[UK] West Highland Way im September

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  • upperpalatine
    Anfänger im Forum
    • 19.09.2012
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    • Meine Reisen

    [UK] West Highland Way im September

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Vereinigtes Königreich/Schottland
    Reisezeit: September 2012
    Region/Kontinent: Nordeuropa

    Vorweg...
    Zunächst mal ein kurzes "hallo" in die Runde... ich lese schon länger hier mit und habe eine Menge Anregungen, Tipps und Erfahrungsberichte aus diesem Forum gezogen, wofür ich an dieser Stelle mal "danke" sagen möchte - und als kleines Zeichen meines Dankes einen kleinen Bericht über meine Tour auf dem WHW beitragen will, der hoffentlich für den einen oder die andere von Euch nützlich ist.

    Ach ja... die Bilder im Bericht sind Links. Wenn Ihr darauf klickt, landet Ihr in meinem Flickr-Fotostream, wo man sich die Aufnahmen auch nochmals in groß ansehen kann. Ich habe dort auch ein Album mit allen Schottland-Bildern erstellt, das unter diesem Link zu finden ist:
    https://secure.flickr.com/photos/herrbaer/sets/72157631551241668

    Juni
    Nachdem der letzte Urlaub, der länger als eine Woche lang war, doch auch schon wieder mehrere Jahre zurückliegt und das Erholungsbedürfnis im selben Maße anstieg wie das Tagesguthaben auf dem Urlaubskonto, sollte es heuer mal wieder für längere Zeit raus aus den heimischen vier Wänden gehen. Zwei Sachen gab es, die die Auswahl möglicher Ziele einschränkten: Zum einen bin ich ein großer Fan nördlicher Gefilde, zum anderen wollte ich mal eine etwas längere Wandertour machen (bisher maximal Wochenendtouren), die mich aber nicht allzu weit aus der Zivilisation führen sollte... Anfänger und so, da muss man ja nicht gleich übertreiben :-) Mit diesen Vorgaben ausgestattet machte ich mich in den Weiten des Netzes auf die Suche und bin recht schnell beim WHW gelandet. Mit ca. 150 Kilometern nicht übermäßig lang, mitten in der Natur und trotzdem nicht allzu weit von den nächsten Siedlungen und Verkehrswegen entfernt und somit geeignet als Ziel für mein Unterfangen. Geplant hatte ich ursprünglich, die Tour alleine zu machen - allerdings hatte ich im Kollegenkreis in der Kantine davon erzählt, wo sich dann gleich ein Kollege meldete und meinte, er wäre zu der Zeit auch in Schottland und würde mitkommen. Im Nachhinein betrachtet eine echt tolle Sache. Nicht nur, dass ich die Zeltfrage damit geklärt hatte (der Kollege hat eins, ich nicht) - vor Ort stellte sich heraus, dass es trotzdem einfach besser ist, wenn man nicht alleine durch die Wildnis stapft, sondern etwas Gesellschaft hat.

    Juli-August
    Die nächsten Monate standen ganz im Zeichen der Informations- und Materialbeschaffung. Die Münchener Filliale eines großen deutschen Outdoor-Ausrüsters dürfte ihre helle Freude an mir gehabt haben :-) : Rucksack, Schlafsack, Wanderhose und allerlei Kleinkram wanderten dort in meine Einkaufstasche und das sauer verdiente Ersparte in die andere Richtung über den Ladentisch. Für Kocher, Luftmatratze, GPS und einige weitere Ausrüstungsgegenstände waren schnell nette Leute im Freundeskreis gefunden, die mir ihre Sachen leihweise zur Verfügung stellten.

    1. September
    Mein mitwandernder Kollege war schon seit einer Woche in Schottland, nun schickte ich mich an, ihm zu folgen.
    Mit dem Flugzeug ging's zunächst von Frankfurt nach Amsterdam (inklusive Sonderbehandlung mit Handscanner an der Sicherheitsschleuse in Frankfurt... Wanderstiefel und Zip-Off-Hose zusammen hatten wohl etwas Metall zu viel für die feinen Apparaturen dort). In Amsterdam am Flughafen traf ich auf eine Gruppe aus Deutschland/Österreich, die den WHW mit leichtem Tagesgepäck und Kurierservice für die großen Gepäckstücke in 7 Tagen wandern wollte. Da gab's schon mal eine Menge zu erzählen, was die Wartezeit auf den Anschlussflug doch um einiges angenehmer machte. Von Amsterdam aus dann weiter nach Glasgow, dort hatte mein Kollege schon ein Quartier organisiert und wir ließen meinen Anreisetag in einer netten, kleinen Kneipe in der ansonsten ziemlich desillusionierend hässlichen Stadt ausklingen. Wer mal nach Glasgow kommt - die Lucky 7 Canteen ist einen Besuch wert :-)

