[ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

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    [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

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    [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)



    Vorneweg...

    Weitwandern auf Mallorca – da denken die meisten an den GR 221, jenen spektakulären Wanderweg, der die gesamte Tramuntana durchmisst. Zumindest im nördlichen Teil ist er durchgehend markiert und führt über die höchsten Pässe mit phantastischen Aussichten. Es gibt „Refugis“, in denen man günstig übernachten und essen kann. Zu Recht wird er immer beliebter, und in der Hochsaison kann man ihn fast als Wanderautobahn bezeichnen.

    Ganz im Schatten des GR 221 steht der andere Weitwanderweg Mallorcas: Der GR 222. Er beginnt in Artà im Osten der Insel, führt im großen Bogen durch den nördlichen Teil des Gebirges Serra de Llevant, dann über die Zentralebene durch Santa Margalida und Inca zum Kloster Lluc, wo er mit dem GR 221 zusammentrifft.

    Leider sind bisher nur drei Teilstrecken in der Serra de Llevant und das letzte kurze Stück von Caimari nach Lluc markiert. Besonders in der Zentralebene führt der projektierte Wegverlauf über weite Strecken durch privates Land. Die Eigentümer gewähren kein Durchgangsrecht.

    Auch die Übernachtungssituation ist schwierig. Es gibt keine Refugis und fast keine Hotels am Weg. Bis vor kurzem existierte für die Zentralebene nicht mal eine Wanderkarte.
    Auf der offiziellen Homepage des GR 222, betrieben vom Consell de Mallorca, wird vom Durchwandern der Zentralebene abgeraten. Auf Nachfrage gibt das Consell auch keinerlei Auskunft zu „legalen Umleitungen“ oder Hilfestellung zur Organisation von Fahrten und Übernachtungen.

    Nun ja, ich wollte es trotzdem versuchen. Und nach langer Recherche und Unterstützung aus dem Mallorca-Forum hatte ich mir schließlich einen Plan gebastelt. Viele Taxi- und Busfahrten, Umwege über Asphalt, zum Teil an stark befahrenen Straßen.

    Wichtig war das Buch „Wanderführer Mallorca: 60 einfache Wanderungen / 60 easy hikes. GR 221 - GR 222“ aus dem Alpina Verlag. Es enthält Wanderkarten für den gesamten GR 222 sowie eine kurze verbale Beschreibung, wie man legal durch die Zentralebene wandern kann. Auf dem Map Viewer der Alpina Homepage fand ich zudem den genauen Verlauf des projektierten GR 222, also den Wegverlauf wie er einmal gedacht war und realisiert werden sollte.

    Sechs Tage hatte ich für die Strecke kalkuliert. Da ich mehr Zeit hatte, schob ich eine Etappe 0 davor, die mir für den Ankunftstag geeignet schien: Einen Teil der Via Verde, der zum Radweg umgestalteten Bahntrasse von Son Carrio nach Artà .



    Etappe 0 - 2.10.2015: Son Carrio – Artà



    Das ist ein guter Startpunkt für meine Wanderung. Passt zu mir.
    Vier kaputte, über und über mit Graffiti beschmierte Triebwagen, die an der riesigen neu gebauten Wartungshalle am ehemaligen Bahnhof von Son Carrio vor sich hin verrotten.
    Ein schöner Gegensatz zur piksauberen Via Verde, wo man alles, was noch an die Bahn erinnerte, zu eliminieren versuchte.

    Es ist schwülheiß und etwas bedeckt, 12 Uhr mittags, High Noon. Also Rucksack geschultert, das obligatorische Startfoto und los geht’s. Endlich wieder Wandern!
    Zwar nur auf dem breiten, ebenen Radweg, aber immerhin.

    „Die Via Verde ist das Langweiligste, was ich mir vorstellen kann“, wurde ich im Vorfeld gewarnt. Sicher nicht das, was man sich unter einem Wanderabenteuer vorstellt. Aber die Landschaft ist nett, kein Straßenlärm, keine Orientierungsprobleme. Man kann einfach vor sich hin trotten, ein meditatives Gehen.







    Bis zur Stilllegung 1977 rollten hier Züge. 2010 sollte die Strecke wieder aufgebaut werden. Es wurden Bahnhöfe renoviert, Wartungshallen gebaut. Wie so oft, die Kosten explodierten. Die neue Regierung stoppte das Projekt, investierte jedoch weitere 4,3 Millionen Euro für den Umbau in die Via Verde. Ich laufe auf dem teuersten Radweg der Welt!

    Laut Mallorca Magazin wurden 4800 Bäume und 15200 Pflanzen entlang der Strecke gesetzt. Dazu sechs Ruhe- und Picknickzonen gestaltet.
    Eine davon erreiche ich gerade. Nett eingerichtet mit Fahrradständern und Tischen und Bänken. Aber, oh Gott, dieser und auch die folgenden Rastplätze sind - mitten in der Pampa - video-überwacht! Klar, die Terroristen sind überall.


    Rastplatz mit Video-Überwachung


    Weiter geradeaus



    Immer wieder weisen Informationstafeln auf Pflanzen und Tiere hin, die in dieser Gegend vorkommen sollen. Neben dem Igel und einigen Vögeln ist auch die griechische Landschildkröte genannt, die ich nur allzu gern mal „in freier Wildbahn“ sehen würde.



    In Son Servera habe ich die Hälfte meines Weges geschafft. Nun führt die Strecke für knapp zehn Kilometer weitab von Straßen und Dörfern nach Artà. Radfahrer kommen mir mehrfach entgegen, Wanderer sehe ich keine. Kurz vor dem Ziel passiere ich die zweite große Wartungshalle, verloren in der Landschaft. Im Gegensatz zu der in Son Carrio ist sie im Rohbau stecken geblieben. Ob noch jemals etwas damit geschieht?

