[AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

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  • Wandermaedel
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    [AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

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    Rätikondurchquerung mit Hund Paul 25.08.-31.08.2019

    Latschau-Lindauer Hütte–Heinrich-Hueter Hütte–Totalphütte–Carschinahütte–Tilisunahütte-Latschau

    Nachdem im letzten Jahr die Bergtour ausgefallen ist, soll es in diesem Jahr wieder losgehen.
    Nur wohin mit einem 16 Monate jungen, bergunerfahrenen, aber energiegeladenen Jungrüden.
    Es sollte auf jeden Fall eine Hüttentour werden.

    Meine erste Idee war das Tannheimer Tal, dort wäre von einem Startpunkt aus eine 3 – Tagestour und von einem anderen eine 2 – Tagestour möglich.
    Nachteil: Die Hütten sind alle in 2,5 Stunden Gehzeit entweder vom Tal, oder von der Bergstation einer Seilbahn aus zu erreichen. Und das Ende August, keine gute Idee.

    Dann also wieder ins Rätikon. Dort bin ich schon zweimal gewesen, immer mit einem Hund und an Schwierigkeiten erinnere ich mich nicht. Trotzdem nehme ich das Sicherungsgeschirr, eine Reepschnur mit Karabinern für den Hund und einen extrem leichten Sitzgurt mit Bandschlinge und zwei Karabinern für mich mit.


    Sonntagmittag 13 Uhr

    Ich stelle mein Auto auf dem kostenlosen Parkplatz am Speichersee in Latschau ab, was beinahe nicht geklappt hätte. Es gab nur noch zwei freie Parkplätze, einer davon war sogar für meinen Kleinstwagen zu schmal. Der andere passte gerade so eben. So ist das halt an einem supersonnigen Sonntag Ende August, wenn zum einen der Hüttenzustieg leicht, zum anderen auch noch eine Bergbahn in der Nähe ist.

    Diese benutzen wir aber nicht, der Hund sowieso nicht, der will nach der langen Autofahrt laufen und schnüffeln und ich gebe auch gerne der kostenlosen Variante den Vorzug. So steigen wir gemächlich durch‘s Gauertal zur Lindauer Hütte auf. 2,5 Stunden soll es dauern.

    Anfangs müssen wir leider auf dem Fahrweg (Schotterpiste) zur Hütte laufen, später, als dieser in Serpentinen übergeht, kann auf einem Bergpfad abgekürzt werden. Es ist warm und ich bin froh, dass gelegentlich ein Baum seine Schattenhand über mich hält.

    An der Lindauer Hütte angekommen (Hund Paul ist inzwischen an der Leine), gibt es die erste kleine Schwierigkeit: Der Hund will nicht in die Hütte. Wie ich auch ziehe und zerre und ihm gut zurede, er bleibt stocksteif stehen. Na dann eben anders – um die Hütte herum auf die Terrasse -, das geht problemlos.
    Ich binde ihn an einem Tisch an, stelle meinen Rucksack auf die dazugehörige Bank, nehme meinen Alpenvereinsausweis und begebe mich zur Anmeldung. Der Hüttenwirt selbst nimmt mich in Empfang. Seine erste Frage: „Hast du reserviert?“ „Nein.“ „Mit Hund ist es immer besser zu reservieren.“ „Ja, ich weiß, ging sich aber nicht aus.“ „Du kannst im Winterlager schlafen, den Hund kannst du mitnehmen.“ „Perfekt.“
    Das Winterlager ist groß, der Hund und ich sind allein dort und bleiben es auch.

    Lindauer Hütte


    Lindauer Hütte mit den *Drei Türmen*


    Ich habe auf keiner Hütte reserviert, deshalb schleppe ich eine komplette Biwakausrüstung – Isomatte, Tarp, Schlafsack – mit. Noch so manches Mal werde ich über meinen schweren Rucksack jammern.

