Warum wanderst Du?

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  • Taunuswanderer

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    Alter Hase
    • 19.01.2018
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    • Meine Reisen

    Warum wanderst Du?

    Hier wird ja ganz viel diskutiert, wann, wo, wie gewandert werden kann oder gar sollte. Es dreht sich viel um Ausrüstung, Gegenden, Jahreszeiten. Gerne wird auch über die Art der Wanderungen - wie Tagestouren, mehrtägiges Trekking, Langstreckenwanderungen, Thru-Hikes, Pilgern - ausgiebig diskutiert. Gerne auch mal wertend um Hocheffizienzwandern, um Landschaft als Kulissen, Budgets und vieles mehr gestritten. Nur über die Beweggründe der Wanderungen ist meist nichts oder nur wenig zu lesen. Mich würde - aus purer Neugier natürlich - einfach mal interessieren, warum ihr wandert? Wie seid ihr dazu gekommen? Was treibt euch an? Es geht mir nicht um Vor- oder Nachteile diverser Wanderstile oder -Orte und auch nicht, ob jemand anders das gut oder schlecht findet, sondern einfach nur um die Motivation.

    Also: warum wanderst du?
    Dies ist keine Signatur.

  • Flachlandtiroler
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    • 14.03.2003
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    • Meine Reisen

    #2
    Weiß nicht mehr von wem das kam:
    1. Make summit
    2. Stay safe & healthy
    3. Come back as friends
    (in increasing order)
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    • Flachlandtiroler
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      Moderator
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      • 14.03.2003
      • 29045
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      • Meine Reisen

      #3

      Editiert vom Moderator
      Der Beitrag von huettensimon ist hier

      Bei Nachfragen bitte eine PN an den Moderator senden. Dein Team der
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      • lina
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        • 12.07.2008
        • 42965
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        • Meine Reisen

        #4
        • Weil ich überhaupt gerne draußen bin.
        • Weil Bewegung entspannt und gut tut und man en passant (früher oder später, aber verlässlich immer) Abstand gewinnt zu dem, was einen gerade stresst.
        • Weil es immer wieder erstaunlich ist, wie weit man kommen kann, in dem man einfach nur einen Fuß vor den anderen setzt.
        • Weil es unkompliziert überall möglich ist: Einfach Tür auf und raus.
        • Weil die Botanik sich immer wieder neu kombiniert und das Ergebnis immer wieder anders aussieht.
        • Weil die Strecke vor Ort immer anders aussieht als man aufgrund der Karte vermutet.
        • Weil die Strecke sogar schon in Gegenrichtung immer anders aussieht als man denkt.
        • Weil man generell nie so richtig weiß, was als nächstes kommt und wer oder was einem begegnet.
        • Und längere Strecken u.a. deswegen, weil man Land und Leuten beim Sich-Verändern zugucken und zuhören kann.

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        • Flachlandtiroler
          Freak
          Moderator
          Liebt das Forum
          • 14.03.2003
          • 29045
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          • Meine Reisen

          #5
          Zitat von lina Beitrag anzeigen
          • Weil es immer wieder erstaunlich ist, wie weit man kommen kann, in dem man einfach nur einen Fuß vor den anderen setzt.

          Dazu auch:
          Zitat von Mati Beitrag anzeigen
          Auch die Entfernungen bekommen eine andere Relation zueinander. Wenn man über die Grate und Bergrücken hinweg sieht und in der Ferne Gipfel erspäht, die noch im Tagespensum liegen, wirkt das mitunter sehr entmutigend auf mich. Das war richtig weit!
          Doch beim Blick zurück war klar, dass wir bereits solche Distanzen überwunden hatten. Unglaublich, wenn ich die Weiten betrachtete, die hinter uns lagen, über die wir hierher gelangt waren. Und nach einer Weile fand ich mich immer genau dort wieder, wo wir gerade kletterten, stiegen, stapften. So fügte sich Schritt an Schritt an Schritt und nach ein paar Stunden sah man bereits wieder andere Horizonte.
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          • gaermin
            Gesperrt
            Neu im Forum
            • 01.03.2023
            • 1
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            • Ich habe ein typischen Bürojob, da muss ich einfach raus, sonst bekomme ich einen steifen Rücken
            • damit ich durchatmen kann (Abstand von der Arbeit, Abstand von dem Handy)
            • Weil ich im Nachhinein immer wieder erstaunt bin, wie weit ich gekommen bin (gibt mir das Gefühl, dass ich alles schaffen kann)
            • Weil mein Sohn und ich sonst aneinander vorbei leben (ich in der Arbeit, er im Studium) und er die gleiche Leidenschaft (Wandern) wie ich habe
            • Weil es mich an meine Mutter erinnert, die mich früher immer über jeden Berg gequält hat (und jetzt liebe ich es und kann es ihr leider nicht mehr sagen)
            • es macht Spaß, spontan alles zu packen und einfach "drauf loszugehen"