    Nach 17,5 Kilometer und genau drei Stunden Laufzeit erreiche ich den alten Bahnhof von Artà . Ich laufe durch die Fußgängerzone Richtung Rathaus, wo ich mein Hotel für die nächsten drei Nächte finde.
    Die freundliche deutschsprachige Chefin erwartet mich schon. Im Vorfeld hatte ich sie gefragt, ob sie mir bei der Organisation der Taxifahrten helfen könne, was sie sofort zugesagt hatte.
    Nachdem ich mein Zimmer bezogen habe kommt der Taxifahrer Pep vorbei, und wir besprechen die Routen. Mit der Chefin als Dolmetscher klappt das wie am Schnürchen. Ich habe ein gutes Gefühl für die nächsten Tage.

    Nach der Dusche genieße ich den spektakulären Blick von der Dachterrasse des Hotels auf Artà bevor ich mir eine Pizza in der wuseligen Altstadt gönne.
    Zuletzt geändert von walu; 13.02.2016, 14:56.

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    #2
    AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

    Etappe 1 - 3.10.2015: Artà – Cala Torta

    Um acht Uhr bin ich der Erste beim Frühstück. Sehr lecker, reichhaltig und liebevoll zubereitet. Etwas später kommt eine irisches Pärchen dazu. Sie waren gestern bei der Cala Torta und schwärmen von dem Strand.

    Gegen neun marschiere ich los bei strahlendem Sonnenschein. Es soll wieder sehr heiß werden.
    Der GR 222 beginnt in Artà , die Markierung jedoch erst am Coll des Racó, erreichbar über ein schmales Sträßchen.
    Ich wandere an einer historischen Viehtränke und am Fußballplatz vorbei und komme schließlich in den Wald. Nach einer halben Stunde geht links ein Waldweg ab, auf dem der projektierte GR über privates Land zum Coll führt. Ein hohes Eisentor versperrt den Zugang. Hier könnte und wollte ich nicht drüber klettern. Also laufe ich weiter auf der Straße, die stetig ansteigt. Zum Glück ist wenig Verkehr.
    Nach einer weiteren halben Stunde erreiche ich den Coll des Racó und den ersten Markierungspfosten des GR 222. Endlich, jetzt geht’s richtig los.


    Der erste Markierungspfosten des GR 222


    Endlich ein richtiger Wanderweg!




    Zwergpalmen am Weg





    Ein wunderschöner Wanderweg beginnt. Die Bäume bleiben zurück, die offene Landschaft ermöglicht tolle Blicke auf die umliegenden Hügel. Der Weg fällt sanft ab in Richtung Meer. Ich passiere einen restaurierten Köhlerplatz, später sorgen Zwergpalmen für ein exotisches Ambiente. So könnte es noch einige Stunden weitergehen aber leider komme ich bald an den Parkplatz der Cala Torta und kurz darauf zum Strand. Es ist nicht mal zwölf Uhr.


    Cala Torta

    Der Strand ist tatsächlich recht malerisch, aber für einen Geheimtipp ist es mir zu voll. Bin eben kein Strandfan. Ich verziehe mich in ein nahes Kiefernwäldchen zu einer ausgiebigen Mittagspause.

    Was tun mit dem angebrochenen Tag?
    Ich könnte zurücklaufen nach Artà und mir die Taxikosten sparen. Reizvoller erscheint es mir, schon mal ein Stück der morgigen Route zu laufen.
    So wandere ich über die Cala Mitjana zur Cala Estreta. Beide Strände sind deutlich unattraktiver als die Cala Torta. Dementsprechend badet hier auch niemand.



    Hier endet die Markierung des ersten Teilabschnitts des GR 222. Es geht auf einem schmalen, steinigen Pfad am Meer entlang, von Bucht zu Bucht, immer wieder hoch und runter. Der Weg ist nicht zu verfehlen, aber anstrengend. Zudem hat es sich eingetrübt, und es wird immer schwüler.

    Nach einer guten Stunde erreiche ich den alten Wachturm Torre d’Albarca. Er ist aus allen Richtungen weithin sichtbar. Mehrere kleine Wandergruppen rasten hier. Alle schwitzen.
    Ich überlege, noch weiter zu laufen, aber dann belasse ich es dabei. Ich muss ja wieder zurück zum Taxi-Treffpunkt, und morgen laufe ich die Strecke sowieso nochmal.


    Torre d’Albarca

    Mittlerweile ist es windig geworden und der Himmel immer dunkler. Beim Rückweg laufe ich ein Stück in ein Seitental hinein und mache noch eine längere Pause an einer geschützten Stelle. Bis es anfängt zu nieseln.

    Aus dem Nieseln ist ein veritabler Landregen geworden, als ich um 16:40 Uhr die Abzweigung Cala Torta / Cala Mitjana erreiche. Dorthin hatte ich meinen Fahrer Pep bestellt. Bis viertel nach fünf lässt er mich im Regen stehen, dann endlich kommt seine Mitarbeiterin angefahren und bringt mich sicher zum Hotel. 15€ muss ich berappen.

    Heute esse ich mallorquinisch: Gefüllte Auberginen.
    Der Regen hat aufgehört, und alle sitzen draußen.



    Etappe 2 - 4.10.2015: Cala Torta – Ermita de Betlem

    Beim Frühstück treffe ich wieder meine irischen Freunde, die sich ausgiebig nach meiner gestrigen Wanderung erkundigen. An der Ermita de Betlem, meinem heutigen Ziel, waren sie auch schon. Über das enge Sträßchen dorthin möchten sie aber nicht mehr fahren. Sie erzählen, wie sie einem anderen Touristenpärchen halfen, ihr Auto weg zu schieben, das mit einem Rad über dem Abgrund hing.

    Um neun Uhr wartet mein Taxi vor dem Hotel. Heute fährt mich Pep persönlich zur Abzweigung Cala Torta / Cala Mitjana, wo mich seine Mitarbeiterin gestern aufgelesen hatte.

