[SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

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    [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

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    Da es mir in 2013 ausnehmend gut in Schweden gefallen und mir auch die Art der Fortbewegung zugesagt hatte, war auch für 2014 eine Radtour angesetzt. Von Trelleborg aus hoch, vielleicht dann entweder am Götakanal entlang an die Ostsee und die dann hinunter radeln bis wieder nach Trelleborg. Oder aber um Teile des Vättern und dann bei den Elchen vorbei oder doch zum Glaskogen?
    Das erste Stück stand relativ bald fest, zusammen mit X sollte es ein paar Tage in Richtung Norden gehen, um uns dann zu trennen und eigenen Ideen nachzugehen. Es kam dann zwar anders, aber lest selber:

    Es ist Donnerstag, der 15.05. und ich sitze auf einer Bank vor dem Fährgebäude und warte darauf, dass X angestrampelt kommt. Ich vergnüge mich damit, die Leute zu beobachten, an meiner Stulle zu mümmeln und Wasser zu trinken. Dumm rumsitzen kann ich gut und so vergeht die Zeit recht schnell, bis X (natürlich aus einer nicht vermuteten Richtung) angeradelt kommt. Wir besorgen uns die Tickets für die 15.00-Uhr-Fähre und können relativ bald an Bord. Wir suchen uns erstmal ein Plätzchen draußen, seltsamerweise ist das Deck recht leer und warten aufs Auslaufen. Zuletzt sind nur die drei Gestalten da vorne sichtbar, was uns ganz rec ht ist.



    Das Deck sieht etwas aus wie ein Flugzeugträger, fast kommt mir vor, als ob jede Sekunde ein Hubschrauber landen müsste.

    Langsam läuft das Schiff aus. Da wir uns ja doch einige Tage nicht gesehen haben, gibt es genügend Gesprächsstoff, nebenbei futtern wir allerlei und gehen dann irgendwann hinein, weil es doch etwas schattig wird.

    Nachdem wir wieder zu unseren Rädern dürfen, spricht uns eine Frau der Reederei an, wir sollten doch unsere Räder nach vorn schieben, da würde gleich ein Bus auf die Fähre kommen, der einige Fußpassagiere und auch sie mitnähme und da könnten wir mit den Rädern auch hinein. Klasse, so sparen wir uns die Kurverei durch den Hafen und müssen nicht so lange warten, bis wir hinaus dürfen.
    X hat von einer Schutzhütte außerhalb von Trelleborg in Richtung Osten gehört und die möchten wir nun anfahren. Bald wird es ja auch dunkel werden.
    Los geht es.
    Leider befindet sich entweder die Schutzhütte nicht mehr an der Stelle oder aber wir haben sie schlicht nicht gefunden, obwohl sie eigentlich dort sein müsste. Wir sind nahe am Meer und X geht ein wenig den Pfad entlang, um zu schaun, ob sich die Hütte irgendwo verbirgt. Mit den schweren Rädern aufs Geradewohl da lang zu schieben, käme nicht so gut, deswegen warte ich mit ihnen nahe einer FischerVereinshütte. Nach längerer Zeit kommt er zurück, da ist nichts. Was nun? Vor der Vereinshütte ist eine kleine betonierte Veranda, mit Holzwänden umgeben und wir beschließen, die Räder hinein zu schieben und unsere Matten auf dem Beton auszurollen. Das wird schon ok sein.

    Blick zum Fährhafen



    Ein wundervoller roter und enorm großer Mond steht am Himmel, so habe ich ihn noch niemals gesehen. leider gelingen mir die Fotos nicht, das aus der Hand zu halten, ist auch wirklich nicht einfach. Ich liege so, dass ich aus der Türoffnung hinausschauen kann und es dauert lange, bis ich einschlafe, weil ich immerzu zu diesem Mond schauen muss. Immer wieder springt ein Kompressor an, der vermutlich für die Kühlung von Fisch sorgt, welcher in der Hütte gelagert ist.

    Am nächsten Morgen werde ich schon früh wach und ich spaziere etwas mit der Kamera herum.

    Die riesige Bucht ist von Hunderten von Schwänen geradezu übersät und ich wage es zuerst nicht, mich irgendwie zu regen. Die ersten beginnen hin und her zu schwimmen und ich mache einige Fotos, versuche aber, sie so wenig wie möglich zu stören. Ganz langsam gehe ich den schmalen Pfad in Richtung der aufgehenden Sonne.





    auf der einen Seite zum Land hin die Sonne










    und auf der anderen der Mond









    Inzwischen ist X auch wach geworden und fotografiert.







    Wir essen kurz etwas, trinken einen Kaffee, bepacken die Räder und es geht los.





    Wir wollen das mehr oder weniger ausgetestete Verfahren beibebehalten, tagsüber allein radeln, um uns abends zu treffen. Zumindest mit der Radelei hat es ja meist geklappt.
    Heute wollen wir uns in Bjävrod nördlich von Hörby treffen, da dort nahe eines Fischteiches eine Schutzhütte des Skaneleden steht.

    Über



    mit seiner Kirche von 1767



    radele ich in Richtung Skurup. Ich sehe viele Hasen, Rehe, Kaninchen und unwahrscheinliche Mengen von Vögeln. Richtig idyllisch ist es hier in Skane. Zum Glück gibt es kleine Straßen, die in Richtung Norden führen, somit kann ich die ganz großen umgehen.





    Da ich ständig irgendwelche Tiere beobachten (muss!!), komme ich recht langsam voran. Die Radelei macht Spaß. Ich radele auch nicht ganz bis Skurup, sondern will in Börringe die E65 queren. Das beschert mir noch ein lustiges Erlebnis, wie wohl kaum anders zu erwarten aus dem Grund, weil ich nicht den richtigen Teil von Börringe erreiche, wo man sozusagen bequem über die 65 kommt. Ich nehme ein noch kleineres Sträßchen anstatt nach Börringe Kloster zu fahren und stehe unvermittelt an der E65. tja und nun? hier steht noch kein Autobahnschild, also kann man wohl ein Stück weit die Straße verwenden, so etwa 300-400 Meter weiter rechts sehe ich auf der anderen Straßenseite ein kleines Sträßchen, zu welchem es auch einen Abzweig gibt. Ich überlege, ob ich dorthin schiebe oder was ich mache, es ist ja doch recht viel Verkehr. Direkt über die Straße kann ich nicht, es gibt eine mittlere Leitplanke. Wie ich von meinem Standpunkt aus erkennen kann, beginnt die Autobahnausschilderung kurz hinter dem Abzweig, also dürfte das alles ok sein. Also gut, ich schiebe rechts vom Seitenstreifen auf dem Rasen mein Rad entlang, sodass ich kein Auto oder LKW behindere, bis ich an der Stelle bin, wo der Abzweig ist. 400 Meter können verdammt lang sein. Dann muss ich etwas warten, bis die Straße auf beiden Seiten ausnahmsweise komplett frei ist und so kann ich gut alle Fahrspuren überqueren. 20 Meter weiter steht nun am Straßenrand der kleinen Straße ein Polizeiauto mit sich drehendem Blaulicht. Huch, was macht das denn hier. Zwei Polizisten springen heraus. Woher ich komme und wohin ich will. Sie merken gleich, dass ich des Schwedischen eher nicht mächtig bin und wechseln auf Englisch. Der sehr junge und nette Polizist erklärt, sie hätten einen Anruf bekommen, es würde ein Radler gleich auf die Autobahn radeln und da sie in der Nähe gewesen seien, wären sie gleich her gekommen. Ich erkläre also, woher ich grad gekommen bin und warum, der ältere nickt, ja, das sei da etwas unübersichtlich. der junge wieder, sie hätten aber gemerkt, wie vorsichtig ich beim Überqueren gewesen wäre, das sei dann schon ok. Es gäbe nur immer etliche Unfälle mit Radfahrern gerade hier im Bereich. Dann wünschen sie mir eine schöne Tour und weg sind sie. Irgendwie muss ich nun lachen, was X wohl dazu sagen wird, dass ich kontrolliert worden bin. Vermutlich hat er sofort die richtige Stelle gefunden, an welcher man über die 65 kommt.
    Dieses Mal möchte ich nicht rechts vom Häckeberga Naturreservat fahren sondern links darum herum, was mich in die Nähe des Flugplatzes Skurup/Malmö bringt. Ich kann mich erinnern, dass X im letzten Jahr erzählt hat, dass man sich dort leicht verfährt, was mir natürlich auch prompt passiert. Dadurch verliere ich doch einiges an Zeit.

    Aber solche Sichten machen das wieder wett





    Als ich das Labyrinth endlich verlasse, entdecke ich ein Malheur:
    Die letzten 2-3 Kilometer kam mir das Radeln schon irgendwie "schwammig" vor, obwohl ich nicht hätte den
    Finger drauf legen können, woran das liegen könnte. Ich will nach einem Schluck Wasser gerade wieder aufsteigen, da schaue ich eher zufällig auf die linke Pedale, die so ein Hartplastikteil ist. Tja und was sehe ich. Sie ist angebrochen an zwei Stellen und ich traue mich gar nicht, nun weiter zu radeln. Das bedeutet, dass ich das Rad nun schieben muss bis ich irgendwohin komme, wo ich vielleicht etwas daran machen (lassen) kann. Nun beginnt eine eher unerfreuliche Schieberei, wie soll ich da jemals das heutige Tagesziel erreichen? Nach einigen Kilometern erreiche ich eine Tankstelle. Ich trinke erstmal zum Abregen eine Tasse Kaffee und esse ein Eis, es ist nämlich richtig warm geworden und ich habe langsam auch Hunger bekommen. Danach befrage ich den Tankwart, ob er mir sagen kann, ob irgendwo eine Radwerkstatt ist oder ob er sonst eine andere Idee hat. Er grübelt und sagt, leider kenne er sich zwar mit Autos aus, habe aber zuletzt als Kind geradelt. hm. Ich frage, ob er tape hat und er bringt mir eine fast leere Rolle, auf der aber noch gegügend drauf ist, sodass ich das Pedal quasi schienen kann. Immer noch einmal herum, ich hoffe das hält, damit ich wenigstens ein paar Kilometer radeln kann. Ich frage ihn, was er fürs tape haben möchte, er winkt nur ab undf spendiert mir noch einen Kaffee.
    Also los, Versuch macht kluch! Ich radele nun in Richtung Genarp und Veberöd und von dort nach Harlösa, am Kränkesjön vorbei und überlege, wie schön es wäre hier Pause zu machen, das war unsere erste Übernachtungsstelle in 2013. Sicherlich hat X hier eine Pause gemacht, aber ich bin schon wieder sehr in Verzug.






    fragt mich nicht, wie das hier heißt



    ok, hier weiß ich es, das ist die Ortschaft Gödelövs







    ich komme zu einer Schiffsetzung und auch diese lässt mich verweilen und schauen.
    hier ein Link für diejenigen, die nicht wissen, was das ist: http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffssetzung















    Als ich auf einer endlich mal flachen Strecke von Ferne eine Art lautes Donnern höre und eine Staubwolke sehe mit eindeutigen "Kuh"geräuschen denke ich unwillkürlich: Stampede. Und es ist auch eine. Ich bleibe stehen und von vorn links galoppieren Jungrinder quer nach rechts oben über die Straße und bleiben quasi rechts von mir im Pulk stehen. Jetzt weiß ich endlich, wieso vorhin in der Straße so Trittsperren (Rohre) quer über die Straße verliefen, da kommen solche Viecher nicht hinüber. Ich schiebe mein Rad vorbei und schaue mich um. Und merke wieder einmal, wie sehr Rinder an allem interessiert sind, was passiert. Sie schauen mich aufmerksam an. Ein wenig unheimlich für mich Städterin, aber auch enorm spannend und schön. Ich fotografiere sie und rede mit ihnen. Das mit Kühen reden habe ich schon als Kind gemacht, im holländischen Friesland habe ich ihnen sogar vorgesungen. Das erspare ich uns aber jetzt.



    schaut das Viecherl nicht intelligent? Und so, als ob es jedes Wort versteht?



