[SE][NO] Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

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    [SE][NO] Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

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    Mitreisende
    Da ich dieses Mal absolut keine Lust hatte, meinen Reisebericht "on tour" zu schreiben (irgendwas zu schreiben), und dies nun in digitaler Form erledige, darf das Forum ausnahmsweise davon profitieren . Viel Spass.

    Prolog
    Frühe Morgenstunde, 1. September 2010. Die Masterarbeit war abgegeben und die Wohnung bis auf Kleinigkeiten geräumt und geputzt. Wie so oft in den letzten Wochen brachte ich es nicht auf mehr als 4 Stunden Schlaf. Meine Katze Nr. 2 war nach wie vor nicht aufgetaucht, seit über einer Woche fehlte jede Spur von ihr. Eigentlich war ich nicht wirklich in Urlaubsstimmung, doch es war Zeit zu gehen. Ich schulterte meinen Rucksack und verliess meine Wohnung für immer. Bevor mein grösstenteils noch undefiniertes, neues Leben beginnen sollte, wollte ich ein wenig durch Nordschweden streunen. Streunen ist nicht wirklich der passende Begriff: mein Kartenstudium hatte mir mal wieder unzählige Orte angesammelt, die ich besuchen wollte - und dabei hatte ich Vieles schon rausgestrichen. Der Start sollte in Katterjåkk erfolgen, von wo ich mich über Unna Allakas nach Norwegen und zum Nordkalottleden durchschlagen wollte, welchen ich jedoch bald verlassen mochte, um ein wenig fjordnäher zu wandern. Dann sollte es Richtung Sarek weitergehen, welchen ich aber nur ankratzen wollte, um dann nach Süden Richtung Tuottar zu gelangen, und schliesslich weglos südwestlich Richtung Vaimokvagge. Danach besagte der Plan, dass es südlich bei Miehkak über die Brücken gehen sollte, um danach auf dem Hügelzug Richtung Jurun zu wandern. Nach Jurun sollte es auf dem Weg erst südlich, dann nach dem Silvervägen Richtung Norwegen gehen, um kurz vor der Grenze Richtung Guijaure abzubiegen, von dort aus über die östliche Route zur Laisstugan und querfeldein rüber nach Vindelkroken. Nach Vindelkroken folgen die letzten Tage nach Ammarnäs.
    Nun war ich auf dem Weg zum Bahnhof. Die Reise hatte begonnen.



    Tauben am Flughafen Zürich

    01.09.2010
    Nach einem ereignislosen Flug über ein dichtes Wolkenmeer und einer kurzen Zugfahrt erreichte ich Stockholm. Ich hatte einige Stunden Zeit, bis mein Zug in den Norden losfuhr, und hatte noch ein paar Besorgungen zu erledigen (Spiritus, Feuerzeug, Kompass, Bücher) - aber erst musste mein Rucksack in ein Schliessfach. Die Schliessfächer schlucken zum Glück nur 5- und 10-Kronen-Stücke. Glücklicherweise gibt es aber Wechselautomaten, die nehmen 20er und 50er Scheine... alles Stücke, die man beim Geldwechseln in Massen erhält. Ich kaufte mir etwas zu trinken und hatte nun immerhin einige 20er Noten, mit denen ich mein Glück am Wechselautomaten versuchte. Dieser war jedoch ziemlich wählerisch (und mutmasslich auch zickig), und so brauchte ich einige Zeit und Schimpfwörter, bis ich endlich meine 6 10-Kronenstücke beisammen hatte. Sobald der Rucksack im Schliessfach lag, machte ich mich auf den Weg zu einem Outdoorgeschäft. Es fing an zu regnen, wobei schütten der bessere Ausdruck ist. Natürlich weilte meine Regenjacke gemütlich bei meinem Rucksack im Schliessfach, und so nahm ich die Gratisdusche widerwillig entgegen. Schnell hatte ich meine Ausrüstung um 2l Brännsprit, einen Kompass, sowie zwei Feuerzeuge erweitert.
    Unter weiterhin strömendem Regen begann ich meine Sight-Seeing-Tour. Bevor ich jedoch das erste "Objekt" erreichte, befahl mir mein Magen, mir ein Sandwich zu holen. Ich gehorchte, beschloss aber, das Sandwich erst später an einem gemütlicheren Ort zu essen. Natürlich goss es immer noch, während ich mich auf den Weg zur Klarakyrkan machte. Ich hielt mich nicht lange auf und setzte meinen Weg Richtung Altstadt fort. Der Regen hörte auf, und nach einigen Ampeln ass ich mein Sandwich kurz vor der Vasabron, die ich schliesslich überquerte. Auf einer kleinen Insel, die von der Brücke aus zugänglich ist, mit einem Gebäude namens Strömsborg, ist die International Institute for Democracy and Electoral Assistance (International IDEA). Trotz der zentralen Lage irgendwie isoliert - hoffentlich ohne Symbolwirkung. Nach einem kurzen Schwank nach Riddarsholmen machte ich die Runde in der Gamla Stan. Danach ging es an der Jakobskyrkan vorbei zum Kungsträdgården, wo ich mich eine Weile hinsetzte und die Krähen beobachtete, die hier offenbar als Taubenersatz fungierten.
    Schliesslich zog ich weiter, ein bischen nach Nordosten, holte mir noch ein wenig zu futtern, und gelangte schliesslich an den Spazier- und Radweg am Barnhusviken. Einige Jogger liefen vorbei - die meisten sahen nicht wirklich danach aus, als genössen sie ihre Sportration. Ich kehrte zum Bahnhof zurück und kaufte mir zwei Bücher, eines von Nesbø und eines von Indridason, setzte mich in die Wartehalle und vertrieb die Zeit, bis es soweit war und ich in den Nachtzug steigen konnte.




    Am Bahnsteig sah ich einen älteren Mann, der ebenfalls mit schwerem Gepäck bewaffnet war. Wie es der Zufall so wollte, fanden wir uns wenig später im selben Abteil wieder. Zu meinem Entsetzen erfuhr ich, dass er Deutscher ist, aber seit über 20 Jahren in Schweden lebt. Glücklicherweise schien er aber nicht darauf erpicht, deutsch zu sprechen, und so führten wir unsere Konversation weiterhin auf schwedisch. Ein Mann gehobenen mittleren Alters stieg zu, er fuhr zum 80. Geburtstag seiner Mutter. Er war, wie sich bald herausstellte, ein "Steuern-fanatiker", der grundsätzlich die Lösung eines jeden Problems in der Einführung einer Steuer sieht. Zu uns gesellte sich ein Este, der 4 Jahre in Stockholm gelebt und sich nun ein Haus in Piteå gekauft hatte, wohin er auf dem Weg war. Ausserdem war noch ein jüngerer Typ dabei (jüngerer = so schätzungsweise 20), und irgend ne Tussi, die sich allerdings mit ihrem I-Pod und Laptop zu beschäftigen wusste und nicht an irgendwelchen kommunikativen Ereignissen teilnahm. Um 11 Uhr war schliesslich Nachtruhe angesagt.

