Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

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  • Bodenseepeter
    Anfänger im Forum
    • 01.07.2012
    • 14
    • Privat

    • Meine Reisen

    Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads



    So sieht der Arbeitsplatz von Rudolf Pallesen aus, dem Rahmenbauer, bei dem ich mein Traum-Fahrrad bauen lasse.



    Hier werden Fahrrad-Rahmen von Hand gebaut. Also nach allen Maßgaben des Kunden. Und diesem Fall bin ich das.

    Die Armlänge, Beinlänge, Schulterbreite, gewünschte Sitzposition, Stahl-Arten, Wandstärke und Rohrdurchmesser und vieles mehr fließen hier in meinen persönlichen Rahmen ein.

    Allein der Beratungsprozess dauert mehrere Stunden, bei mir geschah das durch die Beratung eines Fahrradladens in Karlsruhe. Oder genau genommen in einem Café dort um die Ecke, wo wir über zwei Stunden lang bei Cappuccino das Für und Wider der verschiedenen Stahl-Arten und aller anderen Details in Bezug auf meinen Einsatzzweck diskutierten.

    Und beim “fotogensten” Arbeitsschritt der Entstehung meines Traum-Fahrrads wollte ich dabei sein.

    Darum hatte mir der Rahmenbauer vorgeschlagen, dass ich zum Zusammenlöten der Rohre und beim Einspannen des Hinterrads in die Werkstatt nördlich von Hamburg kommen könne – was ich im Februar 2012 auch sehr gerne tat.



    Dies ist also der Rahmen meines neuen Traum-Fahrrads. Noch in seinen 13 Einzelteilen, die bereits auf die richtigen Maße gebracht sind.



    Vor dem Zusammenbau werden die Grate an allen Rohre entfernt.



    Nicht nur außen, sondern auch innen wird entgratet und gereinigt – hier der Gabelkopf.



    Sichtkontrolle des Gabelschafts von innen.



    Letzte Bohrungen vor dem Zusammenbau.



    Der Gabelschaft wird an die Muffe geheftet.



    Nun beginnt der wichtigste Teil. Die Maße meines Rades werden vom Papier auf die Rahmenlehre übertragen, in welche anschließend alle Rohre eingespannt und dort aneinander geheftet werden.



    Die Schablone wird auf den Millimeter genau justiert, so dass alle Rohre passgenau gehalten werden.



    Letzte Sichtkontrolle der Rohre bevor sie eingespannt werden. Hier sieht man die Schächte für die Kabel und Züge im Inneren meines Unterrohrs.



    Nun beginnt die echte Handarbeit, für die es Jahrzehnte Erfahrung braucht: die Enden aller Rohre werden miteinander verlötet. Am Tretlager mithilfe einer Muffe, an allen anderen Stellen im so genannten Fillet-Brazed-Verfahren.



    Sie ist das Ergebnis einer jahrelangen Erfahrung im Umgang mit Stahl, Lötmasse und der richtigen Temperatur. Denn nur, wenn die Lötmasse im richtigen Moment an der richtigen Stelle die richtige Temperatur hat (meist zwischen 650 und 750 Grad Celsius), wird sie kapillar zwischen die Teile gezogen bzw. trägt an der richtigen Stelle gut auf.



    Die Kettenstreben und die Ausfallenden sind schon da, doch für einen kompletten Hinterbau fehlen noch die Sattenstreben. Anders als alle anderen Rohre, sind sie an ihren oberen Enden noch nicht vorgefertigt.



    Am Sattelrohr fehlen noch die Sattelstreben.



    Die oberen Enden der Sattelstreben werden ans Sattelrohr angelegt und per Augenmaß an den zu kürzenden Stellen markiert.



    An den Markierungen werden die Sattenstreben abgesägt.



    Das abgesägte Ende der Sattelstrebe wird geschliffen.



    Und anschließend von Hand passgenau gefeilt.



    Die Passgenauigkeit wird geprüft.



    Die Sattelstreben bekommen nun noch Bohrlöcher, damit sich die durchs Löten erwärmte Luft ausdehnen kann, und durch die später der Rahmen von innen mit Wachs versiegelt werden kann.



    Vor dem Anlöten wird eine das Flussmittel aufgetragen, um Oxidation zu vermeiden.



    Bei etwa 650 Grad werden die Sattelstreben an das Sattelrohr gelötet. Hier sind erfahrene Hände und gute Augen gefragt, damit die Lötmasse weder zu heiß und flüssig, noch zu kühl und fest wird. Erst die richtige Sämigkeit beim Löten verbindet beide Teile für den Rest des Lebens.