    Ihr bemerkt, ich liebe nicht nur Schafe sondern auch Rindviecher.



    Ich rolle über das Viehgitter am Ende des Geländes und radele vergnügt weiter, obwohl ich mich nicht traue, wirklich feste in die Pedalen zu treten, nicht, dass mir das Teil vollends zu Bruch geht.

    Auch hier komme ich vorbei und ich nehme mir (mal wieder) im Nachhinein vor, endlich mal aufzuschreiben, wo ich denn nun genau das jeweilige Foto gemacht habe. Ist ja auch ein bisserl blöd, nur sagen zu können, das dies irgendwo vor Hörby war.





    Ein Mann mäht den Rasen und als er zeitweise aufhört, frage ich ihn, ob ich auf dem richtigen Weg nach Hörby bin. Und ja, ich bin auf dem richtigen Weg! Es dauert zwar noch eine ganze Weile, aber dann erreiche ich endlich Hörby und von hier aus ist es nicht mehr wirklich weit. Ich beschließe über Södra Rörum zu fahren, das ist ein kleines Kaff, von dort in Richtung Bjävrod und wo der Skaneled die Straße kreuzt, müsste linkerhand der Platz mit der Schutzhütte liegen.
    Und ja, ich erreiche tatsächlich dieses Ziel, zwar Stunden später als X, der wirklich am wunderschönen Kränkesjön eine lange Pause gemacht hat (Neid!!!!), aber er hatte ja auch keine Pannen, fährt viel schneller und ausdauernder.
    Aber wie schön, angekommen zu sein!
    Zuletzt geändert von Sternenstaub; 19.07.2015, 21:38.
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    #2
    AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

    Am nächsten Morgen fühle ich mich etwas abgeschlagen, Muskelkater oder so habe ich aber keinen. Geschlafen hab ich auch ganz gut, aber ich hab eh selten Probleme, von Bett auf Matte umzusteigen, auf letzterer schlafe ich sogar meist besser. Vielleicht macht es das draußen sein? Wer weiß.
    Am Abend zuvor haben wir uns lange unterhalten und unsere Mägen gefüllt.

    Ich habe ja noch gar nicht die Hütte beschrieben. Es ist eine typische Schutzhütte mit Blick aufs Grüne am Rande eines wohl recht bekannten Angelteiches. Zumindest hat der nette älterer Mann in Hörby gleich gewusst, wo ich hin wollte, als ich nach Bjävröd fragte.







    An Infrastruktur sind bei der Fischerhütte wie üblich ein Trinkwasserhahn und ein Toilettenhäuschen. Ich mache mich dort frisch, wir trinken Kaffee und speisen allerlei zum Frühstück.

    Schön ist es hier, den kleinen Wiesenpfad entlang geht es zum Fischteich und zu Wasserstelle/Klohäuschen.



    Wir besprechen den heutigen Treffpunkt. Es ist eine Hütte, die ebenfalls am Skaneled liegt, an einem Fluss / Veslarp südlich von Lönsboda. Laut Karte sollte das wirklich nicht allzu schwer zu finden sein. Hoffe ich mal das Beste.

    Es geht erst zurück nach Södra Rörum, danach über Häglinge in Richtung Vinslöv.



    Vor V mache ich offensichtlich einen unnötigen, wenn mir auch zum entsprechenden Zeitpunkt vollkommen logisch erscheinenden Schlenker über Rickarum, was ich aber auch im Nachhinein nicht bedauere. An der dortigen Grundschule finde ich ein schattiges Plätzchen auf der Treppe zur Schule, wofür ich verdammt dankbar bin. Diese Hitze ist kaum auszuhalten. Ich sitze bestimmt gut eine halbe Stunde hier und fliehe die Sonne. Leider finde ich hier keinen ICA, also muss ich wirklich dann weiter.

    Auf dem folgenden Abschnitt begegne ich echt Hunderten von Motorrädern, irgendwo scheint ein event zu sein. Es sind mindestens 14 Gruppen von jeweils 8-15 Bikern, die da aus der Gegenrichtung an mir vorbeibrausen. Wie viele es genau sind, weiß ich nicht, weil ich ab Gruppe 13 nicht mehr zähle. Viele winken mir freundlich zu.

    Ich habe schon den ganzen Tag und auch im weiteren Verlauf mit diversen Steigungen ganz schön zu kämpfen. Mein größtes Problem ist allerdings die Pedale, obwohl das offensichtlich erstmal hält, traue ich mich nicht so wirklich, sie im ansteigenden Gelände zu sehr zu belasten. Währernd ich gestern "geübt" hatte, bei Steigungen rechtzeitig zu schalten, um die nicht so wirklich große Bandbreite der Schaltmöglichkeiten auszunutzen und ich fast schon stolz darauf war, in diesem Jahr sehr viel besser damit klar zu kommen als im letzten, war mein Vertrauen doch recht klein, dass das alles so halten würde. Mir scheint es auch, als ob das Rad immer schwergängiger würde, aber das ist vermutlich nur Spinnerei, denke ich dann.

    Eine kurze Rast um der intensiven Sonnenbestrahlung zu entgehen



    In V mache ich in brütender Hitze eine kurze Pause beim Supermarkt, bevor ich dann versuche in Richtung Hanaskog zu kommen, nur um vorher über Gumlösa nach Knislinge abzubiegen, was mehr in Richtung Lönsboda liegt.

    Mich ziehen immer mehr die malerischern Kirchen mit ihren Friedhöfen an, im nachhinein scheint es mir, als ob sie eines der bestimmenden Elemente meiner diesjährigen Radelei sind.





    Dabei bin ich durchaus kein gläubiger Mensch, obwohl mich die Endlichkeit in letzter Zeit doch verstärkt beschäftigt.



    In K sehe ich an einem Haus ein großes Hinweisschild auf eine Radwerkstatt, dem ich hoffnungsfroh folge, sie hat aber längst geschlossen. Mist, verdammter. Aber nutzt ja nix, ich muss gucken, wie ich mir weiter behelfe. Von Knislinge radele ich über Sibhult (von wo aus es etwa noch einmal 12 km bis zum Fluss und der Hütte sein soll, nach Lönsboda ist es noch einmal etwa 3 km weiter. Falls ich also in L ankomme, dann bin ich falsch!
    Insgesamt kommt es mir aber mehr vor als die prognostizierten 70 km, aber vielleicht hab ich einfach echt zu viele Kathi-Umwege eingebaut?
    Relativ problemlos finde ich Fluss mit zur Schutzhütte führenden Holzbrücke. Genauer gesagt sind es zwei, über die erste kann man noch schieben, aber der Versuch auch auf die zweite zu kommen, ist nicht von Erfolg gekrönt. X kommt mir entgegen und hilft mir beim Entpacken des und Hinüberschaffen des Rades.
    puuuh - angekommen.

    Als ich bereits früh, aber ausgeschlafen wach werde, bleibe ich noch etwas liegen, um das Gefühl auszukosten, hier in meinem Zeltlein zu liegen mit dem ganzen Tag vor mir. Richtig gut geht es mir scheinbar nicht, aber trotzdem besser hier zu sein.

    Und bin im nachhinein froh, dass ich etwas am gestrigen Abend angesprochen habe, was mir während der Radelei am Tag stets durch den Kopf ging.
    Was mache ich, wenn die Pedale vollends ihren Geist aufgibt? Ich keine Werkstatt finde? Oder entsprechenden Baumarkt, wo man so etwas finden kann? Ich dadurch noch langsamer werde? außerdem hab ich manchmal das Gefühl, als ob ich einen leichten Schüttelfrost dann und wann habe. Und ich neige nicht dazu, mich krank zu fühlen! Mir die Sonne das letzte bisschen Verstand aus dem Kopf brennt. Nein. Das geht nicht. Deswegen habe ich meinen Radelpartner gestern gesagt, dass ich denke, es ist besser, wenn er die Tour für sich weiter macht und ich mal schaue, wohin es mich treibt. Morgen ist Sonntag, da eine offene Werkstatt zu finden ist relativ aussichtslos. Vielleicht bleibe ich auch einen Tag hier, schön genug ist es ja wirklich. Er hat ein bestimmtes Ziel und nur eine begrenzte Zeitmenge. Ich mag einfach nicht Spaßbremse und Hindernis sein. Das letztere sage ich allerdings nicht. Es ist besser für ihn (und mein Gewissen), wenn er morgen einfach so weit fährt, wie er möchte und kann. Ich bin ja nicht wirklich krank, habe nur Kopfschmerzen und mein Rad fährt auch noch. Nach einem ruhigen Gespräch beschließen wir, dass wir es so machen und unterhalten uns noch einige Stunden, bevor wir dann schlafen gehen.

    Ich stehe aber nun doch auf und gehe etwas umher, mache mich frisch, hole Wasser von der Pumpe. Es ist wirklich ein guter Platz.

    Die Schutzhütte von hinten





    Irgendwann werde ich auch mal den Skaneled gehen...











    Die Wasserpumpe, sie fördert wirklich schmackhaftes und zertifiziertes ;- Trinkwasser nach oben



    Wir frühstücken in Ruhe miteinander und X schlägt vor, dass ich vielleicht doch versuche, den nächsten Treffpunkt zu erreichen, der etwa 10 km hinter Växjö liegt, weiter fährt er heut eh nicht. Von da kann ich dann ja am nächsten Tag, dem Montag, ggf nach Växjö zurückfahren, weil es da mit Sicherheit eine Radwerkstatt geben wird. Und wenn er eine Werkstatt sieht, schreibt er eine sms. ok, schaun mer mal.

    Mal abwarten, was der Tag bringen wird.
    Und er bringt vor allem ein Funkloch. ;) Nachdem ich doch los geradelt bin, irgendwie scheint es ja möglich, dass ich zum nächsten Treffpunkt komme, werde ich sogar recht optimistisch. Bis Växjö sollte ich es doch auf jeden Fall schaffen.
    Ich fotografiere lustige und interessante Dinge, obwohl mich die Fotografierlust heut nicht so arg am Wickel hat wie sonst. Das Wetter ist trüb, worüber ich ganz froh bin, Sonne wäre das letzte, was ich ja haben muss.











