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In der Woche, bevor meine Freundin und ich eine Ferienwohnung in Hauenstein (Pfalz) gemeinsam mit ihren Eltern gebucht hatten, hatten wir 6 zusätzliche Tage Urlaub. Da wir das (südlich von Hauenstein gelegene) Dahner Felsenland von der Ferienwohnung aus erkunden wollten, lag es nahe, vorher aus dem Norden auf dem Pfälzer Waldpfad von Kaiserslautern nach Hauenstein zu wandern. 6 Tage schienen mir für die 90km etwas viel Zeit, sodass wir uns vornahmen, einen Tag in Rodalben im Hotel zu verbringen und ohne Gepäck den Rodalber Felsenwanderweg zu erkunden, bevor es auf dem Fernwanderweg weiterging. Die übrigen Übernachtungen wollten wir spontan je nach geöffneten Hütten des Pfälzerwaldvereins/Campingplätzen überwiegend im Zelt verbringen.
Eigentlich ist die Pfalz mit 15 Trekkingplätzen ja ein Paradies für Outdoor-Freunde, leider liegen diese aber fast alle fernab der Fernwanderwege. Der einzig erreichbare Platz war für uns der bei Hauenstein und da hatten wir ja bei Ankunft schon die Ferienwohnung. Wir wollten aber unbedingt die Trekkingcamps dort kennenlernen und an unserem Ankunftstag in Rodalben gab es gar kein freies Hotelzimmer mehr...wir machten das beste aus den Umständen und entschieden uns, von Rodalben mit dem Zug nach Hauenstein zu fahren, im Trekkingcamp zu übernachten, am nächsten Morgen mit dem Zug zurück nach Rodalben und dann ab auf den Rodalber Felsenwanderweg. Insgesamt war Rheinland-Pfalz dieses Jahr spät dran mit allen Öffnungen (im Vergleich zu Norddeutschland) und so mussten wir dank COVID sehr flexibel und spontan planen. Campingplätze waren zB grundsätzlich bis zum 17.6. für Zelte geschlossen.
Montag: Von Kaiserslautern ins Moosalbtal, 17km, 600hm rauf, 500hm runter
Nach einem maximal anstrengenden letzten Tag zuhause, an dem mir unter anderem der Schlüssel in der Haustür abgebrochen ist und ich 2h nachts im Innenhof stand, geht es um 6 Uhr morgens in den Zug nach Kaiserslautern. Nebenmann schnarcht, Hintermann rotzt ohne Ende - Schlaf nachholen ist nicht! Um halb 12 stehen wir am Hauptbahnhof und beeilen uns, hoch in den Pfälzer Wald zu kommen, da es heute heiß werden soll. Vorbei an ein paar Fußballerstatuen und dann ist man ziemlich schnell auf dem ersten Single Trail - auch wennn dieser anfangs noch parallel zum Forstweg 1 Meter daneben entlangführt. Doch danach zieht der Pfad richtig schön die Hangkante entlang und gewinnt an Höhe. Tannenduft und Vogelgezwitscher geben alles, damit wir den Stress der Großstadt hinter uns lassen können. Nach 4km kommen wir am Humbergturm an, die Sicht von oben ist ok, aber eigentlich genauso wie am Fuße des Turms, auf jeden Fall keine 170 Stufen wert. Humbergturm und Blick auf Kaiserslautern
Wir laufen jetzt auf breiteren Wegen leicht bergab zum Pfaffenbrunnen, einer schönen Kaskade aus Steinen, die aktuell leider ziemlich trocken ist.
Schutzhütte am Pfaffenbrunnen, leider verdreckt und voll Wodkaflaschen
Mittlerweile ist jeder Meter in der Sonne Auslöser für einen mittleren Schweißausbruch, vor allem im Aufstieg nach Dansenberg. 2 freundliche Biker mit weißen Haaren und Bierbäuchen erklären uns "Ruff, imme ruff. Denn kommda imme in Dansebesch raus." Zum Glück ist ab dort der weitere Weg zum Naturfreundehaus Finsterbrunnertal recht flach und einfach, spart dafür aber auch mit Highlights. An einer schönen Quelle können wir Wasser auffüllen, aber die angrenzenden Weiher liegen alle trocken.
