[DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

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    #61
    AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

    North Sea Cycle Route

    Finkenwerder – Stade, 50,2 km


    27.07.2012

    Um es vorweg zu sagen: Nein, unter einem guten Stern steht auch dieser Tag nicht. Das liegt allerdings an mir, da ich anscheinend Defizite habe, die Radwegschilder zu erkennen, zu finden oder die Karte richtig zu lesen. Zu meiner Ehrenrettung muss ich allerdings sagen, dass sich die Radwegbeschilderung in Hamburg nicht mit Ruhm bekleckert. Und die (veraltete?) Streckenführung in Niedersachsen auch nicht, die in der BVA Fahrradkarte des ADFC verzeichnet ist. Ein Tipp vorweg: Ruhig nach Bedarf der Beschilderung des Elberadweges folgen und Teile des Esteradwegs miteinbeziehen. Das ist nervenschonender und idyllischer.

    Aber fangen wir vorne an:
    Geplant ist es, heute nach Hemmoor zu radeln, weil dort ein Campingplatz eingezeichnet ist. Die Etappe ist ca. 100 km lang und so will ich früh starten. Es soll der heißeste Tag des Jahres werden, bevor der Sommer wieder eine Pause einlegt. Heiß heißt in diesem Jahr, dass 28 Grad im Schatten erwartet werden. Da ich an einem Freitag nicht vor 9 Uhr die Fähre nehmen kann, kann ich nicht zu früh los und dann ist doch tatsächlich das sehnsüchtig erwartete Paket aus Österreich da. Damit ist die Übernachtung gestrichen. Ich kümmere mich erst einmal um das Paket und starte doch erheblich später, als ich wollte. Zwar habe ich das volle Übernachtungsgepäck dabei, da ich jetzt a) nicht mehr umladen will und b) für den Abend Unwetter angesagt sind, die eine Notübernachtung erforderlich machen könnten. Im Grund habe ich aber bereits beschlossen, die Etappe entweder in Stade (S-Bahn Gesamtbereich) oder in Hemmoor (Regionalzug) ab zu brechen, da der Erhalt des Paketes andere Termine nach sich zieht.

    Und so erreiche ich um 11.45 Uhr Finkenwerder.





    Am Ausgang erwartet mich zuverlässig das Radwegschild und ich biege links ab.





    Am Bus vorbei geht es Richtung Hauptstraße und da stehe ich dann.





    Die Autos dröhnen, aber kein Richtungspfeiler zeigt einen Hinweis. Ich kenne mich aus, daher weiß ich, dass rechts abbiegen unlogisch ist. Da gibt es eine schönere Radwegstrecke um den Hafen herum, die dann parallel zu dieser Straße in Richtung Airbus an der Bahnstrecke entlang führt. Also nach links?
    Die Hauptstraße ist wie immer viel befahren. Finkenwerder wartet seit Jahren auf eine Umgehungsstraße. Der gesamte Verkehr aus Hamburg Richtung Airbus und Altes Land geht durch diese Straße und die Anwohner, deren teilweise sehr hübsche Häuser durch den Verkehr Risse aufweisen, sind wirklich nicht zu beneiden. Kurz entschlossen beschließe ich, nach links zu fahren und tatsächlich: Ein Schild. Das sieht man aber erst, wenn man über die Ampel fährt, es ist nämlich unter dem Autobahnschild.








    Der Weg führt parallel zur Einkaufsstraße in ruhige Seitenstraßen und ist vorbildlich ausgeschildert.








    Und dann bin ich überrascht. Hier war ich noch nie und es ist wunderschön hier.









    So ist es ein jäher Kontrast, als hinter einem Fachwerkhaus die Tankstelle an der Hauptstraße auftaucht. Im ersten Moment erkenne ich sie gar nicht, ich kenne sie nur aus Autofahrerperspektive von vorne.





    Und nun beginnt der Schilderkampf. Wohin weist dieses Schild? Ja, halb nach links zum Auedeich. Aber direkt an der Straße ist das nächste Schild. Und nun?

    Ich fahre vor bis zur Kreuzung und biege rechts ab. Obwohl ich bewusst danach schaue, übersehe ich das nach links weisende Richtungsschild an der Ampel, obwohl ich vermute, dass es hier links abgehen muss. Erst die Vergrößerung des Foto bietet mir Aufschluss, wo das Schild ist: Es befindet sich unter dem „Überholen verboten“ Verkehrszeichen.





    Möglicherweise hat mir da die Sonne einen Streich gespielt. So fahre ich bis an die nächste Kurve, weiß dann aber, dass das nicht richtig sein kann, da ich jetzt nur noch ein paar Meter von der Kreuzung entfernt bin, an der ich gestartet bin. Ich wende. Wieder sehe ich keinen Hinweis auf die Seitenstraße und so fahre ich wieder ratlos zur Tankstelle zurück und studiere die Karte.

    Dann entscheide ich mich, dem Richtungsarm zu folgen und biege Richtung Auedeich ab. Immer wieder spannend, wie nahe Idylle, Natur und Hafen hier beieinander liegen.





    Es riecht nach frisch gemähtem Gras und die Möwen vollführen sommerliche Flugbewegungen. Obwohl viel Verkehr ist, hört man ihn kaum. Ich bin zufrieden.








    An der Kurve ist der Radweg zu Ende und es gilt, eine gefährliche Kreuzung zu queren. Das North Sea Cycle Route Schild fehlt – ich bin jetzt auf dem Elberadweg und sehe, dass ich zu weit gefahren bin. Aber ich habe keine Lust mehr, zu wenden und ich weiß, dass der Weg vor mir idyllisch ist. Nicht nachvollziehbar, warum hier der Nordseeküstenradweg nicht am Elberadweg entlang geführt wird.





    Der Obststand lockt – erste Vorläufer des Obstanbaugebietes Altes Land. An der Karte von Finkenwerder wird mir mein Irrtum bestätigt, aber ich freue mich auf die Strecke und so habe ich kein schlechtes Gewissen, dass ich jetzt von der offiziellen Route abweiche. Ich befinde mich jetzt unten rechts und die geschlungene Straße ist der Elberadweg. Die schnurgerade in der Mitte zwischen Hauptstraße und Süderelbe durchgehende Straße ist der dagegen Nordseeküstenradweg.





    Ich biege in die Nebenstrecke ein und genieße die Eindrücke. Walnussbäume stehen am Wegesrand und wunderschöne Häuser säumen den Deich.








    Der Elberadweg ist ausgeschildert und ich kreuze Bahnschranken.





    Einige Gärten sind eine Pracht.





    Ich würde dem Elberadweg gerne weiter folgen, entschließe mich aber pflichtbewusst an der nächsten Möglichkeit wieder zum Nordseeküstenradweg zurück zu kehren. Und so fahre ich direkt auf die sehenswerte Kirche zu.





    Von Bäumen verdeckt, ist sie nur schwer zu fotografieren.











    Gegenüber der Kirche ein kunstvoll geschnitztes Eingangstor: Es ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volke Gottes (Hebr. 4,9). Erst beim Schreiben des Reiseberichtes erfahre ich, dass sich dort nicht nur der Alte Friedhof, sondern auch eine katholische Kirche befindet. Aber die Hitze ist bereits so unerträglich, dass ich mir keine Zeit für Besichtigungen nehmen möchte.





    Weiter geht es nun die Dorfstraße entlang und angesichts des Autoverkehrs ärgere mich etwas, dass ich nicht weiter Elberadweg gefahren bin. Andererseits ist die Kirche wirklich ein Schmuckstück gewesen.
    Dann wird es aber doch noch schön.








    An der Kreuzung Finkenwerder Landscheideweg, Finkenwerder Westerdeich und Neßkatenweg treffen sich Nordseeküstenradweg und Elberadweg.





    Der Nordseeküstenradweg geht geradeaus weiter. Es ist der Weg rechts von dem Schild, auf dem Gartenbauverein Finkenwerder e.V. 101 steht.





    Auch hier brauche ich ziemlich lang zur Orientierung, denn rechts und links zweigen idyllische Radwege ab und der Weg geradeaus sieht am wenigsten verlockend aus und ist erneut nicht zusätzlich beschildert. Aber er entpuppt sich als richtig. Hinter den Kleingärten verbreitet ein Gebäude von Airbus durch die Sonneneinstrahlung ein unwirkliches, hellglänzendes Licht.





    Der nächste Radwegschilderarm weist zuverlässig in Richtung Hauptstraße. Es geht also halbrechts weiter.





    Links beginnt ein Naturschutzgebiet und die Schautafel erklärt die dort angesiedelten Vogelarten.





    Aber erst einmal geht es die vielbefahrene Hauptstraße entlang. Einige Reiseradler kommen mir entgegen und man spricht schwäbisch.










    Und dann muss man aufpassen, denn ohne Vorwarnung zeigt ein kleines rotes Radwegschild nach links. Man kann zwar auch bis zur Ampel vorfahren und dann links abbiegen, aber der offizielle Weg führt durch das Naturschutzgebiet.





    Also muss man an dieser Stelle die vielbefahrene Landstraße kreuzen und ich brauche etwas, bis mir das gelingt. Nicht ungefährlich, diese Stelle, vor allem, wenn Berufsverkehr ist und einige wie bekloppt überholen und nach Hause rasen. In der Ferne liegt Neuenfelde mit der 1682 errichteten St. Pankratius-Kirche. Sie verfügt über eine Arp-Schnitger-Orgel, was ich aber erst jetzt, als ich den Reisebericht schreibe und den Namen der Kirche recherchiere, erfahre. Manchmal sollte man sich vor der Reise informieren, wo man hin fährt! Da muss ich wohl noch einmal hin.






    Nun kommt ein kurzes Stück Idylle pur. (Sind dort Schlauchboote erlaubt? Ich glaube nicht...). Faszinierende Bäume stehe hier.














    Dann folgt wieder die bittere Realität der Landstraße. Die Ampel ist grün und ich gebe Gas. Hier ein Foto von der Kreuzung, die nun hinter mir liegt. Erstaunlich viele Radreisende sind unterwegs, einer hier wartet auf seine Familie auf der anderen Straßenseite. Hinter der Leitplanke befindet sich das Naturschutzgebiet, das ich gerade verlassen habe.





    Ich gebe Gas, sehe keine weiteren Schilder und mein Weg endet an einer Straße. Ich schaue mich um, aber Radwegschilder sehe ich keine. Also studiere ich die Karte und entscheide, dass ich richtig bin. Hamburg ist nicht Schleswig – Holstein. Und ich will jetzt auch nicht noch einmal zurückfahren und suchen, ob ich etwas übersehen habe. Die Hitze nimmt nämlich immer weiter zu und ich brauche Fahrtwind. Während ich diesen Bericht schreibe, muss ich bei Überprüfung des Tracks allerdings feststellen, dass ich doch falsch war. Anscheinend hätte ich hier irgendwo halblinks einen Weg in Richtung Hauptstraße Nincop-Neuenfelde finden müssen. Aber auch im Nachhinein habe ich keine Ahnung wo. Möglicherweise hätte ich auf die Straße fahren müssen.

    Ich biege dagegen rechts auf den Weg an der Deichinnenkante ab. Kein Wunder, dass ich nun überhaupt keine Schilder mehr finde und gleichzeitig: glücklicherweise. Keine Ahnung, was sich die Streckenplaner gedacht haben, den Weg an der zentralen Hauptstraße entlang zu führen. Möglicherweise gibt es dort auch einen Deichradweg, aber eine Nebenstraße ist doch viel angenehmer.

    So fahre ich also ohne es zu wissen parallel zur offiziellen Strecke. Immerhin ist es schön hier.














    Ich fahre sogar sehr nahe an der Kirche vorbei und hätte sie sogar besichtigen können, wenn ich gewusst hätte, welche Perle sich hier verbirgt.








    Und dann stehe ich am Ende des Deiches erneut an einer Kreuzung. Und nirgendwo ein Schild. Klar, woher auch – ich bin ja falsch. Aber das weiß ich zu diesem Zeitpunkt ja nicht. Laut Karte muss ich wohl geradeaus.

    An der Kreuzung ist ein Selbstbedienungsautomat für Obst. Es lebe die Technik.





    Ich fahre ein Stück Dorfstraße.





    Ein Auto nach dem anderen dröhnt an mir vorbei. Geballte Hektik und spürbare Aggressivität. Ich bremse. Im Nachhinein weiß ich, dass die Straße richtig gewesen wäre, denn damit wäre ich direkt auf die Hauptstraße gekommen, die als Nordseeküstenradweg ausgeschildert ist. Aber mir erscheint es unlogisch, dass ein Fernradweg so eine vielbefahrene Straße entlang führt. Ein Radweg fehlt hier, man müsste auf der Straße fahren. Bis her habe ich so etwas nicht erlebt. Im Prinzip ist der Gedanke richtig. Und da ich denke, dass ich falsch bin, fahre ich zur Kreuzung zurück. Ein Bild vom Haus an der Kreuzung.





    Durch Zufall sehe ich einen Radfahrer auf einem nicht ganz taufrischen Klapperrad, der in die Seitenstraße einbiegt. Es gibt dort also einen Radweg. Das kann nur richtig sein. Nach längere Zeit finde ich eine Lücke zwischen den abbiegenden Autos und biege in den Nebenweg ein.





    Hier befindet sich tatsächlich ein Radweg und er ist die Verlängerung des Radweges, auf dem ich eben gefahren bin.












    Nach einiger Zeit fällt mir auf, dass der Weg mit einem „x“ gekennzeichnet ist. Es handelt sich anscheinend um einen markierten Wanderweg. Radwegschilder fehlen. Natürlich fällt mir das auf, aber es ist mittlerweile brütend heiß und ich bin froh, einfach nur voran zu kommen und einen schönen Weg zu fahren. Irgendwann wird schon wieder ein Schild kommen. Hoffe ich.

    Ich gelange auf einen schmalen Deichpfad in Richtung Sietas Werft. Das kann nicht richtig sein und mir wird endgültig klar, dass ich wohl doch die Straße hätte nehmen müssen. Aber umkehren will ich jetzt nicht mehr.





    Der Weg wird jetzt immer schmaler und dazu hügelig. Auf der Straße fahren die Autos Stoßstange an Stoßstange und sind unglaublich laut. Kopfsteinpflaster. Es macht Spaß, den Weg zu fahren und die Steigungen sind eine schöne Abwechslung, aber mir sollte jetzt niemand entgegen kommen und keiner aus dem Haus auf den Weg treten.





    Dann stehe ich vor dem Eingang der Sietas Werft. Sie ist Hamburgs älteste noch existierende Werft, hat aber im letzten Jahr Insolvenz angemeldet. Gearbeitet wird trotzdem. Hier war ich noch nie.





    Ich bleibe kurz stehen und studiere die Karte, um heraus zu finden, wo ich bin. Leider ist der Wanderweg nicht eingezeichnet, obwohl ich immer wieder das Markierungskreuz sehe.





    Ich ahne nun langsam, wo ich bin und ärgere mich, dass ich nicht den Elberadweg gefahren bin. Dann wäre ich schon viel weiter. Hemmor rückt in weite Ferne.

    Plötzlich kommt eine Radfahrerin über den Huckel vor mir geradelt und ruft mir aufgeregt zu, ich solle aus dem Weg gehen und den Weg nicht versperren. Ich verstehe das Problem nicht, denn vor mir und hinter mir ist genug Platz, um weiter zu fahren. Sie rast vorbei. Dann kommt der sportlich gedresste Partner der Frau und ruft ebenfalls, ich solle aus dem Weg gehen. Ich stehe nicht im Weg, sage ich laut und er knallt an mir vorbei und ruft im Vorbeifahren: „Ich komme sonst den Berg nicht hoch“. Ich bin sprachlos. Für diesen kleinen Hügel nimmt der Anlauf? Und das bei der Enge der Straße? Hatte ich ein Glück, dass die mir nicht während der Fahrt begegnet sind.

    Abgetörnt verlasse ich den Weg und fahre auf dem Kopfsteinpflaster weiter. Es schüttelt mich durch, aber das ist mir egal. Auf dem Deichweg ist es mir nach dem Erlebnis zu gefährlich.

    Und dann kommt tatsächlich ein Radwegschild.





    Ich bin nun auf dem Esteradweg. Nur: Wir ich das Umleitungsschild interpretieren soll, erschließt sich mir noch nicht. Das werde ich erst später erfahren. Rechts von mir befindet sich das alte Estesperrwerk, das für Fußgänger und Radfahrer freigegeben ist. Von der anderen Seite her kenne ich es gut. Schön, mal von dieser Seite heran gefahren zu sein.





