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Land: Schweiz
Reisezeit: Juni 2008
Region/Kontinent: Mitteleuropa

Vorgeschichte
Im Juni 2008 fand in der Schweiz und Österreich eine Massengeiselnahme der Anwohner unter dem Namen UEFA Euro08 statt. Da ich direkt an einer sogenannten "Fan-Meile" wohne und mit Fussball und seinen betrunkenen, gröhlenden Anhängern nichts anfangen kann, beschloss ich die Flucht zu ergreifen und eine Woche lang Basel den Rücken zu kehren.
Eine zuerst angedachte Hütten-Tour war rein von der Jahreszeit her nicht möglich, da in den Alpen noch zu viel Schnee liegt. Da entsann ich mich meiner alten Bewunderung für den Gotthard und schnell war die Idee da, von Basel auf diesen sagenumwobenen Pass zu wandern.
Der Weg sollte möglichst abseits der grossen Städte führen, wo ich für mich allein, ohne Grillgeruch und laut aufgedrehte Fernseher der Agglomeration, meine Ruhe beim Gehen habe.
In einer Buchhandlung habe ich dann das Werk "Basel - Gotthard" vom Appenzeller Verlag gefunden, welches meiner Vorstellung einer solchen Reise genau entsprach. Und so ging ich dann an die Planung, um am 14. Juni 2008 starten zu können.
14. Juni 2008
Endlich, es geht los! Die geplante Tour Basel - Gotthard kann beginnen.
Gegen 11:00 verlasse ich meine Wohnung in Basel und mache zuerst einmal einen Abstecher zum Transa um eine Gaskartusche für meinen Kocher zu kaufen, sonst werde ich die nächsten Tagen ziemlich hungrig ins Bett gehen müssen. Nachdem dies erledigt ist (Habe das letzte Exemplar gekriegt - das Ausstellungsstück...) laufe ich über den Bahnhofsplatz und dann Richtung Dreispitz. Dort verlasse ich die Stadt und komme in der Grün 80 vorbei. In Münchenstein geht es dann steil den Berg hoch zur Schönmatt. Da komme ich gleich das erste Mal ins Schwitzen. Meinen gewohnten Schritt habe ich noch nicht gefunden, aber dazu werde ich in den nächsten Tagen noch genug Zeit haben.
Ich komme durch Gempen, Büren (SO) und erreiche Seewen (SO). Gemäss meinem Buch läge damit eigentlich schon die erste Tagesetappe hinter mir, aber weil das Wandern Spass macht - und ich unterdessen auch mein Tempo gefunden habe - gehe ich einfach weiter. Beim "Basler Weiher" gibt es einen kleinen Snack und dann immer leicht ansteigend bis Reigoldswil.

Jura-Landschaft
Mein Reiseführer beschreibt die Routenführung folgendermassen: "Die Wege weisen einen möglichst hohen Grad an so genannter historischer Substanz auf: Hohlwege, Alp- und Saumwege, Alleen, Karrgeleise". In Reigoldswil habe ich dann die Möglichkeit, auf dem alten Saumweg über den in der Vergangenheit selten begangenen Wasserfallenpass zu gehen. Bis ins 18. Jahrhundert führten die Wege immer direkt von A nach B, egal ob ein Hügel dazwischen lag und da es meistens Saumwege waren, gibt es auch kaum Serpentinen. Das merke ich beim Aufstieg: Im Gegensatz zu den üblichen Wanderwegen gehts einfach beinahe in der Direttissima hoch und entsprechend in die Beine!
Unterdessen wird es langsam Spätnachmittag und ich brauche eine Bleibe für die Nacht. Um möglichst unabhängig zu sein, habe ich ein kleines Notzelt, Schlafsack, Mätteli, Kocher und Kochtöpfe dabei. Ja, Kochtöpfe. Ich bin etwas dekadent und brauche einen Topf für das Essen und den anderen für den Tee ;) Beim Naturfreundehaus "Obere Wechte" darf ich auf der Spielwiese mein Zelt aufschlagen und nach Nudeln Carbonara vom Kocher und zwei Bier im Restaurant ist für mich Feierabend.

Abendstimmung im Jura
15. Juni 2008
Obwohl ich nur wenig Platz im Zelt habe, schlafe ich gut und gegen 08:30 bin ich auf den Beinen und koche mir erst mal einen Tee. Danach geht es an den Abstieg nach Mümliswil und Balsthal.