Im nördlichen Pfälzer Wald gibt es eine Fülle an schönen Quellen - ab der 3.Etappe wird es knapp mit Wasser
Im Naturfreundehaus gönnen wir uns Wildbratwurst und Pommes bzw. "Weißen Käse" mit Bratkartoffeln (Ich habe mit Ofenkäse oder Schafskäse gerechnet und war sehr enttäuscht, dass das einfach nur Speisequark ist ). Übernachten geht dort aber leider noch nicht wieder mangels Einzeltoiletten. Also suchen wir am weiteren Weg nach einer ebenen Fläche, ohne von der Straße aus sichtbar zu sein, und werden schnell fündig: 2m oberhalb vom Pfad, sichtgeschützt vor Autos auf der nahen Landstraße, liegt eine schöne Laubfläche sogar noch mit Spuren vom letzten Zelt. Unser erstes Mal "komplett" wildcampen, deshalb sind wir (insbesondere L) ein bisschen ängstlich. Wir spielen noch etwas auf einer Bank in der Nähe und bauen kurz vor der Dämmerung das Zelt auf.
Zeltplatz direkt am Pfälzer Waldpfad
Es ist für ein laut Hersteller grün-weißes Zelt überraschend weiß und leuchtet Vorbeiwandernde förmlich an, also hoffentlich kommt kein Förster. 2-3 Mal hören wir noch spät abends Stimmen, aber niemand spricht uns an und als es dunkel wird, schlafen wir beruhigt ein.
Dienstag: Vom Moosalbtal zur Dinkelsberghütte, 25km, 700hm rauf, 600hm runter
Am nächsten Morgen klingelt um 05:30 Uhr bereits der Wecker, sodass wir alles abgebaut haben, bevor die ersten Hunde samt Herrchen uns erwischen können. Frühstücken wollen wir nicht am Zelt, sondern im Pavillon des Karlstals. Dorthin sind es 4km, auf denen der Weg zusehends immer schöner wird. Wir sind froh, als Belohnung für die Ängste der Nacht jetzt die Ersten in der Schlucht zu sein, die sonst (zu Recht) ein Touristenmagnet sein soll.
Auf dem Weg zur Schlucht Eingang in die Karlstalschlucht
Der Bach plätschert, über ihm lauter moosbewachsene Baumstämme, links und rechts immer wieder alte Treppchen und dann der idyllische Pavillon. Da schmeckt mir das Frühstück sogar ohne Kaffee, den ich dumm wie ich bin vergessen habe. Ich muss mich also mit Tee arrangieren, den ich als Lebenspartner einer Ostfriesin sonst kategorisch ablehne.
Nach dem Karlstal spazieren (die Wege in diesem Abschnitt sind alle absolut steigungsfrei) wir noch eine Weile schön an der Moosalb entlang bis zu ihrer Quelle. Ich versorge eine Blase am Knöchel, wir füllen Wasser auf und weiter geht's! Ab hier folgt ein ziemlich langweiliger Teil des Waldpfads - viel Forstweg, nichts Sehenswertes am Wegesrand - als wir nach insgesamt 18km am Kieselweiher ankommen, sind wir reif für eine Pause. Die können wir uns hier auch leisten, denn es ist dank unseres frühen Starts erst 1 Uhr. Also wird in Ruhe gekocht, Katzenwäsche betrieben, Karten gespielt und sich gesonnt. Wir sind jetzt beide so richtig im Urlaub angekommen!
Am Kieselweiher
Das offizielle Ziel der 3. Etappe ist Heltersberg, dort hat das Naturfreundehaus aber leider noch ganz zu. Der Zigeunerfelsen kurz vorm Ort erinnert zwar an Boofen der Sächsischen Schweiz, bietet für uns beide aber kaum genug Platz. Also müssen wir auf die Dinkelberghütte 2km hinter Heltersberg hoffen, zu der ich vorab keine Infos oder Fotos finden konnte. Die Hütte ist eher schmutzig und die Bänke schmal, aber gegenüber gibt es eine schöne Wiese zum Zelten. Also direkt ein 2. Mal illegal campen - vor diesem Urlaub hatten wir immer nur auf Schutzhütten & Trekkingcamps vertraut. Diesmal haben wir aber etwas weniger Sorge erwischt zu werden, Deutschland spielt zeitgleich gegen Frankreich
Schöner Bericht. Herrlich, ab jetzt sehe ich, was ich nur wenige Tage vor Euch nach meinem Abbruch verpasst hab. Na ich hoffe, ich bin im Herbst wieder fit für den Rest des Pfades.