    Und dann?? Dann beginnt innerhalb von 2 Sekunden der große Regen, ich schaffe es gerade noch die Regenjacke anzuziehen, aber nicht mehr die Regenhose, innerhalb dieser Sekunden bin ich schon klatschnass. Ich radele weiter, irgendwie plötzlich das Rad in die Büsche zu schmeißen und zu schmollen, das bringt es ja nun auch nicht. Ich komme sogar etwas voran, im dichten Regen verpeile ich aber eine Weggabelung und fahre in die falsche Richtung. Ich fühle mich aufgrund der Nässe doppelt so schwer wie sonst - und das will schon etwas heißen. so nass war ich maximal 1-2 mal in meinem Leben und ich war schon oft nass!!
    Es ist kurz vor 15.00 als ich die Notbremse quasi ziehe und mich auf den überdachten Eingang eines offensichtlich verlassenen roten Holzhäuschen rette. Die Tür ist mit Brettern vernagelt und das Vordacch, eher eine kleine Veranda, reicht gerade aus, um meine Packtaschen, meine Isomatte und mich zu beherbigen. Ich schlottere wie nix gutes, ziehe mich komplett aus und etwas trockenes an, rolle die Isomatte aus und krieche in meinen SChlafsack. Zum Glück schützt mich das Vordach dermaßen, dass kein Tropfen mehr zu mir vordringen kann. Von der Straße aus ist das Grundstück zwar einsehbar, aber das ist mir im Moment mehr als egal. Selten habe ich so sehr gefroren. dann schlafe ich ein, werde wieder wach.

    Plötzlich kommt mir etwas seltsam vor. Ist dieses silbergraue Auto nicht bereits zweimal langsam am Grundstück vorbei gefahren? hm, scheint doch nichts zu bedeuten. Plötzlich sehe ich aus den Augenwinkeln, dass langsam eine dunkle Gestalt aufs Grundstück kommt. Ich stelle mich schlafend, war es ja gerade eben fast noch, ein schlafender Mensch wird ja im Regelfall keine Agressionen auslösen oder gefährlich wirken. Als die Gestalt vor mir stehen bleibt, öffne ich langsam die Augen und sehe einen älteren Mann, irgendwas um die 65 +.
    Er spricht mich an und wechselt auf Englisch, als er merkt, dass ich ihn nicht verstehe. Er fragt, was ich hier mache und ich erkläre ihm, warum ich hier liege. ok. er grübelt. er kommt gleich zurück mit seiner Frau, die spricht besser Englisch. ok, dann warte ich mal. Fast penne ich wieder ein, dann kommt das Ehepaar. Die Frau lächelt und ich unterhalte mich mit ihr. ich komme mir zwar etwas blöde vor, weil ich hier im Schlafsack herum liege, aber ok.
    Sie haben einen Vorschlag. Die Hütte gehört einem Dänen, der nur ab und an hier ist. Sie möchten mir aber ein Nachtquartier anbieten und ich soll ihnen einfach folgen.
    puh, ok. ich habe ja meine trockene Regenhose angezogen, als ich hier SChutz gesucht habe, habe ein shirt an und bin quasi gesellschaftsmäßig korrekt gekleidet. Ich packe alles ein, hänge es ans Rad, den Schlafsack und die Matte trägt er und so ziehen wir in einer seltsamen Prozession ca 150 (?) Meter nach rechts. Dort links an der Straße wohnen sie (ein recht großes Haus) und hier rechts von der Straße haben sie eine Übernachtungsmöglichkeit für mich. Über der Garage ist ein Raum ausgebaut, da kann ich schlafen. Das Rad wird in die Garage geschoben und wir steigen die Treppe hoch., ein recht großer Raum ist das, offensichtlich der Hobby- und treffraum mit Freunden für den Hausherrn. Er scheint Jäger/Angler zu sein, ein paar Trophäen hängen an den Wänden, Jagtzeitungen mit Hundebildern sind auf dem Boden gestapelt. Fürsorglich stellen sie gleich die Heizuzng an und weisen auf die riesige Essecke, da auf der Bank kann ich schlafen. dann gehen wir wieder hinaus (mir brummt der Kopf von den Erklärungen), gehen über die Straße, dort im Heizungsakeller kann ich die nassen Sachen aufhängen. Sie begleiten mich wieder zurück und wünschen mir eine gute Nacht.
    Ich stehe dann plötzlich mit offenem Mund in meiner Übernachtungsetage - was für wirklich nette Leute!!

    mein Schlafplatz





    Ganz langsam bereite ich alles für die Nacht vor, ich bin wirklich verdammt langsam und lege mich hin und schlafe - schlafe.
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      #3
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      Nachdem ich am gestrigen Nachmittag auf der Eingangsveranda liegend noch ein paar Cracker gegessen habe, bleiben mir zum Glück fürs Frühstück noch ein Apfel, eine Scheibe Polarbröd und Wasser. Theoretisch kann ich mir Eier machen, die Hausherrin hat mir erlaubt, aus dem gegenüber liegenden Hühnerstall frische zu nehmen, da ich aber weder Topf noch Pfanne dabei habe, kann ich mir auf dem kleinen Elektrokocher nichts machen. Schade, dass X nicht dabei ist, so ein verlockendes Angebot würde er mit Sicherheit nicht ausschlagen. Und er hat Topf(Pfanne dabei. ;)
      Ich gehe in den Heizungskeller, meine Sachen, selbst die Schuhe sind komplett trocken. Ich mache mich dann oben etwas frisch, ziehe die getrockneten Sachen an, packe meinen Krempel zusammen und schreibe ein Briefchen, falls meine Gastgeber noch schlafen sollten und ich sie nicht mehr sehe. Ich schiebe das Rad heraus und packe alles auf meinen Lastesel. Da kommt der Hausherr mit seiner alten Hündin, er will gerade den Morgenspaziergang mit ihr machen. Seine Frau eilt auch herbei als sie mich sieht und wir reden über dies&das. Sie fragt, ob sie mit ihrem handy ein Foto von mir machen darf, ich sage klar, aber ich würde auch gern eines von ihnen machen. Das geht natürlich in Ordnung, auch, dass ich es vielleicht späte rin einem Reisebericht verwende.



      Sie geben mir Tipps, wie ich am besten fahren kann, wenn ich in Richtung Växjö möchte, ich muss - wie schon vermutet - etwa 8 km wieder zurück. Die Hundedame lässt sich von mir streicheln, wir verabschieden uns Hände reichend, wenn ich mal wieder in der Gegend bin, soll ich doch einfach hereinschauen, ich bedanke mich noch einmal, sage auf Wiedersehen und radele los.

      Das Wetter ist gemischt, bewölkt, aber auf Hitze habe ich eh nicht wirklich Lust und so lange es nicht nur regnet, bin ich es zufrieden.
      Irgendwie habe ich keine Lust nach Växjö zu radeln und ich kippe einfach den Plan. X wird eh bereits weiter sein. Ich habe bisher auch noch nichts von ihm gehört. Also was fange ich nun an. Direkt nach Osten und ans Meer? Ob meine Pedale halten wird? Eigentlich ist mir grad alles egal und ich suche mir in etwa eine Route aus. Ich fahre eine wirklich schöne Strecke von Virestad über kleinere Örtchen.



      Es geht beständig auf und ab, aber entweder habe ich mich inzweischen daran gewöhnt oder aber es ist hier wirklich nicht so arg.









      Ich ereiche Torne und entdecke ein ICA. Klasse. Erstmal was zu trinken holen, Äpfel, ein Plunderteilchen und neue Cracker. Auf einem Steg am See Asnen mache ich eine längere Frühstückspause.





      Ich radele weiter und entdecke später noch ein anderes ICA, wo ich natürlich auch eine kleine Rast einlege. es ist wieder total heiß geworden und ich schwitze wie nix gutes. Man muss die ICAs feiern, wie sie fallen ähem, wie sie da stehen. ;)



      Kalvik hat auch eine schöne Kirche und natürlich fotografiere ich sie.



      Es gibt auch eine alte Kirche, sehr oft sieht man Überreste von ehemaligen Kirchen/Friedhöfen, die als Steinbruch für die neue dienten.







      Auf einer Bank sitzend, überlege ich, was ich denn nun wirklich mache. Ich eiere doch eigentlich ziellos um Växjö herum, will ich da nun hin oder nicht? Ich entschließe mich nach Osaby zu radeln, dort gibt es ein kleines Naturschutzgebiet und ein Wandererheim, da kann ich vielleicht zelten und habe gleichzeitig Dusche etc. Kann vielleicht sogar etwas waschen. hm Und von dort ist es ggf nicht weit nach Växjö. ok, erleichtert, dass nun eine Art Entscheidung gefallen ist, mache ich mich auf den Weg. Seltsam, ich habe doch sonst selten Probleme, Entscheidungen zu treffen, aber vielleicht liegt es daran, dass mein Kopf seit Tagen schmerzt? In Osaby gibt es neben 1-2 Bauernhöfen ein größeres Haus (ein Museum), ein rotes Haus der Naturtschutzverwaltung und ein Wandererheim. leider, leider haben alle drei geschlossen. Am Wandererheim steht allerdings nichts angeschlagen, wann es aufmacht oder warum es zu ist, ob nur zeitweilig oderoder. Leider habe ich auch keinen Zugang zu einer Toilette, alles ist verrammelt und verriegelt. Ich lehne mein Rad an die Hauswand und gehe etwas umher, in der Hoffnung, irgendein Zeichen von Leben zu finden. Vor dem Wheim ist ein riesiger Partypavillon errichtet, genau vor der Eingangstür, ob hier doch noch etwas passieren wird heute? Vor dem Haus der Naturschutzverwaltung stehen einige Plastikgartenstühle, ich nehme mir einen und trage ihn zum Pavillon, weil es leicht zu regnen beginnt. Ich schiebe das Rad ebenfalls unter den Schutz des Pavillons, lehne es an die Hauswand und warte ergeben, was kommen mag. Nun ja. es kommt ein megamäßiges Gewitter. Ohne mein Dach wäre ich in kürzester Zeit pitschnass, weil es keine andere Schutzmöglichkeit gibt. ich traue mich gar nicht zu schreiben, wie viele Stunden ich hier sitze und dem Regen und den Blitzen zusehe und dem Donner lausche. Das Gewitter wandert hin und her, mal ist der Donner von hier, mal von dort zu hörern. aber keine Sekunde lässt der Regen wirklich nach. Am Hausflügel zur Rechten sind zwei Vogelnester, eines in einem Starenkasten und das andere angeklebt unterm Dach. trotz des heftigen Gewitters fliegen die jeweiligen Eltern unermüdlich hin und her, bringen Nahrung für die Vogelkinder. Manchmal - wenn es grad echt zu arg ist - verschnaufen sie kurz, sie sehen recht erschöpft aus, bis es dann weiter geht.
      Die Fläche vor dem Haus unter dem P ist nicht asphaltiert, Schottersteine liegen dicht aufgepackt und ich überlege schon, ob ich hier nächtigen kann/muss auf meiner Matte und ob das überhaupt geht, weil trotz der Größe das Wasser immer näher kommt, bis zuletzt maximal eine Fläche von 1,5 Meter mal 1,5 Meter relativ trocken bleibt.

