Tourentyp | |
Lat | |
Lon | |
Mitreisende | |
Längst bekannt, noch nie wiederholt: Der B1, eine alternative Route über die Alpen für alle, denen der E5 zu voll ist. Recht schnell tauchte die Frage auf, wie man von hier zum zum Startpunkt des GTA bzw. des nördlichsten Ausläufers, dem Griesspass, gelangen könnte. Mit der Tour hier dürfte die Frage beantwortet sein.
Sa. 23.9.2017 - von Airolo zum Rifugio Camosci (2900m)
Da sich im "spontan am Wochenende" kein Mitstreiter fand und der einzige potentielle Mitwanderer freundinnerweise genötigt wurde, einer Geburtstagsparty beizuwohnen, ging es solo los. Um 9:47 Uhr spuckte mich der Zug am Bahnhof in Airolo aus, von dort zu Fuß die ersten Meter bis zur Kabinenbahn und mit der Gondel um 10:30 Uhr rauf bis Pesciüm (1745m). Da mein Ziel die unbewartete Hütte bzw. Biwakschachtel direkt unter dem Gipfel des Cristallina lag, hatte ich nicht vor, all zu früh dort einzutrudeln. Anstelle also die direkte Route über den Passo dei Sassi zu nehmen, entschloß ich mich für die Ehrenrunde über den östlich davon gelegenen Passo Sassello und von dort dann zum Ziel zu gehen.

Hier endet der B1 - Wegweiser am Bahnhof Airolo. Im Hintergrund bereits die Kabinenbahn (etwa 20 Min zu Fuß)

Alle 30 Minuten fährt die Bahn (und es hat genügend Platz für ein Biwak, sollte man einen Plaatz bei Airolo suchen)

Andere Wanderer fehl am Platz - auf dem Weg zur Alpe Ravina
Der Pfad führt zunächst in östliche Richtung ohne größere Höhendifferenzen bis zur Alpe Ravina, wo ich für längere Zeit die letzte andere Person in Form eines älteren Manns antraf, der einsam den dortigen Rastpunkt bewartete. Wanderer waren hier und auch auf der weiteren Strecke keine unterwegs. Kurz danach zweigt der Weg dann an einem ausgebleichten Schild in Richtung Lago di Ravina ab und von dort aus dann östlich eines Bergkamms aufwärts zum Passo Sassello (2336m). Dem Ausbauzustand nach muß dieser früher eine bedeutende Rolle beim Warentransport ins Nebental gespielt haben.

Lago Ravina, ein hübscher Platz für eine Pause

Schönstes Herbstwetter

Eine der vielen ausgebauten Stellen im Pfad zum Paß

Passo Sassello in Sicht
Um 13 Uhr erreiche ich dann das erste Ziel, die Paßhöhe auf 2336m, und beim Blick auf den weiteren Weg wird mir sofort klar: das Buch für die Hütte habe ich umsonst eingepackt, das ist noch ein ordentliches Stück Weg bis zum Ziel.

Da guckste aber. Der Cristallina ist der höchste der schneeverzierten Zacken im linken Bilddrittel und nicht ganz in der Nähe meines Standorts.
Nach 10 Min Pause geht es also gleich weiter. Die Abzweigung vom gut erkennbaren Pfad erfolgt bei einer Wegmarkierung, die anstelle des = (in weiß-rot-weiß) ein ebenso geformtes Y zeigt und auf etwa 2250m erfolgt. Der weitere Weg ist nicht
oder kaum erkennbar, lediglich die Farbmarkierungen zeigen, daß man richtig liegt. Es geht grob Höhe haltend den Hang in Richtung Lago Nero, wobei einige Abschnitte im steileren Gras und ein paar kurze exponierte Tritte im Fels dafür sorgen, daß dieser mit T4 gut eingestuft sein dürfte. Netterweise ist hier die Spur jedoch gut erkennbar und deutlich ausgetreten, bei Nässe jedoch trotzdem ziemlich ungenießbar. Ein Ausrutscher bedeutet unweigerlich und unbremsbar einen 200m Abflug auf den Talboden darunter. Nach einer netten Einlage in Form einer steileren Rinne wird der Weg schnell breiter und führt letztendlich auf einem breiten Pfad zur Alpe Garzonera, welche ich nach 1.5h ab Paßhöhe erreiche.