OT: Anekdote: Jungpfalzhütte, ich hinterm Tresen, ein schwäbisch sprechender Gast sieht, wie ich die Schorle des Gastes vor ihm einschenke und verlangt dann bei mir "aber eine richtige Schorle, halb-halb!". Die bekommt er. Der Gast danach verlangt ausdrücklich eine "Pfälzer Schorle" und bekommt dann seine pfälzer 2-Hand-Schorle: die Hand hochkant Wein, die Hand horizontal Wasser...😎
Mittwoch: Von der Dinkelsberghütte nach Rodalben, 15km, 600hm rauf, 700hm runter + 3km zum Trekkingcamp
Die Jäger in der Pfalz sind wohl keine Fußballfans, wir haben abends mehrere Schüsse gehört. Aber weit weg und danach war die ganze Nacht Ruhe. Bis uns morgens ein (vermutlich) Fuchs mit seinem Gebell weckt und wir Angst haben, es könnte ein Jagdhund sein. Wir bauen also schlaftrunken unser Zelt ab und frühstücken an der Bank daneben. Wieder schon um halb 6...heute hätte ich den Kaffee echt mal gebrauchen können!
Unser erstes Ziel heute ist der Seelenfelsen, eine 800m lange Felsenwand, unter der sich ein klasse Trail entlangzieht, danach geht es zu einer Burgruine, von der nur noch Mauerreste stehen. Sie wurde auch schon 300 n.Chr. zerstört, wie Schilder erklären. Das einzig Sehenswerte, was von der Heidelsburg noch übrig ist, ist eine Grabplatte von einem alten Gallier mit seiner Frau.
Pfad am Seelenfelsen An der Heidelsburg Gallischer Förster mit seiner Frau
Wir haben schon jetzt Wassermangel, weil seit gestern Mittag weder Quellen noch Orte passiert wurden, und es sollen später noch 31°C werden. Unsere Hoffnung ist ein Friedhof in 5km. Wir laufen auf kleinem Pfad oberhalb der Landstraße, dann steil bergauf auf eine Hochebene, wo die Sonne so richtig reinkickt. An der Kirche Maria Rosenberg dann die Enttäuschung: das Friedhofswasser kommt aus einer kleinen Zisterne und ist nicht trinkbar.
Kloster Maria Rosenberg
Also nur kurz die Kapelle anschauen (nichts Besonderes), mit dem Wasser aus der Zisterne "duschen" und weiter geht's, diesmal auf Schotter in der prallen Sonne nach Donsieders. Wir wissen, dass das Dorf einen Fleischer hat, aber nicht die Öffnungszeiten. Zum Glück hat er auf und einen Kühlschrank mit Eistee bei sich drinnen!!! Dazu gibt es die gefühlt leckersten Frikadellen der Welt (vielleicht lag es auch an unserem kaputten Zustand), die wir uns auf dem Dorfplatz reinfahren. Nach Donsieders geht es noch 1-2km auf Asphalt durch die Mittagshitze, dann beginnt endlich wieder Wald. Wir treffen auf den Rodalber Felsenwanderweg und folgen diesem, abweichend vom Waldpfad, bis zum Hilschberghaus. Er wurde im Wanderführer als schönere Alternative beschrieben und enttäuscht uns nicht: durchgehend schmaler Pfad, Felsüberhänge ohne Ende links von uns.
Auf dem Felsenwanderweg
Sicher könnte man hier gut boofen, wir wollen aber die Trekkingplätze der Pfalz mal testen und daher von Rodalben mit dem Zug nach Hauenstein. Vor dem Absteig probieren wir aber noch im Hilschberghaus unseren ersten Pfälzer Saumagen - und sind begeistert.
