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Hallo allerseits,
der Mai ist da und damit war es mal wieder Zeit für Schottland…
Nachdem ich letztes Jahr den WHW hinter mich gebracht hatte
und der zweite Teil der Tour im Letterewe-Gebiet an einem
verknacksten Knöchel gescheitert ist, war für dieses Jahr ursprünglich
nur der letztes Jahr gescheiterte Teil geplant, dafür wollte ich den etwas ausdehnen
und den einen oder anderen Berg da hinten unsicher machen und meine ersten Munros
„baggen“.
Dann kam aber alles anders, guckt ihr hier.
Die Bilder dort und auf Tilos Homepage haben mir so gut gefallen, dass ich Tilo ´ne pn geschickt hab' weil ich ’n paar Details zu der Tour wissen wollte. Nachdem ich dann
von Tilo die gescannte Karte hier auf dem Rechner angeschaut hatte und
von den Busverbindungen her auch alles optimal ausgesehen hatte, war klar:
Vor Loch Maree hat der Herr diese Tour gesetzt… *ggg*
Soweit so gut, nachdem das alles klar war, gings ans Packen.
Dabei galt es, die Fehler aus dem letzten Jahr zu vermeiden und die Liste umzusetzen,
die ich in diesem Thread schon mal gepostet hatte. Das hat auch alles ganz gut geklappt:
Der Rucksack hat auf der RyanAir-Waage inkl. Futter für rund 2 Wochen genau 16 Kilo
auf die Waage gebracht, da ich diesesmal eine Spiegelreflexkamera anstelle einer kleinen
Sucherkamera dabei hatte, kam noch mal eine Gürteltasche (LowePro Orion) mit einem Gewicht von etwa 3 Kilo dazu (Kamera mit 28-300er Objektiv, kleinem Stativ etc und einer Menge Medikamenten weil ich mit fettem Husten/Schnupfen/Grippe losgefahren bin.)
Und ich habe einen Tag vor dem Abflug noch den Süßigkeitenflash bekommen und für etwas
mehr als ein Kilo Schokolade etc. eingekauft und als Handgepäck mitgenommen… :bash:
Sowas nennt man wohl Dummheit…. *sichfürdienächstenotierend:dusollstnichtvielzuvielunnützesesseneinpacken*
Sagen wir mal inkl. Wasser und Brennstoff (Gaskartusche(n)) waren es sicherlich 20 Kilo,
die ich da mit mir herumgeschleppt habe… da möchte ich lieber gar nicht wissen, was ich
letztes Jahr aufm Puckel hatte. So, genug der Schwallerei, auf die Ausrüstung kann ich nachher noch mal eingehen.
Here we go:
07.05.2005
Auf geht’s, nach ein wenig Aufräumen morgens und den letzten Kontrollen (…nix verderbliches an Lebensmitteln mehr im Kühlschrank? … ist aller Müll draussen auf die
Tonnen verteilt? …hab’ ich das Wasser sicherheitshalber abgedreht und das selbe
auch an der Waschmaschine gemacht?) schmeisse ich den Rucksack und die Gürteltasche
ins Auto und es geht zunächst ab zu meinen Eltern, die während des Urlaubs den Wohnungs-
schlüssel bekommen. Da gibt’s zu Mittag noch lecker frischen Spargel zu essen und dann
geht’s endlich los und ich bin auf der Autobahn Richtung Flughafen Niederrhein (Düsseldorf/ Weeze). Dass RyanAir jetzt auch über diesen Standort nach Glasgow-Prestwick fliegt, finde
ich mal mehr als gut, weil ich mich dann nicht noch mit dem Transfer nach Frankfurt/ Hahn rumärgern muss. So kostet es mich etwa anderhalb Stunden Autofahrt nach Weeze und das
wars, selbst mit Spritkosten und 30,00 Euro Parkplatzkosten liege ich da günstiger als mit Zugfahrt und Bustransfer nach Hahn.
In Weeze angekommen bin ich von dem relativ großen Armeegelände etwas überrascht,
ich hätt’ nie gedacht, dass die Briten hier so einen riesigen Standort hatten. Das relativ neue
Flughafengebäude ist ein überraschender Kontrast, weil man vorher erst minutenlang durch
den alten Kasernenbereich mit seinen stillgelegten und langsam vor sich hingammelnden Gebäuden fährt. Nun denn, der Rest klappt hier eigentlich auch wie erwartet problemlos:
Rein in den Flieger, los geht’s, der Pilot scheint ein Raser zu sein und wir sind etwa 25 Minuten früher in Prestwick gelandet, als ursprünglich gedacht. Vom letzten Jahr her
kenne ich das Flughafengebäude noch ganz gut und so kann ich ganz gemütlich zum Bahnsteig laufen. Der Zug kommt innerhalb der nächsten 5 Minuten und weitere 45 Minuten
später bin ich auch schon in der Central Station angekommen. Da gehe ich zwar durch den Haupteingang raus, laufe dann aber in die falsche Richtung und damit einmal komplett um den Block… nun ja, egal, ich weiss jetzt aber wieder wo ich bin und wie ich von a nach b komme. Und von A muss ich auch nach B kommen, weil das Eurohostel, dieser Bau mit ichweissnichtmehrwievielenstockwerken, komplett ausgebucht ist. Die Leute an der Rezeption drücken mir einen Stadtplan in der Hand und erklären mir, wie ich ins Glasgower Westend komme, dort ist in der Berkeley Street das nächste Hostel. Schade eigentlich, aber selbst schuld, was erkundige ich mich auch nicht vorher, die Reservierung wäre ja über Internet kein Problem gewesen. Das empfohlene „Globetrotter-Hostel“ ist ein relativ heruntergekommener Altbau mit einem alten ich denke mal osteuropäischen Mütterchen als Herbergsmutter, die so gut wie kein Englisch kann. Also Zeichensprache her und ein junger Mann, der nur wenig besser englisch spricht, aber immerhin den Preis pro Nacht auf einen Zettel schreiben kann:
12,50 GBP solls kosten… nun denn, hier bekäme ich ohnehin keine weiteren Auskünfte wo man sonst noch Hostels findet… hätte ich vorher auch nachschauen können via www…
Ich laufe von hier aus noch einmal „kurz“ zur BuchananStreet um nachzusehen, ob der für den morgigen Sonntag angedachte Bus nach Ft. William auch tatsächlich zu der im Internet angegebenen Zeit abfährt. Die Nacht wird relativ unruhig, das Fenster in dem ZweiPersonen-Zimmer, dass ich für mich alleine habe, lässt sich nicht ganz schliessen und draussen ist kurz nach Mitternacht voll die Schreierei im Gange, so wie es sich anhört geht da grade ’ne Beziehung lautstark in die Brüche und es fehlt nicht viel, dann prügelt man sich… ist schon lustig, sonst hat man ja aufgrund des herrlichen schottischen Dialekts so seine Probleme mit dem Verstehen… in solchen Situationen können die sich zwar laut, aber dafür mit seeehr deutlichen Worten unterhalten…
Irgendwo ist es wohl irgendwem dann doch zu bunt geworden da draussen und man hört die Sirenen der Polzei, die dann auch erst beinahe vor dem Hostel dieselben abstellt... Ab dem Zeitpunkt wurde es dann zwar draussen ruhiger, vernünftig schlafen konnte ich aber trotzdem irgendwie nicht.