  • Wandermaedel
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    #2
    AW: Rätikondurchquerung mit Hund Paul


    Tag 2:Lindauer Hütte – Heinrich – Hueter Hütte


    Ich habe vorsichtshalber den Wecker meines Billighandys gestellt um das Frühstück nicht zu verpassen. Wäre aber nicht nötig gewesen, weil ich unterwegs nie gut schlafe und durchschlafe schon mal gar nicht. Da ist zum einen der Harndrang, der mich häufiger als zu Hause vom Lager treibt, dann sitzt der Hüttenschlafsack wieder nicht richtig – die Kapuze nicht über dem Kopfkissen – dieses ist zu dick oder zu dünn, mit geht es nicht, ohne aber auch nicht…. Ich weiß, mein Wasserbett hat mich für‘s Outdoorschlafen verdorben.
    Der Wecker hat dann auch nicht geschellt, geklingelt oder gebrummt, weil ich, nachdem ich die SD-Karte mit der Musik eingelegt hatte, die Uhrzeit nicht angepasst hatte.

    Nach dem Vorfrühstückskurzspaziergang mit Pauli, bewacht er das Winterlager und ich ermuntere meine Lebensgeister. Erfreulich in der Lindauer Hütte: Es gibt verschiedene Frühstücksvarianten zur Auswahl. Ich habe gestern Abend das kleine – Brot, Butter, Marmelade, ein Heißgetränk -, bestellt und bezahlt. Eine Schnitte wird sofort verzehrt, die andere sorgfältig eingewickelt und mitgenommen. Frühstück ist von 7 – 8 Uhr, dementsprechend früh sind wir unterwegs. Das Wetter ist topp.

    Bis zum Öfapass ist einiges an Aufstieg zu leisten und Schweiß und Wasser fließen, ersterer von der Stirn, zweiteres durch die Kehle. Das Gelände ist nicht schwierig, ich kann die Bergwelt genießen. Pauli erst nachdem er die *Montafoner Hangrinder* weiträumig umgangen und hinter sich gelassen hat.



    Aufstieg zum Öfapass


    Vom Öfapass geht es abwärts zum Schweizer Tor. Hier treffen sich Wege aus vier Richtungen: Von der Heinrich–Hueter–Hütte, der Douglas Hütte, der Carschinahütte und der Lindauer Hütte, von der ich komme.



    Der Plan ist, weiterzugehen zur Douglas Hütte am Lüner See, das wäre bergauf. Äh nä, nicht schon wieder aufsteigen, dann lieber zur Heinrich-Hueter Hütte. Der Pfad führt über liebliche Almweiden bergab.



    Aber wie das auf Almweiden so ist, es gibt nicht nur einen Pfad, sondern mehrere, von Kühen getretene, Weglein. Einem davon bin ich unbewusst gefolgt, was ich aber erst merke, als die roten Markierungen ausbleiben. Ups, wat nu?
    „Hund, du bist ein schlechter Wegfinder. Hund? Pauli? Pauli!!! Du verdammter Köter, wo bist du?“
    Hund kommt hechelnd angestürmt. „Frauchen, da war so ein nettes kleines Pelztierchen, das hat gerufen, das wollte ich begrüßen.“

    Was also macht frau wenn sie keine Markierung mehr sieht? Selbst eine setzten? Natürlich nicht. Sie geht zurück bis zur letzten und orientiert sich neu. Nachdem der richtige Weg gefunden und durch das Navi bestätigt ist, laufen wir weiter.

    An einer Abzweigung ein Wegweiser: 2h bis zur Heinrich-Hueter. Hä, das soll stimmen? Vom Schweizer Tor waren es 2,5h und wir sind schon eine Weile unterwegs.
    Bald darauf kommt eine Alm in Sicht. Der Karte nach ist es die obere Zaluandi Alm. Auf den Schock, dass wir kaum vorwärts gekommen sind, mache ich eine längere Pause.



    Die zweite Schnitte vom Frühstück habe ich schon verzehrt, so greife ich zum Frühstücksbreipulver aus gemahlenen Haferflocken und Erdmandeln, das ich zuhause mit Fertigkakaopulver vermischt habe (Vollmilchmilchpulver war aus) und das ich jetzt nur noch mit Wasser aufgießen muss. Pauli stromert derweil herum. Dass er in den Schatten gehen und sich ausruhen soll, lässt er außer Acht.

