Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

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  • Julia
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Zitat von German Tourist Beitrag anzeigen
    Und die Landschaft ist traumhaft schön.
    Das ist Dein Bericht auch!

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  • German Tourist
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Auf dem nächsten Abschnitt um San Juan de Penyagolosa erwarteten mich einige skurille Begegnungen. Zunächst einmal verschwanden wieder mal die Markierungen und ich schlug mich auf einer self made Route mit meinem GPS in Richtung der alten Einsiedelei durch. Ich kämpfte mich gerade auf aufgegebenen Terrassen eine Berghang hinunter, als ich plötzlich einem mittelalterlichen Mann in Trainingsanzug und Hund gegenüber stand – was uns wohl beide sehr verdutzte. Immerhin konnte mir der freundliche Herr mit ausgezeichneten Weginformationen weiterhilfen. Ich wollte mich gerade verabschieden, als er mich fragte: „Wundert es Dich denn gar nicht, was ich hier mache?“. Das wunderte mich in der Tat schon – und seine Frage noch viel mehr. ich hoffte nur, dass er sich jetzt nicht als Exhibitionist oder dergleichen zu erkennen geben würde.... Meine Sorge war allerdings völlig unbegründet. Der freundliche Herr sammelte Trüffel! Meine Neugier war natürlich sofort geweckt, zumal mir überhaupt nicht klar war, dass in Spanien Trüffel wachsen. Und so erfuhr ich nun, dass jetzt gerade Saisonbeginn war, denn die Trüffel brauchen zum Reifen Bodenfrost. Ich hatte bisher auch geglaubt, dass mein zur Trüffelsuche Schweine verwendete, wurde aber auch hier eines besseren belehrt. Schweine wären zu langsam unterwegs, daher wurden Hunde zur Trüffelsuche abgerichtet. Am meisten erstaunt war ich allerdings über die Preise, die der arbeitslose Mann mit den Trüffeln erzielte. Am Saisonbeginn zahlte man im 300 EUR/kg, in der winterlichen Hochsaison bis zu 900 EUR/kg! Es wunderte mich dann also überhaupt nicht mehr, als ich später noch andere ältere Herren mit Hunden durch die Gegend streifen sah.



    San Juan ist mittlerweile ein beliebter Ausflugsort mit Grillplatz und sogar einer (im Winter geschlossenen) Herberge. Dafür hatte sich im Picknickraum ein Obdachloser häuslich niedergelassen. Aber für mich war es eh noch zu früh zum Zelten und so zog ich weiter. Der Abstieg nach Villahermosa del Rio entlang einer engen Schlucht war mal wieder ein echtes Highlight und ich bestaunte die vielen verlassenen Höfe entlang des Weges. Wie sich herausstellen sollte, waren die allerdings gar nicht so verlassen. Es wurde gerade dunkel und ich war mal wieder auf Campingplatzsuche, als mir urplötzlich wieder Mann im letzten Sonnenlicht den Berg herauf entgegenkam. Es war schon so spät, dass ein Wanderer um diese Uhrzeit wohl auch auf Zeltplatzsuche sein musste – nur hatte ich auf der ganzen Tour noch keinen einzigen Langstreckenwanderer getroffen. Des Rätsel löste sich bald, Der Mann (wieder mal arbeitslos) wohnte in einem der verfallenen Höfe und kam gerade von einem Einkaufstrip aus Villahermosa zurück. Einkaufen bedeutete für ihn 2 Stunden zu Fuß hin und knapp 3 Stunden den Berg hinauf mit den Vorräten im Rucksack zurück....

    Ich fand dann auch noch ein passables Plätzchen unter einem Olivenbaum für mein Zelt. Leider etwas nah am Weg, aber hier würde ja nachts sowieso keiner vorbeikommen. Weit gefehlt! Ich war gerade um 6 Uhr morgens am Aufwachen, als ich plötzlich den Schein einer Taschenlampe wahrnahm und wenig später marschierte jemand auf dem Weg an mir vorbei – zwei Stunden vor Sonnenaufgang. Naja, scheint wohl eine beliebte Gegend zu sein....

    Villahermosa war mal wieder eine von diesen wunderschönen „hilltop“-Städten, was sich auch schon im Namen verbirgt. Für mich hieß es natürlich wieder mal eine Mesa runter und dann wieder eine Mesa rauf. Und dann fing es tatsächlich mal an zu regnen – naja, regnen ist zu viel gesagt. Es tröpfelte ein wenig und da kam mal wieder eine alte Einsiedelei mit Picknickplatz genau recht für eine frühe Mittagspause. Ich wollte gerade wieder einpacken, als ein Auto vorfuhr und eine Art Bauarbeiter ausstieg. Er war von der Gemeindeverwaltung geschickt worden, um nach dem rechten zu sehen. Er war so erstaunt und erfreut, eine alleinwandernde Frau noch dazu aus Deutschland anzutreffen, dass er mich gleich küssen wollte. Als ich mich davon aber nicht ganz so begeistert zeigte, zog er sogleich ab. Ich musste jetzt auch ordentlich Gas geben, denn ich wollte noch nach Montanejos zum Einkaufen.



    Montanejos war wieder mal für eine Überraschung gut. Ich wusste zwar, dass es sich um eine Art Kurort handelte, war aber doch sehr erstaunt, als ich feststellen musste, dass die heissen Quellen einen ganzen Fluss in ein warmes Badevergnügen verwandelten. Ich stand mindestens 10 Minuten am „lauwarmen“ Fluss und überlegte, ob ich mich jetzt hinbegeben sollte oder lieber nicht, Ich hätte ein warmes Bad schon gut gebrauchen können und das Wasser war wirklich angenehm temperiert, aber draußen hatte es nur knapp über 0 Grad und ich hatte kein Handtuch. Ich liess das Baden im surreal türkisem Wasser bleiben und suchte stattdessen den Supermarkt, der wie angekündigt im 17.30 Uhr öffnen würde. Ich hatte noch eine halbe Stunde und suchte schon mal den Wanderweg aus Montanejos heraus, denn den würde ich nach dem Einkaufen im Dunkeln laufen müssen. Alles klappte nach Plan: Ich kaufte ein, fand den Einstieg in den GR 7 und stieg im Dunkeln noch hinauf auf das nächste Plateau, wo ich auf einer alten Terrasse mal wieder einen schönen Zeltplatz fand. Und am nächsten Morgen wurde ich dann auch noch mit einem traumhaften Sonnenaufgang über der Schlucht belohnt.