    Ich wechsele die Straßenseite und muss den Torbogen fotografieren: „Wir haben hier keine bleibende Städte (Stätte?) sondern die Zukünftige suchen wir hier.“





    Und dann sehe ich endlich wieder einen Schilderarm. Was ich sehe, begeistert mich nicht. Ich bin tatsächlich auf dem Esteradweg. Dieser geht jetzt aber rechts ab und ich spiele einen Moment mit dem Gedanken, ihn weiter zu fahren. Der Nordseeküstenradweg scheint mir keine attraktive Strecke zu verfolgen. Aber ich bin tapfer und werde gleich pflichtbewusst geradeaus weiter radeln. Dem Schild nach bin ich 10 km von Finkenwerder entfernt. Und es ist nun 13.28 Uhr. Ich habe für dieses kurze Stück 1,5 Stunden gebraucht. Fein.






    Und dann – oh Wunder – erreiche ich die Hauptstraße, die ich hätte fahren müssen. Vor mir ist kein Radwegschild.





    Rechts von mir ist ein verwaschenes Radsymbol. Und der Hinweis, dass ich nun den Landkreis Stade betreten werde.





    Links von mir ist eine Bushaltestelle. Und ich sehe die attraktive Hauptstraße, die ich eigentlich hätte entlang fahren sollen.....





    Nachdenklich biege ich erst einmal links ab, um zu überprüfen, ob ich nicht doch ein Schild sehe. An der nächsten Einmündung wende ich wieder und dann kann ich mein Glück nicht fassen: Ich bin richtig! Da ist das Schild ja. Wie konnte ich es bloß übersehen!





    Zufrieden gebe ich Gas.

    Zufrieden?

    Nur kurz. Zwar gibt es tatsächlich mal Momente, in denen kein Auto das Bild stören würde. Aber generell ist lauter, hässlicher, nervtötender, ohrenschmerzenverursachender Verkehr. Hitze und Verkehr. Die Rennpiste nach Stade. Ich kenne die Straße aus Motorradfahrersicht und würde nie auf die Idee kommen, hier einen Fernradweg entlang zu legen. Hier gibt man Gas. Ich fluche. Und ich verfluche. Hätte ich bloß Ohropax mitgenommen.





    Ich verlasse nun Hamburg und fahre in Richtung Hove. Das Ortsschild von Jork taucht auf und ich grüße im Geiste die fünfte Einschlafhilfe.





    Ein schönes Haus, wenn der lärmende Verkehr nicht wäre.





    Spontan mache ich bei einem Obststand halt und kaufe Blaubeeren, Erdbeeren, Kirschen und dann – warum gibt es die eigentlich kaum noch zu kaufen – von mir heißgeliebte Sauerkirschen. Ich fahre mit UL Ausrüstung, da kann man ruhig 3 kg Obst einpacken. Frischer geht nicht.





    Ich komme mit der Frau ein wenig ins Gespräch und fluche über die Radwegführung. Wie kann man einen Nordseeküstenradweg nur an dieser vielbefahrenen Straße entlang führen. Und von ihr erfahre ich des Rätsels Lösung: Das Estesperrwerk ist für den gesamten Verkehr gesperrt. Daher diese Unmengen von Autos. Normalerweise ist hier tagsüber nicht so viel Verkehr.
    Das bedeutet, dass an diesem Tag auch für Radfahrer der Elberadweg nicht befahrbar gewesen wäre, da dieser über das Estesperrwerk geführt wird. Das erklärt die Begegnung mit den beiden Radler auf dem schmalen Weg an der Sietas-Werft. Auch sie mussten einen Umweg fahren. Ich bin mit der Streckenführung nun ein wenig versöhnt, aber nur wenig. Die Straße hier ist auch mit weniger Autos für einen Fernradweg viel zu öde. Da gibt es intelligentere Lösungen.











    Die Estebrücke – gehört sie zu Hove? -, über die der Autoverkehr geleitet wird. Sogar ein grüner Radpfeil findet sich hier!








    In der Ferne sieht man Blankenese, das auf der anderen Elbseite liegt.





    Dann folgt dieses Ortsschild. Es ist ein hübsches Straßendorf, das ebenfalls zu Jork gehört.





    Als ich diesen Knaben entdecke, träume ich von einer Pause. Es ist jetzt 14.00 Uhr und die Hitze macht mir zu schaffen. Ich schätze, ich bin gerade mal 30 km gefahren.





    Sobald der Autoverkehr abnimmt und die Wegführung ruhiger und naturnäher wird, werde ich Rast machen. Lange kann das ja nicht mehr dauern.

    Denke ich.
    Zuletzt geändert von Torres; 04.08.2012, 08:15.
    Oha.
    (Norddeutsche Panikattacke)

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    • Torres
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      • Meine Reisen

      #62
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      Es geht nun Richtung Jork Zentrum.





      Ein Nordseeküstenradwegschild fehlt zwar, aber es ist richtig.





      Mein Lieblingsschild an dieser Strecke





      Und dann komme ich an den ehemals imposanten und wunderbaren alten Traditionsgasthäusern „Altländer Hof“ und "Herbstprinz" vorbei, die Brandstiftung im Zusammenhang mit einer Beziehungstat zum Opfer fielen. Es tut weh, die Reste zu sehen.








      Hier ein intaktes Schmuckstück.





      Das Zentrum.











      An einem Supermarkt fülle ich meine Wasservorräte auf und radele anschließend auf dem Radweg weiter. Der Autoverkehr ist unverändert stark.

      Am Kreisverkehr ist wieder ein Schild und hier ist Vorsicht geboten, denn die Autos haben Vorrang. Man muss also warten, bis alle Autos gefahren sind.





      Und dann geht es öde, ätzende, viel befahrene Landstraße entlang. Wer hat diese Strecke festgelegt? Ein Rennfahrer, der meint, man müsse sich hier austoben? Ich würde denjenigen gerne einmal kennenlernen und ihm ein paar Takte erzählen. Man kommt zwar nun recht flott voran, aber mir tun von dem Verkehr die Ohren weh und ich merke, wie ich immer gereizter werden. Wenn das so weiter geht, dann kann mich der Nordseeküstenradweg kreuzweise. Was hat das hier mit der Nordsee zu tun? Links rasen die Autos, rechts sind Apfelplantagen und auf dem Radweg sind Glasscherben.





      Ich erreiche Mittelnkirchen.





      Dann geht es durch Guderhandviertel. Hier ist es sehr schön, wenn Obstblüte ist. Allerdings gibt es in dem Ort keinen richtig Fahrradweg, sondern man muss auf dem teilweise sehr engen Bürgersteig fahren. Meine Laune ist auf dem Nullpunkt.





      Hinter Guderhandviertel geht es links ab über eine Brücke Richtung Dollern.








      Zu meinem Erstaunen sehe ich ein Campingplatzschild. Wäre es weniger heiß, hätte ich geschaut, wie der Platz aussieht. Zwei Tage später werde ich erfahren, dass der Platz – Campingplatz Nesshof – zu den 60 Geheimtipps für Zelter gehört. Wäre ich tatsächlich auf Tour gewesen, hätte ich ihn sicherlich angeschaut und wäre dort geblieben. Ich habe schlichtweg keine Lust mehr, weiter zu fahren. Ich habe ein fettes Tief.

      Aber da ich hier mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht wegkomme, reiße ich mich zusammen. Das Schild zeigt, dass ich hinter der Brücke nach rechts fahren muss und ich biege in die Straße ein. Am Altersheim stelle ich fest, dass die Strecke Richtung Steinkirchen führt. Das ist falsch, laut Karte führt der Nordseeküstenradweg über Dollern Richtung Agathenburg. Ich wende. Dann stehe ich wieder vor dem Schild und die Plakette zeigt eindeutig in Richtung Steinkirchen / Grünendeich. Eine Karte an der Straße bestätigt das: Die Radwegführung hat sich geändert (den Nordseeküstenradweg symbolisieren die blauen Punkte).








      Einen Moment bin ich ratlos. Fahre ich jetzt nach meiner Radkarte oder nach dem Wegweiser? Und dann erinnere ich mich an eine Tour nach Gnarrenburg: Hier hatte ich witzigerweise an der gleichen Stelle gewendet und war dann über Dollern gefahren. Landstraße und Autoverkehr. Außerdem weiß ich, dass die Straße Richtung Agathenburg die B 73 sein muss, die jetzt durch die Autobahn entlastet wurde. Ich bin ehrlich zu mir: Das muss ich nicht haben. Ich pfeife auf meine Radkarte und fahre nun nach Wegweiser.

      Meine Laune hebt sich. Keine Autos mehr.





      Bald schon bin ich in Steinkirchen.





      Durchgefahren bin ich hier schon oft, aber mit dem Fahrrad mache ich mich auf, den Ort zu erkunden und fahre Seitenstraße Richtung Hafen.











      Ich habe Bekannte hier in Steinkirchen und beschließe, zu schauen, ob sie zu Hause sind. Sind sie nicht. Der Weg führt mich an Kirche (auch mit Arp-Schnitger-Orgel) und Hotel Windmüller vorbei. Auf der Terrasse lärmt eine Radfahrertruppe.







      Es ist schwül geworden und am Horizont zeigen sich Gewitterwolken. Aber es bleibt trocken. Bald erreiche ich Grünendeich.

      Ich wähle den Weg auf dem Deich, weil ich keine Lust mehr auf Straße habe. Dummerweise biegt der Deichweg ab und da es keine Richtungsschilder gibt, ist an zu nehmen, dass der Nordseeküstenradweg nun auf der Straße weiter geht. Aber das ist mir jetzt völlig egal. Ich bin schon genug von der Strecke abgewichen, da kommt es auf diese kurze Strecke auch nicht mehr an.





      Der Deichweg ist zwar etwas holprig, aber wunderschön. Er geht direkt an der Lühe entlang. Hier muss ich zur Obstblüte noch einmal entlang fahren.





      Das Ergebnis zählt: Ich bin richtig. Auf der Deichstraße geht es nun auch offiziell weiter.








      Rechts taucht ein schönes Hotel auf – ein Altbau, der im Schatten der Bäume den müden Radfahrer locken könnte. Es strahlt Urlaubsidylle aus. Ein schönes Flußambiente. Und dann weiß ich plötzlich wo ich bin. Die Elbe ist nicht weit.








      Am Ende des Weges geht es rechts bis zur ampelgeregelten Kreuzung. Natürlich ist hier wieder kein Radwegschild, aber ich weiß, dass es definitiv geradeaus gehen muss.





      Ein kurzer Blick nach rechts, als ich die Straße überquere.





      Und dann geht es hinter der Sperrmauer die schon tausend Mal mit dem Motorrad gefahrene Kreiselkurve nach links und siehe da: Hier ist der Wegweiser! Hallelujah! Ich bin immer noch richtig. Alles andere hätte ich auch nicht akzeptiert, von Straßen und Autoverkehr habe ich genug.





      Ich passiere Pommesbuden, Eisläden, Motorradfahrer (hier ist Motorradtreff) und Wohnmobile.





      Und dann fühle ich mich das erste Mal an diesem Tag in der NATUR:





      Mein Herz geht auf. Ein paar Meter weiter ist ein Rastplatz. Hier sitzen Familien mit Kindern und Radler. Und endlich gönne ich mir die ersehnte Pause. Ich bin laut Navi 37 Kilometer gefahren und habe dafür 4 Stunden gebraucht. Es weht ein leichter Wind.





      Und dann genieße ich wieder den gewohnte Anblick dieses Fernradweges und diese kurze Strecke macht alles wett, was ich am Tag erlitten habe. Endlich wieder Wasser, Wind und Schafe. Diesmal ergänzt durch Apfelplantagen.














      Leider will mich niemand befragen, weil eine Gruppe Sachsen für Gesprächsstoff sorgt. Schade. Ich finde es immer nett, wenn mich jemand befragen will ,-)


      Auf der Höhe des Golfplatzes gibt es linker Hand eine Tankstelle, die dem Fernradler Einkaufsmöglichkeiten bietet. Die Strecke ist ein klitzekleinesbisschen hügelig und nach dem Anstieg kurz zuvor folgt jetzt der Abstieg und da ich die Strecke kenne, weiß ich, dass ich kurz vor Lühesand bin.





      Tztztz. Wer parkt denn da so alles.





      Die Fähranlegestelle nach Lühesand. Es ist Sommer. Eindeutig.











      Und dann kommt endlich wieder die Weite und mit ihr die Sehnsucht nach dem Meer. Ich atme tief durch.








      Radfahrer überholen mich in hohem Tempo. Sieht man überhaupt noch etwas, wenn man so schnell fährt? Ich fahre nun einen gemütlichen 20er Schnitt, denn ich habe es nicht eilig.
      Dann kommt Stadersand in Sichtweite und der Radweg wird schlechter.





      Kindergeräusche gelangen an mein Ohr: Das Freibad Hollern-Twielenfleth. Dann ein Wohnmobilplatz. Und das Richtungsschild.





      Ein Cáfe auf einem Anleger.








      Ich passiere der Strand von Hollern-Twielenfleth. Strandmuscheln sind zu sehen. Ein Schild warnt vor Sog und Schwell. Baden ist hier zwar nicht explizit verboten, aber es wird vorm Baden abgeraten, da der Badestrand nicht bewacht ist.








      Ich überlege kurz, ob ich mich ein wenig an den Strand lege, aber die Hitze setzt mir immer stärker zu. Ich will nach Hause.


      Wieder ein Atomkraftwerk – hier das Kraftwerk Stade, das viele Jahre bis 2003 die Beschäftigung in dieser Region gesichert hat.





      Bin ich schon in Stade? Nein. Erst kommt Bassenfleth. In Sichtweise des Kraftwerkes endet der Radweg mit Elbblick.








      Auf der Straße geht es nun weiter.











      Unerwarteterweise wird die Strecke noch richtig schön.








      Ein Bahnübergang. Ich vergesse leider, die Waggons zu zählen. Das könnte Unglück bringen.








      Links taucht ein ehemaliges Gasthaus auf. Als ich den Namen hinterher in die Suchmaschine eingebe, stellt sich heraus, dass es von Neonazis gekauft wurde. Ich verzichte daher, das Bild zu veröffentlichen.
      Weiter geht es am Deich entlang.











      Und dann bin ich in Stade. Links ist ein Gewerbegebiet. Vorne zeigt sich eine Kirche.





      Und dann sehe ich ein interpretationswürdiges Radwegschild. Soll ich tatsächlich kurz danach rechts Richtung Neubauviertel abbiegen?





      Ich probiere es aus und sehe diesen Anblick.





      Toll. Natur pur. Ich habe selten so einen unwirklichen Stadtteil gesehen. Ein Schild fehlt natürlich. Ich entscheide mich dennoch, den roten Weg geradeaus aus zu probieren. Und sehe das:





      Das sieht gut aus. Und es ist richtig. Tatsächlich führt der Radweg hier entlang.














      Es geht nun rechts über die Brücke Richtung Hauptstraße. Auf der anderen Seite der Brücke ist eine Kanueinsetzstelle.








      Und dann ist wieder Schilder suchen angesagt: Über die Ampel, wieder zurück. Wohin muss ich denn nun? Laut meiner Radkarte nach Drochtersen, aber hier ist nur der Elberadweg angezeigt. Und für die Richtung aus der ich komme, wird die alte Strecke ausgewiesen, die auch in meiner Radkarte steht. Was für ein Wirrwarr.











      Ich merke jetzt erst, wie müde ich bin. Soll ich wirklich noch nach Hemmoor fahren? Nein. Das sind bestimmt 40 km Fahrt. Auch wenn ich jetzt auf Tour wäre, ich würde mir hier eine Übernachtung suchen müssen. Zu anstrengend war diese Fahrt bei der Hitze und die ständige Schildersuche. Es ist 17.15 und ich habe für die 50,2 km 5 Stunden und 30 Minuten gebraucht. Eine Junge erklärt mir den Weg und ich fahre an dem Kanuverleih vorbei und durch eine wunderschöne Anlage Richtung S-Bahnhof.





      Und vor dem Bahnhof traue ich meinen Augen kaum: Da ist es. Das gesuchte Schild. Der Nordseeküstenradweg. Er führt über Wiepenkathen und Fredenbek. Fredenbek? Das liegt südwestlich von Stade. Laut Radkarte führt der Nordseeküstenradweg nordwestlich Richtung Hemmoor. Arrrrghhh. Ich mag nicht mehr. Und bevor ich endgültig eine Krise bekomme und in das Schild beiße, verschiebe ich das Problem auf die Anschlusstour und fahre mit der S-Bahn nach Hause.