    Willkommene Abwechslung für ihn sind vier Wandersleute, die er schon gewittert hat, bevor sie zu sehen waren. Streicheleinheiten bekommt er keine.

    Nach der oberen, kommt die untere Zaluandialm und hier endet endgültig der schmale Bergweg. Auf einer breiten, harten Almstraße geht es zu Tal. Ich hasse solche Wege und überlege, im Gasthaus Rellstal Quartier zu nehmen, zumal Pauli schon recht Pfotenlahm ist (zur Erinnerung: er ist 16 Monate alt). Das wird aber nichts, entweder ist der Betrieb nicht auf Schlafgäste eingestellt, oder die mit Hund werden grundsätzlich weitergeschickt. Ich habe nicht danach gefragt, es hätte eh nichts geändert.

    Also weiter, immer noch auf breiten, harten Wegen.
    Ein Wegweiser: Heinrich-Hueter-Hütte-45 Minuten.
    Das sollte zu schaffen sein. Je höher wir kommen um so häufiger können wir auf einen Bergweg ausweichen, der die Serpentinen der Schotterpiste abkürzt. Pauli erweist sich jetzt wieder als unbeirrbarer Wegfinder. Nach neuneinhalb Stunden Gesamtzeit sind wir am Ziel.



    Das Hüttenpersonal ist nett und dass ich nicht reserviert habe, ohne Belang. Wir bekommen ein schönes Lager zugeteilt.
    Zuletzt geändert von Wandermaedel; 05.11.2019, 21:18.

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      #3
      AW: Rätikondurchquerung mit Hund Paul

      Sehr schöner Bericht, in den ich mich als ebenfalls Hunde-Frauchen so richtig reinversetzen kann
      Leider habe ich nie den Versuch gewagt, mit Hund eine Hüttentour zu wandern, da ich davon ausging, dass Hunde dort sowieso meist verboten sind.
      Freu mich auf Deine Fortsetzung......
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      • Wandermaedel
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        #4
        AW: Rätikondurchquerung mit Hund Paul

        Danke für das Lob, schön dass dir der Bericht gefallen hat.

        Hunde sind nicht verboten, aber es wird immer schwieriger mit einem Hund auf einer Hütte unterzukommen.

        Früher - so vor 20 Jahren - war es viel einfacher, zu mindestens dann, wenn du einen Hund hattest der alleine bleiben konnte und das konnten viele, weil sie es so gewöhnt waren. Der Hund schlief dann im Holzschuppen (gibt es heute nicht mehr), im Schuhraum, im Flur, unter der Treppe...Das alles geht heute nicht mehr weil zum einen Menschen Hundehaarallergien haben (angeblich), Angst vor Hunden, Hunde nicht leiden können... zum anderen Hundehalter ihren Hunden keine Grenzen setzen (Hund wird am Tisch gefüttert, Hund rennt rum und belästigt die Menschen)...

        Die Hüttenwirte haben oft ein Zweibettzimmer für Hundeleute und ihre Vierbeiner, oder lassen sie im Winterraum schlafen (wenn dieser nicht durch Vorräte im Sommer unbenutzbar ist). Es gibt aber auch Alpenvereinssektionen und/oder Hüttenwirte die nehmen gar keine Hunde mehr (viele Hütten im Allgäu, angeblich wegen schlechter Erfahrungen). Es gibt auch Hütten, da dürfen die Hunde noch nicht einmal mit in die Gaststube.

        Die beste Zeit für's Hüttenwandern mit Hund scheint vorbei zu sein.

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          • 08.05.2018
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          #5
          AW: Rätikondurchquerung mit Hund Paul

          Das bestätigt leider meine Bedenken

          Umso toller, dass Du diese Tour mit Pauli in Angriff genommen hast!
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            #6
            AW: Rätikondurchquerung mit Hund Paul

            Schöner Bericht, freu mich auf die Fortsetzung...

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            • Wandermaedel
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              • 02.11.2017
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              #7
              AW: Rätikondurchquerung mit Hund Paul

              Danke. Hier kommt ein weiterer Schnipsel.