      Blick auf das Haus des Naturschutzverbandes, in meinem Rücken ist das Wheim.



      der kleine Anbau zum Wandererheim



      wenn das bricht oder nicht ordentlich befestigt ist, sehe ich gleich sehrsehr nass aus.



      der Blick hinüber zum Bauernhaus, wo aber scheinbar keine Seele ist, ok, die werden so vernünftig sein und nicht durch die Gegend spazieren. ;)



      So gegen 1/4 vor 3 (?) habe ich Osaby erreicht, kurz vor 3 begann dann der große Regen, etwas vor 7.00 bin ich wieder unterwegs, nein, hier ist es mir zu nass und zu ungeschützt von der Straße aus, immer wieder sind Autos vorbeigeprescht, das ist mir nichts. Vielleicht finde ich ja ein Fleckchen im Wald, wo ich schlafen kann. tja, mit Wald sieht es erstmal schlecht aus und die Weiden links und rechts stehen teils tief unter Wasser. An einem Haus steigt gerade eine Frau aus dem Auto und ich frage sie, ob es hier irgendwo einen Campingplatz oder ein Pensionat gibt. Also so etwas wie einen Campingplatz gibt es hier nirgends, ein Pensionat??? Sie überlegt. In Ingelstad gibt es eines, das weiß sie sicher, das hat auch auf jeden Fall offen. Das sei aber noch eine ganz schöne Strecke zu fahren.
      nuja, da bleibt mir wohl nichts anderes übrig oder? Sie erklärt mir, wie ich nach Ingelstad komme. ich bedanke mich und radele los. Langsam gibt es wieder blaue Flecken am Himmel, es kommt sogar die Sonne durch. Mal schauen, wo ich heut schlafe. Um 20 nach 8 erreiche ich Ingelstad, aber leider ist das Pensionat nicht wirklich ausgeschildert.



      Ich frage Passanten und mit etwas hin und her finde ich es dann. Verdammt, das schaut aber ziemlich nobel aus, ok, muss ich halt in den sauren und vermutlich teuren Apfel beißen. Es ist mehr eine hochherrschaftliche Villa, ich schelle und nach mehrmaligen Rufgeräuschen, habe ich scheinbar die Landlady am Ohr, sie kommt gleich mit dem Auto. Nach 10 Minuten fährt ein großes Auto aufs Grundstück, ich erhalte den Zimmerschlüssel für einers der preisgünstigeren Zimmer des Nebenhauses, mache die Frühstückszeit aus. Nach ein paar freundlichen Worten fragt mich der Hausherr, ob ich einen Willkommensdrink haben möchte, ein Bier vielleicht. Da sage ich nicht nein und seine Frau übereicht mir das gewünschte Leichtbier.
      Ich schiebe das Rad zum Nebengebäude, entpacke es und schleppe meine Sachen in den ersten Stock. Alles ganz hübsch. aber Sachen waschen werde ich heut mit Sicherheit nicht mehr! Dazu ist es viel zu spät.
      Nachdem ich mir noch drei Verletzungen beim Versuch zuziehe, die Bierflasche ohne Kapselheber und erst mit Meser, dann Radwerkzeug zu öffnen, (eine wächst sich dann zu einem genialen Bluterguss aus) gepriesen sein meine Blödheit, gelingt es mir doch noch und ich schlürfe mein mehr als verdientes FeierabendBier. Schluss für heute!!
      Two roads diverged in a wood, and I—
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      • Sternenstaub
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        #4
        AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

        Am nächsten Morgen werde ich früh wach. Obwohl ich noch schlafen könnte, quäle ich mich aber bald auf, weil die vier anderen Gäste bereits um 7.00 frühstücken und ich ebenfalls zugesagt habe, nicht gar so spät zum Frühstück zu kommen. Einen schönen Blick auf den See hat man durchs Zimmerfenster.





        Ich dusche also, mache mich fertig und gehe ins Hauptgebäude Wobei mir sich der Wunsch nachträglich nicht so ganz erschließt, weil eh ein Frühstücksbüffet aufgebaut ist und Kaffee und Tee auf Warmhalteplatten bereit stehen. Nuja, egal, erst einmal frühstücken. Das Büffet ist reichhaltig und ich frühstücke in aller Ruhe. Außer einem Mädchen, welches ab und an in den Speiseraum schaut, ist eh niemand da. Ich mache mir noch ein Brötchen für unterwegs, nehme einen Apfel vom Obstteller und gehe wieder zu meinem Zimmer. Nach und nach packe ich alles ein.
        Den Zimmerschlüssel lasse ich wie verabredet in der Tür und mache mich auf den Weg. Über Väderlanda kurve ich auf Nebenstrecken zwischen Seen umher, eine schöne Strecke ist das.





        giftige Maiglöckchen und sicherlich schmackhafte Walderdbeeren



        Gegen 12.00 ereiche ich Linneryd. Irgendwie fährt sich das Rad komisch, aber das bin ich ja inzwischen gewöhnt. Ich fahre in den Ort hinein und mache eine Pause an einer Sitzgruppe gegenüber der Kirche.











        Ich bin unruhig, weil irgendwas anderes mit dem Rad ist, ich habe das Gefühl, ich fahre auf Schleifpapiere, seltsame Geräusche, die ich aber nicht genau lokalisieren lassen, lassen mein Rad "singen". Immer mal wieder steige ich ab, es sieht aber gar nichts verändert aus!
        aber nutzt ja eh nix, ein Radladen ist nirgendwo zu sehen, habe auch ab und an mal Einheimische befragt, die es weit von sich weisen, dass irgendwo in der Nähe eine Werkstatt sein könnte.
        Landschaftlich ist es sehr schön hier, etwas hügelig, aber auch immer wieder Wasser zwischendurch.

        Kurz vor zwei komme ich an diesem Häuschen vorbei und bin gleich entzückt. DAS würde mir wirklich gut gefallen. Es ist offensichtlich unbewohnt, hach ja. Ob ich es jemals schaffe, so etwas zu erwerben?



        Ich gehe ein wenig um es herum, genau, das wäre das perfekte Haus für mich.



        Über Rolsmo und Akerby erreiche ich Skruv.



        Der Ort ist größer und liegt bereits im Glasriket (oder wie immer das geschrieben wird), eine hügelige Gegend, wo es viele Glasfabriken/Bläsereien gibt. Als ich ein Hinweisschild zu einer Glasfabrik sehe, radele ich hin, bin aber sehr enttäuscht, da gefällt mir ja nun gar nix. Vor Jahren war ich bereits einmal bei solch einem Betrieb - allerdings in einem anderen Ort und dort gab es wirklich sehr schöne Sachen. Nunja, vielleicht komme ich ja noch woanders vorbei. Immerhin gibt es im Ortszentrum einen ICA, ich kaufe mir also ein Eis und überlege, wie es nun weitergehen soll. In der Nähe der Glasfabrik war ein Ort Broakulla ausgeschildert, eine schmale Straße führte Richtung Osten, den suche ich nun auf der Karte. Er liegt etwas nördlich von Emmaboda, dort müsste es eigentlich etwas Infrastruktur geben, Emmaboda ist offensichtlich größer und durchaus auch in Richtung Kalmar. Also gut, versuche ich mal diese Strecke. In Skruv gefällt es mir nämlich nicht, obwohl ich das nicht begründen kann, jedenfalls bin ich froh auf meinen Weg einbiegen zu können. Das Rad fährt sich immer mühsamer, was aber auch daran liegen kann, dass der letzte Teil der Strecke nicht mehr asphaltiert ist. Obwohl das ist Schwachsinn, das hat ja vorher auch keine Probleme gemacht.

        Irgendwann geht gar nichts mehr, ich mache mit Sicherheit nur noch mehr kaputt, wenn ich versuche zu radeln. Offensichtlich ist es die Kette und bald bewegt sich gar nichts mehr. Weder vor, noch zurück.
        ok, schieben geht noch. Auf der Straße ist nun überhaupt kein Verkehr mehr, am Anfang kam ja ab und an ein Auto vorbei, jetzt tut sich nichts mehr. Ich schiebe gute zwei Stunden, irgendwann muss ich doch zumindest in Broakulla ankommen. Es gibt ein paar wenige Häuser an der Straße, aber nirgendwo steht ein Auto davor, offensichtlich sind entweder alle unterwegs oder es handelt sich um Wochenendehäuschen. Die Straße wird offensichtlich gerade ausgebessert, asphaltierte Strecken wechseln sich mit Schotterstrecke und unbefestigtem Weg ab.
        Da sehe ich plötzlich ein kleines Schild "cykla", welches nach links in ein Sträßchen weist. Eine Radwerkstatt??????
        hm, die Zufahrt führt zu 4-5 Häusern, ob ich einfach mal irgendwo klingele?

        Gesagt, getan. Eine sympathsich ausschauende Frau kommt zur Türe und ich frage, ob hier irgendwo eine Radwerkstatt ist. Sie überlegt. Ihr Sohn - etwa 15/16 kommt heraus, er hat wohl das Gespräch gehört, er suche mal eben im Internet. Kurze Zeit später kommt er mit einer Telefonnummer wieder, in Eriksmala müsste eine sein.
        Seine Mutter ruft die Nummer an und verhandelt mit jemandem am anderen Ende der Leitung. Ein paar Sachen verstehe ich, es geht um eine Touristin auf dem Rad und die braucht Hilfe, nein, nicht erst morgen. Noch heute. Nach etwa 10 Minuten hat sie die Männerstimme am anderen Ende offensichtlich überzeugt, sie strahlt und sagt, dass der Techniker in etwa 15 Minuten da sein wird. Inzwischen hat ihr Sohn zwei Stühle vors Haus gestellt, sie hat ihm wohl gesagt, er solle Kaffee machen und sie bringt noch Saft und Wasser heraus. Hier im Schatten können wir ja warten. Sie lacht. Gemütlich sitzen wir im Schatten, trinken Saft und Kaffee und unterhalten uns. Sie ist aus Karlskrona, aber ihr Mann ist hier geboren und hat immer hier gelebt. Auch sie ist froh, aus der Stadt heraus zu sein. Ihr Mann ist gerade mit dem großen Auto unterwegs, sonst hätte sie mich mit dem Rad nach Emmaboda fahren können, aber ins kleine geht es leider nicht hinein.