Steilere Rinne, die man runter muß

Blick zurück, links im Bild noch die Felsrinne, die es runter geht. Wer Übung hat, dem fallen auch die tiefen Wolken am Hang ganz hinten auf, die in gleicher Höhe wie ich herum hängen. Schlechtes Wetterzeichen.

Das Ziel rückt näher (und die Wolken werden dunkler). In der Vertiefung rechts im Hang liegt die Alpe Garzonera, das nächste Ziel.

Alpe Garzonera
Ein kurzer Orientierungsblick auf die Karten, dann geht es gleich an der breiten Kante links neben der Alp zuerst ein paar Meter weglos bzw. markierungsfrei aufwärts, wobei ich mich an dem Höhenrücken immer links auf der Talseite haltend bis auf etwa 2280m unterhalb einem markanten Höcker (P2368m) ein deutlich erkennbarer und breiter Pfad nach links auf die Talseite wegleitet und diesem dann weiter in Richtung Stausee leicht aufsteigend folgt. In der Ecke 687600/149400 verliert sich dann der Pfad in der Wiese und weder Steinmännchen noch Wegmarkierungen zeigen den weiteren Weg. Ich quere den Hang im Bereich 2350-2370m, erreiche zunächst ein kleines Bachbett bei 687630/149360, wo ich ein paar Meter bis zu einer Abflachung im Hang darüber aufsteige und dann weiter Höhe haltend zu 687430/149250 quere. Hier flacht das Gelände etwas ab und wird felsig. Auf 2360m finde ich dann zumindest zwei Steinmännchen, die nach einer Rinne nach links über den Rücken weiter weisen. Bei den zwei Männchen (jetzt drei, ich habe noch eins gebaut) bleibt es dann auch, Wegspuren oder Kennzeichen Fehlanzeige. Daß die grobe Richtung Süden richtig ist, zeigt ein kurzer Abstecher nach Westen in Richtung Lago del Forma. Das Gelände wird sofort steil und bricht in steilen, ohne technische Hilfsmittel nicht begehbaren Felsen ab.
Entlang einiger breiter Grasrinnen und -querungen jedoch erreiche ich bequem den darunter liegenden deutlich erkennbaren Pfad und finde dann sogar knapp darüber zwei etwas ausgebleichte Farbmarkierungen (ohne Pfad). Der Weiterweg entpuppt sich entspannt und recht gut markiert. Zunächst zum See, über dessen Abfluß und dann sofort den dort beginnenden Felsrücken, welcher den See in südlicher Richtung abgrenzt, aufwärts (Farbmarkierungen). Auf 2340m dreht der spätestens hier sehr gut ausgetretene Pfad nach Süden, umrundet eine Bergkante und führt zur Stauseemauer des Lago del Naret, den ich um 15:45 Uhr erreiche.

Kamelhöcker (P2368). Unterhalb dieses Buckels geht es nach links raus.

Breiter Pfad in Richtung Stausee

Ein paar hundert Meter weiter und der Weg ist weg. Man erkennt aber hier bereits eine grasige Terasse auf gleichen Höhe hinter einer felsdurchsetzten Rinne im Hang. Diese Terasse ist das nächste Ziel.

Nach der Felsrinne ist die Teraasse deutlich erkennbar. Direkt an nach der kleinen Rinne auf dem Weg dorthin findet man die Steinmännchen und muß nach links weiter, dem breiten Hang runter. Man beachte auch das Unwetter im Hintergrund.

Die ersten und auch letzten Markierungen, die ich hier fand. Hier geht es runter.

Auf dem Pfad darunter, Blick zum See und dem weiteren Weg über den Felsrücken.

