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Alpentour *light* - Auf dem E5 von Oberstdorf nach Meran
Zur Vorgeschichte
Es sind nun mittlerweile drei Jahre ins Land gezogen, seitdem ich mich zum aller ersten mal mit dem Thema Alpenüberquerung befasst habe.
Um ehrlich zu sein war ich in meiner Kindheit oder Jugend nicht wirklich viel in der Natur unterwegs, sondern eher in den virtuellen Welten des Internet. Doch als zufriedener, erwachsener Mensch der es zu Frau, Kind und geregelter Arbeit gebracht hatte, verspürte ich irgendwann das Bedürfnis etwas anderes zu tun. Etwas das ich zuvor noch nie getan hatte.
Nach langer Zeit der Recherche stand der Plan fest, es soll eine anfängergerechte Hüttentour über die Alpen sein.
Da meine Frau mich nicht alleine ziehen lassen wollte, begab ich mich auf die Suche nach einem Mitstreiter. Zum Glück stellte sich heraus, dass meine erste Wahl die Idee ganz spontan richtig gut fand. Also planten wir die Geschichte, aufgrund räumlicher Distanz, in mehreren Telefongesprächen und eMails.
Zum Hauptteil
Tag 1 – nach Oberstdorf und auf die Kemptner Hütte
Am Morgen des 29/7/2012 war es soweit. Nach einer schlecht geschlafenen Nacht stehe ich um 8:00h am Bahnhof und warte auf den Zug der mich nach Ulm bringen soll. Die Bahn ist pünktlich (ich hatte nichts anderes erwartet) und so war ich auch zur rechten Zeit am Ulmer BHF. Da ich noch etwas Zeit habe bevor Joe hier eintrifft, besorge ich noch ein paar Brötchen für die erste Brotzeit. Auch Joes Zug ist pünktlich und nach einer herzlichen Begrüßung steigen wir in den bereits wartenden Zug, der uns nach Oberstdorf bringen soll.
Die Bahnfahrt ist recht kurzweilig, denn es gibt viel zu erzählen aus den alten Zeiten und so einiges zu besprechen über die Zeit die vor uns liegt.
In Oberstdorf angekommen ist es erstmal Zeit für eine kleine Stärkung. Joe lässt es sich nicht nehmen und besorgt ein großes Glas Nutella, welches ihn noch lange begleiten soll.
Nach dem Vesper nehmen wir den Linienbus zur Spielmannsau, um von dort aus zur Kemptner Hütte aufzusteigen. Es ist zwar bewölkt, aber es sieht soweit stabil aus. Also die Rucksäcke aufgesetzt und losgegangen.




Nach etwas mehr als drei Stunden (wir Flachlandtiroler müssen ja alle paar Meter stehen bleiben um die Landschaft oder die Murmeltiere zu bewundern) auf aufgeweichten Pfaden, erreichen wir die Kemptner Hütte. Kurz ein Zimmer abgeklärt, frisch gemacht und auf zum Abendessen. Wie von dem ein oder anderen empfohlen, gönne ich mir den mächtigen Rinderbraten und kann ihn nur weiterempfehlen. Mit vollem Bauch endet der Abend heute früh für mich.
Im Zimmer treffe ich zwei weitere Wanderer an, die ebenfalls den E5 gehen. Achim und Yves, bepackt mir vergleichsweise rießigen Rucksäcken, sind ganz gut drauf und wie sich herausstellen wird, echt fit unterwegs. Aber dazu später mehr, denn jetzt ist es Zeit fürs Hajabettchen.
Tag 2 – weiter zur Memminger Hütte
Recht früh sind wir auf den Beinen und machen uns fertig für die 2. Etappe.
Die Rucksäcke sind gepackt und noch kurz eine Portion Müsli zum Frühstück verdrückt bevor wir uns bei leichtem Nebel auf den Weg nach Holzgau machen. Wir schaffen es noch vor einer Wandergruppe loszukommen und als wir am deutsch/österreichischen Grenzpunkt ankommen, sind unsere Beine auf Temperatur. Schnell noch ein obligatorisches Grenzfoto geschossen und weiter gehts bergab. Von Achim undYves haben wir jetzt schon nichts mehr gesehen.

An einigen grasenden Kühen vorbei steigen wir weiter ab bis wir an den Simms-Wasserfall gelangen. Wir machen etwas Rast, knipsen ein paar Bilder bevor es weiter geht ins Tal.

An einer Gabelung haben wir die Wahl, ob wir direkt weiter nach Holzgau wandern oder ob wir über den anderen Weg und der neuen Hängebrücke weiter wollen um nach Holzgau zu gelangen. Natürlich entscheidem sich die guten Touristen für die hängende Attraktion. Es ist schon ein beeindruckendes Bauwerk, dass sich auf einer Länge von 200m erstrekt und uns auf einer Höhe von 110m über die Höhenbachschlucht führt.