08.05.2005
Morgens piepst der Wecker mich unsanft wach, die Siebensachen sind zügig gepackt und
ich mache mich, einen Sandwich in der einen und eine ColaLight in der anderen Hand, auf den Weg zur Busstation in der Buchananstreet. Das alles bei herrlichstem Sonnenschein. Der Bus fährt pünktlich los und nachdem wir aus dem Stadtgebiet von Glasgow herausgefahren sind und Loch Lomond erreicht haben, führt der weitere Weg nach Ft. William zu einem großen Teil entlang des West Highland Way… zunächst am gegenüberliegenden Ufer des Loch Lomond entlang, dann weiter via Inverarnan, Crianlarich, Tyndrum, Bridge of Orchy, Kingshouse und durch das komplette Glen Coe hindurch nach Ft. William. Den letztjährigen Weg auf diese Weise noch mal zu erleben oder besser im Schnelldurchlauf vorgeführt zu bekommen, hat schon irgendwie was besonderes an sich. Es macht allerdings auch nachdenklich, weil ich beispielsweise auf dem Abschnitt zwischen Tyndrum und Bridge of Orchy, wo der Weg relativ oft in Sichtweite der Strasse verläuft, so viele Leute auf dem WHW gesehen habe, wie ich sie letztes Jahr auf dem ganzen Weg nicht angetroffen habe. Da möchte ich lieber gar nicht wissen, wie es ist, den Weg jetzt zu laufen… Im Nachhinein war die damalige Entscheidung zu einem frühen Urlaub Mitte April also doch goldrichtig gewesen... lieber bischen schlechteres Wetter, dafür aber Ruhe auf dem Weg.
In Ft. William angekommen stelle ich mal fest, dass die Baustelle am Busbahnhof vom letzten Jahr verschwunden ist und der Busbetrieb jetzt über den neuen Busbahnhof am Safeway läuft.
Dafür heisst der Safeway bald nicht mehr Safeway sondern irgendwie anders und wird Anfang Juni deshalb für ein Wochenende geschlossen sein... auch gut. Ich laufe los zur GlenNevis Caravan&Campsite und baue dort mein Zelt für eine Nacht auf. Vorher noch eben im Nevisport eine 500g-Kartusche Coleman-Fuel geholt. Beim Zeltaufbau beginnt es zu regnen… wie schön. Kaum da und das Zelt ausgepackt, schon geht das Scheisswetter los… *grummelgrummel* Glücklicherweise ist das alles aber erträglich, weil es tatsächlich nur Schauer sind und zwischendurch die Sonne wieder zwischen den Wolken durchkommt. Heute noch mal in den Ort zu laufen macht keinen Sinn, ist schließlich Sonntag und so hole ich mir im Shop am Platz meine zwei Dosen Bier anstelle zwei Pint Guinness im Grog&Gruel zu geniessen. Zwischen Zeltaufbau und Zu Bett gehen gegen 21.30 Uhr liegen noch die Dusche sowie das erste Reclam-Heftchen, das ich mitgenommen habe. Das Heft ist schön einfach und zügig zu lesen: „Der Buddhismus – Eine kurze Einführung“. Ich habe damit gestern im Flugzeug angefangen, heute abend hab’ ich’s durch und es wandert morgen gleich in die Tonne, wieder ein paar Gramm weniger mitzunehmen.
*sichgebetsmühlenartignotierend:dusollstzukünftigdeinzeltnichtindernähezweierdeutscherfamilienmitungezogenenkindernundverärgertenelternaufbauen*
Genau das is mir nämlich passiert: Drei Meter weiter hatten sich zwei anscheinend (…hat man nicht wirklich viel von gemerkt…
) befreundete Familien mit ihren Kindern und zwei Hauszelten niedergelassen… nun ja. Bin ich froh, dass ich mit denen nix zu tun habe. Während der komplette Zeltplatz relativ ruhig war und nirgends rumgröhlende Leute mit Instantgrill und Tennants-Dosen zu sehen waren, hatte ich ausgerechnet die Ecke erwischt, wo sich zwei deutsche Familien mit sich selbst und ihren Kindern lautstark (!) rumärgern. Die Blagen wurden nur mit „das darfst du nicht“ und „jenes darfst du nicht“, „geh hierhin“, „lass das sofort sein“ und so weiter rumkommandiert, die Eltern haben sich die ganze Zeit gezofft, weil der eine garnix tut und nur zuschaut, während der andere den kompletten Urlaub nur malochen darf…. Der eine Vater sitzt schmollend bei geschlossenen Türen im Auto und schreit rum, sobald irgendwer die Autotür öffnet.. mannomann, Familie Flodder isn Dreck dagegen… Ich war nur froh, dass die Kinder um 20.00 Uhr lautstark ins Bett kommandiert wurden und die Herrschaften sich ab dem Zeitpunkt wenigstens etwas leider unterhalten haben… so konnte ich wenigstens schlafen. Schattig wars heute nacht, gegen 04.00 Uhr morgens etwa 4°C draussen im Vorzelt.
