AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch
Hallo Harry,
hab' vielen Dank für Deinen schönen Bericht und die stimmungsvollen Bilder.
Ja,- die da unten im süddeutschem dieses Landes das Objekt der Begierde endlich in den Händen halten wollen und schon,- in Kalender blickend, Hochrechnungen anstellen...
Denen sei gesagt:
Wir lassen uns Zeit.
Und wir genießen jede Widrigkeit. Ein nettes warmes Getränk,- gelegentlich auch ein feiner Roter, muß drin sein.

Marek
Hallo Harry,
hab' vielen Dank für Deinen schönen Bericht und die stimmungsvollen Bilder.
Ja,- die da unten im süddeutschem dieses Landes das Objekt der Begierde endlich in den Händen halten wollen und schon,- in Kalender blickend, Hochrechnungen anstellen...
Denen sei gesagt:
Wir lassen uns Zeit.
Und wir genießen jede Widrigkeit. Ein nettes warmes Getränk,- gelegentlich auch ein feiner Roter, muß drin sein.
Marek

Dreipunktbinde. Bitte! Das sollte unsere konspirative Tarnung versinnbildlichen! Man weiß ja nie, wer uns den Schaaatz entreißen will.....

Nur zögerlich hat die Dunkelheit Harry preisgegeben. Erst beim Näherkommen wird aus dem dunklen Fleck ein Mensch. Wenig später, ist aus dem Mensch Harry geworden, auch wenn ich ihn nicht kennen würde. Die Insignien haben ihn verraten. An einem Sonntagmorgen um 8 Uhr rennt um diese Jahreszeit niemand mit einem Rucksack durchs norddeutsche Plattland, es sein denn, er wird von einem Komitee gehetzt.
Mittags sind wir dann endlich in Rotenburg, sogar im Zentrum. Die Südroute des Wümme-Radwegs hat jede Menge Zeit gekostet, viel zu viel. Harry bekommt seinen Kaffee, direkt auch noch das Mittagsessen, und dann lädt er zu Tupperparty ein. Eine Box, so groß, dass meine Oma ihren Wochenvorrat an Bohnensuppe darin untergebracht hätte, sofern es so etwas damals schon gegeben. Die Bohnensuppe ist nicht gemeint. Während meine Frau und ich noch staunen, kritzelt Harry schnell ein paar Zeilen und schiebt mir dann das WAI übern Tisch. Das soll nach Hamburg, zu Torres. Ich kann mit nicht helfen, aber irgendwie sieht er so aus, als sei er froh dieses Ding weitergeben zu können. Oder ist es nur das zufriedene Gesicht eines gesättigten Menschen?
Als wir nach Stemmen abbiegen dämmert es schon, und so ist, obwohl vorgebucht (eine Premiere), die Erleichterung greifbar endlich am Ziel zu sein. Angesicht der Widrigkeiten, die das WAI auf seinem zukünftigen Weg noch alle aushalten muss, gönnen wir ihm ein 4-Sterne Hotel. Etwas anderes gibt es hier sowieso nicht. Im Hotel sind wir die einzigen Gäste, im Restaurant auch. Zu sehen gibt es hier nichts. Feierabend.
Heute wollen wir vom Wümme-Radweg auf den Radfernweg Bremen-Hamburg wechseln. Eine direkte Verbindung gibt es nicht. Zwischen uns, Stemmen und dem Radfernweg liegt das Ekelmoor. Weil zwischen meinen beiden Radwegespiralos ein Lücke klafft, muss Harrys Straßenkarte aus der Box herhalten. Wir wollen zunächst zur B 75, der bis zum Weiler Wümme folgen und dort nach Vaerloh abbiegen. Dahinter würden wir auf den Radfernweg treffen, und wären dann wieder mit einer halbwegs brauchbaren Karte unterwegs. Soweit die Planung.