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            • Taunuswanderer

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              Alter Hase
              • 19.01.2018
              • 4803
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              Ganz ganz früher: Meine Eltern habe mich in die Berge (Vorarlberg, Tirol , Südtirol) „geschleppt“ und irgendwann wollte ich dann gerne mal schneller oben sein, als sie. Später war mir dann die Aussicht und die Bewegung draußen wichtig, manchmal auch das sportliche daran. Die letzten Jahre war mir dann der „Reiseaspekt“ wichtig: Fremde(s) kennenlernen, Bekanntes aus anderen Blickwinkeln sehen. Das Ganze mit kulinarischen Genüssen verbinden. Zwischendrin aber auch mal, um die eigenen Leistungsgrenzen abzutasten und meine Komfortzone zu verlassen. Zu einer Zeit wo ich mehr unterwegs war als zuhause, habe ich mich auch mal gefragt, ob ich vor etwas weglaufe? Dies habe ich vorerst mal verneint.

              Und warum wandern und nicht radeln, paddeln oder klettern? Manches davon kann ich nicht oder nicht gut und anderes erfordert zum Teil zu viel Aufmerksamkeit bei der Ausführung. Beim Wandern bleibt mir jede Menge Zeit mich gedanklich mit Dingen abseits des Wanderns zu beschäftigen.
              Zuletzt geändert von Taunuswanderer; 02.03.2023, 18:52. Grund: Die Grammatik wanderte wohl nicht mit
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              • Sternenstaub
                Alter Hase
                • 14.03.2012
                • 3377
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                Gehen/wandern/laufen ist die natürlichste Art der Fortbewegung, außer einigen wenigen Menschen kann eine jede und ein jeder es tun. Man bewegt sich fort von einem Ort zum anderen, man erlernt es als Kind wie im Spiel. Es kostet erst einmal kein Geld (Ausrüstungsfetischisten mal außen vor ;) ) - in einem Wald kann ich sehen, riechen anfassen und auch schmecken. Über eine blühende Wiese zu gehen spricht alle Sinne an. Mit irgendwelchen Hilfsmitteln und sei es so etwas feines wie ein Rad kann man das aus meiner Sicht nie so intensiv erfahren. Als ich vor einigen Jahrzehnten meinen Schwestern vorschlug, sie sollten doch mit mir durchs Weserbergland von einer JH zu anderen wandern, war es für diese erst eine komische Idee. ok, der einen gefiel es nicht so wirklich dann (deswegen habe ich meistens den gemeinsamen selbst genähten Rucksack getragen), die andere begeisterte sich dann doch auch für noch einige Wanderungen dafür. Während es bei ihnen dann später bei einem Waldspaziergang ab und an blieb, hatte mich das Wanderfieber gepackt. Und hat mich bis heute noch nicht verlassen.
                Ich wandere, weil ich mich dann frei fühle, weil einen Schritt vor den anderen zu setzen, ungemein befriedigend sein kann, immer neue Blicke sich auftun. Leistung interessiert mich persönlich nicht, unterwegs zu sein jedoch schon.
                Two roads diverged in a wood, and I—
                I took the one less traveled by,
                And that has made all the difference (Robert Frost)