Am Stausee

roter Kreis rechts - die Bachrinne, die man knapp oberhalb überqeurt, linker roter Kreis - Terasse und der Ort, wo die Steinmännchen stehen.
Das schlechte Wetter, welches ich bereits seit dem Passo Sassello immer im Auge behalte und das sich bislang netterweise im Val Bavona und weiter westlich austobt, schwappt in meine Richtung rüber. Auf der Staumauer verschlechtert sich die Sicht, der Cristallina hüllt sich ab 2700m in Wolken und es beginnt zu schneien. Ich folge dem Weg südlich um den See herum und steige dem Weg folgend über den Übergang westlich des Passo del Sasso Nero hin zum Ostgrat des Cristallina auf. Während ich das weitere Vorgehen plane (im Nebel hoch oder doch südlich herum weiter zur Cap. Basodino?), reißen die Wolken etwas auf und nachdem ich noch einen GPX-Track mit der Route im Netz finde und dann auch noch zig Steinmännchen den Weg säumen, beschließe ich, den Aufstieg in Angriff zu nehmen.

Weiter zum Cristallina oder doch ausweichen?

Es reißt auf, ich habe einen GPS-Track und es hat Steinbmännchen - weiter.
Auf 2650m dann kommt das nächste wörtliche Donnerwetter. Das Wetter wird wieder schlechter, es beginnt erneut zu schneien, aus Richtung SW drückt eine dicke Wolkenwand herein und es donnert. Super, ein Gewitter ist genau das, was ich für den Aufstieg über den Grat genau noch brauchen kann. Schnellstmöglich geht es über die verschneiten Felsen aufwärts, was weiter oben dann auf den Platten schon etwas anspruchsvoller wird. Irgendwo etwa 60-70m unter dem Gipfel verfehle ich dann wohl auch die eigentliche Route im Neuschnee und klettere zu einem Vorgipfel im Ostgrat auf, anstelle diesen in der Flanke zu umgehen. Ein paar IIer Stellen abwärts bin ich dann in einer kleinen Senke und folge der Gratkante aufwärts. Eine IIIer Stelle später, die dem Felsen nach zu urteilen auch andere schon gemacht haben, geht es weniger schwierig weiter. Kurz danach erfolgt dann die Erleuchtung. Das Gewitter hat sich bis dato fein südlich von mir gehalten und dort vor sich hin gegrummelt, und die bis jetzt mir bekannten Warnzeichen (brennende Metallgegenstände auf der Haut, summende Luft) sind ausgeblieben. Als der nächste Donnerschlag ertönt und in einem Gipfel südlich von mir der Blitz einschlägt, bekomme ich Elmsfeuer. Ein blauer Funke leuchtet kurz auf und ist dabei so hell, daß ich ihn als leuchtenden Blitz wahrnehme, obwohl er wahrscheinlich außerhalb meines Blickwinkels an den Stöcken entsprungen sein dürfte, die hinten am Rucksack festgebunden sind. Ein kurzer Check zeigt, daß die Haare nicht angekokelt sind, ich verpfeife mich aber schleunigst vom Grat weg in die Flanke und setze mich dort erst einmal gemütlich auf einen breiten Absatz, wo ich die Lage neu beurteile.

Knapp unterm Gipfel, hier drifte ich zu sehr nach links ab und erklimme den Vorgipfel (Höcker im Grat links), anstelle irgendwie direkt zum Hauptgipfel durch die Flanke zu queren.

Klasse gemacht, Herr Beck. Da geht es drüber, mit dem Gewitter im Genick.

Flankenausflug und ich finde auch noch ein paar alte Fußstapfen. Ich bin also richtig.

Gewitterwarte am Cristallina. Da zieht die Front durch.
Ich hocke kaum mehr als 60m Luftlinie und etwa 30m unterm Gipfel und sitze zunächst einmal fest. Ein Blick auf den Wetterradar von Meteoschweiz (ich habe besten Empfang dort oben) gibt Entwarnung. Die Front zieht südlich von mir durch, ist bereits im Abwandernd begriffen und danach ist Ruhe. Also genieße ich eben einige Zeit lang die Aussicht und die immer seltener werdenden Donnerschläge und wage nach 20 Minuten dann den Weiterweg. Die letzten paar Meter sind schnell erledigt, der Gipfel in gebückter Haltung überquert und sofort wieder verlassen und um 18:20 Uhr stehe ich dann im knietiefen Neuschnee vor dem Rifugio Camosci. Wie erwartet bin ich der einzige Gast auf der Unterkunft und habe somit freie Wahl unter den vier Betten. Wie vermutet und von KMS bestätigt (er war schon hier oben), war es richtig, Schlafsack und Daunenjacke einzupacken. Es hat zwar einen Holzofen und Holz, aber lediglich insgesamt 4 dünnere Decken für die Betten und im Inneren zeigt das Thermometer lockere 5°C an. Wenigstens mit dem sonstigen Problem des Wassermangels habe ich keine Schwierigkeiten, es hat massig Schnee vor der Hütte und der weitere Weg wird sicher auf den ersten Metern interessant. Doch keine dumme Idee, die Steigeisen ebenfalls einzupacken.