    Wenn der Hinterbau fertig ist, wird zur Kontrolle seine Symmetrie gemessen – in diesem Fall ist sie perfekt.



    Besonders große Kräfte wirken in einem Fahrradrahmen am Tretlager, wo die Kraft vom Pedal auf die Kette umgelenkt wird.



    Darum werden am Tretlager alle vier Rohre von einer stabilen Muffe gefasst und sowohl von außen als auch von innen gelötet.





    Nun ist der Rahmen fertig gelötet. Er kühlt nun ab und wird die kommende Nacht in einem Wasserbad verbringen, wo das Flussmittel abgelöst wird.

    Derweil schaue ich zu René Ludwig, der rund um meine Rohloff-Nabe das Hinterrad einspeicht.



    Um absolute Beständigkeit zu garantieren, werden die Speichen nicht nur abgedrückt, sondern einzeln abgeklopft. So können sich etwaige Verdrehungen sofort lösen, und es ist keine Nachzentrieren nötig.



    Die Spannung jeder einzelnen Speiche wird anschließend gemessen, und das Ergebnis ist ein Rad so stabil (und leicht), wie es nur sein kann.

    Zuletzt geändert von Bodenseepeter; 01.07.2012, 22:37. Grund: Firmennamen entfernt

  • codenascher

    Lebt im Forum
    • 30.06.2009
    • 5178
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

    WOW, Wahnsinns Dokumentation mit starken Bildern. Dankeschön!!!

    Was kostet denn so ein Schmuckstück? Sehen wir auch noch den fertig lackierten Rahmen bzw. das ganze Rad?

    Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

    meine Weltkarte

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    • Bodenseepeter
      Anfänger im Forum
      • 01.07.2012
      • 14
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

      Das Rad ist nun tatsächlich fertig, aber ich habe noch keine (guten) Fotos davon. In ein paar Tagen kommen sie hoffentlich ;)

      Insgesamt habe ich knapp 4.800 Euro für diesen Traum bezahlt. So viel, dass ich mich jetzt rechtfertigen muss: ich habe nämlich 12 Jahre lang beruflich Radreisen organisiert, also nicht nur mein Hobby zum Beruf gemacht, sondern vor allem 12 Jahre lang keine eigene Radreise mehr unternommen.

      Und das hole ich mir gerade wieder zurück in mein Leben, und das Rad ist mein erster schöner Schritt in diese Richtung.
      Zuletzt geändert von Bodenseepeter; 01.07.2012, 22:39.

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      • redragon
        Erfahren
        • 29.05.2008
        • 248
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

        Ich finde das sehr interessant, das die rohre gelötet werden. vor allem, weil das an vielen stellen so auf stoß aussieht. oder täuscht das?
        Search the red T

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        • Bodenseepeter
          Anfänger im Forum
          • 01.07.2012
          • 14
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

          Genau, das ist auf Stoß, und an den sehr belasteten Stellen gibt es eine Muffe.

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          • redragon
            Erfahren
            • 29.05.2008
            • 248
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

            Ich weiß ja, das ne gute lötverbindung mehr mitmacht, als man denkt, aber trotzdem frag ich mich, warum das nich geschweißt wird. das einzige, was dagegen spricht wäre der schweißverzug.
            Weißt du, warum das gelötet wird?
            Search the red T

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            • Svenlein
              Gerne im Forum
              • 21.08.2007
              • 83

              • Meine Reisen

              #7
              AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

              Zitat von redragon Beitrag anzeigen
              aber trotzdem frag ich mich, warum das nich geschweißt wird. das einzige, was dagegen spricht wäre der schweißverzug. Weißt du, warum das gelötet wird?
              So eine Hartlöt-Stelle ist an sich schon fast so fest, wie der Stahl selbst.
              Wenn gemufft wird, ist die Fläche der Lötstelle sehr groß,
              so dass die Festigkeit der Lötstelle deutlich höher ist,
              als die Festigkeit des verlöteten Stahlrohres.
              Die Muffe bedeutet aber auch zusätzliches Gewicht.
              Wenn auf Stoß verlötet wird, ist die Festigkeit in der Regel geringer,
              da sich in der Lötstelle eine Kerbwirkung bildet, und dadurch die Lötstelle bevorzugt reißen kann.