    02.09.2010
    In der Nacht stand der Zug mal länger still, was ihm offenbar so gut gefiel, dass er dies auch am Morgen hie und wieder zu tun pflegte. Wir hatten Verspätung, und der Este, der einen Termin hatte, um seinen Hausschlüssel abzuholen, wurde zusehens nervös. Hin und wieder machte er sich auf die Suche nach dem Schaffner, um sich nach dem neuesten Stand der Dinge zu erkundigen, und jedes Mal hatten sie ein anderes Lösungsszenario bereit, wie er seine Reise fortsetzen sollte. Im Flur am Fenster stehend unterhielt ich mich ein wenig mit dem Esten, und durfte feststellen, dass er ziemlich hübsche blaue Augen hatte. Nach Umeå standen viele Abteile leer, was zu periodischer Streuung der "Abteilbesatzung" führte. Der Este stoppte mittlerweile Zugzeiten zwischen Haltestellen, während seine 4 Stunden Buffer, die er eingerechnet hatte, dahinschrumpften. Irgendwann sassen wir nur noch zu zweit im Abteil, und er erzählte mir, wo er aufgewachsen ist und dass viele Esten schwedische Namen hätten. Natürlich braucht es mein Genie, die Gelegenheit, ihn nach seinem Namen und Kontaktdaten zu fragen (ich muss schliesslich schwedisch lernen ). Aber dann stieg er aus und weg war er. Der Rest von uns fuhr weiter nach Boden. Dort warteten Busse respektive Taxis auf uns. Der deutsche Auswanderer und ich mussten beide auf so einen Bus, der uns nach Kiruna bringen sollte. Die Zeit war schon ziemlich fortgeschritten, als wir endlich in Kiruna ankamen. Ich musste auf den nächsten Bus umsteigen, und hoffte innigst, dass ich es noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Katterjåkk schaffen würde. Glücklicherweise hatte dieser Busfahrer ein besseres Verhältnis zum Gaspedal, und so flogen wir fast schon Richtung Riksgränsen.
    Es war halb 8 Uhr abends, als ich in Katterjåkk aus dem Bus stieg. Ich wollte noch so weit wie möglich den Hügel hoch, denn eigentlich hätte ich an diesem Tag noch bis ans Südende vom Katterjaure gelangen wollen. Nach 3 km schlug ich schliesslich unter den Tropfen des beginnenden Regens mein Zelt auf und verkroch mich darin.




    03.09.2010

    Der Morgen zeigte sich freundlich während ich die Frostkruste vom Zelt schüttete. Bald schon erreichte ich Katterjaure, und die Sonne erreichte mich. Doch der friedliche Tagesanfang wurde jäh von einem lauten Gezeter gestört: ein kleiner Lemming fand es offenbar gar nicht gut, dass ich vor seiner Hütte vorbeispazierte, und motzte mich in Kleinhundmanier an. Obwohl er auch immer wieder andeutungsweise auf mich zusprang, blieb ich stehen (wie er sich durch das Leder meiner Schuhe beissen wollte, das müsste er erst demonstrieren). Ich zückte die Kamera, doch dem Lemming wurde die Sache langsam suspekt und er huschte in seinen Bau. Restlos alle Lemminge, die ich während der restlichen Tour sah, waren viel zu beschäftigt damit, wegzulaufen, um nur schon dran zu denken, rumzuzetern. Der Weg führte nun ein wenig die Steine hoch, und bald schon kam ich wieder in den Schatten, wo der Frost noch weiter gedieh. Dann war auch der letzte Schatten weg und ich gelangte auf einen steindominierten und bald auch mit wenig Schnee bedeckten Teil meiner Tagesstrecke. Bald kam ich zur Watstelle am See nordöstlich von Valfojåkka. Diese erwies sich jedoch mit derzeitigem Wasserstand und Wetterlage als absolut unkritisch. Es zeigte sich zum 2. Mal, dass mein neues Watkonzept (Schuhe, Regenhose + Gamaschen) irgendwie nicht so dicht war wie Schuhe und Gamaschen alleine. Ich lief weiter und genoss den Ausblick auf das schneebedeckte schwedische Fjäll. Schliesslich ging es rauf nach Sjangeli, und bald schon stand ich selbst wieder im Schnee. Am Ende des Sees bei Sjangeli stiess ich auf die ersten Rentiere dieser Tour. Ich war mittlerweile ziemlich müde und hatte auch schon einiges an Strecke zurückgelegt, ich wollte aber noch ein wenig weiter Richtung Tal. Als ich endlich das Zelt aufgestellt hatte, liess der Schatten des Ruovssuk nicht lange auf sich warten, um mich von der warmen Sonne abzutrennen. Daher lag ich auch bald schon in der Wärme meines Schlafsackes.

    Zuletzt geändert von Sandmanfive; 04.11.2011, 23:07. Grund: Reisecharakter eingestellt
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  • kuroiya
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    #2
    AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

    04.09.2010
    Am nächsten Morgen trennte mich eine zähe Wolkendecke von der Sonne. Immerhin war es trocken, und so stapfte ich vorbei an Unna Allakas, überquerte die Grenze nach Norwegen und schritt am Cunojaure vorbei, sichtete einige weitere Rentiere, und kam schliesslich zu der Brücke. Das beste, was man von ihr wohl sagen kann, ist, dass sie sich immer noch als Brücke identifizieren lässt. Mein erster Gedanke jedoch bei ihrem Anblick war: "Das ist ein Scherz!". Bei näherer Betrachtung ersetzten immerhin Drähte die (zahlreichen) verlorengegangenen Holzstücke. Obwohl ich innerlich daran zweifelte, hielt die Brücke meiner Überquerung stand und mein Weg führte weiter, an Fröschen und weiteren Rentieren vorbei, zu einer intakten Brücke (ja, auch die gibt es in Norwegen ). Nun nur noch ein wenig das Tal auf dieser Seite der Cajhnajohka zurück und den Hügel hoch zum ersten See auf ca. 950m. Weiter wollten mich meine Füsse nicht tragen, obwohl ich an diesem Tag eigentlich bis zum See auf 1100m hochsteigen hätte sollen. Aber nun stand mein Zelt da, und es stand da eigentlich gar nicht so schlecht.



    05.09.2010
    Der nächste Morgen unterschied sich nicht viel zum Abend des Vortages (da die Sonne hinter den Wolken eh nicht sichtbar war). Ich packte meine Sachen, steckte den Kompass in die Jackentasche und machte mich auf zum Pass auf 1200m. Das Terrain des Tages war eindeutig Blockschutt. Da es in der Nacht geregnet hatte und es immer wieder leicht nieselte, war dieser auch noch nass. Die Farbe der Markierungen war ausserdem ziemlich verblasst, sodass es einen Tag grau (Steine/Boden) in grau (Wetter) in grau (Markierungen) gab. Ich gelangte zum See auf 1100m und konnte schnell erkennen, dass die Wolkensuppe mir bald die Sicht komplett stehlen würde. So war es denn auch, und ich hatte jeweils mühe, zu erkennen, wo die nächste Markierung zu finden war. Meist musste ich abwarten, bis die Sicht wieder leicht besser war (50m statt 20-30m), und es ging. Irgendwann funktionierte das auch nicht mehr, und ich kletterte heuristisch über den Schutt, um die nächste Markierung zu finden. Die schien aber in keiner Richtung zu sein, und so beschloss ich, einfach zur Passebene hochzukraxeln, um dort wieder nach dem Weg zu fahnden. Dies gelang mir auch. Oben angekommen sollte der Weg auf der anderen Talseite liegen, wo ich ihn tatsächlich auch fand. Es gelang mir nach anfänglichen Mühen, ihm zu folgen. Dann drehte der Wind, und ein Wolkenloch erlaubte mir etwas Sicht. Vor mir ging es wieder nach unten und unten war ein See. Ich verglich mit der Karte, irgendwie war der See viel zu gross. Aber womöglich hatte ein Felsrutsch das Tal mal blockiert und den See aufgestaut, was noch nicht auf der Karte erfasst war. Ich folgte nun den Markierungen nach unten, so schnell wie möglich, schliesslich konnte der Nebel jederzeit zurückkommen. Ein Hermelin guckte mich neugierig von senier Höhle unter dem Stein an. Der Abstieg über den Schutt war auch nicht wirklich angenehm, doch endlich kam ich unten an - es ging nur noch über flachen Schutt. Ich gelangte ans Ende des Sees und sah weiter das Tal hinunter. Da waren Hütten... und das bedeutete, es gab genau einen Ort, wo ich nun sein konnte: am Anfang des Sees auf 1100m. Ich hatte es tatsächlich geschafft, zurückzuklettern (Kompasse in der Jackentasche sind so dekorativ...). Mich selbst verfluchend drehte ich um und machte mich wieder auf den Weg hoch zum Pass, wo sich die Wolken wieder dicht zusammengezogen hatten. Nach 100m hatte ich jedoch eine bessere Idee, als mir noch ne Chance zu geben, mir die Beine zu brechen: Zurück nach Abisko, von dort aus nach Kvikkjokk, und dann wieder auf meine geplante Route zurück, mit etwas gemütlicheren Tagesetappen. So stellte ich mein Zelt in die Nähe des Sees.



