[AT] Solo-Bikepacking durch Wachau und Waldviertel

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Landstreicher666
    Erfahren
    • 12.09.2023
    • 195
    • Privat

    • Meine Reisen

    [AT] Solo-Bikepacking durch Wachau und Waldviertel

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Etappenübersicht

    Ablauf:

    Tag 1: Krems – Laimbach am Ostrong (Gartleiten)
    Tag 2: Laimbach am Ostrong (Gartleiten) - Weitra
    Tag 3: Weitra – Kautzen (Radschin)
    Tag 4: Kautzen (Radschin) – Gars am Kamp
    Tag 5: Gars am Kamp – Krems

    Gesamtdistanz: rund 370 Kilometer

    Karte:


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: waldviertel karte ergänzt.png Ansichten: 0 Größe: 1,99 MB ID: 3269517


    Einleitung

    In letzter Zeit habe ich vermehrt mein Fahrrad im Alltag genutzt und auch eine längere Fahrradtour zum schwarzen Meer ist diesen Sommer geplant. Im Sinne einer „Generalprobe“ wollte ich daher eine kürzere, aber trotzdem mehrtägige Fahrradtour in Österreich angehen, die nicht so viel Planungsaufwand mit sich bringen würde.

    Diese Idee konnte ich ideal mit älteren, aber verworfenen Plänen von einem mehrtägigen Fußmarsch durch das Waldviertel kombinieren. Seit Jahren wollte ich dort schon hin, unter anderem weil Teile meiner Verwandtschaft von dort kommen, ich bekennender Mohnnudel-Connoiseur bin und mich die Moor- und Waldmystik gepaart mit der Ästhetik der ewig alten Wackelsteine, die schon in vorchristlichen, heidnischen Zeiten als Ritualstellen fungierten, irgendwie in ihren Bann gezogen haben und noch immer ziehen.

    Statt einer Wandertour durch das Waldviertel sollte es also eine Fahrradtour werden. Weil ich zu faul war mir eine eigene Tour zusammenzustoppeln besuchte ich die Tourismuswebsite des Waldviertels und stieß dankenswerterweise sofort auf den „Waldviertel-Radweg“, einen vorgefertigten, ausgeschilderten Radweg mit rund 300 Kilometern Wegstrecke, der allerdings auf der Karte ein umgekehrtes „U“ und keine komplette Runde darstellt. Nichts war leichter als diese Runde einfach durch den Donauradweg im Süden zu komplettieren, denn Start- und Endpunkt dieses Radweges (Krems bzw. Klein-Pöchlarn) liegen genau an der Donau. Schon war meine Route fixiert und ich war froh, nicht viel Zeit in die Planung der Tour stecken zu müssen und am Ende zusätzlich zum Waldviertel auch noch die schönsten Gegenden der Wachau zu sehen.


    Tag 1

    Nachdem ich angenehmerweise mit dem Auto samt Fahrrad bis Krems kutschiert wurde, startete ich meine Tour entlang der Donau flussaufwärts. Ich fuhr durch einige (fast schon zu) liebliche Ortschaften der Wachau, sah die bekannten Weinberge und Marillenbäume, die gerade schon reife Früchte trugen. Unangenehmer Nebeneffekt des Donauradweges auf dieser Höhe ist natürlich, dass man sich unter die klassischen Wachautouristen mischt, sprich unter E-Bike Geschwader und „Grauschädel“-Trupps (pardon für diesen Ausdruck, aber er ist leider zu treffend, um ihn nicht zu verwenden) die mit Bussen die Wachau erkunden. Der Andrang hielt sich an diesem Montagmittag aber in Grenzen und ich erreichte davon relativ unbehelligt Klein-Pöchlarn, wo der Waldviertelradweg startet.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07375.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,41 MB ID: 3269432Typische Wachauer Landschaft

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07383.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,44 MB ID: 3269435Innenstadt in Wösendorf

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07387.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,15 MB ID: 3269436Kirche in Spitz

