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Irgendwann im Dezember 2003 sitzen wir bei einem Weizen und einer Pizza im kleinen Ort Poppenhausen
beisammen und freuen uns über unsere alpinistische Glanztat, einer Winterbegehung der Wasserkuppe,
immerhin Hessens höchstem Gipfel. Nicht das wir vom Gipfel heute viel gehabt hätten, die Verhältnisse
waren mehr als widrig, aber spaßig war es allemal und nach und nach fragen wir uns, wie man so etwas
wohl noch steigern könnte. Wir gehen die einzelnen Bundesländer durch, versuchen den jeweils höchsten
Punkt zu benennen (was sich bei Ländern wie Bremen oder Hamburg einigermaßen schwierig gestaltet)
und kommen nach und nach zu der Erkenntnis, das es eine ganz interessante Angelegenheit sein dürfte,
diese mal alle abzuklappern. Wir vermuten, das es noch nicht allzu viele Leute gibt, die diese 16
Gipfel bestiegen haben, die meisten haben ja schon alle Hände voll zu tun, die vergleichsweise
übersichtliche Sammlung der 7 Summits zu absolvieren. Nachdem wir uns alle von der Sinnhaftigkeit
dieser Idee überzeugt haben (der eine oder andere brauchte dafür ein Weizen mehr), wird 2004
kurzerhand zu dem Jahr erklärt, wo wir unsere 16 Summits-Aktion durchziehen werden. Einige Tage später
bündeln wir uns ein paar Termine, fassen das eine oder andere Bundesland zu geografisch
zusammengehörigen Einheiten zusammen und beginnen mit der Recherche, wo zum Teufel denn die jeweils
höchsten Punkte eigentlich sind.
Summit 1: Nordrhein-Westfalen
Datum : 28.02.2004
Gipfel : Langenberg (843,0), Kahler Asten (841,0)
Wetter : Winterlich
Am Freitagabend treffen Christelle und ich im Zielgebiet ein, einer kleinen Pension in der Straße mit
dem wunderschönen Namen „Bierloch“. Mittlerweile mache ich mich mir arge Sorgen, wie ich der Wirtin
verkaufen soll, das die anderen beiden Personen ein paar Probleme mit der Anreise haben und eventuell
nun doch nicht kommen werden. Die Wirtin hält sich nicht gerade zurück und betont bei jeder sich
bietenden Gelegenheit, dass sie mit unserer Reservierung für nur eine Nacht nicht so glücklich ist und
sie die Zimmer eigentlich viel wirtschaftlicher hätte vermieten können. Irgendwann trifft die
Nachricht ein, das Dani + Tom sich jetzt tatsächlich auf die Reise gemacht haben und obwohl sie
einige aufwendige Ehrenrunden einlegen, treffen sie dann doch irgendwann im Basislager ein. Wir
gönnen uns noch ein Bierchen, sprechen die grobe Route durch und gehen dann zu Bett. Wir würden
morgen auf augwendige Manöver verzichten, direkt von der Pension aus loslaufen, Kahlen Asten und
Langenberg überschreiten und dann unser Schicksal in Gottes Hände geben und darauf hoffen, das wir
irgendeinen Bus oder irgendein Taxi ergattern können, das uns ins Basislager zurückbringt. Das Wetter
ist der Jahreszeit entsprechend winterlich und als wir am nächsten Morgen losmarschieren befinden
wir uns bald im Schnee. Wir hatten uns vorgenommen, im Wesentlichen dem Rothaarsteig zu folgen, der
beide Gipfel tangiert. Unser Vorhaben wir aber bald etwas abgeschwächt, der Steig ist in dieser
Schneelandschaft nicht immer einfach zu finden und da wir heute durchaus ein ziemliches Pensum vor
uns haben, wäre es kein guter Anfang bereits jetzt an jeder kleinen Kreuzung ein aufwendiges
Navigationsmanöver durchzuführen oder womöglich gar auf den falschen Weg zu geraten. So praktizieren
wir heute den Freestyle, suchen uns den Weg, den wir gerade für richtig halten, überschreiten den
Kahlen Asten und latschen kurz darauf mitten durchs sauerländische Skigebiet. Irgendwelche
geografisch nicht auf den Kopf gefallenen Besserwisser werden jetzt vielleicht verwundert den Kopf
schütteln und sich die Frage stellen, was wir eigentlich auf dem Kahlen Asten zu suchen haben, der
höchste Berg von NRW ist doch eindeutig der Langenberg. Es gibt aber zwei gute Gründe, die den Umweg
über den Kahlen Asten begründen können. Zum einen ergibt sich auf diese Weise eine viel
interessantere und lohnendere Wanderung und zweitens kann ich mich erinnern, auf irgendeiner
unbedeutenden Internetseite eine Diskussion darüber gelesen zu haben, ob denn der Langenberg wirklich
als vollwertiger NRW-Berg gelten kann oder nicht. Offenbar liegt er mehr oder weniger auf der Grenze
zu Hessen und wir haben allesamt keine Lust darauf, uns irgendwann von einem weiteren geografischen
Besserwisser darauf hinweisen zu lassen, das unsere Tour voll für den Hintern war und wir den
höchsten Berg von NRW um Kilometer verfehlt hätten.
Die Wanderung durch die Winterlandschaft ist schön. An einer günstiges Stelle packt Tom seinen
Gas-Kocher (von uns liebevoll „Flamme von Udûn“ genannt) aus und wir machen uns einen leckeren
Glühwein warm und knabbern ein paar Spekulatius. Einige Kilometer weiter verlieren wir tatsächlich
die Orientierung, driften vom rechten Weg ab und passen unsere Tourenplanung ein wenig an. Wir
gelangen in ein Hochtal und haben den letzten Anstieg vor uns, der und alsbald erneut in die
800er-Region vorstoßen lässt. Der Sauerstoffmangel macht sich nicht so schlimm bemerkbar wie
befürchtet, aber die Navigation bereitet uns ziemliche Schwierigkeiten. Der Langenberg ist nicht
gerade durch ein weithin sichtbares Gipfelkreuz gekennzeichnet und auch die eigentlich erwartete
Wander-Autobahn auf den höchsten Gipfel des immerhin bevölkerungsreichsten Bundeslandes, bleibt aus.
Ein kleiner verschneiter Trampelpfad führt irgendwann in die Büsche und kurz darauf finden wir die
Gipfelmarkierung, Menschen finden wir hier oben keine.
Einen Berg zu besteigen ist erst die halbe Miete, heil wieder unten anzukommen ist die Kunst. Auf dem
Abstieg beginnt es zu schneien und kurz darauf befinden wir uns in einer Art Arme-Leute-Whiteout. Wir
passen auf, erreichen gesund und vollständig das Tal und zögern nicht, uns ins erstbeste Restaurant
zu setzen und unsere Energievorräte aufzufüllen, während wir auf den Bus warten. Der Bus hätte uns
wieder sicher ins Bierloch gebracht, wäre nicht die Straße auf Grund eines Unfalls gesperrt worden.
Die Busgesellschaft lässt sich aber nicht lumpen, spendiert den Fahrgästen ein Taxi und kurz darauf
befinden wir uns wieder im Basislager und treten die Heimfahrt an. Gipfel Nummer Eins wäre abgehakt.

Summit 2: Schleswig-Holstein
Datum : 09.04.2004
Gipfel : Bungsberg (168,0)
Wetter : Gut
In den frühen Morgenstunden sitzen wir alle im Auto und verlassen Bremerhaven Richtung Norden. Die
Eltern haben uns Unterschlupf und Nahrung gewährt und uns damit ein geeignetes Basislager für unsere
„3 summits in 1 day“-Aktion zur Verfügung gestellt, auch wenn ich den Verdacht hege, das sie die
tiefere Bedeutung und Sinnhaftigkeit unseres Vorhabens nicht vollständig erkannt haben.
Der gefährlichste Teil ist heute fürs Erste zweifellos die Autofahrt. Wir arbeiten uns durch Bremen
und etwas später durch Hamburg. Das Wetter scheint uns gut gesinnt zu sein, wenn wir am Bungsberg
scheitern sollten, wird es vermutlich nicht am Wetter gelegen haben. Mittlerweile spekulieren wir
über Gerüchte, das Teile unseres Teams bereits in frühester Kindheit auf dem Bungsberg gestanden
haben sollen, die Ostseeküste zählte früher zu den beliebteren Urlaubszielen. Wie auch immer, die
damals gemachten Erfahrungen helfen uns heute offenbar nicht viel weiter, einigermaßen ziellos
kurven wir durch die Bergmassive. Als wir durch Mehrheitsbeschluss der Meinung sind, einen
einigermaßen sinnvollen Basis-Parkplatz erreicht zu haben, schalten wir um auf manuelle Fortbewegung
„by fair means“ und steigen in 15 Minuten die restlichen Meter zum Gipfelbereich. Die Aussicht hier
oben ist gar nicht so übel und reicht eine ganze Menge an Kilometern in die Umgebung. Wir nutzen den
Gipfelstein uns ein bisschen zum Affen zu machen, das ganze fotografisch festzuhalten und arbeiten
uns dann über die Nordwand wieder herunter. Eigentlich war eine Überschreitung nicht geplant, aber da
die Besteigung doch etwas weniger Zeit in Anspruch genommen hat, als veranschlagt, beschließen wir
die Tour noch ein wenig zu verlängern. Nach 2 Stunden von etwas, das wir tunlichst nicht als
Spaziergang zu bezeichnen versuchen, landen wir gesund und vollzählig am Basis-Parkplatz und machen
uns auf zur nächsten Etappe unsere „3 summits on one day“-Tour.
Summit 3: Hamburg
Datum : 09.04.2004
Gipfel : Harburger Berge (116,0)
Wetter : Gut
Wir kommen zeitig in Hamburg an und haben alle Zeit der Welt, uns gemütlich Richtung Mount Hamburg zu
arbeiten. Wir parken eine ganze Ecke entfernt und versuchen, wo wir heute schon im Gipfelrausch sind,
auch noch die mit 155 Metern höchste Erhebung der Schwarzen Berge zu erklimmen. Nicht weil wir damit
irgendeinen Blumentopf gewinnen können, sondern schlicht „weil es sie gibt“. Wir scheitern kläglich,
im dichten Wald ist die höchste Erhebung einfach nicht auszumachen und von einem Gipfelkreuz finden
wir keine Spur. Wir brechen den Versuch irgendwann ab, gute Bergsteiger wissen, wann sie umkehren
müssen, außerdem wird die Zeit knapp.
Um 15 Uhr haben wir ein Treffen mit dem Hamburger Konkurrenz-Team (http://www.16gipfel.de/) vereinbart.
Vor einigen Tagen mussten wir einigermaßen verstört zur Kenntnis nehmen, das wir nicht die einzigen
sind, denen die 7 summits nicht genug sind, diese direkt überspringen und sich der nächst größeren
Aufgabe widmen. Durch einen fruchtbaren Wissensaustausch wissen wir jetzt zumindest genau, wo wir in
Hamburg den 116 Meter hohen Mount Hamburg finden können. Als wir um 15 Uhr am Gipfelstein stehen, ist
vom Hamburger Team aber nichts zu sehen. Verdammt, sie haben es nicht geschafft. Besorgt greifen wir
zum Handy und nehmen Kontakt auf. Zum Glück ist die Mannschaft noch wohlauf, hat sich mit ihrem
GPS-System jedoch verlaufen und befindet sich jetzt ca. 2 Stunden vom Gipfel entfernt. Eine Handvoll
nörgelnder Kinder verhindert wohl den weiteren Gipfelsturm und so machen wir uns bald wieder auf die
Heimreise. Man sieht, das der Mount Hamburg nicht zu unterschätzen ist, selbst mit einer erfahrenen
Mannschaft, die bereits erfolgreich den Brocken bezwungen hatte, und selbst mit bester und modernster
Ausrüstung ist eine Besteigung nicht selbstverständlich. Die Hamburger Gruppe hat jedoch
bewundernswerterweise nicht aufgegeben und konnte einige Monate später den Berg bezwingen.
Summit 4: Bremen
Datum : 09.04.2004
Gipfel : Friedehorstpark (32,0)
Wetter : Gut
Die schwerste Tour steht bevor und dementsprechend nervös arbeiten wir uns mit dem Auto durch die
Bremer Vororte. Nach einigem Hickhack meinen wir einen einigermaßen geeigneten Platz für unser
Basislager gefunden zu haben. Die erste gefährliche Stelle wartet auf uns, wir müssen uns über das
Gelände eines weitläufigen Sanatoriums arbeiten. Wie wir aus quasi allen James Bond-Filmen wissen,
sind Sanatorien grundsätzlich Horte des Bösen und dementsprechend vorsichtig müssen wir uns hier
natürlich bewegen. Die vorsichtige Annäherung an den Friedehorstpark macht sich bezahlt, wir kommen
unbehelligt über das Gelände und stehen plötzlich dem nächsten Hindernis gegenüber. Eigentlich ist
jedem klar gewesen, das heute bis kurz vor dem Gipfelaufbau mit Autoverkehr gerechnet werden musste,
es dauert jedoch ein paar Augenblicke, bis wir die Situation in den Griff bekommen und eine geeignete
Passage entdecken, die dankenswerterweise durch eine Ampel abgesichert wurde. Jede Expedition baut auf
den Erfahrungen und Vorarbeiten der vorherigen auf.
Jetzt befinden wir uns bereits im eigentlichen Gipfelbereich, der von einem Park bedeckt wird. Das
Problem ist es jetzt, den eigentlichen Gipfel zu finden, da es sich genau genommen eigentlich mehr
oder weniger um ein Gipfel-„Plateau“ handelt. Wir blicken uns ratlos um, können in dem unwegsamen von
Bäumen durchzogenen Gelände aber auf Anhieb keinen eindeutigen höchsten Punkt ausmachen. „Das kann ja
Monate dauern“ kommt uns der Gedanke, hoffentlich reichen die Nahrungsmittel. Wenn wir systematisch
einfach jeden Quadratmeter abarbeiten, dann werden wir doch wohl auch irgendwann den höchsten Punkt
erwischen, allerdings wird das etwas schwierig mit dem Gipfelfoto, aus Gewichtsgründen ist natürlich
auch unser Foto-Material strikt begrenzt worden. Wir bewegen uns in den Park hinein und verzichten
heute mal auf jede Sicherung. Alpinstil nennt sich so was wohl. In kleinen Gruppen und blitzschnell
unterwegs, auf unnötigen Ballst wie das Verlegen von Fixseilen wird verzichtet. Aha, dieser
Misthaufen dort scheint der höchste Punkt zu sein, aber Donnerwetter, es gibt einen zweiten Misthaufen.