    Ich wandere auf der Schotterpiste bis zu einer Brücke. Dahinter müsste laut Karte ein Weg abzweigen, mit dem ich ein ganzes Stück Richtung Torre d’Albarca abkürzen könnte. Ich finde den Weg auch, aber nach wenigen Metern stehe ich vor einem verschlossenen Gatter „Coto privado“. Also laufe ich auf der Schotterpiste zur Cala Estreta und dann auf den Küstenweg, den ich von gestern schon kenne, zum Torre.
    Das Wetter ist heute wieder viel besser, auch wenn die Sonne am frühen Vormittag bereits erbarmungslos brennt.


    Torre d’Albarca bei heute besserem Wetter

    Am Torre d’Albarca sitzt eine große spanische Wandergruppe beim Picknick. Ich laufe weiter, muss einen steilen Abhang hinunter klettern und dann wieder auf dem steinigen Pfad der Küste entlang. Die Ausblicke sind traumhaft, aber der Weg ist anstrengend. So bin ich ganz froh, als ich nach einer weiteren Stunde endlich die Bucht Fontsalada und kurz darauf die Herberge S‘ Arenalet d‘ Albarca erreiche.


    Am Meer entlang







    Die Hütte ist leider nicht für Weitwanderer geeignet. Man kann sie zwar mieten, muss aber den Schlüssel vorher irgendwo weit weg abholen und nachher wieder hinbringen.
    Allerdings gibt es einen kleinen, schattigen Zeltplatz mit kalten Freiluftduschen, einem Spülbecken und Picknicktischen. Und das noch nicht mal video-überwacht (soweit ich das erkennen kann...).

    Jetzt beginnt wieder ein markiertes Teilstück des GR 222. Der Weg ist angenehm zu gehen, führt aber in die Berge und steigt kontinuierlich an.
    Nach etwas über einem Kilometer komme ich zur Quelle Font des Oguers. Um an den Schlauch zu kommen, muss man sich mehrere Meter durch einen vielleicht 50 Zentimeter engen dunklen Schacht quetschen. Das erspare ich mir, ich habe ja noch Wasser.


    Landeinwärts in die Berge


    Blick zurück



    Etwa 350 Höhenmeter überwinde ich, dann ist die Steigung kaum mehr spürbar. Tolle Aussichten in alle Richtungen. Ich habe Hunger und Durst, bin mehrfach durchgeschwitzt.
    Einen schattigen Rastplatz suche ich allerdings vergebens. Die größten Bäume sind Zwergpalmen mit Zwergschatten. Ich wähle die Größte aus und setze mich mit zwei Sitzmatten auf den dornigen Untergrund.

    Wenigstens habe ich einen Hut dabei. So kann ich die Mittagspause trotzdem genießen
    Ich esse, trinke, trinke nochmal und nochmal und merke schließlich, dass ich nur noch einen viertel Liter Wasser habe. An der Ermita soll es eine Quelle geben, aber bis dahin ist der Weg noch weit.

    Beim Weitergehen erkenne ich bald den Cami des Presos, den Weg der Gefangenen, auf dem ich bald nach Süden abbiegen werde. Der breite Schotterweg wurde in Zeiten des spanischen Bürgerkriegs von republikanischen Gefangenen gebaut, um einen Geschützstand zur Verteidigung des Cap Ferrutx zu errichten. Der Geschützstand wurde jedoch nie aufgestellt.
    Die Gefangenen sammelten sich in einem Militärlager, dem „Campanent des Soldats“, dessen Reste noch sichtbar sind. Heute ist es ein friedlicher, ruhiger Ort, an dem ich eine kleine Pause einlege. Ich esse getrocknete Beeren und trinke meinen vorletzten Schluck Wasser.

    Vom höchsten Punkt des Tages geht es jetzt durch ein schattiges Wäldchen bergab, um dann nochmals kräftig anzusteigen. Meine Wasserflaschen sind längst leer, als die Ermita in Sicht kommt. Ich laufe noch eine halbe Stunde bis ich die Quelle neben einer Muttergottesgrotte erreiche.
    Ich trinke zwei Liter kühles Quellwasser, halte die Arme in das Becken daneben. Himmlisch!


    Ermita de Betlem

    Fünf Minuten später stehe ich vor der Ermita, kann mich noch eine dreiviertel Stunde hineinsetzen, ehe ich Pep um 17:00 Uhr am Parkplatz treffe.
    Auch der erfahrene Taxifahrer muss mehrfach scharf bremsen, zweimal zurücksetzen und sich im Zentimeterabstand an entgegenkommenden Autos vorbeitasten. Es herrscht erstaunlich reger Verkehr auf der engen Straße.

    Das war heute der erste harte Wandertag mit über sechs Stunden Gehzeit. Nach dem Duschen schmerzt mein ganzer Körper.
    Bei der großen Pizza am Abend kehrt zumindest ein Teil der Lebensgeister wieder zurück.
    Zuletzt geändert von walu; 13.02.2016, 15:01.

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      #3
      AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

      Etappe 3 - 5.10.2015: Ermita de Betlem – Colonia de Sant Pere

      Nach drei Nächten in Artà geht es heute in ein neues Hotel. Um neun Uhr holt mich Peps Mitarbeiterin ab, um mich zur Ermita de Betlem zu bringen. Heute Morgen begegnet uns nur ein Auto auf der engen Straße, mit dem es aber fast zu einem Unfall kommt. Meine Fahrerin schimpft bis zum Ende der Fahrt.

      Die Wanderstrecke nach Colonia de Sant Pere ist kurz. Daher schiebe ich noch die Gipfeltour zum Bec de Ferrutx ein, der auf Bildern sehr spektakulär aussieht. Der Weg beginnt direkt am Parkplatz der Ermita, heute früh noch ganz leer.
      Die ersten 200 Meter sind übersät mit Tempotaschentüchern. Eine Toilette an der Ermita wäre eine sinnvolle Investition.