    Dort in Pöchlarn besuchte ich noch den lokalen Spar-Supermarkt, denn es war mir ein Anliegen, endlich mein selbst zusammengebasteltes Outdoorbratpfannen-Setup (leichte Bratpfanne von Tefal, dazu selbst gebastelter Holzgriff und ein breiterer Gasbrenner) zu testen. Ich kaufte mir ein Stück Lachsfilet und die passenden Beilagen und startete auf den beschwerlichen (weil steilen) Abschnitt gleich nach Pöchlarn. Bald begann ich mein Rad erstmals aufwärts zu schieben weil ich komplett außer Atem geraten war und mir schoss ein, dass das Waldviertel ja eigentlich für seine hügelige Landschaftsform bekannt ist und wieso ich Idiot genau da Radfahren gehen muss.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07397.jpg Ansichten: 102 Größe: 1,47 MB ID: 3269439
    Die Donau Höhe Pöchlarn, wo ich vom Donau- auf den Waldviertelradweg wechselte

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07400.jpg Ansichten: 104 Größe: 1,24 MB ID: 3269437
    Eine der vielen lästigen Senken zwischen zwei Dörfern

    Nach dem „Pi mal Daumen“-Prinzip wählte ich mir auf der Karte eine Stelle aus, die ich an Tag 1 mindestens noch erreichen wollte: es war die Zwettler Straße. Dies tat ich, als ich Laimbach am Ostrong passierte. Bald darauf kam wieder ein sehr steiles Stück und es dämmerte außerdem schon, weshalb ich keine Lust mehr hatte und mir einfach in einem lichten Stück neben der wenig befahrenen Straße einen Zeltplatz suchte und zu kochen begann.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07410.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,74 MB ID: 3269441Mein Gefährt ist in altes Mountainbike von Merida, dass ich für Trekkingzwecke etwas umfunktioniert habe

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07411.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,80 MB ID: 3269440Zeltplatz im etwas zu lichten Waldabschnitt

    Trotz eintretender Dunkelheit fuhren leider noch einige Autos die Straße entlang, wovon einige stehenblieben und sich im „deppat schauen“ übten. Zwei Autos konnte ich mit einem normalen Winken abwimmeln, das dritte Auto war dann – der Zufall wollte es so – der Eigentümer des Waldes in dem ich kampierte. Er eröffnete das Gespräch mit der Frage, ob ich ihm eh nicht seinen Wald abbrennen würde (er sah den Kocher). Nach kurzem klärendem Gespräch meinte er, sie seien hier nicht so kleinlich und dass ich einfach meinen Müll mitnehmen solle, dann sei alles kein Problem. Er mahnte aber auch, dass einige „Huan“ (Huren) sich auch schon nicht an diese Grundregel gehalten hätten, was ihn immer wieder ärgere. Im Anschluss an das Gespräch aß ich meine vorzügliche Lachs-Nudelpfanne und legte mich schlafen. Mein Pfannen-Setup war zufriedenstellend aber das Gewicht und das Abwaschen ist das Kocherlebnis zumindest für längere Touren dann doch nicht wert.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07426.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,06 MB ID: 3269438Frisch zubereitete Lachs-Nudelpfanne zum Abschluss des Tages


    Tag 2

    Die Ausbeute an Schlaf war mager. Ebenso infolgedessen mein Energielevel an diesem Tag. In Kombination mit einer sehr fragwürdigen Streckenführung (ständiges Auf und Ab) führte dies zu einem gewissen Level an Frust, der Tag 2 zu dem schlechtesten der Tour machte. Dennoch gab es ein paar Lichtblicke: etwa die hübschen Orte Gutenbrunn und Martinsberg oder den Ort Bad Traunstein, wo es mit dem "Wachtstein" eine wackelsteinartige Formation gibt, die gleichzeitig einen guten Ausblick über die Landschaft liefert.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07437.jpg Ansichten: 55 Größe: 2,73 MB ID: 3269442Eine Mischung aus christlicher und heidnischer Ästhetik auf dem Friedhof Bad Traunstein?

