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1. Etappe: Brilon-Wald bis Clemensberg-Hochheide, 18 km
Samstagmorgens geht es los. Vier Stunden Anreise mit dem Zug stehen mir bevor. Der Zug von Hamm nach Warburg ist brechendvoll. Ich ergattere noch einen Sitzplatz, später gibt es nur noch Stehplätze. Demgegenüber ist der Zug Richtung Brilon-Wald fast leer. Gut eine Stunde zuckelt die Diesellok entlang halb verfallener Bahnhöfe, die teils über keinen ausreichenden Bahnsteig verfügen. Ab Brilon-Wald ist die Strecke wegen Gleisarbeiten gesperrt. Das kann mir egal sein. Nun liegen rund 160 km Ruhe vor mir.
Die Beschilderung am Bahnhof zum Rothaarsteig ist sehr gut und führt mich nach gut 2 km in der Nähe der Feuereiche auf den Steig. Dort wird es sogleich voll. Neben sieben Langstreckenwanderern, von denen nur eine Frau mit Hund scheint draußen schlafen zu wollen, sind eine ganze Menge Biker und Ausflügler unterwegs. Die Strecke geht relativ flach durch Mischwald an den auffälligen Bruchhauser Steinen vorbei. Richtung Hoppecketal geht es dann kräftig bergauf durch Kiefernmonotonie zum Langenberg. Ich komme kräftig ins Schwitzen. Oben auf dem Langenberg angelangt ist die Enttäuschung doch groß, denn dieser ist mehr ein Hochplateau mit Fichtenschonung als ein Berg mit Gipfel. Irgendwann stoße ich überrascht auf ein Gipfelkreuz: „Oh, schon der Gipfel?“ Der höchste Punkt NRWs ist neu durchdesignt und wirkt steril. Störend sind hier oben die in Grüppchen von hinten an einem vorbeirauschenden Radler und die sich lauthals unterhaltenden Ausflügler, die nicht bemerken, dass ihre Gespräche über gefühlte 500 Meter gut zu hören sind.
Auf der Hochheide beim Clemensberg auf 811 m Höhe erstmals das Tarp aufgestellt, nachdem gegen 19.30 Uhr die letzten Wanderer, von denen einer als Pfadfinder verkleidet war, abgezogen sind. Jetzt noch die Aussicht genießen, Tortellini gekocht und mit der Sonne schlafen gegangen.
2. Etappe: Hochheide –Kühhude, 31 km
Der Schlafsack war bei rund 0 Grad ausreichend warm, jedoch scheint die Matte nicht richtig zu isolieren – ich musste mir die Fleecejacke unterlegen. Schon als ich wach werde sind zwei Ornithologen unterwegs. Frühstücken/abbauen. So gegen 8 Uhr wieder unterwegs. Wasser tanken an der kleinen Hoppeckequelle. An der Hoppeckehütte vorbei, in der die letzten Wanderer der letzten Nacht noch hinter einer BW-Plane pennen. Weiter durch Fichtenwald allein bis Küstelberg , wo ich leider wieder auf eine redselige Frauengruppe treffe. Auch heute sind viele Ausflügler unterwegs, naja kein Wunder- es ist ja Sonntag.
Die Ruhrquelle ist unspektakulär und auch nicht die richtige Quelle, denn diese scheint mehrere hundert Meter dahinter zu liegen. Um 11 Uhr in Winterberg. Hier ist verkaufsoffener Sonntag und die Stadt dementsprechend voll. Trotzdem nutze ich die Gelegenheit ein Stück Kuchen und eine Tasse Tee zu bestellen sowie drei Brötchen fürs Mittagessen. Bei strahlendem Sonnenschein an der Sprungschanze und Abfahrtshügeln vorbei, an deren Rändern noch etwas Schnee liegt. Die Wegführung ärgert mich hier. So werde ich erst hinunter zu dem Landeplatz der Sprungschanze geführt, um dann wieder mühsam auf das alte Niveau zu klettern. Der Aufstieg zum Kahlen Asten verläuft leichter als gedacht. Die ganze Zeit warte ich auf eine heftige Steigung und auf einmal bin ich schon oben. Wie beim Langenberg ist der Kahle Asten ein Hochplateau mit Heide, nur ungleich touristischer. Doch obwohl es Sonntagmittag ist, sind nicht übermäßig Touristen dort. Neben Deutschen vor allem viele Holländer.
