloren. Trotzdem fahre ich näher an die Felsen heran, zumindest das Kap möchte ich ganz dicht umrunden. Bald fahre ich in den Schatten der Steilküste ein, der Leuchtturm verschwindet hinter der Felskante und man sieht nur noch die Wand und das Meer. Ich hoffe, dass an der Aussichtsplattform über mir bereits alle Steinchen in den 150m tiefen Abgrund geworfen sind und paddle hier trotzdem vorsichtshalber mit Sicherheitsabstand recht zügig, um rasch den potentiell gefährlichen Bereich zu überwinden.
Jetzt fahre ich mit wenigen Metern Abstand zur Wand. Trotz der geringen Windstärke hebt und senkt sich das Meer im Takt der Wellen um vielleicht 40-50cm. Das hindert mich nicht, kurz mit der Hand den Felsen zu berühren - ja, ich bin hier gewesen.
Ich freue mich, aber es nicht erhebend. Einerseits ist der Anblick dazu nicht angetan - es ist eben nur das weite blaue Meer und die düstere Felswand, nichts weiter bis auf einige Möwen. Andererseits habe ich etwas Sorge, dass mich nach dem Kap rauhere Bedingungen empfangen - wirklich sicher fühle ich mich nicht im Boot. Und schließlich muckert meine Schulterverletzung vor sich hin und bringt mir ins Gedächtnis, ich bin nicht ganz fit.
Tatsächlich, der Wind frischt nach dem Kap auf. Von bisher geschätzt 1-2 Bft auf satte 2 Bft
, die Verhältnisse sind nach wie vor richtig gut. Ich empfinde sie sogar als besser, denn endlich fahre ich wieder in der Sonne, die vorher düstere Felswand gibt sich im Sonnenschein viel freundlicher. Auch der Blick übers Wasser ist gegenüber dem vorherigen geradezu lieblich.



Die nächsten Rastmöglichkeiten ergeben sich bei Cala en Gossalba und Cala Murta. An den Einfahrten zu beiden Buchten gibt es sogar Festmacherbojen, hier muss im Sommer richtig Betrieb sein. Jetzt dümpeln nur einige wenige Boote in der Ostersonne, aber ich habe keine Lust, mich den "großen Töppen" zuzugesellen.

Ich suche meine "eigene" Bucht. Cala en Forat wäre vielleicht möglich, Cala en Feliu ist deutlich besser.


Die Rast wird dann doch kürzer, als ich es gewünscht hätte. Miguel hat zwar seinen Verleih bis 18Uhr geöffnet, aber wir hatten spätestens 17Uhr vereinbart und jede Minute früher ist für ihn günstig, da ich an diesem Tage wahrscheinlich der einzige Kunde um diese Zeit sein werde. Außerdem habe ich nur Badelatschen dabei - und damit ist es für mich schon eine Herausforderung, den Ausgangspunkt für das obige Foto zu "erklimmen".
Wieder auf dem Wasser wird mir bald bewusst, ich habe keine Erfahrung mit Skegbooten. Es eiert wieder wie auf dem ersten Teilabschnitt. Robbenstart ist mit Skegbooten offenbar keine gute Idee, zu schnell verklemmt sich ein Steinchen in der Skegaufnahme. Zurückfahren möchte ich aber auch nicht mehr. Also quäle ich mich die ca. 2km bis zur Einfahrt zu Cala Pi. Unweit des Hotel Formentor gibt es einen kleinen geschützten Privathafen. Niemand lässt sich blicken und ich kann ungestört das Skeg herausziehen, tatsächlich verhinderte wieder ein Steinchen die Nutzung der Flosse.

Mittlerweile hat der Wind auf geschätzt gute 3 Bft aufgefrischt, ein typischer See-Land-Wind. Wenn ich Miguel richtig verstanden habe, wird dieses Phänomen hier mit "Med" bezeichnet. Langsam werde ich mit dem Boot vertrauter. Die Wellen stören mich kaum noch. Andererseits muckert die Schulter jetzt doch recht heftig. Ich bin auch schon deutlich erschöpft, trotz der eigentlich gut zu bewältigenden Strecke von ca. 33km. Wegen der Schulterverletzung bin ich in diesem Jahr gerade erst einmal auf dem Wasser gewesen, im vergangene Jahr hatte ich um diese Zeit schon 220km weggepaddelt. So bin ich recht froh, dass nach Punta de l'Avancada der Strand von Port de Pollensa sichtbar wird und nur noch gut 2,5km über den geschützten Teil der Bucht von Pollensa zu paddeln sind.