    Fazit: Montanejos ist ein toller Ort für Wanderausflüge. Wegen der heissen Quellen, in denen man kostenlos auch baden kann, gibt es jede Menge auch sehr preiswerter Unterkünfte. Die Gegend ist sehr beliebt bei Outdoor-Sportlern aller Art und daher auch sehr gut mit Wegen erschlossen. Und die Landschaft ist traumhaft schön.

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  • German Tourist
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Werner, Du hast den Nagel mal wieder auf den Kopf getroffen....

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  • Werner Hohn
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Zitat von German Tourist Beitrag anzeigen
    ... Schon bald stellte ich voller Verwunderung fest, dass am Wegesrand mehrere verfaulende Orangen herumlagen. Dies war in sofern verwunderlich, als es hier viel zu hoch (und zu kalt) war für Orangenbäume. Die Orangen konnten also hier nicht vom Baum gefallen sein. Und das Wanderer sie verloren hatten, erschien mir auch unwahrscheinlich. Woher kamen also die Orangen? Ich kam bald auf des Rätsels Lösung: Die Orangen wurden hier an Schafe verfüttert! Ein Anblick, den noch mehrere Male auf meiner Wanderung haben sollte. Es ist mir zwar schleierhaft, wie die Schafe die Schale verdauen (schälen können sie die Orangen ja wohl eher nicht....), aber die Zitrusfrüchte scheinen ihnen zu schmecken.
    Die Vorstufe zu Lamm in Orangensoße?

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  • German Tourist
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Ich verließ Ares frühmorgens bei 0 Grad und leichtem Schneetreiben. (Keine Sorge – das Gejammere über kalte Temperaturen hört bald auf, den das Wetter bessert sich bald...). Schon bald stellte ich voller Verwunderung fest, dass am Wegesrand mehrere verfaulende Orangen herumlagen. Dies war in sofern verwunderlich, als es hier viel zu hoch (und zu kalt) war für Orangenbäume. Die Orangen konnten also hier nicht vom Baum gefallen sein. Und das Wanderer sie verloren hatten, erschien mir auch unwahrscheinlich. Woher kamen also die Orangen? Ich kam bald auf des Rätsels Lösung: Die Orangen wurden hier an Schafe verfüttert! Ein Anblick, den noch mehrere Male auf meiner Wanderung haben sollte. Es ist mir zwar schleierhaft, wie die Schafe die Schale verdauen (schälen können sie die Orangen ja wohl eher nicht....), aber die Zitrusfrüchte scheinen ihnen zu schmecken.


    Wenig später stiess ich wieder mal auf einen verfallenen Bauernhof direkt oben auf dem Bergkamm. Menschliche Ansiedelungen gibt es in der Regel nur dort, wo es auch Wasser gibt. Aber wo sollte hier oben Wasser sein? Ich fragte mich dies schon aus Eigeninteresse, denn mir ging gerade mein Wasservorrat aus. Ich erforschte das verfallene Bauernhaus etwas näher und stieß prompt auch auf eine alte, aber wohl noch genutzte Zisterne. Mit einem Seil konnte man einen aufgeschnittenen Plastikcontainer mit Wasser raufholen. Das Wasser sah erstaunlich klar aus – ich behandelte es trotzdem, denn wer weiss, was dort seit Monaten in der Zisterne herumschwimmt. Leider war diese Wassersuchaktion völlig unnötig gewesen, denn 20 Minuten später stieß ich im Tal auf eine wunderbare Quelle....

    Während des Abstiegs traf ich dann tatsächlich mal auf andere Wanderer. Dies war echt bemerkenswert, denn ich konnte mich schon gar nicht mehr erinnern, vor wie vielen Wochen ich die letzten Wanderer getroffen hatte... Wandern in Spanien im Winter ist eine einsame Angelegenheit. Wir kamen sogleich ins Gespräch und ich stellte fest, dass die beiden aus Montanejos kamen, meinem nächsten Verpflegungsstop. Leider bestätigten sie auch, was ich schon befürchtet hatte: Der dortige Supermarkt schloss natürlich über Mittag und öffnete erst abends um 17.30 Uhr wieder. Anfang Dezember wird es um diese Zeit schon dunkel. Dann stellte sich aber noch heraus, dass die beiden eine Art Herberge betrieben, wo man für 15 EUR übernachten konnte. Sie gaben mir ihre Telefonnummer und so war ich nun für alle Eventualitäten gerüstet. Ich musste nun dringend weiter, denn auch jetzt würde es bald dunkel werden und ich musste ja mal wieder eine Mesa runter und dann wieder rauf....

    Ich musste tatsächlich noch ein bisschen Nachtwandern, denn als ich endlich die nächste Mesa raufgekommen war, war mal wieder alles eingezäunt. Merke: Zelte nie auf Viehweiden, wenn Du nicht weisst, was sich darauf befindet. Aber natürlich fand ich aucch bald ein Plätzchen ohne Zaun – sogar mit traumhaft weichem Nadelbaumboden. Überhaupt blieb die Landschaft wunderschön. Vor allem die vielen Terrassen hatten es mir angetan, denn die waren geradezu ideal für Wildzelter. Ich wanderte mittlerweile bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein – was leider immer noch zu sehr schattigen Nachttemperaturen führte. So gut wie jede Wasserquelle war ein- oder zumindest überfroren.


    Aber nicht nur die Landschaft war großartig – auch die kleinen Städte waren wunderschön, wie z.B. der nächste Ort mit dem passenden Namen Vistabella. Ich wanderte gerade durch den Ort auf der Suche nach dem typischen öffentlichen Brunnen, als ein Auto neben mir hielt und zwei jungen Burschen mich auf Englisch fragten, ob sie mich mitnehmen sollten. Ich war baff! Es handelte sich um spanische Wanderer, die eine Tagestour planten und mich natürlich sofort am Rucksack als ihresgleichen erkannt hatten. Da Spanierinnen ganz offensichtlich nicht im Winter in so abgeranztem Outfit rumliefen, hatten sie mich als Ausländerin identifiziert und auf Englisch angesprochen. So verlockend das Angebot auch war, meine persönliche Ethik verbot es mir, Strecken per Auto zu fahren. Nachdem ich im letzten Jahr eine schon mal früher gewanderte Teilstrecke aus Zeitgründen überspringen musste, wollte ich zumindest auf dieser Tour wirklich die ganze Strecke am Stück laufen – connecting foot steps. Ich bin da halt ein Purist. Ich lehnte das Angebot also freundlich ab, setzte mich zum Mittagessen in die Sonne und genoss den Anblick von Vistabella, im wahrsten Sinne des Wortes ein schöner Blick.

