[FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • hosentreger
    Fuchs
    • 04.04.2003
    • 1406

    • Meine Reisen

    [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Frankreichtour mit Pechsträhnchen
    August/September 2013



    A - Vorbereitungen

    Nach dem erfolgreichen Verlauf meiner Italien-Radtour von 2012 (Sizilien - München, siehe hier: https://www.outdoorseiten.net/forum/...lien+m%FCnchen) hatte ich für 2013 die Idee, unser Nachbarland Frankreich mit dem Rad zu erfahren. Und da mein Heimatland Saarland ja unmittelbar an Frankreich grenzt, konnte ich von der Haustür losfahren. Und genauso wollte ich auch wieder ankommen.

    Im Unterschied zu der Italien-Tour versprach ich mir neben der Möglichkeit der direkten Ab- und Anfahrt vor allem sprachliche Vorteile: Meine Italienisch-Kenntnisse waren eher rudimetär (aber auch damit kam ich recht problemlos zu Recht), die Französisch-Kenntnisse ungleich besser, da ich 9 Jahre Schulfranzösisch hatte und später zumindest gelegentlich anlässlich von Urlauben das Ganze wiederauffrischen konnte. Einen weiteren Vorteil versprach ich mir von dem Straßennetz in Frankreich mit seinen vielen kleinen und wenig befahrenen Landstraßen: Auf der italienischen Küstenstrecke vor allem zwischen Rom und Livorno, aber auch später bei Verona hatte ich ja da im Vorjahr meine speziellen Erfahrungen gemacht. Und mit dem Loire-Radweg war ja diesmal auch eine ausgewachsene Fahrradstrecke dabei.

    Obwohl ich in Italien wenig Probleme mit der Übernachtung in festen Quartieren hatte, setze ich 2013 auf Zeltübernachtung auf Campingplätzen. Und wenn schon Camping, dann aber richtig: Mit Kocher und vollem Küchenprogramm.

    Da ich aber nicht so der erfahrene Camper bin, machte ich natürlich natürlich Probetouren mit Probewohnen. Und da stellte sich schnell heraus, dass das vorhandene Camper-Equipment für den Silver-age-Radreisenden nicht mehr so richtig geeignet war. Mein Zeltchen war zwar schön klein und leicht, aber nur auf menschenunwürdige Art zu "bekriechen": Kopf voraus und Hintern in die Höhe, rein- und raus. Das war auch schon bei früheren Zelttouren ein peinlicher Punkt gewesen, und nach einer 3-tägigen Tour an Saar, Blies, Glan und Nahe im Mai war mir klar, dass ein anderes Zelt hermusste. "Torres" gab den letzten fachkundigen Anstoß - und wenn schon, denn schon: Es wurde ein Unna von Hilleberg. Ein tolles Teil! Keine Klagen dazu!

    Die anderen Ausrüstungsteile hatte ich schon, neu war lediglich ein leichter Camping-Hocker (Helinox chair), der meinen Bandscheiben am Abend sehr entgegen kam. Auch beim Rad konnte ich auf Bewährtes aus dem Vorjahr zurückgreifen: Mein Giant Aero hatte die über 2000 km durch Italien und Österreich sowie Oberbayern gut gemeistert - das sollte auch für Frankreich genügen.

    Leider passte der ganze Krempel nicht mehr in die 2 Backroller, so dass ich jetzt Lowrider zu Hilfe nehmen musste. Und eine kleine Ortliebrolle mit dem Zelt für auf den hinteren Gepäckträger natürlich auch. Das wog natürlich alles deutlich mehr als die beide Taschen, die für Italien ausgereicht hatten.

    Da sich mein System der Streckenorientierung mit Straßenatlas-Kopien auf der Lenkertasche in der Vergangenheit bewährt hatte, machte ich es hier ebenso. Außerdem hatte ich - mehr als luxuriöses Spielzeug - ein Outdoor-Navi (Garmin MONTANA) - dabei, in dem ich die vorüberlegte Strecke als Track abspeicherte. Vor allem für die Durchquerung der größeren Städte unterwegs versprach ich mir eine spürbare Hilfe. Das erforderte dann aber eine ziemlich genaue Planung der Strecke. Aber ich hatte ja den verregneten Frühsommer über viel Zeit dafür.