              Warum man's macht?
              Sehr "gute" hochfeste Stähle lassen sich teilweise nicht mehr, oder nur mit sehr großem Aufwand schweißen,
              und ihre Eigenschaften verschlechtern sich durch die große Hitze beim Schweißen womöglich,
              wenn man beim Schweißen ein paar kleine Fehler macht.
              So gesehen ist das Hartlöten hier die "saubere" Version,
              die sich deutlich besser von Hand ausführen lässt, und auch ein paar kleine Fehler verzeiht.

              Außerdem sieht ein gemuffter und gelöteter Rahmen doch einfach cool aus....

              Gruß

              Sven

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              • redragon
                Erfahren
                • 29.05.2008
                • 248
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

                Sicherlich neigt hochlegierter Stahl eher zur Martensitbildung als Wald- und Wiesenstahl. Allerdings frag ich mich, ob man wirklich so speziellen Stahl für einen Fahrradrahmen verwenden muss.
                Wir bauen z.B. den Rahmen unseres Rennwagens aus 45 CrMo 4 (sogar FIA zertifiziert^^) . Der ist ein "sehr guter" Stahl (Streckgrenze irgendwo bei 750 N/mm²) und lässt sich trotzdem prima schweißen.
                Und wenn man schon das Rad aus hochlegiertem Stahl baut, dann kann man auch noch die "paar Mark" fürs Normalglühen ausgeben ;)

                Was ich auch noch als Nachteil beim löten empfinden würde: Sollte doch mal der Lack an einer der Lötstellen abplatzen, hast du ein prima galvanisches Element...

                Allrdings mus ich dir recht geben, das sieht wirklich besser aus als sonne blöde Schweißnaht. Und wenn das noch gemuft ist dürfte das ziemlich sicher halten
                Search the red T

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                • nosports
                  Dauerbesucher
                  • 26.02.2007
                  • 790

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

                  Zitat von Svenlein Beitrag anzeigen
                  So eine Hartlöt-Stelle ist an sich schon fast so fest, wie der Stahl selbst.
                  Sie ist sogar härter bzw zäher als der Stahl drumrum.

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                  • Ingwer
                    Alter Hase
                    • 28.09.2011
                    • 3237
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

                    Hallo,

                    ich verstehs irgendwie nicht ganz. Ich dachte immer das der Vorteil von Stahlrahmen (unter anderem) darin liegt das man diese reparieren bzw schweißen kann falls ein Bruch aufgetreten ist.
                    Wenn man aber (wie im Thread erwähnt) einen hochfesten Stahl verwendet der kaum mehr schweißbar ist, was ist dann noch der große Vorteil von Stahl im Rahmenbau? Kann man dann nicht gleich Alu nehmen?


                    Grüße

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                    • Nordman
                      Fuchs
                      • 10.03.2010
                      • 1726
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

                      wie du selbst ja schon andeutest, es ist ja nicht der einzige vorteil.
                      man wird iim notfall wohl trotdem leichter einen finden, der (vielleicht auch nicht ganz fachgerecht!) diesen stahlrahmen instandsetzt als einen alurahmen.
                      An diesem Tag habe ich alles gelernt, was man über das Scheitern wissen muß.

                      Käpt´n Blaubär

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                      • Ahnender
                        Fuchs
                        • 17.08.2004
                        • 1354
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

                        Was ist es denn für ein Rohr geworden???

                        Und wie ist die Geometrie und warum?

                        AFAIK wurden die alten höchstwertigen Rohre gelötet, da sie beim Schweißen
                        durch die hohen Temperaturen geschwächt worden wären.
                        Tom

                        >>Ohne Philosophie wagen heute nur noch Verbrecher, anderen Menschen zu schaden.<<
                        Robert Musil - Der Mann ohne Eigenschaften

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                        • klaus1
                          Erfahren
                          • 19.04.2011
                          • 139
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: Foto-Dokumentation vom Rahmenbau meines Reiserads

                          Wir würden heute noch mit Sicherheit alle Stahlrahmen fahren, wenn nicht immer mal wieder was neues kommen müßte um den Umsatz anzukurbeln.

                          Ein gut gemachter Stahlrahmen ist heute noch das Non plus Ultra.

                          Bei den Rennrädern kann man das gut an den verschiedenen Gewichten sehen, was durch bessere modernere Technik möglich ist.

                          Als Alu kam war der Gewichtsunterschied zu Stahl schon heftig, heute kaum noch Unterschied, das gleiche passierte dann bei Alu/Carbon.

                          Es unterliegt in unserer modernen schnellen Welt alles der Mode/Gewinnmaximierung, ob das immer besser ist, muss jeder selbst für sich entscheiden.

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