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                • Ditschi
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                  Liebt das Forum
                  • 20.07.2009
                  • 12367
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  Schwierige Frage für mich. Ich liebe die Natur. Ich weiß nicht, ob "man" Liebe erklären kann. Ich kann es nicht und versuche es auch garnicht. Da fehlen mir philosophische Neigungen. Als Folge der Liebe zur Natur möchte ich ihr möglichst oft nah sein. Am besten jeden Tag so lange wie möglich. Und so, wie ich wohne, und mit dem, was ich tue, gelingt das recht gut. Zumal mich schlechtes Wetter nicht schreckt. Meine Frau und ich wandern auch. Meist Tagestouren im Urlaub mit dem Ziel, uns eine fremde Landschaft nahe zu bringen. Aber gemessen an der gesamten Dauer meines " Draußenseins" füllt das Wandern nur einen relativ kleinen Teil davon aus. Zum Draußensein in der Natur gehören Erholung und Arbeit in Garten und Wald; das Sammeln von Wildfrüchten; Radfahren; Spazierengehen in der Landschaft um`s Haus; Kanufahren; Angeln; Fotografieren, .... Ich habe bestimmt noch etwas vergessen. Ganz lange draußen still sitzen mit Kamera und Tele für das eine gelungene Foto eines scheuen wilden Tieres kann für mich ein intensiveres Naturerlebnis sein als ständiges Fortbewegen. So gesund wie Bewegung auch ist und wie angenehm sie sich auch anfühlt, nicht einmal sie ist Voraussetzung für ein Naturerleben. Letztlich bleibt in der Summe das Wandern etwas auf der Strecke. Ich würde es ungern zur vorherrschenden oder gar alleinigen Tätigkeit meines Naturerlebens machen. Oder gar zum Lebensinhalt. Das wäre mir zu eindimensional. Da würde mir zuviel fehlen. Aber ganz drauf verzichten möchte ich auch nicht. Es gehört dazu.
                  Ditschi

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                  • DerNeueHeiko
                    Alter Hase
                    • 07.03.2014
                    • 3138
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    Mich entspannt es. Wenn die Füße wandern, wandern auch die Gedanken. Und die Landschaft verändert sich dabei so langsam, dass sie keine Aufmerksamkeit erfordert, aber dennoch nicht ganz statisch wird.

                    In offener Landschaft mit weiter Übersicht (Friesland zum Beispiel) kann ich das auch beim Radfahren erleben, aber das braucht im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit (Verkehr, Abzweigungen...).

                    Dass Bewegung allgemein auch körperlich bei der Stressverarbeitung hilft, kommt noch dazu.

                    MfG, Heiko

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                    • anja13

                      Alter Hase
                      • 28.07.2010
                      • 4884
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      Zitat von Taunuswanderer Beitrag anzeigen
                      Und warum wandern und nicht radeln, paddeln oder klettern?
                      Radfahren verbinde ich eher mit "Strecke machen", es steht irgendwie der sportliche Aspekt im Vordergrund.
                      Wandern bedeutet für mich Tempo im "menschlichen" Maß. Ich kann in meinem eigenen Tempo gehen, anhalten, Bilder machen, die Umgebung erfassen, durchschnaufen. Einen Fuß vor den anderen setzen. Da hinkommen, wo es mit dem Rad z.b. nicht geht.
                      An Orten "vorbei" fahren, reicht mir irgendwie nicht. Das hat schon zu gehörigem Frust geführt.

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                      • lina
                        Freak

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                        • 12.07.2008
                        • 42965
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                        • Meine Reisen

                        #12
                        Radwandern hat schon auch was: Das Rad trägt das Gepäck, und man ist flexibler mit den Lebensmitteleinkäufen. Man darf sich halt nicht vom Gedanken an Sport jagen lassen, ein Reiserad mit Stahlrahmen ist eh zu schwer, um langfristig effektiv Tempo zu machen. Gegen die eine oder andere Geschwindigkeitseinlage spricht aber nix. Ich mache das gerne in den wärmeren Jahreszeiten, und was besichtigen tu ich eher, wenn ich mit dem Rad unterwegs bin.
                        Zuletzt geändert von lina; 02.03.2023, 00:56.