    2. September
    Im Vorfeld hatten wir uns auf den Rat einiger Leute in unserem Bekanntenkreis hin entschieden, die erste Etappe von Milngavie nach Drymen auszulassen und erst in Drymen zu starten. So stiegen wir also in aller Herrgottsfrühe in den Bus, um uns in einer laaaaaaangen Fahrt durch Vororte und Dörfer dorthin bringen zu lassen und begannen unseren Weg am Drymen Square. Gleich der allererste Eindruck vom WHW war allerdings ein bescheidener.


    West Highland Way von UpperPalatine auf Flickr

    Einige Kilometer hinter Drymen fanden Waldbauarbeiten im großen Stil statt, die Hauptroute des WHW war gesperrt und die Umleitung führte auf einem tieferliegenden, ziemlich matschig-schlammigem Weg entlang. Das war schon mal eine gute Vorbereitung auf die nächsten Tage, die auch des öfteren mit Schlammlöchern aller Größenklassen aufwarteten. Da wünscht man sich doch die Wegebauer der Alpenvereine nach Schottland :-)

    Nach einer kurzen Mittagspause erklommen wir dann den Conic Hill und genossen von dort aus die Aussicht auf den Südteil des Loch Lomond.


    First view on Loch Lomond von UpperPalatine auf Flickr

    Am Conic Hill hatten wir dann die tolle Idee, vom Hauptweg abzuzweigen und einem Pfad etwas nördlich davon zu folgen, der auf einem kleinen Grat Richtung See hinunterführte. Leider existierte der Pfad in seinem weiteren Verlauf zwar noch auf der Karte, aber nicht mehr unbedingt in der Realität, was zu einem unfreiwilligen Ausflug durch ein nasses, schlammiges Waldstück führte. In Balmaha legten wir kurz Rast ein und wanderten dann doch ein Stück am See entlang nordwärts, um auf dem Campnigplatz Millarochy unser Zelt aufzuschlagen.

    Den Campingplatz kann man nur wärmstens empfehlen: Freundliches Personal, ein kleiner Laden, in dem man sich mit dem Nötigsten versorgen kann und die hygienische Lage in Dusch-, Bade und Küchenräumen war absolut in Ordnung.

    3. September
    Die nächste Tagesetappe führte uns von Balmaha nach Rowardennan. Am Ross-Wood-Hügel jammerten wir noch über den steilen Aufstieg... nicht wissend, was uns im letzten Teil der Tour noch an wirklich steilen und langen Aufstiegen erwarten würde :-) In Rowardennan angekommen quartierten wir uns in der Jugendherberge ein, was sich im Nachhinein als nicht unbedingt klug herausstellen sollte.


    Rowardennan Youth Hostel von UpperPalatine auf Flickr

    Ein Freund hatte mich bereits vorher darauf hingewiesen, dass man in Schottland üblicherweise in B&Bs günstiger übernachtet als in Youth Hostels - und das bestätigte sich jetzt für uns. Über die Zustände in der JH selbst lässt sich nichts negatives sagen: Einfache Einrichtung, alles soweit sauber - aber einen Tick zu teuer für das, was geboten wurde. Nachdem wir unser Quartier in der JH bezogen hatten, unternahmen wir noch einen Versuch, den Ben Lomond über den etwas steileren Weg nördlich von Rowardennan zu erklimmen, was wir aufgrund der fortgeschrittenen Stunde und des heraufziehenden Regens abbrachen und auf den nächsten Tag verschoben. Den Abend ließen wir im ans örtliche Hotel angeschlossenen Pub ausklingen.