. . . .
Einige Anmerkungen:
Vor etlichen Jahren haben wir es uns aus Unwissenheit angetan, während eines Mallorcaurlaub anfang Oktober mit dem Mietwagen nach Kap Formentor zu fahren. Fast Stoßstange an Stoßstange, auf der engen Straße musste man sich stark auf den Verkehr konzentrieren, kaum Parkmöglichkeiten am Straßenrand. Direkt am Leuchturm Formentor haben wir wegen des Besucherauflaufs (an dem wir ja auch beteiligt waren) umgehend gewendet.
Wenigstens habe ich die Familie auf den Puig de la Pinya kurz vorm Kap Formentor "gehetzt". Für meinen pubertierender Sohn war sowieso alles öde, Tochter und Frau fanden eine verendete Ziege und waren daher der festen Überzeugung, ich wolle sie mit dieser Tour umbringen. (Jedenfalls ist diese Begebenheit so in den Kreis der familiären Erzählungen eingegangen.) Als dann auf dem Rückweg direkt vor uns zwei Autofahrer einander die Außenspiegel abgefahren hatten und sie somit einen Stau verursachten, war diese Region Mallorcas endgültig für mich "gestorben". (Der Stau dauerte besonders lange, weil die Fahrer hervorragend die Schuldfrage diskutieren konnten - auf Deutsch.)
Nach dem jetzigen Osterurlaub weiß ich hingegen, um diese Zeit ist die Region um Port de Pollensa wirklich eine Reise wert. Wandern kann man auf den Halbinseln Alcudia und Formentor sowie in Richtung Serra de Cornavaques. Eine gute Wanderkarte ist ausgesprochen hilfreich, weil dort einerseits Pfade eingetragen sind, die man sonst nicht findet und sich andererseits anhand der Höhenlinien abschätzen lässt, ob die avisierte Region für das Freiwandern geeignet ist. Wenn man so wie wir auf Tagestouren setzt, ist das Mieten eines Autos sinnvoll.
Dem Paddler kann ich die Tour ums Kap Formentor unbedingt empfehlen!
Die Steilküste bietet vor allem auf der Nordseite nur sehr wenige Anlandemöglichkeiten, so dass man die Tour nur bei gutem Wetter unternehmen sollte. Der Verleiher Kayakmallorca hat geeignetes Material zu einem moderaten Preis, Absprachen mit dem Vermieter funktionieren gut. (Vielleicht hat Mon d'Aventura in der Saison ein ähnlich gutes Angebot, das kann ich nicht beurteilen.) Wenn möglich würde ich zuvor eine Testfahrt mit dem Mietboot unternehmen, um sich daran gewöhnen zu können. Da Kayakmallorca auch geführte Mehrtagestouren anbietet, kann man dort vielleicht sogar eine Zeltausrüstung mieten (oder die eigene mitnehmen). Wenn das so ist und man dafür die Zeit aufbringt, kann man die Tour ums Kap über zwei Tage ausdehnen. Dann sollte man auch Schuhe mitnehmen, die einer gemäßigten Bergwanderung standhalten. Der Kontrast zwischen Blick vom Wasser und Blick von oben ist einfach genial.
Schließlich sei noch angemerkt, dass Miguel erzählte, dass man bei rechtzeitiger Anmeldung Kajaks über einen längeren Zeitraum, z.B. für eine Umrundung Mallorcas mieten kann.
Und nun die Auflösung zum Handfoto: Die markante Kante markiert (welch Wortspiel) den Abschluss meines Neoshirts (hatte ich auf die Reise mitgenommen, war auch besser so). Im Wissen um derartige Effekte kam reichlich Sonnenschutzmittel zum Einsatz, aber soweit war es denn doch nicht her mit der versprochenen Wasserfestigkeit.

Viele Grüße
Jürgen
Was ist das?

Natürlich das einzig! wahre! Kap Formentor! - vom Boot ...