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                        • JerryJeff

                          Alter Hase
                          • 16.12.2020
                          • 2557
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          Zitat von Taunuswanderer Beitrag anzeigen
                          ....................
                          Also: warum wanderst du?
                          ... um bei ODS "wo-bin-ich-Bildchen" einstellen zu können. (sorry, konnt' ich mir jetzt nicht verkneifen... )


                          - aber btt.: weil ich es kann!
                          "after twenty years he still grieves..."

                          P.S.: wie kähn äväriesing - iksäpt ti-äitsch….

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                          • Enja
                            Alter Hase
                            • 18.08.2006
                            • 4751
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            Lina hat meine Motivation - sowohl zum Wandern als auch in Sachen Radfahren - gut beschrieben.

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                            • Freedom33333
                              Dauerbesucher
                              • 09.09.2017
                              • 899
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              Ein wirklich toller Thread.

                              Für mich:
                              Ganz oben stehen Natur, Wildnis und Ruhe. Einfach das Gefühl, nicht in der Zivilisation zu sein. Alles andere ist dem nur nachgelagert. Ich habe in einem meiner Reiseberichte mal geschrieben: Nicht die Anwesenheit von Menschen ist etwas schlimmes, sondern ihre Abwesenheit ist etwas Besonderes.

                              Wandern ist für mich nur Mittel zum Zweck, um in der Natur zu sein. Genau wir Radfahren oder Boot fahren.

                              Gefühlt ist es für viele Menschen umgekehrt (sorry wenn das jetzt wertend rüberkommt, soll es nicht, ich will nur vermitteln dass es für mich nichts ist)
                              - Es wird Sport ausgeübt, die Natur bietet da den geeigneten Spielplatz.
                              - Immer höher, schneller, weiter.
                              - Fernwanderwege laufen mit dem Ziel, möglichst viele km am tag zu schaffen, einen ganzen Fernwanderweg zu schaffen, sich zu messen, hinterher zu erzählen, man hat es schneller geschafft als es im Prospekt stand, man hat schon so viele Fernwanderwege geschafft. Erste Frage von Bekannten wenn man vom Trekking erzählt: Wie viele km schafft man am Tag. Habe ich Null Verständnis für.

                              Ich bin da anders:
                              - Ich mag es vor allem auch, in der Natur zur Ruhe zu kommen. Ich habe immer eine Isomatte dabei und sobald ich einen ruhigen, schönen Ort gefunden habe, lege ich mich da hin und beobachte die Natur. Ich nehme mir ständig am Naturtag schöne Routen vor und breche nach 30% der Strecke ab, weil ich eine schöne Stelle gefunden habe.
                              - Wenn ich durch die Natur laufe bewege ich mich. Wenn ich zur Ruhe komme, fängt die Natur an, sich zu bewegen.
                              - Wenn ich im Packraft ne schöne ruhige Stelle aufm Wasser gefunden habe binde ich das Boot fest und strecke mich aus.
                              - Im Trekking-Urlaub will ich an schönen Orten gerne verweilen, den Rucksack abstellen, dort rumsitzen. Ich wäre überhaupt nicht kompatibel mit jemanden, der dann sagt, hey, wir müssen doch weiter, wir wollen doch noch Strecke schaffen.
                              - Meinen November-Urlaub in Schottland habe ich sehr genossen und dort in einer Bothy 3 Tage verbracht. Keinen Hügel bestiegen, nichts. Einfach nur gelesen, die Ruhe, die Wildnis genossen. Total ungläubig in das Tal gestarrt, das ich diese Natur für mich habe, das da niemand ist, das es das heutzutage überhaupt noch gibt.

                              Ich hadere gerade stark mit mir für die nächsten Urlaube: Schottland war toll, aber desto mehr man läuft, desto mehr sieht man. Unbestritten habe ich mehr "erlebt" in 14 Tagen Sarek / Padjelanta. Andererseits ist man beim "richtigen" Wildnis-Trekking abends kaputt und fällt nur noch ins Bett, muss am nächsten Tag ja wieder laufen. Ich bin da gerade ziemlich gespalten, was ich überhaupt will. Vielleicht eine kürzere Route mit mehr Ruhetagen, aber schon in der Wildnis.
                              Zuletzt geändert von Freedom33333; 02.03.2023, 11:45.