Hütte erreicht. Wenigstens herrscht kein Wassermangel.
Der Ofen ist schnell angeheizt und bringt den Raum nach 2 Stunden dann auch auf angenehme 11°C, Schnee auf dem Gaskocher geschmolzen und nach Weißwein und Abendessen verkrieche ich mich in den Schlafsack. All zu früh brauche ich nicht raus, den Abstieg im Neuschnee nehme ich lieber bei Tageslicht in Angriff.

Der Ofen stammt noch von 1943, wie man von den Bildern sieht, als das Teil hier im WW II gebaut wurde. 2013 wurde der Unterschlupf renoviert.

Eßecke, die sonstige Austattung: 3 Porzellanschüsseln für Suppe, 4 Teller, Besteck, 2 Töpfe, zig Packungen Tee, Salz, Zucker, Kerzen und drei mehr oder weniger brauchbare Kocher nebst Kartuschen.

Die vier Betten mit meinem Krempel, den ich einfach mal so ausgeschüttet habe. Stört keinen.

Aussicht zur Tür raus. Wer hier nicht aufpaßt und von der Leiter zur Tür runter fällt, spart sich einige Meter Abstieg.
Routenbeschreibung, Alternativen
Von Pesciüm über Alpe di Ravina, Lago Ravina zum Passo Sassello (T2, etwa 2.5h ab Kabinenbahn). Ab hier dem Val Sambuco aufwärts zur Alpe Garonera (T4, 1.5h ab Paß, bei Nässe sehr schnell ernsthaft werdend) und weiter zum Stausee Lago del Naret (1.15h, T4, ein Bereich weglos). Über den Staudamm zum Übergang westlich des Passo del Sasso Nero. Bei etwa 2490m zweigt der Weg Richtung Cristallina vom Wanderweg ab (mit Wegmarkierung gekennzeichnet, bis hier T2) und folgt dem breiten Grat aufwärts (Steinmännchen, T3). P2678 wird in der Flanke südlich davon umgangen, der weitere Weg erfolgt über die Flanke und ganz zuletzt am Grat (T4, einzelne Stellen I bis II-, bei Schnee schnell anspruchsvoller). Vom Gipfelkreuz aus ist die Hütte erkennbar und in unter 2 Minuten erreicht.
Gesamtstrecke: ca. 20km, 1750m aufwärts, 550m abwärts, etwa 8 Stunden reine Gehzeit.
Ausstattung: Einfache aber schön renoviertes Biwak, Platz für vier Personen. Ausreichend Kochmaterial (2 Töpfe, 4 flache Teller, 3 Trinkschüsseln, 2 Gläser), Holzofen, Holz, Spaltwerkzeug und Säge, kein Wasser, keine Toilette, 4 Betten (davon drei mit Matrazen), vier dünne Decken. Wasser muß von der letzten Quelle (unten am Stausee) mitgetragen oder aus Schnee gewonnen werden, bei der Ausstattung empfiehlt sich ein eigener Kocher mit Gas sowie zumindest Geschirr zum Essen.
Alternativen:
Ab Pesciüm in das Bedrettotal zur Alpe Cristallina (ca. 2h ab Pesciüm laut Wegweiser) und von dort in etwa 1.5h zur Cap. Cristallina auf 2568m (T2 ab Alpe Cristallina).
Ab Pesciüm über Passo dei Sassi (2553m) zur Alpe Garnorera und von dort dem Weg weiter folgend zum Cristallina. Etwa 4.5km weniger Strecke, gleiche Höhenmeter, ca 7 Stunden, T4.
Ab Lago del Naret über Passo del Naret zur Cap Cristallina (2h 15 min ab Staumauser)
Sa. 23.9.2017 - von Airolo zum Rifugio Camosci (2900m)
Da sich im "spontan am Wochenende" kein Mitstreiter fand und der einzige potentielle Mitwanderer freundinnerweise genötigt wurde, einer Geburtstagsparty beizuwohnen, ging es solo los. Um 9:47 Uhr spuckte mich der Zug am Bahnhof in Airolo aus, von dort zu Fuß die ersten Meter bis zur Kabinenbahn und mit der Gondel um 10:30 Uhr rauf bis Pesciüm (1745m). Da mein Ziel die unbewartete Hütte bzw. Biwakschachtel direkt unter dem Gipfel des Cristallina lag, hatte ich nicht vor, all zu früh dort einzutrudeln. Anstelle also die direkte Route über den Passo dei Sassi zu nehmen, entschloß ich mich für die Ehrenrunde über den östlich davon gelegenen Passo Sassello und von dort dann zum Ziel zu gehen.

