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Mitreisende | |
Land: Bayern
Reisezeit: Sommer
Region/Kontinent: Mitteleuropa

Später Morgen eines gesichtslosen Dienstages.
Die Fünf-Uhr-Früh-Aufsteher der echten Anhängerschaft des echten Bergsteigens sind längst fort.
Selbstverständlich habe ich auch noch die Wandergäste aus den Frühstückspensionen abgewartet
und bin jetzt ziemlich alleine unterwegs, jedenfalls solange,
bis mir in ungefähr drei Stunden die Fünf-Uhrer entgegenkommen werden
und später dann die Frühstückspensionisten.
Auch ich habe mich ausgiebig gelabt,
nämlich im Klosterstüberl an einem Tegernseer Hell,
dazu, ganz klassisch, eine weiße Wurst gezuzzelt
und mich dann spontan entschlossen, meine Wasservorräte,
Wasser findet man in den Bergen schließlich überall, zu entleeren
und gegen drei Halbe Helles zu ersetzen,
denn der Trekker braucht Elektrolyte und die liefert das Wasser nicht.
Die Tegernseer haben ihr Tal schon früh dem kompletten Ausverkauf gewidmet
und die flächige Zerstörung von Landschaft und Sitte den künftigen Generationen als ‚Zukunftssicherung’ verkauft.
Man glaubt, die Bayern wären Hinterwäldler,
aber das stimmt nicht.
Es gibt dort Fernsehen und Telefon und Aldi ist auch präsent.
Man könnte sich zwischen all den identitätslosen
Zweit- und Drittwohnsitzen, sämtlich im alpenländischen Stil,
als ob von einem einzigen Architekten entworfen, böse verirren,
gäbe es nicht dezente Hinweisschilder, die den Wanderer diesem Ghetto
an Beschaulichkeit entführen und hineinleiten in die Valepp,
einen autofähigen Teerweg mit fünf Metern Breite, die ich nun,
Alkohol und sommerlicher Hitze geschuldet, in ihrem ganzen Ausmaß
gerne in Anspruch nehme.
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Der ganzen Valepp, Sutten und Stümpfling,
einst Pioniergebiet der deutschen Skilaufkunst,
haben die österreichischen Event-Arenen längst den Rang abgelaufen.
Man bemüht sich zu modernisieren und darum ist das häufigste Tier,
das einem in den bayerischen Voralpen begegnet, nicht die Gämse
oder der Steinbock, sondern der Kleinbagger.
Die Schwüle des Tages, sage ich mir, schadet dem Bier,
und bevor es mir verdirbt, beschließe ich,
es der natürlichen Verwertung zuzuführen.
Beim letztgenannten Wort muß ich immer an Willy Brandt selig denken,
dem sein Adlatus während nächtlicher Zugreisen Damen zuführen musste
und auch ich wäre erfreut,
liefe mir eine willfährige Sennerin über den Weg.
Tut es aber nicht und bevor mein schwankender Gang im Graben endet, vollziehe ich einen kleinen Mittagschlaf.
Mein Höhengewinn nach stundenlangem Fußmarsch reduziert sich damit schlagartig um 20%, von 10 auf 8 Meter,
aber das ist mir wurscht.
Ich improvisiere eine halbwegs bequeme Unterlage aus Rucksack und Jacke,
denn eine Matte habe ich nicht dabei.
Ich Dödel werde mich abschleppen mit Zelt und Liegefilz!
Ha! Ich!
Wo ich doch die neueste Errungenschaft mit mir führe,
eine hochalpinfähige Leichtgewichtshängematte mit 500g Eigengewicht!
Sieht aus wie eine vergrößerte Version von Omas Einkaufsnetz und in dieser werde ich diese Nacht nächtigen,
jetzt aber nicht, denn das Schlafverlangen überkommt mich sofort und mächtig.
Übler Atem entreißt mich meinem ohnmachtsähnlichen Schlummer,
ich fahre hoch und blicke erschreckt in ein ebenso erschrecktes Gesicht,
ganz nah an dem meinigen und auch dieses zuckt zurück und sagt: Wir ham jetzt ned gwußt, ob er schlaft oder umgfallen ist,
so nah an der Straß’, da hat sie gsagt, er deutet auf seine Angetraute, schau doch mal, ob er noch schnauft.
Ich bedanke mich für die Fürsorge,
fasele etwas von allzu rasantem Auf- und Abstieg und höre noch: Ja, ja, die jungen Leut heute, dene kanns ned schnell genug gehen und dann kippens einfach um.