Nachwuchs
Auf dem Veloweg der Landstrasse entlang durch Industriequartiere nach Oensingen. Ab dort gehts zurück in die Natur und ich komme auf dem Weg nach Kestenholz an der alten Kirche "St. Peter und Paul" vorbei. An einem Bauernhof offeriert mir die Bäuerin einen Kaffee den ich gerne annehme. Unterdessen bewölkt sich der Himmel langsam und die Wetterprognosen für die nächsten Tage sind auch nicht so berauschend.

Alte Landstrasse I

Alte Landstrasse II
Bei Wolfiswil nehme ich die Fähre über die Aare und komme dann nach Roggwil (BE). Es beginnt zu regnen und ich habe Gelegenheit, meinen neugekauften BivyPoncho von Exped auszuprobieren. Beim schönen ehemaligen Kloster St. Urban mache ich kurzen Halt und setze dann im strömenden Regen meine Wanderung fort. Der Poncho hält zwar die Nässe von aussen fern, dafür wirds innen immer wie feuchter. Meine Motivation sinkt und irgendwo im Wald in der Nähe von Isehuet schlage ich unter dem Vordach einer Waldhütte mein Lager auf. Der nächste Gasthof wäre noch über 1h entfernt (und, wie ich am nächsten Tag herausgefunden habe, geschlossen gewesen). Dort erst mal ein einem der drei(!) Grills Feuer gemacht (danke liebe Gemeindearbeiter für das schöne und trockene Brennholz!) und meine Kleider getrocknet, etwas gegessen und dann ab ins Bett.

Nachtlager
16. Juni 2008
Auch heute regnet es immer noch. Der Poncho bleibt aber bis zum Ende der Wanderung im Rucksack; lieber vom Regen etwas nass als warm und feucht unter dem Poncho. Jeder hat da halt seine Vorlieben und ich habe meine diesbezügliche seit dem 15. Juni 2008 bestätigt...

Der Weg führt meist in direkter Linie von Ort A nach Ort B
Ich komme an Altbüron und Grossdietwil vorbei und weiter übers Land nach Zell (LU), Gettnau bis in das schöne Städchen Willisau. Dort bin ich erst mal in ein Restaurant gegangen und im Trockenen beim "Mohren" feine Schweinsplätzli mit Waldpilzen und Nüdeli gegessen. Mit vollem Bauch ist auch schlechtes Wetter nicht halb so tragisch und mein Weg führte mich weiter durch über teilweise ungemähte und demzufolge die Hosen durchnässende Wege via Schwand - Studeweid nach Geiss, Büel und Werthenstein. Von dort lag Ruswil gemäss Reiseführer nur noch eine Stunde entfernt und trotz dem Regen, Hunger und Unlust war die Vorfreude auf Einkaufen im Coop und danach "liegen lang" in einem Gasthof grösser. Also Eilmarsch durch den Schächbeler Wald und nach weniger als 40 Minuten war ich in Ruswil. Nur waren die im Buch beschriebenen Gasthöfe in Ruswil am Montag alle geschlossen. Was also machen? Im "Bären" frage ich nach einem Zimmer und dank dem kollektiven Einsatz des dortigen Stammtisches (danke, Jungs!) konnte der Wirt überzeugt werden, mir für die Nacht ein Zimmer zu geben. Ich schlief diese Nacht sehr gut!
17. Juni 2008
Nach Kaffee und Gipfeli voller Motivation in den Regen aufgebrochen und mit noch grösserer Motivation konsequent den falschen Weg genommen. Nach ca. 2 Kilometern und einigen Höhenmetern aufwärts bemerkte ich den Irrtum und suchte mir den Weg quer durch den Wald auf die Originalroute. Danach auf dem Wanderweg via Honig - Sonnhalde - Matt - Hueb nach Hell. Als Reisebegleitung rannte mir ein junger Rüde (Ein Dobermann?) voraus, wartete dann auf mich, um von neuem wie ein Verrückter durch die Wiesen zu toben. Mit der Zeit machte mir das etwas Sorgen, da er gut anderthalb Stunden dieses Spiel mit mir spielte. Irgendwann vor Emmenbrücke war er dann aber verschwunden und ist wohl zu seinem Hof zurückgekehrt.