    06.09.2010
    Die Wolken hatten sich keinen Wank zurückgezogen, als ich mich auf den Weg zurück an den Rentieren vorbei, über die abenteuerliche Brücke nach Schweden machte. Doch dann brachen die Wolken auf, und die Sonne zeigte sich wieder. Unter ihrem strahlenden Schein passierte ich Unna Allakas und kam an die Abzweigung nach Sjangeli, blieb jedoch dieses Mal unten im Tal. Weit unterhalb der zerfallenden Gruvstugan stellte ich mein Zelt auf. 5 Leute wanderten unten auf dem Weg. Die ersten Wanderer, die ich auf dieser Tour zu Gesicht bekam. Ich legte all meine feuchten und nassen Gegenstände zum Trocknen aus, inklusive mir selbst. Auch mein Schlafsack war darunter, denn mein Zelt, das Helsport Rondane II weist leider eine starke Tendenz zur Kondenswasserbildung auf.

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      #3
      AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

      07.09.2010
      Nach einer trockenen Nacht fanden sich einige Nebelschleier im Fjäll, welche zusammen mit der Morgensonne eine spezielle Stimmung bildeten. Ich musste ein paar Höhenmeter vernichten und landete dadurch mitten im Nebel, durchschritt ihn und schliesslich fand die Sonne mich wieder. Ein Schild kündete eine Brücke an, deren Überbleibsel am nächsten Bach bewundert werden konnte. Zugegebenerweise war die Watstelle nicht besonders, aber wenn man schon ein Schild aufstellt... Es ging weiter durch den Wald, wieder kündigte ein Schild eine Brücke an - diesmal war sogar eine Brücke da. Wieder Wald. Dann die Siedlung Rovvidievva, die sich ziemlich weit erstreckte. Nach einer Weile gelangte ich an die Hojganjohka, welche mir spontan so gefiel, dass ich beschloss, mein Zelt in der Nähe aufzustellen. Bald fand ich einen Platz, und ein wenig später kletterte ich am Bach rum. Steine bildeten eine kleine, gut erklimmbare Insel in der Mitte des Baches, und ich verbrachte den restlichen Tag mehr oder weniger dort, und genoss die Sonne, die Stromschnellen, und den herbstlichen Birkenwald.



      08.09.2010
      Wieder mal war mein Zelt Opfer des Nachtfrostes geworden, der sich überall breit gemacht hatte. Bald schon überquerte ich die Brücke am Abiskojaure und folgte nun dem Kungsleden nach Abisko. In der Abisko Turiststation bekam ich ein Bett im Massenlager (sprich: 10 Personen, Matratzen auf dem Boden). Irgendwie war ich noch rastlos, also lief ich erst einmal nach Abisko Östra und zurück. Dann kaufte ich mir Essen und inspizierte den Canyon (inklusive Futterpause). Ich begann auch, in dem ersten Buch zu lesen, welches ich gekauft hatte: Snömannen von Nesbø.



      09.09.2010
      Eine Recherche im Internet zeigte mir, dass ich es heute nur bis Jokkmokk schaffen würde. So verbrachte ich diesen Sonnentag mit Warten, Zug- und Busfahren. Im Vandrarhem in Jokkmokk hatte ich das 5-Bett-Zimmer dann auch noch bis 19 Uhr für mich alleine. Viel ist an diesem Tag also nicht passiert, aber das Vandrarhem in Jokkmokk hat es mir wirklich angetan. Gebäude und Personal sind wirklich top.

      10.09.2010
      Da die Weiterreise nach Kvikkjokk erst am Nachmittag begann, besuchte ich am Morgen das Sami-museum. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen... das Gestrüpp, über das ich alle Jahre wieder gehe - das sind Birken, Zwergbirken! (Ja, es ist irgendwie erbärmlich, aber das wäre mir nie von alleine aufgefallen, obwohl die wirklich wie Birken aussehen). Nachdem ich das Museum besucht hatte, kaufte ich mir ein Sandwich und setzte mich an eine sonnige Stelle im Wald. Kleine Wölkchen begannen, aufzuziehen.


      Kleiner See am Rande von Jokkmokk

      Endlich war ich im Bus nach Kvikkjokk. Die Fahrt war äusserst holprig - ich kam mir vor wie bei einer Simpsons-schulbusfahrt. Ich fragte mich, ob die Busse für solche Belastungen als Dauerbelastung tatsächlich ausgelegt waren (immerhin hatte dieses Exemplar keine zersprungene Frontscheibe), und wie oft wohl Verschleissteile gewechselt werden mussten.
      In Kvikkjokk war dann auch ein Bett für mich frei, und ich verbrachte den Abend damit, auf den Steinen an der Gamajåhkå rumzuklettern.

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        #4
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        11.09.2010
        Trotz der Wolken war das Wetter immer noch sonnendominiert. Ich setzte mich zur Bootsanlegestelle und wartete darauf, dass es 9:30 wurde. So kurz vor 10 trudelte dann ein bereits halb beladenes Boot ein, und 3 Italiener und ich stiegen ebenfalls zu. Die meisten Passagiere stiegen auch gleich wieder aus, da sie nur auf den Prinskullen wollten. Dann ging es Richtung Anlegestelle Padjelantaleden. Ich war im Moment die einzige Person mit dieser Destination. Dann waren wir da, und es war wieder an der Zeit für meine Füsse, die Sache in die Hand zu nehmen. Es ging durch Mischwald und ein wenig Sumpf, und an der Nunjesstugan vorbei. Dann folgte ein kleiner Anstieg, der mich in Kombination mit den extrem warmen Temperaturen ziemlich ins Schwitzen brachte. Die darauf folgende Landschaft hatte Dank der Wetterlage starken Kitsch-Postkartencharakter. Im Unterholz raschelte und huschte es unentwegt, doch die Tiere, die ich sah, verschwanden viel zu schnell, um sie fotografisch zu verewigen. Dann endlich hatte ich Glück und konnte ein Schneehuhn auf der Linse festhalten.
        Es folgte die Tarrekaisestugan, die ich bald hinter mir gelassen hatte. Ich lief noch 30-40 Minuten, bis ich oberhalb des Weges eine geeignete Stelle fand, um mein Zelt aufzustellen. Dank der warmen Gegend hatte es hier auch einige Mücken, die ihr Jagdglück versuchten. Doch ihre Zahl war nicht gross, und meine Mückentöterfähigkeiten waren noch gut genug, um die Angriffe abzuwehren.





        12.09.2010

        Der Weg an diesem Morgen führte durch wolkenverhangenen, gelbgefärbten Birkenwald. Ich überquerte die Tarraädno bei der Brücke und schritt Richtung Anstieg nach Kurajaure. Nun begannen die Wolken zögerlich, mich mit ihrem Nass zu bombadieren. Ich gelangte höher und höher, und die Sichtweite schien invers proportional zu dieser Höhe. Bald war alles nur noch windig, nass und grau. Zum Glück war der Weg ausreichend ausgetreten, sodass keine Navigationsprobleme entstanden. Beim Windschutz beim Kurajaure setzte ich mich kurz hinein und ass eine halbe Tafel Schokolade zur Stärkung. Dann ging es weiter Richtung Vaimok, an dessen Anfang ich mein Zelt stellte. Ich verkroch mich sofort hinein. Nach einer Weile hörte es auf zu regnen, und ich konnte mich davon überzeugen, dass es draussen nicht so extrem kalt wäre. Als ich aus dem Zelt stieg, war ich tatsächlich erstaunt, wie (relativ) warm es war. Ich nahm meinen Wasserbeutel und stieg zum See runter, wo ich meine Wasservorräte auffüllte. Ich lief noch ein wenig dem See entlang, stieg wieder zum Zelt hoch und bereitete mein Abendessen zu.




