[AT]Die ersten Schritte in den Alpen - Anfänger auf Wegen und Hütten

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    [AT]Die ersten Schritte in den Alpen - Anfänger auf Wegen und Hütten

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    Ich möchte keinen klassischen Reisebericht schreiben, aber ich möchte gerne die Eindrücke festhalten, die ich als Alpen-Anfängerin gesammelt habe.

    Ich hatte mir viele Tipps hier im Forum geholt, zur Packliste, zu Hütten, zu Kleidung und Schuhen, zum Wetter, zum Gelände… und zu den Fähigkeiten, die man so braucht.

    An dieser Stelle vielen lieben Dank an Anja13, die mir ihre persönliche Erfahrung als Anfängerin sehr offen geschildert hat Ebenfalls vielen lieben Dank an derSammy, dessen praktische Tipps ich weitgehend beherzigt habe

    Wir haben uns vorab Zeit genommen und erstmal eine Test-Tagestour gemacht, von Pertisau auf die Seebergspitze. Das sind gute 1100 Höhenmeter auf 5 km, die auf den Schildern mit einem schwarzen Punkt gekennzeichnet sind und angeblich 3 Stunden dauern sollen

    Nach 1,5 Stunden spüre ich das erste Zipperlein, meine linke Ferse. Ich habe es geahnt, tausche die Einlegesohlen und verpflastere gleich beide Fersen. Es ist Klappstuhlwetter und wir brauchen mehrere Pausen. Ich sitze zwischen den kleinen Kiefern im Schatten, werde geföhnt und habe Schwierigkeiten, meinen Puls wieder in einen angenehmen Bereich zu bringen. Die Beine machen sich auch bemerkbar, wir sind halt nicht im Harz

    Auf dem letzten Stück bin ich froh, dass viele Wegmarkierungen zu finden sind Meine Hände sind so verschwitzt, dass ich mich kaum mit den Stöcken abdrücken kann. Ich beschließe, dass die fingerlosen Handschuhe auf jeden Fall eingepackt werden.



    Wir erreichen den Gipfel nach 4,5 Stunden der Achensee liegt türkis unter uns.



    Wir haben traumhafte Aussicht ins Karwendel, Rofan und in die Tuxer Alpen und werden von fliegenden Ameisen attackiert so dass wir schnell unsere Bilder schießen und weitergehen wollen. Da wir fast die doppelte Zeit gebraucht haben, hat es keinen Sinn, über die Seekarspitze in Richtung Norden weiter zu wandern. Vom Abstieg in Richtung Pasillsattel wird uns von einem netten Wanderer abgeraten, dort soll es sehr rutschig sein.

    Wir gehen also den gleichen Weg zurück, das ist für uns anstrengend genug. Auf dem Weg ins Tal bekomme ich ein Gefühl, wie „Pudding in den Beinen“ und wir benötigen bergab etwas mehr als die 3 Stunden, die für den Aufstieg angegeben waren

    Fazit unserer Test-Wanderung: Die Seebergspitze hat uns deutlich unsere Grenzen gezeigt. Es ist machbar aber im Grunde fehlt uns Kondition und mit der schwindenden Kraft über den Tagesverlauf nimmt auch die Trittsicherheit ab

    Die mitgenommene Kompass-Karte gibt einen guten Überblick aber mit ihrem Maßstab von 1:50000 fällt es mir schwerer, meinen Standort zu bestimmen, als mit der Karte vom DAV. Wir beschließen, die Kompass-Karte und die DAV-Karte Karwendel-Mitte mitzunehmen.

    Am nächsten Tag haben wir etwas Muskelkater und machen eine Genuss-Tour durch die Wolfsklamm mit gaaanz leckerem Essen in St. Georgenberg . Wir planen schweren Herzens die bevorstehende Tour nochmal etwas um, modifizieren die Packliste, suchen einen Parkplatz in Bahnhofsnähe und genießen das in der Ferne vorbeiziehende Gewitter.

    Zuletzt geändert von Steinchen; 30.10.2011, 07:01.
    lg Steinchen

  • Steinchen
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: [AT]Die ersten Schritte in den Alpen - Anfänger auf Wegen und Hütten

    Der Plan sieht so aus, dass wir von Fiecht nach Scharnitz wandern, ohne eine der Hauptketten zu überschreiten und ohne Klettersteige. Wir wollen in 2 oder 3 Hütten übernachten, und planen dazwischen auch einen Hotelaufenthalt in Eng.

    Für den Nachmittag sind Gewitter angesagt und wir lassen uns am Parkplatz oberhalb von Fiecht absetzen. Es wird den ganzen Tag bergauf gehen, so gute 1000 Meter aber es ist gut begehbar und nicht steil. Verglichen mit der Testwanderung machen wir einen Spaziergang. Unterwegs bekommen wir einen Vorgeschmack auf Wetterumschwünge in den Bergen, das geht etwa so:
    „ich habe einen Tropfen abgekriegt“………………………
    “ich auch“………………..
    “meinst du wir sollten Regensachen anziehen?“
    “weiß nicht“
    „noch einer… ich ziehe mich an!“
    „da vorn ist es gerade, lass uns noch bis dahin gehen“………
    …..und dann schüttet es plötzlich so, dass ich noch die Jacke anziehen kann und mich über den Rucksack beugen muss, damit der Inhalt beim Rauskramen der Regenhose nicht nass wird. Nach 15 Minuten ist der Regen vorbei und der Dunst steigt hinter uns im Tal auf.