    4. September
    Nun also der Ben Lomond. Mit leichtem Gepäck ausgestattet machten wir uns am Vormittag des 4. Tages auf den Weg. Dieses Mal hatten wir beschlossen, nicht den Weg am Ben Lomond Cottage zu nehmen, sondern den Hauptweg, der am Beginn der Jugendherbergs-Privatstraße abzweigt. Wir liefen anfangs noch durch Wälder und Büsche, mit jedem Höhenmeter jedoch lichtete sich die Vegetation und bald waren wir auf einem kargen, nur mit Gras bewachsenen Grat unterwegs, der uns direkt in Richtung des Gipfels führte. Durch die exponierte Lage oberhalb des Sees war man ab diesem Grat starkem Wind ausgesetzt, der nach oben hin immer heftiger wurde und uns am Gipfel dazu nötigte, unseren Aufenhalt nicht länger als unbedingt nötig auszudehnen. Unterwegs blieben wir immer mal wieder stehen, um die faszinierende, karge und schroffe Landschaft sowie den langgestreckt unter uns liegenden See zu fotografieren.


    Ascent to Ben Lomond von UpperPalatine auf Flickr


    Loch Lomond as seen from the ascent to Ben Lomond von UpperPalatine auf Flickr

    Am frühen Nachmittag waren wir wieder zurück im Ort, stärkten uns nochmals im Pub und wanderten dann wieder mit vollem Gepäck weiter Richtung Norden. Das Naturschutzgebiet endet ca. zwei Kilometer nördlich von Rowardennan (wird durch Schilder angezeigt) und ab diesem Punkt ist wild campen wieder erlaubt - was wir dann auch an einer besonders schönen Stelle am See taten. Leider waren die Leute, die vor uns diese Stelle zum Campen entdeckt hatten, mit den Naturschönheiten dort nicht ganz so pfleglich umgegangen... auf der als Zeltplatz genutzten Wiese entdeckten wir neben den deutlichen Spuren zweier Lagerfeuer weggeworfene Essensverpackungen, Socken (!) und sogar eine Gaskartusche (!!). Am Seeufer sah's nicht viel besser aus. Wir sammelten zumindest den gröbsten Müll auf, um ihn anderntags in Inversnaid zu entsorgen. Dreckspack, das!

    Beim Saubermachen nach dem Kochen hatte ich die erste Begegnung mit den schottischen Midges. In Reiseberichten u.a. hier im Forum hatte ich bereits über diese kleinen Biester gelesen, mir aber keine großen Gedanken dazu gemacht... "die paar Mücken". Jetzt spürte ich am eigenen Leib, was es mit "den paar Mücken" auf sich hatte. Die Fleecejacke, die ich beim Geschirr saubermachen trug, hing von oben bis unten mit tausenden Midges voll, da ich mich im Gesicht und an den Händen (die einzigen freien Körperstellen) eingecremt hatte, ließen sich diese Biester tatsächlich in meinen Nasenlöchern und auf den Lippen nieder... Also, liebe Schottland-Neulinge, wenn Ihr das hier lest: Unterschätzt die Midges nicht :-)

    5. September
    Tags darauf begegneten wir einem englischen Paar, das eine Tageswanderung von Inversnaid aus zum Nordende des Loch Lomond machte. Der Mann erzählte uns, dass sie auf dem Weg zum "Drover's Inn" wären. "This is a very special pub." - "Special in which way?" - "Ummm... I can't explain it. You must see it for yourself." Das klang verlockend genug, sodass wir nach dem Aufstellen des Zeltes auf dem Campingplatz der Beinglas Farm gemeinsam mit den beiden deutschen Wanderinnen, die wir auf dem Weg getroffen hatten, das Drover's Inn aufsuchten. Von Beinglas Farm aus überquert man dazu einfach den River Falloch und geht dann links in Richtung Inverarnan. Das erste Gebäude des Ortes auf der linken Seite ist besagtes Drover's Inn. Ein uraltes Steinhaus, in dem sich seit über 300 Jahren eine Kneipe befindet. Im Vorraum wird man von einer Ritterrüstung und einem ausgestopften Braunbären in Angriffsstellung begrüßt und den Wänden und der Einrichtung des Gastraumes lässt sich ihre lange Geschichte auch deutlich ansehen. Ein urgemütliches Pub mit tollem Essen - kann ich wirklich nur jeder und jedem WHW-Wandernden ans Herz legen! :-)

    Der einzige Wermutstropfen des Tages war die Wettervorhersage, die an der Tür des Pubs in Beinglas Farm hing und für den Folgetag "heavy rain" ankündigte. Das konnte ja heiter werden.