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  • blitz-schlag-mann
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  • German Tourist
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Als ich aus dem Nationalpark raus wanderte, wechselte ich von dichtem Wald in offenes Weideland – und damit war ich auch das Schneeproblem los. Hier hatte die direkte Sonneneinstrahlung den Schnee schon komplett geschmolzen. Leider änderte das nichts an der doch recht schattigen Temperatur. Immer wieder kam ich an komplett zugefrorene Viehtränken. Es half auch nicht, dass der Weg jetzt ganz dramatisch durch ein trockenes Flussbett führte. Im engen felsigen Canyon war das Laufen oft auch ein Klettern und da die Sonne im Winter hier tagsüber nur wenige Minuten hereinschien, war es im Canyon unwahrscheinlich kalt. Mein Ziel war nun Morella, wo mich man zweites und letztes Nachschubpaket hoffentlich erwartete.


    Der Weg nach Morella hätte nicht spektakulärer sein können. Ich lief am Bergrücken entlang, als plötzlich das weisse auf einem Berg gelegene Morella wie eine majestätische Fata Morgana vor mir auftauchte.


    Und drei Stunden später war ich dann auch angekommen – genau wie mein Paket, dass ich am nächsten Tag erleichtert in Empfang nahm. Morella ist völlig zurecht eine große Touristenattraktion. Hoch auf einem Berg gelegen und mit einer Festung gekrönt ist die Altstadt noch komplett von der mittelalterlichen Stadtmauer umgeben. Nur war keine der Touristenattraktionen geheizt... Leider Gottes galt dies auch für mein Hotel, dessen Heizung gerade mal lauwarm wurde. Ich schob sogar mein Bett direkt an den Heizkörper, um nicht total zu frieren. Im übrigen war die Hotelleitung der Ansicht, dass alle Touristen tagsüber unterwegs sein sollten – und drehte von 10 – 16 Uhr die Heizung komplett ab. Ich musste mich wintermäßig aufrüsten, aber das kleine Morella verfügte natürlich nicht über ein Outdoor-Geschäft. Die freundliche Rezeptionisten schickte mich dann aber zum örtlichen Chinesen, wo ich eine weitere spanische Institution kennenlernte. Selbst kleinere spanische Städte haben neben einem Supermarkt oder Tante-Emma-Laden einen „Chinesen“ oder sogenannten Bazar, wo Billigimporte aus Asien verramscht werden. Diese Läden, die immer von Chinesen geführt werden, verkaufen so ziemlich alles von Schreibwaren über Billigtextilien bis hin zu Heimwerkerbedarf. Nur hohe Qualität darf man nicht erwarten, dafür ist es billig. Hier wurde ich auch für meine Zwecke fündig. Für je 2 EUR erstand ich einen warmen Buff und Leggings, die als lange Unterhosen herhalten mussten. Der Buff hat übrigens die ganze Tour überlebt und wird auch weiterhin im Einsatz bleiben.


    Der Wetterbericht war weiterhin gruselig: Der strahlende Sonnenschein sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass es schweinekalt und vor allem wahnsinnig windig war. Der Wetterbericht sagte Böen bis 85 km/h voraus. Allerdings wollte ich nicht noch eine dritte Nacht in meinem unzureichend geheizten Hotel zubringen. Ich rang mich dann aber doch zu einer dritten Übernachtung in Reihe durch, allerdings im 25 km entfernt gelegenen Ares del Mestre. Die mit 25 km relativ kurze Tagesetappe würde ich schon trotz Wind irgendwie hinkriegen.

    Zunächst musste ich allerdings noch ein handwerkliches Problem lösen. Eine meiner Trekkingstock-Spitzen hatte sich schon vor Wochen verabschiedet. Da ich in Spanien keinen Ersatz finden konnte, bin ich mit dem Plastikstumpf weitergelaufen. In meinem Nachschubpaket befanden sich nun Ersatz-Spitzen, aber zuerst musste ich die alten Spitzen runterkriegen. Ich war schon mehrfach vor diesem Problem gestanden. Mit einem Schraubstock oder zumindest einer ordentlichen Zange lassen sich die alten Spitzen ganz gut abziehen, aber als UL-Wanderin trug ich ja nun keines von beiden mit mir rum. Die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass die „Natur“-Lösung darin bestand, einen passenden Felsspalt zu finden, den Stock dort einzuklemmen und so lange zu ziehen, bis sich die alte Spitze löst. Nur: der Spalt muss exakt die richtige Grösse haben, sonst rutscht der Stock durch oder geht erst gar nicht rein. So beäugte ich auf meinem Weg jeden Felsen und verausgabte mich mit zahlreichen erfolglosen Versuchen. Endlich fand ich den perfekten Spalt! Nach zwei Minuten Ziehen und Zerren war die Spitze nun endlich ab, und da der zweite Stock auch schon am Ende war, zog ich die Spitze dann auch noch gleich ab. Die nächste Collage zeigt den perfekten Felsspalt und die Trekking-Stockspitzen und drei Stadien der Abnutzung: Ganz oben eine neue Spitze, in der Mitte eine Spitze, bei der sich die Metall-Spitze schon bald ablösen wird und ganz unten, eine Spitze im Endstadium. Ich war wochenlang auf dem Plastikstumpf gelaufen, obwohl der leider Gottes kaum mehr am Boden greift.


    Beschwingt machte ich mich dann auf zum Endspurt nach Ares del Mestre und stiess auf eine atemberaubende Landschaft. Ares ist eine „hill top“ Stadt und die Ausblicke auf die umliegenden Canyons und die alten Terrassen war einfach großartig.


    Kurz vor Ares stiess ich auf ein altes Waschhaus und hätte mich fast in den Hintern getreten. Hier drin hätte ich wunderbar windgeschützt gut übernachten können, aber nun hatte ich schon im Hotel in Ares ein Zimmer reserviert. Ich wollte nicht so kurzfristig absagen und wanderte weiter nach Ares, was ich nicht bereuen sollte. Das Hotel war das schönste auf meiner ganzen Wanderung und die beiden Besitzerinnen gaben sich alle Mühe um mich als einzigen Gast. Ich erhielt ein großartiges dreigängiges Abendessen mit dem besten Eintopf (Potaje), den ich je in Spanien gegessen habe. Und im schick designten Badezimmer konnte ich mich mit einem heissen Bad gründlich aufwärmen. Der ganze Spass, also Übernachtung im Designer-Zimmer inkl. 3-Gang-Abendessen kostete mich gerade mal 30 EUR.... Als es dann abends anfing, zu schneien und ich in meinem gut geheizten Luxuszimmer sass, freute ich mich dann doch über meine Hotelentscheidung.

    Fazit: Die Gegend um Morella und Ares del Mestre ist landschaftlich einfach atemberaubend schön. Auch die „Hill top“ Städte sind echte Highlights. Dieser Abschnitt war einer der schönsten der ganzen Wanderung.