              Tag 3: Heinrich-Hueter-Hütte – Douglas Hütte am Lüner See - Totalphütte

              Der eigentliche Plan war von der Lindauer Hütte zur Douglas Hütte zu gehen, dort zu übernachten, am nächsten Tag über den Saulasteig zur Heinrich-Hueter-Hütte und über die Lüner Krinne wieder zur Douglas Hütte.
              Nun habe ich diesen Plan gestern am Schweizer Tor verworfen und starte heute also von der H-H-H. Klar ist, ich werde über den Saulasteig gehen, wenn Pauli das schafft. Ich befrage den Hüttenwirt zur Gangbarkeit des Steiges mit Hund. Der sagt nur: „Passt schon.“



              Auch heute sind wir um kurz nach acht unterwegs, trotzdem wird mir beim Aufstieg ordentlich warm. Der Hund hat einige Aufstiegshürden in Form von Montafoner Hangrindern (die heißen nur bei mir so) zu überwinden, danach steht seiner freien Entfaltung nichts mehr im Weg.

              Kurz vor dem Saulajoch (Aufstieg Normalweg zum Saulakopf) treffen wir eine Wanderin die zum Saulaklettersteig unterwegs ist. Sie zeigt sich äußerst skeptisch meinem Unterfangen gegenüber, mit dem Hund über den Saulasteig zu gehen. Ich bin trotzdem guten Mutes, habe ich doch für den Notfall für den Hund und mich Sicherungsmaterial dabei.



              Das Sicherungsgeschirr lege ich dem Hund an bevor wir in den Steig einsteigen. Bis auf ein zweimaliges Anlupfen an einem hohen Felsblock wird es nicht gebraucht. Pauli ist unerschrocken, vorsichtig und folgsam.

              Im Saulasteig










              Von unten, also vom Lüner See her, kommen uns etliche Wanderer entgegen, zwei davon mit Hund und eine Familie mit kleinen Kindern, ich schätze sie auf fünf und sieben Jahre. Alle gehen ungesichert. Kopfkratz.

              Na ja, denke ich, die Eltern werden schon wissen, was sie tun. Und vielleicht sind die *Kurzen* schon so oft in den Bergen gewesen, dass sie es auch wissen. Denn ganz ohne ist dieser Steig nicht, läuft der oft schmale Weg doch dicht an der Hangkante entlang.

              Unten am See ist die Hölle los. Die Lüner See Bahn macht es möglich. Ich verwerfe sofort meinen Plan, in der Douglas Hütte zu übernachten, und den Rundgang um den See streiche ich auch. Eine Pause mache ich dennoch, ein Stück Kuchen geht immer. Der Hund schaut etwas ungnädig ob der erzwungenen Pause, nimmt sie dann aber doch gerne an.
              Zuletzt geändert von Wandermaedel; 06.11.2019, 14:46.

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                #8
                AW: Rätikondurchquerung mit Hund Paul

                Lüner See - Totalphütte


                Nach etwa einer Stunde habe ich genug von dem Trubel, fotografiere die Infotafeln um zuhause den Earthcache lösen zu können und ergreife zusammen mit Pauli die Flucht. Ich schlage eine forsche Gangart an, wobei das Ganze zu einem Slalommarsch wird, so viele Menschen flanieren um den See. Die meisten kommen mir entgegen.

                Ich bin froh als ich den Abzweig zur Totalphütte erreiche und in den schmalen Bergsteig einschwenke.





                Die Freude währt allerdings nicht lange, denn dieser Steig führt auch zum Schesaplanagipfel und jetzt, kurz nach Mittag, bewegt sich ein Lindwurm von oben nach unten.

                Nach einer knappen Stunde habe ich die Nase voll vom dauernden stehen bleiben und – Pauli, Stopp! - rufen. An einer geeigneten Stelle verordnet ich uns eine längere Pause. Damit der Hund mit seinem schwarzen Fell keinen Hitzetod stirbt, verschaffe ich ihm mit einem nassen Handtuch Kühlung und mit meiner Jacke Schatten.





                Der Menschenstrom reißt immer mal wieder ab, aber schon im nächsten Moment kommt ein neuer hinter einer Biegung hervor. Hauptsächlich sind es Jugendliche. Ich frage einen nett aussehenden Mann nach dem Grund für diese Völkerwanderung.

