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Mitreisende | |
Land: Deutschland
Reisezeit: 21.-25. Oktober 2008
Region: Harz
Eigentlich wollten wir segeln gehen.
Wieso stehen wir jetzt hier mit gepackten Rucksäcken am Fuße des Harzes?
Chris wollte segeln lernen, und unser nächstmöglicher gemeinsamer Urlaub war Mitte Oktober. Ich schlug die Frisischen Seen in NL vor, weil ich da Vercharterer, Boote und Reviere kenne, die für einen Einführungstörn geeignet sind. Alex, auch Nichtsegler, schloss sich an. Doch nachdem ich mit ihm im Sommer 2 Wochen in Slowenien klettern und bergsteigen war, ist er auf den Wander-Geschmack gekommen.
„Und wenn es im Oktober kalt ist? Und stürmisch? Wie ist das dann mit dem Segeln? Wollen wir nicht lieber ...“ Naja, mir gefällt es bei Wetter auf dem Wasser, aber als Schnuppertörn für Anfänger – kann schon ein bisschen interessant werden ...
So wurde ein Festland-Törn als Plan B ausgearbeitet, falls es auf dem Wasser zu ungemütlich werden sollte. Chris war schnell zu überzeugen, es auch einmal mit einer mehrtägigen Expedition in unser nächstliegendes Mittelgebirge zu versuchen.
Tja, und da sind wir nun.
5 Tage lang soll es von Oker/Goslar nach Thale gehen, vorbei an Altenau, Elend, Hasselfelde. Etwa entlang des Hexenstiegs, aber möglichst wenig über breite Wanderpisten. Übernachten wollen wir in Schutzhütten, aber für alle Fälle nehmen wir auch ein Tarp mit.
Bei einigen Treffen am HHer Kunstfelsen hatten wir die letzten Wer-nimmt-was-mit abgesprochen.
Mit Alex zusammen treffe ich mich beim Outdoor-Ausrüster, wo wir alle in Frage kommenden Karten großflächig ausbreiten, bis wir uns auf die uns am geeignetsten scheinende einigen: GeoMap Wander- und Freizeitkarte „Naturpark Harz“ 1:50.000.
Ich habe die Aufgabe übernommen, die Verpflegung zu organisieren (bis auf die Snacks für unterwegs).
Treffpunkt war ganz entspannt morgens um halb 9 bei Alex in Hamburg. Futterpakete verteilen (wo soll ich das noch in meinem Rucksack unterbringen???), dann ging`s in meinem tapferen, kleinen, alten Fiesta in 3 Stunden nach Oker. Natürlich hat alles länger gedauert als geplant, und so waren wir statt um 11 erst um 13 Uhr am Bf. in Oker. Der strömende Regen hat uns erst einmal in die Imbiss-Stube gegenüber getrieben. Noch ein Kaffee, eine Curry-Wurst. So fängt Urlaub an, sowas mache ich im Alltag nie. Dann lassen wir langsam die Zivilisation hinter uns.
Eingewickelt in Poncho oder Gore-Jacke stapfen wir entlang der Straße bis zum „Waldhaus“, wo wir, die Oker links lassend, den E6 hinauflaufen. Unter dem nassen Laub sind Wurzeln und Steine gut versteckt und ziemlich glitschig. Die Jungs sind an mehr als Tagesgepäck noch nicht gewöhnt und schwitzen und kämpfen. Natürlich habe ich ihnen die schwersten Lebensmittel zugeschoben.
Ziel für heute (geplant am heimischen Schreibtisch) ist die Ochsenberghütte kurz vor Altenau. Doch als wir von Romkerhalle aus in südöstlicher Richtung und zunehmend steiler in den Wald hinauf steigen, sind wir bald triefend nass. Verschwitzt und verregnet. Leider ist meine gerade 1,5 Jahre alte, wirklich teure Gore-Jacke wohl ein Fall für die Reklamation, denn sie ist an fast allen verklebten Nähten undicht! Bei dieser Wanderung nicht zum ersten Mal. Sehr ärgerlich!
Und so sind wir uns schnell einig, dass die Hallesche Hütte sowieso besonders komfortabel sein soll (so viel hatte ich vorab herausfinden können). Die können wir zudem locker und gemütlich vor der früh einbrechenden Dunkelheit erreichen.