09.05.2005
Gut geschlafen habe ich und so gibt’s heute morgen dann zum ersten Mal das Frühstück, dass ich in den nächsten Tagen geniessen darf: Seitenbacher Schokomüsli...
Wie immer gewöhnungsbedürftig. Meine Jacke hat heute auch Hunger, was muss ich Depp mich auch am Holztisch sitzend nach irgendwas umdrehen.
Nach einer unfreiwilligen Jackenputzaktion würge ich dann den halb kalten Müslischleim noch runter und dann heisst es auch schon wieder Klamotten packen und wieder in den Ort laufen. Das mit dem Zusammenpacken geht einigermaßen… es kommen ja noch genug Tage, an denen ich das alles trainieren kann. Ein bischen Zeit muss ich hier noch totschlagen, die vertreibe ich mir in den Outdoorshops des Städtchens, kaufe als Sicherheitsreserve noch eine 250er Kartusche Coleman-Fuel und dann ist es auch schon kurz vor 14.00 Uhr und der Kleinbus nach Glenfinnan fährt los. Irgendwie hatte ich so rein gewohnheitsmässig bei der Strassenbezeichnung A830 die deutschen Autobahnen im Hinterkopf und war dann doch grade überrascht, dass die „Road to the Isles“ eine „normale“ zweispurige Strasse ist, die sich ziemlich kurvig dahinschlängelt. Die Landschaft hier wird wirklich fast von Kurve zu Kurve schöner und so wird die Fahrt sehr kurzweilig. In Glenfinnan angekommen, steige ich gegenüber der TouristInformation aus und bin damit erfolgreich am eigentlichen Start der Tour angekommen. Dass ich mein von einem Freund geliehenes GPS Etrex-Summit zuhause vergessen hatte, habe ich in FortWilliam auf der Campsite gemerkt… :bash: nur an werweisswieviele Batterien hatte ich gedacht….ich wollte eigentlich von der kompletten Tour ein Log incl. Höhenprofil aufzeichnen… über die Batterien freuen sich jetzt zwei Familien aus Schottland bzw. England… denen hab’ ich die geschenkt…
Also hier Karte rausgeholt und erstmal geschaut, wo ich hinmuss. Nachdem das klar war, bin ich über die Strasse und lese doch tatsächlich an dem Touri-Schuppen irgendwas von wegen Drehort HarryPotter Filme und so weiter. Ich bin dann erstmal da rein und habe mal nachgeschaut… das ein Teil der Filme hier gedreht wurde, wusste ich bis zu dem Zeitpunkt gar nicht. Auch nicht schlecht, aber nix, was mich jetzt zu saltos oder freudensprüngen hinreissen würde… Auch nicht schlecht ist das Wetter heute: Blauer Himmel und Sonnenschein. Für Schottland ja mal mehr als gewöhnungsbedürftig. So geht es denn auf einem gut ausgebauten Weg Richtung Norden, so ungefähr jedenfalls, unter dem alten Viadukt/ der Eisenbahnbrücke hindurch Richtung Glenfinnan Lodge und Corryhully –Bothy.
Ich denke mal der Weg hier hoch ist auch nur aufgrund der Lodge so gut ausgebaut, damit die reichen Herrschaften, die da oben zur Jagd dinieren oder sich anderweitig erfreuen mit dem Auto bequem vorfahren können. Wie auch immer, ich geniesse, dass der Weg hier gut in Schuss ist und bin bald an der Bothy angekommen. Die beiden Frauen, die hier auch nächtigen, machen sich auf den Weg einen Munro zu erklettern. Dass sind eine hässliche Tochter und ihre Mutter…
und da meinte der Mensch von der Glenfinnan Estate, der mir auf dem Weg zur Bothy im Geländewagen entgegengekommen ist noch, dass da zwei Frauen in der Bothy wären und ich sicher einen netten Abend hätte… *muuuuaaaahhaaaaa… schüttel* … wenn alle englischen/ schottischen Frauen, die in den Bergen wandern gehen so aussehen wie die… dann gut nacht marie, da bleibe ich lieber solo. (…dass es durchaus nette Mädels gibt, die in den schottischen Hills rumkraxeln, wird sich im Verlauf des Urlaubs noch zeigen… :wink: ).
Also denn, lasse ich die beiden mal ihren Munro besteigen und mache es mir in der Bothy gemütlich. Ist ohnehin die erste Bothy, die ich in meinem Leben betrete und von daher mal mehr als interessant, sich das alles in Ruhe anzuschauen. Soviel zu schauen gibt’s da zwar auch nicht, aber egal. Anschließend habe ich mich für den Rest des Tages vor der Hütte in die Sonne gesetzt und den Tag genossen… Bothy-Book lesen, eigenes Buch lesen, ist ja schließlich Urlaub und man muss das nette Wetter geniessen. Die beiden Mädels hatten sich wohl in der Zeit für ihren Ausflug etwas verschätzt und kommen gegen 22.00 Uhr, also im Dunkeln wieder an. Den Berg haben sie nicht erreicht, nur einen Vorgipfel, irgendwie meinen sie, sie hätten sich wohl vertan auf der Karte. Die Mutter ist dann noch in einen Bach gefallen und entsprechend klatschnass. Das Feuerchen das ich angemacht hatte, haben beide dann zum Trocknen und Wärmen genutzt. Die Tochter meinte noch so, dass das hier eine FünfSterne-Bothy sei, so mit Fenstern und einer (übrigens nagelneu gefertigten) Tür… dann bin ich mal gespannt, wie die anderen Bothys so ausschauen, an denen ich vorbeikommen werde. Irgendwann war das trockene Holz dann auch verbraucht und dann gings ab in den Schlafsack/ nach Bett. Da die Mutter wohl meinte, die müsste für neues Brennholz sorgen und die Nacht über geschnarcht hat wie blöde, war diese Nacht nur halb so angenehm wie die letzte auf der Campsite in Ft. William. Heute nacht fällt mir auch zum ersten mal die ¾-Isomatte negativ auf. Der Schlafsack liegt halb auf dem Holz (hatte den Rucksack nicht komplett ausgeleert und entsprechend auch nicht als Verlängerung genutzt) und wird da unnötig dreckig und die blöde Matte rutscht so was von hin und her auf dem glatten Holz, dass man sie quasi ständig zur zurechtzieht, weil man wieder halb auf dem blanken Holz liegt. Die Nacht wird ziemlich schattig, ich wache zwischendurch auf und ziehe meinen Fleece-Pulli über. Der Pound kommt irgendwie an seine Grenzen, es muss wirklich rattenkalt sein. Das Thermometer habe ich leider nicht zur Hand, ohne den kompletten Rucksack von links nach quer zu räumen.