        Der Techniker kommt, grüßt freundlich und ich erkläre, was passiert ist. Die Pedale schaut er sich nicht einmal an, das hält noch, meint er, außerdem hat er keinen Ersatz dabei. Er überprüft die Kette, grübelt und fragt dann offensichtlich nach einem Werkzeug. Der Sohn bringt eine Wasserpumpenzange herbei und er schraubt am Rad herum, ich kann aber nicht genau sehen, was er da macht. Danach grinst er und zeigt, dass die Kette wieder frei beweglich ist. Was war es denn nun? Er erklärt mir, dass das Trittlager, an welchem die linke Pedale befestigt ist, sich gelockert hatte und er es quasi nur richtig fest gedreht hat. Es stand schon immer recht weit heraus, aber hatte bisher aber nie Malesken gemacht. puuh.
        Als ich ihn frage, was er von mir bekommt, winkt er nur ab, wünscht mir eine gute Tour, verabschiedet sich von uns und ist in einer Staubwolke verschwunden.

        ich mache ein erlaubtes Foto als Erinnerung



        Wir trinken noch unseren Kaffee zuende, ich will mich gerade verabschieden, als ihr Mann ums Eck kommt und natürlich gleich die Geschichte erzählt bekommt. Ein richtiges Abenteuer war das, lacht seine Frau. Er nimmt sich auch einen Stuhl und trinkt eine Tasse Kaffe, ich soll doch noch einen Moment bleiben. Sie empfehlen mir in Emmaboda zum Campingplatz am Schwimmbad zu radeln, das wäre ein sehr netter Platz.
        Ich bedanke mich recht herzlich für die Hilfe und die Getränke und radele wieder los. Ein letztes Winken und ich bin wieder auf der Straße.

        Und ich kann radeln, juchuuuu, es fühlt sich soooo leicht an. Beschwingt radele ich die letzten Kilometer nach Emmaboda, finde auch bald das Schwimmbad und melde mich an. Die junge Frau an der Rezeption fragt mich, ob ich eine schwedische Campingkarte habe, als ich verneine und frage, was diese denn kostet, lacht sie, sie hätten dieses Frühjahr keine neuen Marken bekommen, also gibt sie mir meinen Zeltplatz für den normal reduzierten Preis. 120 Kronen, das ist echt ok. Da mein Handy immer noch keinen Mucks abgibt frage ich, ob es möglich ist, irgendwo zu telefonieren. Oder ob es etwa Internet gäbe. Sie strahlt, ja freies Internet, sie stellt mir gleich den PC an.

        Ich baue aber erst schnell mein Zelt auf und trinke dann am PC sitztend einen Kaffee. Nur die erste Tasse kostet, danach kann man so viel nehmen, wie man möchte. Ein klasse System finde ich. Ich melde mich bei meinen Kindern, melde mich bei einigen Freunden, das macht ja richtig Spaß mal wieder im net zu sein.

        Zum Abendessen kaufe ich mir etwas Obst, einen Muffin und trinke noch 2-3 Tassen Kaffee draußen an der Sitzgruppe neben meinem Zelt.



        Am nächsten Morgen gehe ich bereits früh duschen und danach ins Schwimmbadgebäude, welches auch ein großes Fitnesscenter beherbergt und um 6.00 Uhr öffnet. Es ist bereits einiges los und ich hole mir Kaffee und ein Brötchen und verziehe mich noch einmal ins Internet. Danach trinke ich in Ruhe einen weiteren Kaffee im Schatten, bevor ich langsam meine Sachen packe. Gewaschen habe ich gestern doch nicht mehr, es war bereits wieder zu spät und ich hatte so gar keine Energie mehr. Irgendwie fühle ich mich verdammt unfit. An der Radelei kann es nicht wirklich liegen, so lang waren die Strecken ja bisher eher nicht, ich glaube 90 km war bisher das längste, es geht auch mehr umn meinen Kopf. Der schmerzt und ich fühle mich oft schwindelig. nuja, wird schon wieder.
        Ich habe ja noch ein sauberes Shirt und heute abend wasche ich halt etwas. Ob ich einen Tag länger hier bleibe? Ich entscheide mich dagegen, obwohl es mir in Emmaboda gefällt, irgendwie bin ich rastlos. Ich will nun mal langsam mit meiner Tour weiter kommen!

        Kurz vor 9.00 bin ich auf der Straße und fahre durch die Außenbezirke von Emmaboda hinaus.





        Es geht nun überwiegend bergab, man merkt, dass es langsam Richtung Meer geht. Das bilde ich mir jedenfalls ein.
        An diese Tagesetappe habe ich kaum Erinnerungen und auch nur ganz wenig Fotos, erst um die Mittagszeit mache ich wieder bei einer kleinen Rast zwei Fotos.

        Es ist kurz vor 12.00 und ich habe nicht die geringste Erinnerung, wo ich das fotografiert haben könnte.



        Aber schön ist es scheinbar dort schon ;)



        ich unterfahre bei Ljyungbyholm (ich erinnere mich an den langen Namen und die Unterführung ;) ) dann eine Autobahn, von dort ist es nicht mehr weit ans Meer. Ich komme wieder an eine größere Straße, auf der anderen Seite geht eine Ausschildunerg zum cykla-paret und ich bilde mir ein, dass dies die richtige Route in Richtung Süden ist. Da muss es einige Campingplätze geben. Ich nehme also diesen Radweg und erblicke bald die Ostsee.

        ein feiner Blick.



        Wenn nur die Sonne nicht wäre, sie macht mich ganz ungeduldig, ich hasse diese ständige Sonnenbestrahlung. Regen oder besser Bewölkung wäre jetzt nett. Tja, leider verfranze ich mich im Küstengebiet und lande bei Hagbyhamn, dort geht nichts mehr weiter. Ein paar Sommerhäuschen stehen dort, an einem steht Berlin-Zweigstelle (oder so ähnlich) und ich denke mir, wie kann man sich nur so entblöden, die freundliche Frau im Nachbargarten, die nach dem richtigen Weg zum Campingplatz befrage, weist mich an die Frau, die gerade dort aus dem BerlinsowiesoHaus kommt, sie wisse besser Bescheid über die Campingplätze hier in der Nähe und kann mir das auf Deutsch erklären, da sie eine Deutsche ist. Danke, dann mache ich das mal, die ziemlich unfreundliche Trulla sagt, also hier gehe nichts mehr lang, ich wäre offenkundig falsch. ahja, darauf bin ich irgendwie auch schon gekommen. Ich muss das Ganze wieder zurück zur alten E22, dort links ab und immer gerade aus. Achso, ja danke. Dankbar fühle ich mich aber nicht, was für ne blöde Kuh.
        Missvergnügt fahre ich die doch etlichen Kilometer zurück, dann an der größeren Straße nach links bis ich irgendwann ein Campingplatzzeichen sehe. Ok, also dorthin.
        Der Platz ist zwar sehr groß und gut mit Dauercampern gefüllt, aber die Rezeption nur zwischen 10.00 und 12.00 geöffnet. Natürlich auch der Imbiss und was es da noch so gibt. Und nun? eine Frau kommt aus einem der Dauercamper und erklärt mir, dass heute sogar noch niemand da gewesen wäre. Das wäre manchmal blöd, wenn man etwas fragen oder gar bezahlen wolle. Ich soll doch mein Zelt einfach aufstellen, die Toiletten/Duschen wären ja frei zugänglich, wenn man auch für die Duschen Kronen brauchen würde. Und wenn heute hier niemand mehr auftauchen würde, solle ich ggf morgen früh einfach fahren, das gehe ja nun nicht an, dass man nie jemanden anträfe. Ich danke der freundlichen Frau und suche mir eine Ecke für mein Zelt. Danach gehe ich etwas ans Meer, es lässt aber nicht mein Herz höher schlagen wie sonst. Gegen 17.00 Uhr verziehe ich mich mit Buch&Karte und drei/vier Wäschestücken in eine der zahlreichen, komfortablen und abschließbaren Einzelwaschräume, wasche die Wäsche und bleibe bis kurz vor 8.00, wobei ich ab und an den Heizlüfter anstelle. Mit dem Erfolg, dass meine Wäsche trocken ist, mein Buch fast ausgelesen, obwohl ich auch die Karte studiere. Da keiner jemals an der Türe rüttelt, nehme ich mal an, dass die übrigen Waschräume ausgereicht haben. ;)

        Ich gehe schlafen, das war schon ein komischer Tag. Und vor allem, was mache ich morgen? Irgendwie schwanke ich zwischen nach Süden fahren oder doch nach Kalmar und zum Götakanal oder - meine Gedanken sind reichlich krause und ich nerve mich selber mit meiner Entschlussunfähigkeit.
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        • grenzenlos
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          #5
          AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

          Sternenstaub....Ich gehe schlafen, das war schon ein komischer Tag. Und vor allem, was mache ich morgen? Irgendwie schwanke ich zwischen nach Süden fahren oder doch nach Kalmar und zum Götakanal oder - meine Gedanken sind reichlich krause und ich nerve mich selber mit meiner Entschlussunfähigkeit.

          Bin über die krause Entscheidung gespannt

          LG, Wi grenzenlos
          Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

          Gruß, Wi grenzenlos

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          • Tie_Fish
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            #6
            AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

            Wieder mal sehr schön geworden! Vielen Dank, dass du uns teilhaben lässt!

            Nur wer oder was ist dieses X?
            Grüße, Tie »

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            • Sternenstaub
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              #7
              AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

              Wi, es kamen noch ein paar krause Ideen. Ob man es glaubt oder nicht, eigentlich bin kein wirklich chaotischer Mensch, könnte ich mir beruflich auch nicht leisten.
              Aber dieses Mal hatte ich sogar eine später ärztlich festgestellte Ursache. Eigentlich naheliegend, aber ich wäre im Leben nicht darauf gekommen.

              Tie, du gehörst also zu der wissbegierigen Sorte. X ist einfach ein Freund, der nicht so gern seinen Namen oder gar Foto im net sehen würde. Als ich vor längerem den Bericht von meiner ersten Harzwanderung schrieb, machte ich aus xxxxxx eben X. Und das ist jetzt sein offizieller Name.

              ein bisserl geht es noch weiter:

              Kurz nach 4.00 werde ich bereits munter, ich bleibe zwar noch etweas liegen, es gelingt mir aber nicht, wieder einzuschlafen. Ich mache mich langsam fertig, duschen kann ich nicht, ich habe einfach keine 5-Kronen-Stücke, aber waschen ist ja auch ganz nett. Dann packe ich meine Klamotten zusammen, baue das Zelt ab, bepacke mein Rad und schiebe es zur Rezeption. Es ist gerade mal 5.00 Uhr. Soll ich jetzt wirklich 5 Stunden warten, bis die hier vielleicht (!) öffnen? Ein Mann, der zu den Toiletten will, kommt vorbei und spricht mich an. Ich wolle doch wohl nicht so viele Stunden hier warten?? Da wäre schon seit Tagen niemand da gewesen. Und grinst dann, die würden eh genug Geld an ihnen verdienen. hm.
              ok, ich mache mich dann vom Acker, die haben ja alle Recht. Wer weiß, ob vor dem Wochenende noch irgendjemand von den Betreibern kommt. also ab aufs Rad und losgefahren. Ich radele die Strecke bis zu großen Straße und stehe 5 Minuten unschlüssig herum. wohin nun eigentlich?
              ok, ich fahre in Richtung Kalmar und zwar auf diesem Radweg von gestern, nach Norden ging es ja weiter, nur nicht nach Süden. Als ich diese Fotos mache, bin ich schon etwa eine halbe Stunde unterwegs.