Hier endet der B1 - Wegweiser am Bahnhof Airolo. Im Hintergrund bereits die Kabinenbahn (etwa 20 Min zu Fuß)

Alle 30 Minuten fährt die Bahn (und es hat genügend Platz für ein Biwak, sollte man einen Plaatz bei Airolo suchen)

Andere Wanderer fehl am Platz - auf dem Weg zur Alpe Ravina
Der Pfad führt zunächst in östliche Richtung ohne größere Höhendifferenzen bis zur Alpe Ravina, wo ich für längere Zeit die letzte andere Person in Form eines älteren Manns antraf, der einsam den dortigen Rastpunkt bewartete. Wanderer waren hier und auch auf der weiteren Strecke keine unterwegs. Kurz danach zweigt der Weg dann an einem ausgebleichten Schild in Richtung Lago di Ravina ab und von dort aus dann östlich eines Bergkamms aufwärts zum Passo Sassello (2336m). Dem Ausbauzustand nach muß dieser früher eine bedeutende Rolle beim Warentransport ins Nebental gespielt haben.

Lago Ravina, ein hübscher Platz für eine Pause

Schönstes Herbstwetter

Eine der vielen ausgebauten Stellen im Pfad zum Paß

Passo Sassello in Sicht
Um 13 Uhr erreiche ich dann das erste Ziel, die Paßhöhe auf 2336m, und beim Blick auf den weiteren Weg wird mir sofort klar: das Buch für die Hütte habe ich umsonst eingepackt, das ist noch ein ordentliches Stück Weg bis zum Ziel.


Da guckste aber. Der Cristallina ist der höchste der schneeverzierten Zacken im linken Bilddrittel und nicht ganz in der Nähe meines Standorts.
Nach 10 Min Pause geht es also gleich weiter. Die Abzweigung vom gut erkennbaren Pfad erfolgt bei einer Wegmarkierung, die anstelle des = (in weiß-rot-weiß) ein ebenso geformtes Y zeigt und auf etwa 2250m erfolgt. Der weitere Weg ist nicht
oder kaum erkennbar, lediglich die Farbmarkierungen zeigen, daß man richtig liegt. Es geht grob Höhe haltend den Hang in Richtung Lago Nero, wobei einige Abschnitte im steileren Gras und ein paar kurze exponierte Tritte im Fels dafür sorgen, daß dieser mit T4 gut eingestuft sein dürfte. Netterweise ist hier die Spur jedoch gut erkennbar und deutlich ausgetreten, bei Nässe jedoch trotzdem ziemlich ungenießbar. Ein Ausrutscher bedeutet unweigerlich und unbremsbar einen 200m Abflug auf den Talboden darunter. Nach einer netten Einlage in Form einer steileren Rinne wird der Weg schnell breiter und führt letztendlich auf einem breiten Pfad zur Alpe Garzonera, welche ich nach 1.5h ab Paßhöhe erreiche.