Mit einem Doppelgipfel hatten wir heute eigentlich nicht gerechnet, die Kondition scheint aber noch
ganz OK zu sein. Abwechselnd überschreiten wir die beiden Gipfel und haben alle Hände voll zu tun,
auf den rutschigen Flanken nicht verschütt zu gehen. Nun ist ein Misthaufen nicht unbedingt als
natürliche Erhebung zu bezeichnen, wir vermuten menschliche Tätigkeit dahinter und machen uns kurz
darauf auf die Suche nach einem guten Gewissens als „natürlich“ zu bezeichnenden Gipfel. Es dauert
eine Weile dann werden wir fündig und müssen enttäuscht feststellen, das uns offenbar keine
Erstbesteigung geglückt ist. Wir bitten eine Frau, die gerade ihren Kinderwagen über den Gipfelbereich
schiebt, ein Foto von uns zu machen und verzichten darauf, ihr zu erklären, warum wir gerade hier an
dieser Stelle ein Foto haben möchten, wo es doch massenweise fotogenere Ecken gibt.
Der Berg gehört dir erst, wenn du wieder am Auto bist, vorher gehörst du dem Berg. Das massenweise
Studium der einschlägigen Berg-Literatur macht sich bezahlt, diesen überlebenswichtigen Grundsatz
verlieren wir heute nicht aus den Augen. Wie schnell es passieren kann, dass man sich selbst in
einfachstem Gelände in einem Whiteout verlieren kann und man seine Nase und ein paar Gliedmaßen
verliert, wissen wir alle, seid Krakauer damit ein paar Millionen verdient hat.
Auf dem Weg durch das Sanatorium kommt uns der Gedanke, dass dies doch eigentlich ein ganz netter Ort
wäre, sich irgendwann, wenn die Zeit gekommen ist, zur Ruhe zu setzen. Wenn die körperliche Verfassung
es zulassen wird, könnten wir dann immer noch mal mit unseren Schoppern zum Mount Friedehorst
aufbrechen.
Am Abend treffen wir wieder bei den Eltern in Bremerhaven ein, ernsten jedoch nicht so viele
Begeisterungsstürme, wie wir es uns erhofft hatten.
Summit 5: Thüringen
Datum : 07.08.2004
Gipfel : Großer Beerberg (982,0)
Wetter : Sehr Gut
Der erste Kontakt mit den fernöstlichen Bergmassiven steht bevor. Von Würzburg beginnend arbeiten wir
uns über endlose Landstraßen Richtung Zella-Mehlis und dann noch ein paar Meter weiter bis kurz vor
Oberhof. Immerhin ein paar klangvolle Namen fallen hier und dort. Oberhof ist im Wintersport mehr als
ein Begriff und der nahe liegende Rennsteig gehört zu den bekanntesten Mehrtages-Wanderwegen in
Deutschland. Wir suchen uns einen günstig gelegenen Parkplatz, der ungefähr die Dimensionen einer
kleinen Weltausstellung hat und begeben uns tatsächlich auf eine Etappe des Rennsteigs. So richtig
spannend ist die Angelegenheit nicht, vom Rennsteig hatten wir alle offenbar weitaus dramatischere
Fantasien. Es beginnt eine recht dröge Wanderung über Autobahn-ähnliche Wege und das, trotz der
Höhenlage, ohne jede Aussicht. Irgendwann kommen wir dem Beerberg so nahe, das wir den Wanderweg
verlassen müssen und uns in die Büsche schlagen. Der Gipfelaufbau selbst ist von einem
Naturschutzgebiet bedeckt, der eigentlich nicht betreten werden darf. Nun ja, wir sind nicht um die
halbe Welt gereist, um dann vor einem grünen Schild zu kapitulieren und treffen kurz darauf auf einen
Beerensammler, der offenbar ebenfalls den Schritt in die Illegalität gewagt hat und uns ein paar
Tipps gibt, wo wir denn auf diesem Plateau die besten Chancen haben, den eigentlichen höchsten Punkt
zu finden. Das gestaltet sich als gar nicht so einfach. Zwar gibt es so eine Art Gipfelstein, aber
der Weg zu diesem Stein ist offenbar abfallend und das stellt dessen Qualität irgendwie in Frage. Ein
paar Ecken weiter gibt es noch so eine Art Gipfelmarkierung, die aber ebenfalls nicht gerade durch
irgendeine Art von geografischer Hervorhebung besticht. Wir lösen das Problem, indem wir einfach
überall ein paar Gipfelfotos machen und hoffen ansonsten darauf, dass nicht irgendwann irgendein
Naseweiß ankommt und darauf aufmerksam, das der eigentliche Gipfel genau auf dem Quadratmeter zu
finden ist, von dem wir offenbar kein Foto gemacht haben. Am Ende laufen wir denselben Weg zurück,
sinnvolle Alternativen sind so ohne weiteres nicht auszumachen.
Summit 6: Hessen
Datum : 08.08.2004
Gipfel : Wasserkuppe (950,0)
Wetter : Sehr Gut
Unser letzter Besuch auf der Wasserkuppe lag ja nun leider im vorherigen Dezember, zählt daher also
nicht, wenn man die 16 summits in einem Jahr besteigen möchte. Also machen wir uns erneut auf nach
Poppenhausen und gehen, da keiner von uns im Vorfeld Lust hatte eine Alternativ-Route auszuarbeiten,
den bereits bekannten Weg. Immerhin werden uns dort keine Überraschungen erwarten und unsere Chancen
auf einen Gipfelerfolg sind überwältigend. Die Verhältnisse haben sich auch deutlich verbessert.
Mussten wir im Dezember noch mit Eis, Nebel, Wind und Kälte zurechtkommen, ist heute von alledem
nichts zu spüren. Irgendwann erreichen wir den Gipfel, der ziemlich gut besucht ist. Wanderer in allen
möglichen Formen, Größen und Farben tummeln sich hier oben, was die eigene Leistung etwas relativiert.
Es lässt sich nicht gut Eindruck schinden, mit einer Gipfelbesteigung, wenn nebenan eine Mutter ihren
Kinderwagen hochschiebt.
Auf dem Abstieg lassen wir zur Abwechslung mal unsere Standardroute links liegen und traversieren zum
nahe gelegenen Pferdskopf. Interessante Aussicht. Von hier schlagen wir uns Querfeldein und arbeiten
uns über die Flanke zurück auf den Wanderweg. Ein gutes Stündchen später stehen wir wieder in
Poppenhausen und sind einhellig der Meinung, das wir es tunlichst schaffen sollten, die 16 summits
dieses Jahr zu erledigen. Ein drittes Mal auf die Wasserkuppe würden wir uns gerne sparen. Man soll
sein Glück nicht überstrapazieren.
Summit 7: Bayern
Datum : 18.09.2004
Gipfel : Zugspitze (2963,0)
Wetter : Hervorragend
Wir scheinen Glück zu haben. Nachdem wir aus diversen Gründen unseren Zugspitz-Termin immer weiter
nach hinten verschoben haben, scheinen wir tatsächlich das letzte Wochenende in diesem Jahr erwischt
zu haben, das sich für eine zünftige Besteigung eignet. Von einer Verlängerung des Wochenendes und
damit auch von einer Begehung des Jubi-Grates haben wir abgesehen, aber der Höllental-Aufstieg sollte
auch eine angemessene Alternative sein. Am Freitagabend fahren Christelle und ich nach Würzburg,
übernachten bei Dani + Tom, mit denen wir uns am nächsten Morgen in Garmisch treffen, von wo aus sie
aus dem Allgäu anreisen, wo sie ihren Urlaub verbracht haben. Am Garmischer Bahnhof lesen wir die
beiden auf und fahren die restlichen paar Meter nach Hammersbach, wo wir wegen Überfüllung direkt
wieder umdrehen müssen und in dem kleinen Örtchen zuvor mehr schlecht als recht einen Stellplatz
ergattern. Scheint was los zu sein hier und erste Zweifel kommen auf, ob wir uns bei der Organisation
einer Hüttenübernachtung nicht vielleicht doch ein bisschen mehr Mühe hätten geben sollen, bzw. ob wir
uns nicht überhaupt(!) irgendwelche Mühe hätten geben sollen. Na ja, wenn man die Probleme nur lange
genug vor sich her schiebt, dann erledigen sie sich irgendwann von selbst, so heißt unser Motto,
außerdem gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse darüber, wo wir heute überhaupt übernachten
wollen. Wir marschieren gemütlich ins Höllental, zahlen einen kleinen Obolus, für die Durchquerung der
sehenswerten Klamm und sitzen um kurz vor 13 Uhr auf der Terrasse der Höllental-Hütte und schlürfen
eine Apfelschorle. Jetzt stellt sich die schwerwiegende Frage, ob wir heute direkt noch den Gipfel
ins Visier nehmen sollten, was den durchaus beachtlichen Vorteil hätte, das wir morgen keinen ganz so
selbstmörderischen Tag, mit Anstieg, Abstieg und Heimfahrt vor uns hätten. Ich hab so meine Bedenken,
ob wir den Anstieg von quasi 0 auf 3000 Metern innerhalb von 10 Stunden anständig verkraften werden,
aber die Vorteile wären überwältigend und selbst mit angezogener Handbremse sollten wir innerhalb der
restlichen 7 Stunden Tageslicht den Gipfel erreichen können. 5 Stunden benötigt man normalerweise für
den Aufstieg, erzählt uns die Kellnerin und weist direkt noch darauf hin, das wir ohne Steigeisen
nicht mal daran denken sollten, aufzubrechen. Wir schauen uns ein wenig betreten an, auf Steigeisen
haben wir der Einfachheit halber verzichtet, sämtliche Berichte aus dem Internet wiesen darauf hin,
das diese eigentlich und tendenziell eher nicht unbedingt notwendig sind. Na ja, die Kellnerin tut
halt nur ihre Pflicht und ein paar Minuten später brechen wir auf. Wir schlagen ein langsames Tempo
ein, so ganz kurz ist die Tour nämlich nicht und man kann zu Recht befürchten, dass wir dem schnellen
Höhengewinn irgendwann Tribut zollen werden. Nach einigen Höhenmetern legen wir unser Klettersteig-Set
an, es kommen die ersten versicherten Passagen. Das Höllental-Panorama ist tatsächlich sehenswert,
irgendwo vor uns wartet auch schon der Ferner und wir beobachten einige Grüppchen, die sich dort
(nicht sehr schnell) aufwärts bewegen. Warum die Grüppchen sich nicht sehr schnell bewegen, wird uns
sehr bald klar, als wir selbst plötzlich nicht mehr vorwärts kommen. Eine rutschige Passage im
mittleren Teil des Ferners hätte uns um ein Haar alle Gipfelträume zunichte gemacht. Man kann die
Passage nicht unbedingt als Steileis bezeichnen, aber der Belag hat verdächtig viel Ähnlichkeit mit
Schmierseife und ich lege ein paar überraschende Rutschpartien hin, die mich immer wieder an den
Anfang der Passage befördern. Das Ganze beginnt den Bereich der Harmlosigkeit zu verlassen und wir
fühlen uns nicht mehr so richtig wohl. Irgendwann ist die Passage überwunden, aber ohne Steigeisen
bewegen wir uns nicht gerade, nun ja, selbstbewusst. Je höher wir kommen, desto unangenehmer,
Pessimisten würden sagen lebensgefährlicher, werden die potenziellen Rutschpartien. Irgendwann
erreichen wir den Bergschrund und eiern mit gehörigem Respekt, Pessimisten würden sagen Angst,
zu den Felsen hinüber. Ach, so ein Felsen ist doch schon was schönes, langsam und stetig arbeiten wir
uns den Klettersteig hinauf. Alle Sorgen verflüchtigen sich, der abrupte Höhenwechsel wird uns heute
nicht daran hindern, den Gipfel zu erreichen. Oben warten ein paar vereiste Passagen und ein arg
zerschundener mittlerweile 70jähriger, ehemaliger Bergführer, der von 2 Kumpels den Berg
hinaufbegleitet wird. Irgendwo unterwegs hat er sich wohl verletzt, kann den einen Arm nicht mehr
gebrauchen und erzählt, dass er heute bei seiner 21ten Besteigung zum ersten Male Steigeisen benötigt
hätte. Na toll, sage ich mir und versuche den Vertrauensverlust zu beziffern, den ich mir heute
gegenüber meiner Frau eingehandelt habe. Am Gipfel ist es lausig kalt, wir machen ein schnelles
Gipfelfoto und betreten die kleine Stadt, die den Gipfelbereich bedeckt. Die Anzahl der Hotels hält
sich aber anscheinend in Grenzen, stellen wir erstaunt fest, und betreten die nach menschlichem
Ermessen einzige Unterkunft weit und breit, das Münchner Haus. Den Wirt als unfreundlich zu bezeichnen
wäre nicht ganz korrekt, in Wirklichkeit ist er noch etwas viel schlimmeres, dessen Namen mir aber
gerade nicht einfällt. Wie es scheint hat die ganze Zugspitz-Stadt nur 24 Betten zu bieten und die
allesamt im Münchner Haus, was vor allem deswegen schade ist, da offenbar gerade 80 Personen
Unterkunft beanspruchen. Wir ergattern ein Tischlein mit 4 Sitzplätzen und ergeben uns dem
Galgenhumor. Es werden ein paar hoffnungslose Alternativpläne aufgestellt, wieder verworfen und sich
am Ende der Tatsache ergeben, das wir hier oben schlicht und einfach festsitzen. Nach einer kleinen
improvisierten Geburtstagsfeier, einem heißen Süppchen und etwas zu trinken, verkündet der
Hütten-Dämon irgendwann die Schlafenszeit, verteilt ein paar Decken und lässt sich den Gästen einen
mehr oder weniger bequemen Platz auf dem Boden suchen. Die Nacht verläuft gar nicht so schlimm wie
befürchtet, zum einen erfriert keiner, zum anderen finde ich tatsächlich ein bisschen Schlaf und am
Ende tritt der quasi eigentlich unmögliche Fall ein, das nicht eine einzige Person schnarcht. Noch vor
dem ersten Tageslicht werden wir vom Hütten-Teufel aus den Betten gescheucht, einige Leute wollen
heute den Jubi-Grat machen und da ist nicht einzusehen, warum andere Personen länger schlafen sollen
als diese. Wir knabbern lustlos unser Frühstück und machen uns zur Dämmerung und in eisiger Kälte an
den Abstieg über die Wiener-Hütte. Der Weg ist nicht sehr erfreulich, es sei denn man ist
zufälligerweise ein Schutt-Fan. Überraschenderweise (zumindest für uns) finden wir uns plötzlich in
einem waschechten Klettersteig wieder, der zunächst unmerklich, dann aber langsam immer deutlicher
werden Klettersteig-Charakter aufweist und am Ende auch noch einen ziemlich alpinen Touch bekommt.
