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Pfingsten stand wieder einmal eine Solo-Paddeltour auf dem Plan. Ich überlegte hin und her, wohin es denn gehen könnte. Kurz vor Pfingsten würde das 9€-Ticket Wirklichkeit werden, mit dem man den Nah- und Regionalverkehr in ganz Deutschland einen Monat lang nutzen kann. Das sollte natürlich genutzt werden, denn es passt so wunderbar zu dem, was mein Chef mir zahlt. Damit hilft es mir sehr, mich zu überwinden, das Auto stehen zu lassen, mit dem ich ansonsten meist billiger war als die Bahn.
Und natürlich soll es wie immer auch eine Expeditions-Simulation werden. Touren mit Anreise in öffentlichen Verkehrsmitteln entsprechen am ehesten Expeditionsbedingungen bei Reisen in ferne Länder. Und so stürze ich mich das vierte Mal in dieses Abenteuer. Diesmal wird es um einiges komplizierter werden als bei meinem ersten, zweiten und dritten Versuch, ÖPNV solo zu meistern. Ich muss schon auf der Hinfahrt mindestens 2x umsteigen, tatsächlich werden es 3x (Hinfahrt) und 7x (Rückfahrt).
Verschärft werden die an sich schon extremen Rahmenbedingungen bei Fahrten mit Faltbootgepäck in öffentlichen Verkehrsmitteln dadurch, dass Pfingsten 2022 das allererste und dazu noch verlängerte Wochenende mit dem 9€-Ticket werden wird. Niemand kann ahnen, wie extrem die Züge diesmal ausgelastet sein werden. Man erwartet besonders in den Zügen von Berlin an die Nord- und Ostsee einen Massenansturm. Es wird empfohlen, auf die Mitnahme eines Fahrrads zu verzichten. Schon ohne 9€-Ticket kommen Radfahrer zu und von beliebten Ausflugszielen manchmal nicht mehr in den Zug (1, 2).
Für einen Mann mit Faltbootgepäck würde das wohl ähnlich gelten, zumal die Gepäckbestimmungen der Deutschen Bahn bei buchstabengetreuer Auslegung eine Faltbootmitnahme eigentlich gar nicht mehr zulassen. Dass es normalerweise dennoch geht, ist wohl nur einer gewissen Kulanz zuzuschreiben. Immerhin gibt es eine etwa 100-jährige Tradition des Faltboottransportes in der Bahn. Früher hat man dafür ein oder zwei Fahrradkarten gelöst, heute ist es im Allgemeinen kostenlos.
Das Ziel liegt diesmal also nicht wie sonst oft in Polen, sondern in Deutschland. Zunächst überlege ich die Neiße ab Zittau (3h 32min, 2 Umstiege), schau auch mal, ob man in angemessener Zeit den Regen in Bayern erreichen könnte (“Bayerisch Kanada”, Regen 13h 24min, 6 Umstiege, unmenschliche Zeiten). Auch Saale (Jena 4h 46min, 3 Umstiege) oder Werra (Meiningen 6h 57min, 3 Umstiege) schau ich mir an. Schwierig, so richtig schön sind diese Flüsse eigentlich auch nicht. Streckenweise eingetieft, Ufer befestigt, eingedeicht, begradigt etc. Dann erinnere ich mich an die Recknitz. Die bin ich 2003 schon einmal mit Familie gefahren, ein auf großen Abschnitten recht naturnah wirkender Fluss in McPomm, ~30km östlich von Rostock.
Die Recknitz ist ~89km lang, entwässert eine Fläche von 669km² und mündet bei Ribnitz-Damgarten in den Saaler Bodden südlich des Darß.
Übersichtskarte:
(Ulamm, CC BY-SA 3.0)
1999 bis 2001 wurde ein in den 60er Jahren begradigter Abschnitt wieder remäandriert. Dieser Abschnitt befindet sich genau da, wo in der Übersichtskarte südlich von Bad Sülze der Name Recknitz geschrieben steht (andere Übersichtskarte mit Markierung des betreffenden Abschnitts). Ausgehend von einer begradigten Länge von 5.8km wurde der alte Flusslauf über eine Länge von 11.1km weitgehend wiederhergestellt. Trotz der drastischen Baumaßnahmen sah das Ergebnis schon 2003 wieder ganz gut aus, also wie Natur. Und nun war ich gespannt, wie sich der Fluss seitdem verändert hat.
Die Anfahrt führt zunächst mit dem RE5 von Berlin nach Rostock, dann umsteigen in die RB11 nach Tessin. Die RB11 halte ich für unkritisch, da dort wohl keine Touristenmassen einsteigen werden. Der RE5 dagegen ist genau der, der bereits in den Warnungen vor Überlastung erwähnt wurde. Am Freitag Nachmittag beim Start ins Pfingstwochenende wurde er eine Stunde aufgehalten und ein Teil der Fahrgäste wurde von der Bundespolizei hinauskomplimentiert. Ich muss mich also auf das Schlimmste gefasst machen.