Steilere Rinne, die man runter muß

Blick zurück, links im Bild noch die Felsrinne, die es runter geht. Wer Übung hat, dem fallen auch die tiefen Wolken am Hang ganz hinten auf, die in gleicher Höhe wie ich herum hängen. Schlechtes Wetterzeichen.

Das Ziel rückt näher (und die Wolken werden dunkler). In der Vertiefung rechts im Hang liegt die Alpe Garzonera, das nächste Ziel.

Alpe Garzonera
Ein kurzer Orientierungsblick auf die Karten, dann geht es gleich an der breiten Kante links neben der Alp zuerst ein paar Meter weglos bzw. markierungsfrei aufwärts, wobei ich mich an dem Höhenrücken immer links auf der Talseite haltend bis auf etwa 2280m unterhalb einem markanten Höcker (P2368m) ein deutlich erkennbarer und breiter Pfad nach links auf die Talseite wegleitet und diesem dann weiter in Richtung Stausee leicht aufsteigend folgt. In der Ecke 687600/149400 verliert sich dann der Pfad in der Wiese und weder Steinmännchen noch Wegmarkierungen zeigen den weiteren Weg. Ich quere den Hang im Bereich 2350-2370m, erreiche zunächst ein kleines Bachbett bei 687630/149360, wo ich ein paar Meter bis zu einer Abflachung im Hang darüber aufsteige und dann weiter Höhe haltend zu 687430/149250 quere. Hier flacht das Gelände etwas ab und wird felsig. Auf 2360m finde ich dann zumindest zwei Steinmännchen, die nach einer Rinne nach links über den Rücken weiter weisen. Bei den zwei Männchen (jetzt drei, ich habe noch eins gebaut) bleibt es dann auch, Wegspuren oder Kennzeichen Fehlanzeige. Daß die grobe Richtung Süden richtig ist, zeigt ein kurzer Abstecher nach Westen in Richtung Lago del Forma. Das Gelände wird sofort steil und bricht in steilen, ohne technische Hilfsmittel nicht begehbaren Felsen ab.
Entlang einiger breiter Grasrinnen und -querungen jedoch erreiche ich bequem den darunter liegenden deutlich erkennbaren Pfad und finde dann sogar knapp darüber zwei etwas ausgebleichte Farbmarkierungen (ohne Pfad). Der Weiterweg entpuppt sich entspannt und recht gut markiert. Zunächst zum See, über dessen Abfluß und dann sofort den dort beginnenden Felsrücken, welcher den See in südlicher Richtung abgrenzt, aufwärts (Farbmarkierungen). Auf 2340m dreht der spätestens hier sehr gut ausgetretene Pfad nach Süden, umrundet eine Bergkante und führt zur Stauseemauer des Lago del Naret, den ich um 15:45 Uhr erreiche.

Kamelhöcker (P2368). Unterhalb dieses Buckels geht es nach links raus.

Breiter Pfad in Richtung Stausee

Ein paar hundert Meter weiter und der Weg ist weg. Man erkennt aber hier bereits eine grasige Terasse auf gleichen Höhe hinter einer felsdurchsetzten Rinne im Hang. Diese Terasse ist das nächste Ziel.

Nach der Felsrinne ist die Teraasse deutlich erkennbar. Direkt an nach der kleinen Rinne auf dem Weg dorthin findet man die Steinmännchen und muß nach links weiter, dem breiten Hang runter. Man beachte auch das Unwetter im Hintergrund.

Die ersten und auch letzten Markierungen, die ich hier fand. Hier geht es runter.

Auf dem Pfad darunter, Blick zum See und dem weiteren Weg über den Felsrücken.

Am Stausee

roter Kreis rechts - die Bachrinne, die man knapp oberhalb überqeurt, linker roter Kreis - Terasse und der Ort, wo die Steinmännchen stehen.
Das schlechte Wetter, welches ich bereits seit dem Passo Sassello immer im Auge behalte und das sich bislang netterweise im Val Bavona und weiter westlich austobt, schwappt in meine Richtung rüber. Auf der Staumauer verschlechtert sich die Sicht, der Cristallina hüllt sich ab 2700m in Wolken und es beginnt zu schneien. Ich folge dem Weg südlich um den See herum und steige dem Weg folgend über den Übergang westlich des Passo del Sasso Nero hin zum Ostgrat des Cristallina auf. Während ich das weitere Vorgehen plane (im Nebel hoch oder doch südlich herum weiter zur Cap. Basodino?), reißen die Wolken etwas auf und nachdem ich noch einen GPX-Track mit der Route im Netz finde und dann auch noch zig Steinmännchen den Weg säumen, beschließe ich, den Aufstieg in Angriff zu nehmen.