Im Nu bin ich aufgerappelt, mental bereit, zumindest,
die kühnsten Berge der Welt zu bezwingen und schon holpere ich den Steig hinauf,
aber gelähmten Schrittes und ermattet von der groben Auferweckung.
(Mich wundert inzwischen, dass man in all den Jahren noch immer keine Besteigungstaxe ins Leben gerufen hat
um den Bergvermarktungsgedanken zu verkomplettieren und den Talgemeinden eine neue Geldquelle zu eröffnen,
zur Sicherung der Zukunft, wo doch die alpine Erschließung längst zum Abschluß gekommen ist und nur der monetäre Raum
noch Geländegewinn zu verzeichnen vermag.)
Jedenfalls bin ich irgendwann oben, aber es ist nicht der Guffert;
es ist ein namenloser Vorberg. Dafür entschädigt das fehlende Gipfelbuch die Unnotwendigkeit zu seiner Lektüre
(Ich war auch hier! Tolle Aussicht! Klaus aus Dortmund),
und beschert einen dunstverhangenen Blick auf einen verpassten Eintrag ins Tourenbuch.
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Zeit mich den wahren Genüssen des wahren Bergsteigertums zu widmen!
Der Brotzeit! Der immerwiederkehrenden Jause! Landschaften vergehen, Salami bleibt.
Sie ist die Konstante in den wechselnden Vegetationszonen, gibt Orientierung im natürlichen Vielerlei und dient zugleich, sofern nicht als Ringsalami,
in ihrer Geradlinigkeit dem Angedenken an die
direttissima eines jeden Lebens: Voran! Voran! Schau nie zurück! Hinan! Hinan! Die Hose zwickt!
Eine gewitterbesorgnisfreie Dämmerung begleitet die letzten Bisse
und auch die letzten Biervorräte werden artgerecht entsorgt;
man wäre ja blöd, es erst hoch zu schleppen und dann wieder runter zu tragen.
Salamireste stecken in den Zähnen fest und ich schaffe es nicht, sie mit der Zungenspitze herauszupopeln.
Da erst fällt mir auf, dass es hier für meine Hängematte gar keine Bäume gibt.
Hurtig bedanke ich mich beim namenlosen Berg für die Gastfreundschaft und enteile, die Sonne ist längst weg, hinab zur Baumgrenze.
Die ersten Arven stehen zu weit auseinander, ich muß runter in den Fichtenwald. Aber hätte ich sowieso gemusst, morgen.
Es müht mich, zwei Bäume in passendem Abstand zu finden,
denn ich habe die Reepschnüre vergessen, aber dann ist die Hängematte gespannt, der Schlafsack schon drin und mit einer akrobatischen Drehung lasse ich mich hineinfallen.
Sofort fühle ich mich als gefangener Fisch, liege völlig verquer, das Ding schwingt fürchterlich und als ich mich endlich in Position gebracht habe, hängt der Schlafsack draußen.
Na gut, alles noch mal von vorne. Ich möchte der Hängematte entsteigen, aber es geht nicht.
Nirgendwo ein archimedischer Punkt, alles wippt, schaukelt und
dehnt sich in grotesker Elastizität. Schwerstatmend stecke ich fest.
Dann aber der Trick: Mit kraftvollem Beinhebel und eisernem Armzug schleudere ich mich,
nein katapultiere ich mich heraus und böse zu Boden.
Das mit Schlafsack reinlegen und dann mich dazu, und dann innen rein,
soviel haben wir mittlerweile kapiert, das geht nicht.
So kommen wir nie in den Sack.
Ich spanne die Hängematte etwas tiefer,
ohne dass sie bis zum Boden durchsackt und folge methodisch der Komplettimplementierung: Ich schlüpfe in den Schlafsack,
hüpfe neben die Hängematte, Kapuze rüber, alles zuziehen und lasse mich mit Schwung nach schräg hinten rückwärts hineinfallen.
Es klappt, schief, aber ich liege.
Bereits nach fünf Minuten hat sich die Schaukelei beruhigt und ich bequeme mich in eine durchhaltbare Schlafposition, was neues Schaukeln bewirkt.
Was auf den Bildern so urgemütlich aussah, chillen in der Hängematte, sanftes Wiegen im Wind, entpuppt sich als bandscheibenmalträtierende, bogenförmige Zwangshaltung;
völlig unmöglich, sich zu drehen, auf die Seite zu legen, oder gar auf den Bauch.
Aufgeben? Nie!
Wohin auch jetzt, in der Dunkelheit, mitten im Bergwald, mitten am Hang.
Das Netz zwängt die Schultern ein und schnürt den Brustkorb ab.
Außerdem kommt’s von unten, mein Rücken ist schon gefühllos, saukalt daher.