Meine Strategie dagegen: früh aufstehen und bereits in Südkreuz einsteigen. Der Zug durchquert Berlin von Süd nach Nord und hält allein 5 mal in Berlin: Lichterfelde Ost, Südkreuz, Potsdamer Platz, Hauptbahnhof, und Gesundbrunnen. In Südkreuz sollte man noch eine Chance haben, in den Zug zu gelangen, wenn nicht allzu viele Leute dieselbe Idee haben.
Erster Akt ist das Packen des Gepäcks, schon Tage vor der Abfahrt. Ich reise mit dem Ally Solo 13.7’. Das Boot habe ich vor drei Monaten gebraucht erworben. Eine Spritzdecke ist noch nicht montiert, die möchte ich erst noch schneidern.
Dieses kleine Boot passt easy in den stabilen Standardexpeditionspacksack von Ally und es bleibt noch viel Raum für zusätzliches Gepäck. In den packe ich das kleine Zelt, die NeoAir Xlite, den Schlafsack, eine Hängematte, das Tarp, das große Fotostativ, ein langes Seil, ein Kilogramm weiße Polyestergewebefolie, meinen Luftsitz und ein paar andere Kleinigkeiten. Damit kommt der Bootssack zusammen mit dem Bootswagen am Ende auf ein Gewicht von 35kg, mehr als bei der Pantanal-Tour, wo das Gewicht des Bootssackes als Fluggepäck auf 32kg begrenzt war.
Der Rest meines Gepäcks passt leider noch nicht in den wasserdichten 50L-Rucksack, den ich am Baikalsee dabei hatte. Hierfür reaktiviere ich einen uralten Vaude Skagen aus den frühen 90er Jahren mit einem Eigengewicht von 2.9kg und einem Volumen von ~90L. Der kommt am Ende auf 18kg.
Natürlich hätte man einiges von dem vielen Kram weglassen oder optimieren können. Aber ich habe mir bezüglich des Gewichtes nicht viel Zwang angetan, denn bei einer richtigen Expedition würden ja noch Unmengen Lebensmittel eingepackt werden müssen.
Σ53kg Gepäck probegepackt:
Berlin - Tessin - Recknitz
Pfingstsamstag, 4.6.2022, 🚂 280km, 🥾7km, 🛶14km
Wie oft, wenn ich solch gewaltigen Abenteuern entgegensehe, schlafe ich nur leicht und wache eine ½h eher auf, bevor der Wecker klingelt.
Das ist der Plan:
4:30 aufstehen
4:55 losgehen 1.2km
5:24 ab S5
5:38 an Ostkreuz S5
6:01 ab Ostkreuz S41
6:15 an Südkreuz S41
6:33 ab Südkreuz RE5, Bahn-Normalpreis ab 24.50€, ich fahre auf 9€-Ticket.
9:23 an Rostock RE5
10:02 ab Rostock RB11
10:34 an Tessin RB11
Ich gehe bei der Hinfahrt schon im Berliner Stadtverkehr immer ein Stück auf Nummer sicher, weiß ich doch noch gar nicht, wie sich meine Fuhre handhabt. Schon ¾5 verlasse ich das Haus und laufe 1¼km zum S-Bahnhof. Hierhin hätte ich auch einen Bus nehmen können, jedoch ist mir das Risiko zu hoch, schon hier zu scheitern. Weiß ich, ob mich der Fahrer hineinlässt?
Die Fuhre ist gut ausbalanciert, fährt sich wunderbar leicht, und fällt auch nicht auseinander. So bin ich bereits nach 13min am Bahnhof und sehe die Vorgängerbahn abfahren. Der Fahrstuhl funktioniert und ich stehe planmäßig auf dem ersten Bahnsteig heute.
Beim ersten Umstieg in Ostkreuz nehme ich die Rolltreppe. Das funktioniert super, es geht schneller als mit dem Fahrstuhl, und man kann die Fuhre auf den Treppen flach ablegen. 3min später geht die Fahrt weiter mit der S41, der Ringbahn bis zum Südkreuz. Diese Bahn ist schon ziemlich gut besetzt, hier stoßen die Party-Heimkehrer auf die Frühschichten des Prekariats. Zur Zeit liege ich 20min vor meinem Plan. Ich habe ja extra Sicherheiten zugeschlagen, falls mal eine Bahn ausfällt oder ich nicht in den Fahrstuhl hineinkomme.
Um 6 stehe ich dann bereits unten auf meinem Bahnsteig im Südkreuz, eine ½h vor der planmäßigen Abfahrt meines Zuges. Noch ist der Bahnsteig leer, füllt sich aber im Laufe der Zeit:
Dahinten stehen schon ein paar Fahrräder, meine ärgsten Konkurrenten heute:
Die drei jungen Männer kennen sich aus, wissen, wo das Fahrradabteil zu erwarten ist, und haben ebenfalls einen Plan voller Vorsicht ausgearbeitet. Auch sie sind extra von Mitte nach Südkreuz geradelt, um hier einzusteigen. Auch sie wollen mit dem RE5 nach Rostock fahren und von da aus mit dem Fahrrad in 3 Tagen zurück nach Berlin. Auf dem Rückweg am Pfingstmontag Abend noch in eine Regionalbahn zu gelangen, damit rechnen sie nicht.