In der Nähe des Trekkingcamps gibt es keine Quelle, deshalb kaufen wir in Hauenstein 6 Liter Wasser und quälen uns den Berg hoch. Das letzte Stück ist nochmal echt steil, dann sind wir am Platz angekommen. Wir sind die ersten, können in Ruhe essen, haben Rotwein und Käse als "romantischen Abendsnack" zusätzlich zum Topf Nudeln als Essen eingeplant. Es ist ein befreiendes Gefühl, heute nicht an Jäger, Forstarbeiter etc. denken zu müssen, sondern einfach nur entspannt zu schlafen. Bei der Hitze wird das schon schwer genug. Der einzig andere Übernachtende im Camp kommt erst um 21:30 Uhr an und sieht erledigt aus. Noch bevor wir ihn fragen können, was für einen Weg er läuft usw., legt er sich direkt pennen - und zwar 500m abseits vom Trekkingplatz mit dem Hinweis, er würde so laut schnarchen Keine Ahnung, ob die Schlafapnoe oder soziale Phobie ausschlaggebend waren (oder stinken wir schon so nach 3 Tagen?), aber wir finden es ein bisschen schade. Man trifft in der Pfalz sowieso den ganzen Tag fast niemanden und läuft durch menschenleere Wälder, da wäre ein Plausch mit einem anderen Fernwanderer nett gewesen... So tun wir es ihm nach und legen uns schlafen, ungewohnt lange 9h bis zum nächsten Morgen.
Donnerstag: 3km vom Trekkingplatz + 13km Felsenwanderweg, 500hm rauf und runter
Wir lassen uns beim Zusammenpacken, Frühstücken und Tagebuch schreiben ordentlich Zeit und genießen den schönen Morgen. Auf dem Abstieg zum Bahnhof Hauenstein gehen wir diesmal auf einen kleinen Aussichtsfelsen direkt über der Stadt - sehr schöner Ausblick!
Wir haben heute Abend ein Hotel in Rodalben gebucht, dürfen die Rucksäcke schon morgens abstellen und wandern so heute ohne Gepäck auf dem Felsenwanderweg. Ein herrliches Gefühl. Da wir die 40km vom Weg nicht an einem Tag schaffen, schon gar nicht bei 34°C, suchen wir uns zwei Highlights heraus und steuern diese Abschnitte vom Weg an. Es geht erstmal südlich aus der Stadt heraus zur Bärenhöhle: eine riesige Höhle mit Bach und darunter eine zweite kleinere Höhle, vor der der Bach als Wasserfall herunterplätschert.
Obere... ...und untere Bärenhöhle
Ich will mich für ein schönes Fotomotiv unter den Wasserfall stellen, aber natürlich streikt genau dann L's Objektiv - danke dafür! Also hat es nur als kleine eiskalte Dusche getaugt und ich wandere ohne gutes Foto nass weiter. Im folgenden Abschnitt tropfen immer wieder kleine Bäche von den Felsen, der Weg führt mit Holzstegen über sie und ist wunderschön. Er leitet uns zurück zur Stadt an den Bruderfelsen, dann müssen wir irgendwann absteigen und durch die brüllende Hitze die Stadt durchqueren.
Ausblick vom Bruderfelsen auf Rodalben - das Haus mit Turm gegenüber ist das Hilschberghaus
Auf der anderen Seite treffen wir oben wieder auf den Felsenweg, laufen 2 Schlaufen von ihm und erreichen den Kanzelfelsen mit Aussichtsplattform.
Aufstieg zum Kanzelfelsen
Pünktlich am letzten Ziel für heute gehen auch unsere Wasservorräte zur Neige. Um 4 sind wir im Hotel zurück und können ENDLICH das erste Mal seit vier Tagen duschen - was für eine Wohltat! Danach gibt es ein super Schnitzel "Holzfäller Art" und einen Bauernsalat, bevor wir versuchen, in der Hitze eine halbwegs akzeptable Schlafposition zu finden.
Die „nichts besonderes“ Kapelle in Maria Rosenberg stammt im Kren aus der Mitte des 12.Jhd. und wurde 1250 um den Chor erweitert. Wenn sie nicjts ist, ist sie immerhin alt.
Freitag: Von Rodalben nach Merzalben und zur Burg Gräfenstein, 19km, 600hm rauf und runter
Weil es nachmittags gewittern soll, haben wir uns heute nur eine kurze Strecke vorgenommen und ein Hostel in Merzalben gebucht - ursprünglich wollten wir auf Burg Gräfenstein übernachten. Es geht aus Rodalben zurück hoch zum Hilschberghaus und wieder eine Weile auf dem Felsenwanderweg entlang. Dieser hat hier wieder einen etwas anderen Charakter, wir schleppen uns entlang einer roten Sandsteinwand durch die pralle Sonne und ich fühle mich fast wie in Utah (ohne jemals dagewesen zu sein). Da wir uns am Frühstücksbuffet ordentlich ausgetobt haben, sind wir heute leider erst um 10 losgelaufen...