Leider kann ich mein Wasser nicht bei der Lennequelle auffüllen, denn diese ist ausgetrocknet Der Abstieg ist gemächlich und bald kommt man in die Nähe der Ortschaft Langewiese, die ihrem Namen alle Ehre macht. Bei strahlendem Sonnenschein laufe ich kilometerlang über eben diese. In Langewiese freue ich mich über einen Fußpfad und kneipe kurz. Schön, das kalte Wasser an den Füßen. Leide stelle ich fest, das meine Zehen am rechten Fuß nicht gut aussehen, so dass ich diese abklebe. Bei der Hohenleyer Hütte kehre ich ein, um mein Wasser aufzufüllen. Ich bestelle eine Apfelschorle und fülle dann auf der Toilette mit dem leeren Glas meine Flasche auf. Auch hier viele Ausflügler, aber keine Biker. Kurz nach der Hohenleyer Hütte verlässt der Steig die Nähe der Straße und führt fast bis Dillenburg nur noch durch den Wald.
Vor Kühhude habe ich genug und will mein Lager aufschlagen. Doch kaum steht mein Tarp, kommt auf dem Waldweg ein Auto entlang. Obwohl ich etwas abseits bin, entdeckt mich der Fahrer, hält und steigt aus. Ich packe schnell meinen Schlafsack beiseite und lasse mich weiter beim Aufbau nicht stören. Der Kontrolletti weist mich darauf hin, dass man im Wald nicht zelten dürfe. Ich behaupte, ich wolle nur mein Tarp testen. Daraufhin ist er wieder weg. Um Unannehmlichkeiten mit dem Kontrolletti am nächsten Morgen zu vermeiden packe ich wieder ein und suche mir einen anderen Platz, den ich hinter Kühheide – nun etwas weiter weg vom Steig- in einem Buchenwald finde. Der Platz ist noch schöner als der vorherige. Es gibt die zweite Hälfte der Tortellini von gestern.
3. Etappe: Kühhude-Buchhelle, 31 km
Gestern Nacht noch ein paar Wildschweine gehört und einen Raubvogel, de seine Runde über mein Tarp zog und dabei einen recht komischen Ruf ausstieß, so knarrend. Mit der Sonne aufgewacht. Gegen halb acht wieder unterwegs und diesmal fast den ganzen Vormittag allein. Es geht weiter, vor allem durch Buchen- und Fichtenwald. An der Millionenbank nehme ich ein zweites Frühstück zu mir und treffe dabei auf ein Rentnerehepaar. Die Frau eröffnet mir, dass ihr Mann den Rothaarsteig „zeichne“. Erst verstehe ich nicht so recht und denke, dass ihr Mann Bilder vom Wanderweg male, aber bald wird mir klar, dass ihr Mann die Wanderzeichen am Weg instandhält. Nun bin ich neugierig geworden. Sie erzählt mir, dass sie mit ihrem Mann jeweils ein anderes Teilstück des Weges in beide Richtungen abläuft und nachschaut, ob die Zeichen in Ordnung sind. Sie meint, ich habe ja auch noch ein gutes Stück Weg vor mir und will wissen, wo ich geschlafen habe. Ich erzähle ihr die Geschichte vom gestrigen Abend. Sie habe auch schon öfter im Wald geschlafen, berichtet sie. Doch die Jagdpächter hätten Angst, dass das Wild verscheucht würde. Manche würden sogar die Wanderzeichen unkenntlich machen um Wanderer fernzuhalten. Als ihr Mann kommt, möchte ich mir gern die Instrumente für die Markierung zeigen lassen. Er hat einen Träger mit einem größerem Behälter für rote und einem kleineren für weiße Farbe sowie einen Trichter für die Pinsel. Aus seinem Rucksack kramt er noch eine Schablone für die Markierung mit unterschiedlichen Richtungsweisern heraus. Ich bin hocherfreut, dass er mir alles zur Markierung gezeigt hat, denn ich hatte mich beim Wandern schon häufiger gefragt, wie die Markierungen angebracht werden.
Weiter ins schöngelegene Jagdhaus. Hier laufe ich die Hauptstraße entlang, da ich der umständlichen Wegführung im 270 Grad Bogen um das Dorf nicht folgen möchte. Schönes Wetter, schöne Aussichten, herrlich.