        13.09.2010
        Glücklicherweise hatten sich die Wolkenschichten in höhere Lagen verzogen. Ich folgte dem Weg Richtung Vaimokstuga, welcher alles andere als leichtgängig war. Nachdem ich an der Hütte vorbei und über den Bach geschritten war, wurde es aber wieder besser. Ich stieg hoch und erfreute mich an der Aussicht. Auf der anderen Seite des Hubbels ging es wieder nach unten, an ein paar Rentieren vorbei und über den Bach, bevor der Weg wieder anstieg. Ich hatte mittlerweile beschlossen, dass die Wetterlage nicht geeignet war, um querfeldein zu gehen (sich über die Steine auf 1000m Höhe zu kämpfen, ohne wirklich was zu sehen, entspricht nicht meiner Vorstellung von Urlaub). Daher wollte ich nun nach Pieskehaure, von Pieskehaure nach Mavas, und von dort weiter nach Jurun. Am heutigen Tag wollte ich erstmal nach Pieskehaure. Nach einer Weile Marsch durchs Kahlfjäll, vorbei an etlichen Rentieren, konnte ich es endlich sehen: das türkisfarbene Wasser des Sees. Es sah so nahe aus. Doch der Weg zog es vor, eine grosszügige Kurve zu gehen, und ich folgte. Nach einigen Kilometern und einer Watstelle, und noch ein, zwei Kilometern stellte ich schliesslich mein Zelt auf. Ich wollte wieder Sachen zum Trocknen raushängen, doch es begann zu tröpfeln. So verkroch ich mich ins Zelt. Als der Regen am Abend aufhörte, unternahm ich noch einen kleinen Spaziergang, und dann war es dunkel.

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          #5
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          14.09.2010
          An diesem Tag führte mich der Weg erst an der Pieskehaurestugan vorbei, wo der Hüttenwart sich gerade zum Aufbruch bereit machte. Ich war nicht in Gesprächslaune, und so blieb es bei einer Begrüssung. Bald darauf kam ich in bekanntes Gebiet: diesen Teil des Weges ging ich bereits im Vorjahr, jedoch im Juni mit einigem Schnee, und in die andere Richtung. Der Weg stieg am Ufer des Sees hoch, am Vassjajaure vorbei (wo die Sommerbrücke stand und nicht wie im Vorjahr auf der Wiese neben der Brückenstelle weilte). Und wieder hoch. Ich musste zugeben, dass ich im Vorjahr mit dem Schnee wohl eine ziemlich eigene Route gegangen bin - und ich fragte mich weiter, wie jemand, der Wege auslegt, es schaffen konnte, dass, egal in welche Richtung man den Weg geht, man immer das Gefühl hat, der Weg stiege an. Schliesslich stellte ich das Zelt auf, kochte Essen und hatte gerade noch Zeit, ins Zelt zu schlüpfen, bevor der Regen einsetzte.




          15.09.2010
          Der Regen hatte irgendwie keine Lust, sich zu verziehen - er begleitete mich vielmehr, während ich Pieskehaure den Rücken zuwendete und dem Weg Richtung Bierre folgte. Irgendwie war meine Motivation tot, und ich beschloss, am Bierre zu zelten. Da ich aber direkt am See keinen geeigneten Zeltplatz fand, ging ich eben weiter. Auf dem Weg runter nach Mavas zeigte sich gar kurz die Sonne. Ich verliess Mavas direkt wieder, da ich viel Zeit hatte, wollte ich um den See herumgehen. Ich folgte einem Pfad, der mich zur Brücke über die Sårjåsjåhkå führte. Nach geschätzten 200 weiteren Metern fand ich im Wald eine hinreichend gute Stelle, das Zelt aufzustellen, und unter dem nicht enden wollenden Regen stellte ich das Zelt auf und schlüpfte hinein.




          16.09.2010

          Irgendwie wollte und wollte es nicht aufhören zu regnen. Und ich wiederum wollte nicht aus dem Zelt raus, wollte aber auch nicht drinnen bleiben, da man im Zelt kaum sitzen kann, und das ewige Liegen ungemütlich wurde. Als der Regen abschwächte, packte ich meine Sachen und startete den Marschtag. Bald schon stellte der Regen komplett ein - es war aber auch Zeit! Über Sumpf und durch Birkenwald ging es nun. Ab und zu schreckte ich ein paar Elche auf, ab und zu stolperte ich über einen nassen, vom Gras verdeckten umgefallenen Baumstamm und landete auf der Nase. Offenbar hatte ich das Fluchen noch nicht verlernt. Am Ende des Mavasjaure stiess ich auf eine Ansammlung Hjorton, welche ich sofort mit meinem Magen verkuppelte. Doch dann waren die Beeren verspeist, und es galt wieder ernst: eine Watstelle musste gefunden werden. Es stellte sich heraus, dass ich dazu doch ein wenig mehr Richtung Westen gehen musste, als mir eigentlich lieb war. Schliesslich - nachdem ich einen weiteren Elch aufgeschreckt hatte - war ich dann auf der anderen Seite, und bald schon war das Zelt aufgestellt und gekocht. Natürlich konnte der Regen nicht mehr lange auf sich warten lassen und es folgte ein weiterer Abend im Zelt.

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            #6
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            17.09.2010
            Ein weiterer trüber Tag mit einer speziellen Eigenschaft: da ich dem Wetter entgegenlief, konnte ich immer sehen, dass es nicht besser werden würde, und immer mehr Regen auf mich zukam. So kam ich an den Anfang des Sees, und sah einen Elch, der gut sichtbar ruhig dastand. Endlich! Ich zückte den Fotoapparat... die Linse war angelaufen. Also wartete ich ein wenig. Regentropfen fielen auf die Linse. Der Elch hatte mich bemerkt und war dabei, davonzulaufen. Ich verfluchte Fotoapparat und Wetter, und setzte meinen Weg fort. Wann immer möglich folgte ich dem See direkt am Strand, da das am einfachsten war. Meine Schienbeine reagierten mittlerweile sehr empfindlich auf haptische Anregungen, und eigentlich war ich genug auf der Nase gelandet für meine Bedürftnisse - was mich natürlich nicht davon abhielt, einige Gelegenheiten dazu spontan zu nutzen. Unendlich viele Regenwände später stand ich an der Mündung der Sikttimjåhkå - die letzte Watstelle für heute. Die Sandbank bildete einen gut passierbaren Untergrund, und bald darauf stand mein Zelt auf einer Böschung hinter dem Ufer. Natürlich folgte weiterer Regen. Doch gegen Abend drückte die Sonne durch, und es zeigte sich auch ein Regenbogen.




            18.09.2010

            Der nächste Morgen wirkte friedlich, und so stieg ich hoch ins Iggesvagge. Der nasse Boden erwies sich stellenweise als ziemlich rutschig, doch an diesem Tag blieb ich standhaft. Nach einer Weile erblickte ich Ikkesjaure, welches auch ohne Eis bezaubernd aussah. Der Weg folgte dem Ufer des Sees, und ich genoss Aussicht und Sonnenstrahlen. Dann ging es runter Richtung Jurunjaure. Ich passierte Jurunjaure, wo ich auf einen Wandertrupp traf, und stieg ein wenig den nächsten Hügel hoch, bevor ich mein Zelt aufstellte. Heut war endlich mal wieder Gelegenheit, meinen Kram zum Trocknen rauszulegen, und ich nutzte die Gelegenheit so gut es ging.