    6. September
    Am Morgen des 6. September war von dem angekündigten "heavy rain" noch nichts zu sehen. Nach einem Full Scottish Breakfast im Pub des Campingplatzes machten wir uns auf den Weg. Der Regen ließ nicht lange auf sich warten. Zwar nicht stark, aber ausdauernd fiel er den ganzen Vormittag über. Nun rächte es sich, dass unsere Regenschutzkonzepte nicht so 100%ig vollständig waren - wir beide hatten keine Regenhosen dabei - ich hatte eine G1000-Hose, die zwar schnell trocknete, aber eben auch nur dann, wenn der Regen vielleicht mal aufgehört hätte :-) und mein Kollege hatte überwiegend Baumwollkleidung an. Unter diesen Umständen entschlossen wir uns dann, die Etappe bereits in Crianlarich zu beenden und kamen dort für günstiges Geld in einem supertollen B&B unter. Wenn jemand von Euch mal dort ist - geht ins Glenardran House am östlichen Ortsausgang, ein paar Meter hinter dem Rod & Reel Pub und den Craigbank Guest House. Wunderschöne Zimmer (sodass man fast ein schlechtes Gewissen hat, wenn man dort mit der durchnässten und verdreckten Kleidung auftaucht) und sehr nette und zuvorkommende Gastgeber.

    Fortsetzung folgt...
    Zuletzt geändert von upperpalatine; 25.09.2012, 15:28.

  • Hunter9000
    Dauerbesucher
    • 02.06.2012
    • 679
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [UK] West Highland Way im September

    Jaja, die Mdiges. Gut, der August war dieses Jahr auch extrem warm, die Viecher müssen sich also vermehrt haben wie die Karnickel.

    Schöner Reisebericht bis jetzt. Es kann nie zuviele über den WHW geben!

    Aber eine Frage: Ross-Wood Hügel? Wo soll der sein? Bzw, wo gibt es zwischen Balmaha und Inverarnan eine Steigung die den Namen verdient hätte?

    Kommentar


    • upperpalatine
      Anfänger im Forum
      • 19.09.2012
      • 11
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [UK] West Highland Way im September

      Im Nachhinein betrachtet, war das auch keine Steigung. In meinem Reiseführer ist dieser Maulwurfshügel, der ca. 2km vor Rovardennan auf einer Landzunge thront, als Ross Wood bezeichnet. Eine kurzer, etwas steiler Anstieg, der wie gesagt im Vergleich zu dem, was später kam, nichts großartiges war. Aber eben die erste Bergauf-Passage mit einem 15kg-Rucksack auf dem Buckel :-)

      Zitat von Hunter9000 Beitrag anzeigen
      Jaja, die Mdiges. Gut, der August war dieses Jahr auch extrem warm, die Viecher müssen sich also vermehrt haben wie die Karnickel.

      Schöner Reisebericht bis jetzt. Es kann nie zuviele über den WHW geben!

      Aber eine Frage: Ross-Wood Hügel? Wo soll der sein? Bzw, wo gibt es zwischen Balmaha und Inverarnan eine Steigung die den Namen verdient hätte?

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      • upperpalatine
        Anfänger im Forum
        • 19.09.2012
        • 11
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        #4
        AW: [UK] West Highland Way im September

        7. September
        Der Regen hatte sich verzogen, die Klamotten waren trocken, am Vortag hatten wir unsere Vorräte bereits im Laden von Crianlarich wieder aufgefüllt, sodass dem Weitermarsch nichts im Wege stand.