      Zuletzt geändert von Torres; 03.08.2012, 23:07.
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      • Ditschi
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        #63
        AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

        Hallo @ torres,

        eine richtige Dokumentation einer Radstrecke in schönen Bildern. Ich dachte, daß ich mich auch in der Ecke etwas auskenne. Jetzt sehe ich, was ich alles nicht kenne. Wie immer: je langsamer man unterwegs ist, desto mehr nimmt man wahr.
        Es reicht nicht, mit dem Auto durchzufahren.

        Gruß Ditschi

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        • Enja
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          #64
          AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

          Ja, das ist meine unmittelbare Heimat. Da ist es schön. Dass das so schlecht ausgeschildert ist, ist mir vielleicht genau deshalb noch nicht aufgefallen. Ich hatte bisher den Eindruck, dass da überall Schilder stehen.

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          • Torres
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            #65
            AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

            Die lokalen Radwege sind tatsächlich sehr gut ausgeschildert.
            Die Ausschilderung des Nordseeküstenradwegs ist in Niedersachsen grundsätzlich ebenfalls gut (verfahren habe ich mich auf Hamburger Gebiet, was aber - wie gesagt - auch meiner Unaufmerksamkeit geschuldet sein kann), allerdings ist die Veränderung der Radwegführung ab Guderhandviertel von den Schildermachern in Stade anscheinend noch nicht überall berücksichtigt worden. Auch die Übersichtskarten an den Infotafeln am Straßenrand sind uneinheitlich. Es wäre interessant, aus zu probieren, ob derjenige, der aus Richtung Stade kommt, anders geführt wird, als derjenige, der aus Richtung Hamburg kommt.
            Oha.
            (Norddeutsche Panikattacke)

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            • Torres
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              • 16.08.2008
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              #66
              AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

              North Sea Cycle Route

              Stade – Hemmoor, 42,4 km


              2.05.2014

              Fast zwei Jahre ist es her, dass ich die letzte Etappe des Nordseeküstenradwegs absolviert hatte. Aber ich hatte fest vorgehabt, meinen Weg fortzusetzen. Nun war es wieder soweit. Und so fahre ich an diesem Freitag des verlängerten Wochenendes nach Stade, um meine Reise fortzusetzen.

              Meine letzte Erinnerung ist, dass ich die Beschilderung in Stade irritierend fand und so lasse ich mich nun einfach mal überraschen, wie es weiter geht.

              Es ist 15.30 Uhr, als ich in Stade ankomme. Im Bahnhof macht der Kiosk gerade Pause. Ich finde das Schild vor dem Bahnhof und dokumentiere es.





              Was mit dieser Beschilderung gemeint ist, verstehe ich auch diesmal nicht, denn der Nordseeküstenradweg führt weder über Fredenbek noch über Wiepenkathen. Erst jetzt weiß ich, dass Fredenbek am Teufelsmoor – Zum Wattenmeer (Tewa) Radweg liegt, der stärker im Binnenland verläuft und sich für kurze Zeit den Nordseeküstenradweg teilt.

              Ich beschließe dennoch, dem Schild zu folgen und fahre den Radweg entlang. An der Ecke geht es rechts herum. Ich fahre über eine Brücke und biege links in die Neubourgstraße ein. Es ist schön hier. In diesem Jahr ist es schon sehr früh sehr warm gewesen und so blüht und grünt alles in voller Pracht. Mein Navi verkündet, dass die Batterie leer ist. Eine Reserve habe ich noch. Aber ich werde welche kaufen müssen. Hatte ich das auf dieser Route nicht schon mal?





              Neben mir ist ein Gewässer, anscheinend der Burggraben. Ein paar Menschen sind unterwegs, aber nur wenige.

              Ein wunderschönes Fachwerkhaus liegt am Burggraben und ich versuche ein Foto.





              An der Brücke davor steht ein Schild mit dem Nordseeküstenradwegsymbol. Es verweist auf die Richtungen Bahnhof und Jork. Ich überlege kurz und komme zu dem falschen Schluss. Ich kombiniere, dass ich aus der Richtung Bahnhof und Jork komme, also geradeaus weiter fahren muss. Heute weiß ich: Das ist falsch. Ich hätte dem Schild folgen sollen und dann wäre es rechts an den Bahngleisen weitergegangen. Aus persönlichen Gründen bin ich zwar ganz froh, da nicht entlang gefahren zu sein. Aber für die Dokumentation der Strecke bedeutet das, dass mir ein Stück fehlt.
              Was jetzt kommt, ist also nicht Teil des Nordseeküstenradwegs.
              Exkurs:
              Ich radele den Burggraben entlang und an der Insel vorbei, auf der sich ein Freilichtmuseum befindet. Dann komme ich an die Schwinge. Einen Moment halte ich in Gedanken inne. Atme tief durch. Fahre weiter. Noch weiß ich nicht, dass ich falsch bin, denn die Strecke ist schön.











              Der erste Verdacht, ich könnte falsch sein, kommt mir, als ich eine vielbefahrene Straße überquere.





              Ich halte mich links, obwohl der Weg eher nach Fußgängerweg aussieht und kommt über eine Brücke. Eine Blume passt zu meiner Stimmung und ich fotografiere sie. Aber ich sehe auf dem Navi, dass ich falsch bin. Ich habe das Ziel Hemmoor eingegeben und dieser Weg ist falsch. Noch weiß ich nicht, dass mein Navi den Nordseeküstenradweg kennt. Er ist ganz fein rotgestrichelt markiert. Routen tut es mich über ihn dagegen nicht. Daher verstricke ich mich immer mehr in eine fehlerhafte Wegführung.





              Mit der Blume schließe ich mein gedankliches Kapitel ab. Ich radele über die Brücke zurück und biege linkerhand auf einen kleinen Weg am Fluss ein. Eine Frau schaut mich seufzend an und ich bekomme ein schlechtes Gewissen. Ein Fußweg? An der nächsten Möglichkeit biege ich zur Straße ab. Tatsächlich ein Fußweg. Entschuldigung. Kurz hatte ich vorher überlegt, es doch mit der Abzweigung am Burggraben zu versuchen, an der ich das letzte Schild gesehen habe. Aber der Gedanke verfliegt schnell. Leider.

              Ich radele nun die Straße weiter und tatsächlich gibt es Radwegzeichen.





              Allerdings der Elberadweg. Aber ich bin guten Mutes, dass sich dann auch bald ein Nordseeküstenradwegschild findet. Natürlich nicht, wie ich heute weiß. Der Elberadweg führt westlich an Stade vorbei Richtung Norden, während der Nordseeküstenradweg Richtung Westen von Stade wegführt.

              Immerhin sehe ich nun etwas von Stade.





              Ich radele durch einen schmalen Gang und folge irgendwelchen Radwegschildern. Ein Radfahrer spricht mich auf mein Navi an und wir unterhalten uns. Ich frage ihn nach dem Weg und er lenkt ich über einen Kreisel in eine idyllische Seitenstraße. Aber der Blick ins Navi und auf meine Karte zeigt, dass ich mich in falscher Richtung von Stade entferne. Ich bedanke mich bei ihm, verabschiede mich und studiere noch einmal gründlich die Lage. Ich bin falsch. Ich hätte ungefähr hier fahren müssen. Wieso habe ich das nicht gleich gesehen? Ich ärgere mich. Also muss ich jetzt ein Stück Landstraße fahren und dann um einen Stadteil Stades herum, um wieder an die Bahngleise zu kommen.

              Ich komme gut voran und fahre anschließend durch idyllische Seitenstraßen. Und dann kommt ganz unvermittelt das folgende Schild:





              Richtig.

              Ende des Exkurses.


              Dass mein Navi den Nordseeküstenradweg kennt, verschafft mir eine gewissen Sicherheit. Immer wieder überprüfe ich Karte, Navi und Beschilderung. Aber von nun an ist die Beschilderung zuverlässig.


              Vor Freude, dass ich richtig bin, fotografiere ich diesen roten Lebensretter.





              Ein Künstler.





              Kleine Wegweiser, auf die ich mich verlassen muss.





              Ich überquere die Bahngleise.





              Wieder geht es durch Wohnstraßen. Man radelt offiziell auf dem Bürgersteig.





              Ehemaliger Baumarkt und ein Supermarkt auf grüner Wiese. In der Ferne staut sich der Verkehr. Hier ist es still und ruhig. Die erste Ahnung von Natur taucht auf.





              Zarte Pflänzchen weisen in die gleiche Richtung.





              Endlich erreiche in den Wegweiser, den ich mir in Stade bereits gewünscht hätte: Eine Ausschilderung in Richtung Himmelpforten.





              Plötzlich, schlagartig, wird es ländlich. Ich befinde mich in Haddorf. Der Weg geht links ab und an der Ecke stehen zwei Ponies.






              Ich radele eine Dorfstraße entlang. Was für ein Kontrast zur Stadt. Hier gehen die Uhren anders. Menschen sehe ich wenige. Es ist still und idyllisch. Viele Höfe haben diese Pferdeschmuck. Möglicherweise die Pferde aus der Flagge Niedersachsens.









              Die Strecke wird immer schöner.





              Viele Höfe halten Kühe. So ist es kein Wunder, dass sich der Nordseeküstenradweg nun auch mit der Niedersächsischen Milchstraße deckt.





              Der nächste Ort heißt Hammah.











              Ein Kälbchen macht Lärm und spielt an der Tränke herum.





              Ich fühle mich in eine andere Welt versetzt. Wie fern ist plötzlich die Großstadt mit ihren Sorgen, Problemen und Eitelkeiten. Hier ist man mit dem Land verbunden. Zwei Welten.





              Am liebsten würde ich jeden einzelnen Baum fotografieren.








              Das Gras schimmert silbrig grün. Es ist ein ganz eigener Farbton. Im Kontrast dazu der dunkle Wald und der tiefschwarze Boden.





              Ein wunderschöner Weg.





              Ein Schild weist auf ein Erdwerk hin, für das man noch keine Erklärung gefunden hat. Entweder es steht mit Truppenbewegungen um 1670 in Verbindung oder es ist eine mittelalterliche Anlage.








              Hinter einer Kurve halte ich den Atem an, denn zwei Rehe schauen mich an. Der Wind kommt aus ihrer Richtung und so wissen sie nicht, was sie von mir halten sollen. Langsam hole ich die Kamera aus der Tasche und als ich gerade scharf stellen will, kommt eine untermotorige Kleinwagengurke um die Ecke und die Rehe rennen davon. Arrgh.





              Ab und zu kommt jetzt mal ein Auto. Feierabend. Aber sie fahren vorsichtig, wenn sie mich sehen.


              Kurz darauf bin ich im Himmelpforten. Himmelpforten gehört wie Rovaniemi zu den Weihnachtsmanndörfern. Seit den 60er Jahren wird diese Tradition gepflegt und aus aller Welt schreiben Kinder an den Weihnachtsmann in Himmelpforten.








              Kurz zuvor hatte ich mich in einem Supermarkt mit Mineralwasser, Brötchen und frischen Batterien für mein Navi eingedeckt. Leider hatte ich meine Reservebatterien nicht aufgeladen. Die Entscheidung ist gut, denn weitere Einkaufsmöglichkeiten werden mir auch auf den nächsten Etappen direkt an der Strecke nicht mehr begegnen.
              Am Ortsende finde ich eine Bäckerei, in der ich eine leckere Erdbeerschnitte erwerbe. Sie macht gerade zu, es ist kurz vor 18.00 Uhr. Ich bekomme einen Schreck. Ich habe die Zeit ganz vergessen. Der nächste Campingplatz ist in Hemmoor und das ist mindestens noch einmal die gleiche Strecke. Ich sollte mich sputen. So lege ich einen Gang zu.

              An einer Kurve steht ein Schild Deutsche Fährstraße und das dazugehörige Flüsschen heißt Breitenwisch. Die Deutsche Fährstraße verbindet Brücken, Schleusen, Sperrwerke und Fähren. Es gibt sie für Autofahrer, Radler und Paddler. Klick.





              Weiter geht es Landstraße. Rechts der Straße stehen Zelte. Ob es Unterkünfte für Arbeiter sind oder ob in der Halle eine Fete stattfinden wird, kann ich nicht sagen. Der Wind hat aufgefrischt. Heute morgen war Wind aus Nordost angesagt und das ist ungefähr die Richtung, in die ich fahre. Immerhin schlängelt sich die Straße ab der nächsten Kurve im folgenden eher kurvig dahin, so dass ich auch immer wieder windstille Passagen erwische. Die Strecke ist wirklich gut zu fahren.





              Ich befinde mich auf dem Radweg an der Landstraße. Vermutlich bereits hinter mir zweigt von der Straße, die ich gerade befahre, eine Seitenstraße gleichen Namens ab (Breitenwisch). Sie führt zu einer um 1200 n. Chr. gebauten Felsenkirche. Da ich das aber nicht weiß, sehe ich die Abzweigung nicht.






              Durch eine Lücke sehe ich ein typisches niedersächsisches Hallenhaus.





              Ich sehe das Motiv nur aus dem Augenwinkel, bremse und setze dann ohne abzusteigen zurück. Das Pedal bohrt sich in meine Waden. Ein Fahrrad ist kein Tretroller.

              Ich schwöre mir, nun keine Fotos mehr zu machen, um voran zu kommen, doch es gelingt mir nicht. Irgendetwas ist hier immer zu sehen.








              Die frische Brise bremst etwas, ich schätze sie auf ca. 20 km/h. Und gefühlt geht es immer bergauf. Aber nur sanft.








              Großenwörden. Am meisten fasziniert mich die Kirche (1636), die im gleichen Stil wie die Höfe gebaut ist. Zwei Jugendliche biegen gekonnt mit einem riesigen Traktor in eine Seitenstraße ein.








              Der Gasthof hat leider schon besser Zeiten gesehen.





              Nun wird es wieder idyllisch.





              Traumschön ist es hier.





              Der erste Grasschnitt. Im Mai.





              Der frische Wind zerrt an den Blättern.





              Wie farbenreich dieser Frühling in diesem Jahr ist.








              Mein Navi hatte mir zuvor „Links im Strich“ angezeigt und das fand ich etwas merkwürdig. Nun weiß ich wieso. Die Straße hieß „Im Strich“.

              An der Bushaltestelle bin ich ein wenig enttäuscht, dass die schöne Straße jetzt zu Ende ist. Dabei wird es noch schöner. An der Ecke zur Ostedeich beginnt die idyllischste Strecke des heutigen Tages. Hier ist es windstill und einsam. Autos fahren hier keine. Nur eine alte Dame mit ihrer Enkelin kommt mir entgegen.








              Das erste Schafbild in diesem Jahr, wenn auch bei Gegenlicht. Aber das muss zur Feier des Tages sein.





              Ich radele am Deich entlang und sehe ein wenig später ein Gebäude, auf dem ein Schild hinweist, dass hier „Boxenstopp“ für Radler ist. Die Sonne wärmt wunderbar und ich nehme die Einladung an, hier meinen Erdbeerkuchen zu vertilgen.








              Innen befinden sich Bänke und ein Bullauge.





              Eine Toilette würde zu meinem Glück fehlen, doch leider gibt es hier keine. Trotzdem: Eine schöne Anlage. Hinter dem Deich verbirgt sich die Oste und ich begebe mich auf die Deichkrone, um einen Blick zu erhaschen.








              Immer noch wärmt die Sonne. Ein derartig schönes Wetter hätte ich nicht erwartet. Und hier noch mal der Blick auf den Radweg.





              Als ich auf den nächsten Ort zuradele, sehe ich zwei merkwürdige Schafe. So wuschelig.








              Diese Abteilung flirtet dagegen miteinander.





              Ich bin jetzt in Osten. Ein Schild weist auf die deutsche Vergangenheit hin.





              Ich befinde mich übrigens auf der historischen Ostedeichroute. Sie ist 35 km lang und insgesamt 50 Schilder am Wegesrand erklären die Geschichte der Region. Hier steht wieder ein Schild, doch ich eile vorbei, da ich vor 20.00 Uhr den Campingplatz erreichen möchte. Nach dieser Zeit ist im allgemeinen die Rezeption nicht besetzt.

              Ein wunderschönes Haus an der Deichstraße.





              Ich schiebe das Fahrrad neugierig in eine kleine Gasse hinein. Der Radweg führt auf der Straße um die Kirche herum. Aber die Mischung Dorf und Industriearchitektur, die ich sehe, fasziniert mich. Erst jetzt weiß ich, dass es sich hier um die älteste Schwebefähre Deutschlands (1909) und eine der zwei erhaltenen Schwebefähren (die andere ist Rendsburg) in Deutschland handelt. Heute ist sie nur noch für Touristen im Einsatz, da es eine Brücke gibt.