... oder aus eher bekannter Perspektive

... oder aus eher bekannter Perspektive
. . . .
Vorgeschichte:
Eigentlich wollte ich Ostern schön zu Hause bleiben, vielleicht für 3 Tage nach Meck-Pomm zum Paddeln fahren. Aber meine Holde zog es in die Wärme, nach Mallorca.
Das war die Ausgangssituation für eine etwas längere Kontroverse.
"Kann man auf Mallorca nicht auch Kajak fahren?" Mit dieser rhetorischen Frage meiner Angetrauten bekam die Diskussion eine völlig neue Wendung und plötzlich konnte ich mir auch vorstellen, mein ökologisches Gewissen mit einer Atmosfair-Spende zu besänftigen und in den Flieger nach Malle zu steigen.
Mallorca ist groß - wohin soll's gehen? Ein Blick auf die Karte zeigt, die nordöstliche Ecke der Insel scheint ein gutes Kajakrevier zu sein. Port de Pollensa liegt geeignet, rundherum gibt es auch ein paar schöne Huckel, die aussichtsreiche Wanderungen versprechen, denn meine Holde hat höchstens zwei Tage für die Paddelei freigegeben, es braucht auch Wanderziele. Also dort soll's hingehen.
Flug, Hotel, Leihwagen - die Standards sind schnell organisiert.
Gibt's da auch Kajakvermieter? ... Ja, http://mondaventura.com/ und http://www.piraguasgm.com/kayakmallorca/ . Geht da was in der Vorsaison? Ich hab mein Englisch zusammengerafft und je eine Mail an beide Vermieter losgelassen. ... Ja, man kann Seekajaks mit Ausrüstung mieten. Mit ein paar Euro zusätzlich lässt sich der durch die Vorsaison bedingte Mehraufwand für den Vermieter abgelten.
. . . .
Zur Wahl des Vermieters:
Mon d'Aventura hat einen Laden in Pollensa, das ist daher unser erster Anlaufpunkt. Die Verständigung auf Englisch klappt ganz gut, meine Gesprächspartnerin spricht die Sprache etwa gleich schlecht wie ich. Aber inhaltlich ist alles etwas schwierig. ... Ja, wir müssen dann das Kajak aus dem Lager holen, aber wann der Chef dafür Zeit hat? Irgendwie soll ich bei Miete unterschreiben, dass ich für Rettungskosten selbst aufkomme (wer sonst?). Und der Transfer? Jeweils 15€ für An- und Abtransport, Bootsmiete 40€. Schwimmweste, Paddelfloat, Neo und Lenzpumpe? Ja wahrscheinlich ohne Zusatzkosten, aber der Guide ist gerade auf Klettertour und jetzt im Felsen hat er sein Handy aus. ... Es geht irgendwie nicht weiter, wir vereinbaren, uns per Mail zu kontaktieren. Zumindest kaufen wir hier eine gute Wanderkarte für die Region.
Am selben Tag, nachmittags, ein Spaziergang an der Promenade von Port de Pollensa. In einer Nebenstraße steht ein Trailer mit mehreren SOT-Spaßbooten, daneben ein Fahrzeug mit Aufklebern von Kayakmallorca und einer Telefonnummer. Der Vermieter scheint doch schon aktiv zu sein. Ich rufe also an - und zwei Minuten später kommt Miguel angeschlendert. Die Verständigung läuft ebenfalls auf Englisch, aber alles ist ganz easy. Wir vereinbaren für den nächsten Tag ein Spaßboot für einen Ausflug mit meiner Holden zu mieten und - so der Wettergott mitspielt - für den übernächsten Tag ein Seekajak. Die Kajakmiete kostet 30€ und der Transfer nach Cala Sant Vicenc einmalig 15€ - das scheint mir sehr moderat.
. . . .
Zur Tour:
Hier sollte eine GPX-Karte erscheinen! Wenn diese nicht nach wenigen Sekunden nachgeladen wird bitte die Seite aktualisieren.
zum Vergrößern:
Schaltfläche rechts unter dem Höhenprofil anklicken
Beschreibung für GoogleEarth:
Formentor.kmz
Tatsächlich, der Wetterbericht verspricht beste Bedingungen, um 8Uhr rufe ich Miguel an, der sieht ebenfalls keine Hindernisse. So treffen wir uns um 9Uhr, das Kajak (ein P&H Scorpio LV) kommt aufs Dach und wir fahren zum Startpunkt nach Cala Sant Vicenc. Es gibt keinen schriftlichen Mietvertrag, der Vermieter hat nur meine Handynummer. Ich bekomme einen Neo-Longjohn, Schwimmweste, Werner-Ergopaddel sowie Ersatzpaddel, eine Handlenzpumpe aber kein Paddelfloat. Dafür gibt es einen Packsack als Behelfsfloat. Allerdings lässt das Teil so schnell Luft, dass ich im Ernstfall wohl eher die Schwimmweste als Auftriebskörper ums Paddel wickeln müsste.
Miguel setzt sich ins Auto und braust los. Jetzt gibt es kein zurück, nur noch den Weg ums Kap.
Der Anfang ist schwierig, das Boot ist 4cm schmaler als das meinige und erscheint mir kippliger. Ich kann jetzt auch nicht die Grenzen der Stabilität austesten, so fahre ich ziemlich angespannt. Der Kahn eiert hin und her, eigentlich sind alle Vorwärtsschläge auch Steuerschläge. Miguel hat mir den Skegschieber gezeigt, ich fahre das Skeg voll aus, aber nichts ändert sich.
Ich bin leider ziemlich mit mir selbst beschäftigt, die imposante Steilküste zieht vorüber ohne dass ich die Tour, auf die ich mich so gefreut habe richtig genießen kann.

