• German Tourist
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    [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

    Vorgeschichte und Anreise:

    Eigentlich ist es verwunderlich, wie gut diese Tour letztendlich geworden ist, denn am Anfang stand sie unter keinem guten Stern. Das begann schon mal mit der Tourenidee selbst, denn eigentlich wollte ich überhaupt nicht nach Schweden – das war eher eine Verlegenheitslösung. Eigentlich hatte ich für das Saisonende 2014 eine Komplettbefahrung der Donau geplant und sogar fast komplett voerbereitet. Nur kamen mir am Ende der Vorbereitungsphase zwei Dinge dazwischen: Zunächst mal wurde mir klar, dass die Radtour, die ich vor der Donau geplant hatte, viel länger dauern würde als ursprünglich angenommen. Damit würde ich auf der Donau in Zeitstress geraten. Und dann kam dann noch der Ukraine-Konflikt, der es auch nicht gerade erstrebenswert scheinen liess, dort herumzupaddeln. (Die Donau ist der Grenzfluss zwischen Rumänien und der Ukraine.)

    Also musste kurz vor Schluss dann noch eine andere Tour her. Mein Schreibtisch verwandelte sich in ein einziges Chaos von DKV-Führer, Reiseführern und Landkarten. Leider stellte sich dabei heraus, dass es gar nicht so einfach ist, eine Tour mit folgenden Kriterien zu finden:

    Dauer mindestens 1,5 bis 2 Monate
    in Europa und verkehrstechnisch gut und preisgünstig erreichbar
    technisch nicht allzu schwierig
    paddelbar bis Ende Oktober

    Nach langem Hin und Her habe ich mich dann auf eine „Durchpaddelung“ von Schweden eingeschossen. Die Idee war, Südschweden von Ost nach West zu durchpaddeln. Aufgrund der vielen Portagen sollte das auch wirklich 1,5 Monate hergeben. Die Ausgangspunkte waren sogar mit der Bahn und dem Europa-Spezialticket relativ preisgünstig erreichbar. Die Strecke hat einen hohen „Kanal-“Anteil und sollte damit nicht allzu schwierig sein. Und zumindest laut Klimastatistiken sollte das auch noch bis Ende Oktober machbar sein – ich bin diesbezüglich auch hart im Nehmen. Grob plante ich folgende Abschnitte:

    St. Anna Schärengarten an der Ostküste – östlicher Götakanal – Vättern – westlicher Götakanal – Vänern – Dalsland Kanal bis Norwegen

    Viel Zeit für die Vorbereitung blieb mir nicht, denn schon bald ging es für mich auf eine große Radtour (aber hierzu vielleicht später mal ein anderer Reisebericht). Nach knapp 8.000 km Radeln traf ich dann Ende August mit der Fähre wieder in Deutschland ein. Für den fliegenden Ausrüstungswechsel von Fahrrad auf Kayak hatte ich drei Tage in Berlin eingeplant. Nur leider wurde daraus nichts: Kaum war ich in Kiel von der Fähre gestiegen und mich zur Übernachtung bei einem Bekannten einquartiert, hatte ich einen Unfall. Als ich energischen Schrittes seine Etagentreppe heruntergehen wollte, rutschte ich bereits auf Stufe eins aus und polterte die 16 restlichen Stufen auf meinen Allerwertesten hinunter. Erst glaubte ich, mit dem Schrecken und ein paar blauen Flecken davongekommen zu sein, aber das sollte sich auf der Zugrückfahrt nach Berlin als großer Irrtum herausstellen. Schon im Zug schwoll mein linkes Knie immer mehr an und in Berlin angekommen, konnte ich kaum mehr laufen, geschweige denn Radfahren. Ironie des Schicksals: In meiner ganzen langen Outdoorlaufbahn hatte ich keinen auch nur ansatzweise so schwerwiegenden Unfall wie diesen Treppensturz. Die meisten Unfälle passieren halt tatsächlich im Haushalt.....

    In Berlin hatte mich eine freundliche paddelnde ODSlerin aufgenommen und als ich abends bei ihr ankam, bot ich ein Bild des absoluten Jammers. Es war so schlimm, dass sie mich erst mal mit einem Stock versah, damit ich mich überhaupt noch fortbewegen konnte. Ein Arztbesuch brachte zumindest eine nicht ganz niederschmetternde Diagnose: Durch den Sturz hatte ich mir eine Meniskusreizung zugezogen. Das wäre zwar nicht schön und die Heilung zieht sich endlos hin, aber mir wurde erlaubt, in den nächsten Tagen auf meine Paddeltour aufzubrechen. (Mein Arzt weiss auch, dass ich hart im Nehmen bin.) Dennoch verschob sich der Tourenstart erst mal um eine Woche, denn ich war einfach körperlich nicht in der Lage, mit meinen Riesen-Faltboot und aller Ausrüstung die Anreise zu schaffen.

    Aber angesichts des schönen Wetters in Schweden konnte ich mich bald nicht mehr halten: Am 02.09. ging es endlich mit dem Zug Richtung Norden. Die lange Zugreise von Berlin über Hamburg und Kopenhagen nach Norrköping verlief trotz meines lädierten Knies und mehrfachen Umsteigens recht einfach. Bei jedem Ein- und Ausstieg packten freundliche Mitreisende mit an. Dennoch musste ich dann noch im Dunkeln einen km von der Bushaltestelle zum Zeltplatz laufen. Am Ende dieses langen Anreisetages war ich dann zwar sehr erschöpft, aber recht froh, dass doch alles so gut geklappt hat.

    Am nächsten Tag musste ich erst mal einkaufen und mit Hin- und Zurückhumpeln vom Supermarkt gingen schon mal 2 Stunden drauf. Dann kam das Zusammenbauen des Bootes, wovor mir am allermeisten graute. Das Feathercraft K1 ist ein tolles Boot, aber der Zusammenbau ist für Menschen mit wenig technischer Befähigung eher schwierig. Erschwerend kam hinzu, dass ich mich aufgrund meines verletzten Knies kaum hinknien konnte – und so dauerte es über drei Stunden, bis das Kayak komplett aufgebaut war. Dann das nächste Problem: Die ganze Ausrüstung und die Vorräte mussten nun erstmalig in die Packsäcke gepackt und platzsparend verstaut werden. Es war schon 5 Uhr nachmittags, als ich endlich mit allem fertig war – und total erschöpft. Ich beschloss, noch eine weitere Nacht auf dem Campingplatz zu verbringen und erst am nächsten Morgen loszupaddeln.



    Praktische Infos: Ich habe meine Tour in den St. Anna Schärengarten von Valdemarsvik aus gestartet. Valdemarsvik ist mit zahlreichen täglichen Busverbindungen von Norrköping aus zu erreichen. Der kleine Campingplatz liegt nur ca. 1 km auf einem Rad- und Fussweg von der Endbushaltestelle entfernt und hat mehrere kleine Strände, auf denen hervorragend gestartet werden kann. In Valdemarsvik gibt es auch einen recht großen Supermarkt (ca. 1 km vom Campingplatz entfernt). Ich hätte die Tour auch in Gamleby oder Västervik beginnen können. Beide Orte sind ebenfalls gut erreichbar und verfügen über einen Campingplatz mit Strand sowie Supermärkte noch in Laufweite.
    http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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    #2
    AW: [S] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

    St. Anna Schärengarten:

    Außer der Teilnahme an einem mislungenem Seekajak-Kurs habe ich keinerlei Erfahrung mit Paddeln auf dem Meer. Ein kleiner Abstecher in diesen Schärengarten erschien mir als guter Einstieg in dieses Neuland. Und mit dieser Einschätzung sollte ich recht behalten.

    Ich startete an einem Samstag bei strahlend blauem Himmel und kaum Wind. Die ersten 13 km konnte selbst ich kaum etwas verkehrt machen, denn es ging erst mal einfach aus dem engen Fjord hinaus Richtung Meer. Ich war vor allem total erleichtert, dass ich ohne Schmerzen im Boot sitzen konnte und mein Knie mir auch bein Ein- und Aussteigen weniger Probleme bereitete als erwartet. Im Schärengarten selbst stieg meine eh schon gute Laune noch mehr – hier war es wirklich traumhaft schön. Störend waren nur die Motorboote, die aufgrund des Wochenendes und des schönen Wetters natürlich recht zahlreich waren und nicht immer gerade rücksichtsvoll an mir vorbei düsten. Hier kam auch mein neu erworbener Bootskompass erstmalig zum Einsatz, was inmitten der vielen kleinen Schären wirklich recht hilfreich war.

    Nur leider wurde ich auch sogleich mit einem neuen Problem konfrontiert: An die meisten dieser Inseln kann man nur auf Fels anlanden – Sandstrand gibt es hier wenig. Auf dem Fels haben sich aber leider jede Menge Algen angesammelt, was dann zur veritablen Rutschbahn wird. Durch mein lädiertes Knie zusätzlich gehandicapt war der erste Ausstieg ein echtes Abenteuer. Glücklicherweise war ich gleich an einer Insel mit schöner Zeltmöglichkeit angelandet. Obwohl es erst vier Uhr war, beschloss ich, den ersten Tag ruhig angehen zu lassen und gleich da zu bleiben. Wie zu erwarten war, taten mir nämlich die Arme und Schultern weh. Meine Ruhe wurde eigentlich nur durch die lauten Motorboote gestört, aber das legte sich natürlich komplett nach Einbruch der Dunkelheit.

    Der nächste Tag war ähnlich schön – und bis mittags auch fast komplett Motorboot-frei. Als die Bootsbesitzer dann aber mal ausgeschlafen hatten, brachten sie mich ein paar Mal durch heftiges Propellerwasser in Bedrängnis. Nachdem mich eine fette Yacht fast umgefahren hätte, fand ich einen traumhaft schönen Zeltplatz auf einer kleinen Insel und genoss Sonnenunter- und Mondaufgang.

    Am dritten Tag verließ ich dann auch schon den Schärengarten und bog in den Fjord Richtung Mem und den Beginn des Götakanal ein. Für die nächsten Tage war Regen und stärkerer Wind angekündigt. Als ich die Seilfähre bei Stegeborg passierte, fing es dann auch prompt an zu regnen. Hier kam dann mein ebenfalls neu erworbener Südwester erstmals zum Einsatz und erwies sich auch sofort als voller Erfolg. Meine Mittagspause verbrachte ich dann auch bibbernd im Regen. Dennoch erreichte ich noch am Nachmittag Mem und damit die erste Schleuse des Götakanals.



    Praktische Info: Der St. Anna Schärengarten ist ein traumhaftes Paddelrevier. Der Schärengarten ist so breit, dass man sich bei stärkerem Wind relativ gut in den inneren Schären „verstecken“ kann. Man kann locker mehrere Tage mit der Erforschung dieses Gebiets zubringen. Ich habe die wasserfesten Tyvek-Karten von Utekartan verwendet und war hochzufrieden damit. Auch Wildzelten war auf den Inseln überhaupt kein Problem und ich habe einige offensichtlich stark frequentierte Zeltplätze vorgefunden. Einzig die Motorboote sind etwas nervig, aber dieses Problem besteht hauptsächlich an den Wochenenden. Ansonsten: sehr empfehlenswert!
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    • evernorth
      Fuchs
      • 22.08.2010
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      #3
      AW: [S] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

      Sehr verheißungsvoller Beginn - das macht Lust auf Fortsetzung. Ich bin sehr gespannt.
      My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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      • AlfBerlin
        Lebt im Forum
        • 16.09.2013
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        #4
        AW: [S] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

        Schon mal Danke für Deinen Reisebericht.

        Die Trennung von Bericht und praktischen Infos ist super
        Nächsten Herbst werden sich die Schweden wundern, wenn Horden von Deutschen einfallen


        Kajak, Bootswagen-Trolley und Rucksack sehen ja wirklich extrem kompakt aus.
        Kannst Du etwas zur Ausrüstung sagen? Und bitte die Stirnlampe nicht vergessen!
        Zuletzt geändert von AlfBerlin; 27.10.2014, 08:41.

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        • Mika Hautamaeki
          Alter Hase
          • 30.05.2007
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          #5
          AW: [S] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

          Wow, das läßt sich wirklich gut an. Evtl. ein paaer mehr Fotos einbauen, das wäre toll. Ansonsten finde ich die erste Tage sehr gut geschrieben. Kompakt aber doch sehr ausagekräftig. Freue mich auf die Fortsetzung!
          So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
          A. v. Humboldt.

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          • German Tourist
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            #6
            AW: [S] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

            @Alf: Danke für das Kompliment und daher auch gleich das Alf-Ausrüstungsspecial:

            Die "Kompaktheit" der Ausrüstung ist das Ergebnis von viel Übung und harter Arbeit. Am Ende einer Tour dauert es ca. 4 h, bis das Boot komplett zerlegt und die Ausrüstung in die beiden Taschen verstaut ist. Im Packsack des Faltboots befinden sich neben dem kompletten Faltboot inkl. SeaSock und Spritzdecke noch 2 vierteilige Paddel, eine Schwimmweste sowie einige Ausrüstungsgegenstände. Wenn ich fliege, dann muss aufgrund der Gepäckabmessungen von max. 158 cm das Boot auf zwei Gepäckstücke aufgeteilt und der Packsack mit Gurten oder Frischhaltefolie "in Form gebracht" werden.

            Nun zur Ausrüstung selbst, wobei ich nur auf die wichtigen Gegenstände eingehe:

            Boot: Feathercraft K1
            furchtbar im Aufbau und kein sehr schnelles Boot (vor allem wenn ich drin sitze), aber sehr robust und geräumig. Auf dem Mississippi hat mein Paddelpartner mein K1 immer "the warship" genannt. Auch nach der jetzigen Tour mit endlos vielen Portagen hat die Bootshaut kaum Kratzer.

            Paddel: 2 vierteilige Lendal-Paddel mit Ergoschaft
            Da ich mit dem Boot viel im Flugzeug unterwegs bin, kamen für mich aufgrund der Gepäckabmessungen eigentlich nur 4-teilige Paddel in Frage. Damit grenzt sich die Herstellerauswahl drastisch ein auf Werner und Lendal. Da nur Lendal 4-teilige Paddel mit Ergoschaft anbietet, bin ich eben dort gelandet.

            Bootswagen: KaroCanoe Herkules
            Unglaublich robust! Hat die zahllosen Portagen und Transporte ohne einen einzigen Defekt erledigt. Einziges kleines Problem: Das Boot ist mir bei den Portagen fast immer seitlich von den Holmen gerutscht, was das Lenken ein bisschen erschwert hat. Ansonsten: unkaputtbar!

            Zelt: Big Agnes Fly Creek 2
            Für diese Tour empfehle unbedingt ein halbwegs freistehendes Zelt wie das o.g., da ich in Dalsland oft in den Hütten übernachtet habe und dort das Innenzelt in der Hütte aufgestellt habe, um mich vor Mosquitos und Mäusen zu schützen.

            Matte: NeoAir All Season und drunter eine CCF Matte
            Die einfache Schaumstoffmatte war eines der wichtigsten Ausrüstungsgegenstände. Erst mal hat sie mir als Unterlage unter die empfindliche NeoAir zu einer "lochfreien" Tour verholfen. Zweitens war sie im Boot als Sitzunterlage bei den kalten Temperaturen unerlässlich. Vor allem aber war sie unheimlich wichtig, um das Boot im Alleingang über scharfkantige Steine und Schleusenmauer zu schleifen.

            Schlafsack: Enlightened Equipment Prodigy 20 Quilt
            Bei Paddeltouren nehme ich nur und ausschließlich Synthetik. Der EE Prodigy 20 hat nun schon 300 Nächte runter und wärmt immer noch zuverlässig bis ca. - 5 Grad.

            Regenkleidung: Südwester-Hut und Palm Poplar Paddeljacke
            Billig und gut

            Handschuhe: Hier hatte eine große Auswahl dabei: Neoprenhandschuhe, einfache Windstopper-Handschuhe und Geschirrspül-Handschuhe. Die Neoprenhandschuhe waren ein ziemlicher Fehlschlag, da sie so steif sind, dass man damit keine gute Griffigkeit am Paddel hat. Am angenehmsten paddelte es sich mit den Windstopper Handschuhen. Bei starkem Regen habe ich den Spülhandschuhe drübergezogen, was immer noch angenehmer, wärmer und griffiger war als Neopren.

            Schuhe: Keen Newport Sandalen mit Zehenschutz
            Sehr praktisch, da man mit diesen Schuhen auch einfach ins Wasser konnte und vor allem auch mal schnell reinschlüpfen kann. Leider trocknete das Neopron recht langsam, so dass ich mir bei langen Portagen zahlreiche wundgescheuerte Stellen an den Füssen geholt habe (Reibung feuchte Schuhe auf feuchter Haut). Da ich ständig nasse Füsse hatte, sind diese Stellen dann nur sehr langsam verheilt. Dennoch waren die Sandalen der beste Schuh-Kompromiss.

            Socken: Neopren-Socken, Neopren-Füsslinge, normale Trekking-Socken
            Letztendlich bin ich meistens barfuss gepaddelt, was bis ca. 5 Grad Lufttemperatur auch sehr gut ging. Am Ende wurde es dann eher ungemütlich, aber keines der Neopren-Teile hat es wirklich gebracht. Als es dann tagsüber unter 5 Grad blieb, bin ich beim Ein- und Ausstieg einfach barfuss ins Wasser, habe mir dann die Füssen abgetrocknet und zum Paddeln normale warme Socken angezogen. Das hat zumindest halbwegs funktioniert.

            Kocher: MSR Dragonfly und MSR-Topfset
            Ich bin kein Freund von Lagerfeuer. Da es beim Paddeln nicht so auf das Gewicht ankommt, habe ich mir einen Benzinkocher gegönnt, um die langen Nächte mit ausgebiegem Kochen und Heißgetränken zu verkürzen. Benzin konnte ich unterwegs ja einfach nachkaufen.

            Navigation: Suunto Bootskompass und Garmin Etrex 30 GPS mit Garmin-Karten für Schweden
            Im Grunde wäre es auch ohne alles gegangen, denn ausser vielleicht in den Schären war die Navigation recht einfach. Dennoch hat mir gerade der Bootskompass das Leben sehr vereinfacht.

            Stirnlampe: Petzl Tikka XP
            Die stärkste Lampe aus meiner umfangreichen Petzl-Kollektion, da ich ja aufgrund des wenigen Tageslichts die Lampe viel nutzen würde und sie für den Notfall auch nachts als Bootsbeleuchtung verwenden wollte (dazu kam es aber nie).

            Ganz entscheidend für diese Tour war die Verteilung des Gepäcks im Boot! Aufgrund der vielen Portagen mussten die schwersten Säcke leicht zugänglich sein. Ich habe es so eingerichtet, dass ich nur zwei Packsäcke (1 Packsack mit dem gesamten Proviant und 1 Packsack mit Kleidung und Isomatte) herausnehmen musste um das Boot aus dem Wasser heben zu können.

            Folgende Verteilung:

            Ganz vorne (vor Spant 1): die zusammengerollte Packtasche für das Faltboot
            Achtung: Bei dieser langen (und feuchten Tour) fing die Packtasche an zu schimmeln. Ich musste sie vor dem Rücktransport gründlich abbürsten und trocken, bevor das ganze geruchstechnisch wieder zumutbar war. Dasselbe galt für die Seasock, die ich nur wenige Male im Gebrauch hatte.

            Vor den Füssen (zwischen Spant 1 und 2):
            Seasock, Zelt und Schlafsack

            Hinter dem Cockpit (zwischen Spant 4 und 5)
            1 Packsack mit Proviant und 1 Packsack mit Kleidung und Isomatte, eine große Mülltüte als Cockpitabdeckung und die Spanngurte für die Portagen, ggf. noch Wasser und Mülltüte

            Ganz hinten im Boot (zwischen Spant 5 und 6)
            Ersatzpaddel, Deichsel des Bootswagens (der Bootswagen selbst war oben hinten auf dem Deck befestigt), Kartenmaterial und Reparaturset

            Der Platz hinter Spant 6 ist beim K1 leider nur für Menschen mit verlängerbaren Armen zugänglich. Mir ist es nicht gelungen, hier was hineinzuschieben, da dann auch wieder zugänglich ist, ohne das Boot komplett auseinanderzubauen.

            Auf dem Boot selbst hatte ich hinten die Lenzpumpe und den Bootswagen, direkt hinter mir meine Sandalen und vor mir eine Flasche Wasser, die Karten in Kartentasche, den Bootskompass und ein kleines Drybag mit den Tages-Snacks, Handschuhen, Socken und Mütze.
            http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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            • IloveScotland
              Gerne im Forum
              • 11.10.2011
              • 84
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              #7
              AW: [S] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

              Du bist ja ziemlich gross. Wie tief lag denn der K1 mit dir bzw. mit dir inkl. Gepäck im Wasser ?

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              • German Tourist
                Dauerbesucher
                • 09.05.2006
                • 849
                • Privat


                #8
                AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                Ja, am Anfang fand ich es schon erschreckend, wie tief das vollbepackte Boot im Wasser liegt. Hier mal ein Photo vom Mississippi, wo ich mit ähnlich schwerer Zuladung unterwegs war - und jemand dabei hatte, der mich fotografieren konnte.

                http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                • AlfBerlin
                  Lebt im Forum
                  • 16.09.2013
                  • 5073
                  • Privat


                  #9
                  AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                  Oh, danke für das "Alf-Ausrüstungsspecial"

                  Welche Version des Herkules-Bootswagens hast Du denn verwendet? Und wie hat sich Dein Herkules als Gepäck-Trolley (wie auf dem Foto) bei An- und Abreise bewährt?
                  Zuletzt geändert von AlfBerlin; 28.10.2014, 02:48.

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                  • eisen
                    Erfahren
                    • 03.10.2005
                    • 334
                    • Privat


                    #10
                    AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                    Schon abgefahren, andere lassen sich mit dickem Knie vom Heli ausfliegen und du gehst erstmal ein paar Monate Paddeln. Erinnert mich irgendwie an einen Satz, den ich neulich hörte: "That's, what a (wo)man separates from the boys."

                    Grüsse,
                    Eisen

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                    • German Tourist
                      Dauerbesucher
                      • 09.05.2006
                      • 849
                      • Privat


                      #11
                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                      Zitat von AlfBerlin Beitrag anzeigen
                      :Welche Version des Herkules-Bootswagens hast Du denn verwendet? Und wie hat sich Dein Herkules als Gepäck-Trolley (wie auf dem Foto) bei An- und Abreise bewährt?
                      Ich hatte die Standard-Version des Herkules dabei einschließlich Deichsel und Gepäckstütze.
                      Als (Urlaubs-)Berlinerin hatte ich die Möglichkeit, mich von den freundlichen Besitzern von CaroCanoe persönlich beraten lassen zu können. Dabei wurde mir dann auch eine zusätzliche Halteöse an der Deichsel montiert.

                      Beim Gepäckstransport war der Wagen großartig! Mir fehlt zwar der persönliche Vergleich zu anderen Bootswagen, aber aus Erzählungen und Berichten habe ich erfahren, dass bei anderen Bootswagen gerne mal ein Teil abfällt und bricht. Der Herkules ist einfach bombenfest. Ich habe meine ganzes Zeug über Unmengen von Bahnhofstreppen und ICE-Stufen gehievt und es gab nie auch nur das geringste Problem mit dem Herkules. Er ist auch relativ wendig und gut zu handhaben.
                      http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                      • lutz-berlin
                        Freak

                        Liebt das Forum
                        • 08.06.2006
                        • 12457
                        • Privat


                        #12
                        AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                        OT: Alf
                        Treppen sind damit kein Proplem

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                        • maahinen
                          Erfahren
                          • 01.02.2014
                          • 303
                          • Privat


                          #13
                          AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                          Liebe German Tourist,
                          ich liiiiiiiiebe deine Reiseberichte!
                          Mehr, mehr, ich will mehr davon!

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                          • wilbert
                            Alter Hase
                            • 23.06.2011
                            • 3083
                            • Privat


                            #14
                            AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                            Socken:
                            ... Das hat zumindest halbwegs funktioniert.
                            ich habe in deinem blog gelesen, das du damals am yukon die socken von reed ausprobiert hast, und scheinbar ganz zufrieden warst …?
                            aus diesem material habe ich eine latzhose und in kombi mit den ultras von vivobarefoot ist dies eine prima sache.
                            http://www.vivobarefoot.de/ultra/?redirected=1
                            selbst längeres stehen im kalten wasser ist kein problem und die ultras sind wie crocks praktisch sofort trocken. nur einmal hätte ich beinahe einen schuh im schlamm verloren, da der sich unterwasser festgesaugt hatte.

                            lg. -wilbert-
                            https://www.wildoor.de/

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                            • German Tourist
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                              • 09.05.2006
                              • 849
                              • Privat


                              #15
                              AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                              Wilbert,

                              die Vivobarefoot-Schuhe sind ein super Hinweis. Ich denke, damit wäre ich auf dieser Tour besser bedient gewesen, da sie eben sofort trocknen. Ich hatte unterschätzt, dass das Neopren an den Keen-Sandalen so lange zum Trocknen braucht und mir dabei eben die Füsse wundgerieben.

                              Von den Reeds-Socken bin ich ziemlich abgekommen. Am Yukon waren die ganz ok, vor allem aus zwei Gründen: Damals waren sie nagelneu und damit noch komplett wasserdicht. Leider hat das nicht lange angehalten - sie haben relativ schnell Löcher bekommen. Am Yukon war die Lufttemperatur auch deutlich wärmer. In Schweden bin ich am Ende der Tour einige Tage lang bei Temperaturen unter 5 Grad gepaddelt. Dabei hatte ich dann die Thermosocks 1 mm von Camaro an (ähnlich wie die Reed-Socken), aber die haben kaum was gebracht.
                              http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                              • German Tourist
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                                • 09.05.2006
                                • 849
                                • Privat


                                #16
                                AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                Götakanal Ost Teil 1:

                                Als ich im Nieselregen in Mem ankam, war ich recht gespannt, wie ich denn die zahlreichen vor mir liegenden Schleusenumtragungen bewerkstelligen würde. Ich war schon im Jahr zuvor am Götakanal gewesen – damals aber auf meinem Fahrrad im Rahmen meiner Skandinavien-Radtour. Schon damals hatte es mir der Kanal angetan, aber ich hatte nur einen einzigen einsamen Paddler getroffen. Ich hatte schon damals die Schleusen auf ihre „Portage“-Möglichkeiten hin untersucht, aber natürlich konnte ich mit dem Fahrrad keinen Praxistext machen. Und so saß ich nun im Boot vor der ersten Schleuse und war erst mal ratlos, denn mir war völlig unklar, wie ich die hohen Schleusenmauern überwinden sollte. Erst nach einigem Herumpaddeln entdeckte ich eine flache Stelle zum Anlanden – und wenig später sogar eine perfekte Bootsrampe. Soweit – so gut!



                                Wie auch an vielen anderen Stellen des Götakanal gibt es in Mem einen Gästehafen mit Duschen, Toiletten, Wasseranschluss etc. Natürlich war jetzt Anfang September alles geschlossen, aber ein freundlicher Mensch hatte das Türschloss an einer Toilette blockiert, so dass ich den nun folgenden Regenguss warm und trocken am Klo aussitzen konnte. Als ich dann noch eine funktionierende öffentlich zugängliche Steckdose für meine Handyakkus fand, beschloss ich, die Nacht hier zu auf dem Schleusengelände zu zelten. Nur war mir zu diesem Zeitpunkt noch recht unklar, wie legal das eigentlich ist. Immerhin erfuhr ich im Gespräch mit einem Einheimischen, dass ich nach Söderköping auch auf dem parallel verlaufenden Flüsschen paddeln und mir so zwei Portagen ersparen könne.



                                Also ging es dann am nächsten Morgen auf dem kleinen Flüsschen los und tatsächlich kam ich so direkt bis nach Söderköping. Im Ort selbst waren die Flussufer auch nicht mehr so steil, so dass ich mich mit der Kartoffelsack-Methode auch aus dem Kayak ans Land rollen konnte. Auch mein Boot konnte ich recht gut den Abhang hinaufzerren und auf meinen Bootswagen bugsieren. Die Portage zur nahegelegenen Schleuse war dann einfach.

