Genesis Gore XCR Dreilagenjacke

[david0815]

trullala und hallo,

heute habe ich mein derzeitiges Projekt, eine Gore XCR-Dreilagenjacke voruebergehend abgeschlossen.
Um die Spannung ein wenig zu erhoehen werde ich nicht gleich ein Bild der fertigen Jacke einstellen, sondern euch einen EInblick in die Entstehung meiner Jacke geben.

Angefangen beim Stoffeinkauf: Bestellt habe ich bei Rockywoods in den Staaten, die eine gute Auswahl an Gore-Stoffen anbieten. Zunaechst haben wir Muster bestellt, um die Farben in Natura sehen zu koennen. Nachdem die Stoffe ueber Umwege hier gelandet sind habe ich ein Foto gemacht um die Farbkombination im Rechner mit verschiedenen Schnittmustern zu simulieren.


Entschieden habe ich mich dann doch fuer das klassische Abisko-Schnittmuster von Shelby.

Naechster Schnitt ist der Zuschnitt gewesen, den man auf den unteren Bildern sehen kann.


So genug als Teaser, demnaechst geht es hier weiter.

[david0815]

Und es geht weiter:

Ein paar Ausführungen zur Konstruktion (bzw. den Gedanken die ich mir bei der Planung gemacht habe)

Nachdem ich ja bereits eine Leichtjacke (deren Nachfolger bereits in Planung ist) genäht habe lag der Fokus diesmal auf Widerstandsfähigkeit bei akzeptablem Gewicht. Die Jacke soll eher Arbeitstier für längere und härtere Geländeaufenthalte, als Backup im Rucksack sein.
Daher habe ich mich für mitteldicke Gore-Laminate entschieden, wobei die Verstärkungen dicker als das Torso-Material ausfallen. Zudem sind die Verstärkungen in normaler Webart (für höhere Abriebresistenz) gehalten und der Torso als Ripstop gewebt. Gerechnet habe ich mit einem Gewicht von ~650gr. Geworden sind es finale 660g.

Wer weitere Fragen hat kann natürlich gerne nachfragen.

1. (konstruktiver) Schritt war das Einnähen der RVs für die Brusttaschen. Als überzeugter "Überkreuz-Greifer" habe ich mich wieder dazu entschieden die RVs nach innen zum Front-RV zu setzen. Diesmal sollten die RVs (aus optischen und Wasserschutzgründen) abgedeckt werden.




Dazu lässt sich das Sewfree perfekt einsetzen, lassen sich damit doch steife und dauerhaltbare Abdeckungen fertigen indem man den Stoff einfach in der Mitte faltet und die Rückseiten miteinander verklebt.
Sewfree eignet sich übrigens auch hervorragend zur Herstellung von Kapuzenverstärkungen, Ärmelbündchen und Abdeckleisten -besonders hier wirkt sich die Steifigkeit als verbesserter Klemmschutz aus. Von einem flächendeckenden Einsatz als Nahtersatz habe ich jedoch (noch) abgesehen, da sich das sewfree nicht so sauber verarbeiten lässt wie eine Naht (es ist immer ein leichter Kleberand zu sehen) und die Fixierung der Einzelteile vor dem Kleben etwas diffizil ist.

Nach dem Anbringen der Taschen-RVs folgt nach und nach das Aneinandernähen der Einzelteile. Wichtig ist dabei das Abtapen jeder Naht direkt nach dem Nähen.