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                              • Trekkman
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                                • 25.11.2003
                                • 243
                                • Privat

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                                #16
                                Also ich wandere weil es mich entspannt. Das macht mich zufrieden. Wenn ich draußen gehe kann ich auch Mal länger am Stück die Seele baumeln lassen. Mehr kann man beim draußen gehen ja auch nicht machen. Beim wandern bin ich frei von Alltagszwängen. Wichtiger Krams sollte aber erledigt sein. Dann genieße ich die Mischung aus Zwecklosigkeit und Freiheit. Ich plane nicht alles und lagere fast wo ich will. So nach Lust und Laune ohne Bindung an Menschen, auch mal ohne feste Ziele. Sich treiben lassen, die Zeit vergessen.
                                https://lighterpack.com/r/b3tyeh

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                                  Erfahren
                                  • 05.09.2017
                                  • 332
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                                  #17
                                  Ich liebe das (Weit-)Wandern, weil es den absoluten Gegenpol zum Alltag darstellt. Es reduziert meine Bedürfnisse auf die wichtigen Dinge - Laufen, Essen, Schlafen wie German Tourist passend getitelt hat. Es löst diese zivilisatorische Gedankengrenze zwischen mir und der Natur auf - draußen auf dem Trail bin ich selbst Natur, so sehr ein Teil davon wie jede Blume, jeder Baum, jedes andere Tier. Es lehrt mich Minimalismus und Dankbarkeit. Klares, kühles Wasser nach Stunden in brütender Hitze, eine gute Mahlzeit für meinen ewig knurrenden Magen, die ersten frischen Beeren nach Tagen und Wochen mit Tütenfutter und Schokoriegeln, ein nettes Gespräch am Abend nach einem einsamen Tag im Sturm, solche Dinge verschieben die Wertigkeiten wieder dorthin wo sie sein sollten.

                                  Natürlich beinhaltet eine lange Wanderung auch ein gewisses Maß an Leiden. Füße und Schultern schmerzen, der Hunger frisst mich von innen auf, der Regen ist über Tage in jeden Winkel meiner Ausrüstung gekrochen, der Wind peitscht mich mit jedem Schritt bergauf einen halben zurück und tost so stark dass ich mich nicht mit Musik ablenken kann. Trotzdem ist es eine bessere Art zu leiden als der reizüberflutete Zivilisationsstress. Die glücklichen, meist unerwarteten Momente dazwischen, die tolle Aussicht, der Duft von Blüten, die Tierwelt, die unerwarteten Begegnungen, all das lässt mein Belohnungszentrum bimmeln und blinken wie einen einarmigen Banditen beim Jackpot.

                                  Weitwandern lässt mich optimistischer und demütiger sein. "The trail provides" ist auf den amerikanischen Trails ein geflügeltes Wort das auch für mich zum Mantra geworden ist. Es ist zum einen die unglaubliche Hilfsbereitschaft und Offenheit Fremder, die ich auf jeder Tour erfahren habe, aber es sind auch die vielen verrückten Zufälle, die aus grauen Tagen an denen alles schief zu gehen scheint doch noch wunderbare Erlebnisse machen, und die in mir so ein Urvertrauen nähren, dass ich schon fast verloren hatte. Die Menschen sind gut. Die Welt ist gut. Zum allergrößten Teil zumindest. Man kann das nur allzu leicht vergessen und sich von Ängsten auffressen lassen.