Schön ist´s, unter einem dichten Dach die nassen Klamotten gegen einen kuscheligen, dicken Wollpulli zu tauschen.
Erstmal einen Tee aufsetzen! Weil wir unsere Wasserbehälter für`s Kochen noch nicht gefüllt hatten (auf dem Weg zu unserem geplanten Ziel hätten wir noch reichlich Bäche gekreuzt), spannen wir Poncho und Rucksacküberzüge auf, um Regenwasser aufzufangen. Das funktioniert ganz hervorragend und bringt uns zu dem, was wir noch übrig haben, genügend ein für Abendessen und Frühstück.
Als der Regen später registriert, dass wir im Trocknen sitzen, verzieht er sich in andere Gegenden – und bleibt dort auch in den kommenden Tagen.
Die schon vorhandene große Feuerstelle ermutigt uns, es ebenfalls mit Zündeln zu versuchen. Chris und Alex bringen das Kunststück fertig, aus lauter nassem Holz und einigen Taschentüchern ein herrliches Lagerfeuer zu zaubern, über dem wir Hände wärmen und Kleidung trocknen können.
Für den ersten Abend in der „Wildnis“ gönnen wir uns den Luxus, zum Couscous frisches Gemüse und Pilze zu kochen.
Es wird ein herrlicher Abend, bis die Jungs beschließen, ihre neuen Biwak-Säcke zu testen, die im Gegensatz zu meiner Tüte atmungsaktiv sein sollen – und sind: q.e.d.
Ab dem 2. Tag wird unsere Tour eher spontan geplant. Wir haben ein Ziel, eine Richtung: Am 5. Tag wollten wir nachmittags in Thale in den Zug steigen und zum Auto zurückfahren. Aber es gibt noch keine genaueren Vorstellungen über den Wegverlauf oder die einzelnen Etappen. Wir nehmen uns nach dem Frühstück aus Tee/Kaffee und Müsli mit Milchpulver und heißem Wasser die Karte her, teilten die Strecke mal grob in 3 etwa gleichgroße Stücke und ein (letztes) kleineres und machen uns auf den Weg.
Das Wetter wird über die Tage immer besser. Am 2. Tag ist es bedeckt, am 3. kommt mittags die Sonne zaghaft heraus und beschert uns später ein herrliches Abendrot, am 4. Tag wandern wir unter strahlend blauem Himmel, und obwohl es in der letzten Nacht noch einmal regnet, scheint auf der Abschlussetappe wieder die Sonne.
Wir laufen am Tag so ungefähr 5-7 Stunden. Machen mal hier, mal dort Fotopause, setzen uns auch einmal an ein Bachufer und holen den Kocher für Heißgetränke raus oder genießen den Herbst an einer wunderschönen Stelle. Unsere Wege sind mal breite Forstwege, mal schmale Trampelpfade, einmal gibt uns ein Jäger einen zugewucherten Geheimtipp, und wir steigen auch schonmal ganz ohne Pfad quer durch Wald und Wiese – außerhalb des Nationalparks.
Natürlich fotografiere ich alle Schutzhütten, an denen wir vorbeikommen, für das Schutzhüttenverzeichnis und versuche mir zu merken, wo sie stehen – ein GPS haben wir nicht. So sehr viele Hütten sind das auch nicht, in den meisten davon übernachten wir. Meistens finden wir die angesteuerten Hütten gut, doch im Bereich von Treseburg, am letzten Abend, versagt unsere Karte oder der zuständige Kartograf. Hier gibt es wesentlich mehr (auch große) Wege als in der Karte, ein prominenter Aussichtspunkt ist nicht eingezeichnet, die angegebene Hütte ist nicht vorhanden, dafür finden wir (nach getrennter Suche in alle Himmelsrichtungen) zwei, die wiederum der Karte fehlen. Aber - wir wollen schließlich Abenteuerurlaub machen. Zur Not könnten wir unser Tarp aufspannen, das wir allabendlich als Teppich in unseren Schlafzimmern auslegen.
Die 5 Tage draußen sind herrlich! Überall duftet es nach Pilzen. Ich habe nie vorher so viele wunderschöne, nicht angeknabberte Fliegenpilze gesehen.