An der Sommbeckequelle finde ich reichlich klares, frisches, kühles Wasser. Ich wasche mich spüle und hole mir komplett neues Wasser. Pause mit Nüssen. Im Fichtenwald treffe ich einen Forstarbeiter, den ich frage, was mit dem Holz am Wegesrand genau passiert. Das meiste wird zu Bauholz verarbeitet, das höherwertige Holz wird versteigert und teilweise zu Furnier verarbeitet. Brennholz ist so gut wie gar nicht dabei. Gegen 14 Uhr am Rhein-Weser Turm. Bis hierher 20 km gemacht. Bestelle mir zur Belohnung ein Eis mit heißen Kirschen. Die Sahne schmeckt leider nach H-Milch und der Rest ist auch nicht überzeugend. Gegen halb vier weiter, vorher allerdings noch auf der Toilette mit warmen Wasser den Kopf gewaschen. Mütze rauf und raus.
Ich habe mir Buchhelle als Ziel gesetzt, da ich hoffe dort wieder im Buchenwald schlafen zu können. An der Ferndorfquelle noch Wasser aufgefüllt und dann mit Anstrengung zur Buchhelle. Kurz vor Buchhelle wieder mehr Leute im Wald, Hundeausführer, Spaziergänger, Waldarbeiter. Endlich an der Buchhelle angekommen suche ich mir einen Schlafplatz, Buchen gibt es hier, aber nicht so einen schönen Schlafplatz wie zuletzt. Über einer Mulde im Hang spanne ich mein Tarp auf. Da es etwas uneben ist, wird die Nacht etwas ungemütlicher. Irgendwann rutsche ich von der Matte und morgens sind Rettungsdecke und Matte feucht.
4. Etappe: Buchhelle- Tiefenrother Höhe, 35 km
Morgens Tee gemacht. Der Spiritus war so kalt, das ich ihn mit einer Kerze aufwärmte. Tja, den Kocher etwas schief gehalten, da ich ja schön warm im Schlafsack bleiben wollte, und schon geht etwas daneben und das Ding brennt sowie einige Blätter und die Rettungsdecke. Zum Glück hatte ich das bereitgestellte Teewasser zum Drüberschütten. Weiter zur Ruine Ginsburg. 1968 der Turm wieder aufgebaut. Gelb, Standesamt drin. Durch Lützel ins Edertal. Hier fällt mir das Schild „Achtung Munition. Auf den Wegen bleiben!“ auf. Kurze Zeit später treffe ich auf einen privaten Kampfmittelräumdienst, der ist mit acht Mann vor Ort tätig. Um einen ehemaligen Munitionsbunker der Buna-Werke ist im Umkreis von ca. 2 km² Munition verstreut. Täglich finden die Männer eimerweise Munition, v.a. Granaten. Ein Mann der Dürener Firma warnt mich davor, den Wald zu betreten und sagt: „ Das waren Deppen, die wollten die Munition sprengen, haben sie aber versprengt.“ An der Ederquelle treffe ich einen Vater mit seinem Sohn, die von Herborn her den Rothaarsteig biken. An jeder Quelle macht er ein Erinnerungsfoto mit seinem Sohn. Bei Hochsommerwetter im April weiter zur Siegquelle, an der ich endlich mein Wasser auffüllen kann, denn die Ederquelle war zu schlammig. Über Ilm- und Lahnquelle weiter zur reichhaltigen Ilsequelle. Dort waschen, kochen, spülen, entspannen. Als ich gerade zu essen beginne, kommt eine Frauengruppe mit rund zehn kleinen Kindern zwischen vier und zehn Jahren. Diese wollen den schönen Waldwichtelpfad und den „Kleinen Rothaar“ begehen. An der Quelle machen auch sie mit viel Gewusel Rast. Die Kiddies essen Chips und Osterzeug. Die Frauen mustern mich interessiert, trauen sich aber nicht mich anzusprechen. Nach gut einer Stunde Rast um 16 Uhr weiter. Hier wieder einige Biker, die die alte, holprige Eisenstraße entlangbrettern. An der Dillquelle treffe ich nach der Frau mit Hund wieder einen Solotrekker, der seine erste Tour von Dillenburg nach Winterberg macht.. Obwohl er sich im Netz schlau gemacht hat und bei Globi einkaufen war, wollte er es sich gemütlich machen und schleppt zuviel mit (u.a. ein 3,5 kg Zelt, vier Bücher , Kochgeschirr, Sitzkissen und 1,5 kg Matte) und auch zuwenig, denn er wollte zum einen kochen – hatte aber keinen Kocher und unterwegs einkaufen. Als ich ihm eröffnete, dass er erst wieder in Winterberg einkaufen könne, wiegelt er ab. Das mit dem Essen habe er schon in Manderbach erfahren, jedoch hatte der dortige Supermarkt schon geschlossen. Nach einiger Suche habe er eine Teestube gefunden, dort wurden ihm hilfsbereit noch ein paar Sachen verkauft. Ich gab ihm noch etwas von meinen Vorräten, denn auch ich hatte zuviel mit, nämlich Essen. Weiter entlang wirklich schöner Ausblicke Richtung Tiefenrother Höhe. Als es dämmerst, stelle ich mein Tarp etwas abseits des Weges auf einer Kiefernwiese auf. Heute auch noch hinter der Siegquelle eine Blindschleiche gesehen, fingerdick ca. 30 cm lang. Sie fühlt sich an wie ein Gummischlauch. Als ich ihr den Weg frei gemacht habe, ist sie weiter ins Gras geschlängelt. Und keine 20 Meter weiter hing ein Schild, auf dem dortigen Walderlebnispfad „Schlange“ – das passt!