Das Hundeli
In Emmenbrücke dank meiner tollen Orientierung (sagte ich schon, dass es nicht so mein Tag war?) am Stahlwerk vorbei und dann der Emme und Reuss entlang bis zum Quai von Luzern. Dort nahm ich das Kursschiff nach Flüelen (die Gallia) und gegen 16:00 kam ich dort an.

Auf dem Vierwaldstätter See
Unterdessen hatte sich der Regen in ein Tröpfeln verwandelt. Durch das Naturschutzgebiet im Reussdelta kam ich zur Burg "A Pro" und dann nach Oberdorf und Attinghausen. Im dortigen Hotel "Krone" gibt es einen Platz im Massenlager inkl. Z'Morge für 25.-- und das war nach dem langen Tag genau das Richtige für mich.
18. Juni 2008
Das Wetter ist besser! Auf dem alten Gotthardweg wanderte ich über Ripshusen nach Erstfeld. Der Originalweg ist teilweise nicht mehr markiert und man muss die Route suchen (ist aber im Buch gut dokumentiert).

Originalweg

Lawinenschutz
In Silenen machte ich Rast beim Turm und besichtigte die Kapelle mit den 14 Schutzheiligen. Besonders interessant Sankt Vitus für Blähungen und Krämpfe, kurz: "furtz noth".

Sankt Vitus
Nach einem Abstecher zu der Ruine von "Zwing Uri" nahm ich den Bergweg über Brunni - Bodmen - Intschi - Breitensteg - Richligen nach Gurtnellen. Unterwegs gab es noch eine nette Plauderstunde mit einem urchigen, 75 jährigen Urner welcher am Heu mähen war und in Gurtnellen feinen Alpkäse für den Reiseproviant. Erwähnte ich schon, dass das Wetter gut war?
Da ich in den vergangenen Tagen wegen des Regens meistens Doppeletappen machte, hatte ich jetzt mehr als genug Zeit, um bis am Freitag (20. Juni) den Gotthard als mein Ziel zu erreichen. Daher war in Wassen auch schon Ende für den heutigen Tag und im Backpackers Hostel gabs ein Zimmer und Kochgelegenheit. Gegen Abend stieg ich noch zu dem berühmten Kirchlein auf, welches man aus dem Zug dank der Kehrtunnels dreimal sieht, und war fasziniert, wie sich mir im Abendlicht die Landschaft mit den ganzen Kunstbauten wie eine riesige Modelleisenbahn darstellte.
19. Juni 2008
Heute führte mich mein Weg von Wassen der Reuss und der Bahnlinie entlang nach Göschenen, wo ich in der Bäckerei bei der alten Brücke eine supergute Aprikosenwähe ass. Kann ich jedem Durchreisenden nur empfehlen! Danach gings die Schöllenen hoch nach Andermatt.

Verkehrswege
Bei der Teufelsbrücke sieht man noch heute die Widerlager der alten Brücke von 1595.

Die Brücken über die Schöllenen
Beim Suworov-Denkmal befindet sich auch ein Klettersteig namens "Diavolo" und die Rekruten des Gebirgsarmeekorps 3 übten auf der anderen Reuss-Seite fleissig das Abseilen.
In Andermatt angekommen, deponierte ich meine Sachen in einem Sportgeschäft und mietete mir eine Klettersteigausrüstung, um den Nachmittag mal mit etwas anderem als Wandern zu verbringen. Der Klettersteig "Diavolo" ist technisch einfach, aber bietet tolle Ausblicke in die Schöllenen und ins Urserental.

Im Klettersteig
Am Abend stellte ich dann mein Zelt beim Campingplatz der Bergbahn Gemsstock auf und bei Ravioli aus der Büchse und Rotwein fand ein angenehmer Tag sein Ende.

AC/DC Hörnli
20. Juni 2008
Nach kurzem Regen in der Nacht und der dazugehörigen Trocknungsaktion des Zelts am nächsten Morgen ging ich nach Hospental und dann auf das letzte Stück meiner Reise: Den alten Saumweg hoch zum Gotthardpass. Der Weg führt abseits der Strasse durch die Talmulde und ab und zu kann man die Jahrhunderte alte Pflästerung zwischen Gras und Kuhfladen erkennen.

Saumweg
Gegen Mittag treffe ich dann auf dem Pass ein und habe mein Hauptziel erreicht.