              Blick auf die Oste.





              Die Kirche St. Petri (1746/47). Erst jetzt erfahre ich, dass der Baumeister ein Mitbaumeister des Michels in Hamburg war. Leider ist die Kirche bereits verschlossen, denn ich hätte sie gerne besichtigt. Tagsüber ist sie geöffnet.








              Ich fotografiere die Schwebefähre, ohne zu begreifen, was das überhaupt ist. Ich mag derartige Stahlkonstruktionen. Eine Frau packt Sachen aus ihrem Auto. Ich frage, ob ich hier nach Hemmoor komme, aber sie antwortet nicht.





              So fahre ich weiter geradeaus. Ich habe einen Campingplatz in mein Navi einprogrammiert, Hemmoor Kreidesee. An der nächsten Brücke führt das Nordseeküstenroutenschild geradeaus, mein Navi lenkt mich dagegen über die Brücke. Ich würde gerne den Schildern folgen, denn der Radweg ist wunderschön, aber ich kann nicht sehen, ob ich später noch über den Fluss komme. Ich gehe auf Nummer sicher und biege ab, um die Zufahrt zur Brücke zu nehmen. Ich nehme die Steigung mit Bravour und werde oben mit einem hervorragenden Ausblick belohnt.








              Es geht nun auf dem Fuß-und Radweg einer vielbefahrenen Landstraße entlang. Ich hoffe auf ein Radroutenschild, aber ich finde keines. Mein Navi signalisiert mir, dass ich nach einiger Zeit rechts abbiegen muss und ich sehe ein Straßenschild, dass eine Abbiegung ankündigt. Auf der Anhöhe nimmt die Polizei einen Unfall auf. Ich schnappe ein Gespräch auf „Er will nichts gesehen haben....“.

              Links taucht ein anderer Zubringerweg auf. Ein Schild fehlt. Ich beschließe dem Navi zu trauen. Die Abfahrt rechts entpuppt sich als Zufahrt zur B 73, der alles dominierenden Bundesstraße zwischen Hamburg und Cuxhaven. Ich fahre vorbei, wende dann, fahre vor der Feuerwehr über den Rasen, nehme doch den Zubringer, stehe ratlos vor der B 73 und sehe dann, dass ich geradeaus fahren kann. Vorsichtig quere ich die Straße und sehe, dass ich wohl auch den Zubringer von eben hätte hinunter fahren können. Egal. Endspurt.

              Ich radele durch einen Ort und befinde mich an den Bahngleisen. Mein Navi schickt mich einfach so nach links, aber da ist die Bahn und einen Bahnübergang gibt es nicht. Immerhin ist über mir eine Brücke und vermutlich meint mein Navi die Brücke. Ich checke die kleine Karte im Navi und es sieht fast so aus, als könnte ich noch weiter fahren (ja, laut Topo hätte es anscheinend noch etwas später eine Möglichkeit gegeben). Aber wieder gehe ich auf Nummer sicher. So biege ich nach rechts in eine holprige Schotterstraße ab. Ich denke, es ist nur ein kleiner Umweg, aber dann radele ich endlos scheinend parallel zu der Brückenauffahrt den Weg entlang. Es geht leicht bergan und ich habe das Gefühl, die Straße endet nie. Hier komme ich heraus.





              Und da geht es dann weiter. Ebenfalls ewig lang.





              Ein Auto kommt mir entgegen, der Fahrer wirkt, als hätte er ein wenig zuviel „Easy Rider“ geschaut. Endlich bin ich über den Bahnschienen.








              Wieder radele ich durch Wohngebiet und als ich zu befürchten beginne, dass es den Campingplatz gar nicht gibt, sehe ich an einer größeren Straße den Hinweis. Endlich. Unverständlich, dass er auch an der Brücke über die Oste nicht ausgeschildert war.

              Erst nachträglich kann ich analysieren, dass es je nach Quelle verschiedene Varianten der Wegführung gibt.
              a) Die Schilder am Radweg zeigen weiter an der Oste entlang geradeaus. Leider habe ich kein Foto vom Ziel gemacht, aber ich glaube mich zu erinnern, das Ziel war Wingst.
              b) Mein Navi führt die Strecke gleichlautend oberhalb von Hemmoor Richtung Wingst.
              c) Die ADFC Karte zeigt dagegen eine Wegführung am Campingplatz vorbei und über die Brücke an, die ich eben genommen habe. Hätte ich genauer auf die Karte geschaut, hätte ich bemerkt, dass ich die Straße noch weiter geradeaus hätte fahren müssen, um auch die Bahn zu überqueren. Das ist mir in der Hektik entgangen, weil ich die Bahnschienen nicht gesehen habe und dem Navi gefolgt bin, das mir einen Radweg anzeigte.
              d) Die Hinweistafeln, u.a. am Stader Bahnhof, zeigen die Wegführung des ADFC. Dummerweise habe ich eine der Tafeln zwar fotografiert, aber in der Situation nicht mehr angeschaut.
              Schade, dass niemand daran gedacht hat, ein Schild an der Straße anzubringen. Es hätte mir die Sache erleichtert.

              Ich gebe Gas, denn es ist schon 20.00 Uhr. Am Schild biege ich riskant links ab: Ferienpark Kreidesee. Ein riesiges Zirkuszelt vor mir. Hotelanlage. Na fein. Ich parke vor der Rezeption. Niemand da. Der Betreiber des Supermarktes räumt Dosen ins Regal. Die Rezeption ist geschlossen. Anmelden kann man sich nicht mehr. Ich drohe, mein Zelt auf der Wiese aufzubauen. Ach so, ertönt es. Damit hat die Ferienanlage nichts zu tun. Den Campingplatz macht die Tauchbasis. Der hat seine eigene Anmeldung. Aha.

              Ich radele am Zirkus vorbei. Dahinter liegt Wiese. Dann eine Einfahrt. Wohnmobile. Eine kleine Wiese. Ein Staika. Uralt. Ausgeblichen, etwas aus der Form, die alten Aufnäher. Ich parke das Fahrrad. Und laufe zur Anmeldung. Geschlossen. Aber man kann sich trotzdem anmelden. Das zeugt von Vertrauen. Der Platz könnte mir gefallen.
              Eine Frau holt ihren Tauchanzug von Wiese, auf der ich stehe, überall stehen Kleiderständer für Tauchanzüge herum. Ob ich mich hier hinstellen kann. Weiß sie nicht. Aber warum nicht. Oben kann man sich anmelden. Das Staika gehört einem Motorradfahrer. Sie steht bei den Wohnmobilen.

              Ich baue auf. Grillduft ist in der Luft, Taucher sitzen auf ihren Stühlen, überall hängen die Anzüge, es ist ein fröhlicher Campingplatz. Man grüßt sich. Neben mir ist ein Gruppenzelt. Man lacht und ist guter Laune. Es röhrt. Haben die einen Benzinkocher? Mein Zelt könnte besser gespannt sein, aber ich lasse es einfach so, keine Lust. Die Sonne wärmt. Ich bekomme Hunger. In meinem Rucksack sind noch Brötchen und Möhren.





              Ich bummele Richtung See. Er ist das Ergebnis von Zementabbau, der hier in einer Fabrik bis 1976 betrieben wurde (Alsen). Er ist mit 60 m das dritttiefste Gewässer Norddeutschlands. Bekannt wird er immer wieder durch Tauchunfälle. Daher ist er selbst mir ein Begriff. Auf dem Grund findet man nicht nur Reste des Tagebaus (Gebäude, Laternen etc.), sondern auch Autos, Boote, ein LKW und ein Flugzeug. Klick. Die Tauchbasis und der Campingplatz sind das ganze Jahr geöffnet. Die Tauchbasis gehört zu den besten im deutschsprachigen Raum. In diesem Jahr sind sie Platz 1. Eine Feuerstelle gibt es auch.











              Ich schaue einer Tauchgruppe zu, wie sie versinkt.





              Als die Sonne untergeht, wird es schlagartig kalt. Die Kamera übersteuert gnadenlos. So dramatisch geht die Sonne nicht unter.





              Ich dusche heiß und erfreue mich an der Heizung in den Sanitärräumen. Endlich mal ein Platz, der weiß, was Sporttreibende brauchen. Ich kann sogar warmes Wasser in meine Trinkflasche füllen. Dann verkrieche ich mich in mein Zelt, koche mir Nudeln und freue mich über die warme Mahlzeit. Technische Geräte beginnen zu rattern. Werden so die Sauerstoffflaschen aufgefüllt? Der Motorradfahrer ist gekommen, er hat eine kleine Enduro. Der Lärm endet. Die Geräusche auf dem Platz auch. Man geht früh zu Bett.

              Der Himmel ist sternenklar. Scharf hebt sich die Sichel des Mondes ab. Das wird eine kalte Nacht.
              Zuletzt geändert von Torres; 05.05.2014, 06:28.
              Oha.
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              • madmax4000
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                • 28.12.2013
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                #67
                AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                Danke.....sehr schön! Freue mich schon auf meine fahrt von Rotterdam nach Hamburg.



                grüssli

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                • Ditschi
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                  • 20.07.2009
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                  #68
                  AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                  Schöne Bilder, schöne Eindrücke, akribisch dokumentiert. Und mit Sprache umgehen kannst Du ohnehin.
                  Ditschi

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                  • Torres
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                    • 16.08.2008
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                    #69
                    AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                    Zitat von madmax4000 Beitrag anzeigen
                    Danke.....sehr schön! Freue mich schon auf meine fahrt von Rotterdam nach Hamburg.



                    grüssli
                    Wart´s ab. Das war die Wohlfühlstrecke. Morgen kommt der Wind.

                    @Ditschi
                    Danke schön.
                    Oha.
                    (Norddeutsche Panikattacke)

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                    • Torres
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                      #70
                      AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                      North Sea Cycle Route

                      Hemmoor – Dorum, 79,3 km


                      03.05.2014

                      Am Morgen wache ich gegen 5 Uhr auf. Die ersten, vereinzelten LKW frequentieren die B 73. Es sonniger Tag kündigt sich an.





                      Das Zelt ist kondensnass, der Schlafsack feucht, aber ich habe gut und warm geschlafen. Ich habe einen Schlafsack mit – 15 Grad Komforttemperatur mit (Antelope) und stelle fest, dass er erheblich besser wärmt als das vergleichbare polnische Modell. Einen Sommerschlafsack hätte ich bei den Temperaturen nicht empfohlen und generell sollte man in Küstennähe mehr Reserve einplanen als im Flachland. Auch im Hochsommer bin ich schon mit diesem Schlafsack losgezogen, und das war kein Fehler.

                      Ich döse noch ein wenig, als zwei Piepmätze sich dem Liebensrausch hingeben. Leider wird das Bild unscharf.





                      Mein Zeltnachbar ist bereits mit Packen fortgeschritten, und ich mache es ihm gleich. Kaum bin ich aus dem Schlafsack geschlüpft, wird es doch sehr kühl, und schnell ziehe ich mich an und ordne meine Sachen in die Packtaschen. Als der Motorradfahrer grüßt, grüße ich zurück und frage ihn nach seiner Maschine. Es ist eine XL 250, und als ich das Alter das Maschine genau treffe, ist er ziemlich verblüfft. Das war allerdings Zufall, ich hatte einmal die Vorgängermaschine. Er ist hier in der Nähe Geländeparcours gefahren und will heute zum XT Treffen nach Hamburg. Sein Staika ist 17 Jahre alt, die Maschine 34 Jahre alt.

                      Er erzählt mir, dass sein Zelt heute morgen ganz vereist war, und als ich mein Zelt betrachte, sehe ich ebenfalls Eis. Stimmt. Der Wetterbericht hatte vor Bodenfrost gewarnt. Nun fällt mir auch der Rauhreif auf der Wiese auf. Ich packe konzentriert weiter, denn ich stoppe die Zeit. Aber ich brauche dennoch eine Stunde, bis ich startbereit bin.





                      Ich zahle und radele kurz nach 7.00 Uhr am Zirkuszelt vorbei. riecht nach Tieren und Mist. Es ist kalt und meine Füße werden vom Fahrtwind eisig. Ich hätte außerdem Kniewärmer mitnehmen sollen. An der Straße entscheide ich, nicht mehr zurückzufahren. Mein Navi zeigt mir in der Nähe eine roteingezeichnete Route und ich beschließe, sie zu suchen. Ich müsste jetzt allerdings auf der anderen Seite des Campingplatzes hinausfahren. Keine Ahnung, ob das geht. Dort scheint nur ein Waldweg entlang zu führen. Ich gehe wieder auf Nummer sich und entscheide mich, einen kleinen Umweg zu fahren. Ich biege links in die B 73 ab. Es sind so früh am Morgen nur wenige Autos unterwegs und auf den Wiesen am Straßenrand liegt der Raufreif. Idyllisch, so ohne Verkehr. Kurz darauf biege ich in eine Wohnstraße, die Bergstraße ein. An der Kreuzung geht es links in die Dorfstraße.





                      Ein Kriegsdenkmal erinnert an 72 gefallene Väter und Söhne der Gemeinde Westersode. Vermutlich der erste Weltkrieg?





                      Ein schlichterer Stein ist den Jahren 1939-1945 gewidmet. Auf einem anderen steht: Den Toten der Ostheimer.
                      Die Straßen sind autofrei und menschenleer. Man schläft noch. Meine Zehen tun weh. An der Nordhoopstraße geht es wieder nach rechts. Hier folge ich meiner Erinnerung nach bereits der roteingezeichneten Naviroute. Aber Schilder suche ich vergebens.

                      Es wird nun wieder ländlich und einen Moment überlege ich, ob sie echt ist.





                      Ein Foto der Straße.





                      Pferde dösen auf einer Koppel. Hier befindet sich ein Isländergestüt. Es ist, als würde die Zeit still stehen.








                      Ein Rapsfeld leuchtet. Die Sonne wärmt bereits. Nur meine Füße leider nicht.








                      Ich biege, dem Navi folgend, hinter dem Gebäude rechts ab. Am Wegesrand liegen Tannenzweige und da wir in diesem Jahr keinen Schnee hatten, fotografiere ich die mit Rauhreif bedeckten Nadeln.






                      Vor mir liegen jetzt Wiesen und ein Wald und ich erinnere mich, vor Jahren mal in Wingst gewesen zu sein. Ich fand es wunderschön hier. Vorfreude kommt auf.








                      Ich finde wieder Radwegschilder und weiß nicht genau, wie ich fahren soll. Rechts (Athenmoor) geht der Weg der Karte durch, doch könnte der eigentlich Ort auch zu weit rechts sein. Ich entscheide mich, geradeaus zu fahren. Wenn ich Navi und Karte vergleiche, scheint das richtig zu sein.








                      Die Landschaft raubt mir den Atem.








                      Deutschland kann so wunderschön sein. Und dann erschrecke ich fast, als ich unvermittelt auf dieses Schild stoße:





                      Was solle mir das sagen? Ich war richtig und ich bin richtig? Ab wo war ich richtig? Ich werde es nie ergründen.

                      Wieder kommen Höfe in Sicht. Einen Moment sinniere ich darüber nach, wie diese windervolle Landschaft hier aussähe, wenn es keine Kulturlandschaft wäre. Dichter Urwald? Zugewucherte Felder mit hohen Disteln, kratzigen Büschen und undurchdringlichem Buschwerk? Tückische Wassergräben oder sogar Moor? Könnte man dann wirklich noch Fahrrad fahren? Im Grunde verdanken wir den Menschen viel, die hier tagein und tagaus die Landschaft gestalten.











                      Ein bisschen sieht das Feld aus, als wäre es unrasiert.





                      An einer Kreuzung volle Begeisterung. Wohin? Gibt es hier zwei Nordseeküstenradwege? Cadenberge liegt nordöstlich von Wingst. Lamstedt finde ich nicht. (Anmerkung: Lamstedt liegt südwestlich von Hemmor). Richtung Wingst will ich. Oberndorf liegt westlich von Wingst. Ich entscheide mich, rechts abzubiegen.





                      Die Straße ist ruhig, aber es herrscht reger Landmaschinenverkehr. Sanft fahren sie nicht gerade. Das Wetter ist einfach zu gut.





                      Kurz darauf wird das Leben nicht einfacher.





                      Ich entscheide mich, Richtung Bülkau zu fahren. Ich bin nun bereits in Wingst und an der Ecke ist eine geöffnete Bäckerei. Ein paar Brötchen finden den Weg in meine Tasche. Mein bepacktes Fahrrad wird nur von einem riesigen Traktor getoppt, man kennt sich hier und redet miteinander. Eine ältere Dame befragt mich nach meinem Fahrrad und ist schwer beeindruckt. Nett ist es hier. Ich biege in eine ruhige Straße ein.