5. Etappe: Tiefenrother Höhe – Dillenburg, 23 km
Kurz nach 6 mit der Sonne aufgewacht. Später los. Tolles Wetter, schöne Ausblicke und morgens allein im Wald. Im Dörfchen Rodenbach sehe ich ein Kaninchen durch den Garten hoppeln. Zwei sich unterhaltende Männer im Garten nebenan spreche ich darauf an und ich bekomme zur Antwort, es seien Wildkaninchen, von denen es auch braune, weiße, graue und gescheckte dort gäbe. Ich könne mir ja eins fangen. Das lehne ich allerdings mit Blick auf meinen Rucksack ab.
Ein paar Meter weiter bietet ein Rentner seine gedrechselten und geschnitzten Holzwaren feil, als Hobby. Neben selbst gebauten Landhäusern, á la Spießers heile Welt, offenbaren sich die bekannten Verirrungen eines spießigen Souvenirgeschmacks. Ich möchte keinen rustikalen Holzschlüsselbund mit „Gruß vom Rothaarsteig“ drauf und auch kein Holztäfelchen mit Erinnerungsspruch zu meiner Wanderung. Dennoch kaufe ich für meine Jungs je einen Wanderstock und für meine Frau zwei gedrechselte Pilze. Nach dem Kauf zeigt er mir seinen mit selbst gebauten Häusern und Sehenswürdigkeiten verschönerten (?) Garten, in dem er schnell seinen Nachbau des Dillenburger Wilhelmsturms stellt, auf dass ich ihn wiedererkenne, wenn ich bald dort bin. Kurz vor Manderbach mache ich an einer Wiese ausgiebig Rast. Ich muss ja nicht viel zu früh in Dillenburg sein. Noch acht km bis zum Bahnhof, rund zwei Stunden laufen. Durchs Manderbacher Tal geht´s in praller Sonne über Wiesen.
Hinter dem letzten Berg liegt Dillenburg. Die Stadt empfängt mich mit viel Verkehr und Krach. Der Anstieg zum Galgenberg innerhalb der Stadt ist dann noch einmal unerwartet heftig, wenn man sich schon auf das Ende der Wanderung einstellt. Ich muss dann doch noch zwei, drei Stehpausen einlegen. Vom Galgenberg abwärts verliere ich mehrmals den ausgeschilderten Wanderweg, was ich angesichts meines Stadtplanes allerdings in Kauf nehme. In der kleinen Innenstadt besorge ich mir im Drogeriemarkt neues Wasser, denn mein bei der Wilhelmsbuche geschöpftes Wasser scheint nach näherer Betrachtung irgendwie einen Ölfilm zu haben. So stehe ich dann durstig bei der Kasse und die einzige Verkäuferin im Laden verabschiedet sich mal „kurz“ zum Geschenke einpacken für eine Kundin. Als ich endlich mit meiner Flasche draußen bin, schütte ich einen dreiviertel Liter in mich hinein. Auf einem Platz wird dann bei einem kleinen Eis entspannt. Auf dem Weg zum Bahnhof, an dem ich um zehn nach drei eintreffe, erfahre ich noch, dass Dillenburg ja die Residenz derer von Nassau war, also daher Oranje-Nassau.