Vor lauter Überraschung lassen wir auch direkt alle Regeln der Vernunft fallen und bewegen uns
ungesichert hinunter, stellen erst am Ende fest, was wir da gerade getan haben, verdrängen das Ganze
auf der Stelle und laufen noch ein paar weitere Stunden zurück zum Ausgangspunkt. Am Auto angekommen,
kann man durchaus sagen, dass sich eine gewisse Erschöpfung breit gemacht hat, die Tour war schon
eine Wucht. Als Resümee bleibt vielleicht festzuhalten, das die Tour zwar vergleichsweise lang gewesen
ist, was die Orientierung z.B. bei der Lokalisierung des Gipfelbereiches anbelangt, aber lange nicht
so anspruchsvoll war, wie beispielsweise im Friedehorst-Park.

Summit 8: Niedersachsen
Datum : 25.09.2004
Gipfel : Wurmberg (971,0)
Wetter : Regnerisch
Als Basislager haben wir uns heute praktischerweise bei Toms Eltern, Inge und Fred, eingenistet.
Eine gute Wahl, kaum sind Christelle und ich angekommen, sitzen wir auch schon zusammen am Tisch,
bekommen was zu essen und schlürfen leckeren Rotwein. Es gibt nicht viel zu organisieren für unsere
Tour, Fred hat es sich natürlich nicht nehmen lassen, alles bis ins kleinste auszuarbeiten. Wir werden
von ihm zu einer strategisch günstigen Stelle in der Nähe des Wurmbergs gebracht, können uns dann zum
Brocken durchschlagen und werden nach dessen Überschreitung ein paar Kilometer weiter wieder
aufgelesen. Auf Nachfrage, ob er denn nicht mitlaufen möchte, verneint er, aber ich fürchte wir waren
einfach nur nicht hartnäckig genug. Am nächsten Morgen und bei bescheidenem Wetter beginnen wir unsere
Tour, stehen kurz darauf auf dem Wurmberg und freuen uns, jetzt die Hälfte unseres 16-Summits-Programms
geschafft zu haben. Ein paar Stunden später haben wir uns zum Brocken durchgearbeitet, gutes
Kartenmaterial leitet uns auch durch miserable Sichtverhältnisse. Der Gipfel ist nicht gerade dezent
und mit allerlei Bebauung versehen. Ein sehr großzügig dimensioniertes Restaurant, ein interessant
gestalteter Gipfelbereich und, nun ja, einer Eisenbahnstation. Die Fernsicht heute reicht gerade mal
bis zur direkt benachbarten Person, nichtsdestotrotz ist einiges los hier. Krakauer hätte alle Mühe,
die Situation zu einer halbwegs dramatischen Story zu verarbeiten, und so machen wir uns bald darauf
an den Abstieg. Irgendwann kurz vor dem Ziel kommen wir an einem schönen Stausee vorbei und Tom hält
dies für den geeigneten Zeitpunkt, Fred über unseren Erfolg zu informieren und ihn zum angesprochenen
Treffpunkt zu ordern. Kurz darauf verlaufen wir uns kolossal und bemühen uns redlich, dieses
Missgeschick kurz darauf Fred gegenüber, schönzureden.
Wir können uns nicht beklagen, am Abend werden wir von Inge wiederum bestens versorgt. Fred gibt sich
alle erdenkliche Mühe, uns vor dem nächstes Jahr bevorstehenden Rumänien-Trip abzubringen. Offenbar
möchte er lieber alleine in seine ehemalige Heimat, sonst wäre es schwer zu erklären, warum wir am
Ende des Abends ein Rumänienbild vor Augen haben, das quasi aus nix anderem als Bären, Wölfen, Flöhen,
gewalttätigen und betrunkenen Holzfällern und beißwütigen schafehütenden Killerhunden besteht.

Summit 9: Sachsen-Anhalt
Datum : 25.09.2004
Gipfel : Brocken (1142,0)
Wetter : Regnerisch
Bericht siehe Summit 9
Summit 10: Saarland
Datum : 09.10.2004
Gipfel : Dollberg (695,0), Schimmelkopf (695,0)
Wetter : Bewölkt
Nachdem wir die drei Gipfel (Saarland kann sich nicht für einen eindeutigen höchsten Punkt entscheiden)
auf der Straßenkarte ausgemacht haben, kommt zum ersten Male die vage Idee auf, diese allesamt auf
einer einzigen langen Tour zu besteigen. Sie scheinen durch so eine Art Fernwanderweg mehr oder
weniger verbunden zu sein und das verspricht eine recht schöne Wanderung zu werden. Auf halber Strecke
hätte man eine Reihe von Ortschaften, bei denen man das Ganze notfalls abbrechen könnte. Mit dieser
vagen Idee im Hinterkopf (einen Plan kann man es wohl noch nicht nennen), suchen wir uns eine Pension
im Zielgebiet und trudeln im Laufe des Freitag abends ein. Die Auswahl der Pension erfolgte nach dem
bewährten Prinzip, ins Internet zu gehen, sich dort eine Liste der verfügbaren Unterkünfte auflisten
zu lassen und dann die günstigste zu nehmen. Niemand soll glauben, dass der Preis für eine Unterkunft
in irgendeiner Beziehung zur Qualität steht. Wir bekommen von der netten Wirtin das größte
Schinkenbrot unseres Lebens serviert, unterbreiten ihr unser Vorhaben und bekommen postwendend das
Angebot, uns am nächsten Abend von ihr an unserem Ziel abholen zu lassen. Das löst auf einen Schlag
alle logistischen Probleme und wir brauchen nicht mehr große Fahrmanöver abzuhalten, um unsere Wagen
möglichst strategisch zu platzieren. Am nächsten Morgen sitzen wir um 7:30 Uhr am Frühstückstisch,
fahren kurz darauf Richtung Schimmelkopf und beginnen unsere Tour um 8:45 Uhr. In wenigen Minuten
erreichen wir den Gipfel des nahe gelegenen Gipfels und freuen uns, dass dort ein Schild steht, das
diesen Punkt mehr oder weniger eindeutig als höchste Erhebung des Saarlandes ausweist. Nachdem wir
auf unserer Wanderkarte festgestellt hatten, dass sowohl Schimmelkopf als auch Dollberg exakt auf der
Grenze zur Pfalz liegen, kamen uns ernste Zweifel, ob wir überhaupt die richtigen unstrittigen Gipfel
ansteuern würden. Unsere Zweifel wurden von der Wirtin auch nicht gerade zerstreut, die beim Thema
„höchster Berg des Saarlandes“, eine ganze Reihe von Gipfel nannte, die uns völlig unbekannt waren und
allesamt etwas über 500 Meter hoch sind. Ein flüchtiger Blick auf die Karte zeigte, das es wiederum
eine ganze Reihe weiterer Gipfel gab, die wiederum höher waren, als die von der Wirtin genannten,
allesamt im Saarland lagen, aber deutlich von den 695 Metern des Schimmelkopfes und des Dollbergs
entfernt waren. Wie dem auch sei, wir freuen uns, auf dem Schimmelkopf einen eindeutigen Hinweis zu
erhalten und betrachten das Ganze als offizielle Bestätigung, die niemand anfechten darf.
Haben wir den Schimmelkopf noch schnell und unproblematisch erreicht, beginnt jetzt eine grandios
Odyssee durch das saarländisch-pfälzische Grenzgebiet, die uns bis zum Ende der Tour auf dem Erbeskopf
den letzten Nerv rauben würde. Eigentlich sind wir alle 4 durchaus in der Lage eine Karte halbwegs
anständig zu lesen und zu interpretieren, aber dieses Mal haben Karte und Realität schlicht und
einfach keinerlei nennenswerte Ähnlichkeiten. Die Markierungen der Wege haben überhaupt keinen Bezug
zu denen auf der Wanderkarte und selbst die Wege und Straßen selbst scheinen sich in den letzten
Jahren irgendwie vollständig neu angeordnet zu haben. Irgendwann kommen wir zu dem Schluss, das uns
im Kartenhaus offensichtlich ein Mängelexemplar angedreht wurde, oder das die Wegmarkierungen von
ein paar frechen Kids neu platziert wurden, die dann aber zusätzlich ein paar umfangreiche
Straßenbauarbeiten hätten vornehmen müssen. Trotz Karte erreichen wir irgendwann den Dollberg,
nachdem wir uns kurz zuvor staunend durch eine riesige archäologische Grabungsstätte gearbeitet haben.
Einer der Vorgipfel des Dollberges besteht aus einem riesigen Areal, in dem vor etlichen Jahrhunderten
die Hunnen gehaust haben. Der Dollberg ist nicht so gut ausgewiesen wir der Schimmelkopf, als es wieder
bergab geht, entscheiden wir uns mehrheitlich dafür, hier den höchsten Punkt erreicht zu haben.
Mittlerweile ist es gut 16 Uhr und es gibt keine Zeit mehr für großartige Umwege. Wir schlagen uns in
die Büsche, steigen auf der Direttissima ins Tal ab und begeben uns auf den langen Weg zum Erbeskopf.
Der Weg führt in einer einzigen geraden Linie zum Erbeskopf und ist einfach zu finden, denken wir uns,
ehe wir plötzlich auf eine Landstraßen treffen, die dort nie und nimmer hätte existieren können. Nach
einigem Herumrätseln können wir uns halbwegs lokalisieren und beschließen der Straße erstmal zu folgen,
immerhin treffen wir dort regelmäßig auf Ortschaften, offenbar die einzige Möglichkeit, sich in dieser
Gegend zurechtzufinden. Um 19:00 Uhr dämmerts und eine halbe Stunde später ist es stockfinster.
11 Stunden sind wir jetzt unterwegs und tappen im Licht der Stirnlampen Richtung Gipfel des Erbeskopfes.
Der ist gar nicht so einfach zu finden, die Beschilderung lässt zu wünschen übrig, die Wege sind nicht
sehr ausgeprägt und der Lichtkegel der Lampen ist begrenzt. Immerhin, der Weg steigt nach wie vor an,
ein vergleichsweise sicheres Zeichen dafür, dass wir noch auf dem rechten Weg sind. Irgendwann taucht
über den Bäumen die Silhouette eines Turmes auf, offenbar der Gipfelturm. Wir verlassen den Weg und
steuern ihn direkt an. Um Punkt 20 Uhr stehen wir am Gipfel und bekommen prompt den ersten Regen des
Tages ab. Wir machen ein paar Bilder und es dauert nicht lange, dann macht sich Kälte breit. Wir rufen
die Wirtin an und freuen uns, dass sie ihr Versprechen wahr macht und uns kurz darauf mit dem Auto
abholt. In der Pension angekommen fallen wir völlig ausgehungert über das beste Rührei unseres Lebens
her, trinken ein paar der besten Weizen unseres Lebens und fallen tot ins beste Bett unseres Lebens.

Summit 11: Rheinland-Pfalz
Datum : 09.10.2004
Gipfel : Erbeskopf (818,0)
Wetter : Bewölkt
Bericht siehe Summit 10

Summit 12: Mecklenburg-Vorpommern
Datum : 31.10.2004
Gipfel : Helpter Berg (179,0)
Wetter : Bewölkt
Um 6 Uhr sitzen Christelle und ich im Auto und düsen Richtung Kirchheim, wo wir uns um 8:30 Uhr mit
Dani + Tom auf dem McDonalds-Parkplatz treffen wollen. Heute beginnt die grauenhafteste Tour unserer
16-Summits-Aktion, die gefürchtete Ossi-Runde. Gefürchtet nicht wegen der objektiven Gefahren,
sondern wegen der objektiven Langeweile. Auf über den Daumen gepeilt 2 Stunden Bergsteigen kommen über
den Daumen gepeilt 25 Stunden Autofahrt.
Um 11 Uhr geraten wir in das Gravitationsfeld von Leipzig, wo wir uns, wo wir schon mal hier sind, die
Everest-Ausstellung anschauen wollen. Leipzig scheint hermetisch abgeschottet, 2 Einfallsrouten
erweisen sich als gesperrt und erst gegen 12 Uhr erreichen wir dass Gasometer. Die Ausstellung ist
ziemlich genial gemacht. Ein kurzweiliger Rundkurs mit den gröbsten Informationen zum Berg führen
langsam aber sicher ins Herzstück, dem riesigen Atrium, das rundum mit Leinwänden behängt ist, die ein
gigantöses Panorama des Tal des Schweigens zwischen Everest, Lhotse und Nuptse bieten. Das Panorama
ist dermaßen beeindruckend und durch geschickte Lichteffekte, die den Tages- und Nachtrhythmus
darstellen, dermaßen realistisch dargestellt, dass man kurzzeitig tatsächlich vergessen könnte, dass
man sich eigentlich gerade in Leipzig aufhält. Die Reise nach Nepal, einige Monate zuvor, hätten wir
uns komplett sparen können, dort waren die Eindrücke auch nicht viel besser.
Nach dem Everest-Panorama befinden wir uns jetzt natürlich in der richtiges Stimmung, selbst Hand an
einen Berg zu legen, düsen noch ein paar Kilometer weiter und fackeln nicht lange, den 201 Meter hohen
Hagelberg in Brandenburg zu besteigen. Hier haben sich vor einigen hundert Jahren Deutsche und
Franzosen geprügelt, unsere eigene Deutsch-Französische Gruppe versucht dieses Thema aber erfolgreich
nicht weiter zu vertiefen. Brandenburg ist mit der Besteigung des Hagelbergs leider nicht abgehakt, 2
weitere 201 Meter hohe Berge kämpfen um die Krone. Es geht weiter an Berlin vorbei Richtung
Mecklenburg-Vorpommern, das wir, nachdem wir gerade noch einen eklatanten Planungsfehler korrigieren
konnten, gegen 19 Uhr in Nebel und Dunkelheit erreichen. Die Planung sah ein 177 Meter hohes Massiv in
den Ruhner Bergen vor und um ein Haar hätten wir den 179 Meter hohen Helpter Berg ignoriert.
Wir kurven ein wenig durch Woldegk und die umliegenden Landstriche und versuchen den Berg zu finden.