Zum Tapen: Zum Verkleben der Tapes benutze ich ein Folienbügeleisen mit kleiner teflonbeschichteter Heizfläche und Dreh-Thermostat aus dem Flugzeug-Modellbau, dass sich sehr bewährt hat (lediglich die Ergonomie des Griffs ist zu bemängeln).
Als Unterlage benutze ich in Ermangelung einer Silikonmatte einfach ein Blatt Backpapier. Gerade Nähte lassen sich am Besten plan auf der Tischplatte tapen. Schwieriger sind gekurvte Nähte, für die ich ein Stück Papprolle mit Backpapier umwickelt habe und somit auch gekurvte Nähte faltenfrei abtapen kann. Das Tapen ist das langwierigste und IMO anspruchvollste beim Erstellen einer Regenjacke und muß mit besonderer Sorgfalt durchgeführt werden. Bei mir kam es häufig während des Tapens zu Anfällen akuter Unlust weiterzuarbeiten, so dass das Jackenfragment erstmal wieder für eine Weile in die Ecke flog. Doch das hielt meist nicht allzu lange an, da die Vorfreude auf die fertige Jacke größer war als der Frust.

So wuchs nach und nach mit jedem angenähten und abgetapten Stück das Projekt und nahm langsam aber sicher erkennbare Konturen an.

Und so sieht die fertige Jacke aus:


Der Grund für die ausführlichen Ausführungen ist mein Anliegen mehr Leute dazu zu animieren ihre Ausrüstung (speziell) Bekleidung selbst herzustellen und aufzuzeigen, dass dies leichter möglich ist als man sich wohl allgemein vorstellt. Als Nähmaschine reicht (zu Beginn) allemal eine Billig-Nähmaschine aus. Meine ersten Nähversuche habe ich auf einer gebrauchten 12€ Tchibo-Maschine von ebay gemacht.

[Fernwanderer]

Und so sieht die fertige Jacke aus:

Nur bei mir kein Bild? Erst machste hier Höllenappetit und dann Nulldiät

Die Tapes hast Du woher?

Schwer beeindruckt
Fernwanderer

[david0815]

edit: alle Bilder eingefügt.

Die Tapes gibt es bei www.shelby.fi

David

[Symion]

Muss schon sagen. Sehr sehr geil. Hut ab.
Vielleicht wag ich mich auch mal daran. Hatte es schon lange vor .
Wie das so halt ist.
Bin mal auf Wald und Wiesen test gespannt, der (hoffentlich) noch kommt

[Fernwanderer]

Schon mal mit der Jacke geduscht?

Fernwanderer

[felö]

Habe beim Preview schon einen Kommentar abgegeben, aber: besonders schwierig und hier soweit man das auf den Bildern beurteilen kann, super gemacht: die Nähte der abgesetzten Farbe, die sich auf gleicher Höhe rechts und links des RV befinden. Wer das schon probiert hat, weiß wie schwer das ist und daß man schon einen Unterschied von einem Milimeter sieht.

Die Details sehen super aus, allerherzlichsten Glückwunsch nochmal. Es wird Dir sicherlich Spaß machen, damit die Berge unsicher zu machen 8) .

Gruß Felö

[Mecoptera]

Nicht schlecht; wie schwer?

[Nicht übertreiben]

Falsche Frage, nochmal von vorne lesen 660g steht irgendwo :wink:

Auch noch mal von mir Respekt, sieht wirklich super aus!

[Issoleie]

würdsch mir glatt kaufen; toll gemacht.
Darf man fragen, wie viel das ganze Projekt an Geld und Arbeitsstunden etwa gekostet hat?

[david0815]

Materialkosten waren etwa 85-90€.
Arbeitsaufwand kann ich nur schätzen aber ich würde rund 30h tippen.

Duschtest hat sie bereits hinter sich und ist soweit dicht. Werde jetzt am WE aber nochmal zur Sicherheit die Ränder aller Tapes nachkontrollieren und -bügeln.

Ausführlicher Feldtest folgt (auch wenn ich natürlich nur mit eingeschränkter Objektivität bereichten kann. ). Wald und Wiesentest wird aber noch eine Weile dauern, da ich gerade in Wilhelmshaven bin und hier außer radfahren und Wassersport ein wenig tote Hose ist.
Sie hat sich am Montag aber bereits beim Schlauchbootfahren auf die Kachelot-Plate vor Juist bewährt -wenn auch vornehmlich als Windschutz.