                „Das ist eine kirchliche Jugendfreizeit, 145 Personen waren oben auf der Schesaplana, das war ganz schön eng. Ein Wunder, dass nichts passiert ist, so wie die rumgesprungen sind.“

                Gegen 16 Uhr wird es ruhiger und ich steige weiter auf.



                Ich bin gespannt, was ich oben an der Hütte vorfinde, denn ein Teil dieser wurde im Frühjahr von einer Staublawine weggerissen und es ist nur ein eingeschränkter Hüttenbetrieb möglich. Um diesen wichtigen Stützpunkt auch in diesem Jahr zu erhalten, wurden mehrere Container zum Schlafen aufgestellt und auch zwei Sanitärcontainer.

                fast oben


                oben




                Trotz der nicht ganz einfachen Verhältnisse werden wir sehr freundlich empfangen und auch hier kann die Biwakausrüstung im Rucksack bleiben. Wir dürfen in einem Container nächtigen.

                Das absolute Highlight ist, zu mindestens für die meisten Wanderer, es gibt eine Dusche für Manderln und eine für Dirnderln, sie ist kostenlos und das Wasser heiß. Ich dusche nicht, das mache ich auf Hütten nie.

                Es wird ein netter Abend, mit tollen Ausblicken, schmackhaftem Essen und guten Gesprächen.

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                  #9
                  AW: [AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

                  Tag 4: Totalphütte – Carschinahütte

                  Diese Etappe ist mit fünf Stunden eine der längsten unserer Rundtour. Eines vorweg: Wir brauchen deutlich länger, sind halt Genusswanderer .

                  Als erste Herausforderung steht die Gamslugge (auch Gamslucke) auf dem Plan. Ein felsiger, recht bröseliger Aufschwung, der den Übergang in die Schweiz markiert und der nach einem kurzen Aufstieg, abwärts bezwungen werden muss. Der Steig ist mit Drahtseilen und Ketten versichert.

                  Auf dem Wegweiser an der Totalphütte ist ½ Stunde angeschrieben, das sollte zum Aufwärmen reichen. Heute morgen ist es recht frisch, die Sonne versteckt sich noch. Gut so, dann brauchen wir noch nicht zu schwitzen.
                  Bereits nach zehn Minuten, am Abzweig zur Schesaplana, fällt die erste Hülle, die Softshelljacke wandert in den Rucksack.
                  Derart erleichtert wandere ich beschwingt dahin, filme mal in die eine, mal in die andere Richtung. Tief unten liegt der Lüner See, am Schotterhang darüber ist unser Aufstiegsweg von gestern zu sehen.
                  Schnell sind wir am Einstieg zur Gamslugge angekommen, Pauli immer vorneweg. Drahtseile sollen den Aufstieg erleichtern. Ich brauche sie nicht, habe ja die Wanderstöcke. Die Action Cam hängt jetzt am Brustgurt vom Rucksack.


                  Aufstieg zur Gamslugge






                  Vom höchsten Punkt geht es auf schmalem, bröseligem Weg, manchmal auch nur auf Felsstücken, nach unten. Wir gehen ungesichert. Pauli hat am Saulasteig bewiesen, dass er trittsicher und umsichtig ist, mir reichen die Ketten und meine Stöcke.

                  Unterschätzt werden sollte der Abstieg aber nicht, denn manche Stelle ist doch recht ausgesetzt und
                  wer dort fällt, der fällt tief. Der Ausblick ist allerdings gigantisch und rasten und schauen ist nicht verboten.

                  Abstieg Gamslugge




                  Nachdem wir den mit Ketten gesicherten Abschnitt hinter uns haben, folgt noch ein langer, schottriger Serpentinenweg, der in einem lieblichen Almgelände ausläuft.
                  Wie wir so dahin wandern, dringt Geläut an mein Ohr und dann sehe ich sie auch schon: eine Herde Bergschafe. Eine Herausforderung für Pauli, wir müssen mitten hindurch.

                  „Pauli komm, ich nehme dich an die Leine, dann bist du sicher.“

                  Diese Meinung teilt er und lässt sich bereitwillig festmachen. Die Durchquerung gelingt problemlos, Schafe sind keine Kühe und nicht auf Körperkontakt aus.