Nebel, Dunkelheit und ein ziemlich dünn besiedelter Landstrich sorgen für eine mehr als unheimliche
Atmosphäre. Wir fragen hier und dort mal ein paar düstere Gestalten nach dem Weg ernten jedoch,
abgesehen von ein paar sehr konkreten seltsamen Blicken, eher unkonkrete Informationen. In diesem Dorf
hinterlassen wir heute Abend mit Sicherheit keinen guten Eindruck und ich habe das deutliche Gefühl,
das unser Nummernschild heute mehr als einmal notiert wird. Wenn heute Nacht in diesem Dorf irgendetwas
Grässliches passiert, dann wird man am nächsten Morgen keine Schwierigkeiten haben, ein paar
anständige Tatverdächtige zu präsentieren und wir hätten wohl ziemliche Probleme, unsere Anwesenheit
halbwegs plausibel zu erklären. Tom dirigiert uns mit seinem Höhenmesser auf einen Punkt von 140
Metern und wir fragen uns, wenn man die Messungenauigkeiten berücksichtigt, ob das jetzt der Helpter
Berg sein könnte. Wir steigen aus, tappen ein bisschen im Dunkeln und sind von ziemlicher Ratlosigkeit
geprägt. Die Sichtweite beträgt (trotz Stirnlampen) höchstens 15 Meter und es wäre ohne weiteres
möglich, das 16 Meter entfernt ein kapitaler 8000er steht, ohne das wir es bemerkt hätten. Nach
einigen ratlosen Minuten einigen wir uns darauf, heute doch hier im Ort zu übernachten und den Berg
morgen bei Tageslicht zu suchen. Wir suchen uns eine der wenigen Unterkünfte, die nicht eklatant an
„Bate’s Motel“ erinnern, und beschließen am nächsten Morgen bereits vor dem Frühstück den Gipfel zu
besteigen, um die verlorene Zeit wieder gutzumachen. Die unplanmäßige Übernachtung entpuppt sich als
erstaunlich gute Idee. Die Stelle die wir am Abend zuvor in Verdacht hatten, ist nicht mal annähernd
in Gipfelnähe. Außerdem bekommen wir so eine halbwegs ehrenhafte Besteigung hin, das Befahren eines
Gipfels mit dem Auto wäre bei einigen unverbesserlichen Puristen möglicherweise auf Rumnörgelei
gestoßen.
Nachdem MV also erfolgreich absolviert ist, begeben wir uns nach Berlin und verbringen ausgiebig Zeit
damit, den höchsten Punkt des Müggelberg-Massivs zu suchen. Die anwesenden Passanten glänzen durch
völlige Unwissenheit, weisen uns in die verschiedensten Richtungen und scheinen bei dem Thema
„höchster Punkt“ grenzenlos überfordert. Der Verweis auf den Müggelturm ist eine beliebte Antwort, zu
dem man jedoch absteigen muss und daher für uns nicht wirklich in Frage kommt. Mit Toms Höhenmesser
arbeiten wir uns schließlich über den Grat und durch den Wald und am Ende haben wir den einigermaßen
unzweifelhaft höchsten Punkt lokalisiert. Die nette alpine Tradition, den höchsten Punkt eines Gipfels
mit einem monumentalen Kreuz zu bestücken, scheint an Berlin vollständig vorbeigegangen zu sein. Dani
versucht sich derweil einigermaßen bedeckt zu halten, sie kämpft beruflich gerade auf der Seite der
Gerechtigkeit gegen den Ausbau des nahe gelegenen Flughafens Schönefeld und befürchtet, völlig zu
Recht, im Falle des „erkannt werdens“ einige umfangreiche Fragestunden absolvieren zu müssen, und
dafür haben wir einfach keine Zeit.
An der brandenburgisch-sächsischen Grenze machen wir kurz darauf einen weiteren kleinen Abstecher in
die Wildnis und besteigen die beiden fehlenden Massive, die sich zusammen mit dem bereits gestern
bestiegenen Hagelberg, darum streiten, der höchste Punkt Brandenburg zu sein. Auch der Kutschenberg
und der Heideberg sind jeweils 201 Meter hoch. Wir sind ziemlich erleichtert, Brandenburg endlich ohne
jeden Zweifel erledigt zu haben.
Wir düsen noch 2 weitere Stunden ins Erzgebirge, nisten uns in Oberwiesenthal ein und bereiten uns
mental auf die Glanzleistung dieses Wochenendes vor, einer Besteigung des Fichtelberges in etwas, was
man abgespeckten Alpinstil nennen könnte. Ohne alles und blitzschnell. Jens Weissflog ist
Oberwiesenthaler, wer es noch nicht wusste wird im Ort bei jeder Gelegenheit nachdrücklich darauf
hingewiesen.
Am nächsten Morgen ist es kalt und nebelig. Wir steigen zügig auf, es gibt wahrlich nicht viele Gründe
sich Zeit zu lassen. Oben angekommen stehen wir in völligem Nebel, können mit Mühe die
Gipfelmarkierung ausfindig machen, verdrücken im nahe gelegenen Restaurant-Palast einen Glühwein und
freuen uns es jetzt tatsächlich auf 15 Gipfel gebracht zu haben. Erstaunlicherweise haben sich auf den
3 Tagen fast ununterbrochener Autofahrt auch keine größeren Zweifel am Sinn und an der tieferen
Bedeutung unserer Tour breit gemacht und das ist vielleicht der größte Erfolg.
Summit 13: Berlin
Datum : 31.10.2004
Gipfel : Großer Müggelberg (115,0)
Wetter : Geht so
Bericht siehe Summit 12
Summit 14: Brandenburg
Datum : 30.10.2004 und 31.10.2004
Gipfel : Kutschenberg (201,0), Hagelberg (201,0), Heideberg (201,0)
Wetter : Gut
Bericht siehe Summit 12
Summit 15: Sachsen
Datum : 01.11.2004
Gipfel : Fichtelberg (1.214,0)
Wetter : Nebelig, windig und kalt
Bericht siehe Summit 12
Summit 16: Baden Württemberg
Datum : 18.12.2004
Gipfel : Feldberg (1.493,0)
Wetter : wolkig, verschneit und eisig kalt
An irgendeiner Stelle habe ich wohl nicht aufgepasst, jedenfalls habe ich plötzlich wieder die Aufgabe
an den Hacken, uns eine Unterkunft zu besorgen. Nachdem ich auf die Schnelle einen Ort ausgemacht
habe, der einigermaßen in Feldberg-Nähe liegt (Hinzerzarten, da wo Hanni herkommt), lasse ich mir
wieder mal per Internet eine Liste der verfügbaren Unterkünfte ausgeben und aufsteigend nach Preis
sortieren. 12 Euro für das Doppelzimmer, das klingt finanzierbar und die nette Frau am anderen Ende
der Leitung weist noch darauf hin, dass für das Wochenende Schnee vorausgesagt wird. Die Woche
gestaltet sich mehr als chaotisch, beruflich stolpere ich von einem desaströsen Tag in den nächsten,
zu Hause türmen sich noch die schmutzigen Klamottenberge vom Irlandurlaub, unsere zukünftige Wohnung
beansprucht unsere Aufmerksamkeit, am Freitag werde ich noch beruflich in Hannover unterwegs sein und
jetzt wartet auch noch der letzte unserer Summits. Aber es gibt nix dran zu deuteln, dieses Wochenende
ist der Vollendung unserer heiligen Mission gewidmet und das einzige, was dem eventuell noch im Wege
stehen könnte, wären bestenfalls ein paar dramatische plattentektonische Veränderungen in der Gegend
Baden Württembergs.
Meine Frau, Dani und Tom lesen mich Freitagabend am Freiburger Bahnhof auf und gemeinsam schlagen wir
uns nach oder vielmehr in die Nähe von Breitnau durch. Ein unscheinbarer Feldweg führt zum
Hintereckhof 15, wo wir von unserer Gastgeberin erwartet werden. Irgendwelche optimistischen
Stadtplaner haben offenbar damit gerechnet, das auch die Nummern 1 bis 14 irgendwann vergeben werden
können, im Augenblick ist unser Hof aber das einzige Gebäude weit und breit. Unsere Unterkunft ist
eher von der rustikalen Art, niedrige Decken und Balken, angrenzende Wirtschaftsgebäude und ein nicht
zu überriechender Flair von Nutztierhaltung. Wir fühlen uns pudelwohl, sitzen kurz darauf im Wohnzimmer
beisammen, trinken ein paar Bier und besprechen den morgigen Tag. Unsere Tour soll eine grobe Runde
werden, die direkt bei unserer Unterkunft beginnt und dort auch wieder endet. Die Entfernungen sind
auf der Karte schwer abzuschätzen, aber wir fangen einfach mal an und improvisieren dann notfalls ein
bisschen. Das Bett erweist sich mal wieder als eines, in dem ich nur diagonal ein gewisse Chance habe,
eine halbwegs gerade Körperposition einzunehmen, aber das Training in Irland erweist sich als nützlich.
Am nächsten Morgen sitzen wir um 8 Uhr beisammen und genießen ein mehr als ausreichendes Frühstück.
Wir warten auf Rupert. Unseren letzten Summit würden wir zum ersten Male nicht alleine besteigen. Tom
und Dani haben einen Bekannten in Freiburg und der würde sich heute dazugesellen. Dagegen gibt es
natürlich keine Einwände, am Tage unseres letzten Summits, ist die Gefahr, dass Rupert uns zuvorkommen
würde, als erster Mensch alle 16 Summits in einem Jahr zu besteigen, relativ gering. Dazu hätte er in
diesem Jahr schon heimlich alle anderen 15 Summits besteigen müssen und ich vermute einfach mal, das
er mit seinem Leben besseres anzufangen weiß. Die Schneeverhältnisse sorgen für ein wenig Verspätung,
aber gegen 9:30 Uhr sind wir alle fünf auf dem Weg. Wir bewegen uns durch eine hübsche Winterlandschaft.
4 Stunden später stehen wir am Feldsee und haben es sage und schreibe geschafft, uns von 1000 Meter
auf 1100 Meter hochzuarbeiten. Der Anstieg beginnt eigentlich erst jetzt so richtig und nachdem wir
am See kurzzeitig die Flamme von Udûn angeworfen und einen Glühwein verdrückt haben, arbeiten wir uns
durch den Wald auf 1300 Meter rauf. Zum Glück weist der Schnee eine halbwegs gut erkennbare Spur auf,
ohne diese hätten wir wohl jetzt ziemlich blöd aus der Wäsche geguckt. Oben angekommen, stehen wir in
einem Skigebiet, erfragen uns den Weg zum Berggipfel und befinden uns kurz darauf wiederum im Aufstieg.
Der Aufstieg im Schnee ist zwar einigermaßen mühselig, aber wir kommen gut voran und stehen kurz
danach auf dem Sattel, der zum Feldberggipfel führt. Lange Stangen markieren den Weg, der ansonsten
vollkommen unter Schnee und Eis verborgen liegt. Wir befinden uns abwechselnd entweder in den Wolken,
bei Null Sicht oder kurz darunter, bei teilweiser erstaunlicher Fernsicht. Der Wind pfeift uns die
Wolkendecke um die Ohren und die gefühlte Temperatur liegt ratzfatz bei mindestens -100 Grad Celsius.
Es ist lausig kalt und wir sind erwartungsgemäß weit und breit die einzigen Lebensformen. Der Weg zum
Gipfel zieht sich in die Länge, aber irgendwann erreichen wir den Steinkreis, der den höchsten Punkt
des Schwabenlandes markiert. Unsere Mission ist erfüllt, ein erhabener Moment. Zumindest wäre er
erhaben gewesen, wenn ich in der Eiseskälte nicht bei jedem Lächeln das Gefühl hätte, dass meine Zähne
gleich zerspringen würden. Der herzhafte Biss in eine Banane hätte meinen Zahnarzt wohl tatsächlich
um ein Haar um ein par Euros reicher gemacht. Ich fummel ein wenig mit meiner Kamera rum, ausgerechnet
hier oben geht mein Film zu Ende, aber nach wenigen Augenblicken sind meine Finger nahezu abgestorben.
Uns kommt der Gedanke, dass man bei einem solchen Wetter und einigen unglücklichen Umständen durchaus
erfrieren kann. Irgendwann stellt sich die Frage des Abstiegs und da wir es bereits 15:30 Uhr haben
mache ich mir ziemliche Sorgen. In einer Stunde wird es finster, möglicherweise sorgen die tief
fliegenden Wolken für eine weitere Verschlechterung der Sicht, der Weg ist noch weit und uns
vollkommen unbekannt, die Schneedecke macht die Wegfindung schon bei Tageslicht recht schwierig und
wir haben es mehr als einmal erlebt, das wir uns auch mit Karte hoffnungslos verfranzt haben. Alles
in allem spricht viel dafür, den sicheren gut markierten Weg zurück ins Skigebiet zu nehmen und uns
dort einfach ein Taxi zu nehmen. Widerspruch gegen diesen Vorschlag gibt es nicht und so stehen wir
kurz darauf wieder in der Zivilisation, nehmen uns den Skibus nach Titisee und setzen uns erstmal ins
Restaurant. Restaurantbesuche sind bei uns immer mit einem gewissen Risiko verbunden, in der Regel
schaffen wir es, uns einigermaßen daneben zu benehmen, aber nichtsdestotrotz essen und trinken wir
auf unseren Erfolg. Das Restaurant ist der Jahreszeit angemessen weihnachtlich dekoriert und ich
starre wie gebannt auf einen nackten Engel, der irgendwas Unaussprechliches mit einem Stern macht,
das ich persönlich für eine ziemliche Sauerei halte.
Am Ende nehmen wir uns ein Taxi, lassen uns zum Hintereckhof bringen, verabschieden Rupert und sitzen
kurz darauf im Aufenthaltsraum zusammen, wo wir unseren restlichen Glühwein verdrücken. Unsere Wirtin
war so freundlich, ihn uns warm zu machen, bekommt dafür aber auch einen Schluck spendiert. Wir sitzen
noch einige Zeit nett beisammen und stellen einhellig fest, dass das Jahr 2004 in fast jeder Beziehung
nur sehr schwer zu toppen sein wird.