10.05.2005
Ich wache morgens früh auf, gegen 07.30 Uhr. Zum pinkeln geht’s raus und einmal um die Hütte herum. Jetzt weiss ich zumindest, dass es heute nacht wirklich ziemlich kalt war:
Blau strahlender, wolkenloser Himmel und alles ist mit einer dicken Schicht Rauhreif überzogen. Da bin ich mal froh, dass ich nicht im Zelt gepennt habe glaube ich.
Heute geht es weiter das Tal hinauf Richtung Glen Dessary. Der Weg bleibt zunächst weiterhin sehr gut in Schuss, auf meinem Weg hoch zu dem Pass sitzen irgendwo noch Bauarbeiter und bessern den Weg aus… weiss der Schinder warum sie das tun, hier oben gibt’s nix mehr, wo der Weg hinführen könnte… ausser vielleicht dass die jagenden Herrschaften hier mit dem Auto hingekarrt werden…. Wer weiss.
Je weiter ich bei supergenialem Wetter Richtung Pass komme, desto mehr verschwindet der Weg allerdings. Immerhin, bis fast zur höchsten Stelle des Passes kann man den ursprünglichen Wegverlauf noch erahnen. Laut Karte geht der zweispurige Forstweg jetzt in einen Fußpfad über, der den Pass auf der anderen Seite herunterführt… ich mache erstmal Pause, weil der Aufstieg bis hierher zwar auf vernünftigen Wegen verlaufen ist, aber nixdestotrotz für ein untrainiertes Etwas wie mich anstrengend war. Nach dem Päuschen geht es weiter, ich suche nach dem Fußpfad, muss aber irgendwie feststellen, dass da nix is, was irgendwie nach Fußpfad ausschaut… *grmpf* … zugegebenerweise, ich hatte bei einem in der Karte eingezeichneten Fußweg irgendwas erwartet, was in etwa so ausschaut wie der Pfad an den Devils Staircases auf dem WHW…. Dass da nix aufgeschottertes und gepflegtes kommen würde war klar, aber wenigstens ein Pfad… nix dergleichen habe ich gefunden (vielleicht is da ja ein Pfad und ich bin nur zu blöde gewesen?). Also weiter im Text… ähem Tal und weiter wegelos… nach einiger Zeit und etlichen Tritten in Wasserlöcher etc. lernt man dann völlig uneigennützig sehr schnell, welches Gras das Gewicht Löffler+Rucksack trägt, wo man auf einem Schwamm läuft und wo man absäuft… meine Lehrer wären stolz auf mich gewesen, wenn ich diese Lernleistung damals an den Tag gelegt hätte…
Als es plötzlich einen Abhang relativ steil heruntergeht, merke ich, dass ich offensichtlich Probleme beim Kartenlesen habe… denn so ein Abhang war mir auf der Karte nicht aufgefallen. Dass ich mich zukünftig tatsächlich intensiver mit dem Lesen von Karten auseinandersetzen muss, wird mir im weiteren Verlauf der Tour noch deutlich… auf der linken Talseite steht eine Gruppe Deer und schaut zu mir herüber… wahrscheinlich lachen die sich kaputt, wie ich so vor mir hinfluchend und teilweise stolpernd vorwärts komme. Ich versuche zwar immer, mich irgendwo in der Nähe des auf der Karte verzeichneten Fußpfades vorwärts zu arbeiten, aber einen Pfad kann ich beim besten Willen nicht entdecken. Irgendwann habe ich mich damit abgefunden, dass da wohl kein Pfad ist und laufe weiter wegelos durch das Tal in Richtung Talausgang und einer Brücke über den Fluß, der die ganze Zeit über rechts von mir dem Tal entgegenfliesst. An der Brücke mache ich Pause und freue mich darüber, dass es wenigstens Sonnenschein pur hat… bei Regen wäre dieser Abschnitt glaube ich absolut ekelhaft geworden. Landschaftlich ist es hier eigentlich super… besser als alles, was der WHW zu bieten hatte… leider muss man sich so sehr auf jeden Fußtritt konzentrieren, dass man die Landschaft nur in den Verschnaufpäuschen wahrnimmt. Aber trotzdem an dieser Stelle mal ein dickes Lob an Tilo… hast’ ne echt nette Tour rausgesucht!