      Anfangs führt der schmale Pfad durch Wald. Das allgegenwärtige Dissgras überwuchert ihn immer wieder. Er ist aber gut zu erkennen und mit Steinmännchen markiert.
      Bald bleiben die Bäume zurück, ich steige ab in eine Senke, treffe auf einen Karrenweg. Danach geht es stetig bergauf.

      Es herrscht eine wunderbare Morgenstimmung. Noch ist es nicht so heiß. Ich fühle mich fit und komme gut voran.


      Auf dem Weg zum Bec de Ferrutx

      Noch kurz hinunter zum Coll d’en Pelat, dann folgt der steinige Gipfelanstieg. 100 Höhenmeter später erreiche ich beinahe unvermittelt den Puig de Ferrutx und muss mich bremsen. Hier geht es senkrecht in den Abgrund…

      Das wäre schon mal geschafft. Von hier werden die unzähligen Fotos geschossen, wie der Bec, „der Schnabel“, so imposant herausragt. In etwa zehn Minuten wandert man hinüber zum äußersten Punkt, von wo es in drei Richtungen fast senkrecht hinunter geht.


      Laut Rother der steilste Zahn Mallorcas: Bec de Ferrutx


      Blick vom Bec auf Colonia de Sant Pere




      Blick vom Bec zum Puig de Ferrutx

      Bei klarem Wetter könnte man über große Teile Mallorcas und bis hinüber nach Menorca blicken. Aber auch heute habe ich grandiose Aussichten. Direkt unter mir kann ich mein Hotel in Colonia de Sant Pere erkennen. In Luftlinie ein (Groß-) Katzensprung, ich dagegen werde noch 4,5 Stunden dorthin laufen müssen.

      Herrlich, dass ich den Gipfel für mich allein habe. Er ist in jeder Hinsicht der Höhepunkt meiner gesamten Tour. Ich könnte noch Stunden hier sitzen, aber ich habe noch einiges vor. So mache ich mich auf den Rückweg zur Ermita.

      Nach einer halben Stunde kommt mir der erste Wanderer entgegen. Ein Deutscher in meinem Alter, der mir von seinen Touren vorschwärmt. Ich zeige mich gebührend beeindruckt. Eine Mehrtagestour hat er allerdings noch nicht gemacht. So kann ich auch noch etwas Bewunderung einheimsen.

      Im Verlauf des Weges werden es immer mehr Wanderer. Wenn die alle gleichzeitig auf dem Gipfel stehen wird es eng.

      Um die Mittagszeit gelange ich wieder zur Ermita. Der Parkplatz ist voll, es herrscht großer Trubel. So laufe ich gleich weiter zur schattigen Quelle von gestern, wo ich eine längere Pause mache und meine Wasservorräte auffülle.


      Schattige Quelle, fünf Minuten von der Ermita entfernt


      Abstieg zu den Cases de Betlem

      Nun folgt der Abstieg zu den Cases de Betlem. Er gehört noch zum zweiten markierten Teilabschnitt des GR 222. An der Straße Ma-3331 endet die Markierung. Der Weg führt geradeaus weiter bis zum Meer, dann links entlang der Küste. Eine ebene und einfache Strecke, die Orientierung ist klar.



      Ich wandere bis zur Cala de s‘Estret, wo ich plötzlich vor einem ca. sechs Meter hohem Abgrund stehe. Unten ist ein kleiner Sandstand. In hundert Meter Luftlinie sehe ich bereits die Straße, die hier beginnt, und auf der ich weiter laufen muss.
      Doch wie kommt man da hin?
      Ich gehe links entlang des Abhangs in ein kleines Wäldchen. Ein unscheinbarer, ausgewaschener Pfad führt steil bergab. Der wird es bestimmt nicht sein.
      Das Wäldchen entpuppt sich als regelrechtes Labyrinth. Ich probiere einen Weg nach dem anderen, aber alle enden früher oder später im Gestrüpp. Das kann doch nicht wahr sein.
      Im großen Bogen lande ich schließlich da, wo ich schon einmal war.
      Ich laufe erneut zu dem Abgrund, nehme dann die allererste Möglichkeit nach rechts unten und lande an einem nur noch vier Meter hohen Abgrund. Hier könnte ich runterrutschen, aber wenn der Weg falsch wäre, käme ich nicht mehr hoch. Kein Mensch weit und breit, den ich fragen könnte. Es muss doch einen Verbindungsweg geben!
      Ich gehe nochmal zurück, probiere den ausgewaschenen, fast zugewachsenen Pfad – und tatsächlich: Der führt direkt zur Straße.

      Es folgt die ödeste Strecke des Tages auf Asphalt. Zum Glück komme ich bald nach Colonia de Sant Pere, einem Ort der größtenteils aus Ferienwohnungen zu bestehen scheint. Direkt dahinter liegt die Urbanització Montferrutx mit meinem Hotel für heute, dem einzigen Hotel am GR 222.
      Das deutsche Betreiberehepaar wirkt erschöpft. Nach Küchenschluss kam noch eine größere Gruppe zum Mittagessen, die sie nicht wegschicken wollten. Jetzt, um 16:30 Uhr, räumen sie das Hauptgericht ab.

      Um 18:30 Uhr wird das Restaurant bereits wieder zum Abendessen geöffnet. Ich sitze wunderschön im Garten unter Palmen. Sandra und Michael haben sich schnell erholt und den Laden gut im Griff.

      An den Tisch neben mir kommen zwei Frauen um die sechzig mit eigenen Wasserflaschen. Die Weingläser schieben sie angewidert zur Seite. Als Vorspeise bestellen sie die Tagessuppe, zum Hauptgericht Tomatensuppe. Später schnappe ich den Satz auf: „Aber morgen machen wir wieder grüne Smoothies.“
      Ich habe nichts gegen derlei Ernährungsarten, ganz im Gegenteil. Aber hier muss ich doch schmunzeln.
      Ich gönne mir jedenfalls ein Bier, Allioli, dann ein kleines Rinderfilet mit Rosmarinkartoffeln, viel Salat und einen kräftigen mallorquinischen Rotwein. Das beste und stimmungsvollste Essen meiner Tour.
      Zuletzt geändert von walu; 13.02.2016, 15:05.

