Ueberquerung von Gletschern

[Friedjoff]

Hallo!

Was muss man beim ueberqueren von Gletschern wissen.

Mich wuerde mal interessieren ob man im Sommer solch einen Gletscher (Bild unten links) auch ohne besondere Ausruestung (Steigeisen ...) ueberqueren kann. Die Gefahr in Spalten einzubrechen duerfte doch nicht sehr hoch sein, solange kein Neuschnee liegt.

Friedjoff

[Julia]

Das Problem ist wohl in erster Linie die (Aus-)Rutschgefahr sein. Ich habe mal versucht, ohne Steigeisen oder Grödel ziemlich flache, winzig kleine Gletscherreste, die komplett spaltenfrei waren, zu überqueren und allergrösste Schwierigkeiten dabei gehabt (ich konnte schlicht und einfach nicht drauf gehen, ohne abzurutschen).

Also: Regel Nr. 1: nie auf einen Gletscher ohne Steigeisen und Eispickel.

Ob man das Risiko eingeht, allein (d.h. ungesichert) zu gehen, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Es geht nicht nur darum, auf Schneebrücken einzubrechen (was IMMER passieren kann, denn manchmal liegt der Schnee in einer Fläche, wo man gar nicht sieht, dass darunter Spalten sind), sondern auch um die Sicherung beim Überqueren von Spalten. Und - es ist niemand da, der evtl. gesehen hat, dass Du reingefallen bist, d.h. da kommt dann auch keiner, um zu versuchen, Dich rauszuholen.

Du musst jedenfalls schon mal auf einem Gletscher gewesen sein und mit Steigeisen und Pickel umgehen können (am besten Kurs gemacht haben oder viel Erfahrung besitzen), um einen Gletscher allein in Angriff zu nehmen. Am liebsten solltest Du auch den Gletscher und dessen Oberflächenbeschaffenheit sehr gut kennen (wo sind die Spalten?)

Mein Freund geht manchmal allein, und ich sehe das nie gern. Er ist hier in Norwegen in einer Fjellsportgruppe, und auch dort ist das Thema Gletscher und Alleingang heftig diskutiert worden. Die Grundhaltung Gletscher=gefährlich ist auch hier sehr tief verwurzelt, und es gibt Bergsteiger, die aus Respekt und mangelnder Begleitung nie Berge in Angriff genommen haben, die eine Gletscherpassage erfordern.

Im Endeffekt muss es jeder selber wissen. Auf Bergexpeditionen im Alleingang machen das ja immer wieder Leute. Hast Du Pech, bist Du weg. Grundsätzlich ist die Regel jedoch: Auf dem Gletscher immer mindestens zu viert und am Seil. Und ein gesunder Respekt ist immer gut. Selbstüberschätzung dagegen nie.

[Becks]

Mein Grundsatz: auf Gletscher nie solo. Letztes Jahr konnte man im Hochsommer die ganzen ausgeaperten Gletscher begutachten und da hab ich an mancher Stelle eine breite Spalte gefunden wo ich se mit Schnee drüber niemals vermutet hätte.

Einzige Ausnahme: ich sehe wirklich das blanke Eis und keinen Schnee mehr. Dann ist die Überquerung eines flachen Gletschers mit Eisen / Eispickel machbar. Allerdings muß man sich sicher sein was man da tut denn ein Ausrutscher und das wars.

Alex

[Friedjoff]

Also, solo wuerde ich sowas wohl nicht machen. Wir werden wohl mindestens zu 5 sein. Aber ohne Steigeisen kommt sowas wohl nicht in Frage und bei einer mehrwoechigen Tour extra Steigeisen mitzuschleppen, nur fuer eine Gltescherpassage, macht wohl nicht so viel Sinn.
Ich war einmal auf einer Gletscherzunge unterwegs. Sowas macht ohne Steigeisen natuerlich nicht soviel spass. Aber oft sieht die Oberflaeche von Gletschern in der Mitte aus wie ein ganz normales Schneefeld. Zumindestens von weit weg. Oder kommt das nur durch die Entfernung?

Friedjoff

[Zaza]

In den Alpen gibt's natürlich schon flache und spaltenarme Gletscher, die man ohne Eisen/Seil begehen kann. Klassisches Beispiel ist die Plaine Morte im Wildstrubelgebiet. Da gehen massig Leute drüber, die mit der Seilbahn von Montana hoch fahren, um den Wildstrubel zu ersteigen.

Im Zweifelsfalle nehme ich den Krempel sicherheitshalber lieber mit...aber ich mache ja auch keine mehrwöchigen Touren.

[Flachlandtiroler]

Grundsätzlich ist die Regel jedoch: Auf dem Gletscher immer mindestens zu viert und am Seil.