Am nächsten Morgen reiben wir uns bei der Begleichung der Rechnung erstmal verwundert die Augen,
irgendwie fühlen wir uns an nepalesische Verhältnisse erinnert. 13 Euro pro Person für die
Übernachtung und zwar MIT Frühstück, da kann man nicht meckern. 1,10 Euro für den Halbliter Bier,
dafür kann man es kaum selber brauen. Es zeigt sich mal wieder, das die günstigsten Unterkünfte
manchmal schlicht und einfach die Besten sind.
beisammen und freuen uns über unsere alpinistische Glanztat, einer Winterbegehung der Wasserkuppe,
immerhin Hessens höchstem Gipfel. Nicht das wir vom Gipfel heute viel gehabt hätten, die Verhältnisse
waren mehr als widrig, aber spaßig war es allemal und nach und nach fragen wir uns, wie man so etwas
wohl noch steigern könnte. Wir gehen die einzelnen Bundesländer durch, versuchen den jeweils höchsten
Punkt zu benennen (was sich bei Ländern wie Bremen oder Hamburg einigermaßen schwierig gestaltet)
und kommen nach und nach zu der Erkenntnis, das es eine ganz interessante Angelegenheit sein dürfte,
diese mal alle abzuklappern. Wir vermuten, das es noch nicht allzu viele Leute gibt, die diese 16
Gipfel bestiegen haben, die meisten haben ja schon alle Hände voll zu tun, die vergleichsweise
übersichtliche Sammlung der 7 Summits zu absolvieren. Nachdem wir uns alle von der Sinnhaftigkeit
dieser Idee überzeugt haben (der eine oder andere brauchte dafür ein Weizen mehr), wird 2004
kurzerhand zu dem Jahr erklärt, wo wir unsere 16 Summits-Aktion durchziehen werden. Einige Tage später
bündeln wir uns ein paar Termine, fassen das eine oder andere Bundesland zu geografisch
zusammengehörigen Einheiten zusammen und beginnen mit der Recherche, wo zum Teufel denn die jeweils
höchsten Punkte eigentlich sind.
Summit 1: Nordrhein-Westfalen
Datum : 28.02.2004
Gipfel : Langenberg (843,0), Kahler Asten (841,0)
Wetter : Winterlich
Am Freitagabend treffen Christelle und ich im Zielgebiet ein, einer kleinen Pension in der Straße mit
dem wunderschönen Namen „Bierloch“. Mittlerweile mache ich mich mir arge Sorgen, wie ich der Wirtin
verkaufen soll, das die anderen beiden Personen ein paar Probleme mit der Anreise haben und eventuell
nun doch nicht kommen werden. Die Wirtin hält sich nicht gerade zurück und betont bei jeder sich
bietenden Gelegenheit, dass sie mit unserer Reservierung für nur eine Nacht nicht so glücklich ist und
sie die Zimmer eigentlich viel wirtschaftlicher hätte vermieten können. Irgendwann trifft die
Nachricht ein, das Dani + Tom sich jetzt tatsächlich auf die Reise gemacht haben und obwohl sie
einige aufwendige Ehrenrunden einlegen, treffen sie dann doch irgendwann im Basislager ein. Wir
gönnen uns noch ein Bierchen, sprechen die grobe Route durch und gehen dann zu Bett. Wir würden
morgen auf augwendige Manöver verzichten, direkt von der Pension aus loslaufen, Kahlen Asten und
Langenberg überschreiten und dann unser Schicksal in Gottes Hände geben und darauf hoffen, das wir
irgendeinen Bus oder irgendein Taxi ergattern können, das uns ins Basislager zurückbringt. Das Wetter
ist der Jahreszeit entsprechend winterlich und als wir am nächsten Morgen losmarschieren befinden
wir uns bald im Schnee. Wir hatten uns vorgenommen, im Wesentlichen dem Rothaarsteig zu folgen, der
beide Gipfel tangiert. Unser Vorhaben wir aber bald etwas abgeschwächt, der Steig ist in dieser
Schneelandschaft nicht immer einfach zu finden und da wir heute durchaus ein ziemliches Pensum vor
uns haben, wäre es kein guter Anfang bereits jetzt an jeder kleinen Kreuzung ein aufwendiges
Navigationsmanöver durchzuführen oder womöglich gar auf den falschen Weg zu geraten. So praktizieren
wir heute den Freestyle, suchen uns den Weg, den wir gerade für richtig halten, überschreiten den
Kahlen Asten und latschen kurz darauf mitten durchs sauerländische Skigebiet. Irgendwelche
geografisch nicht auf den Kopf gefallenen Besserwisser werden jetzt vielleicht verwundert den Kopf
schütteln und sich die Frage stellen, was wir eigentlich auf dem Kahlen Asten zu suchen haben, der
höchste Berg von NRW ist doch eindeutig der Langenberg. Es gibt aber zwei gute Gründe, die den Umweg
über den Kahlen Asten begründen können. Zum einen ergibt sich auf diese Weise eine viel
interessantere und lohnendere Wanderung und zweitens kann ich mich erinnern, auf irgendeiner
unbedeutenden Internetseite eine Diskussion darüber gelesen zu haben, ob denn der Langenberg wirklich
als vollwertiger NRW-Berg gelten kann oder nicht. Offenbar liegt er mehr oder weniger auf der Grenze
zu Hessen und wir haben allesamt keine Lust darauf, uns irgendwann von einem weiteren geografischen
Besserwisser darauf hinweisen zu lassen, das unsere Tour voll für den Hintern war und wir den
höchsten Berg von NRW um Kilometer verfehlt hätten.
Die Wanderung durch die Winterlandschaft ist schön. An einer günstiges Stelle packt Tom seinen
Gas-Kocher (von uns liebevoll „Flamme von Udûn“ genannt) aus und wir machen uns einen leckeren
Glühwein warm und knabbern ein paar Spekulatius. Einige Kilometer weiter verlieren wir tatsächlich
die Orientierung, driften vom rechten Weg ab und passen unsere Tourenplanung ein wenig an. Wir
gelangen in ein Hochtal und haben den letzten Anstieg vor uns, der und alsbald erneut in die
800er-Region vorstoßen lässt. Der Sauerstoffmangel macht sich nicht so schlimm bemerkbar wie
befürchtet, aber die Navigation bereitet uns ziemliche Schwierigkeiten. Der Langenberg ist nicht
gerade durch ein weithin sichtbares Gipfelkreuz gekennzeichnet und auch die eigentlich erwartete
Wander-Autobahn auf den höchsten Gipfel des immerhin bevölkerungsreichsten Bundeslandes, bleibt aus.
Ein kleiner verschneiter Trampelpfad führt irgendwann in die Büsche und kurz darauf finden wir die
Gipfelmarkierung, Menschen finden wir hier oben keine.
Einen Berg zu besteigen ist erst die halbe Miete, heil wieder unten anzukommen ist die Kunst. Auf dem
Abstieg beginnt es zu schneien und kurz darauf befinden wir uns in einer Art Arme-Leute-Whiteout. Wir
passen auf, erreichen gesund und vollständig das Tal und zögern nicht, uns ins erstbeste Restaurant
zu setzen und unsere Energievorräte aufzufüllen, während wir auf den Bus warten. Der Bus hätte uns
wieder sicher ins Bierloch gebracht, wäre nicht die Straße auf Grund eines Unfalls gesperrt worden.
Die Busgesellschaft lässt sich aber nicht lumpen, spendiert den Fahrgästen ein Taxi und kurz darauf
befinden wir uns wieder im Basislager und treten die Heimfahrt an. Gipfel Nummer Eins wäre abgehakt.

Summit 2: Schleswig-Holstein
Datum : 09.04.2004
Gipfel : Bungsberg (168,0)
Wetter : Gut
In den frühen Morgenstunden sitzen wir alle im Auto und verlassen Bremerhaven Richtung Norden. Die
Eltern haben uns Unterschlupf und Nahrung gewährt und uns damit ein geeignetes Basislager für unsere
„3 summits in 1 day“-Aktion zur Verfügung gestellt, auch wenn ich den Verdacht hege, das sie die
tiefere Bedeutung und Sinnhaftigkeit unseres Vorhabens nicht vollständig erkannt haben.
Der gefährlichste Teil ist heute fürs Erste zweifellos die Autofahrt. Wir arbeiten uns durch Bremen
und etwas später durch Hamburg. Das Wetter scheint uns gut gesinnt zu sein, wenn wir am Bungsberg
scheitern sollten, wird es vermutlich nicht am Wetter gelegen haben. Mittlerweile spekulieren wir
über Gerüchte, das Teile unseres Teams bereits in frühester Kindheit auf dem Bungsberg gestanden
haben sollen, die Ostseeküste zählte früher zu den beliebteren Urlaubszielen. Wie auch immer, die
damals gemachten Erfahrungen helfen uns heute offenbar nicht viel weiter, einigermaßen ziellos
kurven wir durch die Bergmassive. Als wir durch Mehrheitsbeschluss der Meinung sind, einen
einigermaßen sinnvollen Basis-Parkplatz erreicht zu haben, schalten wir um auf manuelle Fortbewegung
„by fair means“ und steigen in 15 Minuten die restlichen Meter zum Gipfelbereich. Die Aussicht hier
oben ist gar nicht so übel und reicht eine ganze Menge an Kilometern in die Umgebung. Wir nutzen den
Gipfelstein uns ein bisschen zum Affen zu machen, das ganze fotografisch festzuhalten und arbeiten
uns dann über die Nordwand wieder herunter. Eigentlich war eine Überschreitung nicht geplant, aber da
die Besteigung doch etwas weniger Zeit in Anspruch genommen hat, als veranschlagt, beschließen wir
die Tour noch ein wenig zu verlängern. Nach 2 Stunden von etwas, das wir tunlichst nicht als
Spaziergang zu bezeichnen versuchen, landen wir gesund und vollzählig am Basis-Parkplatz und machen
uns auf zur nächsten Etappe unsere „3 summits on one day“-Tour.
Summit 3: Hamburg
Datum : 09.04.2004
Gipfel : Harburger Berge (116,0)
Wetter : Gut
Wir kommen zeitig in Hamburg an und haben alle Zeit der Welt, uns gemütlich Richtung Mount Hamburg zu
arbeiten. Wir parken eine ganze Ecke entfernt und versuchen, wo wir heute schon im Gipfelrausch sind,
auch noch die mit 155 Metern höchste Erhebung der Schwarzen Berge zu erklimmen. Nicht weil wir damit
irgendeinen Blumentopf gewinnen können, sondern schlicht „weil es sie gibt“. Wir scheitern kläglich,
im dichten Wald ist die höchste Erhebung einfach nicht auszumachen und von einem Gipfelkreuz finden
wir keine Spur. Wir brechen den Versuch irgendwann ab, gute Bergsteiger wissen, wann sie umkehren
müssen, außerdem wird die Zeit knapp.
Um 15 Uhr haben wir ein Treffen mit dem Hamburger Konkurrenz-Team (http://www.16gipfel.de/) vereinbart.
Vor einigen Tagen mussten wir einigermaßen verstört zur Kenntnis nehmen, das wir nicht die einzigen
sind, denen die 7 summits nicht genug sind, diese direkt überspringen und sich der nächst größeren
Aufgabe widmen. Durch einen fruchtbaren Wissensaustausch wissen wir jetzt zumindest genau, wo wir in
Hamburg den 116 Meter hohen Mount Hamburg finden können. Als wir um 15 Uhr am Gipfelstein stehen, ist
vom Hamburger Team aber nichts zu sehen. Verdammt, sie haben es nicht geschafft. Besorgt greifen wir
zum Handy und nehmen Kontakt auf. Zum Glück ist die Mannschaft noch wohlauf, hat sich mit ihrem
GPS-System jedoch verlaufen und befindet sich jetzt ca. 2 Stunden vom Gipfel entfernt. Eine Handvoll
nörgelnder Kinder verhindert wohl den weiteren Gipfelsturm und so machen wir uns bald wieder auf die
Heimreise. Man sieht, das der Mount Hamburg nicht zu unterschätzen ist, selbst mit einer erfahrenen
Mannschaft, die bereits erfolgreich den Brocken bezwungen hatte, und selbst mit bester und modernster
Ausrüstung ist eine Besteigung nicht selbstverständlich. Die Hamburger Gruppe hat jedoch
bewundernswerterweise nicht aufgegeben und konnte einige Monate später den Berg bezwingen.
Summit 4: Bremen
Datum : 09.04.2004
Gipfel : Friedehorstpark (32,0)
Wetter : Gut
Die schwerste Tour steht bevor und dementsprechend nervös arbeiten wir uns mit dem Auto durch die
Bremer Vororte. Nach einigem Hickhack meinen wir einen einigermaßen geeigneten Platz für unser
Basislager gefunden zu haben. Die erste gefährliche Stelle wartet auf uns, wir müssen uns über das
Gelände eines weitläufigen Sanatoriums arbeiten. Wie wir aus quasi allen James Bond-Filmen wissen,
sind Sanatorien grundsätzlich Horte des Bösen und dementsprechend vorsichtig müssen wir uns hier
natürlich bewegen. Die vorsichtige Annäherung an den Friedehorstpark macht sich bezahlt, wir kommen
unbehelligt über das Gelände und stehen plötzlich dem nächsten Hindernis gegenüber. Eigentlich ist
jedem klar gewesen, das heute bis kurz vor dem Gipfelaufbau mit Autoverkehr gerechnet werden musste,
es dauert jedoch ein paar Augenblicke, bis wir die Situation in den Griff bekommen und eine geeignete
Passage entdecken, die dankenswerterweise durch eine Ampel abgesichert wurde. Jede Expedition baut auf
den Erfahrungen und Vorarbeiten der vorherigen auf.
Jetzt befinden wir uns bereits im eigentlichen Gipfelbereich, der von einem Park bedeckt wird. Das
Problem ist es jetzt, den eigentlichen Gipfel zu finden, da es sich genau genommen eigentlich mehr
oder weniger um ein Gipfel-„Plateau“ handelt. Wir blicken uns ratlos um, können in dem unwegsamen von
Bäumen durchzogenen Gelände aber auf Anhieb keinen eindeutigen höchsten Punkt ausmachen. „Das kann ja
Monate dauern“ kommt uns der Gedanke, hoffentlich reichen die Nahrungsmittel. Wenn wir systematisch
einfach jeden Quadratmeter abarbeiten, dann werden wir doch wohl auch irgendwann den höchsten Punkt
erwischen, allerdings wird das etwas schwierig mit dem Gipfelfoto, aus Gewichtsgründen ist natürlich
auch unser Foto-Material strikt begrenzt worden. Wir bewegen uns in den Park hinein und verzichten
heute mal auf jede Sicherung. Alpinstil nennt sich so was wohl. In kleinen Gruppen und blitzschnell
unterwegs, auf unnötigen Ballst wie das Verlegen von Fixseilen wird verzichtet. Aha, dieser
Misthaufen dort scheint der höchste Punkt zu sein, aber Donnerwetter, es gibt einen zweiten Misthaufen.