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        #4
        AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

        Etappe 4 - 6.10.2015: Colonia de Sant Pere – Maria de la Salut


        Bec de Ferrutx von unten

        Um kurz vor neun bin ich wieder auf dem Weg. Den Bec de Ferrutx kann ich von unten bestaunen.
        Hier beginnt der dritte markierte Abschnitt des GR. Er führt an der Küste entlang, zunächst vorbei an den Gärten von Ferienappartements, dann durch ein Dünenschutzgebiet. Ich kämpfe mich durch tiefen Sand. Die Sonne brennt erbarmungslos.










        Blick zurück: Der allgegenwärtige Bec de Ferrutx gegen die Sonne

        Das erste Strandcafé von Son Serra de Marina, auf das ich seit Langem zulaufe, zieht mich magisch an, aber für eine Pause ist es noch zu früh. Im Ort biege ich links ab und wandere auf einem breiten Schotterweg anfangs durch Wald zu den Cases de Son Serra de Marina.
        Es stinkt bestialisch. Hier werden Schweine gezüchtet. An den nächsten Tagen treffe ich noch mehrfach auf Gehege, wo wenige schwarze Schweine viel Auslauf haben. Dort nehme ich überhaupt keinen Geruch wahr.

        An der Straße Ma-12 endet die Markierung. Jetzt beginnt die berüchtigte Durchquerung der Zentralebene. Teilweise werde ich mich weit vom projektierten Wegverlauf des GR 222 entfernen müssen.

        Zuerst laufe ich zwei Kilometer auf einem kleinen Sträßchen, das auf die vielbefahrene Ma-3330 mündet. Wenige hundert Meter später biegt der projektierte GR rechts auf privates Land, direkt über den Hof der Eigentümer. Auch hier ist alles abgesperrt.
        Ich muss weiter auf der Ma-3330 bleiben, bis ich auf einen Schotterweg in Richtung „Sa Cabaneta“ abbiegen kann. Ein Porsche überholt mich und wirbelt eine riesige Staubwolke auf.


        Fahrweg nach „Sa Cabaneta“

        Am Eingang von „Sa Cabaneta“ soll ein schmaler Waldweg beginnen, der für drei Kilometer in Richtung „Montblanc“ und Ariany führen soll. Ich bin sehr skeptisch, ob ich diesen Weg finde und ob er begehbar ist. Hier ist einfach alles eingezäunt und versperrt. Zudem widersprechen sich Karte und die Beschreibung im Wanderführer.
        Einen vernünftigen Plan B zu diesem Weg habe ich nicht. Man kann ihn nicht umgehen. Ich müsste zurück zur Ma-3330, dort in den Auspuffgasen riesige Umwege gehen oder gleich trampen. Die Zentralebene kann ich dann vergessen.

        Sa Cabaneta kommt in Sicht. Weiterhin nur Zäune und verschlossene Tore, auch da, wo der projektierte GR wieder auf meinen Weg trifft. Ich fluche laut.
        Ich gehe direkt zum geschlossenen Tor von Sa Cabaneta, schaue alles genau an und – siehe da – daneben lässt sich in der wackligen Zaunkonstruktion etwas öffnen. In dieser Richtung hängt kein Verbotsschild, und es beginnt tatsächlich ein kleiner Pfad. Ich atme auf, aber ganz beruhigt bin ich noch nicht. Es kann jederzeit wieder eine Absperrung kommen.


        Tor von Sa Cabaneta


        Diese wacklige Konstruktion lässt sich öffnen


        Der ersehnte Waldweg

        Der Weg führt wunderschön unter den Bäumen hindurch, die die Hitze auf Abstand halten. Nach 15 Minuten stoße ich wieder auf einen Zaun. Auch da lässt sich ein Tor öffnen. Das spanische Schild verstehe ich zwar nicht ganz, aber es klingt nicht nach „Eintritt streng verboten“ oder „Achtung Waldungeheuer“.


        Eintritt verboten oder erlaubt?

        Direkt dahinter folgt die im Führer erwähnte Brücke über ein trockenes Bachbett, den Torrent de Petra, und die Querung eines Fahrwegs.
        Mein Weg steigt jetzt an und wird steiniger, bleibt aber wunderschön. Ein weiterer Fahrweg wird gequert und dann erscheint wieder ein Tor, das sich öffnen lässt.
        Unmittelbar darauf erreiche ich die Stelle von der es im Führer heißt: „Rechts ein verschlossenes Gatter, links ein verschlossenes Gatter, dahinter zweigt der Fahrweg nach Aríany ab“. Geschafft! Jetzt wird nichts mehr passieren.

        Der projektierte GR führt noch ein Stück geradeaus und dann über sechs Kilometer durch das Privatland von „Montblanc“ nach Santa Margalida. Da die Besitzer von Montblanc den Durchgang verweigern muss ich die weite Umgehung über Ariany und Maria nehmen. Ich werde erst in Llubí wieder kurz auf den GR treffen.


        Hier geht's weiter nach (zum?) Montblanc


        Mein Umweg nach Aríany

        Anfangs ist der Weg nach Aríany sehr angenehm zu gehen. Nach einem Trafohäuschen wird er zur breiten Schotterpiste.
        Ich trotte so vor mich hin und übersehe beinahe, wer mir da entgegen kommt: Eine kleine griechische Landschildkröte!
        Als sie mich wahrnimmt wendet sie sich zur Seite, legt einen wahren Schildkrötensprint hin und versteckt sich in einem Mauerloch. Mehrere Minuten verharrt sie dort beleidigt, bis sie endlich heraus kommt und sich bereitwillig fotografieren lässt.