In Holzgau bekomme ich noch die Möglichkeit ein kurzes Telefonat mit meiner Familie zu führen, bevor wir die Sammelstelle des Taxiunternehmens Feuerstein beim Gasthof Bären ansteuern. Da die Taxis erst losfahren wenn alle Plätze besetzt sind, hätten wir uns garnicht beeilen müssen. Dafür sitzt nun auch die Wandergruppe von heute Morgen im gleichen Bus. Kurz vor Bach fahren wir an Achim und Yves, den zwei Wanderern mit den rießigen Rucksäcken vorbei und ich habe plötzlich ein komisches Gefühl in meiner Magengegend.
Auf der Strecke zur Materialseilbahn gibt es ein paar Wald- und Straßenarbeiten und so wirft uns der Busfahrer schon ein ganzes Stück früher raus. Der Plan war es, unsere Rucksäcke in die Materialseilbahn zu werfen und dann mir leichtem Gepäck zur Memminger Hütte hinauf zu wandern, aber da ist immernoch dieses Gefühl. Also ändern wir den Plan und behalten unsere Rucksäcke auf. Wir überqueren den Parseier Bach und begeben uns in Queren bergauf.

Ein gutes Stück hinter uns sehen wir die Wandergruppen und bis alle ihre Rucksäcke in der Seilbahn verstauen können, haben wir ungefähr 40 Minuten Vorsprung. Nach knappen drei Stunden Aufstieg erreichen wir die Memminger Hütter.

Oben angekommen ist erst einmal Ausruhen angesagt, da der Aufstieg uns schon geschlaucht hat. Wir entschließen uns die heutige Nacht im Lager zu verbringen. Dies bedeutet auf der Memminger Hütte, dass es drei Schlafplätze verteilt auf zwei Matratzen gibt. Ich hatte den Platz in der Mitte...
Der Abend ist insgesamt auch wieder sehr kurz. Nach dem Abendessen gibt es noch ein Weizenbier und etwas Kyttasalbe für die Beine bevor dann abliegen angesagt ist.
Tag 3 – von der Memminger Hütte nach Zams
Die Nacht ist gefühlt sehr kurz gewesen, denn ab 5Uhr gehts im Lager ab. Da hilft alles nichts, also stehen wir auf und entscheiden uns vor dem Abmarsch noch den Seekogel zu erklimmen.

Die Sonne kommt heraus und es ist ein richtig gutes Gefühl hier oben zu sein.
Nach unserer Rückkehr zur Memminger Hütte geht es dann auch gleich weiter mit der eigentlichen Etappe. Wir steigen hoch zur Seescharte und sehen dann zu unserer Linken eine Herde Steinböcke. Die hierarchische Struktur ist gut erkennbar und so haben wir das Vergnügen, einige Jungböcke beim Kampf um die Rangordnung beobachten zu dürfen.

Das kurze gerölllastige Stück zur Seescharte hat es in sich und wir sind sehr froh darüber, dieses Wegstück bei gutem Wetter gehen zu können.

Der Ausblick ist fantastisch und wir genießen unserer Pause, mit Nutella aus dem Glas, nach der Überquerung auf 2599m.

Nun beginnt der harte Teil der Etappe und wir machen uns an den Abstieg nach Zams. Nach anfänglich felsigen Wegen gelangen wir ins immer grüner werdende Lochbachtal. An der oberen Lochalm machen wir Rast und gönnen uns eine kühle Johannisbeerschorle. Weiter geht es am Lochbach entlang durch ein kühles Waldstück zum Steig der Zammer Lochs.


Die Sonne brennt, die Luft heizt sich auf und der Weg zieht und zieht und zieht sich bis wir schlussendlich Zams erreichen. In Zams nehmen wir die letzte Bergbahn um 17:00 Uhr bis zur Mittelstation, von wo aus wir zur Zammer Skihütte gelangen. Die Unterkunft ist total top. Es sind kaum Wanderer da und es gibt erst einmal eine ausgiebige warme Dusche. Im Anschluss gibt es wieder etwas Kytta für die strapazierten Beine. Frisch geduscht bekommen wir dann von der Hüttenwirtin sehr gute Kässpatzen serviert, welche wir auf dem Balkon bei perfekten Wetter und einer herrlichen Aussicht genießen.