Mit einem Doppelgipfel hatten wir heute eigentlich nicht gerechnet, die Kondition scheint aber noch
ganz OK zu sein. Abwechselnd überschreiten wir die beiden Gipfel und haben alle Hände voll zu tun,
auf den rutschigen Flanken nicht verschütt zu gehen. Nun ist ein Misthaufen nicht unbedingt als
natürliche Erhebung zu bezeichnen, wir vermuten menschliche Tätigkeit dahinter und machen uns kurz
darauf auf die Suche nach einem guten Gewissens als „natürlich“ zu bezeichnenden Gipfel. Es dauert
eine Weile dann werden wir fündig und müssen enttäuscht feststellen, das uns offenbar keine
Erstbesteigung geglückt ist. Wir bitten eine Frau, die gerade ihren Kinderwagen über den Gipfelbereich
schiebt, ein Foto von uns zu machen und verzichten darauf, ihr zu erklären, warum wir gerade hier an
dieser Stelle ein Foto haben möchten, wo es doch massenweise fotogenere Ecken gibt.
Der Berg gehört dir erst, wenn du wieder am Auto bist, vorher gehörst du dem Berg. Das massenweise
Studium der einschlägigen Berg-Literatur macht sich bezahlt, diesen überlebenswichtigen Grundsatz
verlieren wir heute nicht aus den Augen. Wie schnell es passieren kann, dass man sich selbst in
einfachstem Gelände in einem Whiteout verlieren kann und man seine Nase und ein paar Gliedmaßen
verliert, wissen wir alle, seid Krakauer damit ein paar Millionen verdient hat.
Auf dem Weg durch das Sanatorium kommt uns der Gedanke, dass dies doch eigentlich ein ganz netter Ort
wäre, sich irgendwann, wenn die Zeit gekommen ist, zur Ruhe zu setzen. Wenn die körperliche Verfassung
es zulassen wird, könnten wir dann immer noch mal mit unseren Schoppern zum Mount Friedehorst
aufbrechen.
Am Abend treffen wir wieder bei den Eltern in Bremerhaven ein, ernsten jedoch nicht so viele
Begeisterungsstürme, wie wir es uns erhofft hatten.
Summit 5: Thüringen
Datum : 07.08.2004
Gipfel : Großer Beerberg (982,0)
Wetter : Sehr Gut
Der erste Kontakt mit den fernöstlichen Bergmassiven steht bevor. Von Würzburg beginnend arbeiten wir
uns über endlose Landstraßen Richtung Zella-Mehlis und dann noch ein paar Meter weiter bis kurz vor
Oberhof. Immerhin ein paar klangvolle Namen fallen hier und dort. Oberhof ist im Wintersport mehr als
ein Begriff und der nahe liegende Rennsteig gehört zu den bekanntesten Mehrtages-Wanderwegen in
Deutschland. Wir suchen uns einen günstig gelegenen Parkplatz, der ungefähr die Dimensionen einer
kleinen Weltausstellung hat und begeben uns tatsächlich auf eine Etappe des Rennsteigs. So richtig
spannend ist die Angelegenheit nicht, vom Rennsteig hatten wir alle offenbar weitaus dramatischere
Fantasien. Es beginnt eine recht dröge Wanderung über Autobahn-ähnliche Wege und das, trotz der
Höhenlage, ohne jede Aussicht. Irgendwann kommen wir dem Beerberg so nahe, das wir den Wanderweg
verlassen müssen und uns in die Büsche schlagen. Der Gipfelaufbau selbst ist von einem
Naturschutzgebiet bedeckt, der eigentlich nicht betreten werden darf. Nun ja, wir sind nicht um die
halbe Welt gereist, um dann vor einem grünen Schild zu kapitulieren und treffen kurz darauf auf einen
Beerensammler, der offenbar ebenfalls den Schritt in die Illegalität gewagt hat und uns ein paar
Tipps gibt, wo wir denn auf diesem Plateau die besten Chancen haben, den eigentlichen höchsten Punkt
zu finden. Das gestaltet sich als gar nicht so einfach. Zwar gibt es so eine Art Gipfelstein, aber
der Weg zu diesem Stein ist offenbar abfallend und das stellt dessen Qualität irgendwie in Frage. Ein
paar Ecken weiter gibt es noch so eine Art Gipfelmarkierung, die aber ebenfalls nicht gerade durch
irgendeine Art von geografischer Hervorhebung besticht. Wir lösen das Problem, indem wir einfach
überall ein paar Gipfelfotos machen und hoffen ansonsten darauf, dass nicht irgendwann irgendein
Naseweiß ankommt und darauf aufmerksam, das der eigentliche Gipfel genau auf dem Quadratmeter zu
finden ist, von dem wir offenbar kein Foto gemacht haben. Am Ende laufen wir denselben Weg zurück,
sinnvolle Alternativen sind so ohne weiteres nicht auszumachen.
Summit 6: Hessen
Datum : 08.08.2004
Gipfel : Wasserkuppe (950,0)
Wetter : Sehr Gut
Unser letzter Besuch auf der Wasserkuppe lag ja nun leider im vorherigen Dezember, zählt daher also
nicht, wenn man die 16 summits in einem Jahr besteigen möchte. Also machen wir uns erneut auf nach
Poppenhausen und gehen, da keiner von uns im Vorfeld Lust hatte eine Alternativ-Route auszuarbeiten,
den bereits bekannten Weg. Immerhin werden uns dort keine Überraschungen erwarten und unsere Chancen
auf einen Gipfelerfolg sind überwältigend. Die Verhältnisse haben sich auch deutlich verbessert.
Mussten wir im Dezember noch mit Eis, Nebel, Wind und Kälte zurechtkommen, ist heute von alledem
nichts zu spüren. Irgendwann erreichen wir den Gipfel, der ziemlich gut besucht ist. Wanderer in allen
möglichen Formen, Größen und Farben tummeln sich hier oben, was die eigene Leistung etwas relativiert.
Es lässt sich nicht gut Eindruck schinden, mit einer Gipfelbesteigung, wenn nebenan eine Mutter ihren
Kinderwagen hochschiebt.
Auf dem Abstieg lassen wir zur Abwechslung mal unsere Standardroute links liegen und traversieren zum
nahe gelegenen Pferdskopf. Interessante Aussicht. Von hier schlagen wir uns Querfeldein und arbeiten
uns über die Flanke zurück auf den Wanderweg. Ein gutes Stündchen später stehen wir wieder in
Poppenhausen und sind einhellig der Meinung, das wir es tunlichst schaffen sollten, die 16 summits
dieses Jahr zu erledigen. Ein drittes Mal auf die Wasserkuppe würden wir uns gerne sparen. Man soll
sein Glück nicht überstrapazieren.
Summit 7: Bayern
Datum : 18.09.2004
Gipfel : Zugspitze (2963,0)
Wetter : Hervorragend
Wir scheinen Glück zu haben. Nachdem wir aus diversen Gründen unseren Zugspitz-Termin immer weiter
nach hinten verschoben haben, scheinen wir tatsächlich das letzte Wochenende in diesem Jahr erwischt
zu haben, das sich für eine zünftige Besteigung eignet. Von einer Verlängerung des Wochenendes und
damit auch von einer Begehung des Jubi-Grates haben wir abgesehen, aber der Höllental-Aufstieg sollte
auch eine angemessene Alternative sein. Am Freitagabend fahren Christelle und ich nach Würzburg,
übernachten bei Dani + Tom, mit denen wir uns am nächsten Morgen in Garmisch treffen, von wo aus sie
aus dem Allgäu anreisen, wo sie ihren Urlaub verbracht haben. Am Garmischer Bahnhof lesen wir die
beiden auf und fahren die restlichen paar Meter nach Hammersbach, wo wir wegen Überfüllung direkt
wieder umdrehen müssen und in dem kleinen Örtchen zuvor mehr schlecht als recht einen Stellplatz
ergattern. Scheint was los zu sein hier und erste Zweifel kommen auf, ob wir uns bei der Organisation
einer Hüttenübernachtung nicht vielleicht doch ein bisschen mehr Mühe hätten geben sollen, bzw. ob wir
uns nicht überhaupt(!) irgendwelche Mühe hätten geben sollen. Na ja, wenn man die Probleme nur lange
genug vor sich her schiebt, dann erledigen sie sich irgendwann von selbst, so heißt unser Motto,
außerdem gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse darüber, wo wir heute überhaupt übernachten
wollen. Wir marschieren gemütlich ins Höllental, zahlen einen kleinen Obolus, für die Durchquerung der
sehenswerten Klamm und sitzen um kurz vor 13 Uhr auf der Terrasse der Höllental-Hütte und schlürfen
eine Apfelschorle. Jetzt stellt sich die schwerwiegende Frage, ob wir heute direkt noch den Gipfel
ins Visier nehmen sollten, was den durchaus beachtlichen Vorteil hätte, das wir morgen keinen ganz so
selbstmörderischen Tag, mit Anstieg, Abstieg und Heimfahrt vor uns hätten. Ich hab so meine Bedenken,
ob wir den Anstieg von quasi 0 auf 3000 Metern innerhalb von 10 Stunden anständig verkraften werden,
aber die Vorteile wären überwältigend und selbst mit angezogener Handbremse sollten wir innerhalb der
restlichen 7 Stunden Tageslicht den Gipfel erreichen können. 5 Stunden benötigt man normalerweise für
den Aufstieg, erzählt uns die Kellnerin und weist direkt noch darauf hin, das wir ohne Steigeisen
nicht mal daran denken sollten, aufzubrechen. Wir schauen uns ein wenig betreten an, auf Steigeisen
haben wir der Einfachheit halber verzichtet, sämtliche Berichte aus dem Internet wiesen darauf hin,
das diese eigentlich und tendenziell eher nicht unbedingt notwendig sind. Na ja, die Kellnerin tut
halt nur ihre Pflicht und ein paar Minuten später brechen wir auf. Wir schlagen ein langsames Tempo
ein, so ganz kurz ist die Tour nämlich nicht und man kann zu Recht befürchten, dass wir dem schnellen
Höhengewinn irgendwann Tribut zollen werden. Nach einigen Höhenmetern legen wir unser Klettersteig-Set
an, es kommen die ersten versicherten Passagen. Das Höllental-Panorama ist tatsächlich sehenswert,
irgendwo vor uns wartet auch schon der Ferner und wir beobachten einige Grüppchen, die sich dort
(nicht sehr schnell) aufwärts bewegen. Warum die Grüppchen sich nicht sehr schnell bewegen, wird uns
sehr bald klar, als wir selbst plötzlich nicht mehr vorwärts kommen. Eine rutschige Passage im
mittleren Teil des Ferners hätte uns um ein Haar alle Gipfelträume zunichte gemacht. Man kann die
Passage nicht unbedingt als Steileis bezeichnen, aber der Belag hat verdächtig viel Ähnlichkeit mit
Schmierseife und ich lege ein paar überraschende Rutschpartien hin, die mich immer wieder an den
Anfang der Passage befördern. Das Ganze beginnt den Bereich der Harmlosigkeit zu verlassen und wir
fühlen uns nicht mehr so richtig wohl. Irgendwann ist die Passage überwunden, aber ohne Steigeisen
bewegen wir uns nicht gerade, nun ja, selbstbewusst. Je höher wir kommen, desto unangenehmer,
Pessimisten würden sagen lebensgefährlicher, werden die potenziellen Rutschpartien. Irgendwann
erreichen wir den Bergschrund und eiern mit gehörigem Respekt, Pessimisten würden sagen Angst,
zu den Felsen hinüber. Ach, so ein Felsen ist doch schon was schönes, langsam und stetig arbeiten wir
uns den Klettersteig hinauf. Alle Sorgen verflüchtigen sich, der abrupte Höhenwechsel wird uns heute
nicht daran hindern, den Gipfel zu erreichen. Oben warten ein paar vereiste Passagen und ein arg
zerschundener mittlerweile 70jähriger, ehemaliger Bergführer, der von 2 Kumpels den Berg
hinaufbegleitet wird. Irgendwo unterwegs hat er sich wohl verletzt, kann den einen Arm nicht mehr
gebrauchen und erzählt, dass er heute bei seiner 21ten Besteigung zum ersten Male Steigeisen benötigt
hätte. Na toll, sage ich mir und versuche den Vertrauensverlust zu beziffern, den ich mir heute
gegenüber meiner Frau eingehandelt habe. Am Gipfel ist es lausig kalt, wir machen ein schnelles
Gipfelfoto und betreten die kleine Stadt, die den Gipfelbereich bedeckt. Die Anzahl der Hotels hält
sich aber anscheinend in Grenzen, stellen wir erstaunt fest, und betreten die nach menschlichem
Ermessen einzige Unterkunft weit und breit, das Münchner Haus. Den Wirt als unfreundlich zu bezeichnen
wäre nicht ganz korrekt, in Wirklichkeit ist er noch etwas viel schlimmeres, dessen Namen mir aber
gerade nicht einfällt. Wie es scheint hat die ganze Zugspitz-Stadt nur 24 Betten zu bieten und die
allesamt im Münchner Haus, was vor allem deswegen schade ist, da offenbar gerade 80 Personen
Unterkunft beanspruchen. Wir ergattern ein Tischlein mit 4 Sitzplätzen und ergeben uns dem
Galgenhumor. Es werden ein paar hoffnungslose Alternativpläne aufgestellt, wieder verworfen und sich
am Ende der Tatsache ergeben, das wir hier oben schlicht und einfach festsitzen. Nach einer kleinen
improvisierten Geburtstagsfeier, einem heißen Süppchen und etwas zu trinken, verkündet der
Hütten-Dämon irgendwann die Schlafenszeit, verteilt ein paar Decken und lässt sich den Gästen einen
mehr oder weniger bequemen Platz auf dem Boden suchen. Die Nacht verläuft gar nicht so schlimm wie
befürchtet, zum einen erfriert keiner, zum anderen finde ich tatsächlich ein bisschen Schlaf und am
Ende tritt der quasi eigentlich unmögliche Fall ein, das nicht eine einzige Person schnarcht. Noch vor
dem ersten Tageslicht werden wir vom Hütten-Teufel aus den Betten gescheucht, einige Leute wollen
heute den Jubi-Grat machen und da ist nicht einzusehen, warum andere Personen länger schlafen sollen
als diese. Wir knabbern lustlos unser Frühstück und machen uns zur Dämmerung und in eisiger Kälte an
den Abstieg über die Wiener-Hütte. Der Weg ist nicht sehr erfreulich, es sei denn man ist
zufälligerweise ein Schutt-Fan. Überraschenderweise (zumindest für uns) finden wir uns plötzlich in
einem waschechten Klettersteig wieder, der zunächst unmerklich, dann aber langsam immer deutlicher
werden Klettersteig-Charakter aufweist und am Ende auch noch einen ziemlich alpinen Touch bekommt.