        Meine kleine Freundin


        und nochmal

        Der Waldweg hatte meine Stimmung schon angehoben, die Schildkröte hat nochmal einen draufgesetzt. So wandere ich mit bester Laune nach Aríany, einem netten ursprünglichen Dorf, in dem allerdings nicht viel los ist.

        Sowohl in Aríany als auch in Maria gibt es teure Hotels, die es nicht für nötig hielten, meine Anfragen zu beantworten. So habe ich über booking.com ein Hotel in SIneu gebucht. Dazu muss ich den Bus nehmen, der Aríany, Maria und SIneu verbindet.
        Es ist 15:30 Uhr, das schaffe ich noch bis Maria. Leider sind das vier Kilometer über stark befahrene Straßen.


        Ortsausgang von Ariany

        Maria ist ebenso ursprünglich wie Aríany, aber es gibt einen winzigen Supermarkt und mehrere Bars am stimmungsvollen Dorfplatz. Die Zeit reicht noch für ein großes Bier. Wer meinen Menorca-Bericht kennt, weiß, was jetzt kommt: I gulped it down!

        Im Kleinbus nach Sineu geht es lustig zu. Zwei ältere Herren, einer mit zwei riesigen Plastiktüten, diskutieren lebhaft mit dem Fahrer, Alle lachen lauthals. Schade, dass ich nichts verstehe.

        An der geschlossenen Hoteltür in SIneu hängt ein Schild: „Wenn niemand da ist, bitte diese Nummer anrufen. Wir kommen in einer Minute“.
        Zum Glück hat heutzutage jeder ein Handy, selbst ich.
        Eine mürrische Stimme meldet sich am anderen Ende, verspricht aber in einer Minute da zu sein. Zehn Minuten später kommt ein dicker BMW angebraust. Ein junger Schnösel steigt aus, geht grußlos an mir vorbei und schließt das Hotel auf.
        Ich frage freundlich, ob ich statt um 8:30 Uhr etwas früher frühstücken kann, da ich um 9:00 Uhr den Bus am Bahnhof kriegen muss.
        Das ist ihm gar nicht recht, aber schließlich murmelt er etwas in der Richtung, das wäre kein Problem, da seine Mutter um 8:00 Uhr käme.

        Schade, das Hotel ist eigentlich nicht schlecht und liegt günstig direkt an dem kleinen Marktplatz, aber mit diesem Typ vergeht einem die Lust.
        Auch der frittierte Kabeljau zum Abendessen überzeugt mich nicht wirklich, der Hauswein ist kaum genießbar.
        Der super Wandertag hätte einen besseren Abschluss verdient gehabt.
        Zuletzt geändert von walu; 13.02.2016, 15:31.

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        • highfish
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          #5
          AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

          Zitat von walu Beitrag anzeigen
          Etappe 4 - 6.10.2015: Colonia de Sant Pere – Maria de la Salut

          Das spanische Schild verstehe ich zwar nicht ganz, aber es klingt nicht nach „Eintritt streng verboten“ oder „Achtung Waldungeheuer“.

          ...
          Eintritt verboten oder erlaubt?
          Sinngemäß etwa: Tür bitte geschlossen halten, die Viecher laufen frei herum...
          ole ole el torro.....
          it takes all kinds to make a world

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          • Juno234
            Erfahren
            • 03.08.2007
            • 397

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

            Meinen Respekt, dass du diese bestimmt nicht einfache Tour erkundet und gewählt hast! Schöner Bericht

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            • wiederunterwegs
              Anfänger im Forum
              • 17.01.2012
              • 27
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

              Vielen Dank für den Bericht. Ich habe an der Küste schon einige Tagestouren unternommen und möchte das gerne mal als Streckenwanderung machen. Ich habe in Erinnerung das ich dort einige Stellen um ungestört wild zelten zu können. War das für Dich kein Thema oder irre ich mich was wild zelten betrifft. Denn Wasser und Orte zum einkaufen findet man ja täglich.
              Nur Reisen ist Leben, wie umgekehrt das Leben Reisen ist. Jean Paul
              www.marioaufreisen.wordpress.com

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              • walu
                Erfahren
                • 22.01.2014
                • 104
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

                Vielen Dank für die netten Kommentare


                Zitat von wiederunterwegs Beitrag anzeigen
                Ich habe in Erinnerung das ich dort einige Stellen um ungestört wild zelten zu können. War das für Dich kein Thema oder irre ich mich was wild zelten betrifft. Denn Wasser und Orte zum einkaufen findet man ja täglich.
                Genau, ich habe auf dieser Tour nicht gezeltet. Generell ist das Wild Zelten ja nicht erlaubt. Im Küstenbereich ließen sich gute Plätze finden, in der Zentralebene dürfte es allerdings schwierig werden. Dort ist fast alles eingezäunt.

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                • walu
                  Erfahren
                  • 22.01.2014
                  • 104
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

                  Etappe 5 - 7.10.2015: Maria de la Salut – Inca

                  Um acht Uhr stehe ich im dunklen Frühstücksraum. Niemand da.
                  Zwanzig Minuten später kommt die Mutter des Chefs. Sie wusste offensichtlich nicht, dass ich früher weg muss.
                  Obwohl sie kein Wort Deutsch oder Englisch spricht können wir uns gut verständigen. Sie ist sehr bemüht, baut ein opulentes Frühstücksbuffet auf. Leider bleiben mir nur zehn Minuten für einen kleinen Kaffee und eine Empanada, bevor ich zum Bus hetzen muss.