Am Ziel
Als Zückerchen plante ich aber schon von Anfang an die Besteigung des Pizzo Centrale (2999m). Am Nachmittag also ging ich ohne Rucksack (welche Wohltat!) los Richtung Lago di Sella um die Lage auszukundschaften. Da es in den letzten Tagen immer wieder geschneit hatte, wollte ich die Route zuerst mal aus der Distanz begutachten. Leider waren aber auf der Normalroute einige sehr steile Schneefelder zu sehen und ohne Steigeisen und auch noch allein wollte ich dieses Risiko nicht eingehen.
Dafür sah ich in der Nähe den Monte Prosa (2737m) welcher mich im Lichte des Spätnachmittags angrinste. Schnee lag auf seiner Südost-Flanke praktisch keiner, dafür gab es auch keinen markierten Weg. Egal, ich war von den letzten Tagen gut trainiert und mehr oder weniger direkt ging ich zuerst zum Grat hoch und dann auf dem Ost-West Gipfelgrat bis zum Gipfel (T5). Leider gabs kein Gipfelbuch in das ich mich hätte verewigen können. Der Abstieg führte dann durch die Südwest-Flanke über die Schneefelder rutschend bis zur Alpe di Fortünei und dann zum Gotthard.

Monte Prosa (2737m)

Vorboten des Bergfrühlings
übernachtung im Massenlager des Albergo de San Gottardo, wo ich einen pensionierten Architekten aus der ehemaligen DDR traf, welcher mit Vornamen "Gotthard" hiess und extra deswegen mit dem Velo auf den Pass hochgefahren war.
21. Juni 2008
Eigentlich war für den heutigen Tag eine Gratwanderung geplant, aber meine seit zwei Tagen zwickende Achillessehne am rechten Bein widersprach meinen Plänen. Sicher, es wäre schon gegangen aber da ich die Woche darauf einen Wettkampf habe, wollte ich mich nicht unnötig belasten. Daher freute ich mich über den Gipfelerfolg am Monte Prosa und trat den Abstieg Richtung Airolo an.
Leider ist auf der Südseite des Gotthards der alte Saumweg streckenweise nicht mehr erhalten bzw. war für mich nicht auffindbar. Daher nahm ich den markierten Wanderweg welcher der Tremola entlang führt und kam schon in kurzer Zeit am Bahnhof von Airolo an. Dort nahm ich den Zug nach Basel und damit ging meine Reise endgültig zu Ende.

Tremola
Schlussgedanken
Wer sich für die Route interessiert, kann unter ISBN 3-85882-428-3 das Buch "Basel - Gotthard" bestellen. Ich kann die Reise sehr empfehlen, führt sie doch an interessanten historischen Orten vorbei und die uralten Wege abseits der heutigen Strassen sind ein Genuss zum Wandern. Die Zeitvorgaben in Buch richten sich oft nach den Wegweisern und sind mit Vorsicht zu geniessen. Als zügiger Geher war ich selbst mit prall gefülltem Rucksack gut ein Drittel schneller als angegeben und auch die Tagesetappen sind teilweise etwas kurz bemessen. Aber das ist natürlich nur meine eigene, rein subjektive Meinung. Wer sich stark für Kultur interessiert (und es nicht gerade regnet), der wird mit den vorgeschlagenen Etappen einen schön ausgefüllten Tag haben. Bei Regen hingegen macht das Besichtigen weniger Spass und die einzig sinnvolle Tätigkeit ist das Wandern.
Material
Rucksack Deuter 45+10L
Zelt Sierra Designs Light Year (1 Person ohne Apsis)
Matte Therm-A-Rest
Daunenschlafsack Salewa
Seiden-Inlet
Gaskocher mit 270g Kartusche
2 Kochtöpfe
BivyPoncho von Exped (*)
Kampfstiefel Schweizer Militär
Regenjacke mit herausnehmbarem Fleeceoberteil
Ersatz-Socken, -unterhosen und T-Shirt
Kurze Hosen (*)
Kappe und Handschuhe
Mein lederner Cowboy-Hut
Trekking-Handtuch
Lebensmittel
1.5 Liter Flasche mit Wasser
Reiseapotheke
Kleiner Kulturbeutel
Photoapparat Canon Ixus 70
Feldstecher
Kartenmaterial und Buch "Basel - Gotthard"
Stiller von Max Frisch
Mundharmonika
Stirnlampe
(*) = überflüssig
Reisezeit: Juni 2008
Region/Kontinent: Mitteleuropa