die Felswand strebt über 300m steil empor - Serra del Cavall Bernat
die Felswand von oben (Wanderung zum Talaja Vella)

kurz vor Punta de la Salada (übersetzt man das mit Vegetarierfelsen?)

kurz vor Punta de la Salada (übersetzt man das mit Vegetarierfelsen?)
das Eiland el Colomer im Rückblick
el Colomer (von der Aussichtplattform, an der alle Formentorbesucher anhalten)
Ich quere die Bucht Cala Boquer und fahre auf direktem Wege auf el Colomer - soweit man das Herumeiern mit "direkter Weg" beschreiben kann. Zwar bietet Cala Boquer eine der zwei Rastmöglichkeiten an der steilen Nordküste, aber ich spare durch den direkten Kurs etwa 2km Strecke.
Nach der Passage von el Colomer sind es noch 3,5km, dann wird erstmals Kap Formentor sichtbar. Das liefert schon einen Motivationsschub - zumal es wenig später, nach Umrundung von Cap de Catalunya in die Bucht Cala Figuera und damit zur ersten Pause geht.

Kap Formentor von Cap de Catalunya aus
Pause in Cala Figuera
Cala Figuera, Blick von kurz unterhalb des Parkplatzes
Die Atmosphäre bei Cala Figuera ist entspannt, man spricht überwiegend deutsch, einige Spanier haben sich unter die Touris gemischt und zwei so richtig knorrige Engländer scheinen hierher gewandert zu sein. Nach der morgendlichen Kühle des Starts sind die Temperaturen recht angenehm, für mich als bekennende Frostbeule könnte es aber gern wärmer sein. Schon auf dem Wasser schätze ich den Wind auf nur irgendwo zwischen 1 und 2 Bft, hier in der Bucht lässt sich im Prinzip kein Wind spüren. Unter vielem Juchen wagen sich einige Hartgesottene ins Wasser, aber ich bin froh, dass ich mir bei Landung und Start nur die Füße nass zu machen brauche.
Wie funktioniert eigentlich das Skeg? Theoretisch weiß ich, die ausgefahrene Skegflosse soll die Richtungsstabilität des Bootes verbessern. Davon hab ich bisher aber noch nichts bemerkt. Zwar bin ich bisher noch nie Skegboot gefahren, kann mir jedoch kaum vorstellen, dass die enorme Drehfreudigkeit des Bootes normal ist. Jedenfalls möchte mir daher das Skeg etwas genauer ansehen.
Eine furchtbare Entdeckung - oder eine befreiende: Zwei Steinchen blockieren die Flosse in ihrer Aufnahme. Die Steinchen sind schnell entfernt - und nach der Pause bekomme ich erstmals den Eindruck, dass die Tour Spaß machen könnte. Zwar habe ich mich mit der Stabilität des Bootes noch nicht komplett angefreundet, aber ich sitze sicherer und vor allem: Nicht mehr das Boot sagt, wo es lang geht, jetzt habe ich endlich das Direktionsrecht.