            19.09.2010
            Ich setzte meinen Weg fort. Erst über eine kleine Anhöhung zum Silvervägen, wo ich Dank Handyempfang ein kurzes Lebenszeichen von mir in die Schweiz sendete. Danach ging es kurz der Strasse entlang, bevor der Weg zum Guoletisjaure abbog, welchen er aber nur ganz am Ende tangierte. Es folgte eine weitere Anhöhe, die Själbma, von wo aus man eine super Aussicht in Richtung Norwegen hatte, geschmückt mit den vielen kleinen Seen, die weiter unten auf mich warteten. Ich stieg hinunter, und kam bald zu einer Brücke. Zumindest sah ich die Brücke, wie sie friedlich auf der anderen Seite auf dem Festland stand. Grummelnd watete ich den Bach, was aber einmal mehr keine grösseren Schwierigkeiten beinhaltete. Kurz vor der Grenze bog der Weg nach Süden Richtung Alep Njallajavrre ab, umrundete einen Bergausläufer und folgte dem dort erscheinenden Tal nach Südosten. Ich konnte mittlerweile sehr deutlich sehen, wie sich Regenschauer durchs Fjäll bahnten, doch noch blieb ich verschont... noch. Manchmal wurde der Weg von Weidegestrüpp fast schon begraben, und es war schwierig zu eruieren, wo nun der Wanderweg durchführte und was Tierpfade waren. Schliesslich hatte ich mich und meinen Rucksack erfolgreich durch die Dickichte gezwängt, und kam nun an einigen Moränen vorbei, zwischen denen schöne Zeltplatzmöglichkeiten zu finden waren. Doch ich wollte mindestens noch die Watstelle der Graddesjåhkå hinter mich bringen, bevor ich das Zelt aufschlagen wollte. An der Watstelle angekommen, begutachtete ich die Überreste, die davon zeugten, dass hier einst eine Brücke stand. Mir blieb jedoch nichts anderes übrig, als einmal mehr meine Schuhe zu ersäufen, und dann auf der anderen Seite den Weg wieder zu finden. Dies war irgendwie nicht trivial, aber schliesslich entdeckte ich ein Steinpaar, welches gut eine Markierung sein konnte. Ich zoomte mit dem Fotoapparat rein - et voilà, tatsächlich! Die folgenden Kilometer waren sehr steinig, aber auf leichtgängige Art und Weise. Ich war ziemlich nahe der Lomtjärnstugan, als ich eine Brücke überquerte und einerseits dem coolen Wasserfall nicht widerstehen und andrerseits nicht in den drohenden Regen geraten wollte, und so stellte ich mein Zelt auf. Leider war das Wetter für den Rest des Tages auch eher dusch- als badetauglich.

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            • kuroiya
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              #7
              AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

              20.09.2010
              Wieder einmal war es bewölkt. Ich schritt voran Richtung Guijaure. Auf der Karte schien der Weg eigentlich keine grossen Höhendifferenzen aufzuweisen, und wenns n wenig hoch ging, dann nur an vereinzelten Stellen. In der Praxis sah das so aus, dass alle paar Meter ein Sediment-arm auftauchte, und so ging es hoch und runter und hoch und runter, wodurch der Tag um einiges anstrengender wurde. Dann ging es über Flechten und Kleinstgestrüpp dem Guijaure entlang. Der rötlich-braun-orange Boden und der dunkle Felsen der Berge darüber bildeten zusammen mit den vorbeiziehenden, finsteren Wolken ein dramatisches Bühnenspiel. Schliesslich passierte ich die Guijaurestugan und schritt weiter ins Tal der Ruonekjåhkå. Dort wurde das Terrain zunehmend sumpfiger, und über grosse Strecken gab es Holzplanken. Oft jedoch, ohne erkennbaren Unterschied zum "beplankten" Untergrund, durfte man auch so durch den Matsch latschen, und auch wenn der Weg mal durch den Wald führte, so ähnelte das Fortschreiten eher einem Balanceakt als einer Wanderung. Nach einer Weile erreichte ich aber schliesslich Ruonekjokk, eine Raststuga bei der Brücke Richtung Laisstuga. Ich hatte just auf der Bank Platz genommen, als es draussen wie aus Kübeln zu giessen anfing. Ich machte mir Essen und genoss es, ein wenig aufrecht sitzen zu können - der Regen wurde dadurch fast schon erträglich. Es regnete ziemlich lange, hörte jedoch am Abend auf. Im Wald nahm ich eine plötzliche Bewegung in einem der Birkenbäume wahr. Als ich genauer hinschaute, erkannte ich, dass es eine Eule war, die mich da aus den Ästen raus begutachtete. Viel mehr hatte der Tag nicht zu bieten, aber ich hoffte insbrünstig, dass in zwei Tagen, wo ich querfeldein nach Vindelkroken wollte, wenigstens die Sicht oben im Fjäll gegeben sein würde. Natürlich hätte ich auch nichts dagegen einzuwenden gehabt, wenn irgendwann mal zufällig keine Wolken mehr am Himmel wären, und endlich wieder eine Schönwetterphase auftauchen würde.




              21.09.2010
              Am nächsten Morgen kitzelten mich ein paar sanfte Sonnenstrahlen wach. Als ich jedoch aufbrach, war alles wieder grau in grau. Der Weg zur Laisstugan führte hoch ins Fjäll, erst über ein paar Bäche, dann an der Baumgrenze vorbei. Ich hoffte, dass das, was ich am Himmel sah, bloss ein wenig Herbstnebel war. Der Weg war nicht besonders markiert, und die Spur verlor sich auch irgendwie. Glücklicherweise war das Terrain sehr leichtgängig und ich ging meinen eigenen Weg. Einige Kilometer später stiess ich wieder auf die Markierungen. Mittlerweile hatte es angefangen zu tropfen, und die Tropfen sahen teilweise sehr nach Schnee aus. Ich stieg noch einige Höhenmeter hoch und befand mich schliesslich auf dem ersten Bergrücken. Von dort aus sollte es hinunter ins Tal gehen, wo laut Karte eine Brücke stand, und dann zum nächsten Bergrücken hoch. Ich stieg herunter, und die Markierungen führten mich mitten durch sumpfigen Untergrund, während sich der Niederschlag intensivierte. Die Markierungen führten schnurstracks auf den Bach zu, zu einer Stelle, die wie prädestiniert für eine Watstelle aussah. Doch dann, kurz vor Erreichen des Baches, bog der Pfad ab und nach einer Weile gelangte ich zur Brücke, welche ich dankbar überquerte. Langsam fing der nasse Schnee an, liegenzubleiben. Ich stieg wieder hoch und nach einer weiteren Ewigkeit, in der ich der nassen Kälte des Wetters ausgesetzt war, kam ich zur Riugojåhkå, welche ich furtete. Danach dauerte es zwar nicht mehr so lange, bis die Laisstugan erreicht war, aber Dank der Witterung kam es mir wie eine weitere Ewigkeit vor. Endlich bei der Laisstugan angekommen, rannte ich erst mal auf die Toilette (ich hatte es mir seit einigen Stunden immer wieder mit "später dann, wenn der Regen aufhört" verkniffen). Danach wollte ich prüfen, ob die Hütte offen war. Ich hatte gerade die Tür zum Vorraum aufgemacht, als ich Geräusche von Innen hörte, und eine Frau mittleren Alters öffnete mir die Tür, während ein Hund hektisch umhersprang. Sie bat mich hinein, und nachdem ich meine Schuhe und Socken erst einmal draussen ausgewrungen und die beiden Hunde (ja, da war noch ein zweiter) begrüsst hatte, folgte ich ihrer Einladung gerne. Es stellte sich heraus, dass sie und ihr Mann gerade den letzten ihrer Jagdtage wegen des unerfreulichen Wetters in der Hütte verbrachten - ausserdem fragten sie, ob ich zwei Deutschen begegnet wäre, die mir hätten entgegenkommen müssen, aber ich schätze, ich hatte mich nicht mehr so angestrengt, die Umgebung zu beobachten, als dass ich jemanden wahrgenommen hätte. Die Frage bleibt, ob es jemand aus dem Forum war . Offenbar waren die beiden von Vindelkroken her zur Laisstugan gekommen, und hatten einige fiese Watstellen überwinden müssen. Weiter erzählte man mir, dass am Nachmittag ein Helikopter kommen, die beiden Jäger und ihre Hunde mitnehmen, und die nächsten Jäger bringen würde. Ich könne auch mit ihnen im Helikopter ausfliegen, wurde mir angeboten, ansonsten war der vordere Raum der Hütte öffentlich zugänglich, und ich könnte auch darin übernachten. Ich hatte nicht vor, schon das Handtuch zu werfen, und so beschloss ich, die Nacht in der Hütte zu verbringen. Der Helikopter kam, und aus 2 Jägern wurden 3, während aus den 2 Hunden 4 wurden. Die neuen Jäger waren alte Freunde, die ab und an zusammen auf Jagd gingen. Es war ganz angenehm, sich wieder ein wenig unterhalten zu können - und natürlich hatte ich auch grosse Freude an den Hunden. Ich wurde eingeladen, am Abendessen der Jäger teilzuhaben. Es gab eine Art Eintopf aus frischem Gemüse und Wein. Das Essen war sehr lecker, und auch meine Sorgen, dass meine Verdauung mit solchen frischen Dingen nicht mehr so richtig zurechtkommen würde, erwies sich glücklicherweise als unbegründet. Wir gingen früh Schlafen, die Jäger, um früh morgens mit der Jagd beginnen zu können, und ich, um zur Not eine maximale Marschzeit ausnutzen zu können.