    Die Grobplanung gab vor, dass ich zur Loire wollte, zum Atlantik und dann im Uhrzeigersinn durch Bretagne und Normandie zur Champagne zurück und dann heim. Das waren nach meiner Grobplanung etwas über 2000 km - das sollte wieder in 3 Wochen zu machen sein. Entsprechend viel Urlaub hatte ich mir für Ende August bis Mitte September auch genommen.
    Im Frühjahr und Sommer hatte ich ausreichend Gelegenheit für Trainingsfahrten - hierzu zählte auch die ca. 350 km lange 3-Tages-Fahrt an Saar, Blies, Glan und Nahe.


    Je näher der Abfahrtstag rückt, desto gespannter ist natürlich der Blick in die diversen Wettervorhersagen - die letzten Augustwochen sind recht nass gewesen. Und prompt tritt auch das ein, was ich befürchtet habe: Für den Abreisetag sind Gewitter, Regen und Wind angesagt - immerhin weht der Wind aus der günstigen Richtung, nämlich von Ost nach West. Wegen der Gewitter verschiebe ich aber die Abreise um einen Tag und gewinne damit noch einen gemeinsamen Tag mit Kindern und Enkel. Aber am nächsten Tag soll es losgehen - gepackt ist bereits seit Tagen...
    Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

  • Enja
    Alter Hase
    • 18.08.2006
    • 4893
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

    Da bin ich mal gespannt. Ich plane gerade eine sehr ähnliche Tour. Nur anders herum.

    Kommentar


    • sandra73
      Erfahren
      • 26.02.2013
      • 146
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

      Das ist aber gemein, uns so aud die Folter zu spannen
      Freue mich schon auf den weiteren Bericht.

      Kommentar


      • grenzenlos
        Dauerbesucher
        • 25.06.2013
        • 566
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

        Freue mich auch schon auf die Fortsetzung!
        Gruß Wi grenzenlos
        Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

        Gruß, Wi grenzenlos

        Kommentar


        • lina
          Freak

          Vorstand
          Liebt das Forum
          • 12.07.2008
          • 44663
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

          Ich auch, schreib, schreib ....

          Kommentar


          • rockhopper
            Fuchs
            • 22.04.2009
            • 1254
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

            Ich bin auch schon sehr neugierig auf den Tourbericht,
            da ich eine ähnliche Tour plane, auch über die Bretagne.
            @enja.......wer weiß, vielleicht begegnen wir uns...
            VG rockhopper

            Kommentar


            • hosentreger
              Fuchs
              • 04.04.2003
              • 1406

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

              Na, dann will ich Euch mal nicht zu sehr auf die Folter spannen und hiermit den ersten Tag einstellen.
              Und wenn von denjenigen, die eine ähnliche Tour planen, eine/r eine spezielle Frage haben soll: Gerne auch per PN.
              Also:

              1. Tag - Sonntag, 25. August 2013
              Merzig (D) - Hannonville (F)



              Um 8.30 trete ich in die Pedale, begleitet werde ich anfangs von einem meiner Söhne (mit Rennrad, ohne Gepäck, dafür durchtrainiert und 35 Jahre jünger). Das Wetter spielt zunächst mit, es ist bedeckt, ab und zu fallen ein paar Sonnenstrahlen durch Wolkenlücken. Die ersten Kilometer verlaufen flach - auf dem Radweg entlang der Saar und Nied bis Siersburg. Dann beginnen die ersten Hügel, und hier verabschiede ich mich von meiner Begleitung (schon die gemeinsame halbe Stunde mit mir muss für ihn eine Zumutung gewesen sein...) - die nächsten 3 Wochen werde ich auf mich alleine gestellt sein. Das hat auch in Italien gut geklappt.



              Ab hier gibt es keinen Radweg mehr, von nun an werde ich bis zur Loire auf öffentlichen Straßen fahren. Aber es ist ja Sonntagvormittag, da sind in meiner Richtung eigentlich nur ein paar Deutsche mit dem Auto unterwegs, die über die Grenze zum Baguettekaufen fahren. Es geht dann auf und ab - nach einer halben Stunde bin ich nach dem (ehemaligen) Grenzübergang bei Nietaltdorf in Frankreich.