Nach 2 schönen Felsformationen biegt der Pfälzer Waldpfad vom Felsenwanderweg ab und verläuft nun ziemlich unspannend auf überwiegend Forstwegen nach Merzalben, wo wir um 1 ankommen.
Am Kuhfelsen
Zwischendurch sieht es so aus, als würde es jeden Moment gewittern, aber nachmittags ist alles wieder freundlich und die Wettervorhersage hat das Unwetter auf Sonntag verschoben. Also machen wir noch eine Runde ohne Gepäck hoch zur Burg, dann können wir uns morgen auf der langen Etappe diesen Abstecher sparen. Da es brüllend heiß ist, sind wir die einzigen oben und es ist traumhaft!!! Die schöne Ruine, der Blick auf Merzalben und den Winschertkopf (unser 1. Ziel morgen früh) und das alles ganz einsam und still. Ich ärgere mich maßlos, nicht in der Burg zu übernachten, jetzt wo das Unwetter scheinbar umgelenkt wurde.
Die Stille der alten Gemäuer genießen... ...und den Blick vom siebeneckigen Bergfried auf die restliche Ruine
Wir gehen zurück bergab zu unserem Hostel im alten Forsthaus und spielen Karten, nutzen Dusche und Küche und essen zu Abend. Da geht es plötzlich los: Starkregen, Blitze, Donner...also doch alles richtig gemacht. Ich war noch nie so froh über ein Gewitter! Wir machen uns einen Pudding warm und genießen, dass wir heute Nacht ein Dach überm Kopf haben, dann geht es früh schlafen.
Samstag: Von Merzalben nach Hauenstein, 24km, 600hm rauf, 700hm runter
Wieder einmal klingelt der Wecker um 05:30 Uhr. Durch das Gewitter ist es zwar etwas abgekühlt, aber 30°C soll es heute trotzdem werden, deshalb wollen wir den langen Anstieg zum Winschertkopf in der morgendlichen Frische bewältigen. Bis auf den letzten steilen Kilometer bleiben wir auch frisch. Die Sicht oben entschädigt uns aber allemal. Es hängt noch etwas Nebel in den Tälern rings um die Burg, trotzdem ist die Weitsicht grandios in alle Richtungen.
Ausblick vom Winschertkopf beim Frühstück
Nach einem Panorama-Porridge geht es den Kamm entlang und wir verlaufen uns zum ersten Mal - der Waldpfad ist insgesamt wirklich super ausgeschildert. Hier aber verpassen wir einen Abzweig zum Trail im Hang und laufen stattdessen ewig den Kammweg auf breiter Forststraße, was vor allem ärgerlich ist, weil der Waldpfad danach auch noch 2-3km planmäßig auf Forstwegen läuft. Eine halbe Stunde vorm Luitpoldturm beginnt dann der bislang schönste Weg des gesamten Waldpfades: Es geht erst in engen Kehren einen schmalen Pfad zwischen moosbewachsenen Felsblöcken hoch, danach eben durch lichten Wald und wieder bergan, die ganze Zeit auf einem wunderbaren Single Trail.
Traumpfad kurz vorm Luitpoldturm
Am Turm ist eine schöne Hütte mit Kamin - nach der Burg und einem Felsüberhang am Winschertkopf schon die dritte 1A Übernachtungsmöglichkeit auf dieser Etappe. In der Hütte hängt eine Erläuterungstafel, dass es im Sinne des Erbauers seit 1903 bis heute Kamin und Besen gibt, damit Wanderer hier gut eine Nacht verbringen können.
Luitpoldturm mit Hütte
Von oben blickt man auf den nahegelegenen Weiher Hermersbergerhof (höchstes Dorf der Pfalz), der idyllisch vor den Bergen liegt und gleich zwei nette Cafes haben soll. Dort wollen wir lange Pause machen und der Mittagshitze entfliehen. Leider hat das Cafe dauerhaft und das Landgasthaus heute geschlossen. Auch sonst ist das Dörfchen erstaunlich unbelebt dafür, dass es laut Reiseführer hauptsächlich vom Tourismus lebt und früher sogar einen Skilift hatte.