Vorgeschichte
Im Juni 2008 fand in der Schweiz und Österreich eine Massengeiselnahme der Anwohner unter dem Namen UEFA Euro08 statt. Da ich direkt an einer sogenannten "Fan-Meile" wohne und mit Fussball und seinen betrunkenen, gröhlenden Anhängern nichts anfangen kann, beschloss ich die Flucht zu ergreifen und eine Woche lang Basel den Rücken zu kehren.
Eine zuerst angedachte Hütten-Tour war rein von der Jahreszeit her nicht möglich, da in den Alpen noch zu viel Schnee liegt. Da entsann ich mich meiner alten Bewunderung für den Gotthard und schnell war die Idee da, von Basel auf diesen sagenumwobenen Pass zu wandern.
Der Weg sollte möglichst abseits der grossen Städte führen, wo ich für mich allein, ohne Grillgeruch und laut aufgedrehte Fernseher der Agglomeration, meine Ruhe beim Gehen habe.
In einer Buchhandlung habe ich dann das Werk "Basel - Gotthard" vom Appenzeller Verlag gefunden, welches meiner Vorstellung einer solchen Reise genau entsprach. Und so ging ich dann an die Planung, um am 14. Juni 2008 starten zu können.
14. Juni 2008
Endlich, es geht los! Die geplante Tour Basel - Gotthard kann beginnen.
Gegen 11:00 verlasse ich meine Wohnung in Basel und mache zuerst einmal einen Abstecher zum Transa um eine Gaskartusche für meinen Kocher zu kaufen, sonst werde ich die nächsten Tagen ziemlich hungrig ins Bett gehen müssen. Nachdem dies erledigt ist (Habe das letzte Exemplar gekriegt - das Ausstellungsstück...) laufe ich über den Bahnhofsplatz und dann Richtung Dreispitz. Dort verlasse ich die Stadt und komme in der Grün 80 vorbei. In Münchenstein geht es dann steil den Berg hoch zur Schönmatt. Da komme ich gleich das erste Mal ins Schwitzen. Meinen gewohnten Schritt habe ich noch nicht gefunden, aber dazu werde ich in den nächsten Tagen noch genug Zeit haben.
Ich komme durch Gempen, Büren (SO) und erreiche Seewen (SO). Gemäss meinem Buch läge damit eigentlich schon die erste Tagesetappe hinter mir, aber weil das Wandern Spass macht - und ich unterdessen auch mein Tempo gefunden habe - gehe ich einfach weiter. Beim "Basler Weiher" gibt es einen kleinen Snack und dann immer leicht ansteigend bis Reigoldswil.

Jura-Landschaft
Mein Reiseführer beschreibt die Routenführung folgendermassen: "Die Wege weisen einen möglichst hohen Grad an so genannter historischer Substanz auf: Hohlwege, Alp- und Saumwege, Alleen, Karrgeleise". In Reigoldswil habe ich dann die Möglichkeit, auf dem alten Saumweg über den in der Vergangenheit selten begangenen Wasserfallenpass zu gehen. Bis ins 18. Jahrhundert führten die Wege immer direkt von A nach B, egal ob ein Hügel dazwischen lag und da es meistens Saumwege waren, gibt es auch kaum Serpentinen. Das merke ich beim Aufstieg: Im Gegensatz zu den üblichen Wanderwegen gehts einfach beinahe in der Direttissima hoch und entsprechend in die Beine!
Unterdessen wird es langsam Spätnachmittag und ich brauche eine Bleibe für die Nacht. Um möglichst unabhängig zu sein, habe ich ein kleines Notzelt, Schlafsack, Mätteli, Kocher und Kochtöpfe dabei. Ja, Kochtöpfe. Ich bin etwas dekadent und brauche einen Topf für das Essen und den anderen für den Tee ;) Beim Naturfreundehaus "Obere Wechte" darf ich auf der Spielwiese mein Zelt aufschlagen und nach Nudeln Carbonara vom Kocher und zwei Bier im Restaurant ist für mich Feierabend.

Abendstimmung im Jura
15. Juni 2008
Obwohl ich nur wenig Platz im Zelt habe, schlafe ich gut und gegen 08:30 bin ich auf den Beinen und koche mir erst mal einen Tee. Danach geht es an den Abstieg nach Mümliswil und Balsthal.

