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Heute und in den nächsten Tagen möchte ich einen für mich eher ungewöhnlich Reisebericht schreiben (Mountainbike satt Trekking). Vor einigen Jahren wollten meine Eltern den Westweg von Pforzheim durch den Nordschwarzwald und den Südschwarzwald bis an die Schweizer Grenze nach Basel gegen zu diesem Zeitpunkt habe ich zum ersten Mal vom Westweg gehört. Nachdem meine Eltern die Wanderung abgeschlossen und Bilder gezeigt hatten kam bei mir die Idee auf den Westweg nicht per Pedes sondern mit dem Fahrrad zu bestreiten. Meine Eltern sagten mir gleich, dass das nicht möglich sei. Die Wege seien viel zu schwierig und man müsse das Fahrrad über große Strecken tragen. Damit war die Idee leider schon begraben. Dann, Anfang diesen Jahres, kam der alte Gedanke des Westwegs mit dem Mountainbike wieder auf. Im Internet fand ich nicht allzuviel Informationen dazu jedoch auf einschlägigen Videoplattformen mehr oder weniger ausführliche gut bebilderte Zusammenfassung von Erfahrungen anderer Mountainbiker. Ich muss hier feststellen dass meine Eltern ja keine Ahnung davon haben, was man mit dem MTB fahren kann und was nicht ☺️. So ging es an die Planung und ich konnte ein GPS Track zusammenstellen, der mit ein paar wenigen Ausnahmen komplett auf dem Original Westweg-Wanderweg verlief. Für die gesamte Tour habe ich 4 Tage eingeplant inklusive An- und Abreise was sich aber aufgrund der räumlichen Nähe als nicht allzu schwierig gestaltet hat. Übernachten wollte ich in Pensionen. Nun aber genug der Vorrede und ab aufs Rad!
Tag 1: 72,4 km – 1440 hm rauf – 1290 hm runter – ca. 400 m Tragestrecke
Der erste Tag beginnt sehr früh mit einem ausführlichen Müsli und knapp 10 km „Einfahren“ bis zum Heidelberger HBF. Nach gut 2 Stunden spuckt mich der Tug in Pforzheim bei tiefhängenden Wolken wieder aus. Hauptsache trocken. Eben schnell das Fahrradnavi einschalten und los geht’s – dachte ich. Leider habe ich aber nur den gesamten Track gespeichert, sodass es mehrere Minuten dauert bis die Strecke geladen ist… das kann ja noch lustig werden. Nach einer kurzen Fahrt durch den Berufsverkehr komme ich schließlich am offiziellen Start des Westwegs an. Die goldene Pforte präsentiert sich mit einer stilisierten Darstellung des Westwegs auf dem Boden ganz im Sinne der Goldstadt Pforzheim.
Goldene Pforte
Caption
Ich mache die obligatorischen Bilder und und fahre weiter. Nach ganzen zwei Metern gestehe ich mir ein, dass fahren auf dem feuchten, steilen Weg mit hohen Stufen nicht möglich ist. Also absteigen und schieben. Sofort schießt mir die Aussage meiner Eltern durch den Kopf, dass der Westweg mit dem Mountainbike keine gute Idee sei. Hilft ja alles nichts und nach vielleicht 100 m Fahre ich die ersten Meter mit dem MTB auf dem Westweg… jetzt geht’s richtig los.
Der Weg führt anfänglich über kurze, Trails auf und ab, bis es schließlich eine lange Treppeppeppe runter nach Pforzheim geht. Die letzten Stufen steige ich lieber ab, um unten nicht direkt auf die Straße zu fahren. Nach insgesamt ca. 7 km kommt man an die Stelle an der sich die Wegführung teilt. Ich entscheide mich für den Weg unten am Fluss entlang und würde das auch wieder so machen. Der Fahrweg wandelt sich irgendwann in einen schönen, später zugewachsenen Trail, der aber definitiv Laune macht. Das Stift Neuenbürg finde ich nicht so spannend, vielmehr interessiert mich ein unschönes Geräusch am Hinterrad, das ich zum ersten Mal an der steilen Rampe hoch zum Stift höre. Ich sehe keinen offensichtlichen Defekt und da das Geräusch kurzdaruf wieder verschwindet, hoffe ich einfach auf eine pannenfreie Weiterfahrt.
Nach 28 km erreiche ich Dobel, das erste reguläre Etappenziel für alle Westweg-Wanderer.