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07457.jpg Ansichten: 53 Größe: 1,87 MB ID: 3269446Am Fuße des Wachtsteins in Bad Traunstein

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07454.jpg Ansichten: 52 Größe: 1,78 MB ID: 3269443 Aussichtsplattform auf dem Wachtstein

    Als ich am Abend endlich das Etappenziel Weitra erreichte, war ich ermüdet, sauer auf die Streckenführung und hatte einen ordentlichen Sonnenbrand. Ich wollte in einer Unterkunft schlafen. Leider spuckte das Internet aber nur „keine verfügbaren Unterkünfte in Weitra“ aus, weshalb ich erst im Gespräch mit einem Lokalbesitzer auf eine überteuerte Privatzimmervermietung stieß. Mir blieb nichts anderes über und ich nahm dieses Zimmer direkt am Hauptplatz in Weitra. Abgerundet wurde dieser mittelmäßige Tag durch das geplatzte Versprechen der Zimmervermieterin, es gäbe im gegenüberliegenden Restaurant sicher Mohnnudeln, denn es gab sie nicht.

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07471.jpg Ansichten: 92 Größe: 1,86 MB ID: 3269450
    Irgendwo nach Bad Traunstein

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07485.jpg Ansichten: 90 Größe: 1,91 MB ID: 3269449
    Vogelscheuchen bei sengender Hitze

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07496.jpg Ansichten: 93 Größe: 1,21 MB ID: 3269447
    Mohnfeld

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07513.jpg Ansichten: 87 Größe: 2,16 MB ID: 3269454Hochstand irgendwo vor Groß Gerungs

    Ich machte mir Gedanken, wie ich die kommenden Tage mit meinem Sonnenbrand überstehen würde. Es hatte immerhin Temperaturen um die 35 Grad und der Himmel war wolkenlos. Auch am nächsten Tag sollte das so bleiben. Ohne eine vernünftige Lösung parat zu haben schlief ich ein in meinem angenehm kühlen, weil sehr dickwandigem Weitraer Altstadtapartment.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07514.jpg Ansichten: 90 Größe: 1,33 MB ID: 3269453 Hauptplatz in Weitra


    Tag 3

    Der nächste Tag startete mit einem „Geistesblitz“ meinerseits: ein langärmliges Kleidungsstück musste her, ebenso eine stärkere Sonnencreme. Ich fand ein Secondhand-Geschäft in der Altstadt und stattete mich um 5€ mit einem übergroßen, weißen Baumwollhemd aus. Bester Kauf seit langem. Dieses Teil Tat seinem Job, nämlich meine Arme vor UV-Strahlung zu schützen, ohne mich gleichzeitig zu überhitzen. Dass es etwas idiotisch aussah, war Nebensache. Nachdem ich mir auch noch Sonnencreme und Bepanthen-Heilungsspray besorgt hatte startete ich in den dritten und besten Tag der Rundfahrt.

    Gmünd und Schrems waren noch eher unspektakulär, doch als nach Schrems ein längerer Waldabschnitt kam, begann der Spaß. Erstmalig sah ich die ersehnten Wackelsteine, und zwar gleich mehrere an der Zahl. Die Stimmung in diesem Waldabschnitt entsprach genau meinen Erwartungen: sie hatte etwas mystisches, einsames, aber auch bedrohliches, nicht zuletzt, weil sich gerade ein Gewitter anbahnte, dessen Donnergrollen ich bereits hören konnte, als ich begeistert mit den Händen einen der Wackelsteine abtastete.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07538.jpg Ansichten: 85 Größe: 1,58 MB ID: 3269455 Pürbacherteich

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07550.jpg Ansichten: 86 Größe: 849,4 KB ID: 3269457
    Holzschnitzerei am Wegesrand

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07555.jpg Ansichten: 84 Größe: 2,10 MB ID: 3269459
    Waldviertler Dorfromantik