Blick vom Luitpoldturm auf Hermersbergerhof
Wir suchen also weiter nach Pausengelegenheiten und finden kurz danach eine Bank, immerhin im Halbschatten. Es gibt unser letztes Trekkingessen, dann gehen wir, fast nur noch bergab, zum Bahnhof in Hauenstein, wo uns L's Eltern schon erwarten. Aufgrund der Hitze können wir uns kaum noch am schönen Pfad erfreuen. Einen Abstecher zur Burgruine Falkenstein machen wir dann aber doch noch, die Aussicht kann zwar nicht mit den anderen heute mithalten (2 Bundesstraßen sorgen für recht viel Lärm), aber dafür ist der Aufgang zur Burg auf alten Holztreppen sehr urig.
Aufgang zur Burgruine Falkenstein Blick von der Burgruine auf das benachbarte Wilgartswiesen
Kurz danach stehen wir am Bahnhof und beziehen zu viert eine Ferienwohnung mit 50er-Jahre-Charme. Der letzte Tag war wirklich ein schöner Abschluss voller Highlights und die für uns schönste Etappe.
Der Pfälzer Waldpfad fällt wohl aktuell eher in die Kategorie Geheimtipp und ist deshalb verglichen mit anderen Fernwanderwegen, die wir kennen (Rheinsteig, Soonwaldsteig, Ith-Hils-Weg, Forststeig und Malerweg) sehr spärlich mit Wanderern gefüllt. An den Burgruinen und Aussichtstürmen trifft man mal 2-3 Mountainbiker, aber dazwischen gibt es viele Stunden in einsamer Ruhe. Das liegt aber nicht daran, dass die Wegeführung weniger schön wäre als bei oben genannten Wegen. Daher kann ich allen, die den Wanderurlaub als Auszeit sehen und zur Ruhe kommen wollen, nur den Pfälzer Waldpfad empfehlen.
Das erste Stück bis nach Rodalben kann man sicher weglassen, wenn die Tage zu knapp sind, um den ganzen Weg zu laufen - bis auf die Karlstalschlucht gibt es kaum Highlights und auch übernachten ist hier schwierig, weil es weder Felsvorsprünge noch viele touristische Angebote gibt. Danach wird der Weg immer schöner und gipfelt sicher in der Umrundung von Dahn mit seiner Aneinanderreihung von Burgruinen und Felsen. Den Abschnitt von Hauenstein nach Dahn sind wir zwar nicht als Fernwanderweg gegangen, aber von unserer Ferienwohnung aus haben wir in Tageswanderungen (Hauensteiner Schusterpfad, Dahner Rundwanderweg, Dahner Felsenpfad, Erfweiler Hahnenfelstour) alle Burgen und Felsen abgeklappert und sind dabei oft auch dem Pfälzer Waldpfad gefolgt. Daher kann ich sagen, dass dieser Teil in meinen Augen der schönste ist. Einfach unglaublich, in was für einer Dichte hier im Mittelalter Burgen errichtet wurden, und wie viel von diesen noch erhalten ist, obwohl die meisten schon über 500 Jahre unbewohnt sind. Die Felsen mit zum Teil skurrilen Formen wurden spektakulär mit Leitern und Geländern erschlossen, sodass man mehrfach durch schmale Felsdurchbrüche durchmuss oder zB am Büttelfels mitten in einem Felsauge auf einer Aussichtsplattform stehen kann.
Ach ja, der Büttelfels. Muss ich auch mal wieder hin, Du hast recht, die Dahner Gegend ist mit das schönste Wandergebiet in der Pfalz.
Hermersbergerhof hingegen ist nur die höchste Siedlung, das höchste Dorf ist Ruppertsecken. Hermersbergerhof ist nur ein Weiler und gehört zu Wilgartswiesen (manche Pfälzer sind da sehr genau).
Danke für den Bericht! War mir nicht ganz sicher wo ich dieses Jahr wandern wollte, die Planungen sind ja dieses Jahr aus den bekannten Gründen schwierig. Auch dank deines Berichts habe ich mich jetzt für den Pfälzer Waldpfad entschieden ( +weiter in die Vogesen wenn alles gut läuft). Liegt ja alles in der Nähe, Anfahrt per Bahn nach Kaiserslautern gerade für unter 15€ gebucht
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