                                Jetzt musste ich nur noch einkaufen gehen. Da ich mich nicht zweiteilen konnte, musste ich das Boot dabei unbewacht einfach stehen lassen, was mir zu diesem Zeitpunkt noch ein recht mulmiges Gefühl bereitete – vor allem weil ein meiner Ansicht nach obdachloser älterer Mann in der Gegend herumstrich. Schweren Herzens ließ ich mein Boot und meine ganze Ausrüstung an der Schleuse stehen und rannte förmlich zum Supermarkt, wo ich in Windeseile einkaufte. Zurück am Boot erlebte ich erst mal eine Überraschung. Natürlich stand es noch völlig unberührt da – und der vermeintlich obdachlose saß mittlerweile im nahegelegenen Cafe und schlürfte einen Latte irgendwas, den ich mir bei den schwedischen Preisen sicherlich nicht hätte leisten können.... Diesbezüglich beruhigt ging ich dann noch kurz tanken (mein Benzinkocher brauchte Nachschub von der Tankstelle), bevor ich dann endgültig in den Götakanal einsetzte – und zwar am Rabbit Crossing, einer lustigen Skulptur am Kanalufer.



                                Leider währte mein Paddelglück nicht allzu lange, denn schon nach weniger als 2 km kam ich an die nächste Schleusengruppe. Natürlich fing es dann auch noch prompt an zu regnen. Nun vollführte ich wieder die „Kartoffelsack“-Methode, die ich im Laufe des Götakanals noch perfektionieren sollte – wobei sie niemals elegant aussah..... Am Kanal hat man als Paddler nämlich ein „Ausstiegsproblem“. In der Regel gibt es keine Stege oder Bootsrampen zum Anlanden und schon gar keinen Strand. Es bleibt nur der Direktausstieg auf die Kanalböschung, da es keinerlei flaches Ufer gibt. Ist halt ein Kanal, der leider obendrein natürlich mit groben Steinen befestigt ist, die alles andere als Faltboot-freundlich sind. Hier mal eine typische Ausstiegsstelle:



                                Nun aber zur „Kartoffelsack“-Methode: Man suche sich eine möglichst wenig steile Stelle mit Grasbewuchs und möglichst wenig und nur stumpfen Steinen. Man fährt parallel so nah als möglich an das Ufer ran – möglichst ohne schon dabei das Boot irgendwo aufzuspießen. Dann krallt man sich mit beiden Armen im Gras fest und hofft, dabei nicht in irgendwelcher Hundekacke zu landen. Jetzt zieht man sich daran wie ein nasser Sack Kartoffeln aus dem Boot und robbt an Land. Bei Regen ist man danach recht nass..... Jetzt kauert man sich auf die Böschung und entlädt das Boot, diesmal in der Hoffnung, dabei nicht auszurutschen oder das Gleichgewicht zu verlieren. Ist das Boot dann genug erleichert, deckt man scharfe Steine oder Kanten mit der Schaumstoffmatte ab und zerrt das Boot aus dem Wasser und die Böschung hinauf.

                                Ich war so in meine Ausstiegs-Aktivitäten vertieft, dass ich erst in letzter Minute bemerkte, dass sich eine Yacht der Schleuse näherte. Die Schleusen am Götakanal sind nur bis zum 20.08. bemannt, aber bis zum 15.09. sind Schleusungen nach Voranmeldung und gegen Aufpreis weiterhin machbar. Ich fragte mich nun natürlich, wer die Yacht denn nun durchschleusen würde. Des Rätsels Lösung näherte sich auf dem Treidelpfad in einem Auto mit der Aufschrift „Götakanal“. In der Nachsaison werde die Boote von einem mobilen Schleusenwärter im Auto begleitet – daher der Aufpreis. Während ich nun mein Boot 1,5 km auf dem Bootswagen schob, wurde die Yacht durch 4 Schleusenkammern befördert. Ich sage nicht ohne Stolz, dass ich zu Fuß schneller war!!!! Dennoch ließ ich der Yacht oben angekommen der Vortritt – denn ich wollte beim Wiedereinstieg erst mal keine Zeugen haben.... Immerhin konnte ich so die mobile Schleusenwärterin befragen, wie es sich denn mit dem Zelten auf dem Schleusengelände verhielt. Voller Freude erfuhr ich, dass ich auf dem golfplatzähnlichen Rasenflächen um die Schleusen herum völlig legal zelten dürfte.

                                Als dann alle außer Sichtweite waren, machte ich mich an den Wiedereinstieg. Der war nun wiederum in diesem Teil des Götakanals in der Regel recht einfach. Ich konnte direkt hinter der Schleuse von der Schleusenmauer ins Boot gleiten, da der Abstand zwischen Mauerhöhe und Wasserspiegel geradezu ideal war. Bei Nieselregen ging es nun weiter über Kanal und den See Asplangen, bis ich an meinem Tagesziel, der Schleuse Hulta angekommen war. Als ich mich hier in der bewährten Kartoffelsack-Methode an Land befördert hatte, musste ich erst mal feststellen, dass das Schleusenwärterhaus bewohnt war – und die Familie hatte sich nun auch noch im Garten versammelt. Ich wollte nun auch nicht so einfach sozusagen vor deren Nase mein Zelt aufbauen und fragte daher höflich um Erlaubnis. Natürlich wurde mir das erlaubt und man schloss mir sogar die Toilette des Abfertigungshäuschens auf, so dass ich dort Trinkwasser holen konnte. Dieses kleine Häuschen mit „Veranda“ war auch ein willkommener Regenschutz beim Kochen. Und so beendete ich hochzufrieden meinen ersten Tag auf dem Götakanal.



                                Praktische Infos: Die Hauptsaison auf dem Götakanal endet am 20.08. Bis zu diesem Zeitpunkt sind alle Schleusen tagsüber bemannt und der Kanal ist ein beliebtes Ziel für Yachtbesitzer. Es gibt keinerlei Frachtverkehr auf dem Götakanal – nur Freizeitschiffe. Für diese Besucher gibt es in zahlreichen Gasthäfen eine hervorragende Infrastruktur mit Toiletten, Duschen, Wasser- und Stromanschluss etc. Leider sind diese Serviceeinrichtungen nur mit einer Magnetkarte zugänglich, die die Yachtbesitzer nach Bezahlung einer üppigen Gebühr erhalten. Für Paddler ist das Befahren des Götakanals umsonst – aber es gibt auch keine Magnetkarte... Glücklicherweise sind die Wasseranschlüsse frei zugänglich und im September auch noch nicht abgesperrt. Bis auf eine Ausnahme habe ich an den Schleusen aber keinen zugänglichen Stromzugang vorgefunden. Offiziell dürfen Paddler aus Sicherheitsgründen nicht geschleust werden, wobei ich im Vorjahr auch schon gesehen hatte, dass sich nicht alle Schleusenwärter an diese Regel halten.... Dennoch ist es in der Regel schneller zu umtragen, denn die Schleusen kommen meistens in Gruppen. Bis Mitte September sind Schleusungen nur noch nach Voranmeldung und gegen Aufpreis möglich, so dass man als Paddler den Götakanal ab dem 20.08. praktisch für sich alleine hat. Auf der gesamten Strecke sind mir 3 Yachten und ein Ausflugsdampfer begegnet. Der Kanal ist so breit, dass eine Begegnung mit Motorbooten keinerlei Problem darstellt.
                                http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                • German Tourist
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                                  • 09.05.2006
                                  • 849
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                                  #17
                                  AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                  Götakanal Ost Teil 2

                                  Ich hatte nun schon Übung im Schleusenumtragen und dachte, das würde nun so einfach weitergehen. Als ich in Norsholm vor der Schleuse anlandete, machte ich daher erst mal ausgiebig Mittagspause und lief dann gleich mit meinem Boot im Schlepptau los. Nur leider erwartete mich hier das größte Hindernis auf dem gesamten Götakanal. Eigentlich sah auf der Karte alles ganz einfach aus: erst eine Schleuse und Straßenbrücke, dahinter gleich eine Eisenbahnbrücke. Unglücklickerweise war die Schleuse natürlich geschlossen und dahinter war der Wasserspiegel so niedrig, dass der Abstand zwischen Schleusenmauer und Wasserspiegel fast 2 Meter betrug. Hier war es schlichtweg unmöglich, ein Boot ins Wasser zu lassen. Kein Problem – dachte ich zuerst. Dann trage ich eben noch über die Eisenbahnschienen um und setze hinter der Eisenbahnbrücke ein. Hier war zwar auch ein Fußgängerübergang über die Gleise, aber der war mit einem Zickzackgitter so abgesperrt, dass man unmöglich mit einem 5 Meter langen Faltboot durchkam.



                                  Ein Blick auf Karte und GPS zeigte bald, dass sich weit und breit auch kein anderer Übergang befand. Die vielbefahrene Bahnstrecke war dazu auch noch im gesamten Verlauf abgezäunt, so dass man nicht einfach irgendwo über die Gleise kam. Das alleine war schon Grund zur Verzweiflung genug, aber es kam noch schlimmer. Selbst wenn ich es schaffen sollte, mein 23 kg schweres Boot komplett leer zu räumen und es über dem Kopf über die Absperrung zu tragen – dahinter befand sich überhaupt keine Gelegenheit zum Einsetzen. Die Kaimauer war weiterhin so hoch, dass man kein Boot zu Wasser bringen konnte und dahinter schlossen sich gleich abgezäunte Privatgrundstücke an.

                                  Ich lief fast eine Stunde hin und her, konnte aber keine halbwegs passable Möglichkeit entdecken. In meiner Not ging ich in den kleinen Supermarkt in der Nähe und befragte die Verkäuferin nach einer anderen Umtragemöglichkeit. Nach einem Blick auf mein draußen geparktes Boot verstand sie auch sofort mein Problem – und zu meiner großen Überraschung rekrutierte sie sofort einen einschuldigen Kunden zur Paddlerhilfe. Der arme Mann, der gerade zufällig am Laden vorbei kam, outete sich auch sogleich als Ex-Militär und war kaum zu bremsen, mein Boot über die Gleise zu tragen. Das erinnere ihn an die Rettungsübungen beim Militär, wobei sich damals dann sogar noch Verletzte in den Booten befunden hätten. Gemeinsam schulterten wir mein Boot und eine Minute später war ich auf der anderen Seite der Gleise.

                                  Das war ja aber nur Teil 1 des Problems. Wie sollte ich denn jetzt wieder ins Wasser kommen? Kein Problem, meinte mein Helfer. Ake würde dort in der Nähe wohnen und von seinem Grundstück aus ginge das ganz prima. Mein Einwand, ich könne ja nicht einfach bei wildfremden Leuten mit einem 5 Meter Boot im Schlepptau aufs Grundstück marschieren, ließ er nicht gelten. Ich sollte ihm einfach schöne Grüße ausrichten, dann wäre das schon in Ordnung. Immer mit dem Boot hintendran machte ich mich jetzt auf die Suche nach Ake, wobei es natürlich passenderweise anfing zu regnen. Ich fragte eine Frau mit Hund, wo genau ich diesen Ake denn nun finden würde. Das wisse sie auch nicht, aber hier wäre doch auch eine prima Stelle zum Einsetzen. War es auch, aber natürlich wieder auf einem Privatgrundstück. Kein Problem, ich solle einfach durchgehen, sie würde das mit ihren Nachbarn klären. Während ich also mein Boot einen steilen Abhang hinterbugsierte, klingelte meine neue Helferin bei den Grundstücksbesitzern. Keiner machte auf. Kein Problem, meinte sie, das wären ja ihre Nachbarn und falls sich jemand beschwert, solle ich einfach schöne Grüße von ihr ausrichten. Ich machte, dass ich schnell aufs Wasser kam – und beschwert hat sich auch niemand.

                                  Somit war ich nun auf dem Roxen angelangt – und ziemlich erschöpft. Mir war auch nicht so ganz klar, wie sich die Zeltplatzsuche gestalten würde. Meine Kartenunterlage war nämlich der Bootsatlas Götakanal aus dem deutschen NV-Verlag. Dieser ist sicherlich für Yachten großartig, aber für Paddler nur der beste und günstigste Kompromiss, denn leider sind darauf überhaupt keine Konturlinien eingezeichnet. Ich wusste also nicht, wo mich nun Steilküste und wo ein flacher Sandstrand erwarten würde. Als ich dann einen Bilderbuch-Anlandestrand sah, beschloss ich dann auch gleich, dort zu bleiben und genoss erst mal die schöne Abendstimmung über dem Roxen.



                                  Der nächste Tag wurde kilometermäßig sehr lang, was aber nicht weiter störte, denn es herrschte absolut traumhaftes Spätsommerwetter. Obwohl mittlerweile Mitte September, paddelte ich tagsüber immer noch im T-Shirt. Zunächst mal musste ich die lange Schleusentreppe bei Berg umtragen – kein Problem! Es gab sogar einen traumhaften Sandbadestrand zum Anlanden und einen schönen Radweg für die Portage. Wenige hundert Meter von der Schleuse entfernt auch noch einen Supermarkt, der sogar ausgeschildert ist. Service pur eben...Nur leider war die Portage über 2 km lang, denn ich nahm gleich mehrere Schleusengruppen mit. Ziel des Tages war eine der Rastanlagen, die entlang des Kanals für Radfahrer angelegt worden waren. In allen Touristeninformationen und sonstigen Serviceeinrichtungen entlang des Kanals liegen kostenlose Karten des Götakanals aus, in der diese Raststätten verzeichnet sind. In diesem Fall befand sich die Raststätte zwischen dem Kanal und einem See – und verfügte daher nicht nur über eine Toilette, Tische und Bänke, sondern sogar über einen Badesteg. Angesichts der immer noch sommerlichen Temperaturen gönnte ich mir also erst mal ein abendliches Bad.



                                  Am nächsten Morgen erwachte ich zum ersten Mal auf dieser Tour in dichtem Nebel. Aber angesichts des langen und anstrengenden Vortages freute ich mich direkt, mal ausschlafen zu können. Heute sollte es über den See Boren gehen, aber davor hatten die Kanalbauer erst mal die Schleuse von Borensberg gestellt. Nach dem üblichen Kartoffelsack-Anlandemanöver war ich immerhin so schlau, erst mal die Örtlichkeit zu ergründen. Aufgrund des großen Gästehafens gab es hier sogar eine (zur Nebensaison geschlossene) Touristeninformation, ein Cafe und einen Wohnwagenstellplatz. Dies war zwar toll, um meine Handyakkus aufzuladen und Wasser zu holen, aber weit und breit keine vernünftige Stelle zum Einsetzen. Das ganze Ufer war mit viel zu hohen Bootsstegen für Yachten zu gepflastert. Erst einen halben Kilometer weiter fand sich im dichten Schilf eine Möglichkeit, mein Boot ins Wasser zu schieben. Ein freundliches deutsches Pärchen hat meinen Kampf mit dem Schilf für mich photographisch festgehalten und musste dann sogar noch Hand an mein Boot anlegen, um mich ins offene Kanalwasser zu schieben.



                                  Auf dem Boren zog sich der Himmel immer weiter zu, so dass ich froh war, die Schleusentreppe von Motala zu erreichen. Hier war ordentlich Betrieb. Es gab mehrere Anlegestellen für Motorboote und einen Kanuverein, so dass das Aussetzen des Bootes gar kein Problem war. Ich stellte dann auch gleich mein Zelt auf der wie üblich super gepflegten Rasenfläche der untersten Schleuse auf. Da die Schleusentreppe eine ziemliche Touristenattraktion ist, waren die Toiletten hier sogar ausnahmsweise geöffnet – und sie verfügten sogar über eine funktionierende Steckdose. Ich verbrachte meinen Abend also mit Internetsurfen und Handyaufladen auf dem Klo....



                                  Praktische Info: Es gibt für den Götakanal zwei Kartensets: Einen deutsch/schwedischen Bootsatlas aus dem deutschen NV-Verlag und die schwedische Batsport-Karte. Beides sind Karten für Motorboote, so dass sie an einigen Stellen für Paddler zu viel und an anderer Stelle zu wenig Informationen haben. Preislich ist die NV-Karte etwas billiger, vor allem aber in Deutschland viel einfacher zu beziehen. Der NV-Atlas beinhaltet zudem noch den Vänern und den Trollhätte-Kanal, wobei die Karten für den Vättern nur die Direktpassage über den See beinhalten, also für Paddler unzureichend sind. Der Batsport-Atlas beinhaltet hingegen den kompletten Vättern, dafür aber weder den Vänern noch den Trollhätte-Kanal. Ich habe keine speziellen Paddelkarten für den Götakanal gefunden und der Kauf anderer schwedischer Landkarten für die gesamte Strecke wäre deutlich teurer gekommen als einer der beiden Bootsatlanten. Da die Bootsatlanten nur für Yachten gedacht sind, fehlen dort die Rastplätze entlang des Kanal-Radweges. Diese sind in der Gratis-Freizeitkarte Götakanal zu finden. Darüberhinaus gibt es sogar noch eine kostenlose Götakanal-App, die vor allem bei der Suche nach Einkaufsmöglichkeiten und Unterkünften sehr hilfreich ist.
                                  http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                    • 09.05.2006
                                    • 849
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                                    #18
                                    AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                    Vättern:

                                    Bevor ich in den Vättern einsetzen konnte, musste noch so einiges in Motala erledigt werden. Zunächst einmal musste ich die steile Schleusentreppe hoch portagieren. Glücklicherweise gab es parallel einen Fahrweg zu den Bootsanlegestegen, denn die Schleusentreppe selbst war so steil, dass ich das alleine mit dem Bootswagen nicht geschafft hätte. Der parallel zum Kanal verlaufende Motala-Fluss ist wegen Kraftwerken (und der falschen Fließrichtung) auch nicht befahrbar. Kurz einsetzen, 1 km paddeln und dann schon wieder anlanden zum Einkaufen. Idiotischerweise bin ich beim Festmachen meines Kajaks dann auch noch so richtig schön hingefallen – und natürlich genau auf mein eh schon lädiertes Knie. Da ich nicht wusste, wie lange ich für den Vättern brauchen würde, kaufte ich erst mal großzügig für 5 Tage ein, bevor es dann weiter Richtung Vättern ging. Dabei kommt man auch am Denkmal für Baltzar von Platen, dem Erbauer des Götakanals vorbei. Zu meinem großen Erstaunen kam mir auch plötzlich ein Ausflugsdampfer entgegen, für den dann auch die Straßenbrücke kurz geöffnet wurde. Dies war das einzige Mal auf der ganzen Tour, dass ich eine Straßenbrückenöffnung miterleben durfte – es war halt einfach sonst nichts los.

                                    Direkt an der letzten Schleuse in den Vättern hinein befindet sich ein großer Gasthafen und die Touristeninformation von Motala, die ich glücklicherweise noch geöffnet fand. Ich brauchte nämlich eine vernünftige Karte für den Vättern. In meinem NV-Bootsatlas befanden sich nämlich nur die Karten für die Direktpassage über den Vättern, die für mich als Paddler aber viel zu gefährlich war – der Vättern ist 31 km breit.....Ich wollte ihn nördlich auspaddeln – und dafür fehlten mir die Karten. Ich hatte mir zwar zuhause aus eniro.se die entsprechenden Karten ausgedruckt, aber realistischerweise waren die einfach zu ungenau. Das Mädel in der Touristeninformation war zwar unglaublich hilfsbereit, hatte aber letztendlich keine Ahnung. Hier paddelt halt niemand – der Wassertourismus findet hier per Yacht statt. Immerhin schickte sie mich in die ansässige Buchhandlung, wo ich eine halbwegs passable Vättern-Karte kaufen konnte.

                                    Nun musste ich nur noch in den Vättern einsetzen, was sich schwierig gestaltete. Der riesige Hafenbereich hatte überall nur viel zu hohe Kaimauern. Die einzige Möglichkeit für mich befand sich an den Bootsanlegern – nur konnte ich da schwerlich alleine das Boot drauf schieben. Bevor ich mir einen Bandscheibenvorfall zuzog, wollte ich dann doch lieber Hilfe rekrutieren. Im Hafengebiet wimmelte es nur so von Leuten – und vor allem von knatternden Mopeds. Mein spontan rekrutierter Tragehelfer erklärte mir auch warum. Im Hafengebiet befindet sich das Motormuseum von Motala – und hier fand heute ein Moped-Oldtimer-Treffen statt. Der nette Mann half mir sogar noch, mein Kajak ins Wasser zu lassen und dann konnte es auch endlich losgehen mit dem Vättern.



                                    Ehrlich gesagt, hatte ich schon ein bisschen Bammel. Das Wetter war nicht wirklich gut, sondern verregnet und windig. Der Vättern ist riesig und ich hatte keinerlei Erfahrung auf Großgewässern. Also paddelte ich erst mal vorsichtig am Leuchtturm und der großen neuen Straßenbrücke aus der Bucht von Motala heraus. Der Wind entpuppte sich als gar nicht so schlimm, denn ich paddelte an der Ostseite des Vättern sehr angenehm im Windschatten. Einzig und allein eine große Gruppe Surfer beunruhigte mich ein wenig, denn es schien sich um einen Surf-Kurs zu handeln – mit unklarem Kenntnisstand. Ich hatte keine Lust, mit einem Surfanfänger zu kollidieren und hielt großen Abstand. Eine ausgesprochen positive Überraschung waren die vielen traumhaften Sandstrände, die mir auch einen wunderbaren Anlege- und Zeltplatz für den Abend bescherten.



                                    Am nächsten Tag ging es bei strahlendem Sonnenschein im Windschatten des Ostufers weiter und ich war begeistert vom Vättern – zumal trotz Wochenende und bestem Wetter außer mir kaum jemand unterwegs war. Als ich abends wieder mal an schönem Sandstrand anlandete, sah ich bei der Zeltplatzsuche in der Ferne ein Pärchen an einem Rastplatz sitzen. Da ich nun nicht gerade direkt neben einer Horde trinkender Dorfjugendlicher zelten wollte, beschloss ich, mir die beiden mal genauer anzuschauen. Es handelte sich aber erfreulicherweise um ein älteres Ehepaar, die mich ganz begeistert über meine Tour befragten und mich mit ihren ganzen Picknickresten beschenkten. Als die beiden bald danach aufbrachen, hatte ich ein wunderbares Abendessen am Rastplatz mit traumhaften Ausblick auf den Sonnenuntergang über dem Vättern.



                                    Nur der Wetterbericht machte mich ein kleines bisschen nervös. Der mäßige Wind kam weiterhin aus Osten, aber ich war nun auf der Westseite des Vättern angelangt.... Der nächste Morgen verlief noch friedlich mit der Erkundung eines kleinen Schärengartens. In der nördlichen Hälfte des Vättern gibt es nämlich mehrere Schärengärten, die als Naturreservate über Rast- und Zeltplätze verfügen. Der Wind frischte immer weiter auf, aber ich paddelte größtenteils noch im Windschatten einer großen Inseln Stora und Lilla Röknen in der Mitte des Vättern, bevor ich in einen weiteren Schärengarten einbog. Ich wollte an diesem Tag so weit als möglich kommen und beschloss, noch ein paar Kilometer draufzulegen – nur da hatte ich die Rechnung ohne den Wind gemacht. Kaum war ich aus dem Schärengarten heraus in den Vättern eingebogen, traf mich der Wind ungebremst seitlich mit voller Wucht. Hier gab es keinerlei Windschatten mehr, und der eigentlich recht mäßige Wind von 6 m/s hatte hier richtig heftige Wellen aufgebaut. Erschreckt paddelte ich zurück in den Schärengarten, wo ich auf einem offiziellen Rast- und Zeltplatz erst mal meine Wunden leckte und die mir bleibenden Möglichkeiten überdachte.



                                    Laut Wetterbericht sollte der Wind am nächsten Morgen etwas schwächer sein – aber bis Karlsborg und den sicheren Götakanal waren es noch 20 km.... Ich überlegte auch, einfach abzubauen und den Bus zu nehmen, aber erst mal war es sehr weit bis zur Straße – und ich fand auch zu meiner großen Überraschung keine Busverbindung im Internet. Ich beschloss, die Nacht erst mal hier zu verbringen und ganz früh am Morgen einen neuen Versuch zu starten. Im schlimmsten Falle würde ich abbauen und nach Karlsborg trampen müssen. Ich gebe offen zu, dass die ganze Nacht vor lauter Aufregung kaum geschlafen habe. Mir war klar, dass ich hier im Falle einer Kenterung ein großes Problem hätte, denn das Ufer war hier größtenteils felsig und sehr steil – und es war niemand mehr unterwegs oder in den Sommerhäusern.

                                    Ich konnte es kaum erwarten, bis es am nächsten Morgen hell genug zum Paddeln war. Leider erschwerte heftiger Nebel die Sicht. Ich stieg ausnahmsweise in meine Seasock, überprüfte mehrfach, ob alles gut verpackt und verstaut war und paddelte mit einem großen Kloß im Magen los. Die gute Nachricht war, dass der Wind sich tatsächlich etwas beruhigt hatte. Die schlechte Nachricht war, dass ich aufgrund des Nebels gerade mal 50 Meter Sicht hatte. Immerhin wäre jetzt kein Motorbootfahrer unterwegs, der mich hätte umfahren können. Aber ich hatte Angst, auf einen Felsen aufzulaufen und mir das Boot aufzureissen. Ohne mein GPS wäre ich hier komplett aufgeschmissen gewesen. Vorsichtig tastete ich mich der Küste entlang vorwärts. Nach 10 km gab es einen potentiellen Ausstiegspunkt in einem weiteren Naturreservat/Schärengarten, aber jetzt hatte mich der Ehrgeiz gepackt und ich wollte es bis Karlsborg schaffen.

                                    Es gab aber noch ein großes Hindernis: Kurz vor Karlsborg befindet sich ein großes militärisches Sperrgebiet. Anlanden absolut verboten – und mir war auch relativ unklar, wie weit auf das Wasser hinaus sich dieses Sperrgebiet erstreckte. Ich paddelte unentwegt und endlich kam auch das Militärgebiet in (neblige) Sicht. Große Schilder verkündeten, dass Anlegen hier absolut verboten war. Ich kämpfte mich weiter vorwärts, wobei die letzten Kilometer die schlimmsten waren. Ich musste noch um eine über 2 km um eine schmale Landzunge herum, die leider ebenfalls noch zum Sperrgebiet gehörte. Die mittlerweile immer höheren Wellen trieben mich Richtung Land und vor allem direkt auf die zahlreichen Felsenbrocken zu, die hier versteckt im Wasser lagen und geradezu darauf warteten, mir mein Boot aufzureißen. Normalerweise hätte ich hier einfach angelandet und hätte die 50 Meter auf die andere Seite der Landzunge umgetragen, um dort entspannt im Windschatten weiterzupaddeln. Ging ja aber nicht wegen militärischem Sperrgebiet.

                                    Als ich endlich um die Landzunge rum war, konnte ich vor Erschöpfung kaum mehr. Ich vermutete zwar, dass hinter der Landzunge auch das Wasser Sperrgebiet war, aber ich musste mich jetzt einfach etwas ausruhen und machte eine kleine Pause in deren Windschatten. Ich war gerade wieder losgepaddelt, als ich im dichten Nebel auch schon ein Boot auf mich zukommen sah. Das konnte ja heiter werden.... Wie vermutet, handelte es sich um ein Militärboot, das direkt neben mir aufstoppte. Doch die Militärs waren sehr freundlich. Sie sprachen mich erst auf Schwedisch und dann in lupenreinem Englisch an und wiesen mich freundlich daraufhin, dass ich mich im Sperrgebiet befände. Zerknirscht gelobte ich Besserung. No problem, wurde mir versichert und höflich gezeigt, wo das Sperrgebiet endet. Wir verabschiedeten uns freundlich und jeder zog seiner Wege.

                                    Ich spulte noch die letzten Kilometer bis Karlsborg ab und als ich unter der Straßenbrücke hindurch den Vättern verließ, glaubte ich, eine andere Welt zu betreten. Während ich draußen auf dem Vättern mit den Wellen gekämpft hatte, fand ich hier bestenfalls ein laues Lüftchen und eine gekräuselte Wasseroberfläche vor. Ich landete am Badestrand des Campingplatzes an und fiel dort vor Erschöpfung und Anspannung fast aus dem Boot. Dieser Campingplatz war eher eine Notlösung gewesen, da er sich dicht an der Strasse befand und nicht gerade eine ruhige Nacht versprach. Aber hier konnte man im Gegensatz zur Jugendherberge tagsüber jederzeit einchecken und check-out war erst drei Uhr nachmittags! Meine Laune besserte sich auch noch weiter, als mir die freundliche Campingplatz-Besitzerin von einem thailändischen AYCE-Buffet erzählte. Ich muss allerdings zugeben, dass sich meine Anspannung erst im Thai-Restaurant so langsam löste – an diesem Tag war alles ein bisschen viel gewesen.