Wir freuen uns über jede Blume, die am Wegrand noch blüht ...
... und staunen immer wieder über das wundervoll bunte Laub, als sähen wir es das erste Mal.
Manchmal steigen Nebelwolken aus den Tälern. Der Brocken zeigt sich von seiner sonnigsten Seite.
Hochsteigen wollen wir aber nicht – der Berg scheint uns zu touristisch-trubelig und einbetoniert. Vom Ulmer Weg sieht es lustig aus, wie die Brockenbahn-Dampflok mit ihrer langen Kette von Waggons den Berg hinaufschnauft. Da kommen Kindheitserinnerungen hoch und wir wollen auch Dampflok fahren. Aber nicht auf den Brocken.
So steigen wir von Elend bis Hasselfelde auf Schienen um, was schon ganz ulkig war.
Überall am Wegesrand sind die Wühlspuren von Wildschweinen sehr deutlich, nachts hören wir sie auch manchmal, aber nie bekommen wir eins zu sehen. Dachse und Füchse können wir nur riechen, von Waschbären keine Spur. Auch Vögel sind ganz wenige dort. Es ist manchmal erstaunlich still im Wald. Nur ziehende Singschwäne und Reiher beobachten wir einige. Ein wundervoller Anblick ist es, als ein großer Hirsch mit einem großen Platsch in die Bode springt, sich dort eine Weile selbstbewusst präsentiert und schließlich majestätisch durch das Flüsschen stolziert! Ich bin zu beeindruckt zum Fotografieren.
Auch auf andere Wanderer stoßen wir kaum. Ausnahmen sind die wenigen Stellen, wo sich Spaziergänger konzentrieren: an der Achtermannhöhe, am Wurmberg und dann ganz gewaltig an einem sonnigen Herbst-Samstag im Bodetal. Das möchte ich nicht an einem Sommerwochenende erleben!
Der einzige Offizielle (Jäger/Förster/Ranger) trifft uns an einer Schutzhütte an, als wir neben unserem noch ausgebreiteten Nachtlager frühstücken. Es ist ein komisches Gefühl, wenn du weißt, du machst etwas höchstens Geduldetes, neben dir hält ein Auto, ein Uniformträger steigt aus und kommt mit seinem Gewehr auf dich zu ... Oh, oh!?
Wir haben uns sehr nett unterhalten und er hat uns den schon erwähnten, mittlerweile zugewachsenen, wunderbaren Pfad direkt von der Hütte ins wildromantische Bodetal beschrieben.
Das wäre für uns sonst ein größerer, nicht besonders reizvoller Umweg gewesen, hätten wir uns nach der Karte gerichtet. Vielen Dank! (Er traf sich zufällig vor „unserer“ Hütte mit einem Hundeführer zur Nachjagd eines am letzten Tage angeschossenen Muffelwildes.)
Auch die wenigen weiteren Einheimischen, denen wir begegnen, sind fast alle sehr nett, besonders die beiden Damen aus dem Lädchen in Elend, das gleichzeitig Touri-Info, Café, Souvenirladen und Reisebüro für unsere Etappe mit der Dampfeisenbahn ist. Einen aktuellen Fahrplan gibt es nicht in Buchform, und so geht eine der beiden eben mal für uns an der Haltestelle nachsehen, wie die Fahrzeiten sind, während die andere sich Mühe gibt, Chris mit seiner Wochen-Kaffee-Ration in zeitlich komprimierter Form zu versorgen. Wir helfen ihm.
Wir tragen eine Woche lang unsere Kletterschuhe durch den Harz. Und treffen auf wirklich bizarre Felsstapel. („Die hat doch da einer so hingelegt!“) Aber irgendwie sind wir so sehr im Wander-Modus, dass wir gar keine große Lust haben, uns jetzt hier ausgiebiger an die Steine zu hängen. Dafür kommen wir lieber ein anderes Mal wieder, nur zum Klettern oder Bouldern.