                  Unser nächstes Ziel ist das Gafalljoch, dort wird gerastet, gegessen, getrunken und gewartet. Paul hat Stimmen gehört und er kann auf keinen Fall weitergehen, bevor die Wanderer zu uns aufgeschlossen haben. Es ist eine gemischte Truppe von acht Leuten. Wir sehen uns auf dieser Etappe noch häufiger, entweder machen sie Pause oder wir.

                  Mit den Kirchlispitzen im Blick geht es in leichtem bergauf – und bergab dahin bis zu einem Plateau. Von links mündet der Weg vom Schweizer Tor ein. Von der Totalphütte wäre auch dieser Weg möglich gewesen, für Pauli aber nur, wenn er vorher einen Kurs – wie komme ich eine senkrechte Leiter heil runter – gemacht hätte. Kräftigere Menschen als ich würden den Hund (er wiegt nur 22 kg) wahrscheinlich schultern, ich aber wäre wahrscheinlich samt Hund von der Leiter gefallen .

                  Der weitere Weg führt weitgehend eben am Hang entlang. Er ist nicht schwierig, aber sehr schmal, deshalb ist auch hier Vorsicht geboten.



                  Am Abzweig zum Grüscher Älpli verordne ich Pauli eine längere Pause. Wie schon gestern, kühlt ein nasses Handtuch sein Fell und meine Jacke spendet ihm Schatten. Er hat aber keine Lust auf ausruhen, so sind wir nach 10 Minuten wieder unterwegs.

                  Die Pause kommt als ich am wenigsten damit rechne. Wir haben uns gerade an einigen Kühen vorbei geschlichen, das Drusentor links oben, die Carschinahütte spitzt in der Ferne kurz hinter einem Grasbuckel hervor,

                  Hinter dem Grasbuckel liegt die Carschina Hütte


                  da lässt sich das Hundchen hinter einen großen Stein plumpsen und meint:

                  „Jetzt Frauchen, jetzt möchte ich eine Pause.“

                  Es ist 16 Uhr. Eine Stunde Pause dürfte drin sein. Ich krame den E-Book-Reader aus dem Rucksack und mache es mir so bequem wie möglich.

                  17 Uhr: Ich pflücke Jacke und Handtuch vom Hund. Die Jacke ziehe ich an, das noch nasse Handtuch kommt außen an den Rucksack. Ich schätze wir brauchen eine halbe Stunde bis zur Hütte, dann sind wir passend zum Abendessen dort.

                  „Komm Hund, auf gehts.“
                  Der Hund ziert sich, möchte noch liegen bleiben.
                  „OK, ich gehe schon mal vor.“

                  Das taugt ihm nicht und schon ist er wieder vorne




                  Wir brauchen 50 Minuten bis zur Hütte, Abendessen ist erst um 18:30 Uhr, Glück gehabt.



                  Als ich zur Anmeldung komme, die abligatorische Frage:
                  „Hast du reserviert?“ „Nein.“

                  Die Hüttenwirtin rauft sich die Haare:
                  „Ihr seid die fünften die sich nicht angemeldet haben. Ihr könnt bleiben, müsst aber in der Gaststube schlafen.“

                  Dann rattert sie im Schnelldurchgang noch einiges herunter von dem ich nur verstehe wo ich meinen Rucksack abstellen soll, in welcher der beiden Stuben ich sitzen muss und das es für die nicht Angemeldeten anderes Abendessen gibt. Auf Schweizer Hütten kann nicht à la carte gegessen werden, es gibt grundsätzlich Halbpension oder nichts.
                  Zuletzt geändert von Wandermaedel; 12.11.2019, 16:34.

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                    #10
                    AW: [AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

                    Auch diese Etappe hast Du wieder sehr schön beschrieben!

                    Ist wirklich toll, wie sicher sich Pauli in dem nicht ganz einfachen Gelände bewegt!
                    Mehr über mich in Sehnsucht-Natur

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                      #11
                      AW: [AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

                      Danke Verena, ich war auch überrascht wie gut er das macht. Für seine erste Bergtour top.