Wir lassen den Abend wie üblich ruhig ausklingen und begeben uns bei Zeit ins Bett. Den Tribut, den wir für den langen Abstieg zu zollen haben, beginnen wir dann ab morgen zu bezahlen... und wir werden bezahlen.
Tag 4 - Skihütte Zams zur Braunschweiger Hütte

Wir starten am Morgen, nach einem guten Frühstück, mit schmerzenden Knien, aber wieder richtig gutem Wetter. Zuerst gehts zur Mittelstation in Begleitung unserer Hüttenwirten. Dabei erfahren wir von ihr, dass alle zwei Tage die Bewirtung zwischen ihr und ihrem Kollegen wechselt und sie jetzt erstmal nach Hause ins Tal fährt. Wir nehmen die Venet-Bahn zur Bergstation, von wo unsere eigentliche Etappe dann beginnen soll. Heute sehen wir auch wieder ein paar Wandersleute die uns die letzten Tage begleitet haben, denn in Zams haben sich diese auf diverse Unterkünfte verteilt.
Bevor es dann losgeht schauen wir uns erstmal um, der Ausblick ist fantastisch.

Wir beginnen langsam mit unserem Abstieg nach Wenns, denn jeder Schritt bergab ist deutlich spürbar. Die Larcher Alm kommt uns dann gerade recht und wir machen eine kurze Rast um etwas zu trinken. Bevor wir es uns allerdings doch zu bequem machen, geht es dann auch schon weiter. Bis Wenns sind es noch knappe 2 1/2 Stunden, aber wir müssen es langsamer angehen und kommen uns schon sehr Invalide vor. Nach etwas über drei Stunden haben wir es dann doch noch geschafft und wir können uns gemütlich in den Postbus setzen, der uns durchs Pitztal bringt. Die Stunde Fahrzeit nutzen wir als Pause, die wir auch bitter nötig haben.
An der Endstation angekommen, können wir nun das letzte Stück wieder etwas frischer angehen. Die Gletscherstube lassen wir zunächst links liegen und unsere Rucksäcke schmeißen wir heute in die Materialbahn, da wir von einigen Leuten gehört haben, dass der heutige Aufstieg es richtig in sich haben soll. Das tosende Wasser des Gletschers kommt zu unserer Rechten den Berg hinab geschossen und sorgt an der ein oder anderen Stelle für eine erfrischende Abkühlung, denn die Sonne brennt wieder ordentlich auf unsere Köpfe.

Es sind dieses mal deutlich mehr seilversicherte Stellen als auf allen bisherige Zustiegen und so sind wir froh darüber nur mit leichtem Gepäck unterwegs zu sein. Konzentration ist gefragt, aber zum Glück sind unsere Knie kein Thema beim bergauf gehen. Wir folgen dann der großen Baustellenstraße am Fuße des Pitztaler Gletschers, bevor es wieder auf den Pfad zur Braunschweiger Hütte geht.

Es ziehen langsam Wolken auf und wir freuen uns nach knapp zwei weiteren Stunden die Braunschweiger Hütte zu sehen. Die Hütte ist sehr gut ausgestattet und in den letzten Jahren top renoviert worden.
Wir beziehen unser kleines Lager, das wir mit einer netten Familie teilen und machen uns erstmal frisch. Im Anschluss ist es auch schon Zeit für das Abendessen und als wir mitbekommen, dass das Bergsteiger- essen hier ein guter alter Leberkäs mit Spiegelei und Kartoffelsalat ist, müssen wir nicht zweimal überlegen. Gutes kann so einfach sein!
Den restlichen Abend sitzen wir in der Gaststube bei einem Bier. Achim und Yves sind auch wieder da. Die beiden kamen relativ spät, denn sie haben es sich nicht nehmen lassen ihr Rucksäck hochzutragen. Dafür haben sie durch das Pitztal auch den Bus genommen. Da bin ich wieder etwas beruhigter. Nach diesem langen Tag versorge ich meine Beine mal wieder mit meiner Kyttasalbe und lege mich bei Zeit hin. Joe bleibt noch auf und knippst ein paar tolle Bilder vom Nachthimmel. Allerdings bekomme ich von dem, was sich dann in der Nacht draußen abspielt, nichts mehr mit.

Tag 5 - von der Braunschweiger zur Martin-Busch-Hütte
Der Tag beginnt mal wieder früh und um halb Sieben stehen wir startklar vor der Hütte. Wir nehmen den Weg über das Pitztaler Jöchl und nach einem kurzen, aber straffen Anstieg machen wir eine kleine Rast zum Durchschnaufen, bevor es dann über den seilversicherten Weg weitergeht.