              Schnell erreiche ich Bouzonville, noch kenne ich mich aus (eine meiner Probetouren der vergangenen Wochen führte bis kurz vor Metz. Von daher weiß ich, dass es kurz hinter Bouzonville wieder rauf geht: Ich verlasse das Niedtal und es geht allmählich gut 250 Höhenmeter hoch, dann wieder runter - wer Lothringen kennt, weiß um die wie mit dem Lineal gezogenen Straßen, die sich den Teufel um topografische Details kümmern, geschweige denn um alternde Radfahrer mit Übergepäck. Die Höhenarmbanduhr soll wie bereits im Vorjahr alle Höhenmeter addieren, damit ich am Ende des Tages genau über meine Leistung informiert bin.







              Außerdem fängt es an zu regnen. Kürzere Schauer. Nicht heftig, aber doch so, dass ich die Regenjacke und -hosen anziehen muss, und nach einer viertel Stunde wieder aus, damit ich nicht zu sehr schwitze. Und wenig später dann das selbe Spiel nochmals. Das Schöne aber ist, dass wirklich kaum jemand unterwegs ist, so kann ich mich auf die Landschaft konzentrieren - Landschaft und Landwirtschaft!



              Von Metz sehe ich recht wenig, hier regnet es gerade. Zunächst geht es aber mit einer rauschenden Talfahrt in die Stadt. Hier schalte ich auch erstmals mein Navi an und folge meinem geplanten Track entlang der Hafenkanäle und Bahnlinien. Das klappt prima - ich verfahre mich nicht. Hier sind auch erstmals einige Radfahrer unterwegs, meistens Rennradfahrer im bunten Trikot, die - immerhin - kurz den Kopf heben und grüßend nicken. In Deutschland werde ich von solchen "Zweiradkollegen" nur selten beachtet.



              Irgendwo mache ich eine Pause und verzehre mein mitgebrachtes Roggenbrot - für ein paar Wochen wohl zum letzten Mal, ab jetzt steht Weißbrot auf dem Programm! Hinter Metz geht es dann wieder hoch - der "Aufstieg" aus dem Moseltal. Ab hier wird es jetzt sehr ländlich - Kilometer um Kilometer sind oft nur Kühe auf der Weide die einzigen Lebewesen, die mir begegnen - und tausende von Schnecken. Und es regnet nicht mehr!



              Es wird Nachmittag, und ich nähere mich dem letzten (und steilsten) Wegstück für heute - hier muss ich bei Hannonville (in der Nähe des Lac de Madine) von der Landstraße weg in ein Waldgebiet, in dem der Camingplatz liegt. Auch hier wieder leitet mich mein Navi zuverlässig - genau, wie ich es geplant hatte. Nicht geplant hatte ich allerdings eine nochmalige rauschende Abfahrt hinab zum Waldsee, an dessen Ufer der Campingplatz liegt. Runter ist zwar prima - aber das bedeutet auch, dass ich morgen früh als erstes da wieder hoch muss - weil ich wieder zur Straße zurück muss...

              Sehr idyllisch, sehr ruhig, sehr einsam ist es. Ich bin einziger Gast, ein paar verlassene Wohnwagen stehen etwas weiter weg - ich kann mir meinen Platz auf der großen Wiese aussuchen. Immerhin ist der Patron da, der mir die Sanitäranlage aufsperrt. So habe ich wenigstens Wasser und Strom in der Nähe. Ich lade ab, stelle mein Zelt auf und gehe mich frisch machen. Radabsperren ist eigentlich unnötig - ist ja eh keiner da, deswegen lasse ich das schwere Schloss heute weg und nehme nur ein dünnes Kabelschloss für das Hinterrad.



              Dann kommt der gemütliche Teil: Das restliche Brot zu einer warmen Suppe, ein Stück mitgebrachter Käse, ein paar Schluck Wein. Eine himmlische Ruhe herrscht. Ruhe auch für das tägliche Tagebuchschreiben. Dazu gehört das Auslesen der Logbuch-Datei aus der Armbanduhr. Darin habe ich Routine. Aber die beste Routine nutzt mir nichts, wenn die Uhr plötzlich hektisch blinkt - und dann das Display schwarz wird. Zuletzt blinkte übrigens das Batterie-Symbol... Das war es dann wohl mit den Höhenangaben für die Tour! Immerhin habe ich noch die Uhrzeit (vom Handy) und die gefahrenen Kilometer (vom Tacho).