Noch haben wir eine ¼h bis zur Abfahrt des Zuges. Und der Bahnsteig füllt sich weiter. Ein Reuters-Fotoreporter flitzt hin und her und schießt Fotos aus allen mögliche Positionen.
Der Zug fährt ein und alle Fahrräder stürzen zum Fahrradabteil. Das ist bisher noch leer, der Platz scheint für alle zu reichen, und so legt sich die anfängliche Hektik schnell. Die Fahrradfahrer sichern ihre Räder gegen Umfallen und verschwinden auf der oberen Etage, wo die Sitze bequemer sind. Ein junger Mann rutscht mit seinem Fahrrad zwei Sitze weiter, so dass ich meine Fuhre an eine senkrechte Haltestange stellen kann. Ein Spanngurt schützt gegen Umfallen. So verbraucht sie am wenigsten Platz. Mein Rucksack kommt auf den Sitz, der vom Faltboot sowieso blockiert ist, und daneben kann ich sitzen:
Auf den beiden Fotos sieht es recht leer aus, aber das täuscht, die meisten Fahrräder stehen auf der anderen Seite in 3er- und 4er-Reihe.
Der Zug setzt sich ganz fahrplangemäß in Bewegung. Die größte Hürde scheint geschafft. Aber jetzt nicht zu früh freuen, erst mal bitte raus aus Berlin.
Am Bahnhof Potsdamer Platz möchte niemand weiter zusteigen. Ich dachte schon, oh mann, haben die etwa alle den Trick Südkreuz gewählt? Aber im Hauptbahnhof zeigt sich dann, dass doch noch eine Menge Leute zusteigen wollen. Bei uns passt noch ein einziges Fahrrad hinein, dann schließt der Schaffner die Tür. Etliche Fahrradfahrer eilen draußen von einem Fahrradabteil zum anderen, werden aber überall abgewiesen.
12 Fahrräder sind die offizielle Obergrenze für unser Fahrradabteil hier. 11 Fahrräder zähle ich, da wird der Schaffner wohl meine Fuhre mitgezählt haben. Das Fahrradabteil ist mit 12 Fahrrädern keinesfalls überfüllt, es würde mindestens die doppelte Anzahl hineinpassen. Aber heute werden die Vorschriften penibel eingehalten. Der Gang in der Mitte muss freibleiben.
Im Bahnhof Gesundbrunnen das gleiche Bild, Fahrradfahrer flitzen draußen umher, aber alle ohne Erfolg.
Ob hier noch normale Fahrgäste in den Zug gelangt sind, habe ich nicht beobachtet. Dazu war meine Aufmerksamkeit zu sehr auf die Fahrradfahrer fokussiert.
Am Ende sitzen sie jedenfalls überall auf den Gängen und Treppen. Geübte Bahnfahrer haben sich Sitzunterlagen mitgebracht. Nicht wenige stehen auch. Überblicken kann ich nur mein Fahrradabteil.
Auf eine Fahrkartenkontrolle verzichtet der Schaffner. Letztlich scheint nur der Mittelgang in unserem Fahrradabteil begehbar zu sein, alle anderen Gänge sind voll besetzt.
Das nahegelegene WC am Ende des Fahrradabteils ist defekt und eigentlich geschlossen. Die Tür sollte durch ein Absperrband abgeklebt sein, das aber gerissen ist. Im Laufe der Fahrt geht die Tür zum WC öfter von alleine auf und die danebenstehenden Fahrgäste schließen sie wieder regelmäßig. Von diesen haben wir übrigen den Bericht, dass dort in der Schüssel das “Wasser” steht und über die Kante schwappt. Die Belüftung ist im Zug immerhin so intensiv und so gerichtet, dass ich (unter der Maske) nichts davon rieche. Andere Fahrgäste versuchen dann ab und zu mal, zu einer anderen Toilette zu gelangen, geben aber immer schnell auf, weil in den Gängen kein Durchkommen ist. Da fehlt mir ehrlich gesagt das Verständnis, dass man dafür nicht mal kurz aufstehen und Platz machen kann.
Zum Glück habe ich schon seit heute früh “strategisch getrunken”, also eigentlich gar nichts. Jetzt nippe ich nur sehr sparsam an meiner Trinkflasche. Normalerweise ist meine erste Handlung des Tages, nach und nach 1¼ Liter Tee zu schlürfen.
Selbst Beine vertreten traue ich mich nicht so richtig angesichts all der Leute, die auf dem Fußboden sitzen oder stehen. Ich habe zwar überlegt, jemandem für ein paar Minuten den Sitzplatz anzubieten, es aber dann doch gelassen. Scheint nicht üblich zu sein in der Bahn.
Ob ich mich ans Bahnfahren gewöhnen kann? Wie viel einfacher ist doch das alles im Auto. Gepäck ohne jede Beschränkung einwerfen, abfahren, wann man möchte und fertig ist, keinerlei Zeitstress, jederzeit kurz anhalten, um sich an einen Baum zu stellen oder die Beine zu strecken.
So richtig fällt die Spannung auch während der Fahrt nicht von mir ab. In Kratzeburg kommt der Zug mit 3min Verspätung an. Vom Zug aus kann man bis zum Käbelicksee herunterschauen, der schön in der Morgensonne liegt. Vor 2 Monaten sind wir hier zur kühlen und windigen Osterferienpaddeltour durch die Mecklenburger Kleinseenplatte gestartet.