Weiter zum Cristallina oder doch ausweichen?

Es reißt auf, ich habe einen GPS-Track und es hat Steinbmännchen - weiter.
Auf 2650m dann kommt das nächste wörtliche Donnerwetter. Das Wetter wird wieder schlechter, es beginnt erneut zu schneien, aus Richtung SW drückt eine dicke Wolkenwand herein und es donnert. Super, ein Gewitter ist genau das, was ich für den Aufstieg über den Grat genau noch brauchen kann. Schnellstmöglich geht es über die verschneiten Felsen aufwärts, was weiter oben dann auf den Platten schon etwas anspruchsvoller wird. Irgendwo etwa 60-70m unter dem Gipfel verfehle ich dann wohl auch die eigentliche Route im Neuschnee und klettere zu einem Vorgipfel im Ostgrat auf, anstelle diesen in der Flanke zu umgehen. Ein paar IIer Stellen abwärts bin ich dann in einer kleinen Senke und folge der Gratkante aufwärts. Eine IIIer Stelle später, die dem Felsen nach zu urteilen auch andere schon gemacht haben, geht es weniger schwierig weiter. Kurz danach erfolgt dann die Erleuchtung. Das Gewitter hat sich bis dato fein südlich von mir gehalten und dort vor sich hin gegrummelt, und die bis jetzt mir bekannten Warnzeichen (brennende Metallgegenstände auf der Haut, summende Luft) sind ausgeblieben. Als der nächste Donnerschlag ertönt und in einem Gipfel südlich von mir der Blitz einschlägt, bekomme ich Elmsfeuer. Ein blauer Funke leuchtet kurz auf und ist dabei so hell, daß ich ihn als leuchtenden Blitz wahrnehme, obwohl er wahrscheinlich außerhalb meines Blickwinkels an den Stöcken entsprungen sein dürfte, die hinten am Rucksack festgebunden sind. Ein kurzer Check zeigt, daß die Haare nicht angekokelt sind, ich verpfeife mich aber schleunigst vom Grat weg in die Flanke und setze mich dort erst einmal gemütlich auf einen breiten Absatz, wo ich die Lage neu beurteile.

Knapp unterm Gipfel, hier drifte ich zu sehr nach links ab und erklimme den Vorgipfel (Höcker im Grat links), anstelle irgendwie direkt zum Hauptgipfel durch die Flanke zu queren.

Klasse gemacht, Herr Beck. Da geht es drüber, mit dem Gewitter im Genick.

Flankenausflug und ich finde auch noch ein paar alte Fußstapfen. Ich bin also richtig.

Gewitterwarte am Cristallina. Da zieht die Front durch.
Ich hocke kaum mehr als 60m Luftlinie und etwa 30m unterm Gipfel und sitze zunächst einmal fest. Ein Blick auf den Wetterradar von Meteoschweiz (ich habe besten Empfang dort oben) gibt Entwarnung. Die Front zieht südlich von mir durch, ist bereits im Abwandernd begriffen und danach ist Ruhe. Also genieße ich eben einige Zeit lang die Aussicht und die immer seltener werdenden Donnerschläge und wage nach 20 Minuten dann den Weiterweg. Die letzten paar Meter sind schnell erledigt, der Gipfel in gebückter Haltung überquert und sofort wieder verlassen und um 18:20 Uhr stehe ich dann im knietiefen Neuschnee vor dem Rifugio Camosci. Wie erwartet bin ich der einzige Gast auf der Unterkunft und habe somit freie Wahl unter den vier Betten. Wie vermutet und von KMS bestätigt (er war schon hier oben), war es richtig, Schlafsack und Daunenjacke einzupacken. Es hat zwar einen Holzofen und Holz, aber lediglich insgesamt 4 dünnere Decken für die Betten und im Inneren zeigt das Thermometer lockere 5°C an. Wenigstens mit dem sonstigen Problem des Wassermangels habe ich keine Schwierigkeiten, es hat massig Schnee vor der Hütte und der weitere Weg wird sicher auf den ersten Metern interessant. Doch keine dumme Idee, die Steigeisen ebenfalls einzupacken.