              22.09.2010
              Nachts schien der Vollmond durch die Fenster, und morgens wurde er von der Sonne abgelöst. Trotz bleibender Bewölkung war die Morgenstimmung herrlich. Ich brach auf, überquerte die beiden Brücken und stieg halb den Hügel hoch, halb um den Hügel herum ins Tal der Alddajuhka, welchem ich eine Weile auf der Nordseite folgte, bis ich eine geeignete Watstelle erblickte, dort, wo der von rechts aus 3. Bach von Süden in die Alddajuhka mündete. Die Alddajuhka war auch maximal 20cm hoch und der Untergrund kein Problem. Ich folgte der Alddajuhka, wurde aber bald von meinem Drang dominiert, hochzusteigen, was ich auch tat (ich weise hier darauf hin, dass man hinter dieser Watstelle problemlos der Alddajuhka folgen kann, um zu den Seen zu gelangen). Bald traf ich auf Schnee. Immer mehr Schnee, und der Boden darunter wurde immer steiniger. Ich sah, dass der Schnee bei den Seen schon grösstenteils weggeschmolzen war, und stieg über den Kleinschutt und Schnee hinunter und setzte meinen Weg am Seerand fort. Das war sehr angenehm, da der Boden fest, frei von Schnee, und (da wo es Wasser gab) mit maximal 3 cm Wasser bedeckt war, sodass ich schnell vorankam. Leichter Regen setzte ein, und ich fluchte einmal mehr darüber, dass mir wohl kein einziger wirklich schöner Tag vergönnt war. Glücklicherweise verzog sich der Niederschlag schnell wieder. Am Ende des unteren Seeteils erblickte ich die Renvaktarstuga (und ausserdem einige Rentiere), und es war also an der Zeit, nach Süden abzubiegen. Mein Weg stieg nun leicht an auf eine kleine Anhöhe, von wo aus ich schon meine nächste Watstelle erkennen konnte. Wenn es dort nicht klappen würde mit dem Waten, musste ich einen grösseren Umweg machen. Ich stieg hinunter und konnte erleichtert feststellen, dass die Watstelle auch einfach zu gehen war. Wieder einmal ging es den Berg hoch, hier fanden sich auch Markierungen eines alten Weges, jedoch keine Spur. Ausserdem ist der Boden überall so leichtgängig, dass man seine Zeit nicht mit dem Suchen nach Markierungen verschwenden musste. Oben auf dem Pass angekommen, sah ich schon die nächste Watstelle, die mich erwartete. Auch sie erwies sich als problemlos, und so blieb mir nur noch eine Watstelle, die ich an diesem Tag erledigen wollte, und ich schritt tapfer weiter darauf zu. Nach einer weiteren Weile war auch diese überquert, und ich stellte mein Zelt ins Gras direkt dahinter und machte mir einen gemütlichen Abend.

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              • kuroiya
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                #8
                AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                23.09.2010
                Der Regen hatte wieder eingesetzt, und als er partout nicht verschwinden wollte, packte ich missmutig meine Sachen und begann meine Tagesetappe. Unter Schneeregen kämpfte ich mich nach Vindelkroken durch. Dort war ich durch die vielen Wege so verwirrt, dass es eine Weile dauerte, bis ich meinen Pfad fand. Der Tag brachte soweit nichts spezielles, es war nass, es gab Birkenwald und es gab Sumpf. Ich erreichte Dalavardo und richtete mich in der Hütte ein. Da es kalt war und die Holzkiste nicht allzu prall gefüllt, beschloss ich, in den Holzschuppen zu gehen und ein bischen Holz zu zerkleinern. Danach feuerte ich den Ofen an - was nach anfänglichen Schwierigkeiten ganz gut ging (ich bin mir das eigentlich nur mit Tannenholz gewohnt, und brauchte ein wenig, bis ich durchschaute, wie man sich die Brenneigenschaften der Birkenrinde optimal zunutzen machen konnte). All meine Sachen waren schnell rund um den Ofen aufgehängt, und langsam begann es, angenehm warm zu werden.




                24.09.2010
                Am nächsten Morgen war alles schön trocken und warm, und nachdem ich die Hütte geputzt hatte, machte ich mich auf. Das Programm hiess einmal mehr: Birkenwald und Sumpf. Jedoch waren die Bäume zunehmend laubarm - was mir jedoch dazu verhalf, eine weitere Eule auf Bild zu bannen. Nach vielen weiteren Kilometern kam ich an Vitnjul vorbei, wo ich einen älteren Mann an der Brücke des Vindelälven sitzen sah. Doch ich musste weiter, das Ziel war es, bis ca. 2 Kilometer vor die Rävfjällstugan zu gelangen. Meine Füsse wollten ein früheres Ende aushandeln, aber aus Mangel an geeigneten Plätzen fanden sie kein Gehör. So stellte ich das Zelt schliesslich in die Nähe der Brücke über die Skrabmiejuhka.




                25.09.2010
                Für einmal gab es keine Kondenswassertropfen am Innenzelt. Dies war darauf zurückzuführen, dass die Nacht kalt war, und sogar das Kondenswasser am Innenzelt gefroren war. Auch mein Trinkwasser hatte eine Eiskruste bekommen, und irgendwie war es so schön warm in meinem Schlafsack und so eisig kalt ausserhalb, dass es mich einiges an persönlicher Überzeugung kostete, mich zum Aufstehen zu bewegen. Zum Frühstück gab es Müesli on Ice, doch das Highlight war eindeutig, in die (am vorabend völlig durchnässten und daher) steifgefrorenen Schuhe zu steigen, wobei steigen viel zu elegant klingt. Es war eher ein Akt roher Gewalt, bis ich endlich die Füsse hineingedrückt hatte. Schnürsenkel richtig binden war eine Illusion, und so stapfte ich voran, Richtung Ammarnäs. Nach einer Stunde konnte ich die Schuhe auch binden, und ausserdem war der Frost ganz angenehm: da noch alles gefroren war, konnte man nicht noch mehr nass werden. Dennoch war ich erfreut, als ich die ersten wärmenden Sonnenstrahlen erreichte. Dann wurde der Weg breiter und mündete in eine Strasse. Mein Plan war es, dem Pfad auf der anderen Flussseite zu folgen. Dieser war meist schön, jedoch nicht immer ganz leicht zu folgen, und die "Brücken" waren mit meinem Gepäck schon ziemlich abenteuerlich. Einmal rutschte ich auf einem Pfahl aus (obwohl ich schon auf allen Vieren hochgekrochen war, aber der Rucksack hatte beschlossen, seinen Schwerpunkt zu verlagern...) und landete im Wasser. Zum Glück war es ein warmer Tag, und so war der kleine Zwischenfall zwar lästig, aber nicht tragisch. Irgendwann erreichte ich dann die Stromschnellen und etwas weiter unten die Strasse nach Ammarnäs. Dort suchte ich das Vandrarhem auf, wo man ein Bett für mich übrig hatte. Auf der Suche nach dem Vandrarhem war ich schon am Dorfladen vorbeigekommen. Es war kurz nach 2 Uhr gewesen, und um 2 Uhr hatte der Laden dicht gemacht. Also gab es an diesem Tag noch Reisefutter. Nach einer herrlichen warmen Dusche und einer Portion Couscous guckte ich mir noch ein wenig den Ort an, was aber nicht besonders ergiebig war (die Hauptattraktion scheint ein Kartoffelhügel zu sein). Ich erbat mir kurz Zugang zum Internet, um zu prüfen, ob es für mich in Umea auch die 3 Tage vor meiner geplanten Ankunft noch ein Zimmer gab. "Leider" waren nur noch Einzelzimmer frei, in Retroperspektive eine ziemlich angenehme Sache. Ich buchte und verbrachte den Abend mit Rumliegen und Musik hören.