              Für heute waren es 120 Km in 8 Stunden (und errechnete 1.100 Hm) - ich bin zufrieden, denn ich habe ja Zeit. Vor dem Schlafengehen dann noch die Abendtoilette mit Zähneputzen: Hier stelle ich Malheur Nr. 2 fest: Ich habe zwar die Munddusche (mit voll geladenen Batterien) dabei, nicht aber die dazu gehörende Mundduschdüse. Sch.... Das erschwert die Zahnhygiene in den kommenden Wochen deutlich!

              Ich lege mich in der Abenddämmerung in meinen Schlafsack, höre noch etwas Musik mit den Ohrhörern und schlafe schnell ein.
              Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

              Kommentar


              • PWD
                Fuchs
                • 27.07.2013
                • 1313
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                Schön! Teile kenne ich noch aus früheren Zeiten...

                OT: 'Man in blue' - was ist übrigens aus Deinem roten VAUDE HOGAN UL geworden? Der Eingang jetzt höher? und, jetzt blau?, aber so viele blaue Zelte gibt es ja gar nicht - mir fällt spontan gerade nur das Lightwave von Luxeoutdoor ein.

                Kommentar


                • Franky66
                  Fuchs
                  • 07.09.2013
                  • 1265
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                  Sehr netter Bericht - freue mich auf die nächsten Tage Deiner Reise !

                  120km am Tag - Hut ab !


                  Liebe Grüße

                  Franky
                  Bemerke, höre, schweige. Urteile wenig, frage viel.

                  Kommentar


                  • hosentreger
                    Fuchs
                    • 04.04.2003
                    • 1406

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                    Zitat von PWD Beitrag anzeigen
                    ...was ist übrigens aus Deinem roten VAUDE HOGAN UL geworden? Der Eingang jetzt höher? und, jetzt blau?
                    Das VAUDE habe ich (hier im Forum, wie es sich gehört) verkauft - ich trauere ihm noch ein bißchen nach, weil es wirklich schön leicht war und beim Aufbau auch vollkommen unkompliziert. ABER: Ich hatte halt das Problem des Rein- und Rauskrabbelns nach Entenart ("Köpfchen in das Wasser...").

                    Das ist halt beim jetzigen UNNA von HB nicht so: Der seitliche große Einstieg fast über die gesamte Zeltbreite/-länge kommt mir doch sehr entgegen, das Gepäck passt problemlos rein - es ist etwas schwerer und beim Aufbau musste ich mich auch wegen des Einfädelns der Stangen in die Kanäle umgewöhnen. Blau sind lediglich die Radtaschen, die Windjacke und ich nach dem abendlichen Glas Wein gewesen ;=)

                    Gruß hosentreger
                    Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

                    Kommentar


                    • Enja
                      Alter Hase
                      • 18.08.2006
                      • 4893
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                      Für heute waren es 120 Km in 8 Stunden (und errechnete 1.100 Hm) - ich bin zufrieden, denn ich habe ja Zeit.
                      Und wieviel Kilometer werden es, wenn du in Eile bist?

                      Kommentar


                      • hosentreger
                        Fuchs
                        • 04.04.2003
                        • 1406

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                        Zitat von Enja Beitrag anzeigen
                        Und wieviel Kilometer werden es, wenn du in Eile bist?
                        Da meine Frau hier gelegentlich mitliest, sage ich das lieber nicht.
                        Sonst kriege ich wieder zu hören, dass ich wie ein Irrer da "rumjackere", statt Land und Leute zu genießen.
                        Aber möglichst früh wieder daheim sein soll ich trotzdem!

                        Aber Ihr werdet schon mitkriegen, was draus geworden ist.
                        (Sowas nennt sich "einen Spannungsbogen aufbauen...").

                        hosentreger
                        Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

                        Kommentar


                        • grenzenlos
                          Dauerbesucher
                          • 25.06.2013
                          • 566
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                          Freue mich auf den nächsten Teil!

                          Gruß Wi grenzenlos
                          Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                          Gruß, Wi grenzenlos

                          Kommentar


                          • hosentreger
                            Fuchs
                            • 04.04.2003
                            • 1406

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                            Danke für das Lob vorab, auch für das zarte Drängeln; aber ich kenne das ja von den Berichten anderer: Man will endlich wissen, wie es weitergeht (gell, Torres u.a.).