Unsichtbar, weil grau und dunkel, ist der Himmel bei unserem Aufbruch. Unsichtbar, grau und dunkel ist der Himmel als wir auf die Bundestrasse 75 treffen. Unsichtbar, grau und dunkel ist der Himmel über Wümme, wo wir nach Norden abbiegen wollen, um zum Radfernweg zu kommen. „Everstorfermoor 2 km“ zeigt der Wegweiser an. Harrys Karte kennt kein Everstorfermoor, aber die Straße sollte passen. Meine Frau ist nicht scharf auf Experimente. Die Blasen an den Füßen und der unsichtbare, graue und dunkle Himmel reichen ihr. Mir auch. Wir bleiben bis Tostedt an der B 75 und werden dort nach Hollenstedt abbiegen. Über den Weg machen wir uns keine Gedanken mehr. Eins haben wir in den anderthalb Tagen gelernt: ist eine Straße verkehrsreich, gibt es eine Radweg daneben. Wo es den nicht gibt, fährt auch kein Auto.
Jetzt die unendliche, im grauen Zweilicht nicht schöner werdende Gerade hinunter nach Hollenstedt. Wir gehen tatsächlich eine Anhöhe hinunter. In Hollenstedt sind wir am gleichnamigen Hotel vorbeigegangen. Da war gegenseitiger Zwang nötig. Wir sind dann noch ein Stück dem Radfernweg gefolgt - endlich! In Appel sind wir schon wieder runter vom Weg. Da war es dann schon ganz dunkel. Wir wollten nach Eversen-Heide, ins dortige Hotel. Erneut 4 Sterne, diesmal nicht vorgebucht. Untergekommen sind wir dann bei einer viel preiswerteren privaten Zimmervermietung, dafür ohne Frühstück.
Der Tag fängt gut an. Gestern Abend hat Harry angerufen, sagt mir mein Telefon beim Aufstehen. Ganz sicher bin nicht, aber die 3 letzten Ziffern scheinen zu stimmen. Was der wohl will? Das lässt sich mit einem Telefonat raus finden – auch um 20 Minuten nach 6 Uhr in der Früh. Nein, er hat nicht angerufen, meldet sich Harry mit verschlafender Stimme, und er wird jetzt weiterschlafen. So ist das nun mal. Früher war man weg, dann war man eben weg. Heute ruft die Schwägerin an und fragt nach, welche Mülleimer raus müssen. Deren 3 letzten Ziffern sind ähnlich wie die von Harry.
nur ein oder zwei vermutlich uralte Mitarbeiter der beteiligten Vermessungsämter, und die wenigen Menschen, die den bestiegen haben. Der Hasselbrack ist kein genauer Punkt, kein Gipfel, kein Restaurant, keine Hütte, überhaupt nichts. Hasselbrack ist ein Flurname, sonst nichts. Aber es gibt einen Messpunkt auf Hamburgs höchstem Hügel, ein kleiner unscheinbarer Stein soll das sein. Da müssen meine Frau und ich hin.
Noch in der Dunkelheit ziehen wir los, was bei Radwegen überhaupt kein Problem ist. Als es hell wird treffen wir auf den Europäischen Fernwanderweg E1. Kaum hat man einen Wanderweg unter den Füßen wird es steil, bemerken wir. Unser Plan ist, bis zur Waldsiedlung Tempelberg zu gehen. Von dort geht ein in den Karten verzeichneter Wanderweg beinahe schnurgerade und immer an den Landesgrenzen entlang nach Südosten. Sobald der Weg in Schlenker über geht, wollen wir 400 Meter nach Osten gehen, wieder bis zur nächsten Landesgrenze (Tempelberg und Hasselbrack sind wie ein kleiner Wurmfortsatz Hamburgs, der nach Niedersachen hinein zeigt, Größe: ca. 400 mal 1.500 m). Dann wollen wir so lange die wenigen Wege dort oben entlang laufen bis wir den Vermessungsstein gefunden haben. Zudem hoffen wir auf Spaziergänger, die uns den Weg weisen können. Soweit die Theorie.
Es geht schon auf Mittag zu, als wir uns auf den Weg nach Harburg machen. Durch die niedersächsischen Fistelberge kommen wir nach Alvesen und haben sofort festen Boden unter den Füßen, auch im übertragenen Sinn. Nun stimmt die Karte wieder, denn hier fahren Autos und Fahrräder. In Ehestorf sehen wir den Radfernweg Bremen-Hamburg wieder, dem wir bis zum Stadtrand folgen werden. Weiter nicht.
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