        WHW between Crianlarich and Tyndrum von UpperPalatine auf Flickr

        Die Wege waren vom Regen aber einigermaßen durchweicht bzw. an den steinigen Stellen recht glitschig, was unser Fortkommen auf der Strecke nach Tyndrum etwas beeinträchtigte. Nach der Mittagspause und einem kleinen Einkauf in Tyndrum liefen wir weiter Richtung Bridge Of Orchy. Der Regen suchte uns auf diesem Streckenabschnitt auch wieder heim - genauso ausdauernd wie am Vortag, aber zum Glück wesentlich schwächer. Die tiefhängenden Wolken und der relativ eintönig-geradlinige Verlauf des WHW in diesem Bereich an der Bahnlinie entlang trugen dazu bei, dass wir diesen Abschnitt des Weges nicht unbedingt als einen der Höhepunkte der Tour empfanden. :-) In Bridge Of Orchy angekommen quartierten wir uns im Bunkhouse des Bridge Of Orchy Hotels ein. Im WHW-Reiseführer von Hartmut Engel wurde es als "total renoviert" und "in einem sehr guten Zustand" angepriesen. Na ja, wenn man die blühenden Schimmelkulturen im Bad und an den Fenstern der Unterkunftsräume, den penetranten Gestank nach Chlorreiniger und die insgesamt etwas abgeranzte Ausstattung als totalrenoviert bezeichnen will, dann war es das. Da konnte auch das exzellente Essen im Hotel nicht über die negativen Eindrücke der Unterkunft hinwegtrösten.

        8. September
        Wir hatten Blut geleckt - nach den 21 Kilometern vom Vortag hatten wir uns vorgenommen, eine ähnlich lange Strecke zurückzulegen und knapp 20 Kilometer zum Kingshouse Hotel zu laufen. Eine sinnvolle Unterteilung des Abschnitts wäre auch nicht möglich gewesen, da die letzten 14 Kilometer der Strecke durch das Rannoch Moor führten und dort an Schutz suchen oder Zelten nicht zu denken war. Der Anfang der Tagesetappe führte uns auf den Mam Carraigh, von dem aus sich eine wunderbare Sicht auf ein Stück des weiteren Verlaufs unseres Weges bot.


        View from Mam Carreigh to Victoria Bridge and Beinn Toaig von UpperPalatine auf Flickr

        Rannoch Moor durchquerten wir schnellen Schrittes - wir waren bereits vor 15:00 Uhr in Sichtweite des Hotels. Gedanklich hatten wir uns bereits auf eine Nacht im Zelt auf dem Platz hinter dem Hotel eingestellt - ohne sanitäre Einrichtungen o.ä., als uns etwa einen Kilometer vor dem Etappenziel ein Schild auffiel, das auf die neu eröffnete "Glencoe Mountain Lodge" hinwies. Um einen bereits bestehenden Sessellift am Meall a' Bhuirid hatte man in Frühjahr 2012 ein Zentrum für Wintersport, Mountainbiking, Bogenschießen etc. sowie einen Zeltplatz und Microlodges errichtet. Keine Frage, dass wir unser Zelt dort aufschlugen. Da der Platz wie beschrieben recht neu ist, waren die sanitären Einrichtungen in einem hervorragenden Zustand. Einzig der Zeltplatz war ziemlich nass... mit Flipflops vor's Zelt gehen war dort nicht möglich, weil man bei jedem Schritt so weit einsank, dass die Füße im Wasser standen. Egal, das war auch der einzige Kritikpunkt an der ganzen Anlage. Den Abend ließen wir im Lokal der Anlage ausklingen, auf einem Ledersofa vor einer Panoramascheibe sitzend und den Ausblick auf den mächtigen Stob Dearg genießend.

        9. September
        Die nächste Etappe versprach zwar, kürzer zu werden (knapp 14 km), nichtsdestotrotz hielt auch sie ihre Tücken bereit und zwar in Form des höchsten Punktes des ganzen WHW, der über das "Devil's Staircase" erklommen werden musste. Auf der anderen Seite ging es dann ähnlich steil wieder runter bis fast auf Meereshöhe nach Kinlochleven. Zwar war das Wetter ab dem Überqueren des Passes hinter Devil's Staircase etwas durchwachsen (Regen und Wind), aber der Ausblick auf die Landschaft entschädigte dafür. Ich bin schon des öfteren in den Alpen unterwegs gewesen und um dort dieselbe karge, steinige Landschaft ohne jeden Baum und ohne jeden Strauch zu sehen, muss man auf ca. 2.000 Meter und darüber steigen. In Schottland hat man ein ähnliches Bild bereits auf knapp 500 Metern über dem Meeresspiegel. Wahnsinn.

        Auf dem Weg nach Kinlochleven hinunter machten wir noch kurz fotografierenderweise an einem Wasserfall Halt:


        Waterfall near Kinlochleven von UpperPalatine auf Flickr

        Im Ort kamen wir dann bei strömendem Regen an. Wir quartierten uns im Tailrace Inn ein und beschlossen, einen Ruhetag vor der langen Etappe nach Fort William einzulegen.