Vor lauter Überraschung lassen wir auch direkt alle Regeln der Vernunft fallen und bewegen uns
ungesichert hinunter, stellen erst am Ende fest, was wir da gerade getan haben, verdrängen das Ganze
auf der Stelle und laufen noch ein paar weitere Stunden zurück zum Ausgangspunkt. Am Auto angekommen,
kann man durchaus sagen, dass sich eine gewisse Erschöpfung breit gemacht hat, die Tour war schon
eine Wucht. Als Resümee bleibt vielleicht festzuhalten, das die Tour zwar vergleichsweise lang gewesen
ist, was die Orientierung z.B. bei der Lokalisierung des Gipfelbereiches anbelangt, aber lange nicht
so anspruchsvoll war, wie beispielsweise im Friedehorst-Park.

Summit 8: Niedersachsen
Datum : 25.09.2004
Gipfel : Wurmberg (971,0)
Wetter : Regnerisch
Als Basislager haben wir uns heute praktischerweise bei Toms Eltern, Inge und Fred, eingenistet.
Eine gute Wahl, kaum sind Christelle und ich angekommen, sitzen wir auch schon zusammen am Tisch,
bekommen was zu essen und schlürfen leckeren Rotwein. Es gibt nicht viel zu organisieren für unsere
Tour, Fred hat es sich natürlich nicht nehmen lassen, alles bis ins kleinste auszuarbeiten. Wir werden
von ihm zu einer strategisch günstigen Stelle in der Nähe des Wurmbergs gebracht, können uns dann zum
Brocken durchschlagen und werden nach dessen Überschreitung ein paar Kilometer weiter wieder
aufgelesen. Auf Nachfrage, ob er denn nicht mitlaufen möchte, verneint er, aber ich fürchte wir waren
einfach nur nicht hartnäckig genug. Am nächsten Morgen und bei bescheidenem Wetter beginnen wir unsere
Tour, stehen kurz darauf auf dem Wurmberg und freuen uns, jetzt die Hälfte unseres 16-Summits-Programms
geschafft zu haben. Ein paar Stunden später haben wir uns zum Brocken durchgearbeitet, gutes
Kartenmaterial leitet uns auch durch miserable Sichtverhältnisse. Der Gipfel ist nicht gerade dezent
und mit allerlei Bebauung versehen. Ein sehr großzügig dimensioniertes Restaurant, ein interessant
gestalteter Gipfelbereich und, nun ja, einer Eisenbahnstation. Die Fernsicht heute reicht gerade mal
bis zur direkt benachbarten Person, nichtsdestotrotz ist einiges los hier. Krakauer hätte alle Mühe,
die Situation zu einer halbwegs dramatischen Story zu verarbeiten, und so machen wir uns bald darauf
an den Abstieg. Irgendwann kurz vor dem Ziel kommen wir an einem schönen Stausee vorbei und Tom hält
dies für den geeigneten Zeitpunkt, Fred über unseren Erfolg zu informieren und ihn zum angesprochenen
Treffpunkt zu ordern. Kurz darauf verlaufen wir uns kolossal und bemühen uns redlich, dieses
Missgeschick kurz darauf Fred gegenüber, schönzureden.
Wir können uns nicht beklagen, am Abend werden wir von Inge wiederum bestens versorgt. Fred gibt sich
alle erdenkliche Mühe, uns vor dem nächstes Jahr bevorstehenden Rumänien-Trip abzubringen. Offenbar
möchte er lieber alleine in seine ehemalige Heimat, sonst wäre es schwer zu erklären, warum wir am
Ende des Abends ein Rumänienbild vor Augen haben, das quasi aus nix anderem als Bären, Wölfen, Flöhen,
gewalttätigen und betrunkenen Holzfällern und beißwütigen schafehütenden Killerhunden besteht.

Summit 9: Sachsen-Anhalt
Datum : 25.09.2004
Gipfel : Brocken (1142,0)
Wetter : Regnerisch
Bericht siehe Summit 9
Summit 10: Saarland
Datum : 09.10.2004
Gipfel : Dollberg (695,0), Schimmelkopf (695,0)
Wetter : Bewölkt
Nachdem wir die drei Gipfel (Saarland kann sich nicht für einen eindeutigen höchsten Punkt entscheiden)
auf der Straßenkarte ausgemacht haben, kommt zum ersten Male die vage Idee auf, diese allesamt auf
einer einzigen langen Tour zu besteigen. Sie scheinen durch so eine Art Fernwanderweg mehr oder
weniger verbunden zu sein und das verspricht eine recht schöne Wanderung zu werden. Auf halber Strecke
hätte man eine Reihe von Ortschaften, bei denen man das Ganze notfalls abbrechen könnte. Mit dieser
vagen Idee im Hinterkopf (einen Plan kann man es wohl noch nicht nennen), suchen wir uns eine Pension
im Zielgebiet und trudeln im Laufe des Freitag abends ein. Die Auswahl der Pension erfolgte nach dem
bewährten Prinzip, ins Internet zu gehen, sich dort eine Liste der verfügbaren Unterkünfte auflisten
zu lassen und dann die günstigste zu nehmen. Niemand soll glauben, dass der Preis für eine Unterkunft
in irgendeiner Beziehung zur Qualität steht. Wir bekommen von der netten Wirtin das größte
Schinkenbrot unseres Lebens serviert, unterbreiten ihr unser Vorhaben und bekommen postwendend das
Angebot, uns am nächsten Abend von ihr an unserem Ziel abholen zu lassen. Das löst auf einen Schlag
alle logistischen Probleme und wir brauchen nicht mehr große Fahrmanöver abzuhalten, um unsere Wagen
möglichst strategisch zu platzieren. Am nächsten Morgen sitzen wir um 7:30 Uhr am Frühstückstisch,
fahren kurz darauf Richtung Schimmelkopf und beginnen unsere Tour um 8:45 Uhr. In wenigen Minuten
erreichen wir den Gipfel des nahe gelegenen Gipfels und freuen uns, dass dort ein Schild steht, das
diesen Punkt mehr oder weniger eindeutig als höchste Erhebung des Saarlandes ausweist. Nachdem wir
auf unserer Wanderkarte festgestellt hatten, dass sowohl Schimmelkopf als auch Dollberg exakt auf der
Grenze zur Pfalz liegen, kamen uns ernste Zweifel, ob wir überhaupt die richtigen unstrittigen Gipfel
ansteuern würden. Unsere Zweifel wurden von der Wirtin auch nicht gerade zerstreut, die beim Thema
„höchster Berg des Saarlandes“, eine ganze Reihe von Gipfel nannte, die uns völlig unbekannt waren und
allesamt etwas über 500 Meter hoch sind. Ein flüchtiger Blick auf die Karte zeigte, das es wiederum
eine ganze Reihe weiterer Gipfel gab, die wiederum höher waren, als die von der Wirtin genannten,
allesamt im Saarland lagen, aber deutlich von den 695 Metern des Schimmelkopfes und des Dollbergs
entfernt waren. Wie dem auch sei, wir freuen uns, auf dem Schimmelkopf einen eindeutigen Hinweis zu
erhalten und betrachten das Ganze als offizielle Bestätigung, die niemand anfechten darf.
Haben wir den Schimmelkopf noch schnell und unproblematisch erreicht, beginnt jetzt eine grandios
Odyssee durch das saarländisch-pfälzische Grenzgebiet, die uns bis zum Ende der Tour auf dem Erbeskopf
den letzten Nerv rauben würde. Eigentlich sind wir alle 4 durchaus in der Lage eine Karte halbwegs
anständig zu lesen und zu interpretieren, aber dieses Mal haben Karte und Realität schlicht und
einfach keinerlei nennenswerte Ähnlichkeiten. Die Markierungen der Wege haben überhaupt keinen Bezug
zu denen auf der Wanderkarte und selbst die Wege und Straßen selbst scheinen sich in den letzten
Jahren irgendwie vollständig neu angeordnet zu haben. Irgendwann kommen wir zu dem Schluss, das uns
im Kartenhaus offensichtlich ein Mängelexemplar angedreht wurde, oder das die Wegmarkierungen von
ein paar frechen Kids neu platziert wurden, die dann aber zusätzlich ein paar umfangreiche
Straßenbauarbeiten hätten vornehmen müssen. Trotz Karte erreichen wir irgendwann den Dollberg,
nachdem wir uns kurz zuvor staunend durch eine riesige archäologische Grabungsstätte gearbeitet haben.
Einer der Vorgipfel des Dollberges besteht aus einem riesigen Areal, in dem vor etlichen Jahrhunderten
die Hunnen gehaust haben. Der Dollberg ist nicht so gut ausgewiesen wir der Schimmelkopf, als es wieder
bergab geht, entscheiden wir uns mehrheitlich dafür, hier den höchsten Punkt erreicht zu haben.
Mittlerweile ist es gut 16 Uhr und es gibt keine Zeit mehr für großartige Umwege. Wir schlagen uns in
die Büsche, steigen auf der Direttissima ins Tal ab und begeben uns auf den langen Weg zum Erbeskopf.
Der Weg führt in einer einzigen geraden Linie zum Erbeskopf und ist einfach zu finden, denken wir uns,
ehe wir plötzlich auf eine Landstraßen treffen, die dort nie und nimmer hätte existieren können. Nach
einigem Herumrätseln können wir uns halbwegs lokalisieren und beschließen der Straße erstmal zu folgen,
immerhin treffen wir dort regelmäßig auf Ortschaften, offenbar die einzige Möglichkeit, sich in dieser
Gegend zurechtzufinden. Um 19:00 Uhr dämmerts und eine halbe Stunde später ist es stockfinster.
11 Stunden sind wir jetzt unterwegs und tappen im Licht der Stirnlampen Richtung Gipfel des Erbeskopfes.
Der ist gar nicht so einfach zu finden, die Beschilderung lässt zu wünschen übrig, die Wege sind nicht
sehr ausgeprägt und der Lichtkegel der Lampen ist begrenzt. Immerhin, der Weg steigt nach wie vor an,
ein vergleichsweise sicheres Zeichen dafür, dass wir noch auf dem rechten Weg sind. Irgendwann taucht
über den Bäumen die Silhouette eines Turmes auf, offenbar der Gipfelturm. Wir verlassen den Weg und
steuern ihn direkt an. Um Punkt 20 Uhr stehen wir am Gipfel und bekommen prompt den ersten Regen des
Tages ab. Wir machen ein paar Bilder und es dauert nicht lange, dann macht sich Kälte breit. Wir rufen
die Wirtin an und freuen uns, dass sie ihr Versprechen wahr macht und uns kurz darauf mit dem Auto
abholt. In der Pension angekommen fallen wir völlig ausgehungert über das beste Rührei unseres Lebens
her, trinken ein paar der besten Weizen unseres Lebens und fallen tot ins beste Bett unseres Lebens.

Summit 11: Rheinland-Pfalz
Datum : 09.10.2004
Gipfel : Erbeskopf (818,0)
Wetter : Bewölkt
Bericht siehe Summit 10

Summit 12: Mecklenburg-Vorpommern
Datum : 31.10.2004
Gipfel : Helpter Berg (179,0)
Wetter : Bewölkt
Um 6 Uhr sitzen Christelle und ich im Auto und düsen Richtung Kirchheim, wo wir uns um 8:30 Uhr mit
Dani + Tom auf dem McDonalds-Parkplatz treffen wollen. Heute beginnt die grauenhafteste Tour unserer
16-Summits-Aktion, die gefürchtete Ossi-Runde. Gefürchtet nicht wegen der objektiven Gefahren,
sondern wegen der objektiven Langeweile. Auf über den Daumen gepeilt 2 Stunden Bergsteigen kommen über
den Daumen gepeilt 25 Stunden Autofahrt.
Um 11 Uhr geraten wir in das Gravitationsfeld von Leipzig, wo wir uns, wo wir schon mal hier sind, die
Everest-Ausstellung anschauen wollen. Leipzig scheint hermetisch abgeschottet, 2 Einfallsrouten
erweisen sich als gesperrt und erst gegen 12 Uhr erreichen wir dass Gasometer. Die Ausstellung ist
ziemlich genial gemacht. Ein kurzweiliger Rundkurs mit den gröbsten Informationen zum Berg führen
langsam aber sicher ins Herzstück, dem riesigen Atrium, das rundum mit Leinwänden behängt ist, die ein
gigantöses Panorama des Tal des Schweigens zwischen Everest, Lhotse und Nuptse bieten. Das Panorama
ist dermaßen beeindruckend und durch geschickte Lichteffekte, die den Tages- und Nachtrhythmus
darstellen, dermaßen realistisch dargestellt, dass man kurzzeitig tatsächlich vergessen könnte, dass
man sich eigentlich gerade in Leipzig aufhält. Die Reise nach Nepal, einige Monate zuvor, hätten wir
uns komplett sparen können, dort waren die Eindrücke auch nicht viel besser.
Nach dem Everest-Panorama befinden wir uns jetzt natürlich in der richtiges Stimmung, selbst Hand an
einen Berg zu legen, düsen noch ein paar Kilometer weiter und fackeln nicht lange, den 201 Meter hohen
Hagelberg in Brandenburg zu besteigen. Hier haben sich vor einigen hundert Jahren Deutsche und
Franzosen geprügelt, unsere eigene Deutsch-Französische Gruppe versucht dieses Thema aber erfolgreich
nicht weiter zu vertiefen. Brandenburg ist mit der Besteigung des Hagelbergs leider nicht abgehakt, 2
weitere 201 Meter hohe Berge kämpfen um die Krone. Es geht weiter an Berlin vorbei Richtung
Mecklenburg-Vorpommern, das wir, nachdem wir gerade noch einen eklatanten Planungsfehler korrigieren
konnten, gegen 19 Uhr in Nebel und Dunkelheit erreichen. Die Planung sah ein 177 Meter hohes Massiv in
den Ruhner Bergen vor und um ein Haar hätten wir den 179 Meter hohen Helpter Berg ignoriert.
Wir kurven ein wenig durch Woldegk und die umliegenden Landstriche und versuchen den Berg zu finden.
