Spazierwandern?!

[Igelstroem]

AW: Spazierwandern?!

Oma und Opa waren auch mal jung und die Welt war nicht schwarz-weiß, sondern bunt und die Menschen haben sich damals gar nicht muffig gefühlt.

Jedenfalls habe ich damals als 16- bzw. 18-Jähriger meine ersten Mehrtagestouren gemacht. Das war gewissermaßen neutral, d.h. es hatte kein besonders hohes Prestige, man wurde aber auch nicht dafür verspottet. Unterwegs traf man Wanderer verschiedenen Alters, wie heute auch. Sie trugen keine roten Socken, und an karierte Hemden kann ich mich auch nicht erinnern (obwohl es die bestimmt gab). Lasst euch also keine Märchen erzählen.

[Galadriel]

AW: Spazierwandern?!

Unterwegs (im Irgendwo) weist nichts darauf hin, dass es einen Wanderboom gibt.

Das Wanderinstitut selbst hat 2014/2017 auch noch mal nachgezählt:
https://www.wanderforschung.de/files...1703141946.pdf

Die Beteuerung, dass Wandern früher muffig war und es heute nicht mehr ist, gehört sozusagen zu den Gründungsmythen des Wanderinstituts und wird von Journalisten immer nachgeplappert.

Wenn es einen Boom gibt, dann ist es ein Boom des quasi geführten Wanderns auf Prädikatswanderwegen, also eine Art Konzentrations- und Umsteuerungsprozess. Wenn man nur auf solchen Wegen unterwegs ist, kann es sich also so anfühlen, als ob es einen Boom gäbe.

Das sehe ich auch so. Als ich jung war und das ist jetzt schon über dreißig Jahre her, da sind wir alle wandern gegeangen. Auch unsere Eltern sind wandern gegangen. Der Odenwald und die Pfalz waren schon immer voll mit Wanderern. In den längeren Ferien waren wir auch Trekking. Wir haben immer einige getroffen. Allerdings konnte man seine Erlebnisse damals nicht so schön medial verbreiten, so dass nur das direkte Umfeld davon wußte. Aber viele waren es nach meiner Wahrnehmung dennoch...

[lina]

AW: Spazierwandern?!

Unterwegs traf man Wanderer verschiedenen Alters, wie heute auch. Sie trugen keine roten Socken, und an karierte Hemden kann ich mich auch nicht erinnern (obwohl es die bestimmt gab). Lasst euch also keine Märchen erzählen.

In Urlaubsgebieten (Österreich z.B.) schon.
Die Frage ist: War diese Outdoorkleidung besonders praktisch? Eine bewusste Inszenierung von Folklore halte ich für diese Zeit eigentlich nicht für wahrscheinlich?

Schaut man die Bebilderung der Bewerbung von Wanderwegen an, sind die Bekleidungs- und Alters-Klischees nach wie vor weit verbreitet

Gibt es eigentlich eine Tabelle der Altersentwicklung von Mitgliedern von Wandervereinen?

[Igelstroem]

AW: Spazierwandern?!

Eine bewusste Inszenierung von Folklore halte ich für diese Zeit eigentlich nicht für wahrscheinlich?

In Österreich schon.

Gibt es eigentlich eine Tabelle der Altersentwicklung von Mitgliedern von Wandervereinen?

Dass die klassischen Wandervereine an Überalterung leiden, ist ziemlich eindeutig, denn selbst wenn die Digital Natives massenhaft wandern würden und sich beim Wandern unbedingt vergemeinschaften wollten, würden sie es in anderer Form tun. Ich selber würde auch nicht in einen Verein eintreten, profitiere aber unterwegs nicht selten von ihrer Existenz und ihrer Arbeit, und zwar mehr als von der Arbeit des Deutschen Wanderinstituts. Letzteres hat ein gespanntes Verhältnis zu den klassischen Vereinen, was aber daran liegt, dass es kein wissenschaftliches Institut im strengen Sinne ist, sondern eine Modernisierungsagentur mit eigenem Leistungsangebot. Wenn man sich die Wandervereine mal ganz wegdenkt und sich vorstellt, die Infrastruktur hätte sich vollkommen nach den Vorstellungen des Wanderinstituts entwickelt – dann wird die freie Planung einer Weitwanderung durch die deutschen Mittelgebirge gleich zu einer ganz anderen Herausforderung.

[Pfad-Finder]

AW: Spazierwandern?!

Ich kann mich sehr wohl an Kniebundhosen, rote Socken und karierte Hemden erinnern. Jedenfalls trugen das die Wanderleiter des "Ferienwanderns" in Hannover in der 2. Hälfte der 70er Jahre.

[Chouchen]

AW: Spazierwandern?!

Ich kann mich sehr wohl an Kniebundhosen, rote Socken und karierte Hemden erinnern. .

Ich mich auch. Eifelverein, späte 70er, frühe 80er.

[Enja]

AW: Spazierwandern?!

Meine Großeltern waren Anhänger der Wandervogel-Bewegung. Da wurde gewandert ohne Ende. Mit passender Ausrüstung. Und Laute mit bunten Bändern dran für die Fahrtenlieder. Sie durchstreiften die Mittelgebirge. Die Schwester meiner Oma fand es dort so toll, dass sie im Wald eine Blockhütte baute und dort den Rest ihres Lebens in fröhlicher Subsistenzwirtschaft verbrachte.

[Igelstroem]

AW: Spazierwandern?!

Ich kann mich sehr wohl an Kniebundhosen, rote Socken und karierte Hemden erinnern. Jedenfalls trugen das die Wanderleiter des "Ferienwanderns" in Hannover in der 2. Hälfte der 70er Jahre.

Ihr (lina und du) habt euch eben damals in folkloristischen Kreisen bewegt.

Ich frage mich, was ihr beweisen wollt. Früher war Wandern Folklore, später wurde es zu einem Sport modernisiert? Dieser Eindruck könnte entstehen, wenn man die Entwicklung der Funktionskleidung im groben Trend betrachtet. Meine familiäre Umgebung war dann eine Insel der Ignoranz, denn es gab weder Folklore (soweit die topographische Karte nicht zur Folklore gezählt wird) noch gab es später eine Tendenz zum Sport. Historisch steht sozusagen die Frage im Raum, in welchem Maße das Wandern als Tätigkeit früher an die Folklore gebunden war. Und das wird nach meiner Wahrnehmung stark übertrieben. Für mich ist das daran zu erkennen, dass mich die Frage einer Abgrenzung zum Folkloristischen, als ich z.B. mit 18 in den Alpen gewandert bin, überhaupt nicht beschäftigt hat.

[lina]

AW: Spazierwandern?!

(...) denn selbst wenn die Digital Natives massenhaft wandern würden und sich beim Wandern unbedingt vergemeinschaften wollten, würden sie es in anderer Form tun.

siehe instagram

BTW: Sowas wie "Wandertag" in der Schule – gab’s das bei Dir nicht?

[Igelstroem]

AW: Spazierwandern?!

siehe instagram

BTW: Sowas wie "Wandertag" in der Schule – gab’s das bei Dir nicht?

Doch. Aber was soll daraus folgen?

Sicher ist, dass dabei niemand eine Kniebundhose trug.

[Mus]

AW: Spazierwandern?!

siehe instagram

BTW: Sowas wie "Wandertag" in der Schule – gab’s das bei Dir nicht?

Doch. Aber was soll daraus folgen?

Sicher ist, dass dabei niemand eine Kniebundhose trug.

Ich schon. Es gibt sogar Beweisfotos.

[ronaldo]

AW: Spazierwandern?!

Ihr (lina und du) habt euch eben damals in folkloristischen Kreisen bewegt. ...

Ne.
Mit Folklore hat das nichts zu tun. Das war in den 70ern einfach üblich, so wie Autowaschen in der Einfahrt, Schaufensterbummeln in der sonntäglich toten Innenstadt und anderes.
Natürlich haben wir Kinder das Wandern gehasst, aber nachher wars dann doch irgendwie toll.
Und damit habe ich mich auch als Träger von rotkarierten Hemden und Kniebund- oder kurzen Lederhosen geoutet. Lebt damit.
..
Und wie das heute heißt, ob es in oder out ist, gehyped wird, ob man dauernd das Handy zücken und die Bilders sofort posten muss usw... das ist doch völlig belanglos.

[Mus]

AW: Spazierwandern?!

Natürlich haben wir Kinder das Wandern gehasst, ...

Eigentlich nicht. Wandern (mit Papa oder Oma&Opa) war toll. Vielleicht, weil dabei immer in irgendeiner Art Essen (und sei es nur eine Scheibe Trockenbrot) und außerdem etwas Spannendes/Gruseliges/Halbverbotenes (und sei es nur ausgedacht) im Spiel war.
Spazierengehen (mit Mama) das war doof und hassenswert. Unter anderem, weil man immer jemanden getroffen hat, mit dem sie sich unterhalten musste.

[Igelstroem]

AW: Spazierwandern?!

Ne.
Mit Folklore hat das nichts zu tun. Das war in den 70ern einfach üblich, so wie Autowaschen in der Einfahrt, Schaufensterbummeln in der sonntäglich toten Innenstadt und anderes.
Natürlich haben wir Kinder das Wandern gehasst [...].

Also noch mal eine Zusammenfassung: Bei euch allen war es so, bei mir nicht.

Das erklärt auch, wieso wir (d.h. meine Geschwister und ich) schon als Kinder das Wandern keineswegs gehasst haben. Die erste Mehrtagestour mit 16 [nee, historisch korrekt: mit 15] war ja meine eigene Idee. Die Kleidung war funktional fragwürdig, aber der Stil war gar kein Thema. Ich habe übrigens am zweiten Tag bei Dauerregen einen langen schweren Regenmantel getragen, weil man das damals für den ultimativen Regenschutz gehalten hat. Daran erinnere ich mich sehr negativ. Tut mir leid, wenn ihr damals unter was ganz anderem gelitten habt.

[lina]

AW: Spazierwandern?!

Zwiespältig empfand ich als Kind eigentlich nur die Schul-Wandertage: Die ganze Zeit innerhalb einer Gruppe den Berg hoch, und oben war dann nix Wobei das "nix" sich aber nicht auf eine Einkehrmöglichkeit bezog. Unterwegs war eigentlich auch nix, oder keine Zeit für etwas Interessantes.

[Blackfux]

AW: Spazierwandern?!

Ich kann mich sehr wohl an Kniebundhosen, rote Socken und karierte Hemden erinnern. Jedenfalls trugen das die Wanderleiter des "Ferienwanderns" in Hannover in der 2. Hälfte der 70er Jahre.

Genau. Da habe ich auch öfters mitgemacht.

[Werner Hohn]

AW: Spazierwandern?!

Ich kann mich sehr wohl an Kniebundhosen, rote Socken und karierte Hemden erinnern. Jedenfalls trugen das die Wanderleiter des "Ferienwanderns" in Hannover in der 2. Hälfte der 70er Jahre.

OT: Ist es im Bereich des Möglichen, dass bei euren 70er etwas falsch gelaufen ist? Meine Erinnerungen an diese Zeit sind nicht jugendfrei, würden hier zur Sperrung auf Lebenszeit führen und haben mit der bestrumpften Wanderei wirklich nichts zu tun.

[Mus]

AW: Spazierwandern?!

Also noch mal eine Zusammenfassung: Bei euch allen war es so, bei mir nicht.

Das erklärt auch, wieso wir (d.h. meine Geschwister und ich) schon als Kinder das Wandern keineswegs gehasst haben. Die erste Mehrtagestour mit 16 [nee, historisch korrekt: mit 15] war ja meine eigene Idee. Die Kleidung war funktional fragwürdig, aber der Stil war gar kein Thema. Ich habe übrigens am zweiten Tag bei Dauerregen einen langen schweren Regenmantel getragen, weil man das damals für den ultimativen Regenschutz gehalten hat. Daran erinnere ich mich sehr negativ. Tut mir leid, wenn ihr damals unter was ganz anderem gelitten habt.

Ich hab nicht gelitten. Ganz im Gegenteil.
Meine erste Mehrtagestour (leider dann auch für lange Zeit die letzte) war mit 7 und Kniebundhose. Mit Papa und große Schwester (ebenfalls in Cord-Kniebundhose) ging es durch ein deutsches Mittelgebirge. Auch wenn die Wanderkarte etwas älter war (oder vielleicht auch ein bisschen viel älter, gell Papa ) und wir uns so ganz übel verfranst haben (weil die eingezeichneten Wege nicht mehr viel mit der Realität zu tun hatten), so war es doch eine supertolle Tour von der wir heute noch schwärmen.

Auch die Sonntagnachmittagstouren habe ich geliebt, solang es Wandern war - also mit Papa durch Wald und Flur. Manchmal auch mit Oma und Opa zum Pilzesammeln.
Gehasst hab ich nur Spazierengehen. Das war mit Mama durch den Ort. Nett und brav und immer freundlich grüßen und Schwätzchen halten

[Chouchen]

AW: Spazierwandern?!

OT: Ist es im Bereich des Möglichen, dass bei euren 70er etwas falsch gelaufen ist? Meine Erinnerungen an diese Zeit sind nicht jugendfrei, würden hier zur Sperrung auf Lebenszeit führen und haben mit der bestrumpften Wanderei wirklich nichts zu tun.

OT: Du bist ja auch ein, zwei Jährchen älter. Höchstens.

[codenascher]

AW: Spazierwandern?!

Unsere "Wandertag" in der Oberschule verbrachten wir immer im Kino oder auf der Bowlingbahn, gewandert ist da eigentlich keine Klasse.