Sodala, an der Brücke über den Fluß ist es Zeit für den nächsten Navigationsfehler… ich entscheide mich, weil es so aussieht, als sei auf der anderen Seite ein Pfad vorhanden, die Brücke zu queren. Leider war die Entscheidung falsch, nach ein paar hundert Metern geht da nicht mehr viel. Also wieder zurück zu der Brücke, rüber, nach rechts geschaut und was sehe ich: Eine kleine Steinpyramide auf einem etwas größeren Stein… *aua* Das Leben könnte so einfach sein…
Nu ja, also weiter auf der linken Seite des Flussufers und nach ein paar hundert Metern wird der Weg auch etwas besser bzw. nicht mehr ganz so matschig. Apropos matschig:
Seit diesem Urlaub weiss ich mit Sicherheit, was der Schotte meint, wenn er sagt, ein Weg ist „boggy“…
Dort, wo der Fluß/ Bach, der mich die ganze Zeit über das Tal hinunter begleitet hat (Allt Cuirnean) auf den River Pean trifft, mache ich die erste größere Pause. Hier bei herrlichem Wetter ein halbes Stündchen abzuchillen macht echt Laune und lässt den matschigen Weg hier herunter schnell vergessen, zumal die dünne Hose auch total fix wieder getrocknet ist. Hier probiere ich auch das erste mal den Myox Purifier aus. An der Bothy hatte ich abends noch Wasser mit Micropur-Tabletten behandelt. Das Teil funzt ganz gut, allerdings schmeckt das Wasser anschließend nach Chlor… hätte mir klar sein müssen, nachdem der Purifier mit normalem groben Salz bzw. letztlich einer Salzlauge funktioniert. Und Vitamintabletten oder so was, womit man Geschmack ans Wasser bekommt hatte ich nicht eingepackt…. Nu ja, schmeckt es eben bischen nach Schwimmbad. Hauptsache sauber bzw. desinfiziert. Weiter geht’s, über Stepping Stones den Fluß trockenen Fußes gequert und dann etwas nach links versetzt zu einer kleinen Schneise im Nadelwald gelaufen. Die Trackmarkierung von Tilo ist hier echt ziemlich präzise… ich hatte mir für den Großteil der Tour die entsprechende OS Karte besorgt und den Weg darauf von Hand übertragen, nur die ersten und letzten paar Kilometer waren nicht drauf, die habe ich mir aus der Karte von Tilo ausgedruckt. Als ich quasi so mittendrin stehe, erinnere ich mich wieder an das Bild in dem Beitrag von Tilo, also da wer bis werweisswohin im Matsch steht… es muss wohl hier entstanden sein. Der kurze Abschnitt durch den Wald bis zum Forstweg ist wirklich ziemlich „boggy“ geraten.
Auf dem Forstweg angekommen, geht es – logischerweise – deutlich angenehmer und entsprechend auch schneller voran. Nachdem der Bogen aus dem Glen Pean heraus in das Glen Dessary hinter mir liegt, fängt es irgendwo vor mir plötzlich an zu lärmen: Weiter unten im Tal lärmt irgendeine Maschine rum und vor mir auf dem Forstweg setzen Arbeiter einen neuen Zaun rechts des Weges. Und das natürlich nicht etwa von Hand (wäre ja auch wirklich schön blöde) sondern die Zaunpfosten werden mit einem Maschinchen in den Boden getrieben, wofür es wiederum einen Kompressor als Energiequelle braucht. Nachdem ich die lärmende und stinkende Baustelle hinter mich gelassen habe, dauert es auch nicht mehr so lange, bis ich A’ Chuil entdecke, die nächste Bothy, das nächste Zuhause für eine Nacht.
Wenn Corryhully eine „FünfSterne“-Bothy ist, muss das hier das „Mirage“ unter den Bothys sein: zwei separate Räume, ein kleiner Flur im Eingang, der rechte Raum ist erst kürzlich frisch gestrichen worden, man riecht die Farbe noch, es gibt in jedem Raum eine Feuerstelle und der Schlafteil in dem rechten Raum ist noch mal ein Extra-Räumchen. Luxusherberge
Nachdem in dem Raum links schon wer „wohnt“ und rechts keine Klamotten liegen, lasse ich mich rechts nieder. Erstmal raus aus den Klamotten, mit denen ich gelaufen bin, rüber an den Bach, der neben der Bothy herläuft und kurz den ganzen Körper mit kaltem, frischem Wasser bespritzen…. Welch Wohltat! Wieder rein in die Bothy, abtrocken und in die frischen, trockenen Ersatzklamotten geschlüpft… noch mal eine Wohltat… die dreckigen und vollgeschwitzten Klamotten ziehe ich auch einmal kurz durch den Bach, bevor ich sie draussen zum Trocknen aufhänge.
Auch wenn es Gewichtstechnisch vielleicht nicht so optimal ist, die zweite Hose und die zweite Garnitur Unterwäsche machen mehr als Sinn und ich freue mich wirklich darüber, in frischen Sachen zu sitzen. Nach so einer Tour ist mein kompletter Rücken nassgeschwitzt, gleiches gilt für den kompletten Bereich um Hintern und Hüfte herum:
Die Sachen kann ich regelmässig auswringen, so verschwitzt sind sie. Um soviel Feuchtigkeit abzutransportieren, muss vermutlich erst noch Kleidung mit integrierter Wasserpumpe erfunden werden… :wink: Ich denke mal kaum, dass irgendwelche bisher erhältlichen Membran-Stoffe so was leisten können. Wo dieses extreme Schwitzen herkommt weiss ich allerdings auch nicht. Der einzige Grund, der mir einfiele ist, dass der Golite Gust als Rucksack so gut wie keinen Platz zwischen Rücken und Rucksack zur Be-/ Entlüftung lässt.
Wie auch immer, ich sitze in trockenen Klamotten in der Bothy und genieße eine Heisse Tasse Spargelcreme mit Croutons….
Das Feuer in Gang zu bringen gelingt mir und dem älteren Herrn, der in dem linken Raum wohnt, nicht. Das Holz ist einfach zu nass, um wirklich gut anzugehen. Nun denn, es geht auch ohne Feuer und ich gehe wie meistens im Urlaub ohnehin früh zu Bett. Heute wollte ich besonders schlau sein, was den Schlafsack und die kurze Isomatte angeht:
Ich habe ja das Tarp mit dabei und entsprechend auch eine Bodenplane aus SilNylon… die habe ich untergelegt…. *aua*
Ich glaube ich brauche nicht groß zu sagen, was passiert ist… die Rutschpartie war ja quasi schon vorprogrammiert. Nach einer halben Stunde hatte ich die Schnauze voll, habe den Rucksack trotz der angeblichen Mäuse komplett entleert und druntergelegt, jetzt gings einigermaßen.