                            2. Tag - Montag, 26. August 2013
                            Hannonville (F) - Bar-le-Duc (F)


                            In der Nacht wache ich vom Trommeln der Regentropfen auf das Zelt auf - bei meiner Schwerhörigkeit muss es ganz schön trommeln... Ich kuschele mich in meinen Schlafsack, schön trocken und warm ist es im Zelt, und schlafe weiter.



                            Um 7 Uhr weckt mich das Handy. Ich öffne das Zelt und schaue auf den nassen Wald. Aber es regnet nicht im Moment, es ist diesig, kühl und wolkenverhangen. Schön ist anders!
                            Ich gehe mich schnell waschen und rasieren, packe dann meine Sachen zusammen. Das Außenzelt ist schon ziehmlich nass - spätestens am Abend wird es dann aufgestellt und kann hoffentlich weitertrocknen. Auf Kaffeekochen und Frühstücken verzichte ich, das will ich unterwegs in einer Bar nachholen, wie im letzten Jahr. Dann Taschen ans Rad hängenanhängen, Regenzeug anziehen und Warnweste überstreifen und dann los.
                            Genau einen Meter weit. Dann gibt es einen abrupten Stopp.

                            Scheiße! Ich habe vergessen, das Spiralschloss vom Hinterrad zu entfernen. Das hat sich auf die 100 cm Spirallänge gedehnt und sich dann in die Kassette reingefressen. Genau zwischen zwei Zahnkränze. Ich stehe neben dem Rad und glotze nur auf das Hinterrad. Gehe um das Rad herum. Knie mich hin und halte die Luft an. Schaue nach links und rechts - wenigstens lacht niemand - es ist auch niemand zum Lachen da. Das ist auch das einzig Gute an der Situation.

                            OK - erst mal einen genauen Überblick über die Lage verschaffen: Radtaschen abbauen, unter einen Baum stellen, denn es fängt langsam an zu regnen. Spiralschloss öffnen. versuchen, an einem Ende zu ziehen, um das Sch....ding aus der Kassette zu ziehen. Was natürlich nicht geht. Dann halt am anderen Ende ziehen - was natürlich auch nicht geht. Dann eben versuchen, an beiden Enden zu ziehen. Das geht - damit hebe ich das Hinterrad vom Boden ab. Versuche, den Fuß zwischen die Speichen zu zwängen, um das Rad unten zu halten. Das geht, dafür rutscht meine Hand am nassen Kabel ab und schlägt gegen das Schutzblech. Loriot hätte seine helle Freude an der Filmvorlage gehabt. Oder Mister Bean.

                            Ich merke, dass ich so nicht weiterkomme, außerdem regnet es jetzt in Strömen. Ich trage mein Gepäck (in zwei Etappen à 500 Meter) zum Eingang, dort befindet sich eine überdachte Terrasse. Danach gehe ich das Rad holen. Schieben ist allerdings nicht, weil sich das Hinterrad wegen des Schlosses nicht drehen lässt. Bzw. sich das Kabel dann noch weiter festbeisst. Also das Hinterrad hochheben und mehr oder weniger zum Eingang schiebetragen. Oder trageschieben

                            Hier kann ich das Rad zumindest mal auf Sattel und Lenker stellen und die Sache genau untersuchen. Aber es aussichtslos. Durch meinen energischen Antritt beim Losfahren habe ich das Kabel, das einen Kunststoffmantel hat, so richtig mit Schmackes zwischen die Zahnkränze gezogen. Es geht weder vor, noch zurück, noch nach oben. Außerdem habe ich auch kein richtiges Werkzeug, bis auf mein Pannenset eigentlich gar keins. Ich brauche Hilfe und suche den Patron. Aber ich finde niemand, es steht auch kein Auto vor der Schranke. Aber ein Schilde finde ich am Restaurant: Fermé le Lundi. Montags Ruhetag! Es ist Montag...




                            Dann halt Hilfe von Außerhalb - noch bin ich ja nicht so weit von zu Hause weg, 80 km Luftlinie vielleicht, eine gute Stunde mit dem Auto. Und mein Sohn (Feinmechaniker...) ist noch zu Besuch bei uns, noch nicht wieder zurück im Allgäu.