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  • miufoto
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Als "Mitleser" Deiner Berichte und Pilger (Tarifa-Santiago Via de la Plata Feb-April 2013) will ich hier Dir einfachmal Danke für die sehr guten Berichte sagen - und Dir ein Buen Camino wünschen! Grüße von Miufoto!

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  • German Tourist
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Ich hätte noch Tage in Tivissa bleiben müssen, um wärmere Temperaturen und weniger Wind abzuwarten, aber der Ort war so klein, dass ich bald den „Hüttenkoller“ bekam und schon am nächsten Tag wieder aufbrach – trotz arktischer Temperaturen und heftigem Wind. Der Aufstieg aus Tivissa war wieder mal wunderschön. Die Strecke ging durch einen kleinen Naturpark und war hervorragend ausgebaut inklusive Picknickplätze und alter Einsiedelei.


    Dann ging es hinunter ins Tal des Ebro, wo mich eine ausgesprochen positive Überraschung erwartete: Mandarinen- und Orangenplantagen! Als ich meinen ersten Mandarinenbaum sah, war ich so aus dem Häuschen, dass ich mir alle Taschen mit den süßen Früchten vollstopfte – bis ich feststellte, dass ich an Hunderten von Orangen- und Mandarinenbäumen vorbei kam. Da Früchte waren gerade teilweise erntereif und so waren viele Bauern unterwegs, genau wie ich eingehüllt und dicke Parkas, Schals und Mützen. Hier stieß ich auch auf den GR 99, den Camino del Ebro, ein Langstreckenwanderweg, der 1.200 km lang dem Lauf des Ebro folgt. Definitiv ein Projekt für die nächsten Jahre, denn Wandern im Winter mit Obstbegleitung ist so recht nach meinem Geschmack.


    Leider währte mein Glück nicht lange, denn ich musste von fast Meeresspiegel hinauf auf 1.300 m und den Nationalpark Els Ports. Da der Wind nicht nachlassen wollte, hatte ich schon einen tiefergelegenen Umweg über den GR 171 statt den GR 7 gewählt. Laut Wetterbericht erreichten die Böen Windstärken von über 75 km/h und mir graute vor dem Zelten. Da ich jetzt durch Olivenhaine wanderte, hoffte ich, in einem alten Geräteschuppen Unterschlupf zu finden. Aber natürlich war alles abgeschlossen.... Ich zeltete im Wald und verbrachte mal wieder ein Nacht in permanenter Furcht, von einem Baum erschlagen zu werden. Ich muss gestehen, dass mir in diesen Tagen zum ersten Mal Zweifel an der Durchführbarkeit dieses Winterprojektes kamen. Es war gerade mal Mitte November und es herrschte schon winterliche Kälte. Die Temperaturen kletterten auch tagsüber nur wenig über den Gefrierpunkt und der heftige Wind war einfach arktisch. Zudem musste ich auf dem Hochplateau schon mit Schnee rechnen. Später auf der Tour würde ich noch höher aufsteigen müssen – und das dann schon im Dezember und Januar....

    Relativ mutlos begann ich den restlichen Aufstieg auf das Hochplateau, wobei der GR wieder mal komplett umgeleitet worden war. Als ich dann endlich oben ankam, erwartete mich eine gute und zwei schlechte Nachrichten. Die gute Nachricht war, dass sich der Wind komplett gelegt hatte. Es schien sich um Fallwinde gehandelt zu haben. So weit, so gut – nur leider lag hier oben auch einiges an Schnee. Die 3-Tage-Regenperiode, die ich in Igualada erlebt hatte, war hier als Schnee runtergekommen. Und dann stieß ich auch auf ein völlig unerwartetes Problem. Durch die tiefen Temperaturen waren fast alle meine Wasserquellen eingefroren! Die Viehtränken waren mit einer mehrere Zentimeter dicken Eisschicht bedeckt, die ich erst mal aufhacken musste, um überhaupt an Wasser zu kommen.


    Gegen 15 Uhr kam ich am Refugio Caro an. Die Hütte selbst war zwar geschlossen, aber ein Notraum war geöffnet. Nun stand ich vor der Wahl, entweder weiter zu laufen und im Schnee zu zelten oder in der Hütte zu bleiben, und bei Temperaturen um die Null Grad den Sonnenuntergang abzuwarten. Ich konnte soviel Stillstand nicht ertragen und lief weiter, wobei mir der Zufall zu Hilfe kam. Aus der Beschilderung sah ich, dass ein Track für 4 WD-Fahrzeuge in den nächsten Ort führte – parallel zum GR 7, der aufgrund des Schnees nur schwer zu begehen war. Ich war so beschwingt von dieser einfacheren Alternative, dass ich bei Vollmond eine längere Nachtwanderung einlegte, bevor ich mich zwischen Schneeresten zu einer kalten Nacht ins Zelt bettete.

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  • AlfBerlin
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Christine schreibt hier in ihrem Blog darüber, weshalb sie Gas und nicht Spiriuts verwendet: Spiritus machte ihr Probleme bei Kälte und Wind und Gas ist schneller und effizienter. Die Probleme bei Kälte und Wind kann ich nicht nachvollziehen und in touristisch wenig erschlossenen Gebieten würde ich eher zu Spiritus raten. Aber wir wissen ja zu welch endlosen Diskussionen das führen kann. Und ich vermute mal, dass Christine ihren schönen Reisebericht davon freihalten möchte.

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  • German Tourist
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    @Ingmar,

    ich verwende seit Jahren einen Snowpeak Gigapower Titanium. Während vorher bei den MSR PocketRocket nach einigen Monaten das Gewinde abgenutzt war, hält der Snowpeak schon seit Jahren durch. Ich kann es selbst kaum glauben.

    Du hast allerdings völlig recht - gerade auf dieser Tour war die Gaskartuschensuche ein echtes Problem, mit dem ich in dieser heftigen Form nicht gerechnet hatte. Ich hatte dabei einfach unterschätzt, dass ich im Winter unterwegs war. Läden wie z.B. Decathlon (bisher immer eine sichere Quelle) stellen im Winter ihr Sortiment um - und dann gibt es eben keine Gaskartuschen mehr. Ich hatte meine Recherche leider schon im Frühjahr betrieben. Weil der Gaskartuschennachschub so wichtig ist, hatte ich die entsprechenden Läden meist sogar aus Deutschland angerufen bzw. angemailt, um sicherzugehen, dass die Kartuschen auch im Sortiment sind.