                                    Praktische Info: Motorboote können den 31 km breiten Vättern direkt überqueren, während für Paddler eher die nördliche Hälfte mit den vielen Schärengärten interessant ist. Der NV-Bootsatlas Götakanal beinhaltet nur die Karten für die Direktpassage – der nördliche (und südliche) Teil des Vättern fehlt. Der beste Kartenkompromiss ist hier das große Kartenblatt SE 121 Vättern von Sjöfartsverkeret, das man vor Ort im Buchhandel bekommt. Zusätzlich sollte man sich in der Touristeninformation die kostenlosen Infoblätter für die Schärengärten/Naturreservate im Vättern holen, auf denen auch die Lage der Rast- und Zeltplätze eingezeichnet ist. Einige Teile des Vättern sind militärisches Sperrgebiet. So finden in der Nähe von Motala Schießübungen statt, die allerdings mit einem Leuchtfeuer angezeigt werden und wohl eher selten sind. Auch die großen Inseln in der nördlichen Mitte des Vättern (Stora Röknen) sind Sperrgebiet, was wichtig zu wissen ist, wenn man dort eine Querung wagen will. Am meisten beeinflusst einen Paddler jedoch das Dauer-Sperrgebiet nördlich von Karlsborg, wo auf mehreren Kilometern Länge des Anlanden streng verboten ist. Auch hier können Schießübungen stattfinden. Auf dem großen See kann der Wind ein riesiges Problem werden. Um den See mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu umfahren, gibt es leider nur eingeschränkte Möglichkeiten. In der Hochsaison gibt es eine Fahrradfähre. Das ganze Jahr über kann man mit dem Bus von Motala nach Karlsborg. Wer sich aber einmal auf den weg gemacht hat, für den gibt es unterwegs keine guten Abbruchmöglichkeiten. Es gibt keine vernünftige Busverbindung zwischen Askersund und Karlsborg. Hier fährt nur einige Male pro Woche überhaupt ein Bus! Also genug Vorräte mitnehmen, um schlechtes Wetter aussitzen zu können. Außer in Askersund kann unterwegs nichts eingekauft werden. In Olshammar gibt es zwar eine stinkende Papierfabrik, aber keinen Supermarkt mehr.
                                    Zuletzt geändert von German Tourist; 29.10.2014, 14:54. Grund: Karlsborg mit Mariestad verwechselt....
                                    http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                      #19
                                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                      Hab deine Tour gerade auf der Karte versucht nachzuverfolgen. Wie weit nördlich bist Du denn gefahren? Durch die südlichsten Inseln auf Höhe von Olshammar oder noch nördlicher?

                                      PS: Du meinst aber schon Karlsborg am Vättern und nicht Mariestadt am Vänern, oder?
                                      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                      A. v. Humboldt.

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                                        • 09.05.2006
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                                        #20
                                        AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                        Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                        Hab deine Tour gerade auf der Karte versucht nachzuverfolgen. Wie weit nördlich bist Du denn gefahren? Durch die südlichsten Inseln auf Höhe von Olshammar oder noch nördlicher?
                                        Ja, genau! Ich bin südlich an Grönön und Aspön entlang gepaddelt und habe bei Lövön mal einen kleinen Ausflug in den Schärengarten hineingemacht. Die Zwangsübernachtung wegen Starkwind musste ich im Schärengarten um Kyrkogardson einlegen.

                                        Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                        PS: Du meinst aber schon Karlsborg am Vättern und nicht Mariestadt am Vänern, oder?
                                        Guten Morgen, Christine! Du hast natürlich völlig recht und ich korrigiere das gleich. Durch Mariestad komme ich erst später auf meiner Tour. Danke für den Hinweis!
                                        http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                          • 09.05.2006
                                          • 849
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                                          #21
                                          AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                          Götakana West:

                                          Der Campingplatz in Karlsborg erwies sich im Nachhinein als wahrer Glücksgriff. Kiki, die freundliche Besitzerin, versorgte mich mit allen möglichen Information und erlaubte mir sogar, erst nach 15 Uhr auszuchecken. Ein wahrer Luxus: in der Jugendherberge erfolgt der Check in erst ab 17 Uhr und raus muss man am nächsten Morgen schon um 10 Uhr.... Darüberhinaus gab es auf dem Platz noch einen Fernsehraum. Da aber eh wenig los war und alle Camper über Satelliten-Schüsseln am Wohnmobil verfügten, hatte ich diesen beheizten Raum für mich allein – und nächtigte sogar darin. Am nächsten Tag konnte ich dann nicht widerstehen und suchte nochmals das leckere Thai-Buffet auf. Ansonsten war Karlsborg für das sonst eher pazifistische Schweden eine ungewöhnliche Erscheinung. Aufgrund der vielen militärischen Einrichtungen in Karlsborg begegnete man auf Schritt und Tritt Soldaten in Uniform – und nachmittags wurde die Ruhe schon mal durch heftige Donnerschläge aufgrund von Schießübungen unterbrochen....

                                          Ich verließ Karlsborg erst gegen 17 Uhr und paddelte nur wenige Kilometer bevor ich mir am Ufer des Bottensjön einen Zeltplatz suchte. Am nächsten Tag gab es am Morgen lediglich eine Schleuse zu überwinden – den Rest des Tages paddelte ich auf dem wunderschönen großen See Viken.



                                          Tagesziel war die Schleuse in Tatorp, wo ich zweifach positiv überrascht wurde. Erst mal gab es eine wunderbare Bootsrampe für den Ausstieg und vor allem eine richtige Schutzhütte am Rastplatz. Wie ich im Verlauf der Tour feststellen konnte, waren nämlich in der westlichen Hälfte des Götakanal fast alle Rastplätze mit luxuriösen Schutzhütten und Grillplätzen ausgestattet, während dergleichen Luxus auf der östlichen Hälfte nicht vorkam. Beglückt baute ich mein Zelt in der Hütte auf und frönte meiner neuer entdeckten Leidenschaft für schwedische Grillwürste.



                                          Am nächsten Tag war ich nur auf Kanal unterwegs - wieder mal bei traumhaftem Wetter durch eine Bilderbuch-Schweden-Kulisse.



                                          Erstaunlicherweise wurden auf dieser Etappe nicht die Schleusen das Problem, sondern die Brücken! Schon vorher musste ich feststellen, dass die Brücken auf dem Götakanal auch für Paddler nicht immer ganz einfach sind. In der Regel handelt es sich um Rollbrücken, die für Motorboote ferngesteuert geöffnet werden. Nur leider sind diese Brücken relativ niedrig, so dass ich mich ordentlich ducken musste und mich mit den Händen unten durch tastete. Großer Fehler: Diese Rollbrücken sind ordentlich „geschmiert“, so dass jeder Brückenkontakt unweigerlich verdreckte Finger mit sich brachte. Und diese Schmiere kriegt man so gut wie nicht mehr ab....



                                          In Töreboda stieß ich dann auf eine Eisenbahnbrücke, die so tief war, dass ich nicht mehr unten durch passte – zumal ich auch noch meinen Bootswagen hinten drauf geschnallt hatte. Es machte die Sache auch nicht einfacher, dass mir ein leicht angesäuselter Einheimischer interessiert zuschaute, als ich die Brücke vermaß. Und als dann noch ein Güterzug mit 30 Waggons drüberratterte, gab ich meine akrobatischen Versuche auf. Ich hatte zuviel Angst, unter der Brücke stecken zu bleiben. Also musste ich ganz unterwartet umtragen, was aufgrund der steilen Böschung gar nicht so einfach war. Wieder einmal rekrutierte ich spontan Hilfe – diesmal von einem Herrn, der zwei aufwendig frisierte Pudel Gassi führte. Glücklicherweise war der Rest der Portage einfach: Auf einem Radweg ging durch eine Unterführung unter den Bahngleisen durch und es fand sich auch ein passabler Einsetzplatz neben den Bootsstegen im Gasthafen.

                                          Ich ging jedoch erst mal einkaufen und ließ diesmal mein Boot schon etwas beruhigter alleine am Kanal zurück. Aufgrund der völlig unterwarteten Brückenumtragung geriet ich jetzt fast ein wenig in Zeitdruck, denn ich wollte natürlich wieder in einer dieser tollen Hütten übernachten – diesmal am Götakanal-Freizeitpark (was auch immer das sein mochte....). Es wurde dann auch schon fast dunkel, als ich endlich die entsprechende Schleuse erreichte. In Windeseile hievte ich mein Boot aus dem Wasser und musste dann noch ein paar Hundert Meter zurück zur Hütte. Da es sich hier um einen „Freizeitpark“ handelte, gab es Kunst am Wasser. Direkt an der Hütte war ein furchtbar kitschiges rosafarbenes Portal aufgestellt – ein Kunstwerk, wie ich der Beschreibung entnehmen konnte. Es passte nur so überhaupt nicht in die Umgebung, sondern eher nach Disneyland. Aber es war eh gleich dunkel, so dass ich nicht viel davon mitbekam. Ich gönnte mir den Luxus eines Lagerfeuers, denn schließlich hatte ich noch eine Packung schwedische Grillwürste dabei.



                                          Mein letzter Tag auf dem Götakanal war diesig und neblig.... Ich musste wieder mal unter Eisenbahnschienen durch, aber glücklicherweise war die Brücke hier passierbar. Den Abschluss bildete eine Portage von 2,5 km, denn die letzten Schleuen kamen dicht hintereinander. Aufgrund des nahen Ortes Sjötorp waren recht viele Fußgänger auf dem Treidelpfad unterwegs und ich musste mehrfach meine Geschichte erzählen. Als ich meinen weiteren Routenverlauf beschrieb, fragte mich ein Schwede besorgt, wie lange die ganze Tour denn dauern solle. „Bis Ende Oktober“, antwortete ich. „In Sweden winter already starts in October.“, war seine wenig ermutigende Antwort..... Naja, jetzt hatten wir Ende September und das Wetter war bisher einfach großartig gewesen.



                                          Ich passierte noch weitere Schutzhütten und gelangte bald mit meinem Boot im Schlepptau am Leuchtturm von Sjötorp und dem Ende des Götakanal an. Das Umtragen hatte hier den Vorteil, dass es für mich bergab ging....Natürlich gab es auch dort eine luxuriöse Hütte mit Grillplatz. Ich machte kurz Mittagspause und dann ging es ab in den Vänern.



                                          Praktische Infos: (Wild-)Zelten entlang des Götakanal ist unerwartet einfach. Theoretisch kann man aufgrund des Jedermannsrechts überall entlang des Treidelpfades zelten. Aber das geht viel luxuriöser an den Schleusen. An jeder Schleuse findet sich eine super gepflegte flache Rasenfläche, die ideal zum Zelten ist. Pro Schleuse gibt es ein Abfertigungshäuschen mit minimalem Vordach, aber pro Schleusengruppe ein richtiges Schleusenwärterhäuschen mit kleiner Veranda, die hervorragenden Regenschutz bietet. Hinten an den Schleusenwärterhäuschen befindet sich eine Toilette, die aber in der Regel außerhalb der Schleusensaison verschlossen ist. Frei zugängliche Wasseranschlüsse finden sich an allen Gasthäfen.



                                          Entlang des Götakanalradweges sind Rastplätze für Radfahrer eingerichtet. Im östlichen Teil des Götakanals sind diese Rastplätze nur minimal mit Tischen und Bänken ausgestattet, im westlichen Teil jedoch mit richtigen Schutzhütten und Grillplätzen. Auch entlang der Seen im Götakanal ist Wildzelten kein Problem. Es finden sich ständig schöne Plätze zum einfachen Anlanden und Wildzelten. Hier gibt es auch überhaupt keine „Konkurrenzdruck“ wie im überlaufenen Dalsland. Mit der Götakanal-App kann man sich die offiziellen Campingplätze sowie Jugendherbergen und Hotels anzeigen lassen. Leider sind die meisten Jugendherbergen nur in der Hauptsaison geöffnet und haben recht unflexible Öffnungszeiten.
                                          Zuletzt geändert von German Tourist; 30.10.2014, 13:06. Grund: Formatierung
                                          http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                            • 09.05.2006
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                                            #22
                                            AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                            Götakanal Fazit:

                                            Es ist mehr ehrlich gesagt schleierhaft, warum der Götakanal kaum gepaddelt wird -während Dalsland im Sommer förmlich überrannt wird. DerGötakanal bringt eigentlich alles für einen schönen Paddelurlaub mit:

                                            Abwechslungsreiche Strecke: Die Hälfte des Götakanals verläuft über Seen, die sich nicht hinter Dalsland verstecken müssen. Der richtige Kanalteil führt durch ein Bilderbuch-Schweden: Nette kleine Städte, historische Schleusen und dazwischen hübsche Landschaft. Mit dem Vättern in der Mitte kann man sich dann auch noch im Großgewässer versuchen und bekommt ein paar Schärengärten obendrauf. Ausserdem gibt es die Verlängerungsmöglichkeit in den Schärengarten St. Anna.

                                            Einfache Logistik: Die Strecke ist ausgezeichnet mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Entlang des Kanals gibt es zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten und Frischwasser. Es gibt sogar einen deutschsprachigen Kartenatlas.

                                            Ausgezeichnete Zeltmöglichkeiten: Wildzelten ist legal entlang des Kanal möglich und vor allem an den Schleusen vorzüglich machbar. Zusätzlich stehen die Rastplätze für Radfahrer bereits, die im westlichen Teil des Kanals sogar über Hütten und Grillmöglichkeiten verfügen. Am besten ist jedoch, dass hier selbst in der Hochsaison kaum Paddler unterwegs sind und man die freie Auswahl hat.

                                            Nun mag man einwenden, dass die Schleusen das Paddelvergnügen etwas mindern. Ich persönlich empfand die Schleusen in Dalsland als viel problematischer, da es dort keine guten Treidelpfade und deutlich schwierigere Ein- und Aussetzmöglichkeiten gibt. Entlang des Götakanals kommen die Schleusen in der Regel in Gruppen, so dass man als Paddler mit Umtragen sowieso schneller ist als beim Durchschleusen. Der Ein- und Ausstieg ist zwar nicht immer einfach, aber auch für Menschen ohne akrobatische Fähigkeiten machbar. Der Portagen selbst sind aufgrund des ausgezeichneten Treidelpfades / Radweg ganz einfach.

                                            Fazit: Von mir bekommt der Götakanal eine eindeutige Empfehlung. Wer eine abwechslungsreiche und stressfreie Tour mit hohem Spass- und Entspannungspotential sucht, ist hier genau richtig.
                                            http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                            • Knuttchen
                                              Anfänger im Forum
                                              • 10.02.2013
                                              • 27
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                              hallo Christine,

                                              super dein Bericht, besonders gefällt mir die Beschreibung der "Kartoffelsack Methode" für die ich mich immer geschämt habe...

                                              ich/wir sind gespannt wie es weitergeht


                                              nette Grüße aus ulm

                                              rainer

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                                              • AlfBerlin
                                                Lebt im Forum
                                                • 16.09.2013
                                                • 5073
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                Die Kartoffelsack-Methode interessiert mich auch, Christine.
                                                Du könntest mal einen Kurs geben oder ein Buch schreiben: "Kartoffelsack-Methode für Aussteiger"

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                                                • schneehuhn
                                                  Gerne im Forum
                                                  • 08.07.2005
                                                  • 57


                                                  #25
                                                  AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                  sehr schöner Bericht, vielen Dank

                                                  noch'n Kartoffelsack

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                                                  • German Tourist
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                                                    • 09.05.2006
                                                    • 849
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                    Das erfreut mich natürlich sehr - ich war nämlich ebenfalls felsenfest davon überzeugt, die einzige zu sein, die es nicht schaffte, elegant aus ihrem Kajak auszusteigen.... Aber wie man sieht: Wir sind als Kartoffelsäcke nicht allein!
                                                    http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                                      • 09.05.2006
                                                      • 849
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                      Vänern:

                                                      Vor dem Vänern hatte ich am meisten Angst auf dieser Tour. Der Vänern ist der größte See Schwedens, der drittgrößte See Europas, 11 Mal so groß wie der Bodensee – und ich habe kaum Erfahrung auf Großgewässern. Schon bei der Vorbereitung hatte ich ein mulmiges Gefühl, das sich aber glücklicherweise legte, als ich feststellte, dass der Vänern verkehrstechnisch gut erschlossen ist. Ich hatte unterwegs viele Möglichkeiten abzubrechen, wenn das Wetter nicht mitspielte.

                                                      Zunächst war das Wetter allerdings großartig. Yr.no verkündete mir noch 24 h mit fast kompletter Windstille – danach sollte aber ein heftiger Sturm hereinbrechen. Das Timing war geradezu ideal. Ich hatte genug Zeit, um von Sjötorp nach Mariestad zu paddeln und auf dem dortigen Campingplatz den Sturm auszusitzen. Als ich aus dem Götakanal herauspaddelte, war der riesige See so glatt wie ein Kinderpopo. Es war schon fast unheimlich, wie ich auf der spiegelglatten Wasseroberfläche dahinglitt. Leider hatte ich irgendwie geistig nicht so ganz umgesetzt, dass sich der Kartenmaßstab in meinem Bootsatlas geändert hatte und so passierte ich erst am frühen Abend die riesige Brücke Torsöbron. Danach wollte ich dann zelten – nur leider war jetzt das Ufer komplett mit Sommerhäuschen zugepflastert. Letztendlich rettete mich ein Naturreservat mit super Sandstrand zum Anlanden und großartigem Blick auf den Sonnenuntergang über dem Vänern. Zu meiner großen Überraschung tauchte sogar noch ein pilzesammelndes Pärchen auf, die mich genauso misstrauisch beäugten wie ich sie.



                                                      Das kurze Stück zum Campingplatz von Mariestad am nächsten Vormittag war stressiger als gedacht, denn ich musste die Hafeneinfahrt von Mariestad passieren – und es war Sonntag. Jeder schien mit seinem Motorboot unterwegs zu und versetzte mich in leichte Panik, denn mir war nicht klar, ob die mich denn auch alle rechtzeitig im diesigen Wetter sehen konnten. Ich war heilfroh, als endlich der ganzjährig geöffnete Campingplatz Ekkuden in Sicht kam. Hier war sogar noch die Rezeption tagsüber geöffnet. Leider musste ich erst mal das Thema der vermaledeiten Campingkarte mit dem Rezeptionisten klären.

                                                      Die meisten Campingplätze in Schweden verlangen nämlich eigentlich eine sogenannte kostenpflichtige Campingcard, mit der man dann irgendwelche Pseudovorteile wie Versicherungsschutz geniessen soll. Auf meinen bisherigen Campingplätzen hatten die Besitzer auf die Campingcard verzichtet, da es eben schon Nebensaison war. Nur hier ritt der jugendliche Rezeptionist auf die Vorlage dieser Karte herum und ich wollte nicht einsehen, neben 20 EUR für den Zeltplatz nochmals denselben Betrag für eine völlig überflüssige Karte zu löhnen. Schlussendlich bat ich ihn, doch diesbezüglich seinen Vorgesetzten anzurufen und siehe da: auch hier wurde mir aufgrund der Nebensaison die Karte erlassen. Darüberhinaus erfuhr ich hocherfreut, dass es in Mariestad eine Lidl gab. Preisgünstige deutsche Schokolade – hurra! Natürlich lenkte ich meine Schritte zunächst mal dort hin. Meine Schritte waren zu diesem Zeitpunkt im übrigen immer noch zögerlich. Mein Knie wurde nur sehr langsam besser und ich humpelte noch immer stark.

                                                      Zurück auf dem Campingplatz brach dann auch bald wie vorhergesagt das Unwetter los. Es goss in Strömen und der Wind schien die Fahnen am Campingplatzeingang fast abzureissen. Ich konnte das ganze wieder mal im Fernsehraum aussitzen und baute nachts mein Zelt unter der Veranda einer Campinghütte auf. Selbst das brachte nicht viel: Der Wind war so stark, dass ich selbst unter der windgeschützten Veranda am frühen Morgen das Handtuch schmiss und wieder in den Fernsehraum umzog. Da der Wind den ganzen nächsten Tag anhalten sollte, verlängerte ich meinen Aufenthalt um eine weitere Nacht und erforschte Mariestad. Auch dort gab es für 79 SEK ein Thai-AYCE Buffet, eine Kirche und eine Bibliothek.

                                                      Vor allem brauchte ich jetzt vernünftige Karten für den Vänern. In meinem Bootsatlas Götakanal gab es nur Karten im Maßstab 1:125.000, und das war für die vielen kleinen Schärengärten eher unzureichend. In der Buchhandlung wurde ich zwar fündig, aber der Bootsatlas Vänern war mir mit 80 EUR einfach zu teuer, zumal ich nicht wusste, ob ich aufgrund des Wetters überhaupt komplett um den See rumkommen würde. Glücklicherweise hatte ich eine Erleuchtung und fragte in der Bibliothek nach. Nach langem Nachfragen wurde ich dort in einen Spezialsaal geführt, wo es alte Kartenblätter für den Vänern gab, die ich kopieren durfte. Obwohl die S/W-Kopien schwierig zu lesen waren, hatte ich so fast 80 EUR gespart. Da mir mittlerweiler der Lesestoff ausgegangen war, besuchte ich einen der in Schweden überall verbreiteten karitativen Second-Hand-Läden und erstand 5 Taschenbücher, die bis zum Ende meiner Tour ausreichen sollten. Ganz nebenbei habe ich dann auch noch die Kirche von Mariestad besichtigt.



                                                      Über Nacht war der Wind komplett abgeflaut. Die Campingplatzfahnen hingen schlaff herunter. Nur war mein Kajak zum ersten Mal auf meiner Tour morgens komplett mit Raureif überzogen. Der schmolz natürlich sofort, als ich bei strahlendem Sonnenschein lospaddelte. Yr.no sagte zwei bis drei Tage passables Paddelwetter voraus, gefolgt wieder mal von Starkwinden. Ich hätte genug Zeit, um am Ufer das Vänern entlang nach Lidköping zu kommen. Ich konnte nur hoffen, dass sich der Wetterbericht bis dahin deutlich verbesserte. Der Vänern zeigte sich von seiner besten Seite und vor allem der erste kleine Schärengarten bei Lindön war wunderschön.



                                                      Nur abends geriet ich wieder mal leicht in Zeitstress, da ich mit dem schönen Wetter so weit als möglich kommen wollte. Nur leider zeigten meine Karten nicht an, dass sich hinter Hönsäter ein riesiges und vor allem lautes Fabrikgelände befand. Hier konnte und wollte ich nicht zelten. Also schnell weiter. Auf der GPS-Karte hatte ich eine kleine Bucht ausfindig gemacht, wo ich auf Strand zum Anlanden hoffte. Ansonsten gab es auf diesem Abschnitt nämlich vor allem unzugängliche Klippen. Und ich hatte wieder mal Glück: Perfekter Sandstrand und sogar bereits vorbereitete Lagerplätze zeugten davon, dass dieser Platz im Sommer wohl häufig genutzt wird. Ich freute mich sehr über den weichen Boden unter den Nadelbäumen – bis der Wind aufkam. Die ganze Nacht über schreckte ich immer wieder hoch, wenn ein Tannenzapfen mit scheinbar infernalischem Krach auf mein Zelt fiel.



                                                      Am Morgen regnete es und der Wetterbericht hatte sich nicht verbessert, sondern verschlechtert. Missmutig machte ich mich bei grauem Himmel und Nieselregen auf den Weg nach Lidköping. So schön der Vänern in den Schärengärten ist, so langweilig ist er auch in den langen geraden Uferpassagen, vor allem bei Wetter wie diesem. Die Strecke bis Lidköping zog sich wie Kaugummi. Auf den letzten Metern vor dem Campingplatz wurde es dann noch mal unerwartet spannend. Ich wollte an dem Bilderbuch-Badestrand des Zeltplatzes anlanden, bis ich voll Erstaunen merkte, dass das Wasser so flach war, dass ich einfach stecken blieb, während mich die Wellen von hinten kräftig duschten. Da ich nicht noch auf den letzten Metern aussteigen und nass werden wollte, manövrierte ich mich jetzt nach der Trial und Error Methode auf den Strand. Geschafft! Jetzt duschen, Zelt aufbauen, kochen – und dann die große Entscheidung.

                                                      Letztendlich fiel mir die Entscheidung über den weiteren Fortgang der Tour nicht wirklich schwer. Laut Wetterbericht würde es morgen noch einen halbwegs passablen Paddeltag geben, danach 3 Tage mit Starkwind um die 10 m/s aus der falschen Richtung. Für mich war das einfach nicht mehr paddelbar. Ich würde also mindestens 4 Nächte irgendwo aussitzen müssen – mit ungewissem Ausgang, ob das Wetter danach wirklich besser wäre. Abwettern in Lidköping schien am einfachsten, aber mit 22 EUR pro Nacht auf dem Zeltplatz auch am teuersten. Ich würde es am nächsten Tag noch in die geschützten Schärengärten von Kallandsö schaffen, aber dann würde ich dort mitten in der Pampa festsitzen. Danach müsste sich das Wetter drastisch bessern, denn als nächstes müsste ich um die 5 km in den Vänern hineinragende Landzunge Hindens Rev herum, gefolgt von einem miltärischen Sperrgebiet um Satenäs. (Soviel ich auch googlete, ich konnte nicht herausfinden, ob man mit dem Kajak hier durchpaddeln durfte oder einen großen Bogen schlagen musste). Ich hätte meine Schwedendurchpaddelung ja gerne ohne Unterbrechung gemacht, aber angesichts des herannahenden Winters schien es mir den zeitlichen Aufwand nicht wert. Kurzum: Ich beschloss, mein Boot zusammenzupacken, mit öffentlichen Verkehrsmitteln um den restlichen Vänern herumzufahren und dann in Dalsland wieder einzusetzen.

                                                      Auf dem Campingplatz hatte ich dann noch ein schönes „trail magic“-Erlebnis: Als ich am Morgen mein Kajak im Nieselregen auseinander baute, kam ein älterer Herr mit drei Hunden vorbei und verwickelte mich in ein Gespräch. Nicke, so stellte sich heraus, sprach als Schwede perfekt Deutsch und war der Leiter des örtlichen Rotary-Clubs. Er war von meiner Tour so angetan, dass er mir sofort anbot, mich mit meinem ganzen Geraffel zum Bahnhof von Lidköping zu fahren. Und dann kam ein unglaubliches Angebot: Nicke besaß ein Sommerhaus in der Nähe von Ed und dort könnte ich gerne ein paar Tage verbringen. Ich müsste mich nur vorher ankündigen, damit er die Nachbarn informieren und mir das Schlüsselversteck erklären könne. Beschwingt bestieg ich den Bus Richtung Dalsland – und wurde schon wieder auf Deutsch angesprochen, diesmal von einem schwedischen Kommunalpolitiker auf dem Weg zum Grünen-Parteitag in Göteborg. In Schweden waren gerade Wahlen gewesen und jetzt wurde über die mögliche Regierungsbildung diskutiert. Über diesen politischen Diskussionen verging die Zeit wie im Flug – und schon war ich in Dalsland angelangt.