Eigentlich sollte der Halt in Kratzeburg nur 1min betragen, aber es zieht sich. Die Bahner starten mehrere Versuche, die Türen zu schließen, was nicht gelingt. Später sagt uns der Schaffner, dass da irgendein Vollhonk in der Tür stand und unbedingt weiterrauchen musste. Es scheint aber noch irgendeine technische Funktionsstörung dazuzukommen. Jedenfalls droht uns der Schaffner dann, die Bundespolizei zu holen. Die würde den Zug räumen und nur mit halber Besetzung weiterfahren lassen.
Immer wieder versuchen die Bahner, die Türen zu schließen. Ein Pärchen mit Fahrrädern und Übernachtungsgepäck, welches eigentlich erst in Waren an der Müritz aussteigen wollte, ändert seine Pläne und verlässt schon hier den Zug. Auch ein Drama, denn als der Mann mit seinem Rad draußen war, schlossen sich die Türen wieder und die Frau kam erst nicht raus.
Nach 40min vergeblicher Versuche werden die Türen dann wieder zum Ausstieg freigegeben und die Massen vertreten sich auf dem Bahnsteig die Füße. Natürlich kann jetzt auch massenhaft weitergeraucht werden. Die Frauen verschwinden in den Büschen am Rande des einsamen Bahnhofs. Wir warten auf die Bundespolizei.
Der Fotoreporter flitzt auch wieder auf dem Bahnsteig hin und her. Eines seiner Fotos wurde anschließend von der BZ veröffentlicht.
Hier darf ich natürlich nur mein eigenes Foto bringen:
Auf den Fotos kann man gut erkennen, dass ein großer Teil der Ostsee-Ausflügler solche sind, die man seit Stuttgart vor einem Jahr als “Partyszene” umschreibt.
Die Polizei kommt in einem VW-Bus mit Sirene angerast. Mit 2 (in Worten: Zwei) Polizisten an Bord. Mit der Minimalbesetzung wird der Zug natürlich nicht geräumt. Die Bahner gelangen endlich an die Schaltschränke und eine ¼h später können die Türen dann geschlossen werden.
“Erst nach 45 Minuten ging es weiter”, schreibt die BZ. Ich messe genau eine Stunde, aber was solls, ist halt Journalismus. Um meinen Anschlusszug mach ich mir keinen Kopf, der wird sowieso weg sein. Wann der nächste fährt, kann ich im Moment nicht feststellen. Ich bin erstmal froh, überhaupt weiter in Richtung Ziel zu kommen.
In Rostock kommen wir um 10:41 Uhr mit genau 1:18h Verspätung an. Der Zug leert sich, und ein paar Fahrstuhl-Runden später kann ich den Bahnsteig in Richtung Tunnel verlassen. Mein neuer Anschlusszug RB11 nach Tessin soll bereits 11:02 abfahren. Sehr gut, so verliere ich durch die Verspätung insgesamt nur eine Stunde.
Auch hier wird es natürlich wieder spannend für mich. Wie groß ist das Fahrradabteil? Wie ist es belegt? Der Zug kommt aus Wismar und hat 5min Verspätung. Ich rechne auf dieser Strecke nicht mit Touristenmassen. Die Strecke verbindet Rostock mit beliebten Vororten, wo die Stadtflüchter ihre Einfamilienhäuser bauen, oft junge Familien.
Und diese jungen Familien sind oft mit Kinderwagen unterwegs. “Mein” Fahrradabteil ist mit 4 Kinderwagen und einem alten Mann mit Rollator bereits gut belegt. Ich finde trotzdem noch einen Platz für meine Fuhre, kann sie aber hier nicht festschnallen und bleibe daneben stehen:
Die Schaffnerin achtet darauf, dass die Eingangsbereiche frei bleiben. Eine zusteigende Familie mit Kinderwagen wollte eigentlich schon dort bleiben, wurde aber ebenfalls in das Fahrradabteil verwiesen.
Später kann ich meinen Rucksack neben dem Rollator ablegen. Nachdem sich dann das Fahrradabteil in Sanitz geleert hat, sieht alles ganz entspannt aus:
Sogar das Klo funktioniert hier.
11:40, Ankunft in Tessin. Die Anreise mit der Bahn ist geschafft:
Jetzt gilt es nur noch, 1.3km zur Einsatzstelle zu karren (Map).
Das läuft wieder sehr leicht. Auf dem Weg liegt ein Penny-Supermarkt. In dem könnte ich mich jetzt noch mit Bier eindecken, aber ich verzichte. Ich wüsste gerade nicht, wohin ich das noch packen soll. Normalerweise, wenn man gerade keine Expedition simuliert, würde man erst hier die gesamten Lebensmittel für die Tour bunkern. Immerhin hat der Laden auch heute am Samstag bis 20:00 Uhr geöffnet.
Nach einer ¼h bin ich auf dem Wasserwanderrastplatz Tessin (Map). Hier unterbreche ich erst mal. Das große Abenteuer ist bestanden. Weiter geht es mit einer ganz normalen Paddeltour.