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                • mas

                  Gerne im Forum
                  • 29.09.2009
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                  #9
                  AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                  Vielen Dank für den tollen Bericht und die vielen wundebaren Fotos!

                  Muss eine wirkliche gute Zeit gewesen sein...

                  Martin
                  Ich wünschte, es wären Paviane auf dem Felsen.
                  !Xabu in: Tad Williams, Otherland

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                  • Rhodan76

                    Alter Hase
                    • 18.04.2009
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                    Super Bericht! ...aber das Wetter Ich hoffe es hat trotzdem Spass gemacht. Btw. du scheinst ganz schön wenig Leuten unterwegs begegnet zu sein...

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                    • kuroiya
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                      26.09.2010
                      Am Morgen verliess ich das Vandrarhem, setzte mich in die Sonne auf den frostigen Boden neben der Bushaltestelle und hörte Musik. Nach einer Weile spazierte ein älterer Mann mit seinem Hund vorbei und fragte mich, ob ich auf den Bus warten würde. Da es noch etwa eine Stunde dauerte, bis der Bus fuhr, lud mich der Mann zum Kaffee trinken ein, sein Haus war ganz in der Nähe der Busstation. Eigentlich trinke ich keinen Kaffee, aber es würde die Zeit bestimmt besser vertreiben als rumzusitzen. Wie sich herausstellte, war der Mann Sami und hatte früher einige Rentiere, aber mittlerweile pensioniert. Die Ohrstückchen seiner Rentiere hingen noch als Erinnerung am selbstgeschossenen Elchgeweih in seinem Wohnzimmer. Nachdem ich mit Kaffee und Sockerkaka versorgt war, zeigte er mir Fotos von Ausflügen in die Umgebung. Ab und zu drängte sich der Hund auf, der auch Aufmerksamkeit verlangte. Die Stunde war schnell vorbei, und so hiess es Abschied nehmen. Als Erinnerung bekam ich eine Postkarte auf den Weg, die den Mann als jungen Mann auf Skiern beim Schneehuhn Jagen zeigte.
                      Die darauffolgenden Stunden Busfahrt erwiesen sich als ziemlich ereignislos, und kurz nach 19 Uhr erreichte ich Umeå. Ich beschloss, mir am nächsten Tag einen Schal und eine Kappe zu kaufen, während ich zum Vandrarhem ging. Da der Empfang schon geschlossen hatte, nutzte ich den Türcode und die Schlüsselbox, und war bald schon in meinem Zimmer.




                      Umeå
                      27.09.2010
                      An diesem Tag war insbesondere Shopping angesagt. Da ich nun einige Tage in der Zivilisation war, wollte ich ein wenig zivilisierte Kleidung erstehen, natürlich Futter kaufen, und ganz wichtig: mich mit Taschenbüchern eindecken. Ausserdem wollte ich mir natürlich auch noch die Stadt ansehen, und Postkarten schreiben, die für einmal die Chance hatten, vor mir in der Schweiz zu sein, und die Gebühren für Dalavardo einbezahlen. Ich wendete einen Grossteil des Tages für diese Sachen auf, und was davon noch übrig blieb, nutzte ich, um zu lesen.

                      28.09.2010
                      Am Morgen versuchte ich, den Tavelsjöleden zu finden. Ich mutmasste, dass er einer gewissen Markierung auf der Touristenkarte von Umeå entsprach, und machte mich auf den Weg. Was ich stattdessen fand war ein militärisches Übungsgebiet, und ich wollte mich nicht weiter vorwagen. Daher ging ich in einen Wald östlich von Umeå, der aber nicht sonderlich spannend war, und so war ich am Nachmittag schon wieder zurück.

                      29.09.2010
                      Heute belästigte ich noch einmal das Tourismusbüro, um zu erfahren, wo der Tavelsjöleden beginnen würde. Es stellte sich heraus, dass ich am Vortag schon ziemlich Nahe an den Beginn gekommen war. Nachdem mir die Dame versicherte, dass ich auf keinen Fall in Gefahr lief, von Militärs erschossen zu werden, machte ich mich wieder auf den Weg - bewaffnet mit einem riesigen Hähnchensandwich und Süssigkeiten. Tatsächlich begann der Weg ca. 50m hinter der Stelle, wo ich am Vortag umgekehrt war. Er war auch ganz ok, ich war jedoch nicht in Marschstimmung, sodass ich mich etwa einen Kilometer nach der Hamtjärnsstugn auf einen Stein in die Sonne setzte, picknickte, las und Musik hörte, bevor ich wieder nach Umeå zurückkehrte.

                      30.09.2010
                      Der Tag der Rückreise war gekommen. Da es nur 5km bis zum Flughafen waren, beschloss ich, diese zu gehen, da ich den restlichen Tag genug rumsitzen würde. Auf dem Weg sah ich einen seltsamen Vogel, von dem ich bis heute nicht eruieren konnte, was für eine Art Vogel er ist.
                      Bald schon flog ich nach Stockholm, wo ich 5 Stunden verbringen durfte, bis mein Flug nach Zürich losflug. Ich kaufte ein paar Souvenirs und las, passierte die Kontrolle und amüsierte mich über die Raucher, die sich in die Raucherkabinen quetschten. Dann endlich ging auch mein Flug nach Zürich. Wir waren 15 Minuten zu früh da, worauf der Pilot stolz hinwies, ausserdem hiess es, SAS sei allgemein die pünktlichste Fluggesellschaft. Ich sinierte darüber, ob im engsten Sinn der Definition zu früh wirklich auch als pünktlich gelten konnte.
                      Mein "Taxi" nach Basel wartete bereits, und nach ungefähr einer Stunde Fahrt war die Reise vorbei.





                      Unbekannter Vogel... wenn jemand weiss, was es für einer ist, nur zu



                      Epilog
                      Nach einer Woche war ich mal wieder länger als 1 Stunde draussen. Ich laufe im ärmellosen Shirt durch den Wald. Es is warm, die Blätter der Bäume sind grösstenteils noch grün, ebenso das Gras. In meinem Gepäck befindet sich eine Wasserflasche und ein Merino-pulli. Im Schatten des Waldes hätte es womöglich noch kalt werden können. Seltsames Wetter.
                      Auch wenn ich mehr Tage in der Zivilisation verbracht habe, als geplant, und es weit weniger regnerisch hätte sein können (insbesondere an den Tagen, an denen ich wirklich draussen war), bin ich zufrieden mit der Tour. Der Verlauf entsprach nicht ganz meinem Plan, aber dafür braucht es meist eh relativ gute Bedingungen, denn ich werde schnell von diesen hinterhältigen Karten verführt. Deswegen stand ich auch bald vor der Entscheidung "nördlicher Teil oder südlicher Teil", und der südliche Teil stand schon länger auf meiner Traktandenliste. Den Rest werde ich sicher in irgend eine andere Tour fusionieren können.