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                        #12
                        AW: [AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

                        Tag 5: Carschina Hütte – Tilisunahütte

                        Die Nacht in der Gaststube war unruhig und sie endete früh.
                        Unruhig war sie deshalb, weil alle Leute die Nachts zum Klo gingen, an der Tür zur Gaststube vorbei mussten und dann immer das Licht im Gang anging.
                        Die Tür zur Stube hat eine große Glasscheibe, zwar blickdicht, aber nicht lichtdicht. Und weil mein Schlaf unterwegs eh nicht der beste ist, war ich gefühlt dauerwach. Dazu kam, in der Stube war es sehr warm. Im Nachhinein denke ich, draußen zu schlafen wäre die bessere Option gewesen.
                        Aber nachher ist mann/frau immer schlauer.
                        Warum endete die Nacht früh: Um 6:30 Uhr mussten alle Hinweise auf die Nächtigung verschwunden sein, d.h. die Matratze an ihrem Aufbewahrungsort und Tische und Bänke korrekt ausgerichtet sein.

                        Die Wanderung zur Tilisunahütte ist kurz, 2,5 Stunden Gehzeit und weißt keine nennenswerten Schwierigkeiten auf. Das Wetter ist sonnig, nicht zu warm. Allerdings soll ab Mittag Regen kommen. Das schaffen wir leicht, vor dem Regen.
                        Wir schafften es nicht.





                        Tilisuna Fürkele




                        Nach der kurzen, aber zum Ende hin recht feuchten Wanderung kamen Paul und ich gegen Mittag an der Hütte an. Beide gleichermaßen nass, aber nur oberflächlich. Pauls Fell hatte das Wasser von seiner Haut weggehalten, bei mir das Regenzeug ganze Arbeit geleistet. Der Trockenraum war mit Kleidung überfüllt, meine wurde dazwischen gequetscht.
                        Dann zur Anmeldung. Die Frage, die ich schon kannte: "Hast du reserviert?" "Nein." Mmm, mmm, grübel, grübel. Der Chef wird geholt. Grübel, grübel, kopfkratz. "Ja, das könnte gehen."
                        Wir bekamen ein 4er Lager für uns allein.
                        Eigentlich eine kolosale Resourcenverschwendung, aber die Hundeleute werden nicht mit anderen Wanderern in einem Zimmer untergebracht (Die einzige Ausnahme war die Olperer Hütte in den Zillertalern, wo bei der Schlafplatzvergabe schlicht vergessen wurde, dass ich einen Hund dabei hatte. Für die anderen drei Mitschläfer war das kein Problem).
                        Der Nachmittag ist recht entspannt. Paul bleibt im Lager (das will er) und ich in der Gaststube, mit einem großen Stück Etappenabschlusskuchen - Nuss Schokolade - meinem E-Book-Reader und Gesprächen mit anderen Wanderern.

                        Der Morgen unseres Abstiegstages zeigt sich von seiner besten Seite. Ich würde gerne noch einen Tag bleiben, aber die Hütte ist ausgebucht. Also ab nach unten.





                        Nach wenigen Filmsequenzen muckt die Speicherkarte: voll - keine Aufnahmen mehr möglich. Eine zweite habe ich nicht dabei, also improvisieren.
                        In meinem Billighandy steckt eine Karte mit Musik und Hörbüchern. Na gut dann eben die. Nach einigen Sequenzen muckte auch die, nicht leistungsstark genug zum Filmen. Fotos gehen aber noch. Besser als nichts.
                        Wir halten uns in Richtung Tobelsee, lassen den Aufstieg zum Schwarzhorn links, den alpinen Pfad zum Tschaggunser Mittagshorn rechts liegen, queren unterhalb einen Hang, schmal und Drahtseil gesichert. Schöne Aussicht hat es hier, also stehenbleiben und schauen.





                        Der Tobelsee liegt idyllisch und lädt zum Baden ein.



                        Ich verzichte darauf, zum einen bin ich wasserscheu, zum anderen ist das Wasser gletscherkalt. Eine Pause gibt es auch nicht, zu schattig, zu kühl.