Egal, denke ich, diese Nacht hältst du durch.
Aber nach einer Stunde meldet sich ein unbezähmbarer Harndrang, den ich noch eine weitere Stunde verdrücke,
aber dann muß ich raus.
Ich fingere nach dem Reißverschluß,
aber der ist eingeklemmt zwischen Netz und Rippen.
Ich denke, ich mache das wie Scotts Leute beim Kampf um den Südpol und pisse einfach in den Schlafsack;
aber ich bin nicht am Pol und mich geschlagen geben von einer Hängematte, wär ja gelacht.
Ich stemme und rolle mich über die rechte Tragleine,
knalle aber nur halb zu Boden, weil mich händisch am Netz festklammernd.
Ha! Kennt jemand das befreiende Gefühl drei Maß Bier ausbieseln zu können? Ich kenns!
In diese Hängematte bringt mich natürlich nichts zurück.
Ich packe mein ganzes Gschlamps und stapfe stockdunkel hangaufwärts,
ein ebenes Stück Wiese zu erahnen, finde auch, dopple die Hängematte, darauf den Biwaksack und darauf ich im Schlafsack.
Köstlich! Ein gerader Rücken! Feste Erde statt schwankender Luftnummer!
Ich bin beglückt und nicke ein.
Später weckt mich Regen.
Ich stelle mein Berghaferl raus und krieche in den Biwaksack.
Anderntags scheint die Sonne.
Feuchtverfroren und klamm an Gliedern raffe ich mein Zeugsl zusammen und trabe gen Tal.
Die ersten echten Anhänger des echten Frühbergsteigens kommen mir entgegen und glotzen mich überrascht an.
Ihr Langschläfer!, rufe ich ihnen entgegen, hat euch die Matratze nicht freigegeben?, und lasse sie im Glauben, einem echten Hardcore-Steiger begegnet zu sein.
Leut gibt’s, werden sie auf der Hütte berichten, die sind noch härter als wir, und dabei werden sie an mich denken.
Die Hängematte ist mir später abhanden gekommen.
Ich denke nur, der Dieb, das arme Schwein, das darin schlafen muß.
Vielleicht hat er sie auch in Stücke geschnitten.
Als Einkaufsnetz für Omas und Tanten.
Heutzutage ist den Leuten alles zuzutrauen.
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Reisezeit: Sommer
Region/Kontinent: Mitteleuropa

Später Morgen eines gesichtslosen Dienstages.
Die Fünf-Uhr-Früh-Aufsteher der echten Anhängerschaft des echten Bergsteigens sind längst fort.
Selbstverständlich habe ich auch noch die Wandergäste aus den Frühstückspensionen abgewartet
und bin jetzt ziemlich alleine unterwegs, jedenfalls solange,
bis mir in ungefähr drei Stunden die Fünf-Uhrer entgegenkommen werden
und später dann die Frühstückspensionisten.
Auch ich habe mich ausgiebig gelabt,
nämlich im Klosterstüberl an einem Tegernseer Hell,
dazu, ganz klassisch, eine weiße Wurst gezuzzelt
und mich dann spontan entschlossen, meine Wasservorräte,
Wasser findet man in den Bergen schließlich überall, zu entleeren
und gegen drei Halbe Helles zu ersetzen,
denn der Trekker braucht Elektrolyte und die liefert das Wasser nicht.
Die Tegernseer haben ihr Tal schon früh dem kompletten Ausverkauf gewidmet
und die flächige Zerstörung von Landschaft und Sitte den künftigen Generationen als ‚Zukunftssicherung’ verkauft.
Man glaubt, die Bayern wären Hinterwäldler,
aber das stimmt nicht.
Es gibt dort Fernsehen und Telefon und Aldi ist auch präsent.
Man könnte sich zwischen all den identitätslosen
Zweit- und Drittwohnsitzen, sämtlich im alpenländischen Stil,
als ob von einem einzigen Architekten entworfen, böse verirren,
gäbe es nicht dezente Hinweisschilder, die den Wanderer diesem Ghetto
an Beschaulichkeit entführen und hineinleiten in die Valepp,
einen autofähigen Teerweg mit fünf Metern Breite, die ich nun,
Alkohol und sommerlicher Hitze geschuldet, in ihrem ganzen Ausmaß
gerne in Anspruch nehme.
Der ganzen Valepp, Sutten und Stümpfling,
einst Pioniergebiet der deutschen Skilaufkunst,
haben die österreichischen Event-Arenen längst den Rang abgelaufen.