Samstagmorgens geht es los. Vier Stunden Anreise mit dem Zug stehen mir bevor. Der Zug von Hamm nach Warburg ist brechendvoll. Ich ergattere noch einen Sitzplatz, später gibt es nur noch Stehplätze. Demgegenüber ist der Zug Richtung Brilon-Wald fast leer. Gut eine Stunde zuckelt die Diesellok entlang halb verfallener Bahnhöfe, die teils über keinen ausreichenden Bahnsteig verfügen. Ab Brilon-Wald ist die Strecke wegen Gleisarbeiten gesperrt. Das kann mir egal sein. Nun liegen rund 160 km Ruhe vor mir.
Die Beschilderung am Bahnhof zum Rothaarsteig ist sehr gut und führt mich nach gut 2 km in der Nähe der Feuereiche auf den Steig. Dort wird es sogleich voll. Neben sieben Langstreckenwanderern, von denen nur eine Frau mit Hund scheint draußen schlafen zu wollen, sind eine ganze Menge Biker und Ausflügler unterwegs. Die Strecke geht relativ flach durch Mischwald an den auffälligen Bruchhauser Steinen vorbei. Richtung Hoppecketal geht es dann kräftig bergauf durch Kiefernmonotonie zum Langenberg. Ich komme kräftig ins Schwitzen. Oben auf dem Langenberg angelangt ist die Enttäuschung doch groß, denn dieser ist mehr ein Hochplateau mit Fichtenschonung als ein Berg mit Gipfel. Irgendwann stoße ich überrascht auf ein Gipfelkreuz: „Oh, schon der Gipfel?“ Der höchste Punkt NRWs ist neu durchdesignt und wirkt steril. Störend sind hier oben die in Grüppchen von hinten an einem vorbeirauschenden Radler und die sich lauthals unterhaltenden Ausflügler, die nicht bemerken, dass ihre Gespräche über gefühlte 500 Meter gut zu hören sind.
Auf der Hochheide beim Clemensberg auf 811 m Höhe erstmals das Tarp aufgestellt, nachdem gegen 19.30 Uhr die letzten Wanderer, von denen einer als Pfadfinder verkleidet war, abgezogen sind. Jetzt noch die Aussicht genießen, Tortellini gekocht und mit der Sonne schlafen gegangen.
2. Etappe: Hochheide –Kühhude, 31 km
Der Schlafsack war bei rund 0 Grad ausreichend warm, jedoch scheint die Matte nicht richtig zu isolieren – ich musste mir die Fleecejacke unterlegen. Schon als ich wach werde sind zwei Ornithologen unterwegs. Frühstücken/abbauen. So gegen 8 Uhr wieder unterwegs. Wasser tanken an der kleinen Hoppeckequelle. An der Hoppeckehütte vorbei, in der die letzten Wanderer der letzten Nacht noch hinter einer BW-Plane pennen. Weiter durch Fichtenwald allein bis Küstelberg , wo ich leider wieder auf eine redselige Frauengruppe treffe. Auch heute sind viele Ausflügler unterwegs, naja kein Wunder- es ist ja Sonntag.
Die Ruhrquelle ist unspektakulär und auch nicht die richtige Quelle, denn diese scheint mehrere hundert Meter dahinter zu liegen. Um 11 Uhr in Winterberg. Hier ist verkaufsoffener Sonntag und die Stadt dementsprechend voll. Trotzdem nutze ich die Gelegenheit ein Stück Kuchen und eine Tasse Tee zu bestellen sowie drei Brötchen fürs Mittagessen. Bei strahlendem Sonnenschein an der Sprungschanze und Abfahrtshügeln vorbei, an deren Rändern noch etwas Schnee liegt. Die Wegführung ärgert mich hier. So werde ich erst hinunter zu dem Landeplatz der Sprungschanze geführt, um dann wieder mühsam auf das alte Niveau zu klettern. Der Aufstieg zum Kahlen Asten verläuft leichter als gedacht. Die ganze Zeit warte ich auf eine heftige Steigung und auf einmal bin ich schon oben. Wie beim Langenberg ist der Kahle Asten ein Hochplateau mit Heide, nur ungleich touristischer. Doch obwohl es Sonntagmittag ist, sind nicht übermäßig Touristen dort. Neben Deutschen vor allem viele Holländer.