Steht das so in den Lehrbüchern? Seil ist klar, aber zu viert? Das gängige Bergungsverfahren zur Spaltenbergung geht IMHO auch mit drei Personen (davon einer versenkt ). Mannschaftszug ist natürlich 'ne prima Sache, aber wenn es wirklich durch einen üblen Gletscherbruch geht, verliert man mit vier oder mehr Leuten schnell die Übersicht, wer gerade über welches Loch springt; in einer großen Gruppe halbwegs ohne Schlappseil zu gehen kostet 'ne ganze Menge Zeit, die man bei Gletschertouren oft nicht hat.

@Friedjoff: Wesentlich wäre für mich, ob die Gletscherpassgae auf Eurer mehrwöchigen Tour "Pflicht" ist oder ggf. umgangen werden kann. Wenn die gesamte Durchquerung daran hängt würde ich auf jeden Fall Eisausrüstung mitnehmen; man kann sich natürlich Sparmaßnahmen überlegen, z.B. nur ein dünneres Einfachseil ("Gletscherseil") mitnehmen, nur 2-3 Pickel statt fünf (und dann ggf. Stufen hacken), einfache Kombigurte statt aufwendig gepolsterter Sitzgurte, etc.
Was das verlinkte Foto angeht, bei der Überquerung von so einem Gletscher würde ich volle Eisausrüstung einpacken; diese Gletscher bewegen sich sehr schnell und sind folglich enorm zerklüftet; aus der Luft sieht das schön gleichmäßig "schraffiert" aus, von nahem wohl nicht so sehr... Ausnahme wären höchstens schuttbedeckte Gletscher (geht oft ohne Steigeisen / Pickel), aber das scheint hier nicht der Fall zu sein. Mit verdeckten Spalten muß man im unteren Gletscherabschnitt eher nicht rechnen, aber mit knüppelhartem Eis und jede Menge Zickzack.

Gruß, Martin

[Friedjoff]

Bei dem ganzen Materialaufwand wird es wohl leichter & schneller sein, die Gletscherpassage zu umgehen. Ausserdem ist es ja nicht ganz ungefaehrlich, besonders ohne besondere Erfahrung.

Aber trotzdem Danke, hat mir geholfen.
Friedjoff

[nexus234]

hi, wie sieht es denn auf dem zugspitzgletscher aus. braucht man da gletscher ausrüsung?
ich will im juli über die höllenbachangerhütte auf den gipfel. im führer steht, dass man ein kurzes stück über den gletscher muss.

[Flachlandtiroler]

hi, wie sieht es denn auf dem zugspitzgletscher aus.

So.
Im letzten Jahr war der wohl im Juli schon aper. D.h. etwaige Gefahr droht nicht so sehr vom Einbruch in eine verdeckte Gletscherspalte, denn die sind alle offen. Dafür ist vielmehr der Schnee eisig hart und man sollte sich ergo mit Pickel und Steigeisen bewaffnen.
Seilsicherung ist der reinen Lehre nach ebenfalls Pflicht, zumindest solange Schnee auf dem Gletscher liegt und die Spalten verbirgt. Andererseits ist auf diesem Weg fast immer eine fette Spur und wahrscheinlich rennt der Großteil ohne Seil da 'rüber -- wie die Lemminge . Deine Entscheidung...

Gruß, Martin

[Julia]

Steht das so in den Lehrbüchern?

Was in den deutschen steht, weiss ich nicht , aber in Norwegen geht man von vier aus (wahrscheinlich sind die Norweger entweder so schwach, dass zwei den Fall eines dritten nicht auffangen können und mitgerissen werden oder die Gletscher sind hier so zahm und übersichtlich, dass man sich nciht aus den Augen verliert ).

Im Ernst: es gibt hier auch einige heftige Gletscherfälle, wo man sich in langen Seilschaften sicher eher behindert als nützt, doch hier geht man natürlich um des Gletschererlebnisses und der Herausforderung willen, d.h. mit Absicht und entprechend vorbereitet. Was Gletscherrouten anbelangt, entweder zur Überquerung oder Bergbesteigung, sind die eher sehr übersichtlich und mit längeren Seilschaften eher unproblematisch.

Einerlei, ich lass mich gern belehren :P

[Flachlandtiroler]

Hallo Julia,

Was in den deutschen steht, weiss ich nicht , aber in Norwegen geht man von vier aus [...]
Einerlei, ich lass mich gern belehren :P

Wollte Dich keineswegs belehren, 'tschuldigung!
Was ich auf die Schnelle gefunden habe:
http://www.alpenverein.de/amicaro/da...pdf/pdf574.pdf
darin Seite 3: "Auf schneebedeckten Gletschern wird grundsätzlich am Seil gegangen, am besten in der Dreierseilschaft."

Gruß, Martin

[Julia]

Nix da tschuldigung Martin, ich meinte das positiv! Man lernt ja sowieso nie aus :wink:, und ich habe überhaupt kein Problem damit!