                                                      Praktische Info: Der DKV-Auslandsführer schreibt, dass der Vänern für den Paddelsport „nur bedingt geeignet ist“. Obwohl ich dieses Urteil nicht ganz teile, verstehe ich, was damit gemeint ist. Die Schärengärten auf dem Vänern sind traumhaft schön und wunderbar zu paddeln. Nur leider gibt es dazwischen auch einige eher langweilige und vor allem sehr ausgesetzte Stellen. Bei Starkwinden hat man dann keine Chance – vor allem, wenn man wie ich nicht gerade der Paddel-Crack ist. Bei einer Vänern-Umrundung muss man daher viel Zeit mitbringen, um auch mal abwettern zu können. Glücklicherweise gibt es entlang des Vänern ausgezeichnete Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wildzelten hingegen war kein großes Problem. Obwohl ich öfter auf Steilküsten und Sommerhaussiedlungen traf, konnte man mit etwas Vorausplanung entlang des gesamten Streckenabschnitts gute Zeltplätze finden. Leider konnte ich im Buchhandel keine gute und preiswerte Karte für eine Vänernumrundung finden. Die Batsport-Karte ist großartig, aber mit 80 EUR sehr teuer. Das Zusammenstückeln anderer Karten wäre noch teurer geworden.
                                                      http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                                        • 09.05.2006
                                                        • 849
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                                                        #28
                                                        AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                        Dalsland: Svärdlang


                                                        Wie schon im Wetterbericht angekündigt erwachte ich zu Regen und Wind. Völlig beglückt drehte ich mich wieder um und döste weiter. Hier in einer Schutzhütte fühlte ich mich wie im Paradies. Ich beschloss, den Tag gaaaaanz langsam anzugehen. Dies sollte mir allerdings zwei Besucher bescheren. Als ich am späten Vormittag noch immer beglückt unter dem Dach der Schutzhütte saß und mich des Lebens erfreute anstatt nun endlich mein Boot aufzubauen, tauchten doch tatsächlich drei Ranger auf. Die drei – ein Deutscher und zwei Schweden – machten gerade eine Lagerplatz-Inventur. Da ich aufgrund meiner späten Ankunft natürlich keine Naturschutzkarte hatte, konnte ich die gleich vom Ranger direkt erwerben. Dabei entspann sich ein wirklich interessantes Gespräch, da der deutsche Ranger mit einem großartigen trockenen Humor gesegnet war.

                                                        Ich fragte ihn natürlich, wie er als Deutscher denn Ranger in Dalsland geworden war. Die Antwort war großartig. Bei der Eroberung des Wilden Westens hätten die Amerikaner ja auch immer einen indianischen Scout und Übersetzer dabei gehabt. Und das wäre nun auch seine Rolle hier, denn die Paddler in Dalsland wären ja überwiegend Deutsche. Da waren wir natürlich gleich beim Thema und ich fragte nach den Folgen des Massentourismus a la Scandtrack. Wie schon erwartet bestätigte mir der Ranger, dass die betroffenen Gemeinden nun an einem Konzept zur Regulierung des Massentourismus arbeiten. Dabei gäbe es im Moment zwei gegenläufige Tendenzen: Einerseits reguliere sich der Scandtrack-Tourismus selbst. Unter den Paddlern habe sich herumgesprochen, dass es hier im Sommer einfach zu überlaufen ist und darunter hätte die Popularität von Dalsland „gelitten“. Statt wie früher 6 Busse pro Woche kämen jetzt nur noch 4 oder 5 Busse aus Deutschland. Andererseits hätte sich aber auch die Art der Paddler geändert. Er beobachte voller Sorge, dass sich zur Zeit eine regelrechte „Boot camp“ Mentalität breit mache. Es würden immer mehr Jungs und Mädels in paramilitärischer Kleidung und Ausrüstung einfallen, die gar nicht mehr oder kaum paddeln. Stattdessen wird ein Lagerplatz für mehrere Tage okkupiert und dann dort „Survival“ geübt – mit den entsprechenden Schäden in der Natur.

                                                        Kaum waren die Ranger wieder verschwunden, bekam ich einen kleinen Vorgeschmack auf diese Boot camp Mentalität. 4 britische Jungs landeten in ihren Miet-Kanus an und schrammten dabei mit soviel Schmackes auf den steinigen Strand, dass ich mit meinem Faltboot richtig neidisch wurde. Sofort sprangen die vier heraus und gaben sich erst mal die „high five“. Dabei musste ich voller Erstaunen feststellen, dass jeder mit einem großen Bowie-Messer am Gürtel bewaffnet war. Sofort begann hektisches Treiben, denn obwohl es erst drei Uhr nachmittags war und wirklich warm, musste sofort ein Lagerfeuer mit Riesen-Ausmaßen entzündet werden. Dazu wurden natürlich kräftig die Axt und die Säge geschwungen. Glücklicherweise war ich mit dem Aufbau meines Bootes bald fertig und konnte die „Born to be wild“ Jungs schnell verlassen.



                                                        Da es schon spät am Nachmittag war und ich diesen Tag eh als Ruhetag betrachtete, paddelte ich gerade mal ein paar Kilometer bis zum nächsten Lagerplatz und beendete dort schon wieder den Tag. Bald saß ich beglückt in einer Schutzhütte und freute mich über meine Entscheidung, den Vänern sausen gelassen zu haben. Der westliche Starkwind, der das Paddeln auf dem Vänern unmöglich gemacht hätte, war hier auf dem schmalen und langgezogenen Svärdlangen kaum spürbar. Zudem saß ich hier in einer wahren Luxushütte, wo mir Regen kaum etwas ausmachte. Ich war ein sehr glücklicher Paddler und freute mich schon auf den Rest von Dalsland. Ich sollte noch weitere drei Wochen hier paddeln.

                                                        Praktische Infos: Die Benutzung der Lagerplätze kostet in Form der Naturschutzkarte mittlerweile 60 SEK pro Person und Nacht. Wird das Boot (wie von fast allen Touristen in Dalsland) bei einem Verleiher gemietet, dann beträgt die Gebühr für die „Naturschutzkarte“ nur noch 40 SEK – die Differenz wird vom Verleiher getragen. Wer mit dem eigenen Boot anreist, kann diese Gebühr entweder bei den Rangern oder bei einigen Geschäften und Touristeninformationen erwerben. Wer allerdings so spät in der Saison unterwegs ist wie ich, wird dabei seine Probleme haben. Die Verleiher und Geschäfte haben größtenteils geschlossen und Ranger sind auch kaum mehr unterwegs.

                                                        Die Benutzung von "wilden" Lagerplätzen ist im Rahmen des Jedermannsrechts weiterhin kostenlos. Leider ist die Naturschutzkarte termingebunden. Man muss bei ihrem Erwerb gleich den Zeitpunkt der Nutzung angeben, was die Angelegenheit etwas unflexibel macht, wenn man nicht genau weiß, wann und wo man genau übernachten wird.

                                                        Der größte Anbieter Scandtrack entrichtet als deutsche Firma Steuern nicht in Schweden, sondern in Deutschland. Die Lebensmittel, die Scandtrack an die Paddeltouristen verkauft, werden ebenfalls direkt aus Deutschland importiert. Die Einnahmen aus der Naturschutzkarte sind also die einzige nennenswerte Einnahmequelle der örtlichen Kommunen aus dem Paddeltourismus. Davon müssen jedoch finanziert werden: der Bau und die Instandhaltung der Lagerplätze, das Rangersystem und die Nutzungsentschädigung an die Grundbesitzer, auf deren Land die Lagerplätze errichtet werden.
                                                        Zuletzt geändert von German Tourist; 27.02.2018, 08:41.
                                                        http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                                          • 09.05.2006
                                                          • 849
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                                                          #29
                                                          AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                          Svärdlangen – Västra und Östra Silen – Limmen – Edslan – Knarrbysjön

                                                          Ziel der jetzigen Aktion war es, erst mal eine große Runde außerhalb des ursprünglichen Kanalsystems zu drehen, um dann in Köppmannebro anzulangen und den ganzen Kanal-Teil bis Ed zu paddeln. Obwohl es mittlerweile schon der 27.09. war, waren noch erstaunlich viele Leute unterwegs – was wohl aber auch am Wochenende liegen konnte. Außer den vier „born to be wild“ britischen Jungs traf ich am Wochenende pro Tag mindestens noch 4 weitere Paddler bzw. Paddelgruppen, wobei mir fast alle wie reine Tagesausflügler vorkamen. Dennoch war ich erstaunt, denn aufgrund von anderen Reiseberichten aus der Nebensaison glaubte ich jetzt schon alleine unterwegs zu sein.

                                                          Erst mal paddelte ich fröhlich den wunderschönen Svärdlang entlang und glaubte schon, dass mir der stürmische Wind hier in Dalsland überhaupt nichts ausmachen würde. Diese Hoffnung musste ich allerdings ganz schnell revidieren, als ich in den Västra Silen umgetragen hatte und der See immer breiter wurde. Obwohl nicht mal 2 km breit, schlugen mir hier schon ganz ungemütliche Wellen seitwärts aufs Boot. Eigentlich wollte ich ja noch über die Schleuse bei Krokfors in den Östra Silen umtragen... aber als ich mit Ach und Krach am nahegelegenen Lagerplatz angelandet war, um zu Verschnaufen, konnte ich mich angesichts des Wellengangs nicht mehr dazu motivieren, wieder ins Boot zu steigen und garantiert nass zu werden. Stattdessen erkundete ich die Umgebung und lief sogar zu Fuß zur nahegelegenen Schleuse bei Krokfors. Damals war es mir zwar noch nicht klar, aber diese Schleuse ist die einzige im ganzen Dalsland-Gebiet mit vernünftiger Ein- und Ausstiegsstelle sowie gutem Portageweg.

                                                          Ich übernachtete erst mal in der Schutzhütte des Lagerplatzes, freute mich x Mal darüber, dass ich den Wind nicht im Zelt aussitzen musste und beschloss am nächsten Tag direkt vom Lagerplatz aus in den Östra Silen umzutragen. Hier war die Portage zwar länger aber ich musste nicht erst ein- und schon nach 500 Metern wieder an der Schleuse aussetzen. Erwartungsgemäß war der Unterschied zwischen den beiden Ufern gigantisch. Am Ostufer des Västra Silen waren mir noch die Wellen entgegengeschlagen, während am Westufer des Östra Silen der Windschutz für einen spiegelglatten See sorgte – zumindest vorerst.

                                                          Ziel des heutigen Tages war für mich, erst mal weitestgehend dem Wind aus dem Weg zu gehen und mir einige Lagerplätze anzuschauen. Warum Lagerplätze anschauen? Der Ranger hatte mich glücklicherweise vorgewarnt: Auf der Kanulandkarte sind zwar alle Lagerplätze eingezeichnet, aber es ist nicht vermerkt, ob es sich um einen reinen Zeltplatz handelt oder ob es auch eine Schutzhütte gibt. Diese Unterscheidung wird übrigens auf keiner der derzeit erhältlichen Karten gemacht. Glücklicherweise konnte ich im Laufe der Tour feststellen, dass der große Teil der Lagerplätze über eine Schutzhütte verfügt. Ich hangelte mich also so gut wie möglich unter Land am südlichen Teil des Östra Silen entlang, begutachtete einige traumhaft schön gelegene Lagerplätze, sah noch ein paar Paddler in Leih-Kanadiern, die deutlich mehr unter dem Wind zu leiden hatten als ich – und kam schließlich an der ersten Portage in den Limmen an. Nur: Wo genau sollte ich denn nun portagieren?

                                                          Ich landete an einem verrotteten Bootssteg an und marschierte glücklicherweise erst mal allein los, um die Umgebung zu erkunden. Erst da wurde mir dann das Umtrage-System in Dalsland klar. Die Portage-Wege sowie Ein- und Ausstiegsstellen sind nämlich leider ebenfalls nicht auf den gängigen Karten eingezeichnet. Und oft wird auch beim Kartenstudium nicht so ganz klar, was denn nun die günstigste Portagemöglichkeit ist. Immerhin sind die Ein- und Ausstiegsstellen zumindest in der Natur markiert und mit Pfeilen wird dann der Weg angezeigt. Im Falle dieser ersten Portage zeigte sich aber schon der Nachteil dieses Systems. Die eigentliche Ausstiegsstelle lag im dichten Schilf richtig gut versteckt – hier wäre ich niemals freiwillig reingepaddelt. Ich habe sie nur zufällig bei meiner Erkundungstour zu Fuß von der Strasse aus gefunden.



                                                          Als ich mich dann durch dichten Schilf gekämpft und das Boot sogar noch ein bisschen im Schlamm getreidelt hatte, war die restliche Portage dann ganz einfach. Allerdings wurde es dann sehr spät und vor allem kühl, bis ich dann endlich über den kleinen Limmen an der nächsten Portagestelle in den Edslan angekommen war. Laut Karte sollte es hier einen Lagerplatz geben und ich hoffte auch auf eine Schutzhütte. Mein Wunsch wurde mir erfülllt! In der Schutzhütte hatte sogar jemand ein riesiges (zusammengepacktes) Gruppenzelt zurückgelassen. Meine Nachtruhe wurde allerdings gegen 5 Uhr morgens jäh gestört, als ein riesiger Holztransporter die Forststrasse heruntergepoltert kam. Unglückseligerweise befand sich auch noch eine Autoschranke in unmittelbarer Nähe der Hütte, so dass der Fahrer sein Ungetüm 200 Meter von mir entfernt parkte und sich noch in tiefster Finsternis erst mal an der Schranke zu schaffen machte. Warum das Bäumeaufladen nun unbedingt eine Stunde vor Sonnenaufgang erfolgen sollte, hat sich mir nicht so ganz erschlossen, aber bald kehrte wieder Frieden ein.



                                                          Mir stand am Morgen erst mal eine knapp 2 km lange Portage in den Edslan bevor. Ich folgte brav den Schildern und langte dann auch an einer passablen Einsetzstelle an. Das Wetter war großartig, so dass ich erst mal ein kurzes Bad nahm und meine Klamotten ausspülte. Zum Trocknen verwendete ich dann den hinten auf dem Boot festgeschnallten Bootswagen als Wäscheständer. Die nächste Portage in den Knarrsbysjön war etwas komplizierter. Ich wusste jetzt ja immerhin schon, auf was ich achten musste und fand dann auch prompt das Schild, dass die Ausstiegsstelle anzeigte. Ich hätte nun vermutet, dass ich direkt in den Knarrsbysjön wieder einsetzen würde, aber die DANO-Schilder wiesen in eine andere Richtung – die offizielle Einstiegsstelle befindet sich nämlich am Bräcketjärnet. Dies hatte mehrere Vorteile – und einen großen Nachteil.

                                                          Die Portage führt am Ende an der Kirche von Edsleskog vorbei. Kirchen versetzen mich immer in eine freudige Erwartung – nicht, weil ich so religiös wäre, sondern weil sich dort meist allerlei Annehmlichkeiten für Outdoorer befinden. Zunächst mal gibt es neben Kirchen in der Regel einen Friedhof, was wiederum zu öffentlich zugänglichen Wasserhähnen führt. In dieser Region ist das zwar irrelevant, dann man kann das Wasser direkt aus dem See trinken, aber als Wanderer weiß ich dies sehr zu schätzen. Zweitens kann man in Kirchen meist eine Steckdose finden – ideal zum Aufladen meiner Handy-Akkus. Ich vermute mal, dass ich schon sehr oft für einen potentiellen Kunsträuber gehalten wurde, denn wenn ich unterwegs eine Kirche betrete, scanne ich automatisch erst mal alle Ecken nach Steckdosen ab statt mir die Kunstwerke zu betrachten. Skandinavische Kirchen verfügen darüber hinaus oft noch über Toiletten. Hier war die Kirche zwar verschlossen, aber am danebenliegenden Geräteschuppen wurde ich fündig: ein funktionierende Steckdose. Beglückt legte ich erst mal eine ausgedehnte Mittagspause ein, während sich mein Handyakku wieder auflud.

                                                          An der Einstiegsstelle schreckte ich dann einen jungen Schweden auf, der im dortigen Naturschutzgebiet zeltete. Erfreut nahm er meinen Steckdosen-Tip zur Kenntnis, denn auch bei ihm näherten sich die Akkus ihrem Ende zu. Doch nun zum großen Nachteil dieser Portage: Am Ende des kleinen Bräcketjärnet muss man unter einer kleinen Fußgängerbrücke hindurch in den Knarrsbysjön. Nur – man ahnt es schon – diese Brücke ist so niedrig, dass man ohne Limbo-Kenntnisse nicht durch kommt, schon gar nicht mit einem aufgeschnallten Bootswagen im Gepäck. Entnervt stieg ich also wieder aus. Nur hatte mich jetzt der Ehrgeiz gepackt bzw. ich war zu faul, schon wieder alles ein- und auszuladen. Ich wollte das Kajak unter der Brücke durchziehen – denn so passte es gerade noch unten durch. Letztendlich dauerte die ganze Aktion dann mindestens genauso lange wie Umtragen, denn ich stellte mich beim „Kayak-an-der-Leine-Herumdirigieren“ nicht wirklich geschickt an. Ende vom Lied: Es wurde immer später und die anschließende 3 km Portage in den Ärr würde ich an diesem Tag wohl nicht mehr schaffen. Stattdessen würde ich die Nacht jetzt auf dem einzigen Lagerplatz am Knarrsbysjön verbringen.
                                                          http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                                            Erfahren
                                                            • 22.01.2014
                                                            • 142
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                                                            #30
                                                            AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                            Hallo Christine,

                                                            vielen Dank für diesen und auch Deine anderen Berichte! Ich lese alle mit großem Interesse, sie sind total inspirierend.

                                                            Eine Frage zu Deinem Zelt: Du hattest doch früher immer das Rainbow Tarptent und jetzt das Big Agnes. Bist Du mit dem Rainbow nicht mehr zufrieden? Freistehend ist es doch auch...

                                                            Danke im Voraus
                                                            Wolfgang

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                                                            • German Tourist
                                                              Dauerbesucher
                                                              • 09.05.2006
                                                              • 849
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                              Walu,
                                                              ich verwende Rainbow nach wie vor bei Wandern und bin auch recht zufrieden damit - nur: es ist nicht freistehend! Um es freistehend aufzustellen, benötigst Du Trekkingstöcke - und die habe ich beim Paddeln eher nicht dabei.
                                                              Ich hätte mich aber auch ohne dieses kleine Manko gegen ein Einwandzelt entschieden. Beim Paddeln kommt es zwar auch auf das Gewicht an, aber bei weitem nicht so sehr wie beim Wandern. Hier ist eher das Packmass entscheidend, wenn man im Kajak unterwegs ist. Vom Packmaß her sind Rainbow und Fly Creek 2 ähnlich und daher habe ich dem Zweiwandzelt den Vorzug gegeben. Ich habe zwar in der Regel kein großes Problem mit Kondens im Rainbow, aber letztendlich ist Zweiwand schon etwas komfortabler. Daher habe ich bei den letzten Rad- und Paddeltouren das Big Agnes Fly Creek verwendet, während beim Wandern das Rainbow zum Einsatz kommt.
                                                              Das BA Fly Creek ist zwar ganz ok, aber ich würde es mir wahrscheinlich nicht noch mal kaufen. Beim Fly Creek sind die Nähte getaped und nach 2 Monaten Dauernutzung begann das Tape im Eingangsbereich sich abzulösen. Ich habe daraufhin die Nähte mit Silnet abgedichtet, hatte damit aber nur mäßigen Erfolg: Bei Starkregen dringt Wasser durch die RV-Nähte ein - und tropft mir dann konstruktionsbedingt direkt aufs Haupt. Ich klemme jetzt immer eine Plastiktüte zwischen Außen- und Innenzelt,damit das Tropfwasser abläuft.
                                                              Lesson learned: Ich würde mir nicht noch mal ein Zelt mit Tape kaufen und vor allem schon gar keines mehr, wo sich der Eingang am bzw. über dem Kopfende befindet....
                                                              http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                                                                Freak

                                                                Liebt das Forum
                                                                • 20.07.2009
                                                                • 12705
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                Toller Bericht. Ich habe ihn verschlungen. Reiseberichte mit dem Kanu sprechen mich besonders an, weil ich Boote und Wasser liebe.
                                                                Schön, wieder etwas von Dalsland zu lesen. Und erschreckend, was sich dort entwickelt hat: kostenpflichtige Lagerplätze, Ranger, Naturschutzkarte, Scandtrack.....
                                                                Scheint aber der Trend zu sein. Ist am Åsnen auch schon so: Permits kaufen für 40,-SKR pro Nacht für die Lagerplätze. Anfang der Siebziger Jahre sind wir mit dem Canadier auf Stora Le und Foxen gepaddelt. Vor 40 Jahren war es da noch einsam.
                                                                Und mit Vergnügen erinnern wir uns bis heute an ein kleines Erlebnis. Wir zelteten einsam und alleine auf einer kleinen Insel im Foxen. Tagelang vorher waren wir kaum jemandem begegnet. Wir sahen plötzlich einen Canadier mit einem Ehepaar mit zwei Kindern in der Mitte- lebhafte Jungs so 10 und 11 Jahre alt. Und sie sahen uns. Schon von weitem jubelten sie, winkten und steuerten direkt auf uns zu. War ihnen wohl schon unheimlich, so alleine. Dann bauten sie sich auf " unserer" Insel auf, keine 20 m entfernt. Wir waren stocksauer. Die Jungs waren nett, aber eben ständig bei uns, um uns Löcher in den Bauch zu fragen. Dann der Kommentar der Mutter, im Ruhrpott-Dialekt, , der absolute Höhepunkt: " Jungs, geht nicht immer zu den Leuten rüber, die wollen bestimmt ihre Ruhe haben."
                                                                Solche Geschichten gibt es da wohl zu Scandtrack- Zeiten nicht mehr? Da muß man wahrscheinlich noch froh sein, wenn sich die Nachbarschaft auf 4 unbedarfte Survivler beschränkt? Und das in der Nachsaison...
                                                                Ditschi
                                                                Zuletzt geändert von Ditschi; 04.11.2014, 12:11. Grund: Man findet immer Schreibfehler

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                                                                  Alter Hase
                                                                  • 23.06.2011
                                                                  • 3083
                                                                  • Privat


                                                                  #33
                                                                  AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                  ot.
                                                                  Beim Fly Creek sind die Nähte getaped und nach 2 Monaten Dauernutzung begann das Tape im Eingangsbereich sich abzulösen. Ich habe daraufhin die Nähte mit Silnet abgedichtet, hatte damit aber nur mäßigen Erfolg: Bei Starkregen dringt Wasser durch die RV-Nähte ein - und tropft mir dann konstruktionsbedingt direkt aufs Haupt.
                                                                  hi christine,
                                                                  hast du von der innenseite die naht mit silnet abgedichtet?
                                                                  https://www.wildoor.de/

                                                                  Kommentar


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                                                                    Dauerbesucher
                                                                    • 09.05.2006
                                                                    • 849
                                                                    • Privat


                                                                    #34
                                                                    AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                    Knarrbysjön – Ärr – Animmen – Köpmannebro

                                                                    Da ich ja nun sehr früh dran war mit dem Lageraufbau, wollte ich mir an diesem Abend ausnahmsweise mal ein Lagerfeuer gönnen. An allen Lagerplätzen in Dalsland wird Feuerholz inkl. Säge und/oder Axt zur Verfügung gestellt. Jetzt am Saisonende waren die Vorräte natürlich stark gelichtet, aber zum Grillen meiner 3 schwedischen Grillwürstchen würde es schon reichen. Da ich so gut wie nie ein Feuer mache, war ich mit dem Zusägen der Stämme sogleich technisch überfordert. Nach 10 Minuten herummurcksen wurde mir klar, dass Menschen mit meiner technischen Begabung sich nur mit Sicherheitsschuhen (statt Sandalen) ans Werk machen sollten. Glücklicherweise fanden sich noch zugesägte Stücke in der Schutzhütte und so brannte bald ein munteres Feuer. Meine Würstchen hatten gerade das Stadium kurz vor verkohlt erreicht (anders kann ich die schwedischen Chemiewürste nicht essen....), als ein älteres Ehepaar auftauchte. Es folgte ein kurzes Palaver auf Englisch, bis sich herausstellte, dass es sich um deutschsprachige Schweizer handelte, die hier seit Jahren ein Sommerhaus besitzen. Wir unterhielten uns höchst angeregt - nur von meinen Grillwürsten Marke Super-Cross wollten sie nichts abhaben. Aber sie waren von meiner Tour so angetan, dass sie mich zum Frühstück am nächsten Morgen einluden.

                                                                    Voll freudiger Erregung erwachte ich am nächsten Morgen und warf mich zu Ehren meiner Gastgeber in meine noch am wenigsten streng riechenden Klamotten, bevor ich mich zu meinem Antrittsbesuch aufmachte. Mir wurde auch sogleich das beheizte Badezimmer offeriert, wo ich mich unter einer heißen Dusche wieder in einen zivilisierten Menschen verwandelte. Nur meine Klamotten müffelten weiter vor sich hin... Dann wurde noch das Handy zum Aufladen eingesteckt und ich stürzte mich aufs Frühstück. Meine freundlichen Gastgeber hatten sich nicht lumpen lassen und mir einen riesigen Teller mit echt Bircher Müsli hingestellt – inklusive frischer Beeren und echter Sahne. Das hielt mich aber nicht davon ab, noch mehrere Scheiben Brot mit echt Schweizer Käse und selbstgemachter Marmelade zu verzehren – und so nebenbei erzählte ich natürlich auch von meinen Touren. Nach zwei Stunden Dauer-Frühstück rollte ich förmlich von dannen.

                                                                    Mir stand aber auch die längste Portage in Dalsland bevor: fast 4 km vom Knarrsbysjön in den Ärr. Obwohl recht lange, war die Portage sehr unkompliziert: Gute Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten und die Portage selbst verläuft auf einer asphaltierten Strasse. Außerdem war ich ja ordentlich gestärkt. Die Portage führt am kleinen Lebensmittelladen in Fengersfors vorbei, so dass ich auch noch ein wenig Proviant nachkaufen konnte.



                                                                    Am Ende des Ärr wartete dann wieder ein Schleuse auf mich, die alles andere als Portage-freundlich war. Hier wurde mir zum ersten Mal klar, dass ich lieber die langen Portagen von einem See in den nächsten mache, als eine dieser Schleusen zu umtragen. Das größte Problem war wie üblich, dass es keine vernünftige Stelle zum Aussetzen gab – so sehr ich auch herumpaddelte. Das geringste Übel schien mir noch, das Boot an der Schleuse direkt herauszuhieven. Nur leider war der Wasserspiegel sehr tief – ca. einen halben Meter. Ich fragte mich, ob mein Faltboot wohl das Heraushebeln über eine so hohe Kante überleben würde. Vorsichtshalber räumte ich so ziemlich alles aus dem Boot, was natürlich aus dieser Höhe auch nicht gerade einfach ist. Ich polsterte die Schleusenmauer mit meiner Schaumstoffmatte, zog das Boot so weit wie möglich heraus – und hebelte es dann vorsichtig heraus. Kein Problem: Das K1 ist halt ein echt robustes Frachtschiff. Damit hatte mein Elend aber noch kein Ende. Die Schleuse selbst war in den Fels gesprengt worden und daher sehr eng. Ich musste mein Boot erst einen unglaublich steilen Weg hinaufzerren – und dann denselben steilen Winkel wieder hinunter, um die Schleuse weiträumig zu umgehen. Und dann noch zweimal hin und her, um meine Ausrüstung zu holen, denn bei diesen steilen Anstiegen konnte ich das zusätzliche Gewicht nicht auch noch im Boot auf dem Bootswagen transportieren. Ende vom Lied war wie üblich, dass ich nicht so weit kam wie erwartet und stattdessen auf dem Lagerplatz am Animmen übernachtete.



                                                                    Zur Belohnung war die erste Schleuse am nächsten Morgen vom Animmen in den Snäcke-Kanal dann recht einfach.



                                                                    Da ich jetzt schon den Vänern nicht komplett geschafft hatte, hatte ich nun zumindest den Ehrgeiz, das komplette Dalsland-System zu erpaddeln. Daher wollte ich nun an den „Anfang“ nach Köpmannebro, auch wenn ich dafür diesselbe Strecke teilweise hin- und zurückpaddeln musste. An der Schleuse in Köpmannebro hatte ich dann ein erfreuliches Aha-Erlebnis: Ich stellte nämlich fest, dass sich an allen Schleusen-“Bedienungsstationen“ Steckdosen befanden. Und obwohl die Schleusensaison für dieses Jahr schon lange zu Ende war, hatten die Steckdosen noch „Saft“. Leider konnte ich meine Akkus nicht allzu lange aufladen, denn ich wollte mich abends noch in eine gute Startposition für die nächste Schleuse am Morgen bringen.