                      Schon bald wird mir klar, dass ich nun um das Waldgebiet herumgeführt werden, in dem der Höhenzug Wingst liegt (74 m). Dabei geht laut Karte der Weg mittendurch. Schaue ich mir nun aber die Karte der Schautafel an, so ist dieser Weg, den ich jetzt nehme, richtig. Ob jetzt touristische Gründe eine Rolle spielen, oder die Tatsache, dass der Weg durch den Wald sehr hügelig ist, oder man vielleicht Radfahrer und Wanderern trennen möchte, entzieht sich meiner Kenntnis. Rechts von mir ist auch Wald und es riecht wunderbar.








                      Kurz darauf bin ich am Zoo in der Wingst und erfahre, dass man hier Wölfe, Dingos und Bären sehen kann. Eine Tafel weist auf den Turm auf dem Deutschen Olymp hin. Es handelt sich um einen Aussichtsturm, der auf einer 62 m hohen Erhebung, dem Deutschen Olymp (früher Fahlenberg), liegt. Es ist ungefähr 9.00 Uhr, meine Zehen sind immer noch kalt und ich entscheide, den Turm suchen zu gehen. Die Straße heißt Olymp, also muss er in der Nähe sein. Man soll eine Aussicht über das ganze Elbegebiet haben. Das Gebiet hier ist von Wanderwegen durchzogen und ich vermute, dass sich daher die Radwegbeschilderung verändert hat, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. So schenke ich dem Schilderturm, der den Nordseeradweg ausweist, zunächst keine Beachtung,





                      sondern fahre Richtung Zooparkplatz. Durch eine Lücke sehe ich diesen Glücksbringer, der anscheinend ebenfalls die Sonne genießt.





                      Ich frage einen Mann mit Fotoapparat, wo der Turm ist und er schickt mich geradeaus weiter. Der Weg ist aber steil, sagt er. Okay, sage ich, schieben. Dass der Turm geschlossen ist, sagt er mir leider nicht. Ich schiebe nun das schwere Fahrrad den Berg hoch und eigentlich hätte ich es unten stehen lassen sollen. Meine Knie finden das nämlich nicht so gut. Es ist immer noch kalt. Und ein Fahrrad ist wirklich kein Tretroller: Die Pedale stören. 10 kg mehr wiegt die Sache auch. Mindestens. Ich habe 5 Liter Wasser dabei, die ich an diesem Tag auch brauchen werde. Es kommt mir endlos vor, bis ich oben bin. An den Seiten der Straße gehen Wanderwege ab, auch ein Familienerlebnisweg ist dabei.





                      Dank Wikipedia weiß ich nun, dass der Turm 2012 von der Gemeinde Wingst gekauft wurde und die für 2013 geplante Wiedereröffnung auf den Frühsommer 2014 verschoben wurde. Schade. Früher stand hier übrigens ein Holzturm.





                      Der Rückweg geht dann schnell.





                      Ich fahre die Landstraße weiter. Es gibt hier relativ viel Sehenswertes. Ein Urlaubsort. Als ich gerade so richtig Gas geben will, sehe ich im letzten Moment, dass es nicht geradeaus, sondern links ab geht. Der Straßenname gefällt mir.





                      Im ersten Gang geht es den Hügel hoch und weiter oben ist eine Bank. Ich beschließe, zu frühstücken. Es ist Viertel nach neun. Die Sonne strahlt mir ins Gesicht. Die Luft bleibt kalt. Ich verwerfe den Plan, das Zelt auszupacken und zu trocknen. Das reicht noch nicht.
                      Meine Füße sind mittlerweile aufgetaut. Aber so richtig warm wird mir nicht. Also weiter. Aber kurz darauf bleibe ich an einem Zaun hängen. Der Garten blüht wunderschön.











                      Ich packe die Kamera weg und es geht weiter. Eine idyllische Waldstraße schließt sich an. So macht Fahrradfahren Spaß.








                      Am Wasserweg steht ein Schilderbaum. Rechts abbiegen. Schade. Ich war gerade so gut in Schwung.





                      Auf Schotter geht es weiter.











                      Dann eine Abzweigungsschild nach links. Kurz darauf stehe ich vor diesem Schild. Wo ist nun der Nordseeküstenradweg?
                      Ich vertiefe mich in mein Navi. Ein alter Mann mit Hund geht gerade spazieren. Ob ich etwas suche, fragt er. Ja, sage ich, ich suche den Nordseeküstenradweg. Links, rechts oder geradeaus? Er erschrickt sich. Fehlt das Schild wieder? Nein, nein, sage ich. Aber hier fehlt eines. Sie sollen nach: Er nennt einen mir unbekannten Ort. Ostenbruch, sage ich. Oder Otterndorf. Jo, jo, geradeaus, entscheidet er. Durch das Dorf durch und dann führt der Weg durch das Moor. Ich bedanke mich und fahre weiter, parke dann aber, um noch das Foto zu machen.





                      Der Mann freut sich und kommt gleich wieder. Wir unterhalten uns ein bisschen über Fahrten auf dem Land und in der Stadt, Navis und dies und das.





                      Dorfidylle.





                      Ein Schild bestätigt die Aussagen des Mannes.





                      Ein letzter Blick auf die Idylle.





                      Vor mir liegt nun eine völlig andere Landschaft. Einen Moment fühle ich Bedauern. Wie schön es war. Leicht hügeliges Gelände, Windschutz durch die Bäume, der auch die Wärme hält, eine vielfältige und teilweise wilde Natur. Nun beginnt ein neues Kapitel: Die karge Schönheit der flachen Küstenlandschaft. Man merkt es nicht nur am Wind oder daran, dass es schlagartig kälter wird. Auch nicht an den mittlerweile obligatorischen Vogelschredderern. Man kann es riechen. Meerluft.


                      Zuletzt geändert von Torres; 06.05.2014, 10:45.
                      Oha.
                      (Norddeutsche Panikattacke)

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                        #71
                        AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                        Es dauert ein wenig, bis ich mich an die neue Umgebung gewöhnt habe. Die ungefähr 30 Kilometer, die ich bisher geradelt war, gingen ganz von selbst. Nun muss man sich auf das Fahrradfahren konzentrieren, denn der Wind kommt von vorne. Stark ist er noch nicht, aber bereits lästig. Einen Moment ertappe ich mich dabei, die Landschaft langweilig zu finden. Wie hatte Göga es ausgedrückt: Menschen suchen Räume. Hier ist keine Abgrenzung, keine Struktur, kein Raum, wie er durch die Hügellandschaft und die Waldgebiete hinter mir geschaffen wurde. Flaches Land. So weit das Auge reicht. Erst langsam entdeckt man auch hier den besonderen Charme.





                        Vogelschredderer.





                        Liebesleben in der Luft. Balzgesänge.





                        Lotterleben.





                        Obstbäume an der Straße.





                        Höfe.




                        Auf der Karte ist das Gebiet von vielen kleinen Wassergräben durchzogen. Moorlandschaft. Wie wird es hier vor hundert oder mehr Jahren gewesen sein? Ich erinnere mich an düstere Romane über Moorlandschaften in Niedersachsen. Ein falscher Tritt, Orientierungsverlust durch Regen und Wind und der sichere Tod war die Folge. Hätten sich diese Menschen vorstellen können, dass man hier heute in der Freizeit genussradelt?











                        An der Straße stehen in gewissen Abständen Warnschilder vor Wildunfällen.





                        Der Wind kommt nun genau von vorne. Gestern war Nordostwind, heute ist Nordwestwind. Optimistisch stimmt das nicht. Bereits hier bremst er ganz schön. Schade, dass ich den Windmesser vergessen habe. Vermutlich wird er sich bei um die 15 km/h bewegen. An der Küste wird er stärker sein. Schauen wir mal.





                        Vollbremsung an einer Hofeinfahrt. Wen haben wir denn da? Ich brauche irgendwann doch mal ein stärkeres Tele.








                        Ich kreuze den Hadelner Kanal.








                        Die nun folgende Straße ist gut zu radeln. Die Häuser bieten Windschutz. Immer noch sind die Straßen leer. Ein Radfahrer kommt aus einem Haus, sonst sehe ich niemanden. Der Radweg befindet sich auf dem Bürgersteig, aber man könnte auch auf der Straße radeln. Ein Rastplatz für Radfahrer an der Ecke. Leider im Schatten. Es ist hier erheblich kühler als in der Wingst. Der Rastplatz für Autofahrer ein wenig später, liegt ebenfalls im Schatten. Er ist mit einem Dixie Klo ausgestattet.

                        Der Verkehr nimmt nun zu. Ich nähere mich wieder der B 73. Kurz vor dem Kreisel der B 73 begegnen mir zwei Reiseradler. Sportlich gekleidet, orangene Globetrottertaschen. Der Wind ist auf Eurer Seite.








                        Sehen die Häuser nun wie Briefkästen oder wie Vogelhäuser aus?





                        Ich bin nun in Otterndorf. Otterndorf gehört zur Samtgemeinde Hadeln. Es ist Samstag und reger Einkaufsverkehr. Ein Supermarkt lockt und es riecht am mobilen Bratwurststand nach Köstlichkeiten. Der Radweg führt um die Innenstadt herum, aber ich möchte einen Eindruck von dem Ort gewinnen und biege in die Fußgängerzone ab. Keine besonders gute Idee, denn alles will da durch: Autos, Lieferwagen, Wohnmobile. Ich weiche auf den Bürgersteig aus, als die Straße verstopft. Immerhin sieht der Ort sehr nett aus. Frühstücken kann man hier auch in der Sonne. Aber ich möchte weiter. Noch ist mein Tagesziel Cuxhaven nicht erreicht, und ich kann den Wind nicht einschätzen.





                        „Der Kranich hält den Stein, des Schlafs sich zu erwehren, wer sich dem Schlaf ergibt, kommt nie zu Gut und Ehren.“





                        St. Severi Kirche aus dem 13. Jh. Eine wunderschöne Orgel, die ich leider nicht besichtige. Gloger Orgel.





                        Der Ausrufer, der den Bürgern die wichtigsten Nachrichten verkündet.





                        Ich fahre durch einen kleinen Gang zurück zum Radweg. Schilder weisen auf ein Schloss hin, das heute das Amtsgericht beherbergt, aber ich sehe es nicht. Es liegt in einem Park. Ein Kanal.





                        Wieder richtig.





                        Die Medem. 16 km lang und durchgehend mit kleinen Booten befahrbar, mündet sie bei Otterndorf in die Elbe.





                        Jugendherberge Otterndorf.





                        An der Ecke steht das Gasthaus zur Schleuse. Ein schönes, altes Haus, aber der Lack ist ab. Es ist zu verkaufen.








                        Dann bin ich auch schon am Elbedeich. Die Medem.








                        Die Elbe.








                        Und Wind. Direkt von vorne.

                        Der Nordseeküstenradweg vereint sich nun mit dem Elberadweg und führt an der Innenkante des Deiches entlang. Ich radele an zwei imposanten Hallenhäusern vorbei.





                        Kurze Zeit später die ersten unübersehbaren Zeugnisse von Tourismus.





                        Ein Radwegschild fehlt und so fahre ich weiter geradeaus. Links befindet sich ein Campingplatz. Sollte es hier trotz Windschutz windig sein? Auf dem See davor befinden sich zwei Canadier.





                        Ich bleibe am Deich und ein Durchfahrt Verboten - Schild weist darauf hin, dass hier kein Durchkommen ist. Die Nutzung der Anlagen kostet 1.50 Kurtaxe. Ich halte mich an der Innenkante und das ist einerseits ein Fehler, denn hier ist der einzige Zugang zum Außenkante Weg. Andererseits werde ich in Cuxhaven lernen, dass die Verbotsschilder auch für Radfahrer gelten. Doch dazu später mehr.
                        Zunächst lande ich direkt auf dem Campingplatz und radele auf geschotterten Wegen über kleine Brücken und an Rezeptionen vorbei. Dann kommt ich an eine Straße. Das Nordseeküstenradwegschild fehlt.





                        Ich wähle die Richtung Cuxhaven und bin kurz darauf wieder an der Innenkante des Deiches. Hier sollte es laut Navi über den Deich zum Nordseeküstenradweg gehen, aber die Zufahrt ist mit dem Hinweis auf „Viehweide“ versperrt. Dabei gibt es definitiv Radler auf dem Deich.





                        Ich überprüfe mein Navi und sehe, dass es später noch einen Zugang geben soll. Also fahre ich Innenkante. Nett ist es hier.








                        Es sind noch andere Radler unterwegs. An der nächsten Auffahrt ist der Weg erneut versperrt und ein älteres Ehepaar hinter mir gibt auf. Hier kommt man auch nicht an den Deich, sagt die Frau. Lass uns umkehren.

                        Der Wind ist unverändert, aber nicht zu stark, und so komme ich ganz gut in niedrigen Gängen vorwärts. Ein Paar hält mir das Gatter auf, ich revanchiere mich. Wieder gibt es keinen Zugang zum Deich und als er endlich kommt, bin ich völlig irritiert.





                        Gibt es den Nordseeküstenradweg nicht mehr? Ich sehe mich hilfesuchend um und entdecke nur dieses Schild. Einen Weg kann ich an dieser Stelle allerdings nicht entdecken.





                        Ich beschließe, das Gatter zu passieren und mal zu schauen, was hinter dem Deich ist. Womm. Der Wind bläst hier mit voller Wucht. Wattwanderer sind unterwegs, ebenso viele Radfahrer. Also scheint man hier doch fahren zu können?





                        In der Ferne Cuxhaven. Ziel für heute.





                        An der Innenkante sieht es auch nett aus.





                        Ich rollere dennoch auf den Radweg am Meer. Laut Navi der Nordseeküstenradweg.





                        Im niedrigen Gang ist jetzt strampeln gegen den Wind angesagt. Die Windgeschwindigkeit kann ich nicht schätzen, aber der Wind drückt ganz schön. Nicht so, dass man keine Lust mehr hat, aber auch nicht so, dass man ihn übersehen kann.





                        Es fühlt sich an, als käme man kaum vorwärts und der Eindruck täuscht auch nicht. Ohne Wind wäre ich vermutlich in einer halben Stunde in Cuxhaven. Ich brauche ingesamt 1,5 Stunden.

                        Ich ertappt mich dabei, dass ich über jedes Fotomotiv dankbar anhalte.

















                        Zwei Radfahrer nerven mich und ich versuche, sie abzuhängen. Keine gute Idee. Ich muss immer noch auf meine Knie achten. Dennoch fahre ich die Strecke mit Kraft.
                        Und ich habe Hunger. An der nächsten Auffahrt entscheide ich mich, auf einer Bank auf dem Deich Pause zu machen. Es ist bitterkalt. Nach drei Minuten friere ich, obwohl die Sonne scheint. Ich bin froh, dass ich meine Wintersoftshell und die Windjacke anhabe. Nur für meine Beine hätte ich Kniewärmer mitnehmen müssen, ein unverzeihlicher Fehler. Aber die letzten Wochen war es so warm, ich war verwöhnt.





                        Ich entschließe mich, Innenkante zu fahren. Weniger Wind ist dort nicht, aber es gibt mehr zu sehen.





                        Ein grasender Schwan.






                        Ich komme in die Peripherie von Cuxhaven. Ein Campingplatz liegt links von mir und ich kenne ihn. Hier waren wir damals untergekommen, als ein paar ODSler nach Neuwerk gewandert waren. Ich schwelge in Erinnerungen und dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Das Gatter ist abgeriegelt. Kein Durchkommen. Keine Chance. Hä? Was soll das? Kein Schild hat vorher darauf hingewiesen. Was ist hier los?





                        Ich mache das, was schon andere Radler vor mir gemacht haben.





                        Meinem Knie gefällt das gar nicht. Dazu ist das Rad immer noch zu schwer. Schnaufend komme ich oben an. Der Metronom nach Hamburg harmoniert mit dem Raps.




                        Im letzten Jahr gab es um diese Zeit noch Schneereste.





                        Als meine Knie sich wieder erholt haben, steige ich den Deich hinunter.








                        Unten ist ein Spielplatz. Radfahrer bitte absteigen.





                        Den Nordseeküstenradweg gibt es nicht mehr.

                        Ich verspüre eine leichte Frustration und schiebe das Fahrrad durch den Fußgängerbereich. Dann kämpfe ich weiter gegen den Wind an. Kurze Zeit später endet der Radweg und man muss den Deich wieder hochschieben. Ein Leuchtturm wartet hinter dem Deich. Die „Dicke Berta“.