Sonnentor Dobel
Für mich geht es direkt weiter durch das Tor im Kurgarten. Ab hier kommt richtiges Schwarzwaldfeeling auf. Ortschaften und geteerte Straßen werden gemieden und es bietet sich zahlreiche schöne Ausblicke.
Nach knapp 42 km entscheide ich mich entgegen der Ratschläge aus diversen Foren an der Kreuzlehütte dem offiziellen Weg zu folgen und begebe mich auf die schnelle aber nicht sonderlich reizvolle Abfahrt Richtung Kaltenbronn. Unten angekommen führt der Weg einige Meter an der Straße entlang, um dann sehr steil 110 Hm zu überwinden. Ich brauche alle Kraft und eine kurze Pause um den Anstieg fahrend zu meistern. Oben angekommen bietet sich ein grandioser Blick über das Hochmoor. Die Wolken und gesunkenen Temperaturen passen zur Atmosphäre.
Um nicht den ganzen Tag auf dem Rad zu sitzen stelle ich selbiges am Hohlohturm ab und gönne mir Abwechslung durch Trepensteigen. Ein Muss für jeden Wanderer oder Radfahrer. Es bietet sich hier oben einwunderbares 360 Grad Panorama – inkl. Regenfront. Also schnell wieder runter Richtung „Trail des Tages“.
Vorbei am Latschigfelsen geht einen S1/S2 Trail 3 km und 450 Hm runter ins Tal. Obwohl es schon oben begonnen hat wie aus Kübeln zu schütten, ist der Trail noch sehr gut fahrbar. Der dichte Wald hält noch viel Regen zurück, gut für mich und den Fahrspaß.
Nach einem kurzen Gegenhang folgt die finale Abfahrt nach Forbach.
Einmal kurz verfahren und den Berg wieder hoch gestrampelt, entschließe ich mich kurzerhand das schlechte Wetter im lokalen Dönerladen auszusitzen. Fahrrad abstellen, anschließen und Navi pausieren.
Ich gönne mir eine Pause und sammle Kraft für den langen Anstieg (über 700 Hm) zur Badener Höhe der nun auf mich wartet. Irgendwann hat der Regen aufgehört, nichts wie raus aufs Rad und weiter. Für diesen Anstieg habe ich mich entschieden, vom regulären Wegverlauf abzuweichen und den Fahrweg bis zur Schwarzenbach-Talsperre und dann weiter bis kurz unterhalb des Seekopfes zu nehmen. Der Wanderweg soll hier nicht fahrbar sein. Irgendwie habe ich das Gefühl meine sportlergerechte Mittagspause mit Yufka und Cola zieht mich den Berg runter. Der Anstieg zieht sich gefühlt ewig in die Länge und ich bin heil froh als ich endlich an der Schwarzbach-Talsperre ankomme.
Oh nein! Vor lauter Motivation habe ich vergessen die GPS Aufzeichnung wieder zu starten. Es fehlen somit einige hundert Hm und Kilometer in der Tagesbilanz. Mein Bruder kommentiert das später mit „naja, was nicht aufgezeichnet ist, bist auch nicht gefahren“. Es geht erst einmal flach um den See, bevor ich rechts abbiege und dem Seebach immer weiter folge. Auf 940 m steige ich schwer schnaufend – der Weg ist zum Teil kaum fahrbar da so steil – ab und mache mich erst mein MTB schiebend, dann tragend, auf dem Wanderweg auf zum Seekopf (1002 m). Schöne Aussicht, schöner Trail zur Badener Höhe. Auch hier heißt es für mich „Turmbesichtigung“, und wieder lohnt es sich. Der Blick reicht bis zur Hornisgrinde, dem ersten Zwischenzeit für den morgigen Tag.
Für heute habe ich es fast geschafft. Ich fliege geradezu über die Waldautobahn bis Sand und weiter bis zum Hundseck. Vom Hundseck ist es ein Katzensprung zur Edelfuchs Lodge. Auf den letzten Metern zur Nächtigungsstätte lege ich mich noch fast der Länge nach auf den Trail, dann ist es geschafft. Ich kann mein Rad in den Waschkeller stellen und darf sogar kostenlos die Sauna inkl. Saunatücher und Bademantel benutzen. Ein Abschluss wie er gelungener nicht sein kann. Das Abendessen und mein kleines Zimmer sind absolut in Ordnung und so lese ich noch ein paar Seiten bevor ich einschlafe.