        10. September
        Außer einem kleinen Spaziergang durch Kinlochleven und zum Grey Mare's Tail-Wasserfall im Wald nördlich des Ortes war an diesem Tag bei uns nicht viel los. Ausspannen in der "mit Abstand größten Siedlung" am WHW (Zitat: Wikipedia)... einem 800-Einwohner-Kaff. Tat uns aber ganz gut, dem Kollegen schmerzten die Beine etwas von den vorangegangenen Tagen und bei mir zwickte der Nacken :-)

        11. September
        Frisch gestärkt vom Ruhetag sollte heute die Königsetappe nach Fort William in Angriff genommen werden. Doch unsere Euphorie erhielt bereits beim Aufstieg aus dem Talkessel, in dem Kinlochleven liegt, einen herben Dämpfer... Regen. Immer wieder zogen kurze, heftige Schauer über uns hinweg. Dazu kam dann oben im Hochtal, durch das der Weg im Anschluss führte, ein ziemlich heftiger Wind. Jetzt kam der Regen wirklich, klassisch schottisch, waagerecht und der Wind rüttelte an unseren großen Rucksäcken, die ihm mit ihren Regenhüllen auch reichlich Angriffsfläche boten. War die Regenhose beim Weg nach Crianlarich noch ein "nice to have" gewesen, so hätten wir sie hier als "must-have"-Ausrüstungsgegenstand benötigt. Mein Kollege brach die Etappe dann am Lochan Lunn Da Bhra ab und fuhr per Anhalter weiter nach FW, ich hoffte auf Wetterbesserung und entschied mich zum Weiterlaufen.


        Rainbow over WHW von UpperPalatine auf Flickr

        Auf dem Weg durch den Wald ins Glen Nevis hielt das Wetter auch recht zuverlässig und als ich an einem kleinen Pass ankam, von dem aus man zum ersten Mal Fort William unten im Tal im Blick hatte, war der Himmel blau und fast kein Wölkchen zu sehen. Nachdem ich mich meiner Regenjacke entledigt und die Regenhülle des Rucksacks verstaut hatte, war das Tal kaum 5 Minuten später mit Wolken verhangen und es regnete wieder... dieses Spielchen wiederholte sich auf den letzten 5 Kilometern bis Fort William noch vier oder fünf Mal und schließlich kam ich bei Dauerregen am Zielort an. Mein Kollege hatte uns zum Glück bereits eine Unterkunft in einem Bunkhouse organisiert, sodass ich mich aus meinen nassen Klamotten schälen konnte.


        Ben Nevis summit covered in clouds von UpperPalatine auf Flickr

        Der Ben Nevis hätte mich zwar ziemlich angelacht, aber in Anbetracht des wechselhaften Wetters und meiner unvöllständigen Ausrüstung ohne Regenhose habe ich darauf verzichtet, dort am nächsten Tag hochzugehen. Stattdessen haben wir uns entschieden, mit dem Bus zurück nach Glasgow zu fahren (die Busfahrt führt an großen Teilen des WHW entlang und ist echt ein Erlebnis, nachdem man den Weg selbst gelaufen ist) und die letzten Tage des Urlaub in Edinburgh zu verbringen.

        Fazit
        Eine rundum tolle Tour! Schottland, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Es lief nicht alles perfekt und nach Plan - im Notizbüchlein, in dem ich Sachen aufschreibe, die bei der nächsten Tour besser laufen müssen, finden sich einige Einträge - aber im Großen und Ganzen bin ich rundum zufrieden. Ich war überrascht, dass ich die erste Mehrtagestour mit reichlich Gepäck so gut überstanden habe, begeistert von der schottischen Natur und fand's toll, unterwegs eine Menge netter Leute kennenzulernen. Kurzum: Das mach'ma mal wieder!

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        • dooley242

          Fuchs
          • 08.02.2008
          • 2096
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [UK] West Highland Way im September

          Das mit dem vielen Regen kommt mir ziemlich bekannt vor.

          Nächstes Mal will ich ihn dann besser vorbereitet auch komplett laufen, egal was für ein Wetter ist.