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  • blitz-schlag-mann
    antwortet
    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Starker Bericht, da kommt Fernweh auf. Muss mal wieder den Hexenstieg “thruhiken“

    Christine, wieso hast du eigentlich einen Gaskocher verwendet? Die Jagd auf Gaskartuschen hat dich ja Zeit und Nerven gekostet...

    Viele Grüße
    Ingmar

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  • PWD
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Zitat von lina Beitrag anzeigen
    ...weil ich immer dachte, das Grau sei doch eher auffällig...
    OT: Findest Du? Gerade grau gilt doch als Sinnbild für Unauffälligkeit: “Als graue Maus wird ein unauffälliger Mensch... bezeichnet.... Eine unauffällige – eben als grau empfundene – Kleidung verstärkt dieses Bild der betreffenden Person oft zusätzlich....” (Wikipedia)

    @ Christine: Danke für Deine wunderbaren Reiseberichte.

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  • German Tourist
    antwortet
    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Der Wetterbericht war eine einzige Katastrophe! Drei Tage Dauerregen mit besorgniserregend hoher Niederschlagsmenge. Glücklicherweise musste ich nur nach nach Igualada und der dortigen Pilgerherberge, aber das lag noch fast einen Tagesmarsch entfernt. Ich verließ die Pilgerherberge schon bei Tagesanbruch, der aber angesichts des bewölkten Himmels sehr düster war. Die erste Teilstrecke führt entlang eines Pilgerwegs mit zahlreichen Marienbildnissen. Danach führt der GR eigentlich recht alpin direkt am Berg entlang, aber angesichts des schlechten Wetters beschloss ich dem Pilgerweg auf der Straße zu folgen. Dennoch holte mich der Regen ein: ein Gewitter nach dem anderen ging nieder. Selbst Regenjacke und Schirm boten nur unzureichenden Schutz gegen die Wassermassen, die die Wege in kleine Flüsse verwandelten. Ich wollte nur noch so schnell wie möglich nach La Pobla de Claramont, von wo aus ich mit dem Zug in wenigen Minuten nach Igualada kommen konnte. Völlig durchnässt erreichte ich den Bahnhof und zog mir erst mal trockene Klamotten an. Ich war gerade wieder angezogen, als eine Südamerikanerin auftauchte und mir den Fahrkartenautomaten erklärte. Wir kamen ins Gespräch und ich lernte sehr viel über die Probleme der südamerikanischen „Gastarbeiter“ in Spanien.

    In Igualada angekommen zeigte sie mir auch gleich noch den Weg zu Lidl, wo ich erst mal einen Großeinkauf tätigte, denn am nächsten Tag war Sonntag. Im strömenden Regen schleppte ich mich und mehrere Plastiktüten ins Zentrum von Igualada, wo ich im Intersport eine dringend benötigte Gaskartusche kaufen wollte. Ich hatte sogar extra in der Planungsphase der Wanderung in diesem Laden angerufen, um mich zu vergewissern, dass ich dort auch die richtige Sorte von Kartuschen kaufen konnte. Nur leider waren die gewünschten Ventilkartuschen jetzt nicht da. Mir sackte das Herz in die Hose. Wenn es mir nicht gelänge, eine Kartusche in Igualada zu finden, würde ich den Zug nach Barcelona nehmen müssen. Und so einen langen und kostspieligen Umweg wollte ich mir nicht leisten. Die Verkäuferin verwies mich an ein weiteres Geschäft, wo ich wieder nicht fündig wurde, aber wieder weiterverwiesen wurde. Ich irrte eine Stunde lang im Regen mit meinem schweren Gepäck durch Igualada bis ich endlich in einem weiteren Outdoorladen fündig wurde. Ich hätte die Verkäuferin küssen können.

    Nun konnte ich ruhigen Gewissens in die Pilgerherberge von Igualada. Ich holte den Schlüssel im benachbarten Altersheim ab, wo mir schon angekündigt wurde, dass noch zwei weitere Pilger in der Herberge wären. Dies bereitete mich allerdings nicht auf das Desaster vor, dass ich in der Herberge antreffen würde. Ich öffnete die Herbergstür und sofort kam mir eine dichte Qualmwolke entgegen. Die beiden „Pilger“, ein trendiges junges Pärchen, hatten wohl keine weiteren Gäste mehr erwartet und die ganze Herberge voll gequalmt – leider nicht nur mit Zigaretten, sondern mit auch in Spanien illegalen „Rauchwaren“. Dazu hatten sie wirklich jeden Heizkörper in der Herberge voll aufgedreht und das ganze Haus in eine Sauna verwandelt. Um dem Fass den Boden auszuschlagen hatten die beiden auch noch ihren riesigen Hund mit in den Schlafsaal genommen, obwohl ein großes Schild genau das verbot. Ich hatte ein derart dreistes und „unpilgermäßiges“ Verhalten noch nie in einer Herberge erlebt und war ziemlich angenervt. Glücklicherweise gab es zwei Schlafsäle, so dass ich mit den beiden nicht auch auch ein Zimmer teilen musste. Ich hoffte nur , dass die beiden am nächsten Tag abziehen würden, aber morgens verbreitete sich nur wieder ein süßlicher Rauch durch die Herberge. Erbost stellte ich die beiden zur Rede, aber sie behaupteten, nicht mehr zu rauchen. Immerhin verschwanden die beiden dann gegen Mittag zu meiner großen Erleichterung und nachdem die örtliche Putzfrau die Luxusherberge gereinigt und gelüftet hatte, fühlte ich mich dort auch sehr wohl.

    Das Wetter war einfach furchtbar, so dass ich mich vor allem auf das örtliche Museum konzentrierte. Wie ich später noch mehrfach feststellen konnte, hatte fast jeder Ort durch den ich kam, irgendeine lokale Spezialität – und ein entsprechendes Museum. Igualada war jahrhundertelang das Zentrum für Lederherstellung gewesen und noch heute finden sich zahlreiche Gerbereien hier. In einem alten Industriekomplex befindet sich jetzt das riesige Gerberei-Museum und da ich der einzige Besucher war, bekam ich eine Solo-Führung durch das weitläufige Gelände. Aber auch das hochmoderne Museum war nicht auf diesen Dauerregen eingestellt und die Führerin musste unseren Rundgang mehrfach unterbrechen, um Eimer zu holen und sie unter tropfende Stellen zu platzieren.