Man bemüht sich zu modernisieren und darum ist das häufigste Tier,
das einem in den bayerischen Voralpen begegnet, nicht die Gämse
oder der Steinbock, sondern der Kleinbagger.
Die Schwüle des Tages, sage ich mir, schadet dem Bier,
und bevor es mir verdirbt, beschließe ich,
es der natürlichen Verwertung zuzuführen.
Beim letztgenannten Wort muß ich immer an Willy Brandt selig denken,
dem sein Adlatus während nächtlicher Zugreisen Damen zuführen musste
und auch ich wäre erfreut,
liefe mir eine willfährige Sennerin über den Weg.
Tut es aber nicht und bevor mein schwankender Gang im Graben endet, vollziehe ich einen kleinen Mittagschlaf.
Mein Höhengewinn nach stundenlangem Fußmarsch reduziert sich damit schlagartig um 20%, von 10 auf 8 Meter,
aber das ist mir wurscht.
Ich improvisiere eine halbwegs bequeme Unterlage aus Rucksack und Jacke,
denn eine Matte habe ich nicht dabei.
Ich Dödel werde mich abschleppen mit Zelt und Liegefilz!
Ha! Ich!
Wo ich doch die neueste Errungenschaft mit mir führe,
eine hochalpinfähige Leichtgewichtshängematte mit 500g Eigengewicht!
Sieht aus wie eine vergrößerte Version von Omas Einkaufsnetz und in dieser werde ich diese Nacht nächtigen,
jetzt aber nicht, denn das Schlafverlangen überkommt mich sofort und mächtig.
Übler Atem entreißt mich meinem ohnmachtsähnlichen Schlummer,
ich fahre hoch und blicke erschreckt in ein ebenso erschrecktes Gesicht,
ganz nah an dem meinigen und auch dieses zuckt zurück und sagt: Wir ham jetzt ned gwußt, ob er schlaft oder umgfallen ist,
so nah an der Straß’, da hat sie gsagt, er deutet auf seine Angetraute, schau doch mal, ob er noch schnauft.
Ich bedanke mich für die Fürsorge,
fasele etwas von allzu rasantem Auf- und Abstieg und höre noch: Ja, ja, die jungen Leut heute, dene kanns ned schnell genug gehen und dann kippens einfach um.
Im Nu bin ich aufgerappelt, mental bereit, zumindest,
die kühnsten Berge der Welt zu bezwingen und schon holpere ich den Steig hinauf,
aber gelähmten Schrittes und ermattet von der groben Auferweckung.
(Mich wundert inzwischen, dass man in all den Jahren noch immer keine Besteigungstaxe ins Leben gerufen hat
um den Bergvermarktungsgedanken zu verkomplettieren und den Talgemeinden eine neue Geldquelle zu eröffnen,
zur Sicherung der Zukunft, wo doch die alpine Erschließung längst zum Abschluß gekommen ist und nur der monetäre Raum
noch Geländegewinn zu verzeichnen vermag.)
Jedenfalls bin ich irgendwann oben, aber es ist nicht der Guffert;
es ist ein namenloser Vorberg. Dafür entschädigt das fehlende Gipfelbuch die Unnotwendigkeit zu seiner Lektüre
(Ich war auch hier! Tolle Aussicht! Klaus aus Dortmund),
und beschert einen dunstverhangenen Blick auf einen verpassten Eintrag ins Tourenbuch.
Zeit mich den wahren Genüssen des wahren Bergsteigertums zu widmen!
Der Brotzeit! Der immerwiederkehrenden Jause! Landschaften vergehen, Salami bleibt.
Sie ist die Konstante in den wechselnden Vegetationszonen, gibt Orientierung im natürlichen Vielerlei und dient zugleich, sofern nicht als Ringsalami,
in ihrer Geradlinigkeit dem Angedenken an die
direttissima eines jeden Lebens: Voran! Voran! Schau nie zurück! Hinan! Hinan! Die Hose zwickt!
Eine gewitterbesorgnisfreie Dämmerung begleitet die letzten Bisse
und auch die letzten Biervorräte werden artgerecht entsorgt;
man wäre ja blöd, es erst hoch zu schleppen und dann wieder runter zu tragen.
Salamireste stecken in den Zähnen fest und ich schaffe es nicht, sie mit der Zungenspitze herauszupopeln.
Da erst fällt mir auf, dass es hier für meine Hängematte gar keine Bäume gibt.
Hurtig bedanke ich mich beim namenlosen Berg für die Gastfreundschaft und enteile, die Sonne ist längst weg, hinab zur Baumgrenze.
Die ersten Arven stehen zu weit auseinander, ich muß runter in den Fichtenwald. Aber hätte ich sowieso gemusst, morgen.