    Wir haben uns wieder verschätzt, es ist erst 13 Uhr, als wir an der Lamsenjochhütte ankommen.



    Die benötigte Wanderzeit hängt für uns hauptsächlich von der Wegbeschaffenheit ab. Es ist heute wieder so heiß aber es gibt leckeres Essen und das Bier zischt richtig Wir könnten noch nach Eng absteigen, müssten dann aber auf das Hahnkampl oder den Panoramaweg verzichten, also bleiben wir.

    Man trifft die unterschiedlichsten Leute, am Nachbartisch eine Damengruppe, die sich über ihren weiteren Weg nicht einig werden kann. Am anderen Tisch eine gemischte Gruppe, die über die Klamotten der anderen tuschelt. Viele Leute, die genau wissen, was wie geht und einige, die allein abseits sitzen und versuchen, zwischen Getratsche und Kuhglocken etwas Ruhe zu finden. Ein Paar stinkt derartig nach Schweiß, dass sie einen Tisch für sich behalten und ich bin froh, dass wir nicht neben ihnen schlafen müssen

    Für mich ist das Ganze ein kleiner Kulturschock. Der Run auf das Abendessen, auf die Waschbecken, Toiletten… und am nächsten Morgen ist es noch schlimmer, alle wollen los, Hektik wie in der U-Bahn

    Wir machen uns auf den Weg nach Eng. Wir nehmen nur zum Teil den Adlerweg und wollen einen Abstecher auf das Hahnkampl machen. Der Pfad ist zum Teil mit einem Seil gesichert, ein kleines Abenteuer für uns. Wir packen die Stöcke weg und nehmen uns Zeit.





    Wir steigen über den Binssattel zur Binsalm ab, wo wir uns stärken. Dann geht es über den Panoramaweg runter nach Eng.

    Wir haben das gut bewältigt, sind etwas übermütig geworden und wollen am nächsten Tag in Richtung Gamsjoch gehen. Es ist Sonntag und auch hier ist der Run auf Frühstück und Wanderwege groß. Wir haben gebummelt und sind erst um 10 Uhr auf der Piste. Es ist um diese Zeit schon wahnsinnig heiß und der Weg zum Hohljoch zieht sich hinauf. Dann geht ein ganzes Stück ziemlich gerade um Teufelskopf und Gumpenspitze, es gibt aber kein Fleckchen Schatten mehr. Unser Weg ist auch noch nicht ganz fertig, der Baggerfahrer hat scheinbar Wochenende



    Für mich endet der Weg erstmal am Gumpenjöchl, ich bin fix und fertig, habe den letzten Liter Wasser schon angefangen. Wir machen eine lange Pause und steigen dann in Richtung Westen ab. Der Weg bereitet mir Probleme, es fängt mit dem „Seitwärts-Gehen“ auf einer steilen Wiese an, geht über ein kleines abgebrochenes Stück, an dem mich fast so ein Fichtenast umhaut…



    …und geht mit einem Stück weiter, an dem ich einen Tritt verliere und auf allen Vieren am Hang lande. Booooaaaa… bin ich sauer und so wütend, dass ich die Rindviecher auf den Weiden erschlagen könnte

    Es ist nichts passiert, nur ein blauer Fleck. Ich pumpe ein Weilchen, wie ein Maikäfer und rappel mich dann wieder hoch. So ist das eben, wenn man in den Beinen zu wenig Kraft hat… wenn man sich mit einem Bein abstoßen muss, um eine Stufe zu überwinden, die höher ist als der Unterschenkel… und wenn man sich dann abstößt, dann gibt man der Masse so viel Beschleunigung, dass man vom Rucksack fast überholt wird und kann das wegen mangelnder Körperspannung nicht so schnell bremsen, wie es nötig wäre…

    Ich nehme mir vor, ein paar Kilo abzuspecken und Muskeln aufzubauen, auch den wichtigsten Muskel, das Herz

    Wir sehen noch Murmeltiere und kommen zum Lalidersalm-Niederleger, wo wir Wasser auffüllen können. Das leckerste Wasser, was ich je getrunken habe.

    Zurück auf dem Adlerweg überholen wir Vater und Sohn, die in ihren Turnschuhen kaum noch laufen können und glauben, dass man die Falkenhütte über eine Seilbahn in Mittenwald direkt erreichen kann und dass sie die einzigen sind, die diesen Weg vor ein paar Stunden hinauf gelaufen sind Die beiden kommen am Parkplatz in Eng an, als es schon fast dunkel ist und wir auf der Terrasse unseren Espresso trinken.

    Am nächsten Tag checken wir aus und sind früh auf der Piste, damit wir nicht den Aufstieg zum Hohljoch wieder in der Mittagshitze haben. In der Tat ist es heute viel leichter… tja, ich weiß auch nicht… Am Hangweg der Laliderer Reisen genießen wir den Schatten, das tut richtig gut.