                                                                    Nur wurde daraus mal wieder nichts. Der Wetterbericht hatte Regen für die Nacht angekündigt und so wollte ich in einer Schutzhütte übernachten. Nur war der Lagerplatz kurz vor Upperud nicht mehr existent (ich hatte ihre Position aus einer alten Ausgabe des Dalsland Führers von Lars Schneider entnommen). Also zurück zu einem Lagerplatz, den ich schon am Vormittag passiert und fotographiert hatte. Als ich aber im letzten Tageslicht angelandet war, musste ich feststellen, dass hier wohl das Dach leckte. Die Dachbalken waren komplett durchgefault und das Dach notdürftig mit einer Plane repariert. Also stellte ich dann doch das Zelt auf – in die Schutzhütte, was eine ziemliche Qual ist, denn die meisten Schutzhütten sind sehr niedrig. Aber letztendlich hatte ich mir viel zu viel Stress gemacht: Es blieb bei einem leichten Nieselregen, dem das defekte Dach leicht standhielt.




                                                                    Praktische Infos:
                                                                    Innerhalb des DANO-Gebietes gibt es mehrere Seen, die nicht über Schleusen, sondern nur über (teilweise auch längere Portagen) verbunden werden können. Die Strecke Svärdlangen – Västra und Östra Silen – Limmen – Edslan – Knarrbysjön – Ärr – Animmen umfasst z.B. 3 Schleusen, die nur außerhalb der Saison umtragen werden müssen, aber auch 4 weitere Portagen. Im DANO-Gebiet sind die Portagen unter Angabe der Länge markiert. Die Ein- und Ausstiegsstellen erkennt man weißen Portageschildern. Leider sind diese Stellen und die Wege nicht in den Dano-Karten verzeichnet. Obwohl die Portagen teilweise recht lang sein können, sind sie technisch einfach. Ich persönlich empfand den unkalkulierbaren Aufwand beim Umtragen der Schleusen (mehr dazu im weiteren Verlauf des Berichts) als viel stressiger. Also: Nicht von der Länge der Portagen abschrecken lassen. Von den Einheimischen wurde mir berichtet, dass hier selbst im Sommer nicht viel los wäre, da die meisten Paddler durch die langen Portagen abgeschreckt sind.
                                                                    http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                    Kommentar


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                                                                      Anfänger im Forum
                                                                      • 10.02.2013
                                                                      • 27
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                      Servus Christine,

                                                                      begierig lesen meine Frau und ich deinen Bericht, super danke.

                                                                      in der leider z. Zt. vergriffenen Karte aus dem Pollner Verlag "Dalsland" sind die Portagen sehr gut eingezeichnet, wir haben sie in die Kanuland Karten übertragen.

                                                                      Schleusen Umtragestellen:

                                                                      wir bekamen von Insidern Tipps, und damit sind die meisten ganz gut zu umtragen.

                                                                      Die Schleusen sollen ja nicht leicht umtragbar sein, damit im Sommer die Schleusen genutzt werden, zur Erhaltung braucht man die Einnahmen....

                                                                      Nach Beendigung deiner Bericht Serie können wir mal eine Liste aufstellen, um Nachpaddlern zu helfen.


                                                                      Wir haben das Dalslandsystem viel zu spät entdeckt (durch unseren Sohn), doch seit 2007 paddeln wir dort regelmäßig. Wir nutzen die DANO Plätze nur ganz selten, wir fanden zu 95% sehr schöne Plätze, die allerdings oft nur Platz für ein bis drei Zelte hatten.

                                                                      In der Nebensaison trafen wir pro Woche weniger als drei Paddler, bei Wind und unbeständigem Wetter ist es schnell sehr ruhig, dieses Jahr im August in der Regen/Gewitterphase waren wir während vier Tagen die einzigen Schleuser laut Slussfact...in der Töcksforser Doppelschleuse (die auch über den Campingplatz ganz gut zu umkarren ist) wir trafen im Töck keinen Paddler und während vierzehn Tagen keinen Ranger.

                                                                      Allerdings war es letztes Jahr am Femunden/Isteren nochmals deutlich ruhiger, doch auch dort erzählten die FCC Betreiber von rückläufigem Leihboot Betrieb, wie auch dieses Jahr in Grunnerud am Stora Le.

                                                                      gespannt auf die nächsten Bilder und Berichte

                                                                      nette Grüße rainer

                                                                      Kommentar


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                                                                        Dauerbesucher
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                                                                        • 849
                                                                        • Privat


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                                                                        AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                        Zitat von Ditschi Beitrag anzeigen
                                                                        Solche Geschichten gibt es da wohl zu Scandtrack- Zeiten nicht mehr? Da muß man wahrscheinlich noch froh sein, wenn sich die Nachbarschaft auf 4 unbedarfte Survivler beschränkt? Und das in der Nachsaison...
                                                                        Ditschi
                                                                        Erst mal danke für das Kompliment. Aber dennoch schon mal vorab zur Klarstellung: Ab Anfang Oktober war ich in Dalsland wirklich buchstäblich mutterseelenallein. Warum ausgerechnet an diesem letzten Septemberwochenende so viel los war, ist mir auch unklar. Ich habe danach noch eine deutsche Gruppe getroffen und einen vermutlichen Paddler aus der Ferne gesehen - und das war es dann auch schon in den gesamten restlichen drei Wochen.

                                                                        OT: @Wilbert: Ich habe mit allen meinen Zelten das Problem mit der Nahtabdichtung und habe daher das Thema gründlich recherchiert. Ich verwende verdünntes Silnet, das relativ flüssig sein muss, denn nur so dringt es richtig in die "Löcher" ein. Ich dichte das Zelt von aussen ab, wobei ich in diesem speziellen Fall so gründlich war, dass das Silnet sogar auf der anderen Seite wieder herausgelaufen ist.
                                                                        http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                        Kommentar


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                                                                          Alter Hase
                                                                          • 23.06.2011
                                                                          • 3083
                                                                          • Privat


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                                                                          AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                          OT: @Wilbert: Ich habe mit allen meinen Zelten das Problem mit der Nahtabdichtung und habe daher das Thema gründlich recherchiert. Ich verwende verdünntes Silnet, das relativ flüssig sein muss, denn nur so dringt es richtig in die "Löcher" ein. Ich dichte das Zelt von aussen ab, wobei ich in diesem speziellen Fall so gründlich war, dass das Silnet sogar auf der anderen Seite wieder herausgelaufen ist.
                                                                          da das zelt vom werk aus getaped wurde, nehme ich an, dass es innen pu-beschichtet ist. daher würde das zelt umdrehen und von innen, die nähte mit seamgrip abdichten. sonst würde mir auch nichts mehr einfallen ...
                                                                          https://www.wildoor.de/

                                                                          Kommentar


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                                                                            Freak

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                                                                            • 12705
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                            Ab Anfang Oktober war ich in Dalsland wirklich buchstäblich mutterseelenallein. Warum ausgerechnet an diesem letzten Septemberwochenende so viel los war, ist mir auch unklar.
                                                                            Danke für die Klarstellung. Das beruhigt mich dann doch etwas.

                                                                            Ditschi

                                                                            Kommentar


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                                                                              • 849
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                              Das Schleusen-Desaster oder Upperud bis Billingsfors

                                                                              Ich paddelte zunächst in einen grauen und verregneten Morgen hinein, gespannt was mich denn an der nächsten Schleuse erwarten würde. Zunächst mal ein wunderbarer Ausstiegsplatz, nämlich eine Bootstrampe. Aufgrund meines neuen Wissens bezüglich der Steckdosen marschierte ich sogleich zu einer selbigen, um mein Handy aufzuladen. Diese Schleusen-Bedienungseinheiten verfügen nicht nur über eine Steckdose, sondern sogar über ein Dach – Luxus pur! Als ich dann die ganze Umtragestrecke ablief, wurde mir so langsam klar, was das Hauptproblem beim Paddeln in der Nebensaison hier in Dalsland ist. Während der Schleusensaison sind Paddler in Dalsland nämlich verpflichtet, sich gebührenpflichtig schleusen zu lassen. Das Umtragen der Schleusen ist dann ausdrücklich verboten. Damit die Paddler dieses Verbot nicht klammheimlich umgehen (oder vielmehr umtragen....) sind alle guten potentiellen Portagewege abgesperrt und/oder mit Hindernissen und Verbotsschilder versehen. So auch hier in Upperud, wo man absichtlich eine Hecke gepflanzt hatte, um den Zugang zu einem Bootssteg zu verhindern. Zudem prangten überall „no portage“ Schilder. Ich kam schon ein bisschen ins Grübeln über die Sinnhaftigkeit dieses Verbots, denn am Götakanal wird es genau anders herum gehandhabt: Dort ist den Paddlern die Benutzung der Schleusen ausdrücklich „aus Sicherheitsgründen“ verboten und es muss umtragen werden. Die Schleusen in Dalsland sind aber so ziemlich diesselben wie am Götakanal..... Werden die Paddler in Dalsland absichtlich gefährdet, damit der Kanalbetreiber zu zusätzlichen Einnahmen aus den Schleusengebühren kommt? Das Schleusen ist nämlich nicht ganz billig und läppert sich ganz schön zusammen: 30 SEK pro Boot unter 5 m und pro Schleusenkammer.... Ein Schelm, wer Böses dabei denkt....Glücklicherweise hatten schon frühere Paddler die Hecke umgemäht, so dass ich fast ungehindert zum Bootssteg vordringen und wieder einsetzen konnte.



                                                                              Das erste große Desaster erwartete mich dann in Haverud, dem architektonischen Highlight des Dalsland-Kanals. Hier werden nämlich mehrere Verkehrsstränge (Kanal, Eisenbahn und Strasse) auf verschiedenen Trassen übereinander geführt. Nur hatte ich dafür kaum einen Blick. Erst mal musste ich irgendwo anlanden, was angesicht der vielen „no portage“ Schilder schon mal recht schwierig war. Schlussendlich beschloss ich, die Schilder einfach zu ignorieren – genauso wie die Absperrung eines Hotelgrundstücks. Als ich den Kanal entlang lief, sackte mir das Herz immer weiter in die Hose. Kein Treidelpfad, überall Stufen und zu guter Letzt auch noch eine Absperrung, denn der Kanal wird hier über das viel fotografierte Aquädukt geführt. Darum herum ist alles weiträumig abgesperrt. Der Verzweiflung nahe konsultierte ich Karte und GPS. Die einzige Möglichkeit schien eine sehr weiträumige Umtragung über die Strasse zu sein. Ich suchte zur Bestätigung die Touristeninformation auf. Natürlich war die jetzt im Oktober nicht mehr besetzt, aber der freundliche Verkäufer im Souvenir-Shop bestätigte meinen Verdacht. Er schätzte die Strecke mit 2 km Umtragung ab....



                                                                              Es half ja nichts. Wer sein Kayak liebt, der schiebt – und so wuchtete ich mein K1 erst mal den Berg hoch, bevor es nach 1,5 km so steil bergab ging, dass ich den Bootswagen kaum halten konnte. Die ganze Aktion hatte mich mehrere Stunden gekostet – vor allem das Auskundschaften möglicher Portagewege. Mein einziger Trost: Die nächste Schleuse in Buterud kann von Paddlern umfahren werden – das Gefälle ist hier nicht sehr stark.

                                                                              Unter diesen Gesichtspunkten wollte ich die nächste Schleusengruppe bei Mustadfors nicht mehr am selben Tag angehen und steuerte den Lagerplatz auf der Insel Bockön im Ravarp an. Hier die nächste Enttäuschung: Es handelte sich um einen der wenigen Lagerplätze in Dalsland ohne Schutzhütte. Aber das Wetter war mittlerweile prachtvoll, so dass mir Zelten hier nichts ausmachte.



                                                                              Da es noch früh am Tage war, paddelte ich kurz über den See, um mir das Naturreservat bei Högsbyn anzuschauen. Das entpuppte sich als echtes Highlight der Tour. Högsbyn ist eine steinzeitliche Kultstätte mit einer Vielzahl an Felsmalereien. Ein kurzer Wanderweg führt dann noch zu Grabstätten. Ich nahm mir viel Zeit, um alles ganz genau anzuschauen und verbrachte zwei höchst interessante und entspannte Stunden im Reservat, bevor ich in der Abendsonne zurück zum Lagerplatz paddelte.



                                                                              Meine gute Laune war am nächsten Tag sogleich wieder dahin, als ich mich der Schleusengruppe bei Mustadfors näherte. Erst der übliche Krampf bei der Suche nach einer geeigneten Ausstiegsstelle – und dann die glorreiche Idee, statt zweimal aus- und einzusetzen, doch gleich die ganze Gruppe einschließlich der Schleusen bei Dals Langed zu umtragen. Auf der Karte fand sich auch eine passende Forststrasse. Selbst im Nachhinein betrachtet, war dies eine gute Idee – dennoch war die Portage die Hölle. Ich hatte auf der Karte nämlich leider nicht beachtet, dass die Forststrasse erst mal 1,5 km lang bergauf führt, was mit einem beladenen Expeditionskayak und mit Schlaglöchern eine richtige Plackerei ist. Dann ging es 1 km so steil hinunter, dass ich mich genötigt sah, erst mal die Lage vorab ohne Boot auszukundschaften. Gute Idee, denn der Forstweg endete auf einem großen Privatgrundstück und die Bewohner saßen gerade beim Kaffee auf ihrer Terrasse. Ich musste nun also um Erlaubnis fragen, die mir die freundlichen Schweden aber sofort gewährten. Ich muss bereits zu diesem Zeitpunkt einen so erschöpften Eindruck gemacht haben, dass sie mir zusätzlich anboten, in ihrem Garten auch eine große Pause zu machen. Also dackelte ich erst mal wieder einen Kilometer den Berg hoch und mit dem Boot wieder zurück. Danach bedurfte ich dann wirklich einer Pause, zumal mir in Billingsfors sofort wieder eine solche Schleusengruppe bevorstand.

                                                                              Mein veralteter Conrad-Stein-Führer verhieß, dass man kurz vor Billingsfors in den Stenebyälven abbiegen und so über mehrere Portagen bis nach Ed gelangen könne. Das wollte ich mir zumindest mal kurz ansehen. Weit kam ich dabei aber nicht, denn der Stenebyälven ist mehr ein zugemülltes Rinnsal denn ein Fluss. Schon im „Mündungsbiet“ blieb ich mehrfach auf alten verrosteten Metallfässern unbekannten Inhalts stecken und brach daher meine Erkundungstour sogleich wieder ab. In Billingsfors dann weit und breit kein Platz zum Anlanden. Hier befindet sich die Kirche mit Friedhof direkt neben der großen stinkenden Papierfabrik. Leider bestand das Ufer hier überall aus riesigen Steinen, so dass ich mich aus purer Verzweiflung dann entschied, am „Friedhofsanleger“ auszusteigen. Hier führt eine steile Treppe vom Friedhof hinab zum Wasser. Es war ein furchtbarer Krampf, das Boot erst fast komplett zu entladen und dann im Alleingang die steile Treppe hinaufzuschleifen.

                                                                              Immerhin verbesserte sich die Lage dann dramatisch: Die Portage erfolgt dann nämlich 2 km lang auf einem völlig ebenen asphaltierten Fahrradweg, der wiederum der alten Eisenbahntrasse folgt. Danach folgte der Gipfel des Glücks. Ein Lagerplatz mit Schutzhütte und nahegelegenem Stromanschluss!!!! Die Schleusen in Billingsfors umgehen einige Stromschnellen und im Naturreservat befindet sich eine Schutzhütte mit Frontalblick auf diesselbigen. An der nahegelegenen Schleuse gibt es die übliche Bedienungseinheit mit Steckdose. Nur einen Haken hatte das ganze: Ich würde mein Kajak niemals hierher tragen können – der Lagerplatz ist auf die Benutzung während der Schleusensaison ausgerichtet. Aber nach etwas Herumsuchen fand ich ein Plätzchen, wo ich mein K1 diskret verstecken konnte. Ich musste dann zwar leider meine Packtaschen einen halben Kilometer weit tragen, aber das war mir die Steckdose wert. Meine Akkus waren nämlich komplett runter und ich plante nicht, in absehbarer Zeit auf dem Campingplatz oder in einer Herberge zu übernachten. Ich verbrachte eine ruhige Nacht – mit Niagara-Geräuschkulisse.



                                                                              Praktische Info: Während der Schleusensaison ist für Paddler die Benutzung der Schleusen Pflicht und ein Umtragen nicht gestattet. Die Gebührt beträgt zur Zeit 30 SEK pro Boot unter 5 m und Schleusenkammer. Daher sind alle möglichen Portagewege in der Regel blockiert oder mit Verbotsschildern versehen – auch in der Nachsaison. Das Auskundschaften möglicher Aus- und Einstiegsstellen sowie Portagewege ist mühsam und sehr zeitaufwendig. Hier immer genug Zeit einplanen! Ich habe auf meiner Tour durch Dalsland jede einzelne Schleuse besucht und es ist mir auch gelungen, jede einzelne alleine mit Bootswagen zu umtragen. Es ist also möglich, aber eben nicht immer einfach. Im Vergleich hierzu war das Umtragen der Schleusen im Götakanal geradezu ein Kinderspiel.
                                                                              http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                              Kommentar


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                                                                                • 11979
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                Verfolge den Bericht auch mit großem Interesse. Wirklich tapfer mit den Umtrageaktionen, den längeren Portagen am Berg... Ich kenne das so, daß ich vor Erschöpfung einmal fast aufgeben mußte.

                                                                                Die Schleuserei im unteren Bereich des Dalsland-Kanals habe ich nie gemocht. Zum einen gab´s da die Mehrfach-Schleusen, wo (damals ?) kurz nach 17 Uhr nicht mehr geschleust wurde. Wo jetzt übernachten ??? Bei Haverud mußte ich gefühlte 2 h im Boot warten, bis endlich das Ausflugsboot durch war. Währenddessen wurde man von den Schaulustigen inspiziert, vor mir ein Boot das mir die ganze Zeit Abgase ins Gesicht blies... Will sagen vielleicht hast Du es trotz der Anstrengung nicht so schlecht erwischt ?

                                                                                Kommentar


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                                                                                  • 849
                                                                                  • Privat


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                                                                                  AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                  Zitat von Prachttaucher Beitrag anzeigen
                                                                                  Die Schleuserei im unteren Bereich des Dalsland-Kanals habe ich nie gemocht. Zum einen gab´s da die Mehrfach-Schleusen, wo (damals ?) kurz nach 17 Uhr nicht mehr geschleust wurde. Wo jetzt übernachten ???
                                                                                  Ja, ist wohl immer noch so. Um 17 Uhr ist Schluss. Mir ist es leider nicht gelungen herauszufinden, ob man während der Schleusensaison nach Tagesschluss umtragen darf oder ob es dann immer noch verboten ist.

                                                                                  Für den Götakanal würde ich jedem raten, nicht darüber zu trauern, dass man nicht in die Schleusen darf. Mit dem Umtragen ist man dort schneller und vor allem flexibler. Hier in Dalsland ist es ein bisschen anders. Aber ich war vor allem heilfroh, dass ich die Seen am Saisonschluss für mich alleine hatte - und für diesen Bonus nehme ich gerne das Umtragen in Kauf.
                                                                                  http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    • 11979
                                                                                    • Privat


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                                                                                    AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                    Zitat von German Tourist Beitrag anzeigen
                                                                                    ..Aber ich war vor allem heilfroh, dass ich die Seen am Saisonschluss für mich alleine hatte - und für diesen Bonus nehme ich gerne das Umtragen in Kauf.
                                                                                    Das ist auch wirklich schön zu hören ! Wobei ich Oktober für dort oben auch etwas anspruchsvoll finde. Es gab mal einen Paddelbericht vom Glaskogen, wo es nachts schon Minusgrade hatte.

                                                                                    Wie funktionierte es denn mit dem vollgepackten Faltboot auf dem Bootswagen ? Mußtest Du da umräumen (Gepäck in die Mitte, Sachen selber tragen...) und das Boot sehr vorsichtig festschnallen oder hat es das gut weggesteckt ?

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      • 849
                                                                                      • Privat


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                                                                                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                      Zitat von Prachttaucher Beitrag anzeigen
                                                                                      Das ist auch wirklich schön zu hören ! Wobei ich Oktober für dort oben auch etwas anspruchsvoll finde. Es gab mal einen Paddelbericht vom Glaskogen, wo es nachts schon Minusgrade hatte.
                                                                                      Der Wintereinbruch hat mich dann auch noch erwischt - dazu später mehr in meinem Bericht. Letztendlich kann ich aber aus langjähriger Erfahrung sagen, dass man sich auf so langen Touren an die Kälte ganz gut gewöhnt. Ich bin fast bis zum Schluss bei nur noch 4 Grad Tages max noch barfuss im Kajak gepaddelt. Sobald es tagsüber über 5 Grad hatte, war die Temperatur für mich kein großes Problem mehr. Leider war es gegen Ende dann öfters auch mal drunter....

                                                                                      Zitat von Prachttaucher Beitrag anzeigen
                                                                                      Wie funktionierte es denn mit dem vollgepackten Faltboot auf dem Bootswagen ? Mußtest Du da umräumen (Gepäck in die Mitte, Sachen selber tragen...) und das Boot sehr vorsichtig festschnallen oder hat es das gut weggesteckt ?
                                                                                      Gute Frage, denn das war eine der Lektionen, die ich auf dieser Tour lernen wollte. Ich habe das Kajak immer so gepackt, dass sich die schwerste Ausrüstung in nur zwei Drybags befand (1 x Proviant und 1 x Kleidung). Diese beiden Drybags befanden sich direkt hinter dem Sitz. Bei den Portagen habe ich dann einfach nur diese beiden schweren Taschen herausgenommen und konnte das Boot dann ganz gut alleine handhaben. Dann also Boot hinten anheben, Bootswagen drunter und das ganze festschnallen. Bei fast allen Portagen habe ich dann die beiden Drybags ins Cockpit gepackt und konnte so die Portage mit nur einmal laufen erledigen. Nur wenn es kurzfristig mal sehr steil wurde (meist direkt am Ein- oder Ausstieg) habe ich das Boot "leer" transportiert. Bei einigen wenigen kritischen Ausstiegsstellen habe ich das Boot noch weiter ausgeräumt, damit es mir beim "Heraushebeln" aus dem Wasser nicht bricht. Das Feathercraft K1 ist ein echt robustes Frachtschiff und hat erstaunlicherweise überhaupt keine Probleme gemacht.
                                                                                      http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        • 350
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                                                                                        AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                        Liebe Kartoffelsäcke,
                                                                                        bis zum letzten Jahr war ich noch einer der Euren. Bei einer meiner Touren wollten mir schon wildfremde Menschen zur Hilfe eilen, weil sie mein ungelenkes Rumgewälze als Verletzungsfolge interpretierten.
                                                                                        Irgendwann sagte mir jemand: Halt' dich einfach mit einer Hand vorn am Süllrand fest und zieh' dich nach vorn." Das ging ja nun gar nicht, soviel Power im Bizeps für einen einarmigen Klimmzug bringt mein paddelgestählter Körper nun doch nicht auf. Also blieb ich Kartoffelsack und versuchte den Ausstieg möglichst ohne Publikum zu bewerstelligen.
                                                                                        Im vergangenen Jahr sah ich dann Jemanden mit noch dünneren Ärmchen als bei mir elegant dem Boote entsteigen. Folgerung: Irgendetwas mache ich falsch. Also grübel und probier ...
                                                                                        Eigentlich ganz einfach: Der Impuls kommt kaum aus der Armmuskulatur sondern aus den Beinen. Dazu setzt man sich in der Sitzluke soweit wie möglich nach hinten, neigt den Oberkörper ein wenig nach vorn und (ganz wichtig) zieht die Füße so dicht an den Hintern wie es geht. Die Knien liegen fast an der Brust. Jetzt eine Hand vorn an den Süllrand und die Beinmuskulatur strecken... (Der Griff an den Süllrand dient in erster Linie dazu, dass man bei der Aktion nicht hinten aus dem Boot fällt.)
                                                                                        Die alten Paddelhasen mögen schmunzeln, ich bin erst seit 4 Jahren Paddler und für mich war es echter AHA-Effekt.
                                                                                        Zuletzt geändert von Paddolf; 06.11.2014, 19:04.

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                          Lelang und Västra Silen

                                                                                          Nächster Programmpunkt war nun Bengtsfors, wo ich wieder mal einkaufen wollte. Erst mal wieder das übliche Theater mit dem Anlanden (diesmal über Steine auf einen überwucherten Pfad) und dann das Erkunden der Umgebung. Der Kanal ist in Bengtsfors tief „eingegraben“ und so rekrutierte ich einen älteren Herrn, der mich unvorsichtigerweise auf meine Tour angesprochen hatte, mir beim Hinuntertragen auf den Bootssteg zu helfen. Bevor es aber wieder los ging, marschierte ich erst mal in die Stadt, um Lebensmittel zu kaufen und Benzin für meinen Kocher zu tanken. Zurück am Boot (ich machte mir mittlerweile keine großen Sorgen mehr, wenn ich mein Boot mal eine Stunde alleine lassen musste) wunderte ich mich ein bisschen, warum hier so viele Leute rumschwirrten. Als dann ein großer Trupp von Läufern über die Schleusenbrücke rannte, dämmerte es mir: Am heutigen Samstag fand hier wohl eine Art Volkslauf statt. Und so wartete ich dann auch, bis sich die Aufmerksamkeit der Zuschauer komplett auf die Läufer richtete, bevor ich in mein Boot einstieg..... und kenterte.

                                                                                          Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich bei diesem Bootssteg von Anfang an ein blödes Gefühl hatte. Es handelte sich um eine Art schwimmende Plattform, die allerdings sehr niedrig war – sie lag ca. 10 cm unter dem Süllrand meines Kajaks. Erfahrene Paddler wissen jetzt wahrscheinlich schon, was passiert ist. Ich dachte nur, dass ich ja schon hundert Mal von einem Bootssteg in mein Kajak eingestiegen bin – immer ohne Probleme. Nur war in all diesen Fällen der Steg höher gelegen als der Süllrand meines Bootes. Man setzt sich auf den Bootssteg, stellt seine Füsse ins Cockpit, verlagert dann einfach seinen Schwerpunkt (oder zu gut Deutsch seinen Hintern) vom Steg in Richtung Cockpit und lässt sich dann im richtigen Moment einfach mehr oder minder elegant reinplumpsen. Wenn der Steg allerdings wie in meinem Fall niedriger ist als der Süllrand, klappt das nicht mit dem Reinplumpsen. Ich kriegte meinen Hintern nicht über den Süllrand, während das Boot vom Steg wegdriftete und ich letztendlich slapstickmäßig kenterte. Ich glaube, dass die ganze Aktion sehr lustig ausgesehen hat.

                                                                                          Die gute Nachricht war, dass mein gesamter Oberkörper dabei trocken blieb. Die schlechte Nachricht war, dass das Boot komplett gekentert war und ich jetzt meine Müh und Not hatte, es samt oben draufgeschnalltem Bootswagen wieder umzudrehen. Natürlich hatte ich hier auf dem geschützten Kanal keine Seasock verwendet und so war das Boot komplett vollgelaufen. Der größte Lerneffekt bestand darin, dass ich jetzt endlich wusste, warum ich immer eine Lenzpumpe mit mir rumschleppe. Glücklicherweise war es ein relativ warmer Tag und ich fror nicht. Als ich das Boot dann leer räumte und den Schaden evaluierte, entdeckte ich ein weiteres Problem. Meine Packsäcke waren aufgrund der vielen Einkäufe natürlich randvoll gewesen – und damit hatte ich sie nicht richtig schließen können, so dass in mehreren Säcken etwas Wasser eingedrungen war. Ich breitete meine gesamte Habe auf dem Bootssteg zum Trocknen aus, während ich das Boot komplett auspumpte und trocknete. Glücklicherweise hatten sich die Volkslaufzuschauer mittlerweile verzogen, denn blöde Kommentare hätten mir jetzt gerade noch gefehlt. Nach zwei Stunden war dann alles wieder verpackt und ich endlich wieder abmarschbereit – und um eine wertvolle Erfahrung reicher.