                        Ein letzter Blick zum Meer.





                        Den Nordseeküstenradweg gibt es auch wieder,





                        und hätte ich dem kleinen Schild unten Beachtung geschenkt, hätte ich schon jetzt gewusst, dass die Radwegführung auf den folgenden Abschnitten geändert wurde. Vielleicht bin ich aber auch froh, dass ich nicht weiß, was mich erwartet. Dem Naturliebhaber empfehle ich, ins Binnenland abzubiegen und über Süderwisch zur gegenüberliegenden Küste, dem Land Wursten, zu fahren.
                        Zuletzt geändert von Torres; 06.05.2014, 21:41.
                        Oha.
                        (Norddeutsche Panikattacke)

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                          AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                          Zunächst herrscht noch Idylle, als ich Richtung Cuxhaven abbiege. Die meisten Radfahrer nehmen den Weg in das Binnenland. Ich würde ihnen gerne folgen, aber mein Ziel ist ja, den Nordseeküstenradweg möglichst exakt zu fahren.








                          Der nächste Blick wird ungemütlich. Baustelle.





                          Ich muss in eine geschotterte Parkanlage abbiegen. Ein Ehepaar macht es mir vor. Es gäbe hier sogar eine Abkürzung, doch ist diese nur aus der Gegenrichtung ersichtlich. So durchquere ich die Anlage und komme vor der nächsten Barriere wieder auf ein kurzes Stück Asphalt. Ein Blick zurück.





                          Die frischgepflanzten Bäumchen sind mit schwarzem Band und gelben Segnungsbändchen versehen und erst denke ich an einen Friedwald. Aber es handelt sich um einen Hochzeitswald.







                          An der Flatterrichtung der Bänder sieht man auch schon, was gleich kommt. Wind. Und zwar auf schnurgerader Fläche. Parallel zu den Eisenbahnschienen.





                          Wer baut so etwas? In einer Region, in der es IMMER Wind gibt. Und IMMER von vorne! Das erste Mal verspüre ich das Gefühl, keine Lust mehr zu haben. Im Schneckentempo folgt Umdrehung um Umdrehung. Durch die Packtaschen biete ich natürlich auch ordentlich Windwiderstand. Die Radfahrer, die mir entgegen kommen, haben es besser. Sie haben Rückenwind. Ich beobachte ein interessantes Phänomen. Einige Radfahrer – jung oder alt – sitzen lässig oder sportlich auf dem Fahrrad. Dann gibt es eine Gruppe – jung oder alt – die ziemlich gerade, betont entspannt und manchmal mit einem harmlos, unschuldigen Gesichtsausdruck auf dem Fahrrad sitzt. Hah. E-Bike-Pedelec-Fahrer. Die Technik immer besser versteckt. Na sowas.





                          Ich brauche für diese kurze Stück tatsächlich ganze 10 Minuten. Für 1,5 km. Immerhin werde ich am Ende mit einem Nordseeküstenradwegschild beglückt.





                          Und einem quietschneuen Radweg.





                          Der kurz darauf in einen normalen Radweg übergeht und an einer zugigen Kreuzung herauskommt, an der die aufgestellten Schilder im Sand liegen. Rechts Industriearchitektur. Die Kamera muss ich gut festhalten.





                          Nun nehme ich auch das Schild war, das auf die veränderte Wegführung hinweist.







                          Auf dem Bürgersteig geht es weiter, dann etwas unübersichtlich an einem Stück Landstraße, bevor wieder Radweg kommt. Hier ist etwas weniger Wind, aber die Gegend ist hässlich und zugig. Der Wind kommt wieder genau von vorne und Hafengebäude mit Gastronomie kommen in Sicht. Es erinnert mich an die Umgebung des Hamburger Fischmarktes. Es ist Samstag und Familien gehen hier essen. Als ich die Flaggen fotografieren, schlägt mir der Wind den Fotoapparat aus der Hand. Gut, dass ich ihn gesichert hatte.





                          An der nächsten Kreuzung ist Gewusel. Viele Autofahrer sind auf Einkaufstour und viele suchen Parkplätze oder kennen sich nicht aus. Man fährt langsam, aber idyllisch ist er überhaupt nicht mehr. Ein kleines Fest vor einem Supermarkt. Es riecht verlockend nach Bratwürstchen und Schwenkfleisch.
                          Ein Wegweiser in meine Richtung fehlt jetzt, man muss kombinieren, dass es richtig ist, wenn ein Wegweiser in die andere Richtung zeigt.





                          Ich werde Richtung Innenstadt gelenkt und erkenne einiges wieder.








                          Es ist voll, viele Touristen sind unterwegs und ich erinnere mich, dass ich hier selbst mit Auto immer schnell weg wollte. Zuviel Rummel.


                          Ich begebe mich zu Dokumentationszwecken dennoch kurz ins Getümmel, obwohl der Radweg nach links abknickt.





                          Blick auf die Alte Liebe.





                          Meine leere Mineralwasserflasche hat sich durch den Wind aus der Befestigung an den Packtaschen losgerissen und ich eile hinterher. Ein älteres Ehepaar gurkt mir ihrem Fahrrad stur und völlig schmerzfrei durch die Menge und nimmt rasant die Behindertenschräge in den Park. Elektronisch, versteht sich. Eine Seuche. Ich friere.


                          Weiter geht es und schon bald komme ich zum Grasstrand.








                          Ein Stück später kommt dann die architektonische Pracht der Ferienappartments noch besser zur Geltung. Buden zur Verköstigung der Spaziergänger stehen auch herum. Das Geschäft ist mau, es ist einfach zu windig. Gut, seit Italien weiß ich, dass die Wohnungen und Hotelzimmer von innen schön sein können. Von außen tut der Anblick dagegen weh. Ich lenke meine Blicke in die Gegenrichtung.





                          Es sind recht viele Spaziergänger unterwegs, aber der Weg ist breit genug.








                          Die Spitze kommt in Sicht und ich erhoffe mir, dass es bald weniger Wind sein wird, wenn ich Richtung Westen und Süden radele. Es wird weniger werden, in der Tat, aber nicht viel.








                          Ein Blick zurück.





                          Von der langen Berta aus bis hierhin habe ich eine Stunde und zwanzig Minuten gebraucht. Laut Messung in Basecamp habe ich eine Strecke von 11,27 km zurückgelegt.




                          Die Spitze





                          Ein kurzes Stück geht es auf dem Deich weiter. In der Ferne Hamburg – Neuwerk.





                          Die Weite, die ich so liebe.





                          Nordsee.





                          Mahnmal.





                          Noch einmal Neuwerk.





                          Dann werden die Fahrräder auf eine eigene Spur vor dem Deich verbannt und so wird es auch bleiben. Einerseits eine Regelung, die richtig ist – weil die Fußgängerwege für die Fußgänger sein sollten. Andererseits sieht man nun fast nichts mehr. Nur Radweg, andere Radler und ein paar Fußgänger. Rechts Deich und links entweder Heidelandschaft, Wald oder Häuser. Wo man ist, sieht man nicht. Ein Deichvorland, wie es in Friesland vorhanden ist, gibt es hier nicht. Der Blick auf das Meer ist daher den Fußgängern vorbehalten und der Gang an das Wasser kurtaxenpflichtig.





                          Ich fahre so vor mich hin und ertappe mich dabei, routinemäßig zu checken, ob es ein Fahrrad oder ein Elektrodingens ist, was mir entgegenkommt. Beim Motorradfahren hat man früher auf die Maschine oder die Marke geachtet. Jetzt sucht man Akkus. Oh ha.

                          Kurz vor Duhnen schießt plötzlich ein jäher Schmerz in mein rechtes Knie, dass ich für einen Moment sozusagen die Engel singen höre. Nicht schon wieder! Auf der Etappe Glückstadt vor zwei Jahren fingen die Knieprobleme an. Heute morgen hatte ich noch gedacht: Wie neu! Und dann das.
                          Es wird sich herausstellen, dass es nur ein Warnschuss war. Langsamer zu radeln und vor allem in den niedrigen Gängen zu radeln. Man unterschätzt die Kraft des Windes und bei den Temperaturen sind die Knie einfach zu kalt. Ich nehme Tempo heraus. Denn auch wenn der Wind nicht mehr direkt von vorne kommt: Allgegenwärtig ist er dennoch.

                          In Duhnen riskiere ich zu Fuß einen Blick über den Deich. Hier waren ein paar Odsler vor gut vier Jahren zur Wattwanderung nach Neuwerk gestartet. Meine Packtaschen lasse ich am Rad. Mein Knie meckert, aber hält.





                          Neuwerk hat es mir angetan. Hier habe ich die krasseste und lauteste Campingnacht meines Lebens verbracht, als eine Trümmertruppe im Vollrausch den Platz terrorisierte, bis ich dem Spuk nachts gegen 3.00 Uhr ein Ende setze..... („Jö örg“).





                          Wir hier ein Flutschutz gebaut?





                          Da komme ich her.





                          Urlaub.





                          Der Radweg führt nun um die Promenade herum. Kein Wunder, es sind viel zu viele Menschen hier. Früher sind bei Wind kaum Radler unterwegs gewesen. Mittlerweile ist das angesichts des technischen Fortschritts kein Problem mehr und damit nehmen natürlich die Interessenskonflikte zu.

                          Die Landschaft ändert sich nun. An einem kleinen Kiosk, der leider nur Bockwurst im Brot führt, halte ich kurz an. Pommes wären gut gewesen.





                          Ein wunderschöner Teil des Radwegs schließt sich an. Links ist Naturschutzgebiet.











                          Die Wanderer und Radfahrerdichte nimmt langsam ab. Hier ist Vorland und kein Sandstrand.








                          In Sahlenburg ist noch einmal Touristenhochburg. Auch hier wird der Nordseeküstenradweg um das Zentrum herumgeführt. Ich nehme das Angebot dankend an. Menschenmengen sind mir nicht geheuer.





                          Es geht durch eine ruhige Nebenstraßen in ein Waldgebiet. Hier müsste es meiner Karte nach weiter geradeaus gehen, aber ich finde den Weg nicht. Ich sehe weder die Abzweigung, noch das Radwegschild und einfach in den Wald mag ich nicht fahren. So folge ich der Straße – zunächst gegen die Einbahnstraße auf dem Bürgersteig. Andere Radfahrer tun es mir gleich. Kurz darauf bin ich wieder am Meer. In Sahlenburg gibt es direkt am Radweg Campingplätze – auf einem war ich sogar schon mal in grauen Zeiten – aber ich möchte hier nicht bleiben. Lieber noch etwas fahren. Wer weiß, wie sich mein Knie morgen schlägt. Ein E-Bike steht mit einer Panne am Wegesrand. Akku oder Motor.

                          Auf dem Radweg steht eine Sperre für Autos und am Radweg parken Autos. Eine Frau kassiert. Hier ist der Surfstrand. Es ist mittlerweile zwanzig vor drei, und ich beschließe, Mittagspause zu machen. Auf einer Bank mache ich es mir gemütlich und packe das Zelt zum Trocknen aus. Es trocknet nicht ganz, dazu fehlt die Zeit, aber was der Sonne zugewandt ist, trocknet schnell. Wenn der kalte Wind nicht wäre, der durch alle Poren zieht, wäre es sogar richtig gemütlich. Ich schätze die Lufttemperatur auf um die 12 Grad und mit dem Wind dazu, ist es dann eben recht frisch.





                          Frierend radele ich zwanzig Minuten später weiter.





                          Der Radweg geht nun in eine Schotterpiste über. Auf einer dünnen Spur lässt es sich mit etwas Geschick gut fahren, aber eigentlich sind mir Schotterpisten supekt. Schnell verkantet sich ein Steinchen und bringt einen aus der Spur.





                          Noch einmal sehe ich das Meer in der Nähe.





                          Dann rückt es immer weiter in die Ferne.





                          Tschüß, Neuwerk.











                          Bäume faszinieren.





                          Gemeinsam mit einem Paar rätsele ich, wie es weiter geht. Aber wir finden das Schild.











                          Endlich gibt es wieder Tiere zu sehen.





                          Ein idyllischer Waldweg schließt sich an. Schön ist es hier. Rennradler nutzen diese Nebenstrecke für ihr Training. Touristen sind außer mir keine mehr da.





                          Deichlandschaft.





                          Leuchtendes Gras.








                          Wie sehr man sich über so etwas freuen kann!





                          Vogelschredderer. Heute sind sie ausgestellt.





                          Ein Haus kommt in Sicht. Ich überlege, ob ich den Hof fotografieren soll und nehme erst spät wahr, was in der Hofeinfahrt steht.





                          Ich setze zurück.





                          Ich habe nun Spieks-Neufeld erreicht und ein Campingplatzschild weist auf einen Platz am Watt hin. Ich bin überrascht. Ist die Nordsee hier an dem Niedersächsischen Wattenmeer bzw. am Wurster Watt so zahm, dass man ohne Deich zelten kann?





                          Einen Moment überlege ich, ob ich hier zelte, aber der Platz sieht nicht sehr romantisch aus. Und es ist unglaublich zugig hier. Schlagartig fange ich an, zu zittern. Wer sich zulange im Wind aufhält, kühlt aus. Da hilft nur der Schlafsack. Was soll ich aber um diese Zeit schon im Zelt machen?








                          Die nächste Campingmöglichkeit ist in Cappel-Neufeld. Ich beschließe, weiter zu fahren.





                          Der Campingplatz in Cappel-Neufeld gefällt mir auch nicht.





                          Ich sehe es schon kommen, dass ich durch bis Bremerhaven fahre. Ich fahre den Deich wieder hinunter. Links von mir liegt ein Teich und die Frösche im Teich hört man meilenweit. Hatten wir da nicht mal einen running-gag?





                          Ich fotografiere ins Blaue hinein – nach Geräusch. Und wie es der Zufall will: Es ist tatsächlich ein verschwommener Frosch auf dem Bild drauf. Gesehen habe ich ihn nicht.








                          Meine Knie fühlen sich langsam an, als hätten sie genug, und ich verstehe den Wink. Alle guten Dinge sind drei. Ich bin nun in Dorum und auch hier befindet sich ein Campingplatz am Wasser. Der Anblick ist auch nicht berauschend, aber irgendwie hat der Flecken auch Charme. Als ich den Leuchtturm sehe, bin ich überzeugt. Leuchttürme bringen Glück.








                          Ich radele auf den Platz zu. Die Anmeldung ist in einem Container auf der gegenüberliegenden Seite. Die Dame an der Rezeption ist nett, aber als ich für mein Zelt und mich 16,20 Euro inklusive Kurtaxe und Umweltabgabe zahlen darf, schlucke ich schon. Bald wird der Preis sogar noch 2,00 Euro höher sein, da ein neues Schwimmbar gebaut wird. Man kann es auch übertreiben.

                          Ich baue mein Zelt auf, merke aber, dass ich im Moment nicht in der Laune bin, Nudeln zu kochen. Mein Navi zeigt 79,3 km an. Maximale Geschwindigkeit in Bewegung: 12, 1 km/h. Gesamtschnitt: 7,6 km/h. Zeit in Bewegung: 6:33. Zeit im Stand: 3:55. Ich fotografiere zuviel.








                          Ich beschließe, mir die Umgebung etwas genauer zu betrachten. Es ist kurz vor sechs. Ich radele ein wenig zwischen den Buden umher. Hier ist Motorradtreff und auch Radler und andere Touristen nutzen das Angebot, um sich mit Würstchen, Eis, Waffeln oder Pizza zu beglücken.

                          Von Geisterhand getrieben, lande ich im Restaurant am Strand. Der Kellner ist recht grob, weil ich meine Jacke angelassen habe und wohl den Eindruck mache, gleich wieder gehen zu wollen. Wir brauchen einen Moment, uns zu arrangieren. Aber ich kann die Jacke nicht ausziehen. Ich friere unglaublich und bin froh, dass die Sonne durch die Scheibe wärmt.








                          Die Qualität des Essens überrascht mich und etwas aufgewärmter radele ich zurück. Auf dem Camingplatz steht ein Zelt. Es hebt sofort die ganze Umgebung, nicht wahr? :-)





                          Die ersten Buden schließen. Ein Sonnenuntergang wird immer unwahrscheinlicher.





                          Ich steuere auf den Leuchtturm zu. Meeresfeeling.





                          Das Watt und doch ist es hier anders als in Nordfriesland. Milder.





                          Und die Buhnen zur Landgewinnung fehlen.