                  Punkt neun Uhr startet mein Kleinbus, an Bord auch wieder der Alte mit den großen Plastiktüten. Heute ist er ruhiger.
                  In Maria leitet mich mein Wanderführer durch den Ort bis ich vor einem Sackgassenschild stehe. Kurz davor biegt eine kleine Straße nach schräg rechts hinten ab.
                  Die Sackgasse passt genau zu meiner Richtung. Bestimmt kann man als Fußgänger weiter laufen. Denke ich. Es geht auch eine ganze Zeit gut. Die Straße wird zum Schotterweg und zunehmend enger, die Richtung ist weiterhin in Ordnung. Und doch endet der Weg nach 20 Minuten an einem geschlossenen Tor. Mist.
                  Als kleinen Trost habe ich nochmal eine schöne Aussicht auf Maria.

                  Zurück am Sackgassenschild probiere ich nun die Straße nach schräg rechts. Bald macht sie eine 160°-Kurve, damit stimmt die Richtung wieder. Sie führt mich hinunter zur Ma-3510. Der Wanderführer nennt sie Ma-3520, und in der Karte ist die Kilometrierung falsch. Trotzdem gelange ich an die Abzweigung des Camí de Rafal Nou, jenes kleine Sträßchen, das mich für die nächsten sechs Kilometer durch das ländliche Mallorca nach Llubí führen wird.


                  Vorbildliche Beschilderung


                  Auf dem Camí de Rafal Nou


                  Ländliches Mallorca in der Zentralebene

                  In Llubí verbringe ich auf dem großen Platz meine Mittagspause. Auch der projektierte GR 222 kommt hier vorbei, führt dann aber nördlich der Ma-3440 über privates Land nach Inca, während ich die Umleitung südlich dieser Straße laufen werde.

                  Ganz unspektakulär wandere ich über eifrig benutzte Radwege nach Inca, der mit 30000 Einwohnern drittgrößten Stadt der Insel – in der ich aber keine einzige Übernachtungsmöglichkeit finden konnte.
                  Wenigstens ist der Ort verkehrstechnisch gut angebunden. Man könnte z.B. mit der Bahn zurück nach SIneu fahren oder mit dem Bus nach Llubí. Ich werde schon heute zu meinem Ziel, dem Kloster Lluc fahren. Es ist zwar nicht so toll, das Ende vorweg zu nehmen, aber ich kenne Lluc bereits. Von daher wäre die „wandernde Annäherung“ sowieso keine Überraschung mehr.

                  Mittlerweile hat sich der Himmel eingetrübt. Es ist kühl und windig geworden. Ich laufe durch die lange Fußgängerzone zum Bahnhof und steige ein halbe Stunde später in den Bus nach Lluc.

                  Abends drehe ich eine Runde durch die Klosterkirche zur Schwarzen Madonna. Ohne Touristentrubel herrscht hier eine besondere, kontemplative Atmosphäre.
                  Zum Essen gehe ich ins Ca s’amitger. Kein Gourmetrestaurant, aber die mallorquinischen Fischgerichte haben eine verlässliche Qualität, die Weinauswahl ist in Ordnung.
                  Zuletzt geändert von walu; 13.02.2016, 15:33.

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                  • walu
                    Erfahren
                    • 22.01.2014
                    • 104
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

                    Etappe 6 - 8.10.2015: Inca – Lluc

                    Der Bus nach Inca fährt bereits um 8:45 Uhr, zu früh, um im Café im Klosterhof zu frühstücken, das erst gegen 8:30 Uhr öffnet.

                    Mit einigen anderen warte ich an der Haltestelle. Um 8:55 Uhr kommt ein Kleinbus mit einer Horde Kindern. Bei laufendem Motor steigt der Fahrer aus und verschwindet. Nach und nach steigen alle Fahrgäste ein, etwas ratlos, aber sonst ist kein Bus zu sehen. Es dauert bis 9:10 Uhr bis der Fahrer zurückkommt, ein lautes „Hola“ ruft und die Fahrkarten verkauft.
                    Am nächsten Morgen sitze ich zur gleichen Zeit im Café im Klosterhof. Der gleiche Busfahrer kommt ins Café, trinkt seelenruhig einen Cortado, um danach wieder mit einer halbstündigen Verspätung nach Inca zu fahren.
                    Naja, wir sind ja im Urlaub…

                    Irgendwann kommen wir in Inca an. Ich gönne mir ein riesiges Tortilla-Baguette in einem Café und suche die Plaça des Bestiar. Laut meinem Führer soll dort die markierte Radroute nach Selva und Caimari beginnen, die hier mit dem GR 222 übereinstimmt. Ich finde weder einen Radweg noch eine Markierung. Also laufe ich zwei Kilometer an der stark befahrenen Straße entlang. Jetzt soll der markierte Radweg rechts abbiegen. Da ist auch ein Weg, dem ich folge. Die nächsten Abzweigungen stimmen mit der Karte überein. Aus dem Sträßchen wird ein Feldweg, schließlich ein Fußpfad und kurz darauf stehe ich vor einem undurchdringlichen Brombeergestrüpp. Auf einem handgemalten Schild steht „Privat“.

                    Keine Chance, ich muss den ganzen Weg zurück und an der Straße entlang nach Selva. Dort finde ich tatsächlich verwitterte Schilder für Radfahrer. Das muss aber ein anderer Weg sein, denn nach Inca werden sechs Kilometer angezeigt, viel weiter als meine Strecke. In der anderen Richtung, nach Mancor / Caimari, sind keine Kilometer angegeben. Ich folge den Schildern ein Stück, aber schon an der übernächsten Kreuzung sind keine mehr da. Mir ist die Lust am Wege suchen vergangen. Ich nehme wieder die Hauptstraße. Wenigstens kann ich die Haarnadelkurve hinter Selva auf einem Fußweg abkürzen.


                    Kann man diesem Schild trauen?

                    Ein Stück hinter Caimari beginnt der letzte Abschnitt des GR 222, und der ist sogar nochmal markiert. Ein sehr schöner, teilweise mit groben Steinen gepflasterter alter Pilgerweg, der leider in der ersten Hälfte sehr straßennah verläuft.