Nachdem wir das Jöchl überquert haben steigen wir hinab zum Parkplatz des Restaurant Rettenbachgletscher und warten eigentlich auf den Bus, der uns durch den Rosi-Mittermeier-Tunnel bringen soll. Ich sage eigentlich, da die Knie uns immernoch mitspielen und Joe nicht wirklich begeistert ist vom vier Stunden Abstieg nach Vent. Also einigen wir uns darauf mit dem Bus nach Sölden zu fahren und von dort aus weiter nach Vent. Als der Bus kommt und sich die Türen öffnen, schallt uns erstmal Metallica entgegen und ein recht junger Fahrer, der recht lässig wirkt mit seiner Sonnenbrille, sitzt am Steuer.
Der folgende Dialog stammt aus meinem Gedächtnis und ich bürge nicht für den ganz genauen Wortlaut:
"Na, wo wollt ihr beiden hin?"
"Erst mal nach Sölden runter. Was kostet denn das Ticket?"
"Einunzwanzig Euro."
"Ach komm, hör auf! Pro Person?"
"Nee, für euch beide!"
"Aaahhh, ok. Machen wir. Wie gehts denn von Sölden nach Vent weiter?"
"Ich geb euch Bescheid wenn wir bei der richtigen Haltestelle sind wo ihr umsteigen müsst."
Und so geht es mit einem guten Sound im Ohr und einem coolen Busfahrer nach Sölden. Wir steigen dann erstmal aus und müssen eine knappe halbe Stunde warten bis unser Anschlussbus kommt. Die Zeit überwinden wir indem wir Kleinigkeiten im Tante-Emma-Laden besorgen.
Als dann der Bus kommt, ein Déjà vu, die Türen öffnen sich und es schallt uns erstmal Metallica entgegen.
"Wo wollt ihr hin?"
"Nach Vent."
"Habt ihr eine Gästekarte?"
"Gerade nicht, aber wir fühlen uns wie Gäste."
"Habt sie wohl daheim vergessen. Für euch beide drei Euro."
"Alles klar, danke!"
Wir bekommen das Grinsen nichtmehr aus dem Gesicht bis wir in Vent ankommen.
Von Vent aus ziehen wir los zur Martin-Busch-Hütte auf einem recht breiten Weg und werden irgendwann von einem voll bepackten Jeep überholt der Gepäck zur Hütte bringt.

Der Weg zieht sich unserem Gefühl nach ewig, aber nach etwas weniger als drei Stunde erscheint um die Ecke die Martin-Busch-Hütte, unser Etappenziel für heute.
Wir sind ein paar der Ersten auf der Hütte und so kommen wir noch in den Genuss einer warmen Dusche. Die Zeit bis zum Abendessen überbrücken wir mit Entspannen im Lager. Bevor wir unseren vorerst letzten Hüttenabend im Gastraum verbringen.
Tag 6 - von der Martin-Busch-Hütte über Vernagt nach Meran

Unser letzter Wandertag beginnt wie üblich früh und das Wetter sieht durchwachsen aus. Also bleiben meine Regensachen oben im Rucksack griffbereit als wir losgehen. Nach einiger Zeit sehen wir schon den Similaun auf halb links und in der Ferne, ganz klein, eine Seilschaft, die über ein Schneefeld auf dem Weg zum Gipfel ist. Als wir zu der Abzweigung gelangen an der wir noch die Wahl haben, die Ötzi-Fundstelle zu besuchen, entscheiden wir uns aufgrund des Wetters dagegen und gehen weiter zur Similaun-Hütte auf 3019hm. Wir kommen gerade so an, das wir es vor dem Regen in die Gaststube schaffen und uns eine heiße Suppe gönnen können. Nach einer knappen halben Stunde lässt der Regen nach und wir beginnen mit dem Abstieg nach Vernagt und dem Vernagt-Stausee. Es klart auf und der Weg hinab ist so vielseitig: von schroffem Fels zu satten Wiesen, durch grünen Wald hin zum blauen Stausee.

Hier sind wir nun am Ende unserer Wanderung angelangt. Wir lassen noch unsere Füße im See baumeln, bevor wir mit dem Bus und Zug bis Meran weiterfahren.