Insgesamt hatten wir eine absolut runde Tour. Mit Regen und viel Sonne. Mit schönen Wanderpfaden, reichlich Kilometern und dabei genug Gemütlichkeit und Pausen zum Genießen. Mit viel Einsamkeit und Ruhe, aber auch – als Kontrapunkt – viel Wanderverkehr auf der letzten Etappe durch`s Bodetal. Da wir mit unserer Verpflegung autark waren, konnten wir alle Ortschaften umgehen. Aber wenn wir einmal hineinkamen, wie in Elend, um dort Eisenbahn zu fahren, haben wir auch das genossen.
Mit der Verpflegung sind wir bestens hingekommen, und das Couscous hätten wir auch komplett aufgefuttert, wenn ich es nicht ein wenig zu feste gesalzen hätte (-> merke: wenn Brühe, dann nicht zusätzlich Salz!)
Schade, dass 5 Tage so schnell vorbei sein können. Ich werde sicher demnächst wieder losziehen. Und Chris und Alex haben ihre Begleitung schon versprochen. Das nächste Mal vielleicht im Schnee?
Ich bat euch hier vor der Tour um Tipps bezüglich des Harzer Wassers aus freier Natur. Wir nutzten letztendlich eine Mischung aus Kultur- und Naturversorgung. Nicht immer geplant, aber es bekam uns gut. Wenn wir an einem Wasserhahn, nicht allzuweit von unserem Ziel entfernt, vorbeikamen, füllten wir unsere Speicher dort. Wenn nicht, griffen wir auf die Natur zurück. Dann wurde weder gefiltert noch sonst irgendwie behandelt. Zum größten Teil wurde es allerdings vor dem Genuss als Tee, Kaffee oder zur Essenszubereitung gekocht. Aber nur gerade aufgekocht, wobei ich ja von euch gelernt habe, dass fachgerechtes Abkochen länger dauert. Das Wasser fiel jedoch entweder direkt vom Himmel oder floss in einem Bach, dem wir Unbedenklichkeit unterstellten.
Vielen Dank für eure vielen Tipps und Ratschläge, auch bezüglich der Schutzhütten; wir sind alle wohlauf und freuen uns auf eine Fortsetzung! Dann sicher als Plan A.
Viele Grüße, Meer Berge
Reisezeit: 21.-25. Oktober 2008
Region: Harz
Eigentlich wollten wir segeln gehen.
Wieso stehen wir jetzt hier mit gepackten Rucksäcken am Fuße des Harzes?
Chris wollte segeln lernen, und unser nächstmöglicher gemeinsamer Urlaub war Mitte Oktober. Ich schlug die Frisischen Seen in NL vor, weil ich da Vercharterer, Boote und Reviere kenne, die für einen Einführungstörn geeignet sind. Alex, auch Nichtsegler, schloss sich an. Doch nachdem ich mit ihm im Sommer 2 Wochen in Slowenien klettern und bergsteigen war, ist er auf den Wander-Geschmack gekommen.
„Und wenn es im Oktober kalt ist? Und stürmisch? Wie ist das dann mit dem Segeln? Wollen wir nicht lieber ...“ Naja, mir gefällt es bei Wetter auf dem Wasser, aber als Schnuppertörn für Anfänger – kann schon ein bisschen interessant werden ...
So wurde ein Festland-Törn als Plan B ausgearbeitet, falls es auf dem Wasser zu ungemütlich werden sollte. Chris war schnell zu überzeugen, es auch einmal mit einer mehrtägigen Expedition in unser nächstliegendes Mittelgebirge zu versuchen.
Tja, und da sind wir nun.
5 Tage lang soll es von Oker/Goslar nach Thale gehen, vorbei an Altenau, Elend, Hasselfelde. Etwa entlang des Hexenstiegs, aber möglichst wenig über breite Wanderpisten. Übernachten wollen wir in Schutzhütten, aber für alle Fälle nehmen wir auch ein Tarp mit.
Bei einigen Treffen am HHer Kunstfelsen hatten wir die letzten Wer-nimmt-was-mit abgesprochen.
Mit Alex zusammen treffe ich mich beim Outdoor-Ausrüster, wo wir alle in Frage kommenden Karten großflächig ausbreiten, bis wir uns auf die uns am geeignetsten scheinende einigen: GeoMap Wander- und Freizeitkarte „Naturpark Harz“ 1:50.000.