Kap Formentor kurz nach Cala Figuera ...
... und vielleicht 500m weiter südlich von el Coconet aus
Das Wetter ist noch immer unverschämt gut - auf zur Kapumrundung.
Die Steilküste ist auf dem letzten Stück etwas eintönig, da wenig gegliedert. Fährt man dichter heran, wird die Struktur der Felswand mit einigen interessanten Auskolkungen sichtbar, aber der Blick auf die Gesamtkulisse geht verloren. Trotzdem fahre ich näher an die Felsen heran, zumindest das Kap möchte ich ganz dicht umrunden. Bald fahre ich in den Schatten der Steilküste ein, der Leuchtturm verschwindet hinter der Felskante und man sieht nur noch die Wand und das Meer. Ich hoffe, dass an der Aussichtsplattform über mir bereits alle Steinchen in den 150m tiefen Abgrund geworfen sind und paddle hier trotzdem vorsichtshalber mit Sicherheitsabstand recht zügig, um rasch den potentiell gefährlichen Bereich zu überwinden.
Jetzt fahre ich mit wenigen Metern Abstand zur Wand. Trotz der geringen Windstärke hebt und senkt sich das Meer im Takt der Wellen um vielleicht 40-50cm. Das hindert mich nicht, kurz mit der Hand den Felsen zu berühren - ja, ich bin hier gewesen.
Ich freue mich, aber es nicht erhebend. Einerseits ist der Anblick dazu nicht angetan - es ist eben nur das weite blaue Meer und die düstere Felswand, nichts weiter bis auf einige Möwen. Andererseits habe ich etwas Sorge, dass mich nach dem Kap rauhere Bedingungen empfangen - wirklich sicher fühle ich mich nicht im Boot. Und schließlich muckert meine Schulterverletzung vor sich hin und bringt mir ins Gedächtnis, ich bin nicht ganz fit.
Tatsächlich, der Wind frischt nach dem Kap auf. Von bisher geschätzt 1-2 Bft auf satte 2 Bft

Kap Formentor von Südwesten
Blick zur Halbinsel Alcudia vom Boot ...
... und von el Coconet aus (etwa 1,5km weiter südwestlich)
Die nächsten Rastmöglichkeiten ergeben sich bei Cala en Gossalba und Cala Murta. An den Einfahrten zu beiden Buchten gibt es sogar Festmacherbojen, hier muss im Sommer richtig Betrieb sein. Jetzt dümpeln nur einige wenige Boote in der Ostersonne, aber ich habe keine Lust, mich den "großen Töppen" zuzugesellen.
Ausgang der Bucht Cala Murta
Ich suche meine "eigene" Bucht. Cala en Forat wäre vielleicht möglich, Cala en Feliu ist deutlich besser.
Einfahrt zu Cala en Feliu
Pausenplatz
Die Rast wird dann doch kürzer, als ich es gewünscht hätte. Miguel hat zwar seinen Verleih bis 18Uhr geöffnet, aber wir hatten spätestens 17Uhr vereinbart und jede Minute früher ist für ihn günstig, da ich an diesem Tage wahrscheinlich der einzige Kunde um diese Zeit sein werde. Außerdem habe ich nur Badelatschen dabei - und damit ist es für mich schon eine Herausforderung, den Ausgangspunkt für das obige Foto zu "erklimmen".
Wieder auf dem Wasser wird mir bald bewusst, ich habe keine Erfahrung mit Skegbooten. Es eiert wieder wie auf dem ersten Teilabschnitt. Robbenstart ist mit Skegbooten offenbar keine gute Idee, zu schnell verklemmt sich ein Steinchen in der Skegaufnahme. Zurückfahren möchte ich aber auch nicht mehr. Also quäle ich mich die ca. 2km bis zur Einfahrt zu Cala Pi. Unweit des Hotel Formentor gibt es einen kleinen geschützten Privathafen. Niemand lässt sich blicken und ich kann ungestört das Skeg herausziehen, tatsächlich verhinderte wieder ein Steinchen die Nutzung der Flosse.
nach Verlassen des Minihafens, links Ilha de Formentor, rechts Cala Pi
Mittlerweile hat der Wind auf geschätzt gute 3 Bft aufgefrischt, ein typischer See-Land-Wind. Wenn ich Miguel richtig verstanden habe, wird dieses Phänomen hier mit "Med" bezeichnet. Langsam werde ich mit dem Boot vertrauter. Die Wellen stören mich kaum noch. Andererseits muckert die Schulter jetzt doch recht heftig. Ich bin auch schon deutlich erschöpft, trotz der eigentlich gut zu bewältigenden Strecke von ca. 33km. Wegen der Schulterverletzung bin ich in diesem Jahr gerade erst einmal auf dem Wasser gewesen, im vergangene Jahr hatte ich um diese Zeit schon 220km weggepaddelt. So bin ich recht froh, dass nach Punta de l'Avancada der Strand von Port de Pollensa sichtbar wird und nur noch gut 2,5km über den geschützten Teil der Bucht von Pollensa zu paddeln sind.
vor Punta de l'Avancada
Ankunft