                      Anmerkungen zum Material:
                      Wie bereits erwähnt, war ich sehr enttäuscht vom Zelt. Ich hatte oft an mein MSR Hubba HP gedacht, weil man da wenigstens richtig drin sitzen kann (obwohl ich nach theoretisch Messungen auch im Helsport Rondane II sitzen können müsste). Dafür war die Apsis des Rondanes super. Wenn ich die vor mein Hubba HP setzen könnte, ich glaube, ich hätte mein ideales Zelt. Wie zwei Personen in richtigen Schlafsäcken im Helsport Rondane II liegen sollen, ohne am Innenzelt anzukommen und dadurch die Kondenswasserbildung noch zu verstärken - das Wissen die Götter. Wenn man sich gar nicht bewegt gehts vielleicht. Stichwort Kondenswasser: Ich hatte so gut wie jeden Morgen Tropfen, die vom Innenzelt auf mich hinunterregneten. Ich hatte verschiedene Lüfteröffnungsstrategien durchprobiert, keine brachte Besserung. Mein Daunenschlafsack sah teilweise erbärmlich nach Sommerschlafsack fürs Mittelmeer aus.

                      Couscous erwies sich als ein toller Proviant, ich hatte ihn mit Fertigtütensaucen angereichert. Mein Favorit dabei: Riz Casimir Mischung. Neben Couscous hatte ich Fertigmischungen für Risotto und Polenta dabei. Insgesamt habe ich 1l Brännsprit verbraucht (und 2l mitgeschleppt). Ein fast voller Liter steht im Schrank in Dalavardo.

                      Als grosses Fazit würde ich für meine nächste Herbsttour wohl mehr die Möglichkeit in Betracht ziehen, in Hütten zu übernachten. Wegen der schnell einschreitenden Dunkelheit und bei Regenphasen ist es eindeutig komfortabler, hin und wieder nicht im Zelt sondern in der Wärme und Trockenheit einer Stuga zu nächtigen.
                      Some cause happiness wherever they go; others, whenever they go. - Oscar Wilde

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                        #12
                        AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                        Vielen Dank für den interessanten Bericht! Mich würde das Gewicht Deines gepackten Rucksacks (also inkl. Ausrüstung und Proviant etc.) interessieren.

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                        • woelfchen
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                          AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                          Zitat von Nat Bergtroll Beitrag anzeigen
                          ... Mich würde das Gewicht Deines gepackten Rucksacks (also inkl. Ausrüstung und Proviant etc.) interessieren.
                          Mich auch!

                          Toller Bericht und Respekt!!!

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                          • kuroiya
                            Erfahren
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                            #14
                            AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                            Startgewicht Rucksack 25kg (plus n paar zerquetschte Gramm). Darin enthalten ALLES (ausser was ich am Körper hatte: n paar Schuhe, n paar Socken, ne Trekkinghose, Unterhose, Merino-oberteil, Sport-BH und die Regenjacke (ok, die Jacke war wann immer möglich am Rucksack, da es beim Laufen doch schnell zu warm wird)).

                            Ich hatte an Proviant dabei (und empfand es als ausreichend):
                            26 Tagessätze an:
                            Frühstück:
                            80g Müslimischung, 20g Trockenfrüchte (exotenmix + Preiselbeeren), 10g Milchpulver
                            Mittagessen/Wegzehrung:
                            100g Schokolade
                            Nach-der-Ankunft-snack:
                            50g Nüsse
                            Abendessen:
                            100g Couscous mit ca. 15g Fertigsauce (+manchmal noch getrocknete Röstzwiebeln, je nach Sauce)
                            oder
                            125g Risottomischung/Polentamischung

                            In der Praxis kam es auch vor, dass ich bei beschissenem Wetter nicht mehr Wasser holen wollte und ich Nüsse ass, anstatt zu kochen, dafür an andren Tagen nach der Ankunft n Fertiggericht gekocht habe.
                            Ich war eigentlich auch ohne die Nüsse satt, aber da ich dieses Mal weniger Probleme mit der Nahrungsumstellung nach der Tour hatte, nehme ich an, dass die regelmässige Eiweisszufuhr durch die Nüsse meine Verdauung einigermassen auf status quo gehalten hat - das ist allerdings eine Hypothese.

                            edit: (Zusatz: )
                            die 25kg sind eigentlich oberhalb meiner persönlichen Limite von ca. 22kg, und dabei meine ich, das Gewicht, dass ich im wehwehchenfreien Zustand einigermassen angenehm auf +- ebener Strecke tragen kann. Ich habe bestimmt keine UL-Packliste, ich habe auch gerne die eine oder andere Sicherheitsmarge drin, und n bischen Luxus (genügend Reserveakkus, Bücher, Flüssigdeo, ganze Zahnbürsten ). Grundsätzlich würde ich mit eben derselben Packliste wieder losziehen, nur das Zelt würd ich auswechseln.
                            Zuletzt geändert von kuroiya; 10.10.2010, 19:01.
                            Some cause happiness wherever they go; others, whenever they go. - Oscar Wilde

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                            • Gast-Avatar

                              #15
                              AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                              25kg ist ziemlich viel für eine Frau...scheinst ziemlich hart zu sein (d.h., das Aussehen täuscht ;)

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                              • kuroiya
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                                #16
                                AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                                Bin robust gebaut, und habe ne gut entwickelte Stützmuskulatur. Ist halt immer n Abwägen zwischen Tragekomfort und was man so braucht. Ich gebe zu, ich sympathisiere absolut mit dem Gedanken an Packtiere - ist aber leider eben in der Praxis nicht so einfach .
                                Some cause happiness wherever they go; others, whenever they go. - Oscar Wilde

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                                • andrea2
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                                  #17
                                  AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                                  hallo kuroiya,

                                  vielen Dank für deinen Bericht mit den vielen schönen Fotos. Eine tolle Tour. Einige Teilstücke des Weges sind wir auch schon gegangen. Ist nur leider schon ein paar Jahre her. Schade, dass du beim Caihnavaggi abbrechen musstest.

                                  Andrea

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                                    #18
                                    AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                                    Vielen Dank für den schönen Bericht und die vielen Bilder!

                                    Gruß,
                                    Daniel
                                    Mr.Sunrise`s Outdoor Blog
                                    Gründungsmitglied der ABF - Autonome Buff Fraktion

                                    Da ist Purpur drin - Purpur ist auch ein Obst!

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                                      #19
                                      AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                                      Zitat von kuroiya Beitrag anzeigen
                                      Da ich dieses Mal absolut keine Lust hatte, meinen Reisebericht "on tour" zu schreiben (irgendwas zu schreiben), ...
                                      Genauso ging es mir auch. So ist dein bericht hoffentlich Ansporn für mich, meinen schon angefangenen auch tatsächlich zu beenden.

                                      Schön, daß auch mal jemand die Gegend um Mavas, Ikkesjaure und Jurun kennt. Es läßt sich dort wunderbar laufen und der Ikkesjaure ist für mich neben dem Pieskehaure einer der schönsten nordischen Seen.

                                      Ammarnäs finde ich übrigens als Ort ganz angenehm, um sich die Zeit ein wenig zu vertreiben. Vom potatisbacken gibt es doch eine geniale Aussicht.

                                      Zu deinen schwedischen Büchern habe ich auch noch Fragen, aber das vielleicht besser hier?
                                      Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.

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                                        #20
                                        AW: [SE],([NO]) Plan und Wirklichkeit - eine herbstliche Schwedentour

                                        Hallo kuroiya,

                                        zuerst möchte auch ich Dir für diesen Bericht ein Dankeschön aussprechen. Er hat mir sehr gut gefallen. Manche Tage könnten länger beschrieben sein, aber dafür hast Du ja "genug" Tage erlebt/erzählt und diese immer mit sehr schönen Photos garniert.

                                        Zu dem Vogel würde ich sagen, daß es sich um einen Tannenhäher handeln könnte, ich habe hier ein anderes Bild gefunden.

                                        Deine Tour wird auf jeden Fall abgespeichert, als tolle Anregung. Wie ich finde, eine schöne Nord-Tour, auf der man auch alleine ist. Was bei den anderen nordlichen (Standard-)Alternativen wie Sarek und Kungsleden nicht mehr zu stimmen scheint, mal die Fjällräven-Classic ausgenommen.

                                        Hast Du Deine Tour mal digital, z.B. in Puudel-Earth eingezeichnet, das wäre sehr interessant für mich.

                                        Die angefügten Tipps für die Ausrüstung nehme ich gerne auf.

                                        Vielen Dank,

                                        Squirrl

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