11.05.2005
Auch wenn ich gut bis sehr gut geschlafen habe, schreibe ich beim Frühstück im Tagebuch in der Rubrik „Ausrüstung – positiv/negativ“, dass ich die kurze Isomatte als unpraktisch empfinde… aber vielleicht gibt sich das noch im Laufe des Urlaubs. Heute geht es erst relativ spät los, ich habe zu gut geschlafen und will nicht so recht in die Pötte kommen. Um 09.30 Uhr habe ich dann endlich den Absprung geschafft und die Bothy-Tür zugemacht. Weil der ältere Herr mir gestern abend noch sagte, dass der Weg, den ich heute zurücklegen werde gerade am Anfang in dem Waldstück sehr „boggy“ würde, beschließe ich, den normalen Weg zurück auf den Forstweg zu nehmen und nicht über die Wiese abzukürzen. Lieber ein paar Meter vernünftigen Untergrund anstelle sumpfiger Wiese. Der Weg innerhalb des Waldgebietes ist wirklich ziemlich „boggy“ und teilweise steil ansteigend… aber wann immer ich mich umdrehe und mich umschaue werde ich von der grandiosen Landschaft erschlagen… Scotland at its best! Das Tal, in das es jetzt hineingeht, wird nach Norden hin von mehreren Munros begrenzt, einfach geniale Aussichten hier.
Mittlerweile bin ich, was die angeblichen Fußpfade, die es hier geben soll angeht, fest der Überzeugung, dass die Jungs bei OrdnanceSurvey bevor sie die Karten gezeichnet haben einen VHS-Kurs in „Fantasy-Art“ belegt haben. Ich finde jedenfalls wieder keinen Pfad, anfangs ist da zwar was vorhanden, was Pfad sein könnte, das verschwindet aber so schnell wieder, wie es aufgetaucht ist. Nu ja, man gewöhnt sich an alles und hätte ich letztes Jahr die Rundtour am Loch Maree machen können, wäre ich vermutlich nicht so unvorbereitet gewesen, was das wegelose Wandern in Schottland angeht. Was ich wieder aus der Karte irgendwie nicht habe ersehen können ist, dass es zwischen den beiden kleinen Lochans in dem Tal wieder einen steilen Absatz zu bewältigen gibt. Das auch wieder ohne Pfad, der taucht kurz darauf wieder aus dem Nichts auf…. *ggg* Der einzige Mensch, den ich hier heute treffe, kommt mir entgegen und gibt mir noch den Tip, weiter unten unbedingt den Fluß an einer flachen Stelle zu queren, auch wenn es nicht so ausschaut, als ginge es dort weiter. Der Weg runter zur Sourlies-Bothy steigt seiner Auskunft zufolge zunächst an der rechten Talseite stark an, wird in diesem Bereich aber wesentlich besser als hier und fällt erst nach diesem Anstieg ins Tal ab. Das gibt mir ja Hoffnung… und tatsächlich, der Mann hat recht: Der Pfad wird wirklich deutlich besser und führt steil die Talflanke hinauf um auf der anderen Seite ebenso steil wieder hinabzufallen. Die Aussichten von der höchsten Stelle des Pfades auf das Loch Nevis sind grandios und entschädigen für die teilweise Quälerei hier hoch
Als ich unten angekommen bin und die letzten Meter Richtung Bothy zurücklege, bemerke ich Möwengeschrei und es liegt ein Geruch in der Luft, als sei ich an der Küste… es liegt auch Seetang herum… nach der ersten kurzen Verwirrung und einem Blick auf die Karte stelle ich fest, dass der Eindruck „ich bin an der See“ so falsch gar nicht ist:
Das Loch hat Verbindung zur Küste und in der Bothy sind auch Warnhinweise zu finden, dass das Wasser hier bei Flut relativ stark/ schnell ansteigt. Ich sollte heute eigentlich noch bis zur Ruine weiterlaufen… nun ja, bleibe ich erstmal für ein Mittagspäuschen und zum Klamottentrocknen hier an der Bothy. Also gesagt getan, die klatschnassen, verschwitzten Klamotten an die um die Bothy herumführende Leine gehängt, frische Klamotten angezogen, eine Heisse Tasse zubereitet und erstmal in die Sonne geflätzt… Was soll ich sagen, es wurde ein kleines Mittagsschläfchen draus und als ich wieder aufgewacht bin, war es bereits 16.00 Uhr… und die Flut hatte eingesetzt. Von der Entfernung her hätte ich mal so geschätzt, dass es bis zur Ruine noch etwa 4 Stunden zu laufen war… und habe mich dann dafür entschieden, nicht weiterzugehen. Stattdessen lieber hierbleiben und morgen früh aufstehen. Tagesziel für morgen war Skiary in der Nähe von Kinloch Hoorn. Da es morgen dann einer dieser Tage werden würde, die mal noch bisserl anstrengender werden würden, wollte ich heute früh nach Bett. Vor das ZuBettgehen hatte der Herr aber noch die Idee gesetzt, dass ich mein Tarp aufbaue und mit SeamSealer bearbeite. Das hatte ich in D nicht mehr geschafft. Also Tarp vor die Bothy gebaut, SeamSealer drauf und das ganze gut trocknen gelassen. Mittlerweile ist ein etwa gleichaltriges Pärchen aus der tschechischen Republik eingetrudelt, die beiden wollen heute auch hier an der Bothy bleiben. Sie ist so fertig, dass sie sofort ins Bett bzw. den Schlafsack verschwindet, er spricht besser Deutsch als Englisch und so sammeln wir noch Holz fürs Feuer und sitzen bis nach Mitternacht an einem herrlich prasselnden Feuer. Der komplette Kamin wurde durch die MontainBothyAssociation (MBA) kürzlich gereinigt und neu betoniert, so dass der Kamin nun sehr sehr gut zog und entlüftet hat. Keine Spur mehr von den Problemen, die noch vor wenigen Wochen vorhanden waren in punkto verstopfter Kamin und Räucherbude…
Offensichtlich sind die Jungs von der MBA Ende April Anfang Mai sehr aktiv unterwegs um die Bothys in Schuss zu bringen. Nachdem aus dem „ich gehe früh ins Bett“ mal garnix geworden ist, habe ich diese Nacht auch so gut wie gar nicht geschlafen. Mittlerweile verfluche ich die kurze Isomatte regelrecht… und schreibe beim Frühstück ins Tagebuch, dass ich nie wieder so eine 3/4 –Matte mitnehmen werde.