Nachwuchs
Auf dem Veloweg der Landstrasse entlang durch Industriequartiere nach Oensingen. Ab dort gehts zurück in die Natur und ich komme auf dem Weg nach Kestenholz an der alten Kirche "St. Peter und Paul" vorbei. An einem Bauernhof offeriert mir die Bäuerin einen Kaffee den ich gerne annehme. Unterdessen bewölkt sich der Himmel langsam und die Wetterprognosen für die nächsten Tage sind auch nicht so berauschend.

Alte Landstrasse I

Alte Landstrasse II
Bei Wolfiswil nehme ich die Fähre über die Aare und komme dann nach Roggwil (BE). Es beginnt zu regnen und ich habe Gelegenheit, meinen neugekauften BivyPoncho von Exped auszuprobieren. Beim schönen ehemaligen Kloster St. Urban mache ich kurzen Halt und setze dann im strömenden Regen meine Wanderung fort. Der Poncho hält zwar die Nässe von aussen fern, dafür wirds innen immer wie feuchter. Meine Motivation sinkt und irgendwo im Wald in der Nähe von Isehuet schlage ich unter dem Vordach einer Waldhütte mein Lager auf. Der nächste Gasthof wäre noch über 1h entfernt (und, wie ich am nächsten Tag herausgefunden habe, geschlossen gewesen). Dort erst mal ein einem der drei(!) Grills Feuer gemacht (danke liebe Gemeindearbeiter für das schöne und trockene Brennholz!) und meine Kleider getrocknet, etwas gegessen und dann ab ins Bett.

Nachtlager
16. Juni 2008
Auch heute regnet es immer noch. Der Poncho bleibt aber bis zum Ende der Wanderung im Rucksack; lieber vom Regen etwas nass als warm und feucht unter dem Poncho. Jeder hat da halt seine Vorlieben und ich habe meine diesbezügliche seit dem 15. Juni 2008 bestätigt...

Der Weg führt meist in direkter Linie von Ort A nach Ort B
Ich komme an Altbüron und Grossdietwil vorbei und weiter übers Land nach Zell (LU), Gettnau bis in das schöne Städchen Willisau. Dort bin ich erst mal in ein Restaurant gegangen und im Trockenen beim "Mohren" feine Schweinsplätzli mit Waldpilzen und Nüdeli gegessen. Mit vollem Bauch ist auch schlechtes Wetter nicht halb so tragisch und mein Weg führte mich weiter durch über teilweise ungemähte und demzufolge die Hosen durchnässende Wege via Schwand - Studeweid nach Geiss, Büel und Werthenstein. Von dort lag Ruswil gemäss Reiseführer nur noch eine Stunde entfernt und trotz dem Regen, Hunger und Unlust war die Vorfreude auf Einkaufen im Coop und danach "liegen lang" in einem Gasthof grösser. Also Eilmarsch durch den Schächbeler Wald und nach weniger als 40 Minuten war ich in Ruswil. Nur waren die im Buch beschriebenen Gasthöfe in Ruswil am Montag alle geschlossen. Was also machen? Im "Bären" frage ich nach einem Zimmer und dank dem kollektiven Einsatz des dortigen Stammtisches (danke, Jungs!) konnte der Wirt überzeugt werden, mir für die Nacht ein Zimmer zu geben. Ich schlief diese Nacht sehr gut!
17. Juni 2008
Nach Kaffee und Gipfeli voller Motivation in den Regen aufgebrochen und mit noch grösserer Motivation konsequent den falschen Weg genommen. Nach ca. 2 Kilometern und einigen Höhenmetern aufwärts bemerkte ich den Irrtum und suchte mir den Weg quer durch den Wald auf die Originalroute. Danach auf dem Wanderweg via Honig - Sonnhalde - Matt - Hueb nach Hell. Als Reisebegleitung rannte mir ein junger Rüde (Ein Dobermann?) voraus, wartete dann auf mich, um von neuem wie ein Verrückter durch die Wiesen zu toben. Mit der Zeit machte mir das etwas Sorgen, da er gut anderthalb Stunden dieses Spiel mit mir spielte. Irgendwann vor Emmenbrücke war er dann aber verschwunden und ist wohl zu seinem Hof zurückgekehrt.