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07567.jpg Ansichten: 89 Größe: 2,73 MB ID: 3269462
    Der erste Wackelstein, den ich zu Gesicht bekam

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07581.jpg Ansichten: 89 Größe: 2,62 MB ID: 3269461Der Stein befand sich in einem Waldabschnitt nördlich von Schrems

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07578.jpg Ansichten: 107 Größe: 2,32 MB ID: 3269460 Das Arbeitsgerät

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07590.jpg Ansichten: 93 Größe: 2,41 MB ID: 3269469
    Nahe Amaliendorf gab es noch eine weitere Gruppe von Wackelsteinen

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07595.jpg Ansichten: 91 Größe: 2,05 MB ID: 3269470
    Irgendwie konnte ich mich nicht sattsehen

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07599.jpg Ansichten: 87 Größe: 1,82 MB ID: 3269466
    Kleine Lacke auf einem der Steine

    Das Gewitter zog vorüber bzw. blieb ein harmloses Geplänkel, sodass ich nach ausgiebiger Begutachtung der Wackelsteine zum nächsten größeren Ziel, nämlich der Ortschaft Heidenreichstein samt seinem Naturpark weiterfuhr. Im Naturpark angekommen bekam ich einen Plan in die Hand gedrückt und ich zimmerte mir die kürzeste Route mit den zugleich interessantesten Orten im Park zurecht. Der Weg führte mich zu einem Moorbad zum Durchgehen und zu einem weiteren, größeren und imposanteren Wackelstein als jenen, die ich zuvor gesehen hatte. Ich saugte die Ästhetik des Parks auf (farnbewachsener Waldboden, Moor, Wackelsteine, etc.) und verlor mich etwas in Gedanken.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07625.jpg Ansichten: 88 Größe: 810,8 KB ID: 3269467 Hanffeld am Weg nach Heidereichstein

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07640.jpg Ansichten: 92 Größe: 1,44 MB ID: 3269473 Ortszentrum Heidenreichstein

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07645.jpg Ansichten: 91 Größe: 1,14 MB ID: 3269472
    Farne im Naturpark Heidenreichsteiner Moor

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07658.jpg Ansichten: 105 Größe: 1,89 MB ID: 3269478 Moorbecken zum Durchgehen

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07672.jpg Ansichten: 4 Größe: 2,46 MB ID: 3269885Der größte Wackelstein im Naturpark Heidenreichstein

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07673.jpg Ansichten: 108 Größe: 3,03 MB ID: 3269483
    Andere Perspektive

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07679.jpg Ansichten: 108 Größe: 645,3 KB ID: 3269476 An diesem Ort hätte ich Stunden verbringen können

    Selbst die späteren Stunden von Tag 3 waren sehr angenehm, was an der eher steigungslosen Strecke lag und an der Abgelegenheit des Weges bzw. der Stimmung, die dieser versprühte. Das Licht brach sich in den Kronen der hohen Nadelbäume auf meinem Weg nach Litschau, wo ich plante einzukehren und danach noch ein oder zwei Stunden weiterzufahren. In Litschau bekam ich zwar wieder nicht meine Mohnnudeln, aber immerhin auch sehr typischen Waldviertler Karpfen. Im Restaurant überprüfte ich die Wetterapp und sah, dass sich eine Gewitterfront Litschau näherte und auch über den Landstrich streifen würde, in dem ich mein Zelt aufschlagen würde, also zwischen Litschau und Dobersberg.

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07686.jpg Ansichten: 105 Größe: 2,09 MB ID: 3269480 Schöne Lichtverhältnisse am Weg nach Litschau

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07688.jpg Ansichten: 110 Größe: 2,67 MB ID: 3269484Gleise der Waldviertel-Schmalspurbahn entlang der Landstraße Richtung Litschau

    Kurz vor Litschau

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07696.jpg Ansichten: 106 Größe: 1,62 MB ID: 3269489 Burg Litschau

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07697.jpg Ansichten: 109 Größe: 1,93 MB ID: 3269488Litschau Ortszentrum