                        Auf der Tobelalpe findet sich das richtige Plätzchen für selbige. Ich verweile, schaue, fotografiere und stimme mich auf den kniefressenden Abstieg von der Alpilaalpe ein.





                        Diese ist schnell erreicht und kurz dahinter biegen wir auf einen sehr steilen, abwärts leitenden Waldpfad ein. Ich bin froh meine Stöcke dabei zu haben.

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                        • Wafer

                          Lebt im Forum
                          • 06.03.2011
                          • 8664
                          • Privat

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                          #13
                          AW: [AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

                          Hallo Wandermaedel.

                          Bei deinen Berichten über Bergtouren mit Hund hast du mit mir immer einen treuen Leser. Der Paul gefällt mir. Mir seinem langen, schwarzen Platzmantel war der heiße Sommer dieses Jahr sicher nicht immer ideal. Da sind die Berge eigentlich genau richtig: Je höher man kommt desto kühler wird es.
                          Es erstaunt mich immer wieder, das du unangemeldet mit Hund so gut durch kommst. So wie es bei dieser Tour bisher mit dem übernachten lief, ginge das evtl. auch mit unserem Hund. Wenn er bei uns schlafen kann geht viel. Wenn nicht, geht gar nix. Darum mache ich mit ihm nur Tagestouren. Eigentlich schade!
                          Ich freue mich auf die Fortsetzung und auf weitere Berichte dieser Art!

                          Gruß Wafer

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                          • Wandermaedel
                            Erfahren
                            • 02.11.2017
                            • 177
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

                            Danke Wafer, ich freue mich immer, wenn jemand meine Tourenberichte liest und kommentiert.

                            Im Gegensatz zu früher - ich rede von vor 20 Jahren - gibt es heute kaum noch eine Möglichkeit den Hund außerhalb der Hütte unterzubringen. Holzschuppen braucht dort niemand mehr, im Schuhraum oder Flur wird auch kein Hund mehr allein untergebracht, so dass du in der Regel mit deinem Hund zusammen nächtigst.

                            In den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017 habe ich auf den Hütten meiner geplanten Touren reserviert. War nicht immer einfach, mal hatten die Hüttenwirt*innen Probleme mit Hund auf der Hütte, oder in der fraglichen Zeit war schon ein anderer Hund eingebucht und zwei Hunde gleichzeitig akzeptierten die meisten nicht, d.h. die Hütte fiel aus. Das ist bei einer Rundtour natürlich übel.

                            Auf zwei Touren habe ich den Zeitplan nicht eingehalten, einmal bin ich wegen Neuschnee ins Tal abgestiegen und zwei Tage später auf der nächsten Hütte angekommen und siehe da, ich bekam mit dem Hund trotzdem einen Schlafplatz. Auf einer anderen Tour war ich wegen meiner eigenen Dämlichkeit aus dem Zeitplan, ich hatte auf einer Hütte übernachtet die ich eigentlich überlaufen wollte. Auch hier wurde ich auf den beiden folgenden Hütten untergebracht, einmal im Winterlager, einmal in einem Kabuff.
                            Daraus habe ich geschlossen, dass, bist du einmal vor Ort und du trittst nicht motzig oder großspurig auf und dein Hund benimmt sich, ein Schlafplatz für Zwei -und Vierbein gefunden wird.
                            Selbst auf dem Berliner Höhenweg, bzw. Peter Habeler Weg in den Zillertalern, die von den München - Venedig Wanderern stark frequentiert sind, durfte ich mit dem Hund drinnen übernachten.

                            Zur Sicherheit hatte ich auf dieser Tour allerdings die Biwakausrüstung (Tarp, dickeren Schlafsack, Isomatte) dabei.

                            Gruß
                            Gabriele

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                            • Rattus
                              Lebt im Forum
                              • 15.09.2011
                              • 5177
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

                              Ich habe deinen Bericht auch gern gelesen Pauli macht sich wirklich toll, als Begleiter wie als Modell!
                              Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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                              • Wandermaedel
                                Erfahren
                                • 02.11.2017
                                • 177
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                                AW: [AT] Rätikondurchquerung mit Hund Paul

                                Danke.

                                Kommentar

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