Pfingsten stand wieder einmal eine Solo-Paddeltour auf dem Plan. Ich überlegte hin und her, wohin es denn gehen könnte. Kurz vor Pfingsten würde das 9€-Ticket Wirklichkeit werden, mit dem man den Nah- und Regionalverkehr in ganz Deutschland einen Monat lang nutzen kann. Das sollte natürlich genutzt werden, denn es passt so wunderbar zu dem, was mein Chef mir zahlt. Damit hilft es mir sehr, mich zu überwinden, das Auto stehen zu lassen, mit dem ich ansonsten meist billiger war als die Bahn.
Und natürlich soll es wie immer auch eine Expeditions-Simulation werden. Touren mit Anreise in öffentlichen Verkehrsmitteln entsprechen am ehesten Expeditionsbedingungen bei Reisen in ferne Länder. Und so stürze ich mich das vierte Mal in dieses Abenteuer. Diesmal wird es um einiges komplizierter werden als bei meinem ersten, zweiten und dritten Versuch, ÖPNV solo zu meistern. Ich muss schon auf der Hinfahrt mindestens 2x umsteigen, tatsächlich werden es 3x (Hinfahrt) und 7x (Rückfahrt).
Verschärft werden die an sich schon extremen Rahmenbedingungen bei Fahrten mit Faltbootgepäck in öffentlichen Verkehrsmitteln dadurch, dass Pfingsten 2022 das allererste und dazu noch verlängerte Wochenende mit dem 9€-Ticket werden wird. Niemand kann ahnen, wie extrem die Züge diesmal ausgelastet sein werden. Man erwartet besonders in den Zügen von Berlin an die Nord- und Ostsee einen Massenansturm. Es wird empfohlen, auf die Mitnahme eines Fahrrads zu verzichten. Schon ohne 9€-Ticket kommen Radfahrer zu und von beliebten Ausflugszielen manchmal nicht mehr in den Zug (1, 2).
Für einen Mann mit Faltbootgepäck würde das wohl ähnlich gelten, zumal die Gepäckbestimmungen der Deutschen Bahn bei buchstabengetreuer Auslegung eine Faltbootmitnahme eigentlich gar nicht mehr zulassen. Dass es normalerweise dennoch geht, ist wohl nur einer gewissen Kulanz zuzuschreiben. Immerhin gibt es eine etwa 100-jährige Tradition des Faltboottransportes in der Bahn. Früher hat man dafür ein oder zwei Fahrradkarten gelöst, heute ist es im Allgemeinen kostenlos.
Das Ziel liegt diesmal also nicht wie sonst oft in Polen, sondern in Deutschland. Zunächst überlege ich die Neiße ab Zittau (3h 32min, 2 Umstiege), schau auch mal, ob man in angemessener Zeit den Regen in Bayern erreichen könnte (“Bayerisch Kanada”, Regen 13h 24min, 6 Umstiege, unmenschliche Zeiten). Auch Saale (Jena 4h 46min, 3 Umstiege) oder Werra (Meiningen 6h 57min, 3 Umstiege) schau ich mir an. Schwierig, so richtig schön sind diese Flüsse eigentlich auch nicht. Streckenweise eingetieft, Ufer befestigt, eingedeicht, begradigt etc. Dann erinnere ich mich an die Recknitz. Die bin ich 2003 schon einmal mit Familie gefahren, ein auf großen Abschnitten recht naturnah wirkender Fluss in McPomm, ~30km östlich von Rostock.
Die Recknitz ist ~89km lang, entwässert eine Fläche von 669km² und mündet bei Ribnitz-Damgarten in den Saaler Bodden südlich des Darß.
Übersichtskarte:
(Ulamm, CC BY-SA 3.0)
1999 bis 2001 wurde ein in den 60er Jahren begradigter Abschnitt wieder remäandriert. Dieser Abschnitt befindet sich genau da, wo in der Übersichtskarte südlich von Bad Sülze der Name Recknitz geschrieben steht (andere Übersichtskarte mit Markierung des betreffenden Abschnitts). Ausgehend von einer begradigten Länge von 5.8km wurde der alte Flusslauf über eine Länge von 11.1km weitgehend wiederhergestellt. Trotz der drastischen Baumaßnahmen sah das Ergebnis schon 2003 wieder ganz gut aus, also wie Natur. Und nun war ich gespannt, wie sich der Fluss seitdem verändert hat.
Die Anfahrt führt zunächst mit dem RE5 von Berlin nach Rostock, dann umsteigen in die RB11 nach Tessin. Die RB11 halte ich für unkritisch, da dort wohl keine Touristenmassen einsteigen werden. Der RE5 dagegen ist genau der, der bereits in den Warnungen vor Überlastung erwähnt wurde. Am Freitag Nachmittag beim Start ins Pfingstwochenende wurde er eine Stunde aufgehalten und ein Teil der Fahrgäste wurde von der Bundespolizei hinauskomplimentiert. Ich muss mich also auf das Schlimmste gefasst machen.