                            Also Handy raus - kein Empfang. Nicht die Spur eines Balkens. Kein Wunder: Ich stehe mitten im Wald in einer tiefen Senke, ringsherum nur nasse Bäume. Also zu Fuß los bis zum Ende des Funklochs, spätestens bis an den Rande der Hügelkette, die ich gestern raufgestrampelt bin.

                            Fast eine halbe Stunde dauert mein Fußmarsch bis zur Abzweigung von der Landstraße - dort steht auch ein Hinweisschild zum Campingplatz. Dort habe ich Empfang und bekomme auch gleich den Sohn dran. Ungläubiges Schweigen am anderen Ende, dann gezielte Fragen zum Schaden, zur möglichen Behebung und zum Auffinden des Ortes. Jetzt ist es schon elf Uhr - er ist noch in anderer Sache unterwegs, aber es sollte wohl zwei Stunden dauern, bis er hier sein kann. Ich wandere wieder zum Rad zurück und koche mir erst mal einen Kaffee. Dann mache ich noch einen einstündigen Spaziergang durch den "Foret de la Montagne" und bin gegen eins am verabredeten Hinweisschild. Wenig später kommt er - wie erwartet mit einem "Ach Vadder...!".

                            Er hat im Kofferraum etwas Werkzeug und von meinem anderen Fahrrad das komplette Hinterrad - das könnte man notfalls tauschen. Aber er schaut sich die Sache erst mal an, dann muss ich mit aller Kraft (besser: Masse) das Fahrrad festhalten, während er mit einem Lappen das Kabelschloss umfasst und ... sich das Ding aus der Kassette löst. Plumps! - Ein Stein fällt mir vom Herzen. Dann erfolgt eine genaue Untersuchung des Rades mit einer Testfahrt, ob auch kein Schaden zurückgeblieben ist. Aber es ist alles in Ordnung, auch die Kettenschaltung macht keine Probleme.



                            Wir essen noch einen Müsliriegel zusammen, dann fährt er wieder zurück ins Saarland (und nimmt etwas von meinem Ballast mit: Uhr, Munddusche...), während ich meine restliche Siebensachen wieder am Rad anbringe und mich auf den Weg mache - um 14.10 Uhr statt um 8.00 Uhr.

                            Eins ist klar - das für heute geplante Ziel, der Campingplatz von Vitry-le-Francois ist nicht mehr zu erreichen - die 100 Kilometer schaffe ich nicht in den paar Stunden. Und auf dieser Strecke im recht leeren Ostfrankreich gibt es nicht viele Camping-Alternativen. Ein paar Hügel liegen anfangs auch noch auf der Strecke, aber größtenteils geht es einigermaßen flach. Und es regnet zunächst weiterhin, aber dann geht der Regen in Nieseln über und hört ganz auf. Ab jetzt beginnt die Strecke der Schnecken - tausende von langen, roten Nacktschnecken, die über die Straße kriechen. Bei meinem Tempo kann ich gut ausweichen, die schnellen Autos jedoch nicht. Es ist ein ziemliches Gemetzel unterwegs ... .



                            Ich erreiche bald St. Mihiel, wo ich die Meuse (später ist das die Maas) überschreite, nach Saar und Mosel ist das der 3. von vielen Flüssen, die ich überqueren muss. St. Mihiel erlangte wie so viele Orte hier in Lothringen im 1. Weltkrieg traurige Berühmtheit - mit etwa 7.000 Toten und vielen Verwundeten und Gefangenen innerhalb von zwei Tagen. Hier entscheide ich mich, von meiner vorgeplanten Strecke abzuweichen und heute bis nur Bar-le-Duc zu fahren; dort befindet sich zwar m.W. kein Campingplatz, aber es sollte in einer Stadt mit ca. 15.000 EW ein Hotel geben.

                            Nach einer kleinen Stadtrundfahrt durch den Ort finde ich auch ein Schild, das mich zu einem gutbürgerlichen Hotel leitet - die Frage der Unterbringung meines Rades ist auch schnell geklärt: Das kommt in die Garage, in der auch ein Teil des Weinvorrates lagert. Einen Garagenschlüssel erhalte ich aber nicht...

                            Einiges ist im Lauf des Tages doch feucht geworden, also wird mein Zimmer zum Trockenraum umgestaltet, wobei das Zelt dekorativ den Duschvorhang ersetzt. Aber auch die Fensterfront findet entsprechende Verwendung. Währenddessen gehe ich in die Stadt, um etwas zum Essen zu finden. Den Kocher will ich im Hotelzimmer dann doch nicht anschmeissen...