Ich habe die Aufgabe übernommen, die Verpflegung zu organisieren (bis auf die Snacks für unterwegs).
Treffpunkt war ganz entspannt morgens um halb 9 bei Alex in Hamburg. Futterpakete verteilen (wo soll ich das noch in meinem Rucksack unterbringen???), dann ging`s in meinem tapferen, kleinen, alten Fiesta in 3 Stunden nach Oker. Natürlich hat alles länger gedauert als geplant, und so waren wir statt um 11 erst um 13 Uhr am Bf. in Oker. Der strömende Regen hat uns erst einmal in die Imbiss-Stube gegenüber getrieben. Noch ein Kaffee, eine Curry-Wurst. So fängt Urlaub an, sowas mache ich im Alltag nie. Dann lassen wir langsam die Zivilisation hinter uns.
Eingewickelt in Poncho oder Gore-Jacke stapfen wir entlang der Straße bis zum „Waldhaus“, wo wir, die Oker links lassend, den E6 hinauflaufen. Unter dem nassen Laub sind Wurzeln und Steine gut versteckt und ziemlich glitschig. Die Jungs sind an mehr als Tagesgepäck noch nicht gewöhnt und schwitzen und kämpfen. Natürlich habe ich ihnen die schwersten Lebensmittel zugeschoben.
Ziel für heute (geplant am heimischen Schreibtisch) ist die Ochsenberghütte kurz vor Altenau. Doch als wir von Romkerhalle aus in südöstlicher Richtung und zunehmend steiler in den Wald hinauf steigen, sind wir bald triefend nass. Verschwitzt und verregnet. Leider ist meine gerade 1,5 Jahre alte, wirklich teure Gore-Jacke wohl ein Fall für die Reklamation, denn sie ist an fast allen verklebten Nähten undicht! Bei dieser Wanderung nicht zum ersten Mal. Sehr ärgerlich!
Und so sind wir uns schnell einig, dass die Hallesche Hütte sowieso besonders komfortabel sein soll (so viel hatte ich vorab herausfinden können). Die können wir zudem locker und gemütlich vor der früh einbrechenden Dunkelheit erreichen.
Schön ist´s, unter einem dichten Dach die nassen Klamotten gegen einen kuscheligen, dicken Wollpulli zu tauschen.
Erstmal einen Tee aufsetzen! Weil wir unsere Wasserbehälter für`s Kochen noch nicht gefüllt hatten (auf dem Weg zu unserem geplanten Ziel hätten wir noch reichlich Bäche gekreuzt), spannen wir Poncho und Rucksacküberzüge auf, um Regenwasser aufzufangen. Das funktioniert ganz hervorragend und bringt uns zu dem, was wir noch übrig haben, genügend ein für Abendessen und Frühstück.
Als der Regen später registriert, dass wir im Trocknen sitzen, verzieht er sich in andere Gegenden – und bleibt dort auch in den kommenden Tagen.
Die schon vorhandene große Feuerstelle ermutigt uns, es ebenfalls mit Zündeln zu versuchen. Chris und Alex bringen das Kunststück fertig, aus lauter nassem Holz und einigen Taschentüchern ein herrliches Lagerfeuer zu zaubern, über dem wir Hände wärmen und Kleidung trocknen können.
Für den ersten Abend in der „Wildnis“ gönnen wir uns den Luxus, zum Couscous frisches Gemüse und Pilze zu kochen.
Es wird ein herrlicher Abend, bis die Jungs beschließen, ihre neuen Biwak-Säcke zu testen, die im Gegensatz zu meiner Tüte atmungsaktiv sein sollen – und sind: q.e.d.
Ab dem 2. Tag wird unsere Tour eher spontan geplant. Wir haben ein Ziel, eine Richtung: Am 5. Tag wollten wir nachmittags in Thale in den Zug steigen und zum Auto zurückfahren. Aber es gibt noch keine genaueren Vorstellungen über den Wegverlauf oder die einzelnen Etappen. Wir nehmen uns nach dem Frühstück aus Tee/Kaffee und Müsli mit Milchpulver und heißem Wasser die Karte her, teilten die Strecke mal grob in 3 etwa gleichgroße Stücke und ein (letztes) kleineres und machen uns auf den Weg.