                                  Ein wichtiger Grund, warum das Wandern für mich funktioniert, ist die Langsamkeit. Ich kann sofort stehen bleiben, ich kann langsamer gehen, ich kann meine Umgebung auf mich wirken lassen. Ich sehe die ganzen kleinen Details wie den Käfer, der auf einem Blatt sitzt, die Eidechse, die sich unter einem Stein versteckt oder den Luchs, der über mir aus dem Gebüsch späht. Ich sehe, rieche, schmecke und spüre die Veränderung während ich durch die verschiedensten Umgebungen reise, von der Wüste ins Hochgebirge, von Kalkstein zu Granit, von kargen Moorlandschaften zu dichten Wäldern. Nur mit dieser Langsamkeit bekomme ich den Bezug und das Verständnis für die Orte, durch die ich mich bewege, erkenne ich die komplexen Zusammenhänge, den Reichtum und die Herausforderungen, und nur so werden sie ein Teil von mir und ich, irgendwie und vermutlich übertrieben romantisiert, auch ein Teil von ihnen.

                                  Manchmal finde ich mich beim Wandern auch selbst und erschrecke. Gerade an zähen Tagen, wenn die Sonne unerbittlich brennt, der Wind gnadenlos pfeift oder mir der Regen unaufhörlich ins Gesicht prasselt, dann scheint mein Kopf ganz besonders fies zu sein und gräbt tief in der Erinnerung nach Momenten, auf die ich nicht unbedingt stolz bin oder nach Ängsten, denen ich aus dem Weg gegangen sind. Da haut er mir dann falsche Entscheidungen um die Ohren bis ich mich am liebsten in einem tiefen Loch verstecken möchte. Das gute ist aber, da habe ich die Zeit, da läutet kein Telefon, klingelt niemand an der Tür, muss ich mich nicht schon wieder mental auf die Arbeit vorbereiten, da habe ich Zeit und kann meinen Frieden mit mir machen, auch wenn es einen ganzen Tag oder noch länger dauert. Wandern ist deshalb manchmal auch Therapie, und dabei unendlich viel effektiver als viele Stunden auf einer Couch beim Psychotherapeuten.

                                  Irgendwie wird das hier ein ganz schön langer Sermon. Da ich Psychotherapeuten erwähnt habe: vermutlich würden die mir den ein oder anderen autistischen Zug bescheinigen. Ich kann super Muster erkennen, Mathematik war immer einfach und ich habe ein intuitives Gespür für Zahlen, Mengen und Verhältnisse. Soziale Interaktion war und ist dagegen oft anstrengend. Als Kind war ich regelmäßig hoffnungslos damit überfordert, wenn ich zu lange von zu vielen Menschen umgeben war und in sinnlose (für mich) Konflikte hineingezogen wurde. Ich werde oft gefragt, ob ich allein wandere, und ob das nicht einsam ist, und meine Antwort darauf ist in der Regel, "Beim Wandern bin ich immer nur so alleine wie ich sein will." Ich denke, das ist auch ein großer Teil dessen, was mich so zu langen Trails zieht. Ich brauche viel Zeit für mich um die vielen ungefilterten Eindrücke verarbeiten zu können, und das Wissen, einfach weiter wandern zu können wenn Menschen meinen Grenzen zu oft zu nahe kommen, gibt mir Freiheit und Gelassenheit.
                                  There is only one single long trail, and you never stop walking it.

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                                  • danobaja
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                                    • 27.02.2016
                                    • 3287
                                    • Privat

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                                    #18
                                    wandern nur längere strecken wenn möglich, denn das bringt mich an den wahren grund weshalb ich wandern gehe:

                                    weils so schööön ist wenn der schmerz nachlässt!

                                    danobaja
                                    __________________
                                    resist much, obey little!

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                                    • TanteElfriede
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                                      Lebt im Forum
                                      • 15.11.2010
                                      • 6485
                                      • Privat

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                                      #19
                                      Meine Eltern haben mich damals damit gequält. Dann kam die Ente und ich bin nur überall hin gefahren. Dann kam der Spaß im Wald zu schlafen. Kurz danach die Erinnerung ans Wandern in der Kindheit. Und zack. Ich wanderte. Letztlich dann noch der Fun Fakt, dass ich für einen überwiegenden Teil meiner Erledigungen das Auto stehen lassen kann und es auch zu Fuß erledigt bekomme.

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                                      • Bambus
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                                        • 31.10.2017
                                        • 1862
                                        • Privat

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                                        #20
                                        Weil ich dann alleine bin und von der Umgebung mehr mitbekomme als bei jeder anderen Fortbewegungsart.

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