                    Auf der Straße findet ein Radrennen statt. Zwischen den Radlermassen fahren Polizei- und Krankenwagen. Immer wieder hört man Lautsprecherdurchsagen.

                    Nach einem Picknickplatz entfernt sich der Weg endlich von der Straße, es wird ruhig, und ich kann die letzten Kilometer nochmal richtig genießen. Heute ist es deutlich kühler, der erste Tag, an dem ich nicht völlig durchschwitze.









                    Trotz langer Pausen erreiche ich Lluc gegen 16:00 Uhr. Ich trinke einen Cortado im Café und plane noch eine Tagestour für morgen.
                    Am Abend gibt’s dann einen leckeren Seeteufel im Gemüsebett.


                    Fazit

                    Auch wenn die Spannung gegen Ende hin etwas nachgelassen hat, mir hat der GR 222 Spaß gemacht und ich bin froh, ihn gelaufen zu sein.
                    Solange die Organisation so aufwändig ist und so viele Umleitungen nötig sind, wird es wahrscheinlich wenige geben, die sich für den kompletten Weg begeistern können.

                    Der Weg hat sehr unterschiedliche Gesichter, deswegen teile ich ihn auf (einschließlich der Via Verde):

                    Via Verde: (Manacor -) Son Carrio – Artà

                    Breiter, ebener Weg auf alter Bahntrasse durch ansprechende Landschaft. Für Wanderer wenig geeignet. Als gemütliche Familienradtour durchaus lohnend, wenn es einem nichts ausmacht, an den Rastplätzen gefilmt zu werden.

                    Artà – Betlem

                    Zweifellos der schönste Abschnitt des GR 222 durch die Serra de Llevant. Tolle oft einsame Wege mit weiten Aussichten, steinige Küstenpfade. Keine Verpflegungs- oder Übernachtungsmöglichkeiten (außer einem günstig gelegenen Zeltplatz).
                    Der Aufstieg zum Bec de Ferrutx zählt meiner Meinung nach zu den Top-Touren Mallorcas. Er gehört aber nicht zum GR 222.

                    Betlem – Son Serra de Marina


                    Leichte Wege am Meer entlang, teilweise durch tiefen Sand, teilweise markiert.
                    Nett, aber nicht spektakulär.

                    Son Serra de Marina – Inca

                    Der Weg durch die Zentralebene ist komplett unmarkiert und führt größtenteils über privates Land. Im o.g. Führer ist eine mögliche Umleitung beschrieben, allerdings über viel Asphalt.
                    Mir hat es trotzdem gefallen. Kleine Überraschungen wie den versteckten Waldweg hinter „Sa Cabaneta“ oder die Schildkröte hätte ich anderswo so nicht erlebt. Die Landschaft hat durchaus einiges zu bieten und zeigt das ländliche, ursprüngliche Mallorca.
                    Bleibt nur zu hoffen, dass es doch nochmal zu einer Einigung mit den Landbesitzern kommt.

                    Inca – Lluc

                    Der Teil bis Caimari hat mich sehr enttäuscht, da ich ausschließlich an der Hauptstraße laufen musste. Der angeblich markierte Radweg war nicht vorhanden.
                    Hinter Caimari ein schöner alter Pilgerweg bis Lluc, der in allen Wanderführern steht. Man kann ihn auch gut von Lluc starten, entweder hin und zurück oder in eine Rundtour einbinden.

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                      #11
                      AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

                      Danke auch von mir für deinen Bericht! Da ich demnächst mal auch auf dem GR221 unterwegs sein wollte, habe ich geschaut ob es noch ein paar andere Wandernswerte Ziele auf Mallorca gibt (wenn man sowieso schon mal da ist), und ebenfalls gedacht "hm, schauste vllt mal wie viel vom GR222 gangbar ist". Jetzt habe ich Lust, den Abschnitt Artà – Betlem auch zu gehen, mittels An- und Abreise per Bus.

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                      • walu
                        Erfahren
                        • 22.01.2014
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                        #12
                        AW: [ES] Mallorca - GR 222: Zu Fuß von Artà nach Lluc (+Via Verde)

                        Na, das freut mich aber!

                        Nach Betlem fährt allerdings kein Bus. Da müsstest Du mindestins bis Colonia de Sant Pere laufen...

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                          Anfänger im Forum
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                          #13
                          Hallo, sogar 6 Jahre später findet man kaum aktuelle Infos über den GR 222. Habe aber jetzt einen zusammen hängenden GPX-Track gefunden, der scheint aber auch schon 8 Jahre alt zu sein. Ich bin im März auf Mallorca um den GR 221 zu gehen und meine Überlegung war in Lluc auf den GR 222 abzubiegen, da der restliche Weg nach Pollenca nicht mehr sehr schön sein soll. Doch wenn ich mir den Weg nach Inca anschaue nimmt es sich nicht viel. So richtig Mut/Lust machen die zu findenden Infos eigentlich nicht. Die Unterkunftssituation ist auch nicht gerade einladend. Ich werde es spontan entscheiden und ggffl. hier berichten.

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                          • walu
                            Erfahren
                            • 22.01.2014
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                            #14
                            Ja, der GR222 lohnt sich nur von Lluc bis Caimari und dann erst wieder in der Serra de Llevant. Daran hat sich bis heute leider nichts geändert...

                            Ich finde den GR221 zwischen Lluc und Pollenca allerdings nicht soo schlecht, vor allem am Anfang. Und wenn Du Dir die Variante über den Puig Tomir zutraust, wird es sogar noch richtig abenteuerlich.
                            Eine lohnende Alternative ist auch, mehrere Nächte in Lluc zu verbringen und von dort spannende Tagestouren zu unternehmen. Bei Bedarf kann ich gern Tipps geben.

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                            • mopy
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                              • 18.10.2020
                              • 58
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                              #15
                              Danke für den Tourenbericht

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