    Wir kommen kurz vor Mittag schon zur Falkenhütte und sehen am praktischen Beispiel eines anderen Wanderers, wie wichtig die Magnesiumversorgung ist. Es gibt leckeres Essen, die Falkenhütte bietet Ersatzteile für Mountainbikes und Schuhe zum Verkauf. Außerdem ein Regal mit Spielen für lange Hüttenabende. Sehr sympathisch und auf der Merkliste für den nächsten Karwendel-Aufenthalt



    Wir gehen weiter und kommen zum kleinen Ahornboden. Mein kleines Zipper-Anhänger-Thermometer platzt gleich, es zeigt 40 °C an… Wahnsinn.

    Wir fotografieren das Denkmal, die Kühe und nehmen uns eine halbe Stunde zum Füße-Kühlen, bevor wir zum Karwendelhaus aufsteigen.

    Es ist berstend-voll, wir bekommen noch Lagerplätze unter‘m Dach. Beim Essen erzählen andere Wanderer, dass es vor 2 Wochen noch geschneit hat und dass sie umgekehrt sind. Ein Paar, was ein München-Venedig-Teilstück gehen will berichtet, dass im Hallerangerhaus nicht mal mehr ein Lagerplatz zu bekommen ist. Schön, das bestätigt unsere Entscheidung, das Schlauchkar nicht hochzugehen. Wir genießen den Abend noch draußen



    Die Nacht im Karwendelhaus war lang, sehr lang. Die guten Wachs-Ohrstöpsel schlucken zwar ein paar Dezibel aber ich bekomme kaum Luft. Auf diesem Dachboden schlafen 48 Leute, die Dachluken sind auf aber es weht kein Lüftchen. Als sich morgens um 5 Uhr die ersten raus schleichen, stehe ich auch auf. Ich habe den Waschraum für mich und gehe dann allein ein Stückchen bis zum Jochkreuz auf dem Hochalmsattel.

    Wir haben Zeit, der Weg nach Scharnitz ist einfach. Tschüss Karwendelhaus, du hast zwar hübsche Duschen und bist das beste Basislager für die Birkkarspitze aber sonst?

    Auf dem Abstieg ins Tal schauen wir immer wieder zurück zu einer Dreier-Gruppe, die den Brendelsteig geht. Wir verfolgen sie so lange es geht mit den Augen und die Sehnsucht nehmen wir mit Für uns wäre es unvernünftig gewesen, wir fühlen uns an diesem Tag beide nicht fit genug, um es auch nur zu probieren.

    Wir machen noch viele Fotos von den Bergen, vom türkis leuchtenden Karwendelbach, den Wasserfällen, den Wiesen, den Pflanzen, der Isar und Scharnitz. Wir sind so früh, dass wir uns kein Quartier suchen, sondern mit dem Zug zurück zum Auto fahren und in dem Hotel einchecken, wo wir die ersten beiden Nächte schon verbracht haben.

    Zum Abschluss fahren wir noch mit der Nordkettenbahn auf die Hafelekar-Spitze (na ja, fast) und sehen zwei junge Männer, die mit nacktem Oberkörper und Rucksäcken den Berg herunter rennen. Es gibt alle Extreme, die in diesem Forum beschrieben werden, es gibt aber auch alles „dazwischen“
    lg Steinchen

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    • derSammy

      Lebt im Forum
      • 23.11.2007
      • 7413
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [AT]Die ersten Schritte in den Alpen - Anfänger auf Wegen und Hütten



      schööööön....

      und schön das Ihr gesund und munter wieder zurück seit!!

      und nächstes Jahr lachst Du dann schon über Stellen bei denen Du dieses Jahr Problem(chen)e hattest !

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      • Gast-Avatar

        #4
        AW: [AT]Die ersten Schritte in den Alpen - Anfänger auf Wegen und Hütten

        Ein schöner ruhiger Bericht.

        Zitat von Steinchen Beitrag anzeigen
        Die Nacht im Karwendelhaus war lang, sehr lang. Die guten Wachs-Ohrstöpsel schlucken zwar ein paar Dezibel aber ich bekomme kaum Luft. Auf diesem Dachboden schlafen 48 Leute, die Dachluken sind auf aber es weht kein Lüftchen.
        Vor 1,5 Wochen musste ich in einem Notbiwak übernachten. Die Hütte hatte zwar mehr Platz als die angegeben 6 Plätze. Für 17 Personen war sie aber definitiv zu klein. Danach kommt einem ein Schlafraum mit 48 Personen recht angenehm vor. Hauptsache man hat genügende Platz und spürt nicht links und rechts einen Schnarcher hautnah.

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        • Lotta
          Dauerbesucher
          • 17.12.2007
          • 929

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [AT]Die ersten Schritte in den Alpen - Anfänger auf Wegen und Hütten

          Vielen Dank für den schönen und ehrlichen Bericht!!
          Mir erginge es in den Alpen wohl ähnlich, jaja, mehr Sport sollte man machen

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