[stoenggi]

Die Jacke sieht sehr edel aus, die würde ich glatt kaufen (und blau/schwarz Kombos sind eh meine Lieblingsfarben ).

Was ich nicht ganz verstanden habe ist der Teil mit den Abdeckleisten aus Sewfree.
Ist das ein plastifiziertes Gewebe welches du doppelt genommen und dann durch Bügeln quasi verschweist hast? Hast du diese Abdeckleiste anschliessend mit dem Reissverschluss eingenäht oder innen an der Jacke nochmals nur angebügelt?

Danke und weiter so!

[david0815]

trullala und hallo,

sewfree ist ein thermoaktiver beidseitiger Klebefilm mit dem sich nahtlos Stoffe dauerhaft
verbinden lassen.
Einen Überblick des Anwendungsbereichs gibt es hier
Siehe dazu auch: http://www.bemisworldwide.com/library/library.html

Zu bestellen gibt es das ganze bei Shelby



mfg

David

[Chri]

!

Hi David,
auch von mir noch ein etwas verspätetest Staunen
Da ich gerade an meiner Etaproof-Jacke 'arbeite' fällt dies umso größer aus! Den Top Stitch wirklich gerade hinzubekommen, hats ja echt in sich!

"Der Grund für die ausführlichen Ausführungen ist mein Anliegen mehr Leute dazu zu animieren ihre Ausrüstung (speziell) Bekleidung selbst herzustellen und aufzuzeigen, dass dies leichter möglich ist als man sich wohl allgemein vorstellt. "

--> Deine Projekte (und auch von den anderen, aber deine sind wohl die zahlreichsten) haben mich übrigens in der Tat motiviert, mich mal an Funktionsklamotten heranzutrauen. Also: Ziel bei mir schon erreicht!
Nähe ansonsten eher mal Shirts u. ä. nach eigenen Entwürfen für den Alltagsgebrauch.

Also danke für die Veröffentlichungen Deiner Projekte!
Aber natürlich auch ein Dank an die anderen MYOGler!
Christine

[david0815]

upps, da ist mir ein Fehler beim Gewicht unterlaufen.
Nachgemessenes Gewicht sind 561,9g - also 100g weniger als fälschlich angegeben.

@chri: Der Topstitch lässt sich eigentlich ganz einfach gerade hinbekommen wenn man den Fuß als Markierung nimmt und einigermaßen zügig näht.
Gibt´s schon Bilder von deinem Werk?

cheers

David

[david0815]

Hallo,

habe mal noch ein Bild gemacht wie ich den topstitch mache.
Die Kante lege ich bündig mit der Aussparung am Nähfuss an. Ist mit ein wenig Übung ganz einfach.

[david0815]

Erfahrungen und Verbesserungen

hallo zusammen,

ein kurzer Zwischenbericht meiner Jacke:

Dicht ist sie! Sie hat sich schon mehrere Tourentage in Dauerregen bewährt und bietet bislang keinen Anlass zur Klage. Beim Waschen ist leider durch irgendetwas Scheuerndes das Innenfutter beschädigt worden. -Shit! Mein Tipp: Gorejacken IMMER im Wäschesack waschen! Zumindest werde ich das machen.

So musste ich das eben flicken. Mit Bemis Sewfree Adhesive Film und übriggebliebenen Reststücken war das zum Glück kein Problem:


Da ich im Einsatz mit den ursprünglichen Armabschlüssen nicht zufrieden war (zu steif und unangenehm, außerdem haben sie mir optisch nicht gefallen) habe ich mich ihrer nochmal angenommen und einem Redesign unterzogen.
Die Bündchen sind jetzt nur noch geklebt (wie es Arc´teryx mittlerweile auch macht) und sind an der Innenhand bogenförmig konturiert. Bislang bin ich damit sehr zufrieden, genaueres kann ich nach der nächsten größeren Tour sagen.

Noch ein paar Bilder: