Meine Wiese ist sauer! Aber den Kräutern scheint das egal zu sein.

Unsere Wiese hat sich in den letzten Jahren schön entwickelt. Die oberste, sehr trockene Terrasse, ist mittlerweile extrem mager. Letztes Jahr, und auch in 2021, als wegen der feuchten, warmen Witterung das Grünland bis in den Herbst hinein wuchs ohne Ende, haben wir aus den untersten Teilen (die bis 2018 baumbestanden waren) Unmengen von Biomasse rausgeholt, oben wuchs es maximal kniehoch, und wurde, wie immer, einschürig gemäht und abgeräumt, z.T. sogar gar nicht gemäht.
Im unteren Wiesenbereich gibt es aber ein Problem mit Weichem Honiggras, das stellenweise wuchernde „Monokulturen“ bildet. Der größte dieser Flatschen ist etwa 50 qm groß, und das Honiggras lässt sich durch nichts verdrängen. Viermal im Jahr gemäht (seit Jahren), geplaggt, vertikutiert und mit Drusch aus anderen Wiesenteilen besät. Durch das Wegnehmen der Bäume ist der Bereich mittlerweile voll besonnt. Robuste Initialpflanzen (Flockenblumen) in die Fläche gepflanzt. Nichts hilft. Das Fachwort dafür lautet „Sackgassenbestand“.
In der Böschung unmittelbar oberhalb haben wir nach der Trockenheit 2018 Unmengen von Honiggras-Rhizomen ausgeharkt, was nachhaltig geholfen hat (dort wächst jetzt ein schöner Flockenblumenbestand), aber nicht wiederholt werden kann, weil der Boden im normal feuchten Zustand zu lehmig ist, um alle Rhizome zu erwischen.
Die Recherche ergab: Weiches Honiggras mag es schattig, mager und sauer. Die landwirtschaftliche Fachliteratur kennt das Problem und empfiehlt: Pflügen und sofort Futtergras einsähen, Kalken und Düngen und, als letzte Maßnahme: Totalherbizid. Was natürlich nicht in Frage kommt. Mager ist gut, gedüngt wird also keinesfalls. Schatten gibt es ebenfalls kaum. Bleibt der PH-Wert, und die Frage, ob es Sinn machen könnte, diesen Bereich zu kalken, um das Gras zurückzudrängen.
Bei der Recherche bin ich auf diese interessante Studie zum Osterzgebirge gestoßen, die das Naturschutzkonzept des reinen Aushagerns von geschützten Wiesenstandorten hinterfragt, das Problem der Versauerung aufzeigt und Kalkungen für Offenland vorschlägt, analog zu den seit Jahrzehnten praktizierte Waldkalkungen:
https://osterzgebirge.org/de/natur-p...wiesenkalkung/
Ich habe mit diesem Set von Neudorff den PH-Wert gemessen, und, wo ich schon dabei war, nicht nur an meiner Problemstelle, sondern an insgesamt 16 Punkten der Wiese. Und das Ergebnis war interessant: Ein PH-Wert von 4 bis, mit viel gutem (Interpretations)Willen, 4,5 (hellgelb bis warm gelb). Überall. Nur an zwei Stellen habe ich einen PH-Wert von 5-5,5 gemessen, und zwar auf der Terrasse unter der abgestorbenen Eiche – hier wurde von Mitte der 1970er bis Ende der 1980er ein Nutzgarten betrieben (mit reichlich Schafsmist) und am tiefsten Punkt des Grundstücks, dem „Waldgrund“, wo es feucht, und wegen der Bäume, die da lange standen, sehr humos ist. Und dort steht immer noch eine große Esche auf der Grundstücksecke, deren Laub auf diesen Bereich fällt.
PH 4-4,5 entspricht einem sauren Moor, einer Heide, oder einer Borstgraswiese.
Kein Wunder, dass es dem Honiggras bei uns gefällt. Aber irgendwie „passt“ der PH-Wert ansonsten nicht zum Artenspektrum (ich habe mir für meine Artenliste mal die Zeigerwerte nach Ellenberg zusammengesucht). z.B. hier auf der obersten Terasse (PH-Wert 4-4.5; gemessen direkt an der Oberfläche und in 20 cm Tiefe) knolliger Hahnenfuß, dazwischen eine Karthäusernelke (!) und Kleine Bibernelle. Drei kalk-, bzw. basenliebende Arten:
Auch Wiesenschlüsselblumen wachsen an verschiedenen Stellen und versamen sich erfolgreich. Desgleichen Dost und Echtes Labkraut. Diverse Glockenblumenarten mit hohem R-Zeigerwert (Campanula patula, persicifolia, trachelium, rapunculus, rapunculoides). Große Sternmiere. Ein einzelnes Exemplar des Blutoten Storchschnabels. Kleiner Odermenning.
Andererseits hat sich in den letzten vier, fünf Jahren in den trockensten Bereichen das Doldige Habichtskraut sehr stark ausgebreitet (Zeigerwert R2). Und das Moos (obwohl dort nach diversen Baumfällungen kein Schatten mehr ist).
Stark zugenommen hat auch die Feldhainsimse (ebenfalls R2). Wobei bei letzterer nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie sich ausbreitet, weil der Kleine Klappertopf erfolgreich die Süßgräser plattmacht.
Fragen über Fragen.
Wie verlässlich ist meine Messung?
Ist so ein Wert normal, oder degradiert die ganze Wiese gerade Richtung „Honiggras-Sackgasse unterm Pflaumenbaum“?
Warum ist der Wert so niedrig? Der Untergrund ist Unterer Buntsandstein und oberes Zechstein (Bröckelschiefer), solche Wiesen sind kalkarm und mehr oder weniger sauer, aber der Wert erscheint mir extrem.
Und, last but not least: Was mache ich mit meiner Honiggras-Problemstelle unterm alten Pflaumenbaum?
Kommentar