                                                                                          Ich paddelte dann doch noch 10 km, bevor ich an einem Lagerplatz anlandete und in den letzten Strahlen der Abendsonne wieder alles zum Trocknen ausbreitete. Das ganze war sehr glimpflich ausgegangen und den größten Schaden dieser Aktion bemerkte ich erst einige Tage später. Ich bewahre die Packtasche des Faltboots ganz vorne im Boot auf, also vor dem ersten Spant. Durch das Kentern war auch die Packtasche feucht geworden und schimmelte jetzt an ihrem unzugänglichen Platz vor sich in. Ich musste sie später vor ihrem nächsten Einsatz gründlich schrubben und auslüften, bevor ich sie wieder verwenden konnte.

                                                                                          Am nächsten Tag hatte ich morgens meine letzte Begegnung mit Paddlern auf dieser Tour. Ich paddelte nördlich den Lelang hoch, als keine 2 Minuten vor mir insgesamt 4 Kanadier vom Lagerplatz auf der Insel Taraldsön abstießen. Da hier mittlerweile niemand mehr unterwegs war, ging ich eigentlich davon aus, dass die Paddler für ein kleines Schwätzchen auf mich warten würden. Aber weit gefehlt. Die acht Burschen paddelten bzw. eierten immer ein paar hundert Meter vor mir her, wobei sie einen derartigen Zickzack-Kurs hinlegten, dass mir nicht so recht klar war, wo sie denn nun eigentlich hin wollten. Nach gerade mal einer halben Stunde paddeln legte die ganze Meute an einer Schäre an. Acht Mann sprangen aus ihren Booten, wobei sich die eine Hälfte gleich zum Pinkeln hinter einen der kärglichen Bäume verzog – schlechtes Blasenmanagement.... Danach zückten wirklich alle 8 Mann jeweils ihre Kamera und unter lautem Gegröhle („Unser Lied.... zwo, drei, vier....“) setzte wildes Fotographieren ein. Beliebtestes Motiv: Die Akteure schwenken (und vernichten anschließend) eine Bierdose. (Es war gerade mal 11 Uhr vormittags.) Natürlich handelte es sich um Deutsche.... Ich paddelte rasch vorbei und wurde sowieso keines Blickes gewürdigt. Da ich wenig später dann aus dem Lelang in die Schleuse von Gustavsfors einbog, habe ich die Truppe glücklicherweise auch nicht wieder gesehen.

                                                                                          Da ich später wieder durch dieselbe Schleuse in den Lelang zurück wollte, lohnte sich in diesem Fall mal die lange Portage-Erkundungstour zu Fuss. Zum Anlanden steht hier freundlicherweise eine Bootsrampe zur Verfügung. Nur danach wird es schwierig: Entweder über die eigentliche Schleuse zur anderen Kanalseite mit prima Sandstrand (was leider alleine mit Bootswagen nicht machbar war) oder über das Gelände eines Kanuverleihers an einen Bootssteg Marke „kentern garantiert“. Ich entschied mich für letzteres, nachdem ich neben dem extrem niedrigen Bootssteg eine flache Stelle im Wasser zum Einsteigen fand. Der Kanuverleiher hatte sein Gelände weiträumig mit Elektrozaun abgesperrt, aber auf dem Zaun war kein Saft, so dass ich mich durchmogeln konnte. Anscheinend gab es hier überhaupt keinen Strom mehr, denn auch die Steckdosen an den Schleusen-Bedienungseinheiten waren leider ebenfalls abgestellt.

                                                                                          Aus dem schmalen Schleusenkanal wieder draußen überquerte ich den Västra Silen unter Erforschung aller auf der Strecke befindlicher Lagerplätze und übernachtete am Ostufer, denn für die nächsten Tage war Ostwind angesagt. Überhaupt war der Wetterbericht nicht allzu verheißungsvoll. Nachdem ich einen ganzen Monat lang herrliches Spätsommerwetter genossen hatte, sollte wohl jetzt so langsam der Winter hereinbrechen. Es sollte viel Wind, immer wieder Regen und sinkende Temperaturen geben. Und ich hatte nun leider in Bengtsfors etwas wenig eingekauft, was bedeutete, dass ich es jetzt bis Arjäng schaffen müsste. Dabei störte mich nur ein kleines Luxusproblem: Auf dem Västra Silen gibt es südlich von Arjäng keine DANO-Lagerplätze mehr, aber angesichts des drohenden Regens wollte ich nicht unbedingt zelten. Im Klartext hieß das dann, dass ich in einem Tag die 14 km (Luftlinie!) von der letzten Schutzhütte nach Arjäng hin – und auch wieder zurück paddeln musste. Das wären wohl mindestens 32 km paddeln mit langer Einkaufspause bei ca. 10 Stunden gutem Tageslicht. Für Menschen mit guter Paddeltechnik sicherlich ein Klacks, aber bei meiner lausigen Technik war ich schon gespannt, wie ich das bewältigen würde.

                                                                                          Ich startete gleich nach Sonnenaufgang und kam auch halbwegs planmäßig um 12.30 Uhr in Arjäng an, wo ich mein Boot an der Bootsrampe des großen Gasthafens bequem aus dem Wasser kriegen konnte. Nur leider war nun ausgerechnet hier der Ortskern fast 2 km weit vom Hafen entfernt. Immerhin wurde mir auf dem langen Fußmarsch erst mal warm. Leider artete dann alles etwas in Stress auch, denn ich wusste ja, dass ich jetzt maximal zwei Stunden Zeit zum Einkaufen hatte, wenn ich noch am selben Tag zurück zu einer Schutzhütte wollte. Und so verzichtete ich schweren Herzens auf das örtliche Thai AYCE Buffet genauso wie auf einen Besuch der Bibliothek, wo ich sehr gerne am Computer meinen Blog auf den neuesten Stand gebracht hätte. Also gab es lediglich gegrillte Rippchen aus der heißen Theke des Supermarktes zum Mittagessen und Internet surfen fiel aus. Trotzdem gelangte ich erst um 14.30 Uhr wieder am Hafen an und musste mich dann auf dem Rückweg ordentlich ins Zeug legen. Aber selbst schuld: Wenn ich Weichei schon unbedingt in einer Schutzhütte schlafen wollte statt zu zelten, dann musste ich jetzt eben ackern. Letztendlich klappte alles sehr gut und trotz recht unruhigem Wellengang kam ich noch eine Viertelstunde vor Sonnenuntergang an der heiß ersehnten Schutzhütte an – mit Proviant für 5 Tage im Boot.



                                                                                          Der Wetterbericht verhieß nichts gutes für den nächsten Tag, so dass ich nur den nahegelegenen Bufjorden erforschen wollte. Ich hoffte, dass mir in dem engen Fjord der heftige Wind nicht allzu viel zu schaffen machen würde, aber ich musste dann doch ganz schön kämpfen. Auf der Karte sah es so aus, als ob es eine Portagemöglichkeit vom Bufjorden in den Östra Silen geben würde und tatsächlich: die Portage war sogar ausgeschildert! Dies war mein Notfallplan, falls sich der Wind am nächsten Tag nicht legen sollte. Für heute kehrte ich dann aber mit heftigem Rückenwind an die Schutzhütte am Ausgang des Bufjorden zurück, wo ich gerade bei Einsetzen des Regens anlangte.

                                                                                          Der Wind drehte am nächsten Tag auf Südost und ich beschloss, es wieder zurück auf den Lelang zu wagen. Erst eine etwas unruhige Passage über den Västra Silen und dann in den paradisisch ruhigen Kanal- und Schleusenabschnitt bei Gustavsfors. Hier kannte ich mich ja nun schon aus. Zurück auf dem Lelang paddelte es sich bei schönem Rückenwind erst gar nicht so schlecht, bis ich eine Bucht queren musste und plötzlich die Wellen seitwärts kamen. Als es dann auch noch anfing zu regnen, machte ich den Fehler, für eine Pause anzulanden. Im Surf am Sandstrand kam ich nicht schnell genug aus dem Boot und wurde ordentlich geduscht. Bibbernd stand ich dann in Ermangelung eines besseren Regenschutzes unter einem Baum und fragte mich, wie ich hier jemals wieder wegkommen sollte. Der nächste Lagerplatz war nur einen Kilometer Luftlinie entfernt, aber das Wegkommen würde hier nicht einfach werden. Egal, alles besser als hier rumstehen und frieren. Ich schob das Kajak an eine etwas geschützere Stelle und schaffte es tatsächlich einzusteigen und abzulegen, ohne wieder komplett geduscht zu werden. Der Wind war mittlerweile so stark, dass ich ich für einen Kilometer fast 45 Minuten brauchte. Endlich kam der nächste Lagerplatz in Sicht und Hurra – es gab auch eine Schutzhütte. Hier verbrachte ich dann den ganzen Nachmittag und nächsten Vormittag, während ich erst den heftigen Wind und dann einen stetigen Regen beobachtete. In einer Schutzhütte ist das ja alles kein Problem.



                                                                                          Als es am nächsten Mittag endlich aufklarte, machte ich mich auf den Weg nach Lennartsfors, wo ich dann endlich die richtige Schleusenumtragungsstrategie lernte. Es hat in Dalsland in der Regel keinen Sinn, direkt an der Schleuse anlanden zu wollen. Dort finden sich fast nie geeignete Aus- oder Einstiegsplätze und es gibt auch keinen durchgehenden Treidelpfad wie am Götakanal. Es ist viel erfolgsversprechender, auf der Karte nach potentiellen Anlandemöglichkeiten in der Nähe zu suchen, also flache Uferstücke mit möglichst einer Strasse in der Nähe. Wenn sich dann noch ein Gasthafen oder am besten eine offizielle Badestelle findet, hat man das große Los gezogen. So war es auch hier in Lennartsfors. Ich steuerte direkt eine kleine Bucht 400 m entfernt von der Schleuse an. Hier führte die Strasse fast direkt am Ufer entlang und es gab sogar einen Mini-Sandstrand. (Alles wäre prima gewesen, wenn es nicht genau in diesem Moment angefangen hätte, zu regnen.) Ich schaffte es sogar, mein Boot auf dem Bootswagen schräg den wirklich steilen Abhang zur Strasse hinauf zu schieben, wobei die ganze Konstruktion nur einmal umgekippt ist. Dann auf der Strasse entlang über die Schleuse, wo mir ein kurzer Blick schon sagte, dass ich hier direkt an der Schleuse nie hätte umtragen können. Ich steuerte dann auch direkt nächste Badestelle an, wo ich ganz komfortabel an einer Bootsrampe wieder einsetzen konnte – und mit einem herrlichen Regenbogen belohnt wurde.

                                                                                          http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            • 849
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                                                                                            AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                            Zitat von Paddolf Beitrag anzeigen
                                                                                            Liebe Kartoffelsäcke,
                                                                                            bis zum letzten Jahr war ich noch einer der Euren. Bei einer meiner Touren wollten mir schon wildfremde Menschen zur Hilfe eilen, weil sie mein ungelenkes Rumgewälze als Verletzungsfolge interpretierten.
                                                                                            .....
                                                                                            Eigentlich ganz einfach: Der Impuls kommt kaum aus der Armmuskulatur sondern aus den Beinen. Dazu setzt man sich in der Sitzluke soweit wie möglich nach hinten, neigt den Oberkörper ein wenig nach vorn und (ganz wichtig) zieht die Füße so dicht an den Hintern wie es geht. Die Knien liegen fast an der Brust. Jetzt eine Hand vorn an den Süllrand und die Beinmuskulatur strecken... (Der Griff an den Süllrand dient in erster Linie dazu, dass man bei der Aktion nicht hinten aus dem Boot fällt.)
                                                                                            Lieber Paddolf,
                                                                                            erst mal vielen Dank für Dein offenes Bekenntnis und willkommen im Klub der Kartoffelsäcke - aber leider bist Du uns ja aufgrund Deines Erkenntnisgewinns schon wieder abhanden gekommen.
                                                                                            Ich habe Deine Ausführungen interessiert gelesen und jetzt eine ganze Nacht darüber gegrübelt - nur eines ist mir noch unklar: Funktioniert das ganze auch im Faltboot? Du bist ja in einem Festboot unterwegs, wo Du sozusagen festen Grund unter den Füssen hast. Wenn ich mir so vorstelle, diese Turnübung in meinem "nachgiebigen" Faltboot zu machen, dann habe ich da so meine Zweifel....
                                                                                            Vielleicht könnte sich ja mal ein erfahrener Faltbootfahrer zu dem Thema äußern und mich womöglich aus meinem Kartoffelsack-Dasein befreien.....
                                                                                            http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              • 1555
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                                                                                              AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                              Nun aber zur „Kartoffelsack“-Methode: Man suche sich eine möglichst wenig steile Stelle mit Grasbewuchs und möglichst wenig und nur stumpfen Steinen. Man fährt parallel so nah als möglich an das Ufer ran – möglichst ohne schon dabei das Boot irgendwo aufzuspießen. Dann krallt man sich mit beiden Armen im Gras fest und hofft, dabei nicht in irgendwelcher Hundekacke zu landen. Jetzt zieht man sich daran wie ein nasser Sack Kartoffeln aus dem Boot und robbt an Land
                                                                                              Von Paddelbrücke hast du schon gehört? Gilt als uncool und die Cracks jammern dann immer über ihr Paddel, stabilisiert aber das Boot und den Insassen - ich zumindest lande da immer auf den Füßen. Mal mehr, mal weniger elegant, aber es werden höchstens die Füße nass. Bis "aufzuspießen" ist das identisch, Methode vorne den Süllrand greifen und Schwung nehmen kann ich mir gerade auch nicht wirklich vorstellen. Hinten. Wenn das Paddel nicht wirklich mithilft, da der Hang steil ist oder so, eher mit beiden Händen halbwegs hinten-seitlich. Bisschen stützen muss wohl sein, aber man muss dafür nicht trainieren. Da sind noch die angezogenen Beine, damit steigt man dann eins nach dem anderen aus ... der tricky Moment ist für mich, wenn ein Bein steht, Gewichtsverlagerung ans Ufer, und das andere noch im Boot hängt. Man beeilt sich dann.
                                                                                              Zuletzt geändert von Katun; 07.11.2014, 12:28.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                • 849
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                                                                                                AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                Ja, Paddelbrücke kenne ich.... Als ich die das letzte Mal auf dem Mississippi ausprobiert habe, ist mir mein Paddel durchgebrochen.....



                                                                                                Für Menschen mit Paddel aus Carbon Fibre ist diese Methode mit Vorsicht zu genießen...

                                                                                                Aber nochmals zu Paddolfs "Hau-Ruck-Methode": Klappt das auch im Faltboot mit nachgiebigem Boden?
                                                                                                http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  • 3083
                                                                                                  • Privat


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                                                                                                  AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                  die von paddolf beschriebene methode klappt natürlich auch im faltboot. nur musst du dich dann auf das kielrohr "stellen". wenn du eine matte oder die seesocke darüber liegen hast, wird das ganze natürlich etwas schwabbelig, geht aber immer irgendwie.

                                                                                                  wenn mein cockpit zu eng ist, um meine knie im sitzen anzuwinkeln, stemme ich mich mit beiden händen, seitlich am süllrand hoch. der angelüpfte po, kommt hinten auf den süllrand zum sitzen und kann so meine füße sortieren.

                                                                                                  bei ungünstigen anlegestellen, wo die gefahr einer "lustigen grätsche" gegeben ist, leine ich mein paddel an und werfe es es "anker" an land. wenn ich mich beim aussteigen jetzt blöd vom boot abstoße, hängt es an der leine und das paddel gibt soviel wiederhalt, dass mir mein boot nicht gleich fort treibt.
                                                                                                  https://www.wildoor.de/

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    • 738
                                                                                                    • Privat


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                                                                                                    AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                    Es soll sich bei der Paddelbrücke auch nicht auf das Paddel gesetzt werden, sondern das Paddel fungiert nur als Ausleger zur Stabilisierung. Siehe hier:http://ger.kayakpaddling.net/
                                                                                                    Das funktioniert auch nach vorne und in jedem Boot. Manch einer benutzt die Vorleine um sich daran nach vorne im Cockpit hochzuziehen!

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Alter Hase
                                                                                                      • 23.06.2011
                                                                                                      • 3083
                                                                                                      • Privat


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                                                                                                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                      blöd beim K1 ist, dass das achterdeck einen first hat. selbst wenn man den paddelschaft mit der hand an den süllrand klemmt, ist das eine wackelige sache.
                                                                                                      https://www.wildoor.de/

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Dauerbesucher
                                                                                                        • 09.05.2006
                                                                                                        • 849
                                                                                                        • Privat


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                                                                                                        AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                        Zitat von wilbert Beitrag anzeigen
                                                                                                        die von paddolf beschriebene methode klappt natürlich auch im faltboot. nur musst du dich dann auf das kielrohr "stellen". wenn du eine matte oder die seesocke darüber liegen hast, wird das ganze natürlich etwas schwabbelig, geht aber immer irgendwie.
                                                                                                        Läuft man dabei nicht Gefahr, dass das Kielrohr bricht?

                                                                                                        Zitat von Trapper Beitrag anzeigen
                                                                                                        Es soll sich bei der Paddelbrücke auch nicht auf das Paddel gesetzt werden, sondern das Paddel fungiert nur als Ausleger zur Stabilisierung. Siehe hier:http://ger.kayakpaddling.net/
                                                                                                        Das man sich nicht auf das Paddel setzen soll, ist mir schon klar. Bei den Carbon Fibre Paddeln kann aber schon das Festklemmen - wie in meinem Fall - zum Bruch führen.
                                                                                                        http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                          • 23.06.2011
                                                                                                          • 3083
                                                                                                          • Privat


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                                                                                                          AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                          Läuft man dabei nicht Gefahr, dass das Kielrohr bricht?
                                                                                                          nee, da ist ja noch die bootshaut die alles zusammen hält. das einzige was passieren kann ist, dass einer der stifte beim spant rausflutscht. aber das kriegt man wieder reingefummelt.
                                                                                                          Zuletzt geändert von wilbert; 07.11.2014, 20:13.
                                                                                                          https://www.wildoor.de/

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Freak

                                                                                                            Liebt das Forum
                                                                                                            • 21.01.2008
                                                                                                            • 11979
                                                                                                            • Privat


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                                                                                                            AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                            Zitat von German Tourist Beitrag anzeigen
                                                                                                            ...Das man sich nicht auf das Paddel setzen soll, ist mir schon klar. Bei den Carbon Fibre Paddeln kann aber schon das Festklemmen - wie in meinem Fall - zum Bruch führen.
                                                                                                            Warum denn festklemmen ? Ich halte das mit einer Hand am Süllrand fest und versuche das benutzte Stück möglichst kurz zu halten.

                                                                                                            Bin auch immer mit Carbonpaddel unterwegs, seit einiger Zeit auch mit einem zweigeteilten, was auch nicht unbedingt stabiler ist. Mit entsprechender Übung gestaltet sich das Aussteigen so zügig, daß es zu keiner großartigen Belastung des Paddels führt. Mir erscheint die Paddelbrücke deutlich sicherer als die Wälzvariante, die ich nur beim Aussteigen am Hang anwende. Gerade auch in den Schären mit manchmal steilen Kanten, Algenbewuchs - da rauswälzen, ausgleiten und ins kalte Wasser rutschen... Am liebsten suche ich eine seichte Stelle / einen Stein wo ich sicher hintreten kann.

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Erfahren
                                                                                                              • 22.10.2014
                                                                                                              • 350
                                                                                                              • Privat


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                                                                                                              AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                              Huch ja, an die besonderen Ausstiegs-Probleme bei Faltbooten hatte ich nicht gedacht. Und wer hat schon so breite Füße, dass beim Stehen auf der Bootshaut das Eigengewicht folgenlos verteilt wird.

                                                                                                              Ansonsten, wo sind eigentlich die Fotos Deines nassen Einstiegversuchs, so dass wir in aller Ruhe hintern warmen Ofen analysieren können, welche Fehler uns nie unterlaufen würden ...
                                                                                                              Aber im Ernst, solche Erlebnisse machen erst die Würze einer Paddeltour aus. Immer nur schön wäre ja langweilig. In diesem Sinne hoffe ich, dass Du noch über viel Schönes mit ein wenig "Würze" berichten kannst.

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Freak

                                                                                                                Liebt das Forum
                                                                                                                • 20.07.2009
                                                                                                                • 12705
                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                Ich kann mich momemtan nicht erinnern, aber habe ich hier im Forum eigentlich schon einmal den Bootshaken erwähnt? Nicht?
                                                                                                                Da kann man sich prima an steilen Böschungen an Bäumen, Büschen, Wurzelwerk, Geländern, Steinen etc. einhaken und aus dem Boot nach oben ziehen. Gute Ausstiegshilfe. Nun habe ich es verraten. Bisher hatte ich den exclusiv für mich.

                                                                                                                German Tourist, ich lese Deine Reiseberichte gerne. Tolle Leistungen, dabei uneitel und selbstironisch.

                                                                                                                Ditschi

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Fuchs
                                                                                                                  • 10.06.2009
                                                                                                                  • 1188
                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                  AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                  Zitat von Ditschi Beitrag anzeigen
                                                                                                                  Ich kann mich momemtan nicht erinnern, aber habe ich hier im Forum eigentlich schon einmal den Bootshaken erwähnt? Nicht?
                                                                                                                  Da kann man sich prima an steilen Böschungen an Bäumen, Büschen, Wurzelwerk, Geländern, Steinen etc. einhaken und aus dem Boot nach oben ziehen. Gute Ausstiegshilfe. Nun habe ich es verraten. Bisher hatte ich den exclusiv für mich.

                                                                                                                  Ditschi
                                                                                                                  Du hattest sogar einen Thread dazu eröffnet :

                                                                                                                  https://www.outdoorseiten.net/forum/...ght=bootshaken

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Lebt im Forum
                                                                                                                    • 16.09.2013
                                                                                                                    • 5073
                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                    AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                    Wilberts Paddel-Anker-Technik und Ditschis Bootshaken muss ich mir mal merken. Aber bei meinen Luftbooten geht das Ein- und Aussteigen mit Paddolfs Fußtechnik eigentlich gut genug. Beim Faltbooten wird es mit den Füßen auch für mich schon schwieriger, obwohl ich ultraleicht bin und gelenkig bin. Aber meistens klappt es noch eingermaßen. An sandigen Stellen steige ich gerne übers Wasser ein und aus und ich kenne eine ältere Damem mit Faltboot, die wenn sie alleine und ohne Hilfe ist, immer ins Wasser geht. Im Winter ziehe ich mir fürs Aussteigen ins Wasser meistens kurzzeitig fast-kniehohe Gummistiefel an und im Sommer meine wasserfesten Chaco-Sandalen. Paddeln tue ich wie Christine meistens barfuß oder in Socken. Beim Einsteigen aus dem Wasser krätsche ich am liebsten übers Boot und lasse mich dann auf den Sitz plumpsen.

                                                                                                                    Bei Wind oder Strömung fürchte ich beim Ein- oder Aussteigen, mein Boot zu verlieren. Deshalb habe ich vorne und hinten eine Leine und mache möglichst mindestens eine an Land fest. Oder ich habe eine Leine mit Schlaufe in der Hand.

                                                                                                                    So ein Bootshaken ist allerdings eigentlich zu schwer und sperrig für Ultraleicht-Paddler wie Christine. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit einen aufs Paddel aufsteckbaren Bootshaken zu basteln? Oder eben einen Wurfanker mit Seil.
                                                                                                                    Zuletzt geändert von AlfBerlin; 07.11.2014, 22:16.

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Freak

                                                                                                                      Liebt das Forum
                                                                                                                      • 20.07.2009
                                                                                                                      • 12705
                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                      @ Itchy ST , danke, ich weiß. Die Erinnerungslücke war scherzhaft gemeint.

                                                                                                                      Damit Christine es versteht, sei sie auf den thread verwiesen. Ich hatte es gewagt, ein im seemännischen Bereich äußerst gebräuchliches Utensil auf eine andere Bootsgattung, nämlich auf Kanus, zu übertragen. Was dabei herausgekommen ist, kannst Du ja nachlesen. Wat de Buur ni kennt, ....
                                                                                                                      Ich benutze ihn nach wie vor und möchte ihn nicht mehr missen. Die prophezeiten Kenterungen blieben aus. Ausstiegshilfe ist nur eine Anwendung.
                                                                                                                      @ Alf, 120m lang, durch Drehung teleskopierbar auf 2,10 m, salzwasserresistentes Aluminium mit Gummigriff, 651 g schwer. Im Canadier kein Problem. Im Kajak mit Klettband auf`s Bootsdeck?
                                                                                                                      Wurfanker mit Seil wäre als Ausstiegshilfe auch machbar, dürfte aber schwerer sein. Problem: wenn der sich verhakt und Du den Ausstieg nicht schafftst, kannst Du ihn nicht mehr lösen. Strickleiter mit Haken wäre auch ein Denkansatz, hat aber das gleiche Problem wie der Wurfanker. Bootshaken ist vielseitiger und besser händelbar.
                                                                                                                      Fangleine ist nicht nur beim Kanu, sondern bei jedem Boot obligatorisch.
                                                                                                                      Gruß Ditschi
                                                                                                                      Zuletzt geändert von Ditschi; 07.11.2014, 23:36. Grund: Ergänzung

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        Fuchs
                                                                                                                        • 10.06.2009
                                                                                                                        • 1188
                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                        Zitat von Ditschi Beitrag anzeigen
                                                                                                                        @ Itchy ST , danke, ich weiß. Die Erinnerungslücke war scherzhaft gemeint.
                                                                                                                        Ach was. Wäre ich nie drauf gekommen. Danke für den Hinweis.

                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                          Anfänger im Forum
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                                                                                                                          • 27
                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                          Hey,

                                                                                                                          das hat der Heinz Zölzer schon länger im Angebot:

                                                                                                                          http://www.zoelzer.de/content.php?Produkte%2FKanusport%2FSicherheit%2FWurfsäcke%2C+Cowtails%2C+Schleppleinen+%26+Zubehör%2FBergehaken+&seite=shop/produkte.php&details=77&hauptrubrik=151

                                                                                                                          und man spart die Stange....


                                                                                                                          nette Grüße knuttchen

                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                            Freak

                                                                                                                            Liebt das Forum
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                                                                                                                            • 12705
                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                            Danke, kannte ich noch nicht. Leicht, aber teuer. Immerhin hat mal jemand nachgedacht.
                                                                                                                            Ich will aber nicht die Bootshakendiskussion neu beleben.
                                                                                                                            Hier geht es darum, Denkanstöße zu geben, wie man eleganter aus dem Boot kommt als mit der Kartoffelsackmethode. Insbesondere bei steilem Ufer und tiefem Wasser. Sonst ist es einfach.
                                                                                                                            Ob aufklemmbarer Haken oder Bootshaken, das Prizip ist gleich: man kann sich einhaken, auf die Füße kommen und hochhangeln.
                                                                                                                            Ditschi

                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                              Anfänger im Forum
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                                                                                                                              • 27
                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                              AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                              denkanstoss,


                                                                                                                              meine prinzessin paddelt seit 41 jahren mit mir .......(Bildnachweise im BdT im FBF) ich steige aus (alle Methoden wurden erprobt ((ohne paddelbruch))und ich helfe beim aussteigen) meist behält sie trockene füße.....(ganz wichtig)...manchmal wird mehr nass; siehe german tourist....

                                                                                                                              bei heinz zölzer gibt es für uns fortgeschrittene paddler noch folgende hilfe http://www.zoelzer.de/content.php?session=066ec00b445cc25fee51075622041e66&Produkte%2FKanusport%2FBootszubehör%2FEin-+%26+Austiegshilfe&seite=shop/produkte.php&details=1656&hauptrubrik=158

                                                                                                                              auf weitere innovationen gespannt, knuttchen

                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                Freak

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                                                                                                                                • 12705
                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                Hallo Knuttchen,

                                                                                                                                noch eine Neuvorstellung für mich. Danke. Schön auch zu lesen, daß Du Erfahrung hast. Von einem Newbee nimmt die Fachwelt schon garnichts an. Nur eine Anregung: wir machen da

                                                                                                                                https://www.outdoorseiten.net/forum/...49#post1349649

                                                                                                                                mittlerweile weiter, um den Reisebericht von Christine nicht mit dem Thema zu überfrachten. Das hat er nicht verdient.