Leider kann ich mein Wasser nicht bei der Lennequelle auffüllen, denn diese ist ausgetrocknet Der Abstieg ist gemächlich und bald kommt man in die Nähe der Ortschaft Langewiese, die ihrem Namen alle Ehre macht. Bei strahlendem Sonnenschein laufe ich kilometerlang über eben diese. In Langewiese freue ich mich über einen Fußpfad und kneipe kurz. Schön, das kalte Wasser an den Füßen. Leide stelle ich fest, das meine Zehen am rechten Fuß nicht gut aussehen, so dass ich diese abklebe. Bei der Hohenleyer Hütte kehre ich ein, um mein Wasser aufzufüllen. Ich bestelle eine Apfelschorle und fülle dann auf der Toilette mit dem leeren Glas meine Flasche auf. Auch hier viele Ausflügler, aber keine Biker. Kurz nach der Hohenleyer Hütte verlässt der Steig die Nähe der Straße und führt fast bis Dillenburg nur noch durch den Wald.
Vor Kühhude habe ich genug und will mein Lager aufschlagen. Doch kaum steht mein Tarp, kommt auf dem Waldweg ein Auto entlang. Obwohl ich etwas abseits bin, entdeckt mich der Fahrer, hält und steigt aus. Ich packe schnell meinen Schlafsack beiseite und lasse mich weiter beim Aufbau nicht stören. Der Kontrolletti weist mich darauf hin, dass man im Wald nicht zelten dürfe. Ich behaupte, ich wolle nur mein Tarp testen. Daraufhin ist er wieder weg. Um Unannehmlichkeiten mit dem Kontrolletti am nächsten Morgen zu vermeiden packe ich wieder ein und suche mir einen anderen Platz, den ich hinter Kühheide – nun etwas weiter weg vom Steig- in einem Buchenwald finde. Der Platz ist noch schöner als der vorherige. Es gibt die zweite Hälfte der Tortellini von gestern.
3. Etappe: Kühhude-Buchhelle, 31 km
Gestern Nacht noch ein paar Wildschweine gehört und einen Raubvogel, de seine Runde über mein Tarp zog und dabei einen recht komischen Ruf ausstieß, so knarrend. Mit der Sonne aufgewacht. Gegen halb acht wieder unterwegs und diesmal fast den ganzen Vormittag allein. Es geht weiter, vor allem durch Buchen- und Fichtenwald. An der Millionenbank nehme ich ein zweites Frühstück zu mir und treffe dabei auf ein Rentnerehepaar. Die Frau eröffnet mir, dass ihr Mann den Rothaarsteig „zeichne“. Erst verstehe ich nicht so recht und denke, dass ihr Mann Bilder vom Wanderweg male, aber bald wird mir klar, dass ihr Mann die Wanderzeichen am Weg instandhält. Nun bin ich neugierig geworden. Sie erzählt mir, dass sie mit ihrem Mann jeweils ein anderes Teilstück des Weges in beide Richtungen abläuft und nachschaut, ob die Zeichen in Ordnung sind. Sie meint, ich habe ja auch noch ein gutes Stück Weg vor mir und will wissen, wo ich geschlafen habe. Ich erzähle ihr die Geschichte vom gestrigen Abend. Sie habe auch schon öfter im Wald geschlafen, berichtet sie. Doch die Jagdpächter hätten Angst, dass das Wild verscheucht würde. Manche würden sogar die Wanderzeichen unkenntlich machen um Wanderer fernzuhalten. Als ihr Mann kommt, möchte ich mir gern die Instrumente für die Markierung zeigen lassen. Er hat einen Träger mit einem größerem Behälter für rote und einem kleineren für weiße Farbe sowie einen Trichter für die Pinsel. Aus seinem Rucksack kramt er noch eine Schablone für die Markierung mit unterschiedlichen Richtungsweisern heraus. Ich bin hocherfreut, dass er mir alles zur Markierung gezeigt hat, denn ich hatte mich beim Wandern schon häufiger gefragt, wie die Markierungen angebracht werden.
Weiter ins schöngelegene Jagdhaus. Hier laufe ich die Hauptstraße entlang, da ich der umständlichen Wegführung im 270 Grad Bogen um das Dorf nicht folgen möchte. Schönes Wetter, schöne Aussichten, herrlich.