          Danke für den schönen Bericht.
          Gruß

          Thomas

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          • upperpalatine
            Anfänger im Forum
            • 19.09.2012
            • 11
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [UK] West Highland Way im September

            Ups, ich sehe gerade, dass der Bericht wohl im Unterforum "Nördliches Europa" besser aufgehoben wäre. @Mods: Kann das bitte jemand verschieben?

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            • SavinKuk
              Erfahren
              • 13.06.2012
              • 211
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [UK] West Highland Way im September

              Zitat von Hunter9000 Beitrag anzeigen
              Jaja, die Mdiges.
              Also ich habe im Februar 2011 keine Midges auf dem WHW getroffen .

              Ansonsten aber cooler Bericht und schöne Bilder. Sieht im Sommer doch ein wenig anders aus als im Winter (auch wenn der 2011 nicht übermäßig hart war).

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              • HighlandIndianer
                Anfänger im Forum
                • 24.12.2012
                • 17
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [UK] West Highland Way im September

                Moin,
                sehr schöner und sicherlich auch hilfreicher Bericht.
                Ich plane den WHW im Mai zu laufen. Mich würde interessieren, warum es ratsam sein soll, die erste Etappe auszulassen.

                Danke...
                www.highland-indianer.blogspot.de

                Kommentar


                • codenascher

                  Lebt im Forum
                  • 30.06.2009
                  • 5162
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [UK] West Highland Way im September

                  Indianer, ich würde die erste Etappe nicht auslassen. Ich denke der Rat fürs auslassen bezieht sich einfach darauf, dass der erste Tag doch recht unspektakulär ist. - Wobei dies mM auf die ersten 2 1/2 Tage zutrifft. Auslassen wäre für mich keine Option, da ich ja schließlich den gesamten WHW laufen will und nicht nur die letzten sieben Etappen.



                  <------Reisebericht

                  Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                  meine Weltkarte

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                  • Borderli
                    Fuchs
                    • 08.02.2009
                    • 1737
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [UK] West Highland Way im September

                    Ich kann mich codenaschers Meinung nur anschließen: Die Etappen bis, sagen wir mal, Crianlarich, sind landschaftlich eher unspektakulär und bieten nicht die womöglich erwartete "Highland-Szenerie". Wenn man nur ein paar Tage zur Verfügung hat, ist Auslassen der ersten Etappe oder auch der ersten Hälfte durchaus eine Option.
                    Wenn du allerdings vorhast, den WHW zu laufen, und dafür genug Zeit hast, dann laufe ihn komplett. Die bequeme Strecke bis Drymen gehört einfach dazu, und wenn du sie nur nutzt, um dich an das Laufen mit Rucksack und dergleichen zu gewöhnen.

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                    • OliverR
                      Dauerbesucher
                      • 16.02.2007
                      • 981
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [UK] West Highland Way im September

                      Da kommen direkt wieder Erinnerungen hoch. Herrlich. Allerdings hatten wir damals im September mehr Glück mit dem Wetter, aber man kann es sich ja leider nicht aussuchen.

                      Ich finde auch, dass man den WHW vollständig laufen sollte. Dann verfolgt man auch von Anfang an die Veränderung der Landschaft im Verlauf des Weges UND man kann auf der ersten Tagesetappe gleich mal bei der Glengoyne Distillery vorbei schauen und sich ein paar Whiskyminiaturen in den Rucksack packen
                      The earth is your grandmother and mother, and is thus sacred. Every step that is taken upon her should be as a prayer (Black Elk)

                      Kommentar


                      • HighlandIndianer
                        Anfänger im Forum
                        • 24.12.2012
                        • 17
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                        #12
                        AW: [UK] West Highland Way im September

                        Zitat von OliverR Beitrag anzeigen
                        ... UND man kann auf der ersten Tagesetappe gleich mal bei der Glengoyne Distillery vorbei schauen und sich ein paar Whiskyminiaturen in den Rucksack packen
                        Na jetzt hat er mich aber überzeugt
                        Naja Spaß beiseite... Ich denke wenn es nur darum geht, dass die ersten Kilometer eher unspektakulär sind... damit kann ich leben...
                        Nun bin ich aber mal gespannt, ob mir der Weihnachtsmann heute Abend vielleicht schon das ein oder andere Teil zum Rucksack befüllen -sprich Ausrüstung- unter die Tanne legt. Euch allen ein schönes Weihnachtsfest. Bis die Tage...
                        www.highland-indianer.blogspot.de

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