Hier haben wir uns im Youth Hostel einquartiert und bleiben noch einen Tag hier, bevor es dann mit dem Bus zurück nach Oberstdorf geht, wo auch schon meine Frau mit unseren Kindern auf mich warten.
Fazit
Rückblickend kann ich zu unserer ersten langen Tour nur sagen, dass es einfach der Wahnsinn war. Die vielen verschiedenen Eindrücke, diese eigene Art bei sich selbst zu sein und an körperlichen sowie mentalen Grenzen zu kratzen, haben uns Lust auf mehr gemacht. Ob es wieder mal eine Alpenüberquerung wird oder einfach über ein langes Wochenende zum Wandern geht, wissen wir noch nicht. Was wir wissen ist nur, dass wir dabei bleiben.
Zur Vorgeschichte
Es sind nun mittlerweile drei Jahre ins Land gezogen, seitdem ich mich zum aller ersten mal mit dem Thema Alpenüberquerung befasst habe.
Um ehrlich zu sein war ich in meiner Kindheit oder Jugend nicht wirklich viel in der Natur unterwegs, sondern eher in den virtuellen Welten des Internet. Doch als zufriedener, erwachsener Mensch der es zu Frau, Kind und geregelter Arbeit gebracht hatte, verspürte ich irgendwann das Bedürfnis etwas anderes zu tun. Etwas das ich zuvor noch nie getan hatte.
Nach langer Zeit der Recherche stand der Plan fest, es soll eine anfängergerechte Hüttentour über die Alpen sein.
Da meine Frau mich nicht alleine ziehen lassen wollte, begab ich mich auf die Suche nach einem Mitstreiter. Zum Glück stellte sich heraus, dass meine erste Wahl die Idee ganz spontan richtig gut fand. Also planten wir die Geschichte, aufgrund räumlicher Distanz, in mehreren Telefongesprächen und eMails.
Zum Hauptteil
Tag 1 – nach Oberstdorf und auf die Kemptner Hütte
Am Morgen des 29/7/2012 war es soweit. Nach einer schlecht geschlafenen Nacht stehe ich um 8:00h am Bahnhof und warte auf den Zug der mich nach Ulm bringen soll. Die Bahn ist pünktlich (ich hatte nichts anderes erwartet) und so war ich auch zur rechten Zeit am Ulmer BHF. Da ich noch etwas Zeit habe bevor Joe hier eintrifft, besorge ich noch ein paar Brötchen für die erste Brotzeit. Auch Joes Zug ist pünktlich und nach einer herzlichen Begrüßung steigen wir in den bereits wartenden Zug, der uns nach Oberstdorf bringen soll.
Die Bahnfahrt ist recht kurzweilig, denn es gibt viel zu erzählen aus den alten Zeiten und so einiges zu besprechen über die Zeit die vor uns liegt.
In Oberstdorf angekommen ist es erstmal Zeit für eine kleine Stärkung. Joe lässt es sich nicht nehmen und besorgt ein großes Glas Nutella, welches ihn noch lange begleiten soll.
Nach dem Vesper nehmen wir den Linienbus zur Spielmannsau, um von dort aus zur Kemptner Hütte aufzusteigen. Es ist zwar bewölkt, aber es sieht soweit stabil aus. Also die Rucksäcke aufgesetzt und losgegangen.




Nach etwas mehr als drei Stunden (wir Flachlandtiroler müssen ja alle paar Meter stehen bleiben um die Landschaft oder die Murmeltiere zu bewundern) auf aufgeweichten Pfaden, erreichen wir die Kemptner Hütte. Kurz ein Zimmer abgeklärt, frisch gemacht und auf zum Abendessen. Wie von dem ein oder anderen empfohlen, gönne ich mir den mächtigen Rinderbraten und kann ihn nur weiterempfehlen. Mit vollem Bauch endet der Abend heute früh für mich.
Im Zimmer treffe ich zwei weitere Wanderer an, die ebenfalls den E5 gehen. Achim und Yves, bepackt mir vergleichsweise rießigen Rucksäcken, sind ganz gut drauf und wie sich herausstellen wird, echt fit unterwegs. Aber dazu später mehr, denn jetzt ist es Zeit fürs Hajabettchen.
Tag 2 – weiter zur Memminger Hütte
Recht früh sind wir auf den Beinen und machen uns fertig für die 2. Etappe.
Die Rucksäcke sind gepackt und noch kurz eine Portion Müsli zum Frühstück verdrückt bevor wir uns bei leichtem Nebel auf den Weg nach Holzgau machen. Wir schaffen es noch vor einer Wandergruppe loszukommen und als wir am deutsch/österreichischen Grenzpunkt ankommen, sind unsere Beine auf Temperatur. Schnell noch ein obligatorisches Grenzfoto geschossen und weiter gehts bergab. Von Achim undYves haben wir jetzt schon nichts mehr gesehen.

An einigen grasenden Kühen vorbei steigen wir weiter ab bis wir an den Simms-Wasserfall gelangen. Wir machen etwas Rast, knipsen ein paar Bilder bevor es weiter geht ins Tal.

An einer Gabelung haben wir die Wahl, ob wir direkt weiter nach Holzgau wandern oder ob wir über den anderen Weg und der neuen Hängebrücke weiter wollen um nach Holzgau zu gelangen. Natürlich entscheidem sich die guten Touristen für die hängende Attraktion. Es ist schon ein beeindruckendes Bauwerk, dass sich auf einer Länge von 200m erstrekt und uns auf einer Höhe von 110m über die Höhenbachschlucht führt.