              Der Radweg ist recht nett, obwohl ich immer wieder zur großen Straße komme und sie fahren muss, bevor es wieder nach rechts abgeht.

              Als ich Hossmo erreiche, fühle ich, dass es die richtige Entschedidung war in Richtung Kalmar zu fahren. Es ist gerade 7.00 vorbei und die Kirche zieht mich magisch an.





              Das Rad habe ich am hinteren Kircheingang abgestellt und ich besehe mir nun die Gräber.



              93 ist Johanna geworden, ein beachtliches Alter, speziell für die damalige Zeit. Ich würde zu gern wissen, was sie alles erlebt hat und wie ihr Leben verlief.



              Diese Kirche ist wirklich etwas besonderes. Wie alt mag sie wohl sein?



              Wie ich später erfahre, gab es diesen Landungssteg schon von Anfang an bzw seinen Vorgänger. Ein Großbauer ließ wohl hier die erste Kirche erbauen und der Anlandungsplatz war vermutlich für sein Boot bestimmt.



              Ich komme in einen Bereich, in welchem anonyme Bestattungen stattfinden (wenn ich das richtig verstanden habe), die Anlage ist schlicht, aber durchaus berührend.



              Von einem Wasserbecken auf dem kleinen Hügel leiten vier Wasserrinnen Wasser hinunter,



              sammeln sich unten in den vier Becken und werden dort offensichtlich wieder nach oben gepumpt. Um das Becken herum stehen Laternen und auch Blumen, manchmal Figuren.





              ich sitze sehr lange hier und denke an meine Toten.



              Vorne am Eingang zum Friedhofsgelände sind einige Hinweistafeln, ich gehe nun zurück und schaue sie mir an und fotografiere sie.



              Sie erzählen recht gut die Geschichte dieser Kirche/Anlage, ich hoffe, man kann es lesen.





              Hier fällt mir erstmals wirklich auf, dass Frauen, auch wenn etwa gleich alt, oft bis zu 20 Jahre länger lebten als ihre Männer. War deren Leben so viel gefährlicher?



              Ich betrete das Innere der Kirche, sie ist inzwischen aufgeschlossen worden, obwohl ich bewusst keinen Menschen gesehen habe.





              Kirchen bzw überhaupt Gotteshäuser faszinieren mich, schon als Kind und ich fragte mich immer, woher dieses Streben nach einer Welt danach kommen mag. ist das Leben sonst für viele Menschen unerträglich, wenn es nicht etwas nach uns gibt?



              Wenn ich ja eher sonst mit Marx die These vertrete, dass Religion das Opium des Volkes ist, glaube ich, dass dieses Bedürfnis/Hoffen auf eine Nachwelt etwas ganz Substanzielles im menschlichen Wesen/Weltbild ist. Und das kann ich auch als nicht religiöser Mensch durchaus verstehen.



              wie schön doch dieser Leuchter ist









              Ich verlasse die Kirche wieder - scheinbar war die Entscheidung für Kalmar doch die richtige?

              Es nimmt doch noch einige Zeit in Anspruch bis ich endlich das Schloss von Kalmar erreiche, weil ich erstmal durch längere Vororte radeln muss und mich eine Baustellenumleitung - genau befolgt, möchte ich mal betonen - wieder zum Ausgansort zurückführt. Ich beginne massiv an mir zu zweifeln und befrage einen netten Radler, der sogar Deutsch spricht. Er lacht, hier würde man sehr leicht eine Ehrenrunde drehen, das wäre echt unübersichtlich. Sein Tipp ist aber gut und ich erreiche tatsächlich die Innenstadt und somit auch das grad kurz vorher liegende Schloss.



              Ich habe es schon einmal vor Jahren besichtigt, deswegen halte ich mich nun hier nicht länger auf.



              Die Touristinfo ist nahebei und ich versuche dort mein Glück und frage nach einem möglichen Weg nach Norden zum Götakanal. Tja, die Dame spricht zwar perfektes Englisch, aber Götakanal. Nun, der ist nicht hier in Kalmar. Ich beruhige sie damit, dass ich das wisse, aber vielleicht habe sie ja einen Tipp, wie man dorthin kommen könnte? Ja. Irgendwo der Götakanal, sie fragt eine Kollegin. Ja, der ist irgendwo nördlich, aber wo er genau lang führen würde.... Ich schlage vor, mal das Orakel Internet zu befragen, also ja, hin und her klick, sie kommt nicht weiter. Ich solle es doch mal in einem book-shop versuchen, vielleicht haben die ja etwas. öhja, das scheint die bessere Möglichkeit zu sein.
              Zeitverschwendung grummel ich vor mich hin, als ich den Glaspalast wieder verlasse. Obwohl Zeit habe ich ja eigentlich genug oder? Zum Glück konnte mir die Dame sagen, wo es eine Wechselstube gibt, ich will ein paar Euros tauschen. Die Xte Straße in die Richtung und dann rechts und geradeaus. Ich schiebe das Rad, es ist zwar nicht wahnsinnig viel Verkehr, aber so kann ich mir gleichzeitig auch ein bisserl die Stadt anschauen. Ich erreiche tatsächlich die Wechselstube, tausche Geld, wobei ich lange warten muss, eine größere Gruppe schwedisch-stämmiger Us-Amerikaner bevölkert die drei Schalter. Ich versteh ja ganz gut Englisch und amüsiere mich über ihre Gespräche, wie nice, beautiful etc das alles ist. Obwohl diese Schweden ja auch schon komisch sind, sooo rückständig teils. Das Mädel am Schalter 1 verzieht keine Miene, ich verdrehe die Augen und sie zwinkert mir zu.

              Einen Buchladen finde ich auf Anhieb nicht, das ist mir auch alles irgendwie zu kompliziert. War da nicht vorhin ein Hinweisschild zum Bahnhof? Vielleicht gibt es ja iregendwohin einen Zug, in welchem man ein Rad mitnehmen kann. das ist hier in Schweden wirklich manchmal schwierig.

              ok, ich mache mich auf den Weg zum Bahnhof. Immer noch schiebend erreiche ich ihn und studiere die Fahrpläne. oh, man kann nach Växjö fahren, aber was soll ich dort? Andererseits was soll ich dort nicht, vielleicht radele ich ja direkt zu den Elchen von dortaus, obwohl es ja durchaus noch ein Stückerl weg ist. Egal, ich kaufe eine Fahrkarte nach Växjo, das Rad kann mit und in etwa 1 1/2 Stunden fährt er von Gleis 1 B. okidok, ich setze mich auf eine Bank am Bahnsteig. Hier bleibe ich bis der Zug kommt. Er fährt ein und ich steige mit dem Rad ein, die Fahrt wird etwa eine Stunde dauern. In der nächsten Station steigt eine andere Radlerin mit Gepäck ein, eine Schwedin, die in Kalmar wohnt. sie spricht gut Deutsch und wir parlieren über woher&wohin, ein sehr angenehmes Gespräch. Sie möchte von V aus nach Torno zum Campingplatz fahren, wo ich ja kürzlich noch vorbei gekommen bin. Scheinbart findet sie es nicht seltsam, dass ich hier ziemlich ziellos herumeiere. Die Fahrt vergeht schnell, sie macht sich auf in Richtung T und ich suche eine Radwerkstatt und finde sie auch in einem Innenhof, in welchem auch ein Café ist. Ich zeige meine kaputte Pedale, ja, sie erneuern das und ich soll das Rad in etwa einer Stunde abholen. ok, ich nehme nur Geld und Kamera mit und begebe mich auf eine kleine Ortsbesichtigung. Die Sonne scheint wieder mörderisch und ich fliehe in ein ICA und kaufe leckere Sachen, so langsam bekomme ich echt Hunger, heut hab ich noch gar nichts gegessen. Einen Joghurtdrink, wienerbröd, ein paar kekse, ich stelle mir außerdem am Salatbuffet einen Salat zusammen, ok, das reicht.

              Da die Bänke alle in der Sonne stehen, suche ich mir gegenüber die Treppe zu irgendeiner Verwaltung als Sitzplatz aus und spachtele dort gemütlich im Schatten.
              Ganz nett, dieses Växjö, kann im nachhinein gar nicht verstehen, warum ich es bisher gemieden habe. Ich entschließe mich an den Innaren zu radeln, dort soll ja dieser Platz sein, an dem ich mich mit X getroffen hätte, wenn es denn geklappt und mich die größe Sintflut nicht weggespült hätte. Das soll ca. 10 km nördlich von Växjö sein. ok, versuche ich es doch einfach mal.
              Wenn man bedenkt, wie lange ich schon auf bin, ein wahrlich mutiges Vorhaben. ;) Speziell, wenn man bedenkt, dass ich ziemlich neben mir stehe. Ich hole das Rad ab, es hat wieder zwei normale Pedalen, whow, dass es sowas noch gibt und verlasse Växjö, wobei mich das durchaus nicht so einfach freigeben will, es ist schon etwas tricky, aber ich komme über die bereits benannten Stationen. es sind aber mit Sicherheit mehr als 10 km, werter X, wobei ich aber zugeben muss, dass es recht wahrscheinlich ist, dass ich die entsprechende letzte Abbiegung nicht gefunden habe. Ich will euch nicht langweilen, indem ich euch die verschiedenen Namen aufliste, aber ich hab ehrlich alles brav abgearbeitet. Nur um irgendwann zu wissen, dass ich jetzt doch langsam am richtigen Abzweig sein müsste....
              Ich befrage einen netten Vater mit ebenso netten Sohn, die sich aber nicht wirklich einig sind, wo denn nun die Hütte, die sie kennen genau ist. Schließlich setzt sich der Sohn durch, vermutlich sei es dort, gibt der Vater zu. also weiter das Sträßchen lang, dann nach einem großen grauen Haus auf der linken Seite rechts in einen Feldweg einbiegen und dann immer gerade aus. ok, irgendwo muss ich ja heut noch hin, ich folge der Beschreibung und komme an einem Landzipfel im wirklich schönen See Innaren an eine offensichtlich private, kleine rote Fischerhütte. Verdammt. Ich lasse das Rad stehen und schaue mich weiter um, da ist noch eine Hütte, aber auch die ist abgeschlossen. Was nun?
              Ich bin zu kaputt um weiter zu fahren, entscheide ich und baue langsam - ganz langsam mein Zelt auf. Es is jetzt gegen 18.00 und wirklich wohl fühle ich mich auf diesem offensichtlich privaten Grund nicht. Am äußersten Zipfel der kleinen Halbinsel steht eine windschiefe Bank, ich setze mich darauf, es weht ein erfrischender Wind.