Nebel, Dunkelheit und ein ziemlich dünn besiedelter Landstrich sorgen für eine mehr als unheimliche
Atmosphäre. Wir fragen hier und dort mal ein paar düstere Gestalten nach dem Weg ernten jedoch,
abgesehen von ein paar sehr konkreten seltsamen Blicken, eher unkonkrete Informationen. In diesem Dorf
hinterlassen wir heute Abend mit Sicherheit keinen guten Eindruck und ich habe das deutliche Gefühl,
das unser Nummernschild heute mehr als einmal notiert wird. Wenn heute Nacht in diesem Dorf irgendetwas
Grässliches passiert, dann wird man am nächsten Morgen keine Schwierigkeiten haben, ein paar
anständige Tatverdächtige zu präsentieren und wir hätten wohl ziemliche Probleme, unsere Anwesenheit
halbwegs plausibel zu erklären. Tom dirigiert uns mit seinem Höhenmesser auf einen Punkt von 140
Metern und wir fragen uns, wenn man die Messungenauigkeiten berücksichtigt, ob das jetzt der Helpter
Berg sein könnte. Wir steigen aus, tappen ein bisschen im Dunkeln und sind von ziemlicher Ratlosigkeit
geprägt. Die Sichtweite beträgt (trotz Stirnlampen) höchstens 15 Meter und es wäre ohne weiteres
möglich, das 16 Meter entfernt ein kapitaler 8000er steht, ohne das wir es bemerkt hätten. Nach
einigen ratlosen Minuten einigen wir uns darauf, heute doch hier im Ort zu übernachten und den Berg
morgen bei Tageslicht zu suchen. Wir suchen uns eine der wenigen Unterkünfte, die nicht eklatant an
„Bate’s Motel“ erinnern, und beschließen am nächsten Morgen bereits vor dem Frühstück den Gipfel zu
besteigen, um die verlorene Zeit wieder gutzumachen. Die unplanmäßige Übernachtung entpuppt sich als
erstaunlich gute Idee. Die Stelle die wir am Abend zuvor in Verdacht hatten, ist nicht mal annähernd
in Gipfelnähe. Außerdem bekommen wir so eine halbwegs ehrenhafte Besteigung hin, das Befahren eines
Gipfels mit dem Auto wäre bei einigen unverbesserlichen Puristen möglicherweise auf Rumnörgelei
gestoßen.
Nachdem MV also erfolgreich absolviert ist, begeben wir uns nach Berlin und verbringen ausgiebig Zeit
damit, den höchsten Punkt des Müggelberg-Massivs zu suchen. Die anwesenden Passanten glänzen durch
völlige Unwissenheit, weisen uns in die verschiedensten Richtungen und scheinen bei dem Thema
„höchster Punkt“ grenzenlos überfordert. Der Verweis auf den Müggelturm ist eine beliebte Antwort, zu
dem man jedoch absteigen muss und daher für uns nicht wirklich in Frage kommt. Mit Toms Höhenmesser
arbeiten wir uns schließlich über den Grat und durch den Wald und am Ende haben wir den einigermaßen
unzweifelhaft höchsten Punkt lokalisiert. Die nette alpine Tradition, den höchsten Punkt eines Gipfels
mit einem monumentalen Kreuz zu bestücken, scheint an Berlin vollständig vorbeigegangen zu sein. Dani
versucht sich derweil einigermaßen bedeckt zu halten, sie kämpft beruflich gerade auf der Seite der
Gerechtigkeit gegen den Ausbau des nahe gelegenen Flughafens Schönefeld und befürchtet, völlig zu
Recht, im Falle des „erkannt werdens“ einige umfangreiche Fragestunden absolvieren zu müssen, und
dafür haben wir einfach keine Zeit.
An der brandenburgisch-sächsischen Grenze machen wir kurz darauf einen weiteren kleinen Abstecher in
die Wildnis und besteigen die beiden fehlenden Massive, die sich zusammen mit dem bereits gestern
bestiegenen Hagelberg, darum streiten, der höchste Punkt Brandenburg zu sein. Auch der Kutschenberg
und der Heideberg sind jeweils 201 Meter hoch. Wir sind ziemlich erleichtert, Brandenburg endlich ohne
jeden Zweifel erledigt zu haben.
Wir düsen noch 2 weitere Stunden ins Erzgebirge, nisten uns in Oberwiesenthal ein und bereiten uns
mental auf die Glanzleistung dieses Wochenendes vor, einer Besteigung des Fichtelberges in etwas, was
man abgespeckten Alpinstil nennen könnte. Ohne alles und blitzschnell. Jens Weissflog ist
Oberwiesenthaler, wer es noch nicht wusste wird im Ort bei jeder Gelegenheit nachdrücklich darauf
hingewiesen.
Am nächsten Morgen ist es kalt und nebelig. Wir steigen zügig auf, es gibt wahrlich nicht viele Gründe
sich Zeit zu lassen. Oben angekommen stehen wir in völligem Nebel, können mit Mühe die
Gipfelmarkierung ausfindig machen, verdrücken im nahe gelegenen Restaurant-Palast einen Glühwein und
freuen uns es jetzt tatsächlich auf 15 Gipfel gebracht zu haben. Erstaunlicherweise haben sich auf den
3 Tagen fast ununterbrochener Autofahrt auch keine größeren Zweifel am Sinn und an der tieferen
Bedeutung unserer Tour breit gemacht und das ist vielleicht der größte Erfolg.
Summit 13: Berlin
Datum : 31.10.2004
Gipfel : Großer Müggelberg (115,0)
Wetter : Geht so
Bericht siehe Summit 12
Summit 14: Brandenburg
Datum : 30.10.2004 und 31.10.2004
Gipfel : Kutschenberg (201,0), Hagelberg (201,0), Heideberg (201,0)
Wetter : Gut
Bericht siehe Summit 12
Summit 15: Sachsen
Datum : 01.11.2004
Gipfel : Fichtelberg (1.214,0)
Wetter : Nebelig, windig und kalt
Bericht siehe Summit 12
Summit 16: Baden Württemberg
Datum : 18.12.2004
Gipfel : Feldberg (1.493,0)
Wetter : wolkig, verschneit und eisig kalt
An irgendeiner Stelle habe ich wohl nicht aufgepasst, jedenfalls habe ich plötzlich wieder die Aufgabe
an den Hacken, uns eine Unterkunft zu besorgen. Nachdem ich auf die Schnelle einen Ort ausgemacht
habe, der einigermaßen in Feldberg-Nähe liegt (Hinzerzarten, da wo Hanni herkommt), lasse ich mir
wieder mal per Internet eine Liste der verfügbaren Unterkünfte ausgeben und aufsteigend nach Preis
sortieren. 12 Euro für das Doppelzimmer, das klingt finanzierbar und die nette Frau am anderen Ende
der Leitung weist noch darauf hin, dass für das Wochenende Schnee vorausgesagt wird. Die Woche
gestaltet sich mehr als chaotisch, beruflich stolpere ich von einem desaströsen Tag in den nächsten,
zu Hause türmen sich noch die schmutzigen Klamottenberge vom Irlandurlaub, unsere zukünftige Wohnung
beansprucht unsere Aufmerksamkeit, am Freitag werde ich noch beruflich in Hannover unterwegs sein und
jetzt wartet auch noch der letzte unserer Summits. Aber es gibt nix dran zu deuteln, dieses Wochenende
ist der Vollendung unserer heiligen Mission gewidmet und das einzige, was dem eventuell noch im Wege
stehen könnte, wären bestenfalls ein paar dramatische plattentektonische Veränderungen in der Gegend
Baden Württembergs.
Meine Frau, Dani und Tom lesen mich Freitagabend am Freiburger Bahnhof auf und gemeinsam schlagen wir
uns nach oder vielmehr in die Nähe von Breitnau durch. Ein unscheinbarer Feldweg führt zum
Hintereckhof 15, wo wir von unserer Gastgeberin erwartet werden. Irgendwelche optimistischen
Stadtplaner haben offenbar damit gerechnet, das auch die Nummern 1 bis 14 irgendwann vergeben werden
können, im Augenblick ist unser Hof aber das einzige Gebäude weit und breit. Unsere Unterkunft ist
eher von der rustikalen Art, niedrige Decken und Balken, angrenzende Wirtschaftsgebäude und ein nicht
zu überriechender Flair von Nutztierhaltung. Wir fühlen uns pudelwohl, sitzen kurz darauf im Wohnzimmer
beisammen, trinken ein paar Bier und besprechen den morgigen Tag. Unsere Tour soll eine grobe Runde
werden, die direkt bei unserer Unterkunft beginnt und dort auch wieder endet. Die Entfernungen sind
auf der Karte schwer abzuschätzen, aber wir fangen einfach mal an und improvisieren dann notfalls ein
bisschen. Das Bett erweist sich mal wieder als eines, in dem ich nur diagonal ein gewisse Chance habe,
eine halbwegs gerade Körperposition einzunehmen, aber das Training in Irland erweist sich als nützlich.
Am nächsten Morgen sitzen wir um 8 Uhr beisammen und genießen ein mehr als ausreichendes Frühstück.
Wir warten auf Rupert. Unseren letzten Summit würden wir zum ersten Male nicht alleine besteigen. Tom
und Dani haben einen Bekannten in Freiburg und der würde sich heute dazugesellen. Dagegen gibt es
natürlich keine Einwände, am Tage unseres letzten Summits, ist die Gefahr, dass Rupert uns zuvorkommen
würde, als erster Mensch alle 16 Summits in einem Jahr zu besteigen, relativ gering. Dazu hätte er in
diesem Jahr schon heimlich alle anderen 15 Summits besteigen müssen und ich vermute einfach mal, das
er mit seinem Leben besseres anzufangen weiß. Die Schneeverhältnisse sorgen für ein wenig Verspätung,
aber gegen 9:30 Uhr sind wir alle fünf auf dem Weg. Wir bewegen uns durch eine hübsche Winterlandschaft.
4 Stunden später stehen wir am Feldsee und haben es sage und schreibe geschafft, uns von 1000 Meter
auf 1100 Meter hochzuarbeiten. Der Anstieg beginnt eigentlich erst jetzt so richtig und nachdem wir
am See kurzzeitig die Flamme von Udûn angeworfen und einen Glühwein verdrückt haben, arbeiten wir uns
durch den Wald auf 1300 Meter rauf. Zum Glück weist der Schnee eine halbwegs gut erkennbare Spur auf,
ohne diese hätten wir wohl jetzt ziemlich blöd aus der Wäsche geguckt. Oben angekommen, stehen wir in
einem Skigebiet, erfragen uns den Weg zum Berggipfel und befinden uns kurz darauf wiederum im Aufstieg.
Der Aufstieg im Schnee ist zwar einigermaßen mühselig, aber wir kommen gut voran und stehen kurz
danach auf dem Sattel, der zum Feldberggipfel führt. Lange Stangen markieren den Weg, der ansonsten
vollkommen unter Schnee und Eis verborgen liegt. Wir befinden uns abwechselnd entweder in den Wolken,
bei Null Sicht oder kurz darunter, bei teilweiser erstaunlicher Fernsicht. Der Wind pfeift uns die
Wolkendecke um die Ohren und die gefühlte Temperatur liegt ratzfatz bei mindestens -100 Grad Celsius.
Es ist lausig kalt und wir sind erwartungsgemäß weit und breit die einzigen Lebensformen. Der Weg zum
Gipfel zieht sich in die Länge, aber irgendwann erreichen wir den Steinkreis, der den höchsten Punkt
des Schwabenlandes markiert. Unsere Mission ist erfüllt, ein erhabener Moment. Zumindest wäre er
erhaben gewesen, wenn ich in der Eiseskälte nicht bei jedem Lächeln das Gefühl hätte, dass meine Zähne
gleich zerspringen würden. Der herzhafte Biss in eine Banane hätte meinen Zahnarzt wohl tatsächlich
um ein Haar um ein par Euros reicher gemacht. Ich fummel ein wenig mit meiner Kamera rum, ausgerechnet
hier oben geht mein Film zu Ende, aber nach wenigen Augenblicken sind meine Finger nahezu abgestorben.
Uns kommt der Gedanke, dass man bei einem solchen Wetter und einigen unglücklichen Umständen durchaus
erfrieren kann. Irgendwann stellt sich die Frage des Abstiegs und da wir es bereits 15:30 Uhr haben
mache ich mir ziemliche Sorgen. In einer Stunde wird es finster, möglicherweise sorgen die tief
fliegenden Wolken für eine weitere Verschlechterung der Sicht, der Weg ist noch weit und uns
vollkommen unbekannt, die Schneedecke macht die Wegfindung schon bei Tageslicht recht schwierig und
wir haben es mehr als einmal erlebt, das wir uns auch mit Karte hoffnungslos verfranzt haben. Alles
in allem spricht viel dafür, den sicheren gut markierten Weg zurück ins Skigebiet zu nehmen und uns
dort einfach ein Taxi zu nehmen. Widerspruch gegen diesen Vorschlag gibt es nicht und so stehen wir
kurz darauf wieder in der Zivilisation, nehmen uns den Skibus nach Titisee und setzen uns erstmal ins
Restaurant. Restaurantbesuche sind bei uns immer mit einem gewissen Risiko verbunden, in der Regel
schaffen wir es, uns einigermaßen daneben zu benehmen, aber nichtsdestotrotz essen und trinken wir
auf unseren Erfolg. Das Restaurant ist der Jahreszeit angemessen weihnachtlich dekoriert und ich
starre wie gebannt auf einen nackten Engel, der irgendwas Unaussprechliches mit einem Stern macht,
das ich persönlich für eine ziemliche Sauerei halte.
Am Ende nehmen wir uns ein Taxi, lassen uns zum Hintereckhof bringen, verabschieden Rupert und sitzen
kurz darauf im Aufenthaltsraum zusammen, wo wir unseren restlichen Glühwein verdrücken. Unsere Wirtin
war so freundlich, ihn uns warm zu machen, bekommt dafür aber auch einen Schluck spendiert. Wir sitzen
noch einige Zeit nett beisammen und stellen einhellig fest, dass das Jahr 2004 in fast jeder Beziehung
nur sehr schwer zu toppen sein wird.
Am nächsten Morgen reiben wir uns bei der Begleichung der Rechnung erstmal verwundert die Augen,
irgendwie fühlen wir uns an nepalesische Verhältnisse erinnert. 13 Euro pro Person für die
Übernachtung und zwar MIT Frühstück, da kann man nicht meckern. 1,10 Euro für den Halbliter Bier,
dafür kann man es kaum selber brauen. Es zeigt sich mal wieder, das die günstigsten Unterkünfte
manchmal schlicht und einfach die Besten sind.
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