In Holzgau bekomme ich noch die Möglichkeit ein kurzes Telefonat mit meiner Familie zu führen, bevor wir die Sammelstelle des Taxiunternehmens Feuerstein beim Gasthof Bären ansteuern. Da die Taxis erst losfahren wenn alle Plätze besetzt sind, hätten wir uns garnicht beeilen müssen. Dafür sitzt nun auch die Wandergruppe von heute Morgen im gleichen Bus. Kurz vor Bach fahren wir an Achim und Yves, den zwei Wanderern mit den rießigen Rucksäcken vorbei und ich habe plötzlich ein komisches Gefühl in meiner Magengegend.
Auf der Strecke zur Materialseilbahn gibt es ein paar Wald- und Straßenarbeiten und so wirft uns der Busfahrer schon ein ganzes Stück früher raus. Der Plan war es, unsere Rucksäcke in die Materialseilbahn zu werfen und dann mir leichtem Gepäck zur Memminger Hütte hinauf zu wandern, aber da ist immernoch dieses Gefühl. Also ändern wir den Plan und behalten unsere Rucksäcke auf. Wir überqueren den Parseier Bach und begeben uns in Queren bergauf.

Ein gutes Stück hinter uns sehen wir die Wandergruppen und bis alle ihre Rucksäcke in der Seilbahn verstauen können, haben wir ungefähr 40 Minuten Vorsprung. Nach knappen drei Stunden Aufstieg erreichen wir die Memminger Hütter.

Oben angekommen ist erst einmal Ausruhen angesagt, da der Aufstieg uns schon geschlaucht hat. Wir entschließen uns die heutige Nacht im Lager zu verbringen. Dies bedeutet auf der Memminger Hütte, dass es drei Schlafplätze verteilt auf zwei Matratzen gibt. Ich hatte den Platz in der Mitte...

Der Abend ist insgesamt auch wieder sehr kurz. Nach dem Abendessen gibt es noch ein Weizenbier und etwas Kyttasalbe für die Beine bevor dann abliegen angesagt ist.
Tag 3 – von der Memminger Hütte nach Zams
Die Nacht ist gefühlt sehr kurz gewesen, denn ab 5Uhr gehts im Lager ab. Da hilft alles nichts, also stehen wir auf und entscheiden uns vor dem Abmarsch noch den Seekogel zu erklimmen.

Die Sonne kommt heraus und es ist ein richtig gutes Gefühl hier oben zu sein.
Nach unserer Rückkehr zur Memminger Hütte geht es dann auch gleich weiter mit der eigentlichen Etappe. Wir steigen hoch zur Seescharte und sehen dann zu unserer Linken eine Herde Steinböcke. Die hierarchische Struktur ist gut erkennbar und so haben wir das Vergnügen, einige Jungböcke beim Kampf um die Rangordnung beobachten zu dürfen.

Das kurze gerölllastige Stück zur Seescharte hat es in sich und wir sind sehr froh darüber, dieses Wegstück bei gutem Wetter gehen zu können.

Der Ausblick ist fantastisch und wir genießen unserer Pause, mit Nutella aus dem Glas, nach der Überquerung auf 2599m.

Nun beginnt der harte Teil der Etappe und wir machen uns an den Abstieg nach Zams. Nach anfänglich felsigen Wegen gelangen wir ins immer grüner werdende Lochbachtal. An der oberen Lochalm machen wir Rast und gönnen uns eine kühle Johannisbeerschorle. Weiter geht es am Lochbach entlang durch ein kühles Waldstück zum Steig der Zammer Lochs.


Die Sonne brennt, die Luft heizt sich auf und der Weg zieht und zieht und zieht sich bis wir schlussendlich Zams erreichen. In Zams nehmen wir die letzte Bergbahn um 17:00 Uhr bis zur Mittelstation, von wo aus wir zur Zammer Skihütte gelangen. Die Unterkunft ist total top. Es sind kaum Wanderer da und es gibt erst einmal eine ausgiebige warme Dusche. Im Anschluss gibt es wieder etwas Kytta für die strapazierten Beine. Frisch geduscht bekommen wir dann von der Hüttenwirtin sehr gute Kässpatzen serviert, welche wir auf dem Balkon bei perfekten Wetter und einer herrlichen Aussicht genießen.