              Ich kann aber gar nicht recht den prachtvollen Sonnenunbtergang genießen. warum bin ich nur nicht dort, wohin ich wollte? Oder bin ich doch dort und die Gegebenheiten haben sich geändert? Denn der Sohn meinte, das sei eine offene Hütte dort. Und das ist definitiv die Hütte, die er beschrieben hat.
              Ach egal, ich lege mich ins Zelt und schlafe.
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                #8
                AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

                Ich erwache recht früh, was gut ist, schließlich sieht das ja aus wie Privatbesitz und da möchte ich mich nicht so lange aufhalten.

                Blick aus dem Zelt am sehr frühen Morgen.



                Da bin ich zwar bereits eine Stunde wach, aber erst jetzt raffe ich mich dazu auf, aus dem Zelt zu kriechen.
                Aber nun geht alles schnell, Zelt abgebaut, Packtaschen gepackt, alles am Rad befestigt, letzte Fotos und es geht los, bereits vor 5.30 bin ich unterwegs.





                und noch einmal in Richtung Sonne



                Über ein schmales, angenehmes Sträßchen fahre ich in Richtung Rottne, was auf der anderen Seite des Innaren liegt. Schnell erreiche ich den Ort und schaue mich ein wenig um, der ICA hat natürlich noch geschlossen und so stelle ich mein Rad erstmal an der Kirche ab.





                Ich gehe über den Friedhof. Die Kirche ist bereits geöffnet und ich ziehe die schwere Tür auf und gehe hinein.





                Auch das Innere dieses Gotteshauses gefällt mir, auf mich wirken diese schwedischen Kirchen mehr für Menschen gemacht denn für einen Gott.



                Es gibt auch meist eine Kinderecke, was mir gefällt, hier ist sie unter der schönen Empore, auf welcher die alte Orgel steht.



                Ich zünde drei Kerzen an, das Kerzenanzünden ist eine von meiner Mutter übernommene Tradition, die mir etwas bedeutet. Eine Kerze für meine Familie, eine für meine Freunde, eine für die Verstorbenen. Auch für den kleinen Vogel, den ich gerade versuchte vor einer schwarzen Krähe zu retten, vergeblich, er starb, vor Schmerz laut piepsend/schreiend und ich habe das Gefühl, dass mir darob das Herz bricht. jaja, ich weiß, alles Natur, etwas was man akzeptieren muss/soll, aber ich will verdammt sein, wenn ich das innerlich jemals akzeptiere. Ich sitze in der Kirche, dieses Geräusch im Ohr und das Bild des aufgepickten Vögelchen im Auge. Hätte es nicht eine bessere Möglichkeit gegeben, Futter etc der sogenannten Schöpfung zu geben, das Nahrungsproblem zu lösen/gewährleisten? Falls es einen Gott gibt oder eine Göttin, hat er/sie schlampig und unbarmherzig gearbeitet. Und von dieser Meinung rücke ich nicht, egal, ob andere mich sentimental oder irgendwas anderes, halt bescheuert finden. Ich habe es übrigens immer gut ausgehalten, auf manche Menschen etwas spinnert zu wirken.



                Ich verlasse die Kirche, weil alles Hadern eh nichts nutzt unbd schiebe das Rad zurück ins Ortszentrum. Ein nettes jungers Mädchen grüßt mich fröhlich. Das heitert mich auf.

                Langsam bekomme ich Kaffeedurst, mal schauen, ob ich irgend etwas finde. Der ICA hat imnmer noch geschlossen, es gibt auch ein Café, aber das macht erst spät am Morgen auf. Plötzlich spricht mich eine Frau an, ob ich etwas suche, wo ich Kaffee trinken kann. Ich lächle sie an und sage ja.. Ich soll dort drüben auf der anderen Straßenseite in die Cafeteria gehen, das sei eine Einrichtung der Kommune, wo auch ein Altenwohnheim angeschlossen sei. Da könne ich auch hin gehen, das wäre für alle offen. Sie würde auch öfters dort frühstücken. Ok, Tack så mycket!
                Da bin ich ja mal gespannt. Ich lehne mein Rad an eine Bank vor dem Haupteingang und gehe ins Gebäude. Direkt am Anfang ist der Eingang zum Restaurant, ich grüße. 3-4 Leute sind dort, alles ältere Semester, die mich freundlich anblicken. Zwei stehen am Selbstbedienungstresen und mithilfe von zwei jungen Frauen (offensichtlich arbeiten die im Altersheim) suchen sich die beiden Senioren verschiedenes zu essen und zu trinken aus und bekommen dabei Unterstützung. An der Kasse steht ein breit lächelnder Mann, der mit allen einen Scherz macht, auch mit mir, als ich 39 Kronen fürs Frühstücken bezahle. Und die Auswahl ist wirklich gut! Mehrere Säfte, Kaffee satt, 4-5 Sorten Joghurt aus 1 Liter-Pappkartons, Eier, Müsli, Milch, diverse Wurst- und Brotsorten, Marmnelade, mehrere Sorten Fisch, auch heißen Haferbrei kann man sich nehmen.



                Ich sitze bestimmt eine Stunde dort und esse und trinke, ganz genüßlich und entspannt. Besser als in jedem Hotel.
                Es kommt eine Frau mit zwei kleineren Kindern herein, auch sie frühstücken hier, mir gefällt diese Mischung von unterschiedlichen Generationen. Ein alter Mann im Rollstuhl rollt heran und sagt mir, dass der rote Fisch dort am besten schmeckt, den solle ich mal probieren. Ich habe mir nämlich gerade Fisch geholt und neue Milch. Ich verstehe sogar, was er sagt. Klasse, lass mich hier zwei Jahre leben und ich spreche perfekt ;) Schwedisch. Ich sage takk und hole mir den benannten Fisch, worüber er sich freut. Der Koch/Kassierer kommt kurz vorbei und erklärt mir (allerdings auf Englisch ;) ), dass man so eine Cafeteria sehr oft bei Altenheimen/Gemeinschaftshäusern findet. Ob es mir hier gefalle? Ich kann ganz ehrlich sagen, dass ich das wirkliche eine prima Sache finde, alles schmeckt, auch die Atmosphäre hier gefalle mir gut.

                Der Aufenthalt hier hat mir so gut getan, dass ich mich trotz brummenden Kopfes fast normal fühle und ich schlagartig gute Laune bekomme. Danke dafür!

                Ich habe das Gefühl, ich und mein Bauch passen gar nicht mehr auf das Fahrrad, als ich dann wieder los fahre. ;)

                Auf einer Nebenstrecke, die leider immer wieder zur großen Straße zurückführt, radele ich dahin.

                Die Strecke führt an mehreren Seen vorbei, hier gefällt es mir.





                Ich bin schon einige Kilometer geradelt, als ich an dieses Schild komme. Hoffentlich ist der Name Berg kein schlechtes Omen, dass es nun ständig bergauf geht. ;)





                Kurz nach 10.00 komme ich zur alten Kirche von Berg





                wirklich schön ist es hier



                vor allem diese verlassenen Kirchen ziehen mich an, diese Preisgabe von Mauern, Steinen , ja Spiritualität, auch wenn sich das vielleicht überkandidelt anhört für manche...









                am Wegesrand



                wieder missmutig an der großen Straße angekommen, radele ich eine längere Strecke hoch, schaue dann zurück. Hier bin ich gerade hoch gestrampelt? Trotz der Hitze?



                Es ist inzwischen nach 11.00 und ich fühle mich mehr als matt.



                Nach einiger Zeit (ich habe keine Kontrolle mehr darüber, wie lange es dauert und warum ich überhaupt hier herum radele) erreiche ich nach einer sehrsehr heißen Fahrt dann Lammhult. Es sind schon noch einige Kilometer, die ich da abfahre, ich fühle mich von Sekunde zu Sekunde erhitzter und schlechter. Diese verdammte Sonne!

                Es gibt eine Jugendherberge hier in L, eine ohne warden, alles elektronisch, man ruft an, bekommt einen code und zahlt in einen Briefkasten. Ich kann nicht sagen, dass mir das gefällt, der wardentyp klingt am Telefon mehr als unfreundlich, ENTSCHULDIGUNG, falls ich gestört haben sollte. aber egal, ich packe das Rad unerlaubterweise in den Hausflur, beziehe mein Zimmer. Anschließend gehe ich zum ICA nahebei und kaufe etwas zu essen. Danach gibt es nur noch Ruhe, ich bin so schachmatt, das ist ehrlich nicht mehr normal. Was mache ich also morgen? Zu den Elchen radeln, das sind allein bis Jonköpping etwa 80 km und bis dorthin noch etliche mehr. Ich habe nicht das Gefühl, als ob ich das schaffen könnte. aber was dann? Ich kann mich doch nicht hier in der schwedischen Provinzstadt niederlassen. Vor allem, wo es mir hier überhaupt nicht gefällt. Ich lege mich aufs Bett und schlafe bis zum nächsten Morgen, nur, um genauso entschlusslos wie vorher zu sein. So ein verdammter Mist. Ich kenne das gar nicht von mir. Bin ich krank?

                Ich dusche, packe alles ein, zum frühstücken hab ich eh nix mehr, ich radele einfach wieder nach Süden, mal schauen, wohin ich komme. Ich komme mir zwar blöd vor, quasi wieder zurück zu radeln, aber die Strecke zu den Elchen schaffe ich definitiv nicht mehr. 'Dieses Mal radele ich westlich der großen Straße, plötzlich beginnt es zu schütten wie nix gutes. Ich suche Schutz unter einem dicken Baum bei Anaboda und entschließe spontan, dass ich die nächste Bushalte an der großen Straße suche. Und nach Växjo von dort fahre. Falls heute ein Bus fährt,. Es ist Samstag und ich habe keine Ahnung, was da an ÖPNV verkehrt. Und von V irgendwo hin, wovon ich gut zu irgendeiner Fähre komme. Ich muss wohl einsehen, dass ich die Tour abbrechen muss. Der Regen lässt nach und ich radele Richtung große Straße und finde dann auch eine Bushalte. Es fängt wieder an zu gießen und ich bin froh, mich und mein Rad unter das Schutzdach bringen zu können. Es ist irgendwas um 10.00 und gegen 11.nochwas soll hier ein Bus fahren.