Meine Strategie dagegen: früh aufstehen und bereits in Südkreuz einsteigen. Der Zug durchquert Berlin von Süd nach Nord und hält allein 5 mal in Berlin: Lichterfelde Ost, Südkreuz, Potsdamer Platz, Hauptbahnhof, und Gesundbrunnen. In Südkreuz sollte man noch eine Chance haben, in den Zug zu gelangen, wenn nicht allzu viele Leute dieselbe Idee haben.
Erster Akt ist das Packen des Gepäcks, schon Tage vor der Abfahrt. Ich reise mit dem Ally Solo 13.7’. Das Boot habe ich vor drei Monaten gebraucht erworben. Eine Spritzdecke ist noch nicht montiert, die möchte ich erst noch schneidern.
Dieses kleine Boot passt easy in den stabilen Standardexpeditionspacksack von Ally und es bleibt noch viel Raum für zusätzliches Gepäck. In den packe ich das kleine Zelt, die NeoAir Xlite, den Schlafsack, eine Hängematte, das Tarp, das große Fotostativ, ein langes Seil, ein Kilogramm weiße Polyestergewebefolie, meinen Luftsitz und ein paar andere Kleinigkeiten. Damit kommt der Bootssack zusammen mit dem Bootswagen am Ende auf ein Gewicht von 35kg, mehr als bei der Pantanal-Tour, wo das Gewicht des Bootssackes als Fluggepäck auf 32kg begrenzt war.
Der Rest meines Gepäcks passt leider noch nicht in den wasserdichten 50L-Rucksack, den ich am Baikalsee dabei hatte. Hierfür reaktiviere ich einen uralten Vaude Skagen aus den frühen 90er Jahren mit einem Eigengewicht von 2.9kg und einem Volumen von ~90L. Der kommt am Ende auf 18kg.
Natürlich hätte man einiges von dem vielen Kram weglassen oder optimieren können. Aber ich habe mir bezüglich des Gewichtes nicht viel Zwang angetan, denn bei einer richtigen Expedition würden ja noch Unmengen Lebensmittel eingepackt werden müssen.
Σ53kg Gepäck probegepackt:
Berlin - Tessin - Recknitz
Pfingstsamstag, 4.6.2022, 🚂 280km, 🥾7km, 🛶14km
Wie oft, wenn ich solch gewaltigen Abenteuern entgegensehe, schlafe ich nur leicht und wache eine ½h eher auf, bevor der Wecker klingelt.
Das ist der Plan:
4:30 aufstehen
4:55 losgehen 1.2km
5:24 ab S5
5:38 an Ostkreuz S5
6:01 ab Ostkreuz S41
6:15 an Südkreuz S41
6:33 ab Südkreuz RE5, Bahn-Normalpreis ab 24.50€, ich fahre auf 9€-Ticket.
9:23 an Rostock RE5
10:02 ab Rostock RB11
10:34 an Tessin RB11
Ich gehe bei der Hinfahrt schon im Berliner Stadtverkehr immer ein Stück auf Nummer sicher, weiß ich doch noch gar nicht, wie sich meine Fuhre handhabt. Schon ¾5 verlasse ich das Haus und laufe 1¼km zum S-Bahnhof. Hierhin hätte ich auch einen Bus nehmen können, jedoch ist mir das Risiko zu hoch, schon hier zu scheitern. Weiß ich, ob mich der Fahrer hineinlässt?
Die Fuhre ist gut ausbalanciert, fährt sich wunderbar leicht, und fällt auch nicht auseinander. So bin ich bereits nach 13min am Bahnhof und sehe die Vorgängerbahn abfahren. Der Fahrstuhl funktioniert und ich stehe planmäßig auf dem ersten Bahnsteig heute.
Beim ersten Umstieg in Ostkreuz nehme ich die Rolltreppe. Das funktioniert super, es geht schneller als mit dem Fahrstuhl, und man kann die Fuhre auf den Treppen flach ablegen. 3min später geht die Fahrt weiter mit der S41, der Ringbahn bis zum Südkreuz. Diese Bahn ist schon ziemlich gut besetzt, hier stoßen die Party-Heimkehrer auf die Frühschichten des Prekariats. Zur Zeit liege ich 20min vor meinem Plan. Ich habe ja extra Sicherheiten zugeschlagen, falls mal eine Bahn ausfällt oder ich nicht in den Fahrstuhl hineinkomme.
Um 6 stehe ich dann bereits unten auf meinem Bahnsteig im Südkreuz, eine ½h vor der planmäßigen Abfahrt meines Zuges. Noch ist der Bahnsteig leer, füllt sich aber im Laufe der Zeit:
Dahinten stehen schon ein paar Fahrräder, meine ärgsten Konkurrenten heute:
Die drei jungen Männer kennen sich aus, wissen, wo das Fahrradabteil zu erwarten ist, und haben ebenfalls einen Plan voller Vorsicht ausgearbeitet. Auch sie sind extra von Mitte nach Südkreuz geradelt, um hier einzusteigen. Auch sie wollen mit dem RE5 nach Rostock fahren und von da aus mit dem Fahrrad in 3 Tagen zurück nach Berlin. Auf dem Rückweg am Pfingstmontag Abend noch in eine Regionalbahn zu gelangen, damit rechnen sie nicht.