Das Hundeli
In Emmenbrücke dank meiner tollen Orientierung (sagte ich schon, dass es nicht so mein Tag war?) am Stahlwerk vorbei und dann der Emme und Reuss entlang bis zum Quai von Luzern. Dort nahm ich das Kursschiff nach Flüelen (die Gallia) und gegen 16:00 kam ich dort an.

Auf dem Vierwaldstätter See
Unterdessen hatte sich der Regen in ein Tröpfeln verwandelt. Durch das Naturschutzgebiet im Reussdelta kam ich zur Burg "A Pro" und dann nach Oberdorf und Attinghausen. Im dortigen Hotel "Krone" gibt es einen Platz im Massenlager inkl. Z'Morge für 25.-- und das war nach dem langen Tag genau das Richtige für mich.
18. Juni 2008
Das Wetter ist besser! Auf dem alten Gotthardweg wanderte ich über Ripshusen nach Erstfeld. Der Originalweg ist teilweise nicht mehr markiert und man muss die Route suchen (ist aber im Buch gut dokumentiert).

Originalweg

Lawinenschutz
In Silenen machte ich Rast beim Turm und besichtigte die Kapelle mit den 14 Schutzheiligen. Besonders interessant Sankt Vitus für Blähungen und Krämpfe, kurz: "furtz noth".

Sankt Vitus
Nach einem Abstecher zu der Ruine von "Zwing Uri" nahm ich den Bergweg über Brunni - Bodmen - Intschi - Breitensteg - Richligen nach Gurtnellen. Unterwegs gab es noch eine nette Plauderstunde mit einem urchigen, 75 jährigen Urner welcher am Heu mähen war und in Gurtnellen feinen Alpkäse für den Reiseproviant. Erwähnte ich schon, dass das Wetter gut war?
Da ich in den vergangenen Tagen wegen des Regens meistens Doppeletappen machte, hatte ich jetzt mehr als genug Zeit, um bis am Freitag (20. Juni) den Gotthard als mein Ziel zu erreichen. Daher war in Wassen auch schon Ende für den heutigen Tag und im Backpackers Hostel gabs ein Zimmer und Kochgelegenheit. Gegen Abend stieg ich noch zu dem berühmten Kirchlein auf, welches man aus dem Zug dank der Kehrtunnels dreimal sieht, und war fasziniert, wie sich mir im Abendlicht die Landschaft mit den ganzen Kunstbauten wie eine riesige Modelleisenbahn darstellte.
19. Juni 2008
Heute führte mich mein Weg von Wassen der Reuss und der Bahnlinie entlang nach Göschenen, wo ich in der Bäckerei bei der alten Brücke eine supergute Aprikosenwähe ass. Kann ich jedem Durchreisenden nur empfehlen! Danach gings die Schöllenen hoch nach Andermatt.

Verkehrswege
Bei der Teufelsbrücke sieht man noch heute die Widerlager der alten Brücke von 1595.

Die Brücken über die Schöllenen
Beim Suworov-Denkmal befindet sich auch ein Klettersteig namens "Diavolo" und die Rekruten des Gebirgsarmeekorps 3 übten auf der anderen Reuss-Seite fleissig das Abseilen.
In Andermatt angekommen, deponierte ich meine Sachen in einem Sportgeschäft und mietete mir eine Klettersteigausrüstung, um den Nachmittag mal mit etwas anderem als Wandern zu verbringen. Der Klettersteig "Diavolo" ist technisch einfach, aber bietet tolle Ausblicke in die Schöllenen und ins Urserental.

Im Klettersteig
Am Abend stellte ich dann mein Zelt beim Campingplatz der Bergbahn Gemsstock auf und bei Ravioli aus der Büchse und Rotwein fand ein angenehmer Tag sein Ende.

AC/DC Hörnli
20. Juni 2008
Nach kurzem Regen in der Nacht und der dazugehörigen Trocknungsaktion des Zelts am nächsten Morgen ging ich nach Hospental und dann auf das letzte Stück meiner Reise: Den alten Saumweg hoch zum Gotthardpass. Der Weg führt abseits der Strasse durch die Talmulde und ab und zu kann man die Jahrhunderte alte Pflästerung zwischen Gras und Kuhfladen erkennen.

Saumweg
Gegen Mittag treffe ich dann auf dem Pass ein und habe mein Hauptziel erreicht.