Hütte erreicht. Wenigstens herrscht kein Wassermangel.
Der Ofen ist schnell angeheizt und bringt den Raum nach 2 Stunden dann auch auf angenehme 11°C, Schnee auf dem Gaskocher geschmolzen und nach Weißwein und Abendessen verkrieche ich mich in den Schlafsack. All zu früh brauche ich nicht raus, den Abstieg im Neuschnee nehme ich lieber bei Tageslicht in Angriff.

Der Ofen stammt noch von 1943, wie man von den Bildern sieht, als das Teil hier im WW II gebaut wurde. 2013 wurde der Unterschlupf renoviert.

Eßecke, die sonstige Austattung: 3 Porzellanschüsseln für Suppe, 4 Teller, Besteck, 2 Töpfe, zig Packungen Tee, Salz, Zucker, Kerzen und drei mehr oder weniger brauchbare Kocher nebst Kartuschen.

Die vier Betten mit meinem Krempel, den ich einfach mal so ausgeschüttet habe. Stört keinen.

Aussicht zur Tür raus. Wer hier nicht aufpaßt und von der Leiter zur Tür runter fällt, spart sich einige Meter Abstieg.
Routenbeschreibung, Alternativen
Von Pesciüm über Alpe di Ravina, Lago Ravina zum Passo Sassello (T2, etwa 2.5h ab Kabinenbahn). Ab hier dem Val Sambuco aufwärts zur Alpe Garonera (T4, 1.5h ab Paß, bei Nässe sehr schnell ernsthaft werdend) und weiter zum Stausee Lago del Naret (1.15h, T4, ein Bereich weglos). Über den Staudamm zum Übergang westlich des Passo del Sasso Nero. Bei etwa 2490m zweigt der Weg Richtung Cristallina vom Wanderweg ab (mit Wegmarkierung gekennzeichnet, bis hier T2) und folgt dem breiten Grat aufwärts (Steinmännchen, T3). P2678 wird in der Flanke südlich davon umgangen, der weitere Weg erfolgt über die Flanke und ganz zuletzt am Grat (T4, einzelne Stellen I bis II-, bei Schnee schnell anspruchsvoller). Vom Gipfelkreuz aus ist die Hütte erkennbar und in unter 2 Minuten erreicht.
Gesamtstrecke: ca. 20km, 1750m aufwärts, 550m abwärts, etwa 8 Stunden reine Gehzeit.
Ausstattung: Einfache aber schön renoviertes Biwak, Platz für vier Personen. Ausreichend Kochmaterial (2 Töpfe, 4 flache Teller, 3 Trinkschüsseln, 2 Gläser), Holzofen, Holz, Spaltwerkzeug und Säge, kein Wasser, keine Toilette, 4 Betten (davon drei mit Matrazen), vier dünne Decken. Wasser muß von der letzten Quelle (unten am Stausee) mitgetragen oder aus Schnee gewonnen werden, bei der Ausstattung empfiehlt sich ein eigener Kocher mit Gas sowie zumindest Geschirr zum Essen.
Alternativen:
Ab Pesciüm in das Bedrettotal zur Alpe Cristallina (ca. 2h ab Pesciüm laut Wegweiser) und von dort in etwa 1.5h zur Cap. Cristallina auf 2568m (T2 ab Alpe Cristallina).
Ab Pesciüm über Passo dei Sassi (2553m) zur Alpe Garnorera und von dort dem Weg weiter folgend zum Cristallina. Etwa 4.5km weniger Strecke, gleiche Höhenmeter, ca 7 Stunden, T4.
Ab Lago del Naret über Passo del Naret zur Cap Cristallina (2h 15 min ab Staumauser)
Kommentar