12.05.2005
Früh aufgestanden bin ich und zum Glück habe nicht nur ich schlecht geschlafen, die anderen beiden fanden die Nacht auch irgendwie scheisse… nu ja, geteiltes Leid ist wenigstens halbes Leid. Also weiter geht’s, heute liegt ein langer Tag vor mir. Ich mache mir schon gar keine Sorgen mehr darum, dass ich wie üblich keinen Pfad finde und suche mir meinen Weg so ungefähr entlang der Linie, wo angeblich der Pfad verlaufen soll… was, nachdem ich die Landzunge umrundet habe heisst, durch matschige/ sumpfige, halt irgendwie „boggy“ Wiese zu laufen und dabei den Kurs auf eine Brücke zu halten, über die ich auf die andere Seite des Flüsschens „River Carnach“ gelange. Das gelingt soweit auch ganz gut, leider gelingt es der Wiese zweimal, mein geschultes Auge zu überlisten und so sitze ich zweimal bis knapp unterhalb der Hüften im Wasser… Glücklich sein kann ich dabei tatsächlich darüber, dass es zum einen nur Wasser ist und nicht wie bei Rosi letztes Jahr tatsächlich Modder und darüber, dass es nur bis knapp zur Hüfte reichte… meine Schwester wäre nicht sehr erfreut gewesen, wenn ich ihre Spiegelreflex-Kamera als Unterwasserkamera missbraucht hätte… An den ersten Ruinen vorbei geht es auf relativ deutlichem Pfad weiter gen Norden, immer am linken Ufer des Flusses entlang. Das soll auch bis zur Ruine, meinem gestrigen Tagesziel, so bleiben. Der Pfad wird mittlerweile wieder schlechter und ist nur noch stellenweise vorhanden, was mich aber nicht weiter stören kann, man gewöhnt sich an alles. Ein kurzer Blick auf die Karte, da vorne sind entlang des Flusses Bäume zu sehen, also sollte kurz danach die Ruine auftauchen. Ich quere den Fluss hier zweimal und wundere mich, dass ich plötzlich vor der Ruine stehe, bevor ich die Bäume erreicht habe… seltsam das alles. Also erstmal Pause, Rucksack runter, Kompass raus und schauen was löppt.
Et löppt falsch. Ich bin nicht an der Ruine, zu der ich wollte, sondern falsch gelaufen. Der Fluss, den ich für den richtigen gehalten hatte, ist der Allt Achad a’ Ghlinne, der aus einem nach Osten verlaufenden Taleinschnitt herabfliesst. „Meine“ Ruine liegt aber deutlich und exakt im Norden… also alles retoure, wieder den Fluss queren und einem zunächst völlig unscheinbaren Bach folgen, der sich aber hinter der nächsten Ecke wieder als der ursprüngliche Fluss/ Bach entpuppt. Hier habe ich zum ersten Mal tatsächlich den Kompass gebraucht bzw. wäre ohne das Teil vermutlich nicht drauf gekommen, dass mein „gefühltes“ Nord eigentlich Ost war… Nach einer kurzen und teilweise wirklich „tricky“ Klettereinlage kommt dann plötzlich die eigentliche Ruine zum Vorschein. Drei Stunden habe ich gebraucht, also hätte ich eigentlich gestern abend noch gut gehen können, ohne den Navigationsfehler wäre es evtl. noch kürzer gewesen. Shit happens, was solls. Der Platz wäre zum Zelten aber wirklich genial gewesen =:-) Hast Du gut ausgesucht, Traeuma!
Mir hätte auf der Karte an der falschen Ruine eigentlich sofort aufgehen müssen, dass das mal gar nicht die Ruine sein kann, zu der ich will, denn wo die steht, geht der Fels nahezu senkrecht in die Höhe und das kann man aus der Karte schon ersehen. Oberhalb der Ruine hat es zwei Wasserfälle und von hier aus in etwa sollte es nun weglos in Richtung eines höherliegenden Pfades gehen, der dann Richtung Loch Hoorn führt. Der Weg, den Tilo und Julia genommen hatten, verlief so querfeldein, dass ich auch nach längerem Anschauen und Überlegen zu dem Entschluss gekommen bin, dass ich das definitiv nicht schaffe: Zu Steil, viel zu steil um da mit Rucksack vernünftig hochzukommen. Alternativ habe ich mich daher dazu entschlossen, dem Tal weiter flussaufwärts gen Nordosten zu folgen und dort dann „kurz und schmutzig“ sozusagen querfeldein auf den Weg zu stossen. Das hat auch ganz gut geklappt, im Nachhinein fand ich’s ganz lustig, etwas vom Hang entfernt zu sitzen und eine machbare Route da hindurch zu suchen. Ist wirklich interessant so als Flachlandtiroler die Route zu suchen und dann festzustellen, dass das auch tatsächlich so klappt, wie man es vorhatte. Da der Fluss unterhalb der 50-Höhenmeter Marke verläuft und ich den Weg etwa bei der 300-Höhenmetermarke erreicht habe schätz’ ich mal ganz grob, dass das tatsächlich etwa 200 Höhenmeter waren, die ich da hinter mich gebracht habe. Der Nachteil dieser Routenwahl ist natürlich, dass ich jetzt noch weitere 200 Höhenmeter auf dem Pfad hinter mich bringen muss, das wäre auf der direkteren Linie von Tilo und Julia alles in einem Abwasch fertig gewesen. Beinahe auf dem Scheitelpunkt des Passes angekommen, stelle ich ein bischen verdutzt fest, dass die direktere Route doch problemlos möglich gewesen wäre, von unten aber quasi unmöglich aussah… na ja, wieder schlauer geworden. Es hat von hier