    So kam es dann auch und punktgenau um die Uhrzeit, für die es die Wetterapp vorhergesagt hatte, befand ich mich plötzlich im Epizentrum genau dieser Gewitterfront, die von Südwesten kommend nach Nordosten über mich hinweg zog. Es blitzte und donnerte im Sekundentakt und meine größte Sorge war, dass der heftige Wind, der schon mein Fahrrad umgestoßen hatte, einen Ast abbrechen könnte der dann auf mein Zelt fallen würde, das ich am Rand einer ziemlich alten Allee in Radschin platziert hatte. Etwas nervös verfolgte ich in Echtzeit die grafische Darstellung des Gewitters in der Wetterapp und konnte erkennen, dass es in etwa 10 Minuten vorbei sein würde. Aus meiner Kamera und meinem Schlafsack bastelte ich mir eine Art Polster und saß die ganze Situation aus.

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Screenshot_20240710-213943_Weather&Radar.png Ansichten: 105 Größe: 662,3 KB ID: 3269516
    Rosige Aussichten

    Als sich der starke Regen und das Gewitter verzogen hatten, blieb irgendwie ein mulmiges Gefühl. Zwar hatte mir die Landschaft an der Nordgrenze Österreichs, durch die ich die Stunde vor dem Zeltaufschlagen geradelt war, gut gefallen. Sie rief bei mir in Gedanken sogar die Assoziation des Wortes „paradiesisch“ hervor. Aber sie war spätestens seit der eintretenden Dämmerung auch verdammt einsam und hatte etwas ausgestorbenes, morbides an sich. Die restlichen Regentropfen prasselten in der Nacht von den Bäumen auf mein Zelt, ich hörte kleines Getier an der Zeltwand herumschnüffeln und irgendwann mitten im Schlaf rissen mich die bellendenden Laute schreckender Rehe aus dem Schlaf. Unter diesen Umständen war nur ein mickriger und seichter Schlaf möglich. Ich war froh als ich diesen Ort in der Früh verlassen und ich mich wieder näher Richtung Zivilisation bewegen konnte.


    Tag 4

    Es war frisch geworden nach dem ganzen Regen also musste erstmalig die Regenjacke herhalten. Noch etwas steif vom seichten Halbschaf rollte ich bis zum Lokalen Adeg-Supermarkt in Kautzen und setzte mich dort mit üppigem Frühstück auf eine Jausenbank um die notwenigen Kalorien für den Tag reinzubekommen. Das Tagesziel für heute war „zumindest Horn“ oder doch gleich Krems. An diesem Tag führte mich der Radweg an einige hübsche Orte an dem Fluss Thaya, von denen mir vor allem Raabs an der Thaya und Karlstein in Erinnerung geblieben sind.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07701.jpg Ansichten: 108 Größe: 784,9 KB ID: 3269487Der Blick Richtung tschechische Grenze, wo Stunden zuvor das Gewitter tobte

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07708.jpg Ansichten: 109 Größe: 2,61 MB ID: 3269496Mein in in Jahre gekommenes Zelt hat überraschender Weise dichtgehalten

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07709.jpg Ansichten: 111 Größe: 2,00 MB ID: 3269494In dieser schönen, alten Allee abseits der Straße lag diese Nacht mein Lager

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07717.jpg Ansichten: 108 Größe: 979,2 KB ID: 3269491Morgenstimmung vor Kautzen

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07728.jpg Ansichten: 106 Größe: 1,33 MB ID: 3269492Burg Karlstein

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07730.jpg Ansichten: 106 Größe: 1,93 MB ID: 3269495Thaya in Karlstein

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07733.jpg Ansichten: 107 Größe: 1,96 MB ID: 3269500Dorfromantik 2.0 am Weg nach Raabs