                            Ich finde zunächst einen Kebab, dann einen Kebab und schließlich ein Hinweisschild zum großen roten MC. Und da ich keine Lust auf Kebab habe, werden es eben Ham- und Cheeseburger, immerhin mit Fritten. Auch auf dem Rückweg (bei dem ich mir auch schon meine Ausfallstraße für morgen früh suche - und finde - findet keine Erweiterung der kulinarischen Auswahl statt. Aber ich bin ohnehin satt.



                            Im Hotel trage ich noch meine Erlebnisse des Tages in mein Tagebuch ein und plane den Weg um - ich hinke meinem Zeit- und Übernachtungsplan etwa 50 km hinterher und bin etwas 20 km "neben der Spur" - das will ich morgen etwas bereinigen. Immerhin kam ich trotz meines Pechs vom Vormittag noch 60 km weit - zur Höhe leider keine Angaben. Vor dem Schlafengehen in meinem 50-Euro-Bett wende ich nochmals meine etwas weniger nassen Teile und schlafe ein.
                            Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

                            Kommentar


                            • Torres
                              Freak

                              Liebt das Forum
                              • 16.08.2008
                              • 32315
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                              Hihi, das mit dem Schloss kenne ich doch irgendwoher. Mich hat das Speichen gekostet. Leider erst viel später auf Tour, als der Vorfall schon längst vergessen war.
                              Oha.
                              (Norddeutsche Panikattacke)

                              Kommentar


                              • hosentreger
                                Fuchs
                                • 04.04.2003
                                • 1406

                                • Meine Reisen

                                #16
                                AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                                Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                                Hihi, ...
                                Mensch Torres, selbst heute, ziemlich genau 5 (!) Monate später, kann ich noch nicht drüber lachen...

                                Wie lange liegt das bei Dir zurück?

                                A propos Speichen. Da bringst Du mich auf eine Idee... Danke!

                                hosentrege
                                Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

                                Kommentar


                                • Enja
                                  Alter Hase
                                  • 18.08.2006
                                  • 4893
                                  • Privat

                                  • Meine Reisen

                                  #17
                                  AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                                  Für solche Aktionen bin ich auch Spezialistin. Allerdings fahre ich wohl mit weniger Schwung an. Weshalb meine Speichen das bisher überstanden haben.

                                  Präventiv schließe ich seit einiger Zeit als erste Amtshandlung des Tages, gleich nach dem Aufstehen, mein Fahrradschloss auf.

                                  Kommentar


                                  • hosentreger
                                    Fuchs
                                    • 04.04.2003
                                    • 1406

                                    • Meine Reisen

                                    #18
                                    AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                                    Das beruhigt ja fast schon ein bißchen, dass es noch andere bekennende Schlossignoranten gibt.

                                    Ich hatte hier anfangs mal die Signatur "Erfahrungen sind die vernarbten Wunden der Dummheit...".
                                    Passt hierzu vorzüglich!

                                    hosentreger
                                    Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

                                    Kommentar


                                    • schneehuhn
                                      Gerne im Forum
                                      • 08.07.2005
                                      • 57

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                                      Ich oute mich als noch so'ne Schlossignorantin... allerdings ohne Spätfolgen, da - wie bei Enja - der kräftige Antritt fehlt. Manchmal hat das ja auch sein Gutes

                                      Freue mich schon auf die Fortsetzung

                                      Anne

                                      Kommentar


                                      • Enja
                                        Alter Hase
                                        • 18.08.2006
                                        • 4893
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        AW: [FR] Frankreichradtour mit Pechsträhnchen

                                        Ich schiebe meistens sogar vom Platz..... Und da man mit angeschlossenem Fahrrad nicht viel geografischen Spielraum hat, kommt es erst gar nicht zum Antritt.

                                        Bei Abfahrt bin ich meist auch irgendwie hibbelig. Hurra, es geht los. Oder so. Und zwinge mich, noch einmal die Grasnarbe abzusuchen, ob da nicht noch irgendwas liegt. Da ist ein Fahrradschloss irgendwie nicht wichtig.

                                        Kommentar

                                        Lädt...
                                        X