    Ich litt mittlerweile fast schon unter Stadt-Koller. So interessant Igualada auch war, ich hatte nun alles gesehen. Ich hätte zwar direkt mit dem Vorort-Zug nach Barcelona fahren können, aber mir stand der Sinn so überhaupt nicht nach Großstadt. Zudem war die Pilgerherberge zwar wirklich sehr luxuriös, aber mit 20 EUR pro Nacht auch nicht gerade billig. Und so brach ich nach zwei Nächten in der Pilgerherberge auf – trotz weiterhin angekündigten Dauerregens. Nach einem halben Tag wandern im strömenden Regen bereute ich meine Entscheidung, aber nun war es zu spät. Völlig durchnässt fand ich immerhin einen passablen Zeltplatz, aber dann schlug das Unglück wieder zu. Beim abendlichen Kochen fiel mein Kocher um – und damit auch mein Abendessen. Aber was ein echter thruhiker ist, der kratzt das Essen dann eben vom Waldboden auf und so gab es diese Nacht Teriaky-Nudeln mit Tannennadel-Einlage.

    Am nächsten Tag hörte dann endlich der Regen auf, aber die Wassermassen hatten erhebliche Schäden hinterlassen. Mehrfach kam ich an gesperrten Straßen vorbei, die durch Erdrutsche unpassierbar geworden waren. Mich behinderten die Regen-Nachwirkungen auf zweierlei Weise. Erst mal hatte sich der Boden in eine große Schlammparty verwandelt. Unglücklicherweise führte der GR gerade jetzt häufig an Feldrändern entlang und gefühlte 5 kg Lehm klebten an meinen Schuhen. Oft sank ich so tief in den Schlamm, dass mir der Dreck schon in die Schuhe lief. Auf Forstwegen war der Wegbelag zwar resistenter, aber es hatten sich riesige Regenpfützen gebildet. Um nicht völlig nasse Schuhe zu bekommen, quetsche ich mich dann zwischen Pfütze und Wegrandvegetation durch. Da die Büsche am Wegesrand in der Regel sehr stachelig waren (Brombeeren und dergleichen), war dies oft ein akrobatischen Unterfangen. Und leider kam es dabei auch zu einem kleinen Unglück. Ich bewahre die Landkarten für den Tag in einer Plastiktüten in der Cargo-Tasche meiner Hose auf. Beim bushwhacking war diese Tüte an einem Strauch hängengeblieben, was ich allerdings erst sehr viel später bemerkte. Und leider sind meine Karten doppelseitig bedruckt, so dass ich nicht nur die Unterlagen für den heutigen, sondern auch für weitere Tage verloren hatte. So blieb mir leider nicht viel anderes übrig, als zurück zu laufen und die Karten zu suchen. Nach 3 km Rückweg wollte ich schon fast unverrichteter Dinge wieder umkehren, als ich dann endlich die Tüte in einem Brombeerbusch hängen sah. Leider hatte mich dieser kleine Exkurs insgesamt 1,5 h gekostet. Bei nur 10 Stunden Tageslicht ein kleines Problem...


    Das Wetter war nun zwar sonnig, aber kalt und vor allem sehr windig. Als ich die Sierra de l Argentera hochgeklettert war, haute es mich oben am Kamm im wahrsten Sinne des Wortes fast um. Der Wind war so stark, dass ich mich kaum auf den Beinen halten konnte. Nicht umsonst befand sich hier ein riesiger Windpark. Ich kämpfte mich voran und fragte mich ernsthaft, wie ich diese Nacht zelten sollte. Natürlich verschwanden auch jetzt gerade die Wegmarkierungen und es war aufgrund des Windes fast unmöglich, auch nur die Karte aus der Tasche zu ziehen. Ich stieg auf dem schnellstmöglichen Wege ab und kam zurück in den Wald. Hier war zwar kein Wind mehr, aber dafür hatte ich mich bald verlaufen. Nun konnte ich mich mit meinem GPS zwar nicht komplett verlaufen, aber es dauerte schon eine Weile, bis ich wieder auf einem GR gelandet war. Der Wind nahm beunruhigende Ausmaße an. Nach einer sehr unruhigen Nacht im Wald, bei der ich befürchtete, jede Minute unter einem umstürzenden Baum begraben zu werden, beschloss ich, den Wind im nächsten Ort aus zusitzen. Tivissa verfügte über einen Öko-Zeltplatz mit Herberge, wo ich mal wieder der einzige Gast war. Für 15 EUR hatte ich die ganze Herberge für mich allein – inklusive gut funktionierender Zentralheizung, was angesichts der winterlichen Temperaturen ein echtes Plus war. Die Tageshöchsttemperatur war gerade mal 4 Grad, allerdings bei strahlendem Sonnenschein. In Deutschland war es jetzt wärmer....

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  • German Tourist
    antwortet
    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Richtig erkannt! Ich hatte das Tarptent Rainbow dabei und halte es nach wie vor für das beste "Allround"-Zelt auf dem Markt. Es ist relativ preiswert (wenn man es in USA kauft), hält erstaunlich lange (bei mir über ein Jahr Dauernutzung, hat ein vernünftiges Gewicht, ist relativ windstabil und vor allem mit Trekkingstöcken auch freistehend. Letzteres ist gerade in Europa sehr von Vorteil, wenn man mal in einer Schutzhütte schlafen will, aber dennoch wegen Mücken, Kälte oder Dreck das Zelt benötigt. Und ja, es ist grün und daher absolut unauffällig.

    Ich hatte leider auf dieser Tour viele Sorgen mit dem Rainbow, denn ich hatte nicht alle Nähte abgedichtet und so tropfte mir bei heftigem Regen immer mal wieder Wasser durch die Seitennaht die Velcro-Streifen hinunter. Ich konnte das Problem unterwegs leider nicht beheben, da ich in Frankreich und Spanien kein Silnet kaufen konnte - und normales Haushalts-Silikon hat überhaupt nicht funktioniert. Bei meinem vorherigen Rainbow, das komplett abgedichtet war, ist das Problem nicht aufgetreten.

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  • lina
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Ich dachte immer, das Rainbow sei (hell)grau, hier sieht es aber grün aus. Das wäre eine gute Nachricht, weil ich immer dachte, das Grau sei doch eher auffällig. Bin gespannt :-)

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  • PWD
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Zitat von lina Beitrag anzeigen
    Was für ein Zelt hattest Du denn auf dieser Reise dabei?
    Sieht hier (in Metz) nach Tarptent Rainbow aus.

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  • lina
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    AW: Nordkapp - Tarifa: Zu Fuss vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas

    Vielen Dank für diesen wundervollen Bericht und speziell für Deine Praxis-Tipps. Ich freue mich jedesmal wieder, wenn ich morgens einen weiteren Teil entdecke. Was für ein Zelt hattest Du denn auf dieser Reise dabei?