Wir lassen den Abend wie üblich ruhig ausklingen und begeben uns bei Zeit ins Bett. Den Tribut, den wir für den langen Abstieg zu zollen haben, beginnen wir dann ab morgen zu bezahlen... und wir werden bezahlen.
Tag 4 - Skihütte Zams zur Braunschweiger Hütte

Wir starten am Morgen, nach einem guten Frühstück, mit schmerzenden Knien, aber wieder richtig gutem Wetter. Zuerst gehts zur Mittelstation in Begleitung unserer Hüttenwirten. Dabei erfahren wir von ihr, dass alle zwei Tage die Bewirtung zwischen ihr und ihrem Kollegen wechselt und sie jetzt erstmal nach Hause ins Tal fährt. Wir nehmen die Venet-Bahn zur Bergstation, von wo unsere eigentliche Etappe dann beginnen soll. Heute sehen wir auch wieder ein paar Wandersleute die uns die letzten Tage begleitet haben, denn in Zams haben sich diese auf diverse Unterkünfte verteilt.
Bevor es dann losgeht schauen wir uns erstmal um, der Ausblick ist fantastisch.

Wir beginnen langsam mit unserem Abstieg nach Wenns, denn jeder Schritt bergab ist deutlich spürbar. Die Larcher Alm kommt uns dann gerade recht und wir machen eine kurze Rast um etwas zu trinken. Bevor wir es uns allerdings doch zu bequem machen, geht es dann auch schon weiter. Bis Wenns sind es noch knappe 2 1/2 Stunden, aber wir müssen es langsamer angehen und kommen uns schon sehr Invalide vor. Nach etwas über drei Stunden haben wir es dann doch noch geschafft und wir können uns gemütlich in den Postbus setzen, der uns durchs Pitztal bringt. Die Stunde Fahrzeit nutzen wir als Pause, die wir auch bitter nötig haben.
An der Endstation angekommen, können wir nun das letzte Stück wieder etwas frischer angehen. Die Gletscherstube lassen wir zunächst links liegen und unsere Rucksäcke schmeißen wir heute in die Materialbahn, da wir von einigen Leuten gehört haben, dass der heutige Aufstieg es richtig in sich haben soll. Das tosende Wasser des Gletschers kommt zu unserer Rechten den Berg hinab geschossen und sorgt an der ein oder anderen Stelle für eine erfrischende Abkühlung, denn die Sonne brennt wieder ordentlich auf unsere Köpfe.

Es sind dieses mal deutlich mehr seilversicherte Stellen als auf allen bisherige Zustiegen und so sind wir froh darüber nur mit leichtem Gepäck unterwegs zu sein. Konzentration ist gefragt, aber zum Glück sind unsere Knie kein Thema beim bergauf gehen. Wir folgen dann der großen Baustellenstraße am Fuße des Pitztaler Gletschers, bevor es wieder auf den Pfad zur Braunschweiger Hütte geht.

Es ziehen langsam Wolken auf und wir freuen uns nach knapp zwei weiteren Stunden die Braunschweiger Hütte zu sehen. Die Hütte ist sehr gut ausgestattet und in den letzten Jahren top renoviert worden.
Wir beziehen unser kleines Lager, das wir mit einer netten Familie teilen und machen uns erstmal frisch. Im Anschluss ist es auch schon Zeit für das Abendessen und als wir mitbekommen, dass das Bergsteiger- essen hier ein guter alter Leberkäs mit Spiegelei und Kartoffelsalat ist, müssen wir nicht zweimal überlegen. Gutes kann so einfach sein!
Den restlichen Abend sitzen wir in der Gaststube bei einem Bier. Achim und Yves sind auch wieder da. Die beiden kamen relativ spät, denn sie haben es sich nicht nehmen lassen ihr Rucksäck hochzutragen. Dafür haben sie durch das Pitztal auch den Bus genommen. Da bin ich wieder etwas beruhigter. Nach diesem langen Tag versorge ich meine Beine mal wieder mit meiner Kyttasalbe und lege mich bei Zeit hin. Joe bleibt noch auf und knippst ein paar tolle Bilder vom Nachthimmel. Allerdings bekomme ich von dem, was sich dann in der Nacht draußen abspielt, nichts mehr mit.

Tag 5 - von der Braunschweiger zur Martin-Busch-Hütte
Der Tag beginnt mal wieder früh und um halb Sieben stehen wir startklar vor der Hütte. Wir nehmen den Weg über das Pitztaler Jöchl und nach einem kurzen, aber straffen Anstieg machen wir eine kleine Rast zum Durchschnaufen, bevor es dann über den seilversicherten Weg weitergeht.