                                                                                                                                Gruß Ditschi

                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                  Anfänger im Forum
                                                                                                                                  • 10.02.2013
                                                                                                                                  • 27
                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                  Inzwischen Mahlzeit an die Mitleserschaft,

                                                                                                                                  wir warten ja schon gespannt auf die Fortsetzung durch Christine,,

                                                                                                                                  da dachte ich, dass Alternativen zur Kartoffelsackmethode hilfreich seien



                                                                                                                                  neblige grüße knuttchen

                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                    Dauerbesucher
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                                                                                                                                    • 849
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                                                                                                                                    Zitat von Knuttchen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                    Inzwischen Mahlzeit an die Mitleserschaft,

                                                                                                                                    wir warten ja schon gespannt auf die Fortsetzung durch Christine,,

                                                                                                                                    da dachte ich, dass Alternativen zur Kartoffelsackmethode hilfreich seien
                                                                                                                                    Die Fortsetzung ist schon in Arbeit - nur noch etwas Geduld.

                                                                                                                                    Ich verfolge hier fasziniert alle genannten Alternativmethoden, aber leider sind die alle für das Faltboot nicht so wirklich geeignet. Mein Problem ist ja nicht, dass ich mich nicht hochstemmen kann. Dazu bräuchte ich auch keine Ausstiegshilfe oder keinen Bootsanker. Das würde ich durch Abstützen auf dem Süllrand ohne alle Hilfsmittel hinkriegen und Paddolf hat die Profi-Methode ja sehr gut beschrieben. Das eigentliche Problem im Faltboot ist, dass man im Gegensatz zu Festbooten keinen festen Grund unter den Füßen hat. Auf das Kielrohr möchte ich ehrlich gesagt bei meinem Gewicht auch nicht steigen... Das Feathercraft K1 hat darüber hinaus noch den Nachteil, dass ich mich auch nicht hinter dem Sitz auf das Boot setzen kann, denn der Spant hat einen First, der noch dazu mit dem Drehkopf einer Schraube verziert ist - da sitzt es sich höchst unbequem.
                                                                                                                                    http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                      Freak

                                                                                                                                      Liebt das Forum
                                                                                                                                      • 21.01.2008
                                                                                                                                      • 11979
                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                      Ich würde wirklich bei der Paddelbrücke bleiben. O.K. auf steinigem Untergrund lege ich mein Carbonpaddel auch nicht wirklich gerne hin. Alternativ würde sich anbieten das ggf. robustere Reservepaddel zu verwenden - in meinem Fall ist das ein Kandierpaddel aus Holz.

                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                        AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                        Zitat von Prachttaucher Beitrag anzeigen
                                                                                                                                        Ich würde wirklich bei der Paddelbrücke bleiben. O.K. auf steinigem Untergrund lege ich mein Carbonpaddel auch nicht wirklich gerne hin. Alternativ würde sich anbieten das ggf. robustere Reservepaddel zu verwenden - in meinem Fall ist das ein Kandierpaddel aus Holz.
                                                                                                                                        Aufgrund meines nomadischen Lebenswandels ist meine Ausrüstung voll auf Flugzeugtransport ausgerüstet, d.h. gewichts- und volumensorientiert. Im Klartext: Auch mein Reservepaddel ist ein vierteiliges Karbonpaddel..... Ich werde wohl den Rest meines Lebens ein Kartoffelsack bleiben....
                                                                                                                                        http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                                                          • 16.11.2009
                                                                                                                                          • 3184
                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                          AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                          Ich weiß nicht, wie der Boden bei den Feathercrafts gestaltet ist, ich nehme an, dass es zwei parallel verlaufende Kielrohre sind. Eine Möglichkeit wäre vielleicht, ein Brett (z.B. größeres dünnes Vesperbrett aus Kunststoff) zum Draufsteigen auf den Kielrohren zu befestigen, am besten mit aufgeklebtem Klett-/Flauschband. So habe ich das bei meinen Folbots gelöst, die Kielrohre haben.

                                                                                                                                          Ich bin kein Leichtgewicht und habe damit bisher keine Schäden an meinen Faltern angerichtet. Auch an meinen Paddeln nicht und ich verwende wo immer möglich die Paddelbrücke, mit Carbonschäften.
                                                                                                                                          Ablauf bei mir: Auf Steg/Ufer parallel zum Boot setzen bzw. neben dem Boot in die Hocke gehen (z.B. in flachem Wasser), Paddel etwa mit der Mitte hinter Süllrand legen und mit der Hand nach hinten greifend in der Mitte des Süllrands Süllrand und Paddel fest fassen. Andere Hand an den Paddelschaft und vorsichtig drauf stützen. Füße ins Boot und flott Hintern reinrutschen lassen.

                                                                                                                                          Hier gezeigt von meiner damals neunjährigen Tochter:




                                                                                                                                          Die Kartoffelsackmethode (jedenfalls eine ziemlich unelegante, unvorteilhafte Methode) verwende ich an zu hohen Stegen oder Ufern. Sieht etwa so aus, funktioniert an noch wesentlich höheren Stegen und auch umgekehrt:


                                                                                                                                          Einfach Aufstehen und Hochklettern mache ich ohne stützenden Partner nicht, obwohl ich mir einbilde, ein gutes Gleichgewicht zu haben.


                                                                                                                                          Bei aller Technik: gelegentliche "Performenceprobleme" beim Ein- oder Aussteigen sind normal, passieren bestimmt jedem Paddler ab und zu und jeder hofft, das gerade keine Zuschauer da sind...

                                                                                                                                          Grüße,

                                                                                                                                          Claudia

                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                            So etwa sieht das bei mir auch aus.....

                                                                                                                                            Zitat von Waldhexe Beitrag anzeigen
                                                                                                                                            Bei aller Technik: gelegentliche "Performenceprobleme" beim Ein- oder Aussteigen sind normal, passieren bestimmt jedem Paddler ab und zu und jeder hofft, das gerade keine Zuschauer da sind...
                                                                                                                                            Das ist heute mein Wort zum Sonntag! Danke für den Zuspruch!
                                                                                                                                            http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                              Foxen und Töck

                                                                                                                                              Der Wetterbericht versprach mal wieder viel Wind für den nächsten Tag – aber in Dalsland gibt es auch hierfür in der Regel eine Lösung: Ich wollte mich in einen Seitenarm des Foxen verdrücken, der auf meiner Karte verwirrenderweise auch Stora Le heißt, aber nichts mit dem großen Stora Le zu tun hat. Passenderweise gibt es direkt am Eingang zu diesem Seitenarm mehrere Lagerplätze – auf der Insel Getön sogar gleich vier. Natürlich befand sich der Lagerplatz mit Schutzhütte am Nordende der Insel, so dass ich erst mit den letzten Sonnenstrahlen dort angepaddelt kam. Rauch lag in der Luft und ich glaubte, in der Ferne eine Person zu erkennen. Waren tatsächlich noch weitere Paddler unterwegs und kampierten hier? Aber als ich am nächsten Morgen an dieser Stelle vorbei kam, war weit und breit niemand zu sehen. Entweder war ich einer Fata Morgana erlegen oder die Paddler waren sehr früh aufgebrochen.....



                                                                                                                                              In diesem kleinen Stora Le gab es jede Menge offizieller Lagerplätze, die ich alle eingehend erforschte. Nur als es Mittag wurde und zu regnen begann, stellte sich heraus, dass ausgerechnet der letzte Lagerplatz in diesem Seitenarm nicht mehr existent war. Ich hatte mich so sehr gefreut meine Mittagspause in einer Schutzhütte zu verbringen, aber stattdessen saß ich jetzt bibbernd im Nieselregen unter einem Baum und löffelte meinen Milchreis (risgröt). Es gab hier nicht mal mehr eine Trockentoilette. Enttäuscht brach ich schon nach 20 Minuten wieder auf, sonst wäre ich dort noch festgefroren. Glücklicherweise hatte ich für die Rückfahrt einen ordentlichen Zeitpuffer eingeplant, denn jetzt hatte ich den Wind oft gegen mich. Obwohl ich an diesem Tag nur eine relativ kurze Strecke gepaddelt war, war ich ziemlich fertig, als ich abends wieder an dem Lagerplatz auf Getön ankam.



                                                                                                                                              Aber jetzt war endlich mal eine Ruhepause in der Zivilisation in Sicht. Mein letzter „bezahlter“ Aufenthalt war jetzt fast drei Wochen her – auf dem Zeltplatz in Lidköping. Seitdem hatte ich mich immer nur mit kaltem Wasser waschen und meine Handyakkus an den Schleusen aufladen können (von meinem Kurzaufenthalt bei dem netten Schweizer Ehepaar mal abgesehen). Erfahrungsgemäß sind die Haare dabei das größte Problem. Haarewaschen mit kaltem Wasser und ohne Shampoo hilft nicht viel – nach einer Woche juckt die Kopfhaut. Zudem waren alle meine 4 Handyakkus jetzt fast komplett am Ende. Und vom Sauberkeitsgrad meiner Kleidung nach drei Wochen Paddeln will ich jetzt gar nicht erst sprechen. In Töcksfors sollte sich das alles ändern. Dort gibt es nämlich eine Jugendherberge, die das ganze Jahr über geöffnet hat – eine echte Ausnahme auf meiner Tour. Die meisten schwedischen Campingplätze sind nämlich nur im Sommer geöffnet, maximal bis Ende September. Bei vielen kleinen Jugendherbergen verhält es sich ähnlich. Aber Töcksfors liegt so nah an der norwegischen Grenze, dass das ganze Jahr über norwegische Shopping-Touristen durchkommen. Die Jugendherberge hatte ich im Internet für alle Fälle schon mal vorgebucht. Check-in ab 16 Uhr hieß es in der E-Mail-Bestätigung dann. Und dann schien erst mal alles schief zu laufen.

                                                                                                                                              In meinem 7 Jahre alten Führer stand, dass sich die Jugendherberge in einem Hotel befand, welches wiederum in der Nähe des Campinplatzes war. Ich war hocherfreut: Direkt am Campingplatz befand sich der Gasthafen. Ich würde dort also anlanden, mein Boot irgendwie verstecken oder festmachen und dann direkt mit all meiner Ausrüstung zur Herberge marschieren. Es war ja nicht weit. Direkt gegenüber vom Gästehafen befand sich auch noch eine überwucherte Uferstelle, wo schon einige Ruderboote in unterschiedlichen Verfallsstadien herumlagen. Dort landete ich an, schob mein Boot zur Tarnung etwas ins Gebüsch und lief mit Sack und Pack los in Richtung Herberge. Nur realisierte ich dann erst auf einem Ortsplan am Campingplatz, dass sich die Jugendherberge mittlerweile an einem völlig anderen Ort befand – nämlich am genau entgegengesetzten Ende der Stadt. Da stand ich nun und fühlte mich wie der Depp vom Dienst. Entweder musste ich jetzt meine ganze Ausrüstung zwei Kilometer weit durch den Ort schleppen und die ganze Strecke dann bei der anschließenden Portage noch zwei Mal laufen oder ich musste mein gut verstecktes Boot jetzt wieder auspacken, alles einladen und die Portage jetzt machen. Da ich nicht wusste, wie gut ich mein Boot an der Herberge abstellen konnte, beließ ich es in seinem Versteck und trabte los in Richtung Herberge, vorbei an gefühlten hundert norwegischen Shopping-Touristen, die mich in meinem abgerissenen Zustand erstaunt musterten.

                                                                                                                                              Als ich dann dort endlich völlig erschöpft angekommen war, erwartete mich schon der nächste Schicksalsschlag. Die Rezeption war abgeschlossen und schien sich auch um 16 Uhr nicht öffnen zu wollen, stattdessen sollte man per Telefonanruf einchecken. Ich sah schon eine entsprechende Schlüsselbox mit Nummerncode. Nur standen zwischen mir und meinen Zimmerschlüssel in der Box zwei Hindernisse: Ich hatte zwar eine schwedische SIM-Karte von Comviq gekauft, aber mein Prepaid-Plan beinhaltete nur Internet – keine Anrufe. Darüberhinaus war mein allerletzter Handyakku fast schon komplett am Ende. Jede Minute konnte mir der Saft ausgehen. Ich heulte fast vor Verzweiflung. Für Problem eins gab es eine Lösung: ich wechselte die schwedische SIM-Karte gegen meine normale deutsche SIM-Karte aus und siehe da: ich hatte schwedisches Netz. Und dank Aldi-Talk kann ich wie im gesamten EU-Ausland zum normalen deutschen Tarif telefonieren. Nur fragte ich mich, ob mein Handyakku das Aus- und wieder Einschalten überleben würde. Wahrscheinlich würde der Akku genau dann den Geist aufgeben, wenn mir der Nummercode für die Schlüsselbox durchgesagt wurde. Jetzt half also nur noch Beten, denn ich konnte nirgendwo eine Steckdose zum Akkuaufladen entdecken. Selten habe ich ein so angespanntes Gespräch geführt – aber der Akku hielt durch. Zwei Minuten später gab mir der Herbergsvater am Telefon den Nummerncode durch und 5 Minuten später saß ich in einem wunderschönen Einzelzimmer. 7 Minuten später machte mein Handy „Beep“ und der Akku war tot. Das war knapp. Ich atmete erst mal tief durch vor Erleichterung.

                                                                                                                                              Natürlich war genau in meinem Zimmer die Heizung defekt, aber andere freundliche Gäste gaben mir einen elektrischen Heizkörper. Jetzt musste ich mich förmlich zwingen, nicht sofort zum Entspannen aufs Bett zu sinken, sondern erst mal Wäsche zu waschen. Zur Belohnung schob ich mir dann in der luxuriösen Herbergsküche erst mal eine Tiefkühl-Pizza aus dem nahen Supermarkt in den Ofen. Bald wurde mir klar, dass ich nicht schon wie geplant am nächsten Tag wieder aufbrechen würde. Ich musste zuviele Dinge klären – vor allem meine Rückreise. Der Langzeitwetterbericht versprach immer weiter sinkende Temperaturen. Es wurde also Zeit, zum Ende zu kommen.

                                                                                                                                              Die Planung der Rückreise gestaltete sich schwieriger als erwartet. Außerdem musste ich alles über mein Smartphone recherchieren. Glücklicherweise verfügte die Herberge über ganz passables Wifi. Dennoch hing ich fast den ganzen Tag im Internet. Die Rückfahrt sollte über Göteborg erfolgen. Angesichts drohender Bahnstreiks wollte ich zunächst mit dem Bus von Göteborg nach Berlin fahren. Nur leider stellte sich diese Option als nicht ganz so optimal heraus. Die einzige Verbindung mit Eurolines ging nur über Nacht – und schlafen im Bus mit meinen 1,84 m ist nicht gerade einfach. Zudem würde die Begrenzung beim Gepäck auf max. 2 Gepäckstücke mit je 20 kg und maximalem Gurtmaß von 160 cm ziemliches Umpacken erfordern. Ich beschloss dann also, es trotz Streikrisiko mit dem Europa-Spezial-Tarif der Deutschen Bahn zu versuchen. Hier wieder ein erneutes Problem: Obwohl mir massenhaft gute und billige Verbindungen von Berlin nach Göteborg angezeigt wurden, spukte der Angebotsfinder der Bahn-App keine einzige Verbindung in der Gegenrichtung aus. Es dauerte mehrere Stunden, bis ich endlich auf des Rätsels Lösung stieß. Von Göteborg nach Kopenhagen fährt man mit dem Öresundzug und dort kann man offensichtlich weder die Handy-Tickets noch die Online-Tickets der Deutschen Bahn lesen. Um dennoch in den Genuss des Europa-Spezial-Tarifs zu kommen, muss man sich das Ticket per Post zusenden lassen, was natürlich in meinem Fall ohne Adresse nicht möglich war. In umgekehrter Richtung ist das Ticket dann schon vorher entwertet worden, weswegen zumindest Online-Tickets ausgegeben werden. Aber auch hier gibt es einen Weg drumherum: Ich buchte einfach ein Europa-Ticket-Spezial von Kopenhagen nach Berlin und kaufte mir das Öresund-Ticket einzeln in Schweden. Das kam preislich nur ein wenig teurer.

                                                                                                                                              Mit Internet-Recherche und Skypen verflog mein Ruhetag wie im Flug. Ich kam kaum aus meinem mollig warmen Herbergszimmer heraus – draußen nieselte es sowieso den ganzen Tag. Am Abreisetag erwachte ich bei dichtem Nebel. Ich ließ mein ganzes Gepäck in der Herberge und zog erst mal los, um mein Boot zu holen. 2 km und dann wieder 2 km mit dem Boot im Schlepptau zurück. Immerhin fand ich mein Boot unberührt in seinem Versteck vor. Bei dem Nebel hätte es sowieso keiner gefunden. Auch die norwegischen Touristen staunten nicht schlecht, als ich mit meinem 5 Meter Kajak aus dem Nebel heraus an den Zebrastreifen auftauchte. Direkt an der Herberge befand sich ein passable Einsetzstelle, wo ich dann das Boot belud und endlich gegen Mittag loskam – immer noch im dichten Nebel. Ich schaltete schon mal vorsichtshalber mein GPS ein. Immerhin waren bei dem Wetter auch keine Motorboote unterwegs. Wie sich leider herausstellte, hatte ich beim Einsteigen einen großen Fehler gemacht. Noch ganz erhitzt von der Anstrengung der Portage hatte ich nur ein Baselayer und meine Fleecejacke an. Bald war mir hundekalt. Ich wollte aber auch nicht anlanden und wärmere Klamotten herauskramen – also paddelte ich fröstelnd immer weiter. Tagestemperatur war ca. 5 Grad. Ich war noch immer barfuß unterwegs. Bei der nächsten Pinkelpause legte ich immerhin eine Mütze und Socken an, denn derlei Kleinkram habe ich immer in meinem Proviant-Drybag auf Deck dabei.



                                                                                                                                              Immerhin lichtete sich der Nebel im Laufe des Nachmittags und mutterseelenallein glitt ich auf dem spiegelglatten Töck vor mich hin. Dann packte mich der Ehrgeiz. Anstatt einen der beiden auf dem Weg liegenden Lagerplätze mit Schutzhütte zu nehmen, wollte ich ganz bis ans Ende des Töck an den letzten Lagerplatz – nur um dann dort dann schon leicht unterkühlt festzustellen, dass genau dieser Lagerplatz wohl auch schon Geschichte war. Keine Schutzhütte, keine Trockentoilette weit und breit. Zelten wollte ich angesichts der Kälte auch nicht, also paddelte ich wieder fast eine Stunde zurück zur letzen Schutzhütte. Als ich dort im letzten Tageslicht ankam, fror ich gottserbärmlich. Zum ersten Mal auf dieser langen Tour war mir so richtig kalt. Ich schleppte meine ganze Ausrüstung zur Schutzhütte und schmiss sogleich den Kocher an. Nach einem Topf mit heißer Schokolade ging es mir schon besser, aber ich fröstelte noch einige Stunden, bevor ich in meinem molligen KuFa-Quilt endlich wieder normale Betriebstemperatur erreicht hatte. Das ganze war mir eine Lehre: Ich würde von jetzt an viel mehr auf warme Kleidung achten müssen, denn der Wetterbericht verhieß auch weiterhin fallende Temperaturen. Und so startete ich am nächsten Morgen dann auch brav mit warmer Mütze, Handschuhen und mehreren Schichten Kleidung.



                                                                                                                                              Bei Sonnenschein ging es jetzt diesselbe Strecke wieder zurück nach Töcksfors. Hatte sich der Ausflug gelohnt? Mein Paddelführer lobte den Töck in hohen Tönen – hier wäre die Landschaft so ganz anders. Ich fand es zwar ganz nett, aber so besonders war die Strecke nun auch wieder nicht. Aber halt ein netter Ausflug, so dass mir auch die erneute Portage in Töcksfors nicht viel ausmachte. Mittlerweile kannte ich mich hier ja bestens aus. Ich kaufte noch ein letztes Mal im Supermarkt ein und genoss die letzten Sonnenstrahlen – dies würde der letzte sonnige Tag auf der ganzen Tour werden. Nach der Portage steuerte ich gleich einen der vier Lagerplätze im nördlichen Foxen an, die ich alle schon auf der Hinfahrt ausgekundschaftet hatte. Jetzt konnte der Endspurt beginnen.
                                                                                                                                              http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                                • 16.11.2009
                                                                                                                                                • 3184
                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                #72
                                                                                                                                                AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                Tipps für Paddeltouren bzw. Hygiene:
                                                                                                                                                - Chota Mukkluks für die Füße, sind wasserdicht und warm bis zum Knie, Socken gehen auch noch drunter
                                                                                                                                                - in Schweden habe ich immer einen Künzi Hobo dabei, klein zusammenfaltbar und bei halbwegs trockenem Wetter super mit Kiefernzapfen zu betreiben
                                                                                                                                                - dadurch Brennstoffersparnis bzw. wenn Brennstoff nicht das Problem ist (bei Paddeltouren kann man ja mehr mitnehmen) das Waschwasser warm machen!
                                                                                                                                                - ideale Outdoorhygiene für mich: PET-Flasche mit Sportverschluss ("Nuckelverschluss"), da reicht ein Dreiviertel Liter für eine Grundwäsche mit Einseifen, da man die "Problemzonen" mit zielgerichtetem, gut dosierbarem Strahl super erreicht; zum Haarwaschen eben zwei Flaschen bzw. die Flasche zweimal füllen. Wichtig: der Sportverschluss macht den Unterschied!
                                                                                                                                                Bei so wenig Wasserbedarf kann man das Wasser auch erwärmen! Topfgröße auch kein Problem, einfach einen Teil heißes Wasser in die teilgefüllte Flasche füllen. PET- Flasche tagsüber als Trinkflasche, vor Ort im Supermarkt oder Tanke kaufbar (z.B. Isogetränke, Mineralwasser) und vor Rückreise wegschmeißbar...

                                                                                                                                                Tolle Reise und schöner Bericht, ich mag Dalsland auch sehr und bedaure die Scandreck-Plage außerordentlich. Ich verstehe nicht, warum die Schweden sich das gefallen lassen und fürchte, mögliche künftige Beschränkungen werden alle Paddler treffen...

                                                                                                                                                Gruß,

                                                                                                                                                Claudia
                                                                                                                                                Zuletzt geändert von Waldhexe; 11.11.2014, 10:52.

                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                  Dauerbesucher
                                                                                                                                                  • 09.05.2006
                                                                                                                                                  • 849
                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                  AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                  Zitat von Waldhexe Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                  - dadurch Brennstoffersparnis bzw. wenn Brennstoff nicht das Problem ist (bei Paddeltouren kann man ja mehr mitnehmen) das Waschwasser warm machen!
                                                                                                                                                  - ideale Outdoorhygiene für mich: PET-Flasche mit Sportverschluss ("Nuckelverschluss"), da reicht ein Dreiviertel Liter für eine Grundwäsche mit Einseifen, da man die "Problemzonen" mit zielgerichtetem, gut dosierbarem Strahl super erreicht; zum Haarwaschen eben zwei Flaschen bzw. die Flasche zweimal füllen. Wichtig: der Sportverschluss macht den Unterschied!
                                                                                                                                                  Bei so wenig Wasserbedarf kann man das Wasser auch erwärmen! Topfgröße auch kein Problem, einfach einen Teil heißes Wasser in die teilgefüllte Flasche füllen. PET- Flasche tagsüber als Trinkflasche, vor Ort im Supermarkt oder Tanke kaufbar (z.B. Isogetränke, Mineralwasser) und vor Rückreise wegschmeißbar...
                                                                                                                                                  Nochmals kurz zum Thema Haarewaschen:

                                                                                                                                                  Der Tipp mit der "Nuckelflasche" ist sehr gut. Ich mache das schon seit Jahren so beim Radfahren, wo man sich mit den Trinkflaschen auch hervorragend eine "bottle shower" wie von Dir beschrieben geben kann. Dabei gibt es nur zwei Probleme:

                                                                                                                                                  Ich habe immer arge Hemmungen, mit Seife oder Shampoo in der Nähe von Flüssen und Seen herumzumachen, denn ich will ja auch nicht, dass andere Leute mein potentielles Trinkwasser verschmutzen. Dieses Problem kann man aber zumindest so halbwegs durch biologisch abbaubare Seife und Waschen weit weg von den Gewässern vermeiden.

                                                                                                                                                  Das größte Problem auf dieser Tour war nicht das Waschen mit kaltem oder warmem Wasser, sondern viel eher das Trocknen der Haare danach. Am Ende meiner Tour überstieg die Tageshöchsttemperatur kaum mehr 10 Grad und lag eher deutlich drunter. Da war es mir einfach zu riskant, bei Wind und Wetter auch noch mit nassen Haaren zu paddeln bzw. so nachts ins Zelt zu kriechen. In solchen Momenten beneide ich dann oft Männer mit extremer Kurzhaarfrisur (sprich Glatze.....).
                                                                                                                                                  http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                    Foxen und Stora Le:

                                                                                                                                                    Der Wetterbericht verhieß eine einzige Katastrophe: Wind, Dauerregen und weiter sinkende Temperaturen. Als ich unter der Brücke bei Fagelvik in den breiten Foxen hinauspaddelte, sah noch alles ganz friedlich aus. Und so beschloss ich idiotischerweise, diesmal zur Abwechslung am westlichen Ufer des Foxen zu paddeln, obwohl wir Ostwind hatten. Naürlich bereute ich diese Entscheidung schnell, aber dann war es schon zu spät für eine Querung. Ich hielt tapfer durch und landete am einzigen Lagerplatz am Westufer zur Mittagspause an. Selbst in der dortigen Schutzhütte fror ich erbärmlich, aber der Wetterbericht versprach immer weiter sinkende Temperaturen. Der nächste Tag sollte eine einzige Katastrophe werden. Mir war klar, dass ich daher für die heutige Nacht einen guten Lagerplatz brauchte, denn gegebenenfalls würde ich dort eine ganze Weile das schlechte Wetter aussitzen müssen.

                                                                                                                                                    Im Übergangsbereich zwischen Foxen und Stora Le war ich dann endlich aus dem Wind – dachte ich zumindest. Denn als ich mein Smartphone aus der Rettungsweste fischte, um ein Photo zu machen, wehte es mir gleich die Tüte mit den Kopfhörern weg. Die Tüte konnte ich bald bergen, aber die Kopfhörer sind in den Tiefen des Stora Le verschwunden. Sehr ärgerlich, aber immerhin ist es erst am Ende der Tour passiert. Für einen Hörbuch-Junkie war mich war das noch halbwegs zu verschmerzen. Ansonsten höre ich nämlich oft 2 bis 5 Stunden pro Tag Hörbucher – je nachdem wie spannend das Buch gerade ist.



                                                                                                                                                    Ich steuerte jetzt den Lagerplatz Konenäbbsröset direkt an der schwedisch-norwegischen Grenze an. Dies wäre dann auch sozusagen das offizielle Ende der Tour, denn ich wollte ja einmal Schweden durchqueren. (Natürlich würde ich dann noch weiterpaddeln, denn von Konenäbbsröset führt kein Weg in die Zivilisation zurück....) Als ich den Lagerplatz denn endlich mal gefunden hatte (die GPS -Koordinaten waren in diesem Fall falsch gewesen), sah ich dort aus der Ferne einen Hund herumlaufen. Wie kam der denn hierher? Streunende Hunde sind in Schweden ja eher selten und in den Sommerhäusern wohnte jetzt im Oktober niemand mehr. Das musste ich erforschen. Als ich an der Hütte ankam, war vom Hund weit und breit keine Spur mehr. Aber hundert Meter entfernt schimmerte es neon-orange aus dem Wald – genau diesselbe Farbe, die meine Jagdschutzkappe hat. Ich taperte hinüber und sah auch bald einen älteren Jäger mit Gewehr in der Hand. In dieser Stellung wollte ich den älteren Herrn ja nun wirklich nicht erschrecken und machte mich vorsichtig bemerkbar. Der gute Mann starrte mich wie ein Fata Morgana an – ich muss wohl mit Spritzdecke, Rettungsweste und barfuss in Sandalen einen sehr komischen Eindruck gemacht haben. Zu allem Überfluss handelte es sich um einen der wenigen Schweden, die kein Englisch sprachen. Zunächst mal fragte er mich überflüssigerweise, ob ich denn hergepaddelt sei (nein, ich laufe nur gerne mit Spritzdecke und Rettungsweste spazieren......immerhin konnte ich mir diese Bemerkung gerade noch verkneifen.). Ob ich denn in der Schutzhütte übernachten wolle? Das wäre nämlich ein Problem, denn er und seine Kumpels wären hier auf Elchjagd. Ich sollte jetzt am besten weiterpaddeln und erst in zwei Stunden wiederkommen, wenn ich nicht abgeschossen werden wolle. (Ich nehme zumindest an, dass er mir so etwas in dieser Richtung sagen wollte......). Und da ich wirklich keinen gesteigerten Wert darauf legte, für einen Elch gehalten zu werden, verzog ich mich wieder. Es war eh noch früh am Tage und ich wollte noch den norwegischen Fjord Ostre Otteidvika erforschen.