                kaputt, nass



                Genau um die Uhrzeit fährt ein Bus vorbei, verdammt er hält nicht an. Ok, er sah nicht aus wie Lantstrafiken, aber nun ist 15 Minuten später und kein anderer Bus ist gekommen. Ich neige fast dazu zu flennen, als ich plötzlich einen Bus herannahen sehe. ich springe auf, der MUSS mich mitnehmen. Puh, er hält an. Der überaus freundliche Busfahrer springt heraus und verstaut das Rad unten im Gepäckraum. Ich zahle und sinke erleichtert in den Sitz. Der Bus zockelt über alle möglichen Ortschaften und erreicht dann V. Mal schauen, welche Züge es ab hier gibt. okeee, da gibt es einen Zug nach Kopenhagen. Nach Kopenhagen??? Da bin ich ja fast daheim. Ich kaufe ein Ticket, bis der Zug geht habe ich noch genau 20 Minuten. Ich habe dermaßen Hunger, dass ich trotz kaum verhandener Zeit mich an einem Burgerstand anstelle und gerade 5 Minuten vor Abfahrt das Gleis erreiche, den Burger in der Hand. Mit mit Ketchup verschmierten Händen schiebe ich das Rad in den Zug, befestige es, setze mich hin und falle über meinen Burger her. So hungrig war ich schon Ewigkeiten nicht mehr. Das bisschen Ketchup am Rad stört mich nun auch nicht mehr. Der Zug fährt und fährt, wir halten häufig an und ich schicke eine sms nach Deutschland, dass ich auf dem Rückweg bin. Wieso denn das?? Meine Tochter will es genau wissen und ich erläutere, dass ich scheinbar krank bin, sie solle sich keinen Kopf machen, irgendwann bin ich wieder in Berlin. Wann ich in Kopenhagen bin? Was????? Das geht nicht, da bekäme ich keinen vernünftigen Anschlusszug mehr in Deutschland, da müsse ich 5 Stunden in Schwerin auf dem Bahnhof mitten in der Nacht warten. Meine Beschwichtigungsversuche, dass dies doch nicht schlimm sei nutzen nichts. Innerhalb weniger Minuten hat sie ein größeres Auto organisiert, sie holt mich in Neumünster ab, ich solle schreiben, wenn ich in Kopenhagen den Anschlusszug bekommen habe. ok. es ist viel zu anstrengend zu argumentieren, dass sie das nicht muss als sie einfach machen zu lassen. Ich habe dann auch noch Verspätung in Flensburg und komme somit erst gegen 22.00 an. Sie holt mich vom Bahnhof an, wir packen das Rad ein und gehen noch einen Kaffee trinken und eine Kleinigkeit bei MacDoof essen und fahren los. Gegen 3.00 nachts liege ich dann in meinem Bett und weiß nicht so genau, wie ich da eigentlich hingekommen bin.

                Fazit:

                Schweden? Immer gern wieder - mir liegt die schwedische Art (Deppen gibt es überall). Eine Freundin hat mich gefragt, ob ich keine Angst gehabt hätte, zB in einem Haus mir vollkommen unbekannter Menschen zu schlafen, ob ich das auch jemandem vielleicht anbieten würde oder ihm Kaffee kochen, weil er grad eine Panne hat uswusf. Ganz spontan habe ich gesagt: Angst? Keine Sekunde. Und ja, warum denn nicht? Vielleicht mag ich ja die schwedische Art besonders, weil ich innerlich eine Entsprechung dazu habe? Und auch eher unkonventionelle Dinge hier in Deutschland mache und gemacht habe?

                Schweden als Landschaftsraum (obwohl sind ja viele unterschiedliche eigentlich: Immer wieder gern, es gibt wirklich wundervolle Ecken dort. Und seltsamerweise gefallen mir auch oft die nicht so prägnanten Städte/Dörfchen besonders. Emmaboda zB, einfach von der Atmosphäre dort. Oder Rottne am Innaren. Oder Ärjang - viel eher als Arvika. Mit dem Radeln in Schweden oder generell Skandinavien bin ich also durchaus noch nicht fertig, ihr Armen werdet irgendwann vielleicht noch mehr von mir lesen müssen. - vor allem, weil ich bei meiner Ostseeumradelung ja etliche Küsten abzuklappern habe.

                Damit es auch jeder mitbekommt, ich bin durchaus noch lernfähig:
                1. ich hatte eine Radpumpe dabei - (in 2013 lag die daheim)
                2. ich hatte eine Taschenlampe dabei
                3. ich hatte eine Lupe für die Karte dabei
                4. ich hatte Sonnenschutzmittel dabei, deswegen gab es dieses Mal keinen Sonnenbrand
                5. ich habe im Vorfeld im net mir die Treffpunkte ziemlich genau angeschaut

                was ich anders machen würde:

                1. versuchen nicht so vollkommen ausgepowert in den Urlaub zu gehen. Ist nicht allein von mir abhängig, die letzten Monate waren echt hardcore, aber ich muss da einfach versuchen, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen
                2. noch mehr Karten
                3. einsehen, dass ich langsam doch eine Lesebrille benötige für manches und mir vor der nächsten Tour eine besorgen
                4. mich früher ums Rad kümmern. Das war nämlich auch noch einmal richtig Stress, weil meine normale Werkstatt mir erst einen Monat später hätte einen Termin geben können, normalerweise reicht es immer, etwa ne Woche vorher vorbei zu gehen. Tja und nun? Ich wollte die neuen Mäntel aufziehen lassen (diese unkaputtbaren), bin dann einer Empfehlungt gefolgt, wo man angeblich auch gut arbeiten würde und bin dabei hereingefallen. sie haben zwar die neuen Socken drauf gemacht, aber am nächsten Morgen war das Hinterrad platt. Ich wieder zur Werkstatt....oooh, hatten sie vergessen, den aufzupumpen??? ich soll doch das Rad nochmal da lassen. Stunden später wieder abgeholt, achne, am Schlauch lag es nicht, der ist heile, war wohl wirklich nicht richtig aufgepumpt. Seufz. Immerhin wollte ich am nächsten Tag fahren. Tja, abends noch die neue Vordertasche schon mal angebracht und *kreisch* - keine Luft auf dem Reifen. Ich war schon ziemlich verzweifelt. Ich und Hinterrad ausbauen?? Mein Sohn hatte sowas auch noch nie gemacht. Da kam mein Nachbar angeradelt. Ich ihn gefragt, ob er mir vielleicht helfen könne. ok, er muss aber erst im net schauen, wie man bei so einem Rad das am besten macht, weil so eines hatte er noch nie unter den Fingern. Der gute Mann hat dann unter Assistenz meines Sohnes (also er hat genau zugeguckt *g* und mal etwas angereicht oder gehalten), dann den Ersatzschlauch, den ich ja glücklicherweise von der letzten Radtour noch hatte aufgezogen, alles wieder zusammengebaut und den alten Schlauch geprüft. ok, es liegt am Ventil, das ist offensichtlich nicht in Ordnung. Also kann ich den als Ersatzschlauch mitnehmen, aber ans Ventil denken.
                Mir passieren immer die bescheuertesten Dinge. Aber auch die nettesten, so einen netten Nachbar hat echt nicht jeder. Könnte fast schon ein Schwede sein. ;)
                und ach ja 5.) endlich mal dann zu den Elchen fahren, wenn der Elchfachmann auch da ist ;)

                Ich habe letztens übrigens den Entschluss gefasst, mir endlich ein vernünftiges Tourenrad zu kaufen, mit mehr als nur 7 Gängen und eines, wo alles dran von Anfang an in Ordnung ist!
                Denn im nächsten Jahr soll es definitiv wieder mit dem dann besseren Rad nach Schweden gehen, Route ist auch schon ausgearbeitet.

                Ich glaube, das ist jetzt etwas lang geworden, ich hoffe, es ist euch fazitgemäßg genug.
                Two roads diverged in a wood, and I—
                I took the one less traveled by,
                And that has made all the difference (Robert Frost)

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                • blauloke

                  Lebt im Forum
                  • 22.08.2008
                  • 8354
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                  #9
                  AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

                  Hallo Sternenstaub
                  Danke fürs Mitnehmen auf deine Radfahrt. Da du sehr ausführlich schreibst kann ich mich in deine Erlebnisse gut einfühlen.
                  Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                  • Nuklid
                    Erfahren
                    • 09.06.2013
                    • 437
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                    #10
                    AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

                    Schöne Fotos! Zwei Monate später war ich übrigens auch in Kalmar.

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                    • aloha77
                      Neu im Forum
                      • 25.06.2015
                      • 9
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                      #11
                      AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

                      Tolle Bilder, wirklich eine Inspiration.

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                      • cast
                        Freak
                        Liebt das Forum
                        • 02.09.2008
                        • 19413
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                        #12
                        AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

                        Jo, mir gefällt die Gegend seit 25 Jahren.


                        und wer mal in Kalmar am Bahnhof stehen sollte und sich fragt wie er an den Göta Kanal kommt... Ganz einfach, man nimmt den Küstenpfeil bzw "Kustpilen" Richtung Linköping, steigt dort aus und ist fast dort.

                        Unterwegs kann man in Berga umsteigen um auch Oskarsham zu sehen oder man hält in Vimmerby um Astrid Lindgren zu besuchen oder oder besucht in Kisa das Auswanderer Museum um den Rest bis Linköping mit dem Fahrrad zu fahren und in Linköping besucht man Gamla Linköping, auch sonst eine schöne quirlige nicht zu große Studentenstadt, bis zum Götakanal bei Berg und seinen spaktakulären Schleusentreppe ist es auch nicht mehr weit
                        Zuletzt geändert von cast; 29.06.2015, 12:00.
                        "adventure is a sign of incompetence"

                        Vilhjalmur Stefansson

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                        • Sternenstaub
                          Alter Hase
                          • 14.03.2012
                          • 3372
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                          #13
                          AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

                          oh, sry, habe erst gerade gesehen, dass hier noch Antworten waren. Herr Cast hat mich quasi wach gerüttelt.

                          Locke, das ist auch meine Intension beim Scheiben, nämlich die Leute ein bisserl mitzunehmen. Schön, wenn das gelingt.

                          Nuklid - und wohin ging es dann weitere? Muss nachher mal schauen, ob es dazu einen Bericht gibt.

                          Danke, aloha.

                          Cast, als ich in Kalmar am Bahnhof stand, wollte ich seltsamerweise nur noch weg. Irgendwie sind größere Städte auf Tour nicht so mein Ding. (Vimmerby kenne ich übrigens schon ) Aber Hauptproblem war der Sonnenstich, der mich etwas neben meinem normalen Selbst befördert hatte, Das war das erste und hoffentlich auch letzte Mal, dass ich so einen Mist hatte. Der Arzt daheim hat mich gleich für eine gute Woche aus dem Verkehr gezogen.
                          Nächstes Jahr wird ein Teil eh wiederholt. Ab Trelleborg geht es immer in Ostseenähe nach Stockholm oder bis Gävle und dann rüber auf die andere Seite. Mal schauen, irgend welchen Mist werd ich vermutlich eh wieder einbauen.
                          Two roads diverged in a wood, and I—
                          I took the one less traveled by,
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                          • cast
                            Freak
                            Liebt das Forum
                            • 02.09.2008
                            • 19413
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [SE] Schweden 2014 - eine andere Variation

                            Kalmar hat sagenhafte 60.000 Einwohner, der überwiegende Teil weit außerhalb in den Wohngegenden, also groß ist was anderes, ein nettes Provinzstädtchen.
                            Dort macht mir sogar der Weinachtseinkauf an einem Adventssamstag Spaß. Im Sommer kommen ein paar Touris dazu. Naja, zuviele Deutsche und Dänen.
                            Aber in noch erträglichen Zahlen. Außer zum einkaufen fahre ich da auch nicht mehr hin.
                            "adventure is a sign of incompetence"

                            Vilhjalmur Stefansson

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