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  • German Tourist
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    Entlang der Mesas nach Montserrat

    Kaum hatte ich die Pyrenäen hinter mir gelassen, offenbarte sich gleich die nächste Attraktion, die mich fast durch ganz Spanien begleiten sollte: Mesas, also sogenannte Tafelberge. Der Weg ging runter von einer Mesa, durchquerte in der Regel ein Flusstal, und dann wieder hoch auf die nächste Mesa. Im Tal wunderte ich mich oft, wie ich wohl den nächsten Berg wieder hoch kommen sollte, denn oft schienen die Felsen im 90 Grad Winkel anzusteigen.


    Besonders beeindruckend konnte man diese Mesas an einem riesigen Stausee betrachten, an dem ich am Spätnachmittag zum schönsten abendlichen Licht ankam. Ich befürchtete schon, noch in Stress zu geraten, denn ich brauchte noch Trinkwasser für die Nacht und das nächste Dorf war weit. Aber dieser Stausee war ein so populärer Aussichtspunkt, dass es sogar öffentliche Toiletten und damit Wasser gab.


    Am nächsten Morgen konnte ich feststellen, dass die Mesas im frühen Morgennebel sogar noch großartiger aussehen...


    Ich war mittlerweile auf dem GR 5 unterwegs und der Weg führte entlang der Tafelberg-“Kante“, was mir einfach atemberaubende Ausblicke ins Umland gewährte. Als dann auch noch langsam die Sonne unterging und die Felsen in oranges Licht tauchte, kaum ich aus dem Staunen gar nicht mehr raus.


    Nur leider stellte sich mir jetzt die Frage nach einem Zeltplatz. Der Weg führte immer sehr exponiert an der Abbruchkante entlang und die wenigen ebenen Flächen waren total überwuchert. Laut Karte würde der Weg bald auf eine alte Einsiedelei treffen und dort hoffte ich auf einen guten Zeltplatz zu treffen. Als ich jedoch die Eremita in den letzten Sonnenstrahlen erblickte, sah ich zunächst mal einen riesigen Parkplatz, der eines Vorort-Einkaufszentrums würdig gewesen wäre. Im Schein meiner Stirnlampe las ich dann, dass die ehemalige Kloster Sant Miquel del Fai mittlerweile ein ausgesprochen beliebter Ausflugsort für Bustouristen war – daher der riesige Busparkplatz. Und hier wollte ich nun überhaupt nicht zelten, denn meine Erfahrung lehrte mich, dass dergleichen Orte auch nachts oft von allerlei „Störenfrieden“ wie Liebespärchen im Auto oder Jugendlichen auf der Suche nach einer After-Club-Party frequentiert wurden. Im Dunkeln setzte ich meine Suche nach einem Zeltplatz fort und stieß dabei leider auf die örtliche Müllkippe. Hier war es zwar flach, aber zelten wollte ich hier auch nicht. Nach langem Hin und Her fand ich dann endlich einen halbwegs flachen Platz etwas abseits der Müllkippe – allerdings brauchte ich gefühlt mehrere Stunden, um ihn stein- und dornenfrei zu machen. Der Boden war bretthart und dementsprechend schlecht schlief ich dann auch.

    In den nächsten Etappen wollte ich mich mal wieder im Nachtwandern probieren. Aber da hatte ich die Rechnung mal wieder ohne die Wegplaner gemacht, die den Weg von Forststraßen auf Pfade verlegt hatten. Eigentlich eine feine Sache, aber Nachtwandern war hier nicht mehr möglich. Um 19.30 Uhr gab ich auf und baute mein Zelt auf. Zudem war es schweinekalt. Der strahlend blaue Himmel tagsüber führte nämlich zu einem drastischen Temperatursturz nachts. Dementsprechend schwierig war es dann auch, frühmorgens aufzustehen. Mit schöner Regelmäßigkeit hatte ich mittlerweile Frost auf dem Zelt – kein Wunder, denn es war ja nun schon November. Ich lief noch vor Sonnenaufgang los, denn ich hatte eine große Tagesetappe vor mir. Bei Sonnenaufgang erwartete mich einer der schönsten Ausblicke der ganzen Tour. Die Morgensonne tauchte das Montserrat-Gebirge in einen geradezu übernatürliches Licht und der schroff aufragende Bergkamm sah aus wie von einem anderen Stern. In Momenten wie diesen überfällt mich dann oft ein regelrechter „Glücks-Flash“ - auch wenn es gerade mal 0 Grad hat....


    Dennoch war es noch ein sehr weiter Weg bis Montserrat, denn wie üblich ging es erst mal wieder eine Mesa runter, durch das Tal und dann wieder eine Mesa rauf. Da Montserrat aber ein ausgesprochen beliebter Wallfahrtsort ist, war der Aufstieg fantastisch ausgebaut. Dennoch kam ich erst kurz vor Sonnenuntergang am Kloster von Montserrat an. Was ich dort sah, brachte mich beinahe dazu, einfach weiterzulaufen. Massenweise Touristen, die mit der Seilbahn heraufgekarrt wurden und zahllose Souvenirshops. Das Ganze war eine perfekt durchorganisierte Touristenattraktion. Ich musste dennoch kurz anhalten, denn ich brauchte einen Pilgerpass. Ich hatte schon in den Tagen zuvor immer mal wieder die Markierung für den Cami de Sant Jaume gesehen, einen Pilgerweg der über Montserrat führte. Da ich demnächst in einer Pilgerherberge nächtigen wollte, musste jetzt also ein Pilgerpass her, den ich in Montserrat bekommen würde. Die Touristeninformation verwies mich an das Büro der Pilgerbetreuung, wo ich gerade noch vor Büroschluss ankam.

    Und hier wurde nun alles auf wunderbare Weise gut. Der Pilgerpass kostete gerade mal 1,50 EUR und der freundliche Betreuer fragte mich, ob ich denn gleich hier bleiben wolle. Ich war höchst erstaunt, denn mir war gar nicht klar, dass sich hier neben einem teuren Hotel eine Pilgerherberge befand. Ich hatte geplant, weiter zu laufen und wie üblich zu zelten. Doch es gab in der Tat eine sogar sehr große Pilgerherberge, die aufgrund der Jahreszeit total leer war und zu allem Überfluss auch noch für Pilger kostenlos war! Da musste ich nicht zweimal überlegen – ich blieb hier und gönnte mir erst mal eine warme Dusche. Dann besuchte ich die Abendandacht und wurde sofort bezaubert. Mittlerweile hatten sich nämlich die Touristen fast komplett verzogen und die Kirche erstrahlte im Kerzenlicht zu den Gesängen der Mönche. Ein wunderbare, fast mystische Atmosphäre. Ich war heilfroh, dass ich durch einen Zufall geblieben war, denn dieser Abend war einer der schönsten auf meiner Wanderung.