An der Sommbeckequelle finde ich reichlich klares, frisches, kühles Wasser. Ich wasche mich spüle und hole mir komplett neues Wasser. Pause mit Nüssen. Im Fichtenwald treffe ich einen Forstarbeiter, den ich frage, was mit dem Holz am Wegesrand genau passiert. Das meiste wird zu Bauholz verarbeitet, das höherwertige Holz wird versteigert und teilweise zu Furnier verarbeitet. Brennholz ist so gut wie gar nicht dabei. Gegen 14 Uhr am Rhein-Weser Turm. Bis hierher 20 km gemacht. Bestelle mir zur Belohnung ein Eis mit heißen Kirschen. Die Sahne schmeckt leider nach H-Milch und der Rest ist auch nicht überzeugend. Gegen halb vier weiter, vorher allerdings noch auf der Toilette mit warmen Wasser den Kopf gewaschen. Mütze rauf und raus.
Ich habe mir Buchhelle als Ziel gesetzt, da ich hoffe dort wieder im Buchenwald schlafen zu können. An der Ferndorfquelle noch Wasser aufgefüllt und dann mit Anstrengung zur Buchhelle. Kurz vor Buchhelle wieder mehr Leute im Wald, Hundeausführer, Spaziergänger, Waldarbeiter. Endlich an der Buchhelle angekommen suche ich mir einen Schlafplatz, Buchen gibt es hier, aber nicht so einen schönen Schlafplatz wie zuletzt. Über einer Mulde im Hang spanne ich mein Tarp auf. Da es etwas uneben ist, wird die Nacht etwas ungemütlicher. Irgendwann rutsche ich von der Matte und morgens sind Rettungsdecke und Matte feucht.
4. Etappe: Buchhelle- Tiefenrother Höhe, 35 km
Morgens Tee gemacht. Der Spiritus war so kalt, das ich ihn mit einer Kerze aufwärmte. Tja, den Kocher etwas schief gehalten, da ich ja schön warm im Schlafsack bleiben wollte, und schon geht etwas daneben und das Ding brennt sowie einige Blätter und die Rettungsdecke. Zum Glück hatte ich das bereitgestellte Teewasser zum Drüberschütten. Weiter zur Ruine Ginsburg. 1968 der Turm wieder aufgebaut. Gelb, Standesamt drin. Durch Lützel ins Edertal. Hier fällt mir das Schild „Achtung Munition. Auf den Wegen bleiben!“ auf. Kurze Zeit später treffe ich auf einen privaten Kampfmittelräumdienst, der ist mit acht Mann vor Ort tätig. Um einen ehemaligen Munitionsbunker der Buna-Werke ist im Umkreis von ca. 2 km² Munition verstreut. Täglich finden die Männer eimerweise Munition, v.a. Granaten. Ein Mann der Dürener Firma warnt mich davor, den Wald zu betreten und sagt: „ Das waren Deppen, die wollten die Munition sprengen, haben sie aber versprengt.“ An der Ederquelle treffe ich einen Vater mit seinem Sohn, die von Herborn her den Rothaarsteig biken. An jeder Quelle macht er ein Erinnerungsfoto mit seinem Sohn. Bei Hochsommerwetter im April weiter zur Siegquelle, an der ich endlich mein Wasser auffüllen kann, denn die Ederquelle war zu schlammig. Über Ilm- und Lahnquelle weiter zur reichhaltigen Ilsequelle. Dort waschen, kochen, spülen, entspannen. Als ich gerade zu essen beginne, kommt eine Frauengruppe mit rund zehn kleinen Kindern zwischen vier und zehn Jahren. Diese wollen den schönen Waldwichtelpfad und den „Kleinen Rothaar“ begehen. An der Quelle machen auch sie mit viel Gewusel Rast. Die Kiddies essen Chips und Osterzeug. Die Frauen mustern mich interessiert, trauen sich aber nicht mich anzusprechen. Nach gut einer Stunde Rast um 16 Uhr weiter. Hier wieder einige Biker, die die alte, holprige Eisenstraße entlangbrettern. An der Dillquelle treffe ich nach der Frau mit Hund wieder einen Solotrekker, der seine erste Tour von Dillenburg nach Winterberg macht.. Obwohl er sich im Netz schlau gemacht hat und bei Globi einkaufen war, wollte er es sich gemütlich machen und schleppt zuviel mit (u.a. ein 3,5 kg Zelt, vier Bücher , Kochgeschirr, Sitzkissen und 1,5 kg Matte) und auch zuwenig, denn er wollte zum einen kochen – hatte aber keinen Kocher und unterwegs einkaufen. Als ich ihm eröffnete, dass er erst wieder in Winterberg einkaufen könne, wiegelt er ab. Das mit dem Essen habe er schon in Manderbach erfahren, jedoch hatte der dortige Supermarkt schon geschlossen. Nach einiger Suche habe er eine Teestube gefunden, dort wurden ihm hilfsbereit noch ein paar Sachen verkauft. Ich gab ihm noch etwas von meinen Vorräten, denn auch ich hatte zuviel mit, nämlich Essen. Weiter entlang wirklich schöner Ausblicke Richtung Tiefenrother Höhe. Als es dämmerst, stelle ich mein Tarp etwas abseits des Weges auf einer Kiefernwiese auf. Heute auch noch hinter der Siegquelle eine Blindschleiche gesehen, fingerdick ca. 30 cm lang. Sie fühlt sich an wie ein Gummischlauch. Als ich ihr den Weg frei gemacht habe, ist sie weiter ins Gras geschlängelt. Und keine 20 Meter weiter hing ein Schild, auf dem dortigen Walderlebnispfad „Schlange“ – das passt!