    In Raabs verbrachte ich zur Mittagszeit eine Pause bei sengender Hitze. Mein Fahrrad parkte ich im Schatten der örtlichen Kirche, deren innere und äußere Optik voll und ganz den besonderen, etwas verstaubten „Charme“ des ländlichen Katholizismus in Österreich versprüht. Vorbei an der örtlichen Burg wandelte ich in das Zentrum wo ich, nach einem kurzen ekelhaften Fund in meinem Schuh (ich trug seit der früh eine nun schon komplett malträtierte und in Gelb- und Orangetönen ausschleimende Nacktschnecke in meinem Schuh mit, die wohl in der Nacht in meinen Schuh gelangt war) endlich(!) meine Mohnnudeln bekam (welche leider eine gewisse optische Ähnlichkeit zu der schwarzen, nun toten Nacktschnecke aus meinem Schuh besaßen), die hervorragend schmeckten.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07736.jpg Ansichten: 106 Größe: 1,30 MB ID: 3269498 Bei der Einfahrt nach Raabs

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07740.jpg Ansichten: 105 Größe: 1,75 MB ID: 3269499 Soldatendenkmal

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07744.jpg Ansichten: 105 Größe: 785,5 KB ID: 3269497Im Inneren der Kirche in Raabs

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07752.jpg Ansichten: 109 Größe: 1,92 MB ID: 3269501Interessantes Relief

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07757.jpg Ansichten: 106 Größe: 1,17 MB ID: 3269503Der ungebetene Gast in meinem Schuh

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07753.jpg Ansichten: 107 Größe: 1,92 MB ID: 3269502Burg Raabs

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07758.jpg Ansichten: 107 Größe: 1,90 MB ID: 3269505Ortszentrum Raabs an der Thaya

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07771.jpg Ansichten: 107 Größe: 942,7 KB ID: 3269506Nichts geht über Mohnnudeln

    Auf Raabs folgte ein in sportlicher Hinsicht recht erfolgreicher Abschnitt bis Irnfritz, wo ich schnell viele Kilometer sammeln konnte. Nach Irnfritz kam ich bald zum Taffatal bei Messern, bei dem ich mich gefühlt ewig nur bergabrollen habe lassen müssen (so wie übrigens auch schon im Grötschenbachtal vor Rapottenstein). Bald war ich auch schon in Horn, wo ich bei noch immer sengender Hitze eine Rast samt einem zweiten Mittagessen in der Piaristenpassage einlegte. Mit einem Einheimischen sprach ich über die scheinbar „üblichen“ Probleme des Alltags im Waldviertel, also die Grünen, Elektroautos und die Coronakrise der letzten Jahre. Außerdem soll Gottfried Waldhäusl eine sehr hübsche junge Freundin haben. Um diesen Waldviertel-Gossip reicher machte ich mich wieder auf, um eventuell doch noch heute die Tour zu beenden und Krems zu erreichen.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07772.jpg Ansichten: 107 Größe: 2,39 MB ID: 3269512Im Taffatal

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07780.jpg Ansichten: 106 Größe: 1,13 MB ID: 3269507Vor Frauenhofen

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07783.jpg Ansichten: 104 Größe: 1,27 MB ID: 3269509Ortszentrum Horn

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07788.jpg Ansichten: 101 Größe: 1,60 MB ID: 3269510Die Steigung bei Rosenburg kostete einiges an Kraft und Nerven

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07792.jpg Ansichten: 106 Größe: 1,21 MB ID: 3269513Spielerein mit der Kamera lenkten mich von der öd werdenden Strecke ab

    Wieder folgten einige beschissene Bergaufs und Bergabs und ich sah meine Pläne schwinden. Ich wusste, dass ich Krems nicht erreichen würde, maximal Gföhl. Eine kurze Recherche auf der Höhe von Gars am Kamp ergab, dass Gföhl kein einziges(!) Hotel oder Hostel besitzt. Ich musste woanders zwischen Gars und Gföhl nach Quartieren suchen und rief bei ein paar Adressen an. Eine Übernachtung im Zelt kam nicht in Frage da ich nach dieser miesen Nacht ordentliche Erholung brauchte. Außer einem demotiviert dahinmurmelndem Gasthofbesitzer konnte ich niemanden erreichen, also entschied ich mich für ein Hostel in Gars am Kamp, das zwar nicht am Waldviertelradweg lag, aber eine der schönsten Städte des Waldviertels sein sollte.