                          Ein paar Grad wärmer und das Glück wäre perfekt. So hält man es nur kurz im Wind aus. Als ich zurückkehre, lässt mich ein Dauercamper durch den Eingang am Wattenmeer. Ich dusche in einem der Sanitärcontainer, die wohl aufgebaut sind, weil der Platz im Winter geräumt werden muss. Gegen acht Uhr kuschele ich mich in den Schlafsack. Der Wind rüttelt am Zelt, und ich setze die seitlichen Leinen, damit nichts flattert, falls der Wind stärker wird. Noch im Hellen schlafe ich ein und schlummere die ganze Nacht durch.


                          Zuletzt geändert von Torres; 07.05.2014, 22:19.
                          Oha.
                          (Norddeutsche Panikattacke)

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                          • Surferflo
                            Anfänger im Forum
                            • 22.11.2011
                            • 33
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                            AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                            Schöne stimmungvolle Fotos von der Küste! Schöne Tour, wenn nur der Wind nicht wäre

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                            • Torres
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                              Liebt das Forum
                              • 16.08.2008
                              • 30726
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                              #74
                              AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                              Danke. Ja, wenn der Wind nicht wäre. Aber die Surfer haben sich sicherlich über den Wind gefreut. Und wie sagte der Mann auf Nordstrand: "Besser Wind als Berge" .

                              Wenn man gegenan radelt, ist der Wind natürlich quälend und man flucht nur. Hat man es dann geschafft, ist es schon ein gutes Gefühl. Man fühlt sich so heldenhaft. Auf jeden Fall weiß man dann zu schätzen, wenn der Wind aus der richtigen Richtung (nämlich von hinten) oder von der Seite kommt.
                              Oha.
                              (Norddeutsche Panikattacke)

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                              • Torres
                                Freak

                                Liebt das Forum
                                • 16.08.2008
                                • 30726
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                                North Sea Cycle Route

                                Dorum – Bremerhaven. 29,7 km


                                04.05.2014

                                Als ich gegen halb sechs aufwache, ist das nur von kurzer Dauer. Ich drehe mich um und schlafe wieder ein. Halb sieben zwinge ich mich, wach zu werden. Ich will gegen Mittag in Bremerhaven sein, da die Züge am nachmittag voll sein werden und der Fahrradtransport dann unter Umständen schwierig ist. Mühsam öffne ich die Zelttür einen Spalt und sehe tristes Grau. Das Wetter ist umgeschlagen. Die traumhafte Schönwetterperiode, die seit März den Norden erfreute, ist vorbei.





                                Tage wie heute sind Tage, an denen man sich am besten mit einem guten Buch ins Zelt zurückzieht und den halben Tag verschläft. Aber ich muss ja heute wieder zurück. Schade.

                                Die Temperaturanzeige meiner Uhr zeigt 9 Grad im Innenzelt. Ich ziehe mich an und packe die Packtaschen. Das Vaude ist das Mark 2P Winterzelt und im Fußraum war genug Platz für die Packtaschen. Das Zelt ist lang. So müsste das Packen eigentlich schnell gehen. Tatsächlich brauche ich ewig lange und ich denke an den Packthread. Bevor ich losgefahren bin, habe ich 12 Minuten gebraucht, die Ausrüstung zusammenzustellen. Heute werde ich wieder über eine Stunde brauchen, bis alles verpackt und an seinem Platz ist.

                                Als ich endlich aus dem Zelt krabbele, trifft mich die feuchtnasse Kälte mit voller Wucht. Es ist wirklich lausig kalt. Immer noch geht der Wind und da die Sonne fehlt, geht die kalte Feuchtigkeit durch und durch. Ich will zurück in mein Zelt und in meinen Schlafsack. Zu spät.
                                Das Vaude ist etwas fummelig auf- und abzubauen und mir graut davor, mir am vorderen Nupsi die kalten Finger zu verletzen. Pling! Natürlich. Ich hatte vorgestern beim Packen im Wetterbericht etwas von Bodenfrost gelesen und die Winterradhandschuhe eingepackt. Ja, bestens. Kaum habe ich die Handschuhe an, geht es mir schon besser. Ob sich das Zelt mit Handschuhen einfacher abbauen lässt? Ich habe meine Zweifel. Aber besser jetzt testen, als im Winter. Und dann glaube ich es kaum: Es geht überhaupt nur vernünftig auf- und abzubauen mit Handschuhen! Mit Handschuhen ist jeder Handgriff plötzlich kinderleicht und im Handumdrehen ist alles verpackt. Da haben sich die Designer wirklich etwas dabei gedacht. Wieder etwas dazugelernt. Man muss Zelte eben doch praktisch testen.

                                Ein Dideldideldü-Vogel trällert über mir und Gänse ziehen vorbei.





                                Ein kleiner rötlicher Schimmer hinter dem Deich weckt Hoffnungen, die sich nicht erfüllen werden.





                                Von Westen her kommen dicke Wolken angezogen.





                                Eine Flagge mit der Gorch Fock steht stramm im Wind, nur in dem Moment, wo ich das Foto mache, lässt der Wind kurz nach. Aber der Wind kommt ziemlich exakt aus Westen. Heute muss ich also nicht gegen den Wind fahren. Er kommt harmlos von der Seite.





                                Kurz vor acht habe ich es immerhin bis zu den Buden geschafft, als es zu regnen anfängt. Also den Poncho rauskramen und die Regenhose anziehen. Die Regenhose ist ein 20,00 Euro Spontankauf beim Outdoorhändler meines Vertrauens und zu meiner Freude ist sie erstaunlich weit geschnitten. Das trifft sich gut, denn viele Regenhosen sitzen zu eng an den Knien und dann drückt die Hose unangenehm auf die Kniescheibe. Hätte ich das gewusst, hätte ich sie gestern schon als Windschutz angezogen. Denn es wird sich heute zeigen, dass sie die Knie erfolgreich warm hält. Knieprobleme habe ich daher keine mehr. Alles wieder wie neu.

                                Da ich eh noch nicht losgefahren bin, mache ich noch ein paar Fotos.





                                Denkmal für die Deichbauer.





                                Kitschkutter.





                                Los geht es.

                                Ein Spaziergänger mit Hund zeigt sich am Deich, ansonsten ist es menschenleer und das wird sich die nächsten zwei Stunden auch nicht ändern. Mittlerweile ist es 8 Uhr. Es nieselt ein wenig. Richtig in Strömen regnen wird es an diesem Tag nicht. Es sind immer Schauer, die durchziehen.

                                Kurze Zeit später stehe ich vor einem Schild. Nett, dass es überhaupt eins gibt.





                                Also wende ich kurz und fahre dann in die Straße Lührentritt hinein. Der Umweg macht die Strecke länger, wird sich aber als wunderschön und erlebnisreich entpuppen. Wer die Strecke nachfährt, sollte diese Umleitung über den Altendeich wählen.

                                Hier wäre es also längs gegangen:





                                Und ich fahre jetzt hier entlang:





                                Als der Weg länger und länger wird, frage ich einen Mann mit Hund, ob ich richtig bin. Mit bayrischem Akzent wird mir mitgeteilt, er sei erst den ersten Tag hier.

                                Und dann sehe ich Pferde. Übermütige Pferde. Kämpfende Pferde. Galoppierende Pferde. Es ist ein Genuss, ihnen zuzusehen.











                                Anscheinend gibt es hier eine Pferdezucht. Wieder entpuppt sich das Binnenland als abwechslungsreicher für das Auge als die Deichlandschaft.











                                Der Flieder duftet. Autos gibt es fast keine. Aber Flugzeuge. Sehr hoch fliegende Flugzeuge. Oder was ist das für ein Geräusch? Ich brauche einen Moment, um es den Vogelschredderern zuzuordnen, die auf Hochtouren drehen.





                                Die armen Menschen, die hier wohnen. Wie hält man das aus, wenn man jahrelang in absoluter Stille gelebt hat?


                                Ein Ruheplatz am Wegesrand, aber bei der Witterung macht es keinen Spaß, sich nieder zu lassen.





                                In Padingbüttel klingt das Geräusch der Windräder mittlerweile so, als ständen die Häuser in der Nähe einer Flughafenstartbahn. Unangenehm. Dafür fasziniert der Dorfteich.








                                Ich fotografiere Vögel, aber die Spatzen werden leider unscharf und eine Meise ist zu schnell für mich. Ich muss mit diesen beiden vorlieb nehmen.





                                Ich bin nun auf der Höhe der Baustelle.





                                Ein Traumhaus.





                                Wieder ein Bild von der Straße und kurz darauf radele ich an einem Gedenkstein vorbei, der einem Deichbauer aus dem 17. Jh. gewidmet ist. Ein Foto mache ich nicht, da ich finde, dass ich nun einfach mal Strecke machen muss. Lange hält der Vorsatz nicht.











                                Als die Hafenanlagen das erste Mal in mein Blickfeld geraten, ist das Umleitungsende nicht mehr weit.








                                Der Nordseeküstenradweg hat mich wieder.














                                Auf den nächsten Kilometern schaue ich wieder, ob ich die Besitzer der fettmatschigen Wiese sehe. Man hätte sich theoretisch begegnen können.

                                Kurz darauf bin ich in Wremen. Auch hier gibt es einen Campingplatz an der Innenkante und einen am Watt, der aber nicht günstiger ist, als der in Dorum. Ich wage wieder den Blick über den Deich.








                                Da ein paar Leute herumstehen, vermute ich eine offene Bude mit Backwaren und fahre über den Deich.





                                Heute ist Flohmarkt und die Frauen rätseln, ob sie heute bei dem Wetter überhaupt aufbauen sollen. Sie fragen mich nach der Wetterprognose, aber ich muss passen. Die Stimmung ist gut, aber sie laufen doch deutlich auf der Stelle herum, um nicht auszukühlen. Schietwetter.

                                Tatsächlich hat der Backwagen schon geöffnet und ich kaufe zwei Brötchen als Wegzehrung. Ich ziehe die Handschuhe aus, ziehe sie aber nach drei Minuten wieder an. Es ist einfach zu kalt, um ohne Handschuhe zu fahren. Und zu kalt, um sich auf eine Bank zu setzen. Also weiter.





                                Ich radele an ein paar Ferienhäusern vorbei, die mit tief heruntergezogenem Dach einen abweisenden Eindruck machen. Sie werden als Renditeobjekt für Kapitalanleger und Eigennutzer beworben.

                                Ein Tier rennt über eine Wiese und ich bin mir sicher, dass es ein Reh ist. Bis ich die Kamera aus der Tasche geholt habe, ist es unter Bäumen verschwunden. Mist. Ich mache dennoch ein Foto von der Baumgruppe. Vielleicht steht es noch da? Oder ist es nur ein Stück Zaun?





                                Tut es. Und zwar ziemlich lange.








                                Wieder erscheint eine Schautafel, die über die Wurster Küste informiert. Mit Erschrecken stelle ich fest, dass ich den Leuchtturm von Wremen ganz übersehen habe. Ich checke meine Fotos. Puh. Hier ist er. Er hatte sich hinter den Masten versteckt.





                                Vom Deich aus nochmal ein Blick zurück.





                                Und das erwartet mich an der Weser.





                                Farbenpracht.





                                Es nieselt wieder etwas. Ich fahre Innenkante, da am Meer kein Weg ist und schrecke eine Ente auf. Entschuldigung.





                                Es ist jetzt kurz vor 10.00 Uhr und weit ist es nicht mehr nach Bremerhaven. So beginne ich, zu trödeln.





                                Ein Friedhof mit Kirche. Erst zu Hause erfahre ich, dass es sich um den Ochsenturm in Imsum handelt. Er wurde 1413 als Turm einer Anfang des 13. Jhs errichteten Kirche erbaut und galt als Landmarke für die Weserschifffahrt, weswegen er stehen blieb, als die Kirche 1895 abgerissen wurde. http://juwiswelt.blogspot.de/2008/09...chsenturm.html. Ein Mann erledigt Gartenarbeiten.











                                Das Wetter sieht nicht berauschend aus.





                                Weserblick. Ich müsste schon in Weddewarden sein. Die Kräne gehören bereits zum Stadtbremischen Überseehafen Bremerhaven.








                                Ich könnte auf dem Deich weiter fahren, entscheide mich aber für die Deichinnenkante. Ich komme noch früh genug in Hafengebiet.





                                Blümchenmodus.











                                Die Gräser haben wir als Kind immer aberupft.





                                Und diese hat man benutzt, um zu pfeifen.





                                An einem Parkplatz in Weddewarden endet die Idylle.





                                Es geht links ab und dann links in eine Seitenstraße. An der nächsten Einmündung wieder rechts.





                                Die Einfahrt zum Hafengebiet. Der Nordseeküstenradweg führt direkt hindurch. Zur tristen Umgebung passend, fängt es an zu regnen.





                                Der Bürgersteig fungiert als Radweg und da Sonntag ist, ist nicht viel los. Abwechslung gibt es erst, als sich neben mir ein Zug in Bewegung setzt. Dass wir länger miteinander zu tun haben werden, ist mir da noch nicht klar. Zunächst genieße ich es, dass ich schneller bin als er. Das ist mir ein Erinnerungsfoto wert.





                                Verfahren kann man sich hier nicht, auch wenn ich anhand des Navis immer überprüfe, ob ich richtig bin.





                                Drei Schiffe tauchen auf, die mit Nutzfahrzeugen, Militärlastern und anderen Neufahrzeugen beladen werden. Ein Bild für balticskin.





                                Als ich weiterfahren will, blinkt das Licht am Bahnübergang und wird rot. Mein Freund, der Zug, hat nicht das Gleis an der Straße gewählt, sondern will quer über die Straße zu den Terminals. Und er ist lang. Ich packe meine Brötchen aus.





                                Schleichlangsam kriecht der Zug voran. Dann bleibt er stehen. Ist er zu lang? Ja, ist er. Denn als er sich langsam wieder in Bewegung setzt, fährt er wieder heraus. Hält wieder. Fährt in einem anderen Winkel wieder hinein. Nur die Lok ist noch zu sehen. Man könnte nun schon an der Lok vorbeifahren, aber alle Autos warten brav an der Ampel. Weil auf der Gegenspur die Polizei steht? Oder wissen sie mehr? Vermutlich. Denn plötzlich setzt sich die Lok in Bewegung und fährt ihn hohem Tempo mit einem Waggon wieder hinaus. Die Ampel springt um, die Autos fahren los und das Tor schließt sich. Der Rangiervorgang hat 16 Minuten gedauert.





                                Als ich am Zaun vorbei fahre, sehe ich den Inhalt: Glänzende Autos mit Propellerlogo. Den Inhalt dieser Waggons, und ich hätte lebenslang ausgesorgt.





                                Kurz darauf sehe ich auf einem offenen Zug eine Mini-Parade. Auf der anderen Seite Wüstenfeeling.





                                Eine schöne Stahlbrücke.








                                Vogelgespräche machen mich auf ein Pärchen aufmerksam.





                                Dass der eine kleine Vogel den anderen vor Regen schützt, wie Ditschi im "Outdoorerlebnis heute" mutmaßte, scheint mir eine plausible Erklärung zu sein.











                                Kurz darauf radele ich an einer Ampel vorbei, die anzeigt, dass links gesperrt ist und rechts offen ist. Wenn beide gesperrt sind, ist kein Durchkommen. Gerade jetzt haben sich mal wieder die Batterien meines Navis verabschiedet und ich muss sie wechseln. Ein Auto hält und ein netter Einheimischer steigt aus und fragt, wo ich hin will. Genau den Nordseeküstenradweg fahren, sage ich. Er teilt mir mit, dass ich rechts herum muss. Mein Navi sagt links herum. Er fragt mich, ob ich die Ampel nicht gesehen habe. Es ist hier eine Schleuse. Die eine Schleuse ist zu, also muss ich rechts herum fahren. Ich teile ihm mit, dass ich die Ampel gesehen habe, aber eigentlich den offiziellen Radweg fahren muss – also theoretisch bis zur geschlossenen Schleuse und dann zurück. Er schaut mich milde an, als rede er mit einem kleinen Kind. Ich käme da nicht durch und es wäre doch gut, wenn man auf jemanden hören würde, der sich auskennt. Ist ja gut :-). Ich lache. So rede ich auch gerne mit störrischen Touristen, und ich verstehe das Signal. Ja, danke. Ich werde rechts herum fahren. Er sei mit dem Fahrrad durch Australien gefahren, erzählt er, daher helfe er gerne. Ich bedanke mich und er braust davon. Ich hinterher. Kurz darauf bin ich auf der Schleusenbrücke.











                                Kurz darauf komme ich an eine Querstraße. Hafenrundfahrten gibt es hier auch.








                                Zwei Urban Outdoorer.