Noch haben wir eine ¼h bis zur Abfahrt des Zuges. Und der Bahnsteig füllt sich weiter. Ein Reuters-Fotoreporter flitzt hin und her und schießt Fotos aus allen mögliche Positionen.
Der Zug fährt ein und alle Fahrräder stürzen zum Fahrradabteil. Das ist bisher noch leer, der Platz scheint für alle zu reichen, und so legt sich die anfängliche Hektik schnell. Die Fahrradfahrer sichern ihre Räder gegen Umfallen und verschwinden auf der oberen Etage, wo die Sitze bequemer sind. Ein junger Mann rutscht mit seinem Fahrrad zwei Sitze weiter, so dass ich meine Fuhre an eine senkrechte Haltestange stellen kann. Ein Spanngurt schützt gegen Umfallen. So verbraucht sie am wenigsten Platz. Mein Rucksack kommt auf den Sitz, der vom Faltboot sowieso blockiert ist, und daneben kann ich sitzen:
Auf den beiden Fotos sieht es recht leer aus, aber das täuscht, die meisten Fahrräder stehen auf der anderen Seite in 3er- und 4er-Reihe.
Der Zug setzt sich ganz fahrplangemäß in Bewegung. Die größte Hürde scheint geschafft. Aber jetzt nicht zu früh freuen, erst mal bitte raus aus Berlin.
Am Bahnhof Potsdamer Platz möchte niemand weiter zusteigen. Ich dachte schon, oh mann, haben die etwa alle den Trick Südkreuz gewählt? Aber im Hauptbahnhof zeigt sich dann, dass doch noch eine Menge Leute zusteigen wollen. Bei uns passt noch ein einziges Fahrrad hinein, dann schließt der Schaffner die Tür. Etliche Fahrradfahrer eilen draußen von einem Fahrradabteil zum anderen, werden aber überall abgewiesen.
12 Fahrräder sind die offizielle Obergrenze für unser Fahrradabteil hier. 11 Fahrräder zähle ich, da wird der Schaffner wohl meine Fuhre mitgezählt haben. Das Fahrradabteil ist mit 12 Fahrrädern keinesfalls überfüllt, es würde mindestens die doppelte Anzahl hineinpassen. Aber heute werden die Vorschriften penibel eingehalten. Der Gang in der Mitte muss freibleiben.
Im Bahnhof Gesundbrunnen das gleiche Bild, Fahrradfahrer flitzen draußen umher, aber alle ohne Erfolg.
Ob hier noch normale Fahrgäste in den Zug gelangt sind, habe ich nicht beobachtet. Dazu war meine Aufmerksamkeit zu sehr auf die Fahrradfahrer fokussiert.
Am Ende sitzen sie jedenfalls überall auf den Gängen und Treppen. Geübte Bahnfahrer haben sich Sitzunterlagen mitgebracht. Nicht wenige stehen auch. Überblicken kann ich nur mein Fahrradabteil.
Auf eine Fahrkartenkontrolle verzichtet der Schaffner. Letztlich scheint nur der Mittelgang in unserem Fahrradabteil begehbar zu sein, alle anderen Gänge sind voll besetzt.
Das nahegelegene WC am Ende des Fahrradabteils ist defekt und eigentlich geschlossen. Die Tür sollte durch ein Absperrband abgeklebt sein, das aber gerissen ist. Im Laufe der Fahrt geht die Tür zum WC öfter von alleine auf und die danebenstehenden Fahrgäste schließen sie wieder regelmäßig. Von diesen haben wir übrigen den Bericht, dass dort in der Schüssel das “Wasser” steht und über die Kante schwappt. Die Belüftung ist im Zug immerhin so intensiv und so gerichtet, dass ich (unter der Maske) nichts davon rieche. Andere Fahrgäste versuchen dann ab und zu mal, zu einer anderen Toilette zu gelangen, geben aber immer schnell auf, weil in den Gängen kein Durchkommen ist. Da fehlt mir ehrlich gesagt das Verständnis, dass man dafür nicht mal kurz aufstehen und Platz machen kann.
Zum Glück habe ich schon seit heute früh “strategisch getrunken”, also eigentlich gar nichts. Jetzt nippe ich nur sehr sparsam an meiner Trinkflasche. Normalerweise ist meine erste Handlung des Tages, nach und nach 1¼ Liter Tee zu schlürfen.
Selbst Beine vertreten traue ich mich nicht so richtig angesichts all der Leute, die auf dem Fußboden sitzen oder stehen. Ich habe zwar überlegt, jemandem für ein paar Minuten den Sitzplatz anzubieten, es aber dann doch gelassen. Scheint nicht üblich zu sein in der Bahn.
Ob ich mich ans Bahnfahren gewöhnen kann? Wie viel einfacher ist doch das alles im Auto. Gepäck ohne jede Beschränkung einwerfen, abfahren, wann man möchte und fertig ist, keinerlei Zeitstress, jederzeit kurz anhalten, um sich an einen Baum zu stellen oder die Beine zu strecken.
So richtig fällt die Spannung auch während der Fahrt nicht von mir ab. In Kratzeburg kommt der Zug mit 3min Verspätung an. Vom Zug aus kann man bis zum Käbelicksee herunterschauen, der schön in der Morgensonne liegt. Vor 2 Monaten sind wir hier zur kühlen und windigen Osterferienpaddeltour durch die Mecklenburger Kleinseenplatte gestartet.