Nachdem wir das Jöchl überquert haben steigen wir hinab zum Parkplatz des Restaurant Rettenbachgletscher und warten eigentlich auf den Bus, der uns durch den Rosi-Mittermeier-Tunnel bringen soll. Ich sage eigentlich, da die Knie uns immernoch mitspielen und Joe nicht wirklich begeistert ist vom vier Stunden Abstieg nach Vent. Also einigen wir uns darauf mit dem Bus nach Sölden zu fahren und von dort aus weiter nach Vent. Als der Bus kommt und sich die Türen öffnen, schallt uns erstmal Metallica entgegen und ein recht junger Fahrer, der recht lässig wirkt mit seiner Sonnenbrille, sitzt am Steuer.
Der folgende Dialog stammt aus meinem Gedächtnis und ich bürge nicht für den ganz genauen Wortlaut:
"Na, wo wollt ihr beiden hin?"
"Erst mal nach Sölden runter. Was kostet denn das Ticket?"
"Einunzwanzig Euro."
"Ach komm, hör auf! Pro Person?"
"Nee, für euch beide!"
"Aaahhh, ok. Machen wir. Wie gehts denn von Sölden nach Vent weiter?"
"Ich geb euch Bescheid wenn wir bei der richtigen Haltestelle sind wo ihr umsteigen müsst."
Und so geht es mit einem guten Sound im Ohr und einem coolen Busfahrer nach Sölden. Wir steigen dann erstmal aus und müssen eine knappe halbe Stunde warten bis unser Anschlussbus kommt. Die Zeit überwinden wir indem wir Kleinigkeiten im Tante-Emma-Laden besorgen.
Als dann der Bus kommt, ein Déjà vu, die Türen öffnen sich und es schallt uns erstmal Metallica entgegen.
"Wo wollt ihr hin?"
"Nach Vent."
"Habt ihr eine Gästekarte?"
"Gerade nicht, aber wir fühlen uns wie Gäste."
"Habt sie wohl daheim vergessen. Für euch beide drei Euro."
"Alles klar, danke!"
Wir bekommen das Grinsen nichtmehr aus dem Gesicht bis wir in Vent ankommen.
Von Vent aus ziehen wir los zur Martin-Busch-Hütte auf einem recht breiten Weg und werden irgendwann von einem voll bepackten Jeep überholt der Gepäck zur Hütte bringt.

Der Weg zieht sich unserem Gefühl nach ewig, aber nach etwas weniger als drei Stunde erscheint um die Ecke die Martin-Busch-Hütte, unser Etappenziel für heute.
Wir sind ein paar der Ersten auf der Hütte und so kommen wir noch in den Genuss einer warmen Dusche. Die Zeit bis zum Abendessen überbrücken wir mit Entspannen im Lager. Bevor wir unseren vorerst letzten Hüttenabend im Gastraum verbringen.
Tag 6 - von der Martin-Busch-Hütte über Vernagt nach Meran

Unser letzter Wandertag beginnt wie üblich früh und das Wetter sieht durchwachsen aus. Also bleiben meine Regensachen oben im Rucksack griffbereit als wir losgehen. Nach einiger Zeit sehen wir schon den Similaun auf halb links und in der Ferne, ganz klein, eine Seilschaft, die über ein Schneefeld auf dem Weg zum Gipfel ist. Als wir zu der Abzweigung gelangen an der wir noch die Wahl haben, die Ötzi-Fundstelle zu besuchen, entscheiden wir uns aufgrund des Wetters dagegen und gehen weiter zur Similaun-Hütte auf 3019hm. Wir kommen gerade so an, das wir es vor dem Regen in die Gaststube schaffen und uns eine heiße Suppe gönnen können. Nach einer knappen halben Stunde lässt der Regen nach und wir beginnen mit dem Abstieg nach Vernagt und dem Vernagt-Stausee. Es klart auf und der Weg hinab ist so vielseitig: von schroffem Fels zu satten Wiesen, durch grünen Wald hin zum blauen Stausee.

Hier sind wir nun am Ende unserer Wanderung angelangt. Wir lassen noch unsere Füße im See baumeln, bevor wir mit dem Bus und Zug bis Meran weiterfahren.

Hier haben wir uns im Youth Hostel einquartiert und bleiben noch einen Tag hier, bevor es dann mit dem Bus zurück nach Oberstdorf geht, wo auch schon meine Frau mit unseren Kindern auf mich warten.
Fazit
Rückblickend kann ich zu unserer ersten langen Tour nur sagen, dass es einfach der Wahnsinn war. Die vielen verschiedenen Eindrücke, diese eigene Art bei sich selbst zu sein und an körperlichen sowie mentalen Grenzen zu kratzen, haben uns Lust auf mehr gemacht. Ob es wieder mal eine Alpenüberquerung wird oder einfach über ein langes Wochenende zum Wandern geht, wissen wir noch nicht. Was wir wissen ist nur, dass wir dabei bleiben.
Kommentar