                                Instinktiv will ich links abbiegen, doch ich muss nach rechts durch die Zolldurchfahrt. An einer Drehbrücke sehe ich, dass auch hier wie in Hamburg oder Rostock in den Hafengebieten seelenlose Glas- und Stahlpaläste hochgezogen werden, die wohlhabenden Bewohnern oder Geschäftsleuten in Form von Büroräumen maritimes Flair bieten. Schade, bald werden sich alle Hafenstädte ähneln. Wenn jedenfalls aus einem Guss gebaut würde. Aber jedes Haus ist ein Unikat.





                                Wohl ein Relikt der Zeit, als noch die typischen Klinkerbauten die norddeutschen Städte prägten.





                                Bombom.





                                Ein Mahnmal.





                                Einen Wegweiser finde ich nun nicht mehr und mein Navi zeigt geradeaus. Also fahre ich am Deich entlang. Erst jetzt sehe ich, dass sich das Nordseeküstenradwegschild unter dem Wegweiser „Seebäderkoje Helgoland“ befindet. Ich hätte also die Straße neben dem Conference Center nehmen müssen.





                                So halte ich mich rechts.





                                Eine Stimme ertönt auf deutsch und auf englisch und kündigt an, dass die Drehbrücke hinter mir geschlossen wird. Etwas verdaddert verlassen die Touristen das Geländer.





                                Immer wieder überrascht mich die bunte Mischung zwischen alt, neu und maritim.





                                Dass der Deichweg nicht ganz richtig ist, wird mir schnell klar, denn Radwegschilder fehlen. Es ist vermutlich ein Fußweg. Aber ich weiß keine Alternative und so folge ich einem anderen Radfahrer und fahre sehr langsam.











                                Am Ende des Deiches studiere ich mein Navi. Ein Mann spricht mich an und fragt mich, wohin ich will. Erstaunlich, wie nett die Leute sind, wenn man mit voller Ausrüstung herumradelt. Dass die Deutschen unfreundlich sind, kann ich nicht bestätigen.
                                Er erklärt mir, dass die Weserfähre rechts ist und der Bahnhof geradeaus. Genau versteht er nicht, wieso ich zur Fähre will, obwohl ich zum Bahnhof will. Naja, die Fähre wird der Startpunkt für die nächste Tour sein. Aber das versteht er nicht. Ich bedanke mich dennoch und radele in die Richtung, die er mir gesagt hat. Und finde die Radwegschilder wieder.





                                Es geht geradeaus über eine Hauptstraße hinüber. Zwar könnte ich die Brücke rechts nehmen, aber der Nordseeküstenradweg macht eine kleine Schleife über eine weniger befahrene Nebenstrecke.











                                Die Parallelbrücke.





                                Was wäre eine Hafenstadt ohne Matrosen.





                                Dann bin ich „An der Geeste“.

                                Und hier verabschiede ich mich vom Nordseeküstenradweg und fahre Richtung Bahnhof.





                                29,6 km bin ich gefahren. Es ist kurz vor 12.00 Uhr. Die Weserfähre muss ohne mich übersetzen. Fünf Minuten später wird sie fahren.


                                Zuletzt geändert von Torres; 09.05.2014, 20:02.
                                Oha.
                                (Norddeutsche Panikattacke)

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                                  #76
                                  AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                                  Zur 1. Etappe

                                  Den Selbstbedienungskühlschrank in Neuenfelde habe ich auch mal an einem sehr heißen Tag passiert.
                                  Ich hätte mir gerne Einen Apfel gegönnt aber für eine ganze Tüte hatte ich weder genug kleingeld noch lust die mitzuschleppen.
                                  Und deine Irrungen zwischen Finkenwerder und Neuenfelde kann ich gut nachvollziehen. Hab mich da auch schon des öfteren verfahren.

                                  Und wenn du wiedermal Zwischen Neugraben und Stade Westwärts fährst. Eine Angenehme Strecke ist der paralel den Bahnschienen folgende Radweg. Nur in Horneburg muß man sehr gut aufpassen um die Schilder zu finden. Hab mich da mal in ner Sackgasse im Industriegebiet wiedergefunden.
                                  Wäre also für das Stück Dollern/Agathenburg eine nette Alternative gewesen.

                                  2. Etappe
                                  Das war eine Schicksalbehaftete Fügung, daß du dich in genau DEM bereich nach Stade Bahnhof verfahren hast. Bei 2en der bilder musste ich schlucken
                                  ... Holzbrücke/Burggraben.....
                                  Du wärest sonst evtl. an beiden Stellen vorbeigekommen.

                                  Hm ... Radtour nach Cuxhaven hatten wir auch auf dem Plan ..... :-(
                                  Ich bin nicht tot, ich tausche nur die Räume, ich bin in Euch und geh’ durch Eure Träume. (Michelangelo)
                                  Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren von Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir weggehen. (Albert Schweitzer)

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                                    #77
                                    AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                                    Ich weiß. Du hattest mir die Stellen ja auf einer Karte gezeigt.
                                    War ein ziemlich merkwürdiges Gefühl, als ich da entlang radelte, und sich unerwartet die Karte in meinem Kopf mit der Realität überlappte. Sich sozusagen als abstrakte Matrix über das Gesehene schob. Erst hab ich mich erschrocken, dann gezweifelt, aber der Blick aufs Navi zeigte mir dann, dass ich richtig liege. Auch wenn ich keine konkreten Bilder im Kopf hatte, reichten doch die Informationen aus, um Gestalt anzunehmen, Du weißt, was ich meine. War schon ganz gut, nicht beide Stellen zu sehen. War auch so berührend genug. Ich hatte mir den Bereich auch viel größer vorgestellt. Und nicht so idyllisch.

                                    Über die Tulpe (Tulipa "Queen of the Night"?) war ich froh.
                                    Zuletzt geändert von Torres; 13.05.2014, 09:23. Grund: Tulpe
                                    Oha.
                                    (Norddeutsche Panikattacke)

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                                      #78
                                      AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                                      North Sea Cycle Route

                                      Nordenham – Burhave, 18 km (+ 6 km + 4 km Anreise)


                                      11.07.2014

                                      Ich habe das Zugticket nach Bremerhaven bereits in der Tasche. Standort des Fahrkartenautomates ist Bremen, wo ich mein Auto stehen lassen habe, da die Anreise nun immer umständlicher wird. Bremen lag strategisch günstig. Ca. 4 km sind es vom Auto zum Hauptbahnhof. Ich lerne, dass

                                      a) Bremen bei 27 Grad wunderbar warm ist.





                                      b) Radfahrer in Bremen äußerst, ähmm, anstrengend fahren.
                                      c) Bremen gar nicht so groß ist.


                                      Die Innenstadt ist Fußgängerzone und ich schiebe. Der Roland gerät in mein Blickfeld.






                                      Im Radio hörte ich, dass Karstadt wieder verkauft wird. Das Ende? Ein Erinnerungsfoto an die große Zeit der Kaufhäuser.





                                      Kurz darauf bin ich am Bahnhof. Der Automat spuckt die Fahrkarte nach Bremerhaven aus. Ich suche ein Fahrradticket und sehe eine Seite mit VBN 1 bis VBN 15. Oder so. Wo ist die Fahrradkarte? In der Hektik sehe ich nichts. Die Schlange hinter mir wird größer. Es ist heiß und ich drücke auf Verdacht die 1. Einzelfahrt mit Fahrrad. 2.30. Falsch. Ich erfahre es später.

                                      Ich schiebe Richtung Gleis 2, der Zug nach Bremerhaven fährt in zwei Minuten. Ein Mann humpelt vor mir her und ich komme ewig nicht vorbei. Ich hole den Aufzug, da steht er schon wieder im Weg, die Frau mit Kinderwagen gehört zu ihm. Bis ich oben bin, ist der Zug weg. Eine nette Schaffnerin schaut nach dem nächsten Zug: In einer guten Dreiviertelstunde. Aber in 10 Minuten fährt ein Zug nach Nordenham. Nordenham liegt gegenüber Bremerhaven, hier muss ich hin. Folgte ich der Nordseeküstenradweg-Route genau, müsste ich vom Bahnhof Bremerhaven zur Fähre, um nach Nordenham überzusetzen. Vor zwei Monaten hatte ich recherchiert, dass das mit den Anschlüssen nicht einfach ist. So richtig waren sie nicht aufeinander abgestimmt. Wieso also nicht gleich nach Nordenham?

                                      Ob meine Fahrkarte gilt, weiß die Schaffnerin nicht, sie gehört zur Deutschen Bahn und nach Nordenham fährt die Nordwestbahn. Egal, ich eile zu Gleis 2 und entere den Zug. Kein Schaffner zu sehen. Ein Mann mit Käppi im Häuschen gegenüber weiß auch nichts. Also schnell in den Zug zurück. Ich müsste jetzt den Schaffner suchen, um eventuell nachzulösen, aber ich kann das bepackte Fahrrad nicht alleine lassen. Ich hoffe auf Glück. Das habe ich. Der Schaffner tadelt mich streng und ich zeige mich schuldbewusst. Ich lerne, dass mein Ticket okay ist, aber das Fahrradticket 3.60 Euro kostet. Immerhin muss ich keine Strafe zahlen. Die Fahrt dauert erheblich länger, als gedacht. In Bremerhaven wäre ich um 17.25 Uhr gewesen. Hier komme ich zwar um 17.12 Uhr an, aber so richtig gelohnt hat sich das möglicherweise nicht, denn bis zur Fähranlegestelle sind es immerhin noch 6 km.

                                      Einen kurzen Moment überlege ich, in Nordenham zu übernachten. Ich bin nicht fit. Ein schwerer Fahrradunfall hatte mir eine Schädelprellung eingebrockt, an der ich immer noch knabbere. Der Helm hatte Schlimmstes verhütet. Noch immer reagiere ich empfindlich auf Erschütterungen, Hitze und Anstrengung und bin licht- und lärmempfindlich. Eine Jugendgruppe mit Isomatten, die lautstark den Zug verlässt und in Sichtweise den Rewe entert, hält mich von meinen Übernachtungsplänen ab. Lieber mit dröhnendem Kopf radeln, als eine Aussicht auf einen lauten Zeltplatz So radele ich los.

                                      Nach gut einer halben Stunde erreiche ich den Fähranleger. Die Fähre hat gerade angelegt.





                                      An der (End-)Haltestelle steht ein Bus mit dem Ziel „McDonalds über Rathaus“. Smile. Der Busfahrer döst. Ich fahre zum Radweg zurück und stehe vor einem Umleitungsschild. Baustelle.





                                      Stattdessen geht es in eine nette Seitenstraße, die wiederum in eine wenig befahrene Landstraße übergeht. Immer noch ist es heiß und die Sonne brennt auf meinen Kopf.








                                      Dann geht es doch an den Deich. Innenkante. Es ist windstill. Die Sonne lässt Fotos nur im Schutz der Bäume zu.








                                      Höfe liegen an der Straße und was mir heute idyllisch erscheint, wird mir drei Tage später gar nicht mehr auffallen. Aber irgendwie kommt es mir auch vor, als wäre es hier grüner als an der ostfriesischen Küste. Ein Ziegenbock (oder ist es eine Ziege?) auf einer Tonne.





                                      Landidylle.








                                      Ein kleiner Campingplatz taucht auf, aber es scheint ein Privatplatz zu sein. Auf meiner Karte sind nur zwei Plätze eingezeichnet. Beide befinden sich bei Burhave. Es ist bereits 20.00 Uhr, als ich den ersten erreiche. Es ist ein Knaus Ferienpark. Das wird teuer und öde. Aber mein Kopf brennt, ich habe keine andere Wahl. Meine Beine sind fit, aber mein Kopf braucht Ruhe. Der zweite wird auch nicht besser sein. Also radele ich deichabwärts.





                                      Die Rezeption ist seit 18.00 Uhr geschlossen. Wer macht denn so etwas? Es ist doch Hauptsaison! Ich rufe die Handynummer an. Der Mann erklärt mir, wo ich mich hinstellen kann. Ins Haupthaus komme ich nur mit Karte, aber eine mobile Toilette kann ich nutzen. Na fein. Anmeldung am morgigen Tag. Die Rezeption öffnet um 9.00 Uhr. Schluck. Ich wollte spätestens um 8.00 Uhr aufbrechen. Ich beruhige meinen Kopf, ich habe jetzt keine andere Wahl, aufregen macht es nur schlimmer. So radele ich ans Ende des Platzes. Ein Trupp Jugendlicher baut gerade auf. Ich überlege, mich ans Meer zu stellen, aber ich habe heute mein erstes UL Zelt dabei. Keine Ahnung, was ich ihm zutrauen kann. Es weht ein frischer Wind. Mit der Flut könnte er stärker werden. Lieber an den Zaun stellen. Ich lasse Fahrrad und Ausrüstung am Zaun und trickse mich in die Duschräume. Es geht nichts über eine perfekt funktionierende Dusche. Besser als die im Container von Dorum. Ich bin versöhnt und mein Kopf beruhigt sich etwas.


                                      Dann baue ich das Zelt auf. Das gleiche Prinzip, wie mein Vaude, das habe ich schon herausgefunden. Ich mache Bilder für einen Zelttest. Der IZ AZ Aufbau nervt mich, aber da muss ich durch. Elfengleich steht es in der Sonne.





                                      Den Eingang hatte ich bereits modifiziert, denn bei Regen wird es eng werden. Keine Möglichkeit, trocken ins Zelt zu gelangen. Aber heute scheint die Sonne, die Gedanken kann ich mir später machen.





                                      Gespenstisch scheint die Wiese durch den Zeltboden.





                                      Blick aus dem Zelt. Die Zeltburg der Jugendlichen ist halblinks außerhalb des Bildes.





                                      Dann zieht es mich an das Wasser. Vor mir liegt die Burhavener Plate in Langlütjenland und am Ufer gegenüber fließt die Weser. Die Kräne von Bremerhaven liegen im Dunst.








                                      Ich betrete eine Holzbrücke, die einen Blick auf den Fedderwarder Priel bietet und packe das Tele aus.








                                      Mein Zelt am anderen Ende der Wiese.





                                      Der Fedderwarder Priel. Er sieht harmlos aus, doch seine Fließgeschwindigkeit ist hoch.








                                      Eltern fotografieren ihre ins Spiel versunkenen Kinder. Ein Mann mit Bohlenfrisur und Sonnenbrille erklärt Touristen die Umgebung. Hahaha. Es ist schön hier, aber die Menschen sind mir zu laut. Auch dieses eine Folge meines Unfalls. Langsam gehe ich zum Zelt zurück.

                                      Es gibt Nudeln mit Tomatensauce.





                                      Die Gruppe, die ein paar Meter links von meinem Zelt steht, war anfangs nett und zurückhaltend. Nun wird das Gruppenzelt mit Lichterketten erleuchtet und die Musik aufgedreht. Es wird gelacht und gegröhlt. Alkohol. Bis nachts um 2 Uhr wird die Party andauern. Ich schnappe mir meine Ohropax, die mich zwar nicht daran hindern werden, ab und zu aufzuwachen, aber das Wiedereinschlafen nach dem Aufwachen doch sehr erleichtern. Der Wind hat nachgelassen, aber ich bin zu müde, um jetzt noch das Zelt umzubauen. Ein letzter Blick aus der Zelttür. Deutschland wird Weltmeister. Ich weiß es genau. Bisher hat mich mein Gefühl nie getrogen. Ich horche noch einmal in mich hinein. Irgendein Anflug von Unsicherheit? Nein. Deutschland wird Weltmeister. Nie war ich so sicher wie heute.


                                      Zuletzt geändert von Torres; 16.07.2014, 18:47.
                                      Oha.
                                      (Norddeutsche Panikattacke)

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                                      • Harry
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                                        Lebt im Forum
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                                        #79
                                        AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                                        Oh schöner Bericht.
                                        Da bist du ja durch unser neues Wahlheimatdorf gekommen.

                                        Mit den Windmühlen hast du recht. in der Vorabplanung muss man genau schauen, um nicht belästigt zu werden.
                                        Aber in unserem alten Dorfteil, mit der Kirche auf der Wurt, ist das nicht zu erwarten.
                                        Gruß Harry.
                                        Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen. (Johann Wolfgang von Goethe)

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                                        • Torres
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                                          Liebt das Forum
                                          • 16.08.2008
                                          • 30726
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                                          AW: [DE] Faszination Nordsee - Die North Sea Cycle Route und Inseltouren

                                          Gratulation, es ist wirklich schön dort. Ich habe immer fleißig Ausschau gehalten, ob ich Euch irgendwo sehe....
                                          Oha.
                                          (Norddeutsche Panikattacke)

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