    15 Minuten später war ich auch schon dort, denn vom Radweg bis nach Gars ging es durchgehend bergab. Vor Ort folgten weitere 20 Minuten Wartezeit, weil eine etwas betagtere bundesdeutsche „Hannelore“ den Self-Check-In des Hostels nicht so ganz verstehen wollte und den Automaten blockierte. Die 20 Minuten waren auch schon wurscht. Nicht wurscht war die fehlende Klimaanlage des Hostels. So schmorte ich in Gars einige Stunden im eigenen Saft dahin, ehe es Dunkel wurde und ich mit meinen angeschwitzten „Gigolohemd“ wieder die Gassen der Stadt betrat, um den Ort etwas zu erkunden. Zufällig fand an diesem Abend die Generalprobe einer Oper in der Burg Gars statt, zu der ich mir spontan Zutritt verschaffen wollte. Keine Chance, eine Angestellte fing mich gleich beim Eingang ab und meinte, es sei nicht mehr möglich Karten zu erwerben.

    Etwas angefressen wartete ich die Aufführung mit einem Buch in der Hand („Der Fall Collini“ – schlechtes Buch übrigens) in einem Restaurant ab. Als ich nach Hause gehen wollte, hörte ich gerade von der Burg her den Applaus, also ging ich doch noch hin und erhaschte zumindest einen Blick auf das Innere der Burg. Danach grinste ich der Angestellten von vorhin beim Hinausgehen frech zu, damit bei ihr der Eindruck entstand, ich wäre die ganze Vorstellung über doch in der Burg gewesen. Was für ein Geniestreich.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07806.jpg Ansichten: 106 Größe: 1,20 MB ID: 3269508Vom Bühnenbild war nach der Aufführung nicht mehr viel zu sehen


    Tag 5

    An Tag 5 reichte es mir langsam schon. Ich schwitze wieder mal wie ein Schwein und hatte teilweise schwer erträgliche Schmerzen am Sitzfleisch. Bis Gföhl gab es einige mühsame Bergaufpassagen. Ab Gföhl ging es eigentlich nur mehr bergab und dies durch das sehr schöne Kremstal, in dem vor allem Senftenberg für mich mit einer besonderen Atmosphäre glänzte. Bis Krems war es nicht mehr weit und am früheren Nachmittag erreichte ich wieder den Ausgangspunkt der Tour, den Schutzdamm an der Donau.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSC07807.jpg Ansichten: 107 Größe: 1,25 MB ID: 3269511Mein Backofen-Hostel in Gars

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20240712_142129.jpg Ansichten: 115 Größe: 2,09 MB ID: 3269429Ab Senftenberg bekamen einige Gebäude wieder die gewisse Lieblichkeit der Wachau

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20240712_141505.jpg Ansichten: 104 Größe: 1,21 MB ID: 3269430Frühgotische Kirche in Imbach

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20240712_143642.jpg Ansichten: 102 Größe: 1,21 MB ID: 3269431Ende des Waldviertelradwegs

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20240712_144645.jpg Ansichten: 102 Größe: 1,64 MB ID: 3269434Zurück am Donauufer hatte ich meine rund 370 Kilometer lange Runde komplettiert


    Fazit

    Die Tour hat eine angenehme Länge und deckt meines Erachtens alle relevanten Orte ab, die man im Waldviertel gesehen haben sollte. Ausufernde Planungen sind für diese Tour nicht erforderlich, weil sie aus vorgefertigten Radwegen besteht. Wer also aus welchen Gründen auch immer Gefallen am Waldviertel findet und auch die nötige Geduld für einige Steigungen auf der Strecke mitbringt, kann dieser Tour jedenfalls eine Chance geben.