Am Ziel
Als Zückerchen plante ich aber schon von Anfang an die Besteigung des Pizzo Centrale (2999m). Am Nachmittag also ging ich ohne Rucksack (welche Wohltat!) los Richtung Lago di Sella um die Lage auszukundschaften. Da es in den letzten Tagen immer wieder geschneit hatte, wollte ich die Route zuerst mal aus der Distanz begutachten. Leider waren aber auf der Normalroute einige sehr steile Schneefelder zu sehen und ohne Steigeisen und auch noch allein wollte ich dieses Risiko nicht eingehen.
Dafür sah ich in der Nähe den Monte Prosa (2737m) welcher mich im Lichte des Spätnachmittags angrinste. Schnee lag auf seiner Südost-Flanke praktisch keiner, dafür gab es auch keinen markierten Weg. Egal, ich war von den letzten Tagen gut trainiert und mehr oder weniger direkt ging ich zuerst zum Grat hoch und dann auf dem Ost-West Gipfelgrat bis zum Gipfel (T5). Leider gabs kein Gipfelbuch in das ich mich hätte verewigen können. Der Abstieg führte dann durch die Südwest-Flanke über die Schneefelder rutschend bis zur Alpe di Fortünei und dann zum Gotthard.

Monte Prosa (2737m)

Vorboten des Bergfrühlings
übernachtung im Massenlager des Albergo de San Gottardo, wo ich einen pensionierten Architekten aus der ehemaligen DDR traf, welcher mit Vornamen "Gotthard" hiess und extra deswegen mit dem Velo auf den Pass hochgefahren war.
21. Juni 2008
Eigentlich war für den heutigen Tag eine Gratwanderung geplant, aber meine seit zwei Tagen zwickende Achillessehne am rechten Bein widersprach meinen Plänen. Sicher, es wäre schon gegangen aber da ich die Woche darauf einen Wettkampf habe, wollte ich mich nicht unnötig belasten. Daher freute ich mich über den Gipfelerfolg am Monte Prosa und trat den Abstieg Richtung Airolo an.
Leider ist auf der Südseite des Gotthards der alte Saumweg streckenweise nicht mehr erhalten bzw. war für mich nicht auffindbar. Daher nahm ich den markierten Wanderweg welcher der Tremola entlang führt und kam schon in kurzer Zeit am Bahnhof von Airolo an. Dort nahm ich den Zug nach Basel und damit ging meine Reise endgültig zu Ende.

Tremola
Schlussgedanken
Wer sich für die Route interessiert, kann unter ISBN 3-85882-428-3 das Buch "Basel - Gotthard" bestellen. Ich kann die Reise sehr empfehlen, führt sie doch an interessanten historischen Orten vorbei und die uralten Wege abseits der heutigen Strassen sind ein Genuss zum Wandern. Die Zeitvorgaben in Buch richten sich oft nach den Wegweisern und sind mit Vorsicht zu geniessen. Als zügiger Geher war ich selbst mit prall gefülltem Rucksack gut ein Drittel schneller als angegeben und auch die Tagesetappen sind teilweise etwas kurz bemessen. Aber das ist natürlich nur meine eigene, rein subjektive Meinung. Wer sich stark für Kultur interessiert (und es nicht gerade regnet), der wird mit den vorgeschlagenen Etappen einen schön ausgefüllten Tag haben. Bei Regen hingegen macht das Besichtigen weniger Spass und die einzig sinnvolle Tätigkeit ist das Wandern.
Material
Rucksack Deuter 45+10L
Zelt Sierra Designs Light Year (1 Person ohne Apsis)
Matte Therm-A-Rest
Daunenschlafsack Salewa
Seiden-Inlet
Gaskocher mit 270g Kartusche
2 Kochtöpfe
BivyPoncho von Exped (*)
Kampfstiefel Schweizer Militär
Regenjacke mit herausnehmbarem Fleeceoberteil
Ersatz-Socken, -unterhosen und T-Shirt
Kurze Hosen (*)
Kappe und Handschuhe
Mein lederner Cowboy-Hut
Trekking-Handtuch
Lebensmittel
1.5 Liter Flasche mit Wasser
Reiseapotheke
Kleiner Kulturbeutel
Photoapparat Canon Ixus 70
Feldstecher
Kartenmaterial und Buch "Basel - Gotthard"
Stiller von Max Frisch
Mundharmonika
Stirnlampe
(*) = überflüssig
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