5. Etappe: Tiefenrother Höhe – Dillenburg, 23 km
Kurz nach 6 mit der Sonne aufgewacht. Später los. Tolles Wetter, schöne Ausblicke und morgens allein im Wald. Im Dörfchen Rodenbach sehe ich ein Kaninchen durch den Garten hoppeln. Zwei sich unterhaltende Männer im Garten nebenan spreche ich darauf an und ich bekomme zur Antwort, es seien Wildkaninchen, von denen es auch braune, weiße, graue und gescheckte dort gäbe. Ich könne mir ja eins fangen. Das lehne ich allerdings mit Blick auf meinen Rucksack ab.
Ein paar Meter weiter bietet ein Rentner seine gedrechselten und geschnitzten Holzwaren feil, als Hobby. Neben selbst gebauten Landhäusern, á la Spießers heile Welt, offenbaren sich die bekannten Verirrungen eines spießigen Souvenirgeschmacks. Ich möchte keinen rustikalen Holzschlüsselbund mit „Gruß vom Rothaarsteig“ drauf und auch kein Holztäfelchen mit Erinnerungsspruch zu meiner Wanderung. Dennoch kaufe ich für meine Jungs je einen Wanderstock und für meine Frau zwei gedrechselte Pilze. Nach dem Kauf zeigt er mir seinen mit selbst gebauten Häusern und Sehenswürdigkeiten verschönerten (?) Garten, in dem er schnell seinen Nachbau des Dillenburger Wilhelmsturms stellt, auf dass ich ihn wiedererkenne, wenn ich bald dort bin. Kurz vor Manderbach mache ich an einer Wiese ausgiebig Rast. Ich muss ja nicht viel zu früh in Dillenburg sein. Noch acht km bis zum Bahnhof, rund zwei Stunden laufen. Durchs Manderbacher Tal geht´s in praller Sonne über Wiesen.
Hinter dem letzten Berg liegt Dillenburg. Die Stadt empfängt mich mit viel Verkehr und Krach. Der Anstieg zum Galgenberg innerhalb der Stadt ist dann noch einmal unerwartet heftig, wenn man sich schon auf das Ende der Wanderung einstellt. Ich muss dann doch noch zwei, drei Stehpausen einlegen. Vom Galgenberg abwärts verliere ich mehrmals den ausgeschilderten Wanderweg, was ich angesichts meines Stadtplanes allerdings in Kauf nehme. In der kleinen Innenstadt besorge ich mir im Drogeriemarkt neues Wasser, denn mein bei der Wilhelmsbuche geschöpftes Wasser scheint nach näherer Betrachtung irgendwie einen Ölfilm zu haben. So stehe ich dann durstig bei der Kasse und die einzige Verkäuferin im Laden verabschiedet sich mal „kurz“ zum Geschenke einpacken für eine Kundin. Als ich endlich mit meiner Flasche draußen bin, schütte ich einen dreiviertel Liter in mich hinein. Auf einem Platz wird dann bei einem kleinen Eis entspannt. Auf dem Weg zum Bahnhof, an dem ich um zehn nach drei eintreffe, erfahre ich noch, dass Dillenburg ja die Residenz derer von Nassau war, also daher Oranje-Nassau.
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