Das Wetter wird über die Tage immer besser. Am 2. Tag ist es bedeckt, am 3. kommt mittags die Sonne zaghaft heraus und beschert uns später ein herrliches Abendrot, am 4. Tag wandern wir unter strahlend blauem Himmel, und obwohl es in der letzten Nacht noch einmal regnet, scheint auf der Abschlussetappe wieder die Sonne.
Wir laufen am Tag so ungefähr 5-7 Stunden. Machen mal hier, mal dort Fotopause, setzen uns auch einmal an ein Bachufer und holen den Kocher für Heißgetränke raus oder genießen den Herbst an einer wunderschönen Stelle. Unsere Wege sind mal breite Forstwege, mal schmale Trampelpfade, einmal gibt uns ein Jäger einen zugewucherten Geheimtipp, und wir steigen auch schonmal ganz ohne Pfad quer durch Wald und Wiese – außerhalb des Nationalparks.
Natürlich fotografiere ich alle Schutzhütten, an denen wir vorbeikommen, für das Schutzhüttenverzeichnis und versuche mir zu merken, wo sie stehen – ein GPS haben wir nicht. So sehr viele Hütten sind das auch nicht, in den meisten davon übernachten wir. Meistens finden wir die angesteuerten Hütten gut, doch im Bereich von Treseburg, am letzten Abend, versagt unsere Karte oder der zuständige Kartograf. Hier gibt es wesentlich mehr (auch große) Wege als in der Karte, ein prominenter Aussichtspunkt ist nicht eingezeichnet, die angegebene Hütte ist nicht vorhanden, dafür finden wir (nach getrennter Suche in alle Himmelsrichtungen) zwei, die wiederum der Karte fehlen. Aber - wir wollen schließlich Abenteuerurlaub machen. Zur Not könnten wir unser Tarp aufspannen, das wir allabendlich als Teppich in unseren Schlafzimmern auslegen.
Hübsch kühl wird es schon in den Nächten.
Die 5 Tage draußen sind herrlich! Überall duftet es nach Pilzen. Ich habe nie vorher so viele wunderschöne, nicht angeknabberte Fliegenpilze gesehen.
Wir freuen uns über jede Blume, die am Wegrand noch blüht ...
... und staunen immer wieder über das wundervoll bunte Laub, als sähen wir es das erste Mal.
Manchmal steigen Nebelwolken aus den Tälern. Der Brocken zeigt sich von seiner sonnigsten Seite.
Hochsteigen wollen wir aber nicht – der Berg scheint uns zu touristisch-trubelig und einbetoniert. Vom Ulmer Weg sieht es lustig aus, wie die Brockenbahn-Dampflok mit ihrer langen Kette von Waggons den Berg hinaufschnauft. Da kommen Kindheitserinnerungen hoch und wir wollen auch Dampflok fahren. Aber nicht auf den Brocken.
So steigen wir von Elend bis Hasselfelde auf Schienen um, was schon ganz ulkig war.
Wilde Tiere sehen wir unterwegs nur selten:
Überall am Wegesrand sind die Wühlspuren von Wildschweinen sehr deutlich, nachts hören wir sie auch manchmal, aber nie bekommen wir eins zu sehen. Dachse und Füchse können wir nur riechen, von Waschbären keine Spur. Auch Vögel sind ganz wenige dort. Es ist manchmal erstaunlich still im Wald. Nur ziehende Singschwäne und Reiher beobachten wir einige. Ein wundervoller Anblick ist es, als ein großer Hirsch mit einem großen Platsch in die Bode springt, sich dort eine Weile selbstbewusst präsentiert und schließlich majestätisch durch das Flüsschen stolziert! Ich bin zu beeindruckt zum Fotografieren.
Auch auf andere Wanderer stoßen wir kaum. Ausnahmen sind die wenigen Stellen, wo sich Spaziergänger konzentrieren: an der Achtermannhöhe, am Wurmberg und dann ganz gewaltig an einem sonnigen Herbst-Samstag im Bodetal. Das möchte ich nicht an einem Sommerwochenende erleben!