Warum? (Auflösung später)
. . . .
Einige Anmerkungen:
Vor etlichen Jahren haben wir es uns aus Unwissenheit angetan, während eines Mallorcaurlaub anfang Oktober mit dem Mietwagen nach Kap Formentor zu fahren. Fast Stoßstange an Stoßstange, auf der engen Straße musste man sich stark auf den Verkehr konzentrieren, kaum Parkmöglichkeiten am Straßenrand. Direkt am Leuchturm Formentor haben wir wegen des Besucherauflaufs (an dem wir ja auch beteiligt waren) umgehend gewendet.
Wenigstens habe ich die Familie auf den Puig de la Pinya kurz vorm Kap Formentor "gehetzt". Für meinen pubertierender Sohn war sowieso alles öde, Tochter und Frau fanden eine verendete Ziege und waren daher der festen Überzeugung, ich wolle sie mit dieser Tour umbringen. (Jedenfalls ist diese Begebenheit so in den Kreis der familiären Erzählungen eingegangen.) Als dann auf dem Rückweg direkt vor uns zwei Autofahrer einander die Außenspiegel abgefahren hatten und sie somit einen Stau verursachten, war diese Region Mallorcas endgültig für mich "gestorben". (Der Stau dauerte besonders lange, weil die Fahrer hervorragend die Schuldfrage diskutieren konnten - auf Deutsch.)
Nach dem jetzigen Osterurlaub weiß ich hingegen, um diese Zeit ist die Region um Port de Pollensa wirklich eine Reise wert. Wandern kann man auf den Halbinseln Alcudia und Formentor sowie in Richtung Serra de Cornavaques. Eine gute Wanderkarte ist ausgesprochen hilfreich, weil dort einerseits Pfade eingetragen sind, die man sonst nicht findet und sich andererseits anhand der Höhenlinien abschätzen lässt, ob die avisierte Region für das Freiwandern geeignet ist. Wenn man so wie wir auf Tagestouren setzt, ist das Mieten eines Autos sinnvoll.
Dem Paddler kann ich die Tour ums Kap Formentor unbedingt empfehlen!
Die Steilküste bietet vor allem auf der Nordseite nur sehr wenige Anlandemöglichkeiten, so dass man die Tour nur bei gutem Wetter unternehmen sollte. Der Verleiher Kayakmallorca hat geeignetes Material zu einem moderaten Preis, Absprachen mit dem Vermieter funktionieren gut. (Vielleicht hat Mon d'Aventura in der Saison ein ähnlich gutes Angebot, das kann ich nicht beurteilen.) Wenn möglich würde ich zuvor eine Testfahrt mit dem Mietboot unternehmen, um sich daran gewöhnen zu können. Da Kayakmallorca auch geführte Mehrtagestouren anbietet, kann man dort vielleicht sogar eine Zeltausrüstung mieten (oder die eigene mitnehmen). Wenn das so ist und man dafür die Zeit aufbringt, kann man die Tour ums Kap über zwei Tage ausdehnen. Dann sollte man auch Schuhe mitnehmen, die einer gemäßigten Bergwanderung standhalten. Der Kontrast zwischen Blick vom Wasser und Blick von oben ist einfach genial.
Schließlich sei noch angemerkt, dass Miguel erzählte, dass man bei rechtzeitiger Anmeldung Kajaks über einen längeren Zeitraum, z.B. für eine Umrundung Mallorcas mieten kann.
Und nun die Auflösung zum Handfoto: Die markante Kante markiert (welch Wortspiel) den Abschluss meines Neoshirts (hatte ich auf die Reise mitgenommen, war auch besser so). Im Wissen um derartige Effekte kam reichlich Sonnenschutzmittel zum Einsatz, aber soweit war es denn doch nicht her mit der versprochenen Wasserfestigkeit.

Viele Grüße
Jürgen
Kommentar