Eigentlich sollte der Halt in Kratzeburg nur 1min betragen, aber es zieht sich. Die Bahner starten mehrere Versuche, die Türen zu schließen, was nicht gelingt. Später sagt uns der Schaffner, dass da irgendein Vollhonk in der Tür stand und unbedingt weiterrauchen musste. Es scheint aber noch irgendeine technische Funktionsstörung dazuzukommen. Jedenfalls droht uns der Schaffner dann, die Bundespolizei zu holen. Die würde den Zug räumen und nur mit halber Besetzung weiterfahren lassen.
Immer wieder versuchen die Bahner, die Türen zu schließen. Ein Pärchen mit Fahrrädern und Übernachtungsgepäck, welches eigentlich erst in Waren an der Müritz aussteigen wollte, ändert seine Pläne und verlässt schon hier den Zug. Auch ein Drama, denn als der Mann mit seinem Rad draußen war, schlossen sich die Türen wieder und die Frau kam erst nicht raus.
Nach 40min vergeblicher Versuche werden die Türen dann wieder zum Ausstieg freigegeben und die Massen vertreten sich auf dem Bahnsteig die Füße. Natürlich kann jetzt auch massenhaft weitergeraucht werden. Die Frauen verschwinden in den Büschen am Rande des einsamen Bahnhofs. Wir warten auf die Bundespolizei.
Der Fotoreporter flitzt auch wieder auf dem Bahnsteig hin und her. Eines seiner Fotos wurde anschließend von der BZ veröffentlicht.
Hier darf ich natürlich nur mein eigenes Foto bringen:
Auf den Fotos kann man gut erkennen, dass ein großer Teil der Ostsee-Ausflügler solche sind, die man seit Stuttgart vor einem Jahr als “Partyszene” umschreibt.
Die Polizei kommt in einem VW-Bus mit Sirene angerast. Mit 2 (in Worten: Zwei) Polizisten an Bord. Mit der Minimalbesetzung wird der Zug natürlich nicht geräumt. Die Bahner gelangen endlich an die Schaltschränke und eine ¼h später können die Türen dann geschlossen werden.
“Erst nach 45 Minuten ging es weiter”, schreibt die BZ. Ich messe genau eine Stunde, aber was solls, ist halt Journalismus. Um meinen Anschlusszug mach ich mir keinen Kopf, der wird sowieso weg sein. Wann der nächste fährt, kann ich im Moment nicht feststellen. Ich bin erstmal froh, überhaupt weiter in Richtung Ziel zu kommen.
In Rostock kommen wir um 10:41 Uhr mit genau 1:18h Verspätung an. Der Zug leert sich, und ein paar Fahrstuhl-Runden später kann ich den Bahnsteig in Richtung Tunnel verlassen. Mein neuer Anschlusszug RB11 nach Tessin soll bereits 11:02 abfahren. Sehr gut, so verliere ich durch die Verspätung insgesamt nur eine Stunde.
Auch hier wird es natürlich wieder spannend für mich. Wie groß ist das Fahrradabteil? Wie ist es belegt? Der Zug kommt aus Wismar und hat 5min Verspätung. Ich rechne auf dieser Strecke nicht mit Touristenmassen. Die Strecke verbindet Rostock mit beliebten Vororten, wo die Stadtflüchter ihre Einfamilienhäuser bauen, oft junge Familien.
Und diese jungen Familien sind oft mit Kinderwagen unterwegs. “Mein” Fahrradabteil ist mit 4 Kinderwagen und einem alten Mann mit Rollator bereits gut belegt. Ich finde trotzdem noch einen Platz für meine Fuhre, kann sie aber hier nicht festschnallen und bleibe daneben stehen:
Die Schaffnerin achtet darauf, dass die Eingangsbereiche frei bleiben. Eine zusteigende Familie mit Kinderwagen wollte eigentlich schon dort bleiben, wurde aber ebenfalls in das Fahrradabteil verwiesen.
Später kann ich meinen Rucksack neben dem Rollator ablegen. Nachdem sich dann das Fahrradabteil in Sanitz geleert hat, sieht alles ganz entspannt aus:
Sogar das Klo funktioniert hier.
11:40, Ankunft in Tessin. Die Anreise mit der Bahn ist geschafft:
Jetzt gilt es nur noch, 1.3km zur Einsatzstelle zu karren (Map).
Das läuft wieder sehr leicht. Auf dem Weg liegt ein Penny-Supermarkt. In dem könnte ich mich jetzt noch mit Bier eindecken, aber ich verzichte. Ich wüsste gerade nicht, wohin ich das noch packen soll. Normalerweise, wenn man gerade keine Expedition simuliert, würde man erst hier die gesamten Lebensmittel für die Tour bunkern. Immerhin hat der Laden auch heute am Samstag bis 20:00 Uhr geöffnet.
Nach einer ¼h bin ich auf dem Wasserwanderrastplatz Tessin (Map). Hier unterbreche ich erst mal. Das große Abenteuer ist bestanden. Weiter geht es mit einer ganz normalen Paddeltour.
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