    Für mich selbst habe ich gelernt, wie ich für mich persönlich am besten die Sonnenschutzfrage auf dem Fahrrad löse, dass es besser ist, die Kochutensilien auf das äußerste Minimum zu reduzieren, wie ich das bei Wandertouren zuvor auch schon immer gemacht habe und dass es sich sehr Wohl auch auf dem Rad auszahlt, jedes sinnlose Gramm an Gewicht einzusparen, da ich es bei jeder Bergauffahrt deutlich zu spüren bekam. Wie ich das Problem des plattgesessenen Hinterteils lösen werde, steht noch in den Sternen.


    Anhang


    Link zum Waldviertelradweg:
    https://www.waldviertel.at/a-waldviertel-radweg

    Link zum Donauradweg:
    https://www.donauregion.at/radfahren...nauradweg.html
    Angehängte Dateien
    Zuletzt geändert von Landstreicher666; 18.07.2024, 22:32. Grund: waldviertel

  • agricolina
    Erfahren
    • 05.05.2016
    • 291
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    Sehr schön! Danke für den Bericht.
    Und danke für ein Kopfkinobild für die Ewigkeit, sollte ich je mal Mohnnudeln essen, werde ich immer an deine Socken denken…

    Kommentar


    • blauloke

      Lebt im Forum
      • 22.08.2008
      • 9131
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      Danke für den Bericht aus einer sonst wenig beschriebenen Ecke.
      Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

      Kommentar


      • lina
        Freak

        Vorstand
        Liebt das Forum
        • 12.07.2008
        • 44441
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        Ebenfalls vielen Dank! Zu Fuß kann ich das Waldviertel übrigens auch empfehlen, da fallen die Hügel nicht so sehr auf Allein diese idyllische Pausenhütte oberhalb der Thaya am Graselweg … im Schutzhüttenverzeichnis ist sie drin :-)

        Kommentar


        • Christian J.
          Lebt im Forum
          • 01.06.2002
          • 9408
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          Danke für Deinen lustigen Bericht! Die Gegend kommt auf meine Liste.
          Und mit Nacktschnecken hatte ich auf meiner Dänemarktour auch zu kämpfen.
          "Er hat die Finsternis der Latrinen ertragen, weil in der Scheiße nach Mitternacht sich manchmal die Sterne spiegelten"
          Durs Grünbein über den Menschen

          Kommentar


          • faule socke
            Fuchs
            • 27.04.2004
            • 1097

            • Meine Reisen

            #6
            Danke schön! Bin leider schon ewig nicht mehr in der Gegend gewesen.

            Kommentar


            • Sternenstaub
              Alter Hase
              • 14.03.2012
              • 3769
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              ja, das Waldviertel ist schon etwas besonderes, bin vor Jahren mal von Waidhofen an der Thaya bis nach Tschechien und weiter hinein gewandert, das war schon etwas besonderes. Muss mal schauen, wo ich die Fotos habe. Danke für den Bericht, hat mir einige nette Erinnerungen gebracht.
              Two roads diverged in a wood, and I—
              I took the one less traveled by,
              And that has made all the difference (Robert Frost)

              Kommentar


              • Spartaner
                Lebt im Forum
                • 24.01.2011
                • 5305
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                Zitat von Landstreicher666 Beitrag anzeigen
                Ich schwitze wieder mal wie ein Schwein und hatte teilweise schwer erträgliche Schmerzen am Sitzfleisch.​
                Da lag mir natürlich gleich die Frage auf der Zunge, wie du das nun lösen möchtest für deine Sommertour zum Schwarzen Meer, wo die Strecke viel länger und die Temperaturen viel höher sein werden.

                Schade, dass du da noch nicht weiter bist:
                Zitat von Landstreicher666 Beitrag anzeigen
                Wie ich das Problem des plattgesessenen Hinterteils lösen werde, steht noch in den Sternen.​
                Ich jedenfalls mache gar keine Radtouren wegen genau denselben Problemen bei dem ewigen Sitzen im Fahrradsattel und wäre an Lösungen interessiert.

                Kommentar

                Lädt...
                X