Der einzige Offizielle (Jäger/Förster/Ranger) trifft uns an einer Schutzhütte an, als wir neben unserem noch ausgebreiteten Nachtlager frühstücken. Es ist ein komisches Gefühl, wenn du weißt, du machst etwas höchstens Geduldetes, neben dir hält ein Auto, ein Uniformträger steigt aus und kommt mit seinem Gewehr auf dich zu ... Oh, oh!?
Wir haben uns sehr nett unterhalten und er hat uns den schon erwähnten, mittlerweile zugewachsenen, wunderbaren Pfad direkt von der Hütte ins wildromantische Bodetal beschrieben.
Das wäre für uns sonst ein größerer, nicht besonders reizvoller Umweg gewesen, hätten wir uns nach der Karte gerichtet. Vielen Dank! (Er traf sich zufällig vor „unserer“ Hütte mit einem Hundeführer zur Nachjagd eines am letzten Tage angeschossenen Muffelwildes.)
Auch die wenigen weiteren Einheimischen, denen wir begegnen, sind fast alle sehr nett, besonders die beiden Damen aus dem Lädchen in Elend, das gleichzeitig Touri-Info, Café, Souvenirladen und Reisebüro für unsere Etappe mit der Dampfeisenbahn ist. Einen aktuellen Fahrplan gibt es nicht in Buchform, und so geht eine der beiden eben mal für uns an der Haltestelle nachsehen, wie die Fahrzeiten sind, während die andere sich Mühe gibt, Chris mit seiner Wochen-Kaffee-Ration in zeitlich komprimierter Form zu versorgen. Wir helfen ihm.
Wir tragen eine Woche lang unsere Kletterschuhe durch den Harz. Und treffen auf wirklich bizarre Felsstapel. („Die hat doch da einer so hingelegt!“) Aber irgendwie sind wir so sehr im Wander-Modus, dass wir gar keine große Lust haben, uns jetzt hier ausgiebiger an die Steine zu hängen. Dafür kommen wir lieber ein anderes Mal wieder, nur zum Klettern oder Bouldern.
Insgesamt hatten wir eine absolut runde Tour. Mit Regen und viel Sonne. Mit schönen Wanderpfaden, reichlich Kilometern und dabei genug Gemütlichkeit und Pausen zum Genießen. Mit viel Einsamkeit und Ruhe, aber auch – als Kontrapunkt – viel Wanderverkehr auf der letzten Etappe durch`s Bodetal. Da wir mit unserer Verpflegung autark waren, konnten wir alle Ortschaften umgehen. Aber wenn wir einmal hineinkamen, wie in Elend, um dort Eisenbahn zu fahren, haben wir auch das genossen.
Mit der Verpflegung sind wir bestens hingekommen, und das Couscous hätten wir auch komplett aufgefuttert, wenn ich es nicht ein wenig zu feste gesalzen hätte (-> merke: wenn Brühe, dann nicht zusätzlich Salz!)
Schade, dass 5 Tage so schnell vorbei sein können. Ich werde sicher demnächst wieder losziehen. Und Chris und Alex haben ihre Begleitung schon versprochen. Das nächste Mal vielleicht im Schnee?
Ich bat euch hier vor der Tour um Tipps bezüglich des Harzer Wassers aus freier Natur. Wir nutzten letztendlich eine Mischung aus Kultur- und Naturversorgung. Nicht immer geplant, aber es bekam uns gut. Wenn wir an einem Wasserhahn, nicht allzuweit von unserem Ziel entfernt, vorbeikamen, füllten wir unsere Speicher dort. Wenn nicht, griffen wir auf die Natur zurück. Dann wurde weder gefiltert noch sonst irgendwie behandelt. Zum größten Teil wurde es allerdings vor dem Genuss als Tee, Kaffee oder zur Essenszubereitung gekocht. Aber nur gerade aufgekocht, wobei ich ja von euch gelernt habe, dass fachgerechtes Abkochen länger dauert. Das Wasser fiel jedoch entweder direkt vom Himmel oder floss in einem Bach, dem wir Unbedenklichkeit unterstellten.
Vielen Dank für eure vielen Tipps und Ratschläge, auch bezüglich der Schutzhütten; wir sind alle wohlauf und freuen uns auf eine Fortsetzung! Dann sicher als Plan A.
Viele Grüße, Meer Berge
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