Es müht mich, zwei Bäume in passendem Abstand zu finden,
denn ich habe die Reepschnüre vergessen, aber dann ist die Hängematte gespannt, der Schlafsack schon drin und mit einer akrobatischen Drehung lasse ich mich hineinfallen.
Sofort fühle ich mich als gefangener Fisch, liege völlig verquer, das Ding schwingt fürchterlich und als ich mich endlich in Position gebracht habe, hängt der Schlafsack draußen.
Na gut, alles noch mal von vorne. Ich möchte der Hängematte entsteigen, aber es geht nicht.
Nirgendwo ein archimedischer Punkt, alles wippt, schaukelt und
dehnt sich in grotesker Elastizität. Schwerstatmend stecke ich fest.
Dann aber der Trick: Mit kraftvollem Beinhebel und eisernem Armzug schleudere ich mich,
nein katapultiere ich mich heraus und böse zu Boden.
Das mit Schlafsack reinlegen und dann mich dazu, und dann innen rein,
soviel haben wir mittlerweile kapiert, das geht nicht.
So kommen wir nie in den Sack.
Ich spanne die Hängematte etwas tiefer,
ohne dass sie bis zum Boden durchsackt und folge methodisch der Komplettimplementierung: Ich schlüpfe in den Schlafsack,
hüpfe neben die Hängematte, Kapuze rüber, alles zuziehen und lasse mich mit Schwung nach schräg hinten rückwärts hineinfallen.
Es klappt, schief, aber ich liege.
Bereits nach fünf Minuten hat sich die Schaukelei beruhigt und ich bequeme mich in eine durchhaltbare Schlafposition, was neues Schaukeln bewirkt.
Was auf den Bildern so urgemütlich aussah, chillen in der Hängematte, sanftes Wiegen im Wind, entpuppt sich als bandscheibenmalträtierende, bogenförmige Zwangshaltung;
völlig unmöglich, sich zu drehen, auf die Seite zu legen, oder gar auf den Bauch.
Aufgeben? Nie!
Wohin auch jetzt, in der Dunkelheit, mitten im Bergwald, mitten am Hang.
Das Netz zwängt die Schultern ein und schnürt den Brustkorb ab.
Außerdem kommt’s von unten, mein Rücken ist schon gefühllos, saukalt daher.
Egal, denke ich, diese Nacht hältst du durch.
Aber nach einer Stunde meldet sich ein unbezähmbarer Harndrang, den ich noch eine weitere Stunde verdrücke,
aber dann muß ich raus.
Ich fingere nach dem Reißverschluß,
aber der ist eingeklemmt zwischen Netz und Rippen.
Ich denke, ich mache das wie Scotts Leute beim Kampf um den Südpol und pisse einfach in den Schlafsack;
aber ich bin nicht am Pol und mich geschlagen geben von einer Hängematte, wär ja gelacht.
Ich stemme und rolle mich über die rechte Tragleine,
knalle aber nur halb zu Boden, weil mich händisch am Netz festklammernd.
Ha! Kennt jemand das befreiende Gefühl drei Maß Bier ausbieseln zu können? Ich kenns!
In diese Hängematte bringt mich natürlich nichts zurück.
Ich packe mein ganzes Gschlamps und stapfe stockdunkel hangaufwärts,
ein ebenes Stück Wiese zu erahnen, finde auch, dopple die Hängematte, darauf den Biwaksack und darauf ich im Schlafsack.
Köstlich! Ein gerader Rücken! Feste Erde statt schwankender Luftnummer!
Ich bin beglückt und nicke ein.
Später weckt mich Regen.
Ich stelle mein Berghaferl raus und krieche in den Biwaksack.
Anderntags scheint die Sonne.
Feuchtverfroren und klamm an Gliedern raffe ich mein Zeugsl zusammen und trabe gen Tal.
Die ersten echten Anhänger des echten Frühbergsteigens kommen mir entgegen und glotzen mich überrascht an.
Ihr Langschläfer!, rufe ich ihnen entgegen, hat euch die Matratze nicht freigegeben?, und lasse sie im Glauben, einem echten Hardcore-Steiger begegnet zu sein.
Leut gibt’s, werden sie auf der Hütte berichten, die sind noch härter als wir, und dabei werden sie an mich denken.
Die Hängematte ist mir später abhanden gekommen.
Ich denke nur, der Dieb, das arme Schwein, das darin schlafen muß.
Vielleicht hat er sie auch in Stücke geschnitten.
Als Einkaufsnetz für Omas und Tanten.
Heutzutage ist den Leuten alles zuzutrauen.
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