    Fazit: Eine traumhaft schöne Strecke – immer nach dem Motto: Rauf auf die Mesa, runter von der Mesa. Wandern entlang der Hochebenen und der Flusstäler dazwischen. Und Montserrat ist ein echtes Highlight, sofern man die Touristenmassen meidet.

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  • German Tourist
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    Spanisches Pyrenäenvorland

    Irgendwie schien in Spanien plötzlich alles einfacher zu sein. Zunächst mal kam gleich am nächsten Tag die Sonne raus – und das Wetter blieb auch für viele Tage großartig. Nach einigen „freestyle“ km auf Forststraßen stieß ich dann auf den GR 2, dem ich zunächst folgen würde. Schon im ersten Dorf in Spanien, Agullana, wurde ich mit einer der Segnungen Spaniens vertraut gemacht: kostenloses Wifi! In Spanien gibt es in fast jedem noch so kleinen Ort Gratis-Wifi, oft beim Rathaus oder ayuntamiento. Das kleine Agullana hatte sogar einen extra Bürgersaal mit kostenlosem Internet und Zeitungen. Ich nutze das natürlich gleich für eine ausführliche Recherche und stellte beglückt fest, dass ich schon in wenigen Tagen mit dem Bus einen Abstecher in die nächste größere Stadt machen könnte anstatt meine Route zu verlassen und dort hin zu laufen. Ich wollte möglichst schnell in die Zivilisation, denn ich wollte mir eine neue SIM-Karte für Spanien kaufen, damit ich auch unterwegs immer auf das Internet und damit den Wetterbericht zugreifen konnte.

    Beschwingt machte ich mich auf den Weg nach Besalu, von wo aus ich den Bus nach Olot nehmen wollte. Besalu ist aufgrund seiner mittelalterlichen Befestigung und Stadtkerns ein echter Touristenmagnet und so glaubte ich keine Problem bei der Zimmersuche zu haben. Leider hatte ich dabei großes Pech. Anfang November ist hier nämlich tiefste Nebensaison und alle billigen Hotels hatten ganz einfach geschlossen, was dazu führte, dass alle anderen Hotels ausgebucht waren. Alles kein Problem, denn es gab ja einen nahegelegenen Campingplatz. Leider stellte sich heraus, dass der Campingplatz zwar in der Tat nahegelegen war, sich aber am anderen Flussufer befand – und es keine Brücke gab. Ich musste daher einen Umweg von fast 3 km laufen, um dort hinzukommen. Als ich ziemlich genervt dort ankam, waren außer mir nur zwei weitere Gäste da. Nebensaison eben. Der Besitzer wollte für so wenige Gäste gar nicht die Platzbeleuchtung anschalten, gab mir aber immerhin eine schönen Preisnachlass und stellte immerhin das Warmwasser an. Wie üblich befand sich der Campingplatz direkt am Wasser und damit hatte ich am nächsten Morgen ein tropfnasses Zelt aufgrund von Kondens. Nachdem ich die 3 km in aller Herrgottsfrühe wieder zurückgelaufen war, saß ich dann endlich im Bus nach Olot, wo dann alles gut wurde.


    Ich fand eine preiswerte Pension direkt im Zentrum, wo man mich sogar schon früh um 9 Uhr einchecken ließ. Mein Zelt und meine Wäsche durfte ich bei strahlendem Sonnenschein auf der Dachterrasse trocknen. Und schon eine Stunde später hatte ich eine spanische SIM-Karte für mein Handy zu einem Preis, der jeden Franzosen weinen lassen würde. Mit meiner Prepaid-Karte zahlte ich für 1 GB Daten High speed (gültig für einen Monat) gerade mal 6 EUR plus Steuer. Dieselbe Datenmenge und Gültigkeit hatte mich in Frankreich 40 EUR gekostet!!!! Entspannt konnte ich mich jetzt auf das Sightseeing stürzen. Olot ist aufgrund einer Produktionsstätte in ganz Spanien bekannt: Hier befindet sich die größte Heiligenfabrik Spaniens. Mutter Gottes mit Kind, Heilige aller Art, Kruzifixe – alles wird in der hiesigen Manufaktur hergestellt und weltweit exportiert. Das Museum selbst bietet immer wieder Einblicke in die noch aktive Manufaktur, wo ich begeistert mit anschauen durfte, wie einem Jesuskind die Wimpern angeklebt und eine Jungfrau Maria mit Heiligenschein versehen wurde. Leider durfte man im Museum nicht fotografieren, aber ich stieß in ganz Spanien immer wieder auf Statuen aus Olot. Hier mal meine Photosammlung von Olot-Style Marias:


    Nach zwei Tagen Olot ging es mit dem Bus wieder zurück nach Besalu und auf den Trail, der mich jetzt durch den Vulkan-Nationalpark Garrotxa führte. Aufgrund der Nähe zur Metropole Barcelona war hier am Wochenende schlichtweg die Hölle los. Ganze Heerscharen von Wanderern kamen mir entgegen. Aber kam verliefen sich die Touristenströme verschwand auch meine Wanderwegmarkierung... Ich irrte leicht verwirrt durch die Gegend, bis mich ein Anwohner wieder auf den rechten Pfad Richtung L'Ermita de Sant Miquel de Castelló schickte. Diese Einsiedelei liegt auf 980 m direkt auf einer Bergspitze und ich fragte mich, wo ich denn in diesem Gelände einen Zeltplatz finden sollte. Ein Trupp spanischer Wanderer klärte mich auf: Direkt neben der Einsiedelei gäbe es eine Rasenfläche, auf der man sicherlich gut zelten könne. Und so eilte ich mit dem letzten Tageslicht den Berg hinauf und wurde mit einem der schönsten Zeltplätze der ganzen Tour belohnt. Der Ausblick von dort oben war einfach grandios und ging bis hin zu den Pyrenäen. Trotz der Kälte schaute ich mir eine Stunde lang die Lichter im Tal an. Nachts gab es einen kurzen Regenschauer, der in den Pyrenäen allerdings als Schnee runtergekommen war. Als ich morgens aus dem Zelt lugte, begrüßten mich in der Ferne schneebedeckte Berggipfel. Ich verbrachte den ganzen Tag damit, immer wieder einen Blick zurück auf die Pyrenäen zu werfen und zu beobachten, wie dieser Schnee im Laufe des Tages immer weiter verschwand.


    PS: Was es allerdings mit den Ziegenfüßen auf sich hat, die ich über einer Haustür angenagelt sah, weiß ich leider nicht. Vielleicht kann mich ja hierzu jemand aufklären. Soll das den Teufel fern halten?

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