                                                                                                                                                    Auf der norwegischen Seite sah es genauso aus wie in Schweden. Immerhin hätte ich hier die Möglichkeit, mit einer Portage in den Halden-Kanal umzutragen. Angesichts des nahenden Winters verkniff ich mir aber diese Möglichkeit. Auch hier in Norwegen gibt es offizielle Lagerplätze und den ersten besichtigte ich gleich auf der Inselgruppe Skromleholmene. Größter Unterschied zu Schweden: In Norwegen gibt es Mülleimer, in Schweden nicht. Dafür haben die Schweden die weniger riechenden Plumpsklos. Auf Skromleholmene gab es keine Schutzhütte (und keinen schwedischen Handyempfang), so dass ich wieder zurück paddelte. Da ich mich immer noch nicht den Elchjägern stellen wollte, fand ich mein neues Zuhause auf der Insel Trollön. (In Dalsland gibt es Dutzende von Trollöns, also Trollinseln, aber diese hier ist zweigeteilt: halb schwedisch, halb norwegisch.) Überraschenderweise gab es dann auch zwei Schutzhütten auf der kleinen Insel. Nach einigem Hin und Her entschied ich mich für die norwegische, die zurückgesetzt im Wald liegt und daher windgeschützter ist.



                                                                                                                                                    Noch vor Sonnenaufgang quälte ich mich aus dem Quilt, um den aktualisierten Wetterbericht abzurufen. (Yr.no aktualiesiert immer so gegen 6 Uhr früh). Dafür musste ich noch ein wenig im Dunkeln hin- und herlaufen, bevor ich schwedischen Empfang hatte. Das Ergebnis war niederschmetternd. Nieselregen den ganzen Tag, heftiger Wind – und Tageshöchsttemperatur 3 Grad.... Erst am nächsten Tag sollte es ein bisschen besser werden. Schweren Herzens entschied ich, den ganzen Tag in de r Hütte auf Trollön abzuwettern. Ich hatte genug Zeitpuffern, Proviant und Brennstoff – nur der Lesestoff wurde knapp. Ich hatte mir in Mariestad glücklicherweise zwar 5 Taschenbücher gekauft, aber ich war mittlerweile auch schon beim letzten Buch angekommen: Walter Kempowskis Nachkriegsroman „Uns geht es ja noch gold“. Immerhin passten die Schilderungen des Nachkriegswinters 45/46 zu den jetzigen Temperaturen. Vielleicht muss ich mir doch noch ein Kindle zulegen, damit ich in Notsituationen nicht ohne Buch dastehe. (Allerdings eignet sich ein Kindle ja eher weniger als Klopapiervorrat.....)

                                                                                                                                                    Bei eisigen Temperaturen zog sich der Tag in die Länge. Ich rationierte meine Buchkapitel, die Schokolade und Heißgetränke sowie meine Internetsessions, um Akku zu sparen. Immerhin hatte ich in meiner Schutzhütte regen Besuch: Die Vögel waren so zutraulich, dass sie direkt vor meiner Nase in die Hütte flatterten, um Essensreste aufzupicken. Ich fütterte sie regelrecht mit Müsli (das mir eh nicht schmeckte). Nur als dann noch ein Eichhörnchen dazu kam, wurde es mir zuviel. Soviel Essen hatte ich nun auch nicht zu verteilen.... Dennoch war ich erstaunt, wie zutraulich die Tiere hier waren – wahrscheinlich von Heerscharen von Paddlern umkonditioniert.

                                                                                                                                                    Am nächsten Morgen dann gleich wieder der Blick auf den Wetterbericht. Ich hatte mittlerweile total Hummeln im Hintern und wollte einfach los. Immerhin schien sich das Wetter etwas zu bessern und die Temperatur sollte heute sagenhafte 5 Grad erreichen. Ich warf mich in die volle Kampfausrüstung inklusive Südwester, Regen- und Fleecejacke sowie Handschuhe aller Art. Nur leider hielt sich das Wetter nicht an die Vorhersage und es nieselte den ganzen Morgen. Die Mittagspause war eine einzige Katastrophe und ich klapperte vor Kälte fast mit den Zähnen. Meine Hände und Füssen waren Eisklumpen. Ich war froh, dass die Tour jetzt bald eine Ende haben würde, denn mir wurde klar, dass ich mittlerweile ein echtes Problem hatte: Aufgrund der tiefen Temperaturen trug ich auch tagsüber fast meine komplette Kleidung. Im Boot befand sich jetzt nur noch eine Synthetikjacke und ein warmes Baselayer. Im Falle einer Kenterung wäre der Großteil meiner Kleidung nass und unbrauchbar. Nur mit einer Jacke und einem Baselayer bekleidet würde es dann über Nacht im Schlafsack sehr ungemütlich werden. Ich hielt die Situation zwar noch nicht für lebensgefährlich, aber immerhin würde ich in einem Notfall jetzt in eine grenzwertige Situation kommen. Ich würde die verbleibenden zwei Tage extrem vorsichtig sein müssen. Glücklicherweise war zumindest das Wasser selbst noch vergleichsweise warm – der Vorteil einer Herbsttour.



                                                                                                                                                    Am Nachmittag riss dann endlich die Wolkendecke auf und ich erspähte blauen Himmel. Und kaum kletterte das Thermometer auf 5 Grad, ging es mir auch gleich besser. Fast schon beschwingt paddelte ich zu meinem Tagesziel, dem Lagerplatz im Naturreservat Furustadön. Bei dieser letzten Übernachtung wurde ich mit einer traumhaften Schutzhütte belohnt. Die Hütte war in einer malerischen Bucht gelegen und ihr Dach war sogar begrünt. Besonders freute ich mich, dass diese Hütte ungewöhlich hoch war und ich so mein Innenzelt bequem darin aufstellen konnte – in diesem Fall eine dringend notwendige Vorsichtsmaßnahme, denn hier gab es eine besonders aktive Maus, die mich mit ihrem Geherumgetrappel die halbe Nacht lang wach hielt.



                                                                                                                                                    Jetzt lagen nur noch wenige Stunden Paddeln vor mir – und nur noch eine kleine Herauforderung: ich musste noch einmal den Stora Le queren. Obwohl die Querung nur einen Kilometer breit war, war ich ziemlich nervös und heilfroh, am anderen Ufer angelangt zu sein und dann endlich am heiß ersehnten Zielpunkt anzukommen. Ich beendete meine Tour nämlich mit einem ziemlichen Highlight: Wie sich der geneigte Leser vielleicht erinnert, hatte ich vor über drei Wochen auf dem Campingplatz in Lidköping einen freundlichen Herrn namens Nicke kennengelernt. Dieser hatte mir angeboten, sein Sommerhaus zu nutzen, welches sich passenderweise direkt am Stora Le in der Nähe von Ed befindet. Ich hatte Nicke vor einer Woche nochmals angerufen und meinen Aufenthalt besprochen. Er hatte mir genau erklärt, wo sich die Hütte befindet und wo ich den versteckten Schlüssel finden konnte. Darüberhinaus hatte er sogar einen Nachbarn gebeten, für mich dort die Heizung und das Warmwasser anzuschalten. Bis zuletzt war ich natürlich sehr nervös gewesen, ob ich denn alles so gut finden würde. Aber jetzt löste sich alles in Wohlgefallen auf: Ich erkannte den Anlandeplatz auf Anhieb, fand auch sofort den Schlüssel und stand wenig später in einem geheizten Badezimmer unter einer heißen Dusche.

                                                                                                                                                    Nickes kleines Sommerhaus entpuppte sich als volleingerichtete Luxuswohnung. Es gab sogar ein frisch bezogenes Bett und eine riesige Küche – alles ganz für mich allein. Das entspannte auch das übliche Drama beim Bootsabbau, für den ich jetzt einen ganzen Tag Zeit hatte. Ich parkte mein Boot erst mal zum Trocknen in der Garage, aber natürlich war es aufgrund der feuchten Witterung am nächsten Morgen noch nicht ganz trocken. Da ich das Boot gleich winterfest verpacken wollte, musste ich jetzt noch mit dem Fön ran. Aber so langsam aber sicher verschwand dann meine komplette Ausrüstung im Laufe des Tages wieder im Feathercraft Packsack und in meinem Rucksack. Optimaler hätte diese Tour nicht enden können.

                                                                                                                                                    Nicke hatte darüberhinaus auch noch seinen freundlichen Nachbarn gebeten, mich die wenigen Kilometer nach Ed zum Busbahnhof zu fahren. Der nette ältere Herr tauchte auch auf die Minute genau pünktlich am nächsten Morgen auf. Nur leider verlief die kurze Fahrt nach Ed nicht ganz so wie geplant. Nach 5 Minuten drangen komische Geräusche ins Fahrerhaus. Uns schwante nichts Gutes. Wir hielten an, um nachzusehen: Und siehe da, wir hatten einen Platten. Der freundliche Nachbar versicherte mir, dass er in seiner ganzen 50-jährigen Autofahrerlaufbahn noch nie einen Platten gehabt hätte – und wechselte dennoch wie ein Profi innerhalb von 10 Minuten den Reifen. Ich kam trotz Reifenpanne immer noch so pünktlich in Ed an, dass ich mir im Supermarkt ein ordentliches Frühstück kaufen konnte.



                                                                                                                                                    Der Rest ist kurz erzählt: Erst ging es mit dem Bus, dann mit dem Zug bis nach Göteborg, wo ich mich für zwei Nächte in der Jugendherberge eingemietet hatte. Diese ist ganz einfach mit der Trambahn vom Hauptbahnhof aus zu erreichen und hatte als goldene Krönung sogar eine kostenlose Sauna. Die freundlichen Rezeptionisten empfahlen mir auch ein ausgezeichnetes AYCE-Buffet, (diesmal vegetarisch und nicht Thai!), das ich zwei Mal besuchte. Für mich Sparfuchs gab es dann aber noch ein weiteres Highlight: Für gerade mal 40 SEK (also gut 4 EUR) kann man ein Jahres-Kombiticket für 5 Museen in Göteborg erwerben, die ich natürlich alle am nächsten Tag abgraste.



                                                                                                                                                    Am 22.10. ging es dann zurück nach Berlin. Alle Züge waren pünktlich – bis auf die deutschen....Und im Bahnfahren mit Faltboot bin ich jetzt wohl Profi!

                                                                                                                                                    Praktische Infos: In Schweden kann man Busfahrkarten nicht mehr gegen Bargeld beim Fahrer erwerben. Man braucht stattdessen eine Plastikkarte, die man in großen Bahnhöfen am Schalter oder in kleineren Ortschaften beim Pressbyran erwerben kann. Dort kann man dann auch nachladen. Der öffentliche Nahverkehr wird von unterschiedlichen regionalen Anbietern betrieben. Am Anfang meiner Tour an der Ostküste habe ich daher eine „Resekortet“ von Östgötatrafiken erworben, während ich in Dalsland dann die Karte von Västtrafik benötigte. Die beiden Anbieter haben auch einen ausgezeichneten Reiseplaner im Internet, mit denen man sich die besten Verbindungen raussuchen kann. Die Västtrafik-Karte gilt dann im Regionalverkehr in Bussen, Bahn und auch für die Strassenbahn in Göteburg. Leider ist die Bedienung etwas gewöhnungsbedürftig. Beim Einsteigen muss man am Automaten die „Plus“-Taste drücken und dann die Karte davorhalten. Beim Aussteigen dann nicht vergessen, wieder die Karte vor das Gerät zu halten. Kleinste Nachladeeinheit bei Västtrafik ist 100 SEK.

                                                                                                                                                    Ich hatte mir für diese Tour auch eine schwedische SIM-Karte gekauft. Obwohl es viele andere gleichwertige Anbieter gibt, habe ich mich für Comviq entschieden und würde diesen Anbieter aus folgenden Gründen auch weiterempfehlen: Viele SIM-Karten werden nur an schwedische Adressen versendet, während man die Comviq-SIM in jedem Pressbyran kaufen kann. Ein Ausweis oder eine schwedische Adresse muss dabei nicht angegeben werden. Zum Auf- bzw. Nachladen kauft man sich einen Coupon der gewünschten Option und gibt den Code dann direkt als Zahlenkombination ein. Im Klartext: Man muss sich nicht mit schwedischsprachigen Internetmenüs oder Telefonansagen herumschlagen. Derzeit kostet 1 GB Data 95 SEK, gültig für einen Monat (inklusive SIM-Karte 145 SEK). Ich hatte während der ganzen Tour guten Empfang, einzig kurz vor Ed gab es nur noch Telia.
                                                                                                                                                    http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                      Anfänger im Forum
                                                                                                                                                      • 10.02.2013
                                                                                                                                                      • 27
                                                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                                                      #75
                                                                                                                                                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                      hei, hei Christine,

                                                                                                                                                      super, vor allem das Durchhalten, auch alleine ist es schwieriger, da darf kein Unfall passieren;

                                                                                                                                                      danke für das ausführliche Schreiben, da waren viele gute Tipps dabei

                                                                                                                                                      wir meiden ja wo es geht die festen Plätze, da wir zu zweit im Zweier paddeln haben wir auch mehr Ladekapazitäten und ersetzen das "Hüttendach" meist mit dem großen Hilleberg Tarp.

                                                                                                                                                      Bei einem Regen/Sturmtief nutzten wir letztes Jahr im September den DANO 82 Åsnabben, und nagelten den Eingang mit einer Bauplane zu......, an Feuer machen war nicht zu denken und wir schafften noch 4°C....


                                                                                                                                                      nette grüße knuttchen

                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                        Dauerbesucher
                                                                                                                                                        • 09.05.2006
                                                                                                                                                        • 849
                                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                                        #76
                                                                                                                                                        AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                        Zitat von Knuttchen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                        super, vor allem das Durchhalten, auch alleine ist es schwieriger, da darf kein Unfall passieren;
                                                                                                                                                        Wie ich ja jetzt selbst erleben durfte, kann man in Dalsland bis weit in den Oktober hinein paddeln. Nachdem ich wieder zurück in Deutschland war, hat sich das Wetter dort wieder deutlich verbessert und man könnte sogar jetzt noch, Anfang November dort paddeln. Du musst halt nur die richtige Ausrüstung mitbringen und darfst nicht so kälteempfindlich sein. Ich persönlich habe auf dieser Tour festgestellt, dass alles über 5 Grad Celsius tagsüber für mich kein großes Problem war, sofern es nicht wie aus Eimern schüttet. Leider lagen die Temperaturen gerade am Ende auch tagsüber oft drunter.....

                                                                                                                                                        Dennoch glaube ich, dass eine solche Tour am Ende der Saison zu zweit mehr Spaß macht - nicht nur aus Sicherheitsgründen. Man muss im Herbst halt doch immer mit anhaltenden Schlechtwetterphasen, d.h. viel Wind und/oder Regen rechnen. Das kann man dann zwar gut in den Schutzhütten aussitzen, aber bei den Temperaturen sitzt man dann echt in der Hütte fest. Ich habe mich dann kaum aus dem Quilt herausgewagt. Alleine wird einem dann einfach recht schnell langweilig, während man sich zu zweit oder in der Gruppe besser die Zeit vertreiben kann.

                                                                                                                                                        Interessanterweise fand ich das immer kürzer werdende Tageslicht zumindest bis Ende Oktober kein großes Problem. Ich hatte immer noch über 10 h Licht zum paddeln.
                                                                                                                                                        http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                                                                          • 30.05.2007
                                                                                                                                                          • 3996
                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                          AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                          Nun um Ende des Berichts nochmal ein riesen DANKE für den tollen Bericht. Hat viel Spaß gemacht zu lesen!
                                                                                                                                                          So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                          A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                            Fuchs
                                                                                                                                                            • 22.08.2010
                                                                                                                                                            • 1835
                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                            AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                            Das schaut ja schon sehr herbstlich, trübe und dunkel aus.
                                                                                                                                                            Die Kälte ist manchmal schon in den Bildern zu spüren, da möchte ich manchmal gleich in den......
                                                                                                                                                            Mein letzter Besuch im Dalsland liegt schon etwas länger zurück. Ich wollte immer mal im September zurückkommen.
                                                                                                                                                            Unfreiwillig hast du mich jetzt aber nicht gerade dazu animiert.

                                                                                                                                                            Sehr ambitionierte Tour und ein toller Bericht. Respekt, und vielen Dank für´s teilen.
                                                                                                                                                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                              Dauerbesucher
                                                                                                                                                              • 09.05.2006
                                                                                                                                                              • 849
                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                              #79
                                                                                                                                                              AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                              Tourvarianten:

                                                                                                                                                              Bei der Planung dieser Tour war mir ziemlich unklar, wie lange ich dafür brauchen würde. Daher hat mich an einer „Quer-durch-Schweden“-Tour vor allem begeistert, dass es diverse Abkürzungs- und Verlängerungsmöglichkeiten gibt. Der Vollständigkeit halber möchte ich die verschiedenen Varianten kurz anreißen:

                                                                                                                                                              Schärengärten an der Ostküste:
                                                                                                                                                              Da ich verletzungsbedingt später gestartet bin als geplant, lag mein Startpunkt in Valdemarksvik. Wer sich länger in den Schärengärten aufhalten möchte, kann genauso gut in Västervik oder Gamleby starten. Alternativ kann man auch nach Stockholm anreisen und über den dortigen Schärengarten nach Süden Richtung Mem paddeln.

                                                                                                                                                              Trollhätte Kanal: Wer weniger Zeit hat, kann vom Vänern direkt bei Vänersborg in den Trollhätte Kanal einbiegen und von dort aus in 81 km Göteborg erreichen. Auf diesem Kanal fährt allerdings auch die Berufsschifffahrt, wobei mir von Yachtfahrern erzählt wurde, dass sich der Verkehr dort in Grenzen hält. Damit kann man klassisch von Stockholm nach Göteborg paddeln. Die Karten für den Trollhättekanal sind im NV-Kartenatlas enthalten.

                                                                                                                                                              Halden Kanal: Vom Stora Le im Dalsland-Kanal kann man in einen norwegischen Seitenkanal bis Oteid paddeln. Von dort es sind es nur 1,5 km (Portage möglich) bis in den norwegischen Haldenkanal, der wiederum den Zugang zur norwegischen Küste ermöglicht.

                                                                                                                                                              Glaskogen: Vom Dalsland-Kanal-System aus kann man (allerdings recht mühevoll) auch den Glaskogen erreichen – entweder über eine sehr lange Portage (16 km) oder mit vielen kürzeren Portagen über die Lelangen-Route.

                                                                                                                                                              Glasfjorden und Säfflekanal:
                                                                                                                                                              Wer dann immer noch nicht genug hat, kann vom Stora Gla im Glaskogen aus (aussetzen bei Glava Glasbruk) über den Glasfjorden (ca. 10 km Portage bis Berga in den Bergsviken) in den Säfflekanal und von dort aus über den Vänern zurück nach Köpmannebro und Dalsland.
                                                                                                                                                              http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                • 84
                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                Wie warm hält dich denn dein Schlafsystem mit Thermarest und Quilt ?

                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                  Dauerbesucher
                                                                                                                                                                  • 09.05.2006
                                                                                                                                                                  • 849
                                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                                  AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                                  Zitat von IloveScotland Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                  Wie warm hält dich denn dein Schlafsystem mit Thermarest und Quilt ?
                                                                                                                                                                  Ich verwende einen Enlightened Equipment Prodigy 20 Quilt (Synthetik) und auf dieser Tour die NeoAir All Season. Obwohl die Tagestemperaturen hier oft recht niedrig waren, wurde es nachts nie so wirklich kalt - ich schätze bis maximal knapp unter 0 Grad. Das war für den Quilt kein Problem. Wie der Name Prodigy 20 (20 F gleich - 7 C) schon sagt, ist der Quilt auf niedrigere Temperaturen ausgelegt. Auf meiner letztjährigen Winterwanderung hatte ich ausführlich Gelegenheit, dies zu testen und kann sagen, dass dieses Setup auch bis -7 C sehr gut funktioniert. Allerdings muss man dann auch einige Schichten Schlafkleidung anziehen und braucht vor allem eine ordentliche Mütze.

                                                                                                                                                                  Ich bin komplett abgekommen von Daune und Schlafsack und verwende mittlerweile fast ausschließlich Synthetik und Quilt.
                                                                                                                                                                  http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                    Lebt im Forum
                                                                                                                                                                    • 24.01.2011
                                                                                                                                                                    • 5056
                                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                                    #82
                                                                                                                                                                    AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                                    Zitat von German Tourist Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                    Ich bin komplett abgekommen von Daune und Schlafsack und verwende mittlerweile fast ausschließlich Synthetik und Quilt.
                                                                                                                                                                    Warum? Synthetik wegen der besseren Haltbarkeit auf deinen langen Touren? Wäre sehr interessant für mich deine Einschätzung.

                                                                                                                                                                    Gruß Michael

                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                      Dauerbesucher
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                                                                                                                                                                      • 849
                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                      AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                                      Ich habe sehr lange gebraucht, um von Daune auf Synthetik zu wechseln, da Dir in jedem Forum und jedem Outdoorbuch eingehämmert wird, dass Daune doch so viel haltbarer sei als Synthetik. Leider ist meine Erfahrung genau anders herum.

                                                                                                                                                                      Dabei musst Du unterscheiden zwischen der vorübergehenden Loftdegeneration durch Feuchtigkeit und der dauerhaften durch Verklumpen der Daune.

                                                                                                                                                                      Daune leidet sofort, wenn Dein Schlafsack auch nur ein bisschen feucht wird. Dabei muss er nicht mal komplett nass werden - es reichen schon ein paar Tage feuchtes Klima ohne Trocknungsmöglichkeit. Es ist realitätsfern zu sagen, dass ein Daunenschlafsack komplett trocken bleibt, wenn man ihn nur richtig in Drybags transportiert. Nach ein paar Tagen Nutzung bei Temperaturen um die Null Grad in Wassernähe fängt die Daune an zu klumpen - und ich zu frieren. Trocknen im Trockner oder in der Sonne bringt dann zwar vorübergehende Besserung, aber auf meinen langen Touren kann ich einfach nicht davon ausgehen, dass ich alle paar Tage stundenlang Sonnenschein oder einen Wäschetrockner vorfinde. Synthetik ist da absolut verlässlich. Feuchtigkeit hat so gut wie keinen Einfluss auf die Wärmeleistung, es sei denn, man durchnässt ihn komplett.

                                                                                                                                                                      Das zweite Problem ist, dass Daune nach einigen Monaten Dauernutzung verklumpt - durch Körperöle, Dreck oder Feuchtigkeit. Wenn Du Daune klumpt, entstehen Kältebrücken - und Du frierst. Ich habe jahrelang geglaubt, dass Waschen diese Verklumpung löst und das Originalloft wiederherstellt. Und so habe ich Unsummen in spezielle Daunenreinigung, Daunenwaschmittel und Trockner im Waschsalon investiert. Das Ergebnis war mehr oder minder immer dasselbe: Das Loft regeniert sich durch Waschen nur marginal und bzw. nur vorübergehend. Nach einem halben Jahr Dauernutzung ist das Loft so weit angegriffen, dass auch fachgerechtes Waschen nicht mehr die originale Wärmeleistung wiederbringt. Nach einem Jahre Dauernutzung ist der Daunenschlafsack so weit runter, dass ich ihn nicht mehr einsetzen kann. (Ich rede wohlgemerkt immer von DAUERnutzung).

                                                                                                                                                                      Erstaunlicherweise ist Synthetik hier viel haltbarer. Ich habe zwei Synthetikquilts, die beide mittlerweile ca. 300 Nächte runter haben - ohne signifikante Einbuße bei der Wärmeleistung. Ich stehe mit dieser Meinung ziemlich alleine da - wie schon gesagt, Dir in jedem Outdoorforum genau das Gegenteil gepredigt wird. Immerhin ist Ray Jardine zu demselben Schluss gekommen wie ich .....

                                                                                                                                                                      Um das Mehrgewicht von Synthetik zu Daune zu kompensieren, bin ich von Schlafsack auf Quilt umgestiegen - ohne jedes Problem. Ich habe seit drei Jahren keinen Daunenschlafsack mehr verwendet und sehe auch nur wenige Einsatzgebiete, wo ich nochmals Daune verwenden würde.
                                                                                                                                                                      http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                        • 12705
                                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                                        AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                                        Spannende Erfahrung. Aber mehr an Dauernutzung als Du hat ja kaum jemand. Eine Frage noch: hast Du früher bei Deinen Daunenschlafsäcken ein Inlet benutzt?
                                                                                                                                                                        Ich frage deshalb, weil ich meinen etwa 15 Jahre alten Daunenschlafsack bisher noch nicht gewaschen habe, das Inlet aber nach jeder Benutzung in die Kochwäsche kommt. Der Schlafsack müffelt bislang nicht, sieht sauber aus, und geklumpt hat er auch noch nicht.
                                                                                                                                                                        Das Inlet hält anscheinend einiges fern. Natürlich komme ich Deiner intesiven Benutzung nicht annähernd nahe, obwohl auch schon einmal zwei bis drei Wochen Benutzung in feucht/kaltem Klima am Meer dabei waren. Jetzt wird er aber langsam dünn, und ich wünsche mir einen neuen. Es wird wieder Daune werden, denn mit meinem Nutzerprofil komme ich ja offensichtlich damit gut zurecht. Daune, weil sie leicht auf dem Körper aufliegt und temperaturausgleichend wirkt. In Kufa schwitze ich (noch) leichter und empfinde die als unangenehm. Aber schon bemerkenswert, wie sich unterschiedliche Nutzerprofile auswirken und welche -möglicherweise falschen oder zumindest nicht allgemeingültigen-- Schlußfolgerungen man daraus zieht.
                                                                                                                                                                        Für mich ist jedenfalls Deine Erfahrung, die ich natürlich keinesfalls anzweifel, überraschend. Bislang hätte ich auch nur pro Daune argumentiert.
                                                                                                                                                                        Ditschi

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                                                                                                                                                                          • 84
                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                          AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                                          OT: Weisst du schon, wo du naechstes Jahr unterwegs sein wirst ?

                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                            • 849
                                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                                            AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                                            Zitat von Ditschi Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                            Spannende Erfahrung. Aber mehr an Dauernutzung als Du hat ja kaum jemand. Eine Frage noch: hast Du früher bei Deinen Daunenschlafsäcken ein Inlet benutzt?
                                                                                                                                                                            Nein, denn damit wäre die Gewichtsersparnis Daune zu Synthetik hin. Ein Inlet würde auch nicht das Problem der kurzzeitigen Daunenverklumpung durch Feuchtigkeit lösen, sondern lediglich eventuell den Langzeiteffekt der Verklumpung durch Körperöle etc. mindern.
                                                                                                                                                                            http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                              • 849
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                                                                                                                                                                              AW: [SE] Wer sein Kajak liebt, der schiebt: Mit dem Faltboot quer durch Schweden

                                                                                                                                                                              Zitat von IloveScotland Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                              OT: Weisst du schon, wo du naechstes Jahr unterwegs sein wirst ?
                                                                                                                                                                              Ja, sofern mein Knie denn mitmacht geht es ab März wieder auf Wanderschaft: Für 2015 steht Teil 2 meiner Wanderung vom südlichsten zum nördlichsten Punkt Europas an - diesmal Rhein - Nordkap. Ich sitze im Moment jeden Tag am Rechner und plane die Touren für die nächsten zwei Jahre.....
                                                                                                                                                                              http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                • 11.10.2011
                                                                                                                                                                                • 84
                                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                                Da freue ich mich schon auf deine Berichte.

                                                                                                                                                                                Kommentar