aus eine geradezu geniale Aussicht in das Tal, aus dem ich heraufgestiegen bin, ich kann beinahe bis zu der Landzunge sehen, hinter der die Sourlies-Bothy liegt. Hatte ich schon erwähnt, dass ich auch heute blauen, wolkenlosen Himmel und strahlenden Sonnenschein erleben darf? So langsam glaube ich, dass ich mir diesen Urlaub wirklich verdient habe und mich der liebe Gott oder welche Macht auch immer da im Hintergrund lenkt für den ganzen Scheiss mit dem ich mich tagtäglich bei der Arbeit rumschlagen darf mit einmalig schönem Wetter im Urlaub belohnt. Die Unterarme und wegen der Trekkingstöcke ganz besonders die Handrücken haben mittlerweile einen kräftigen Sonnenbrand eingefangen. Sonnenschutzmittel liegt zu Hause, wer braucht das in Schottland schon… BANGBANG… Aber den Sonnenbrand nehme ich liebend gerne in Kauf. Während ich so dasitze und auf die Karte schaue, fällt mir auf, dass ich hier oben quasi von Munros umzingelt bin, gleich drei Stück liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Pfad… der hier oben übrigens tatsächlich vorhanden ist und dem entspricht, was ich mir unter einem Pfad vorstelle… :wink: genug über nicht vorhandene Pfade gelästert jetzt. Ich überlege eine ganze Zeit, den Rucksack hier irgendwo liegen zu lassen und einen Abstecher auf den Luinne Bheinn zu machen, der hätte gleich zwei Gipfel über 914 Metern zu bieten…. Lasse das aber schließlich doch lieber sein, der Aufstieg bis hierher war schon anstrengend genug. Irgendwann laufe ich dann weiter, über den Scheitelpunkt des Passes hinweg und beginne mit dem Abstieg ins Gleann Unndalain. Nach etwa einer halben Stunde Abstieg probt mein rechtes Knie plötzlich den Zwergenaufstand und beginnt, wehzutun. Ich habe keine ungewöhnlichen Bewegungen gemacht und kann mich auch daran erinnern, dass mir die Knie letztes Jahr auf dem WHW auch wehgetan haben, als es nach den Devils Staircases hinunter nach Kinlochleven ging bzw. vor dem Ende des WHW hinunter ins Glen Nevis. Scheint also an der hohen Belastung der Gelenke beim Abstieg zu liegen. Also mache ich mir darüber weniger Gedanken, laufe einfach weiter. Als ich nach einer Pause weiterlaufen möchte, beginnt das Knie, bei jedem Schritt abwärts genau in dem Moment wie die Hölle wehzutun, wo es unter Belastung einknickt. Quasi der Moment, wo beim Treppe heruntergehen der linke Fuß ausgestreckt die nächste Stufe betritt und der rechte Fuß gleichzeitig im Kniegelenk abknickt. Tut weh wie die Hölle, interessanterweise tut es nicht weh, wenn ich umdrehe und aufwärts gehe… da klappt alles prima. Umdrehen und wieder abwärts ist wieder die Hölle… Ich nehme gegen die Schmerzen eine Tablette Ibuprofen und humple von dem Moment an weiter talwärts. Wenn ich das rechte Bein gerade ausstrecke und quasi so bewege als hätte ich nen Gips drum, dann geht es und ich kann einigermaßen Schmerzfrei vorwärts kommen. Gefallen tut mir das aber trotzdem ganz und gar nicht. Humpelnd an der Barrisdale-Bothy angekommen mache ich erstmal Pause und erkundige mich bei den Leuten, die vor der Bothy zelten, wie weit es denn wohl noch bis Skiary sei. Ich hatte da eine Bothy vermutet, es ist aber wohl ein Privathaus und da ich die Route von Hand in die Karte übertragen , aber nicht eingetragen hatte, ob Tilo und Julia dort gezeltet oder die Bothy genutzt haben, konnte ich auch nicht mehr sehen, dass die beiden dort gezeltet hatten.
Wie auch immer, die Info, dass das ein Privathaus ist und der nächste Campingplatz in Kinloch Hoorn zu finden sei, Kinloch Hoorn aber etwa 3 Stunden entfernt liegt, habe ich dann von den campenden Leuten erhalten. Nach einigem Überlegen entscheide ich mich für einen Ruhetag um das Knie zu schonen. Barrisdale ist eine private Bothy der „Mirage“-Klasse :wink: und entsprechend kostet die Übernachtung hier 3 Pfund pro Nacht und Person. Angesichts einer mit fließend Wasser ausgestatteten Küche, einer funktionierenden Toilette in der Bothy und zwei supersauberen 6-Bett-Zimmern bin ich gerne bereit, zwei Nächte hierzubleiben. Einziger Wehrmutstropfen an der Sache ist, dass so gegen 17.00 Uhr ein Generator anspringt, der bis 23.00 Uhr oder so läuft und morgens gegen 07.00 Uhr wieder anspringt. Aber gut, damit kann ich leben.
Während ich meine Sachen zum Trocknen an einem Gitter auf der Campingwiese aufgehängt habe und vor der Bothy in der Sonne sitzend einen Heisse Tasse genieße, kommt ein älteres Pärchen vorbei. Sie will gerne in der Bothy nächtigen, er regt sich darüber auf, dass er nicht hierher gekommen wäre, um mit einer Tasse Kaffee vor der Bothy zu sitzen… na warte Du kleines A*schloch, ich habe Zeit und werde mich jetzt den ganzen Nachmittag vor die Bothy setzen! :kaffee: Dass die blöden Kommentare eindeutig auf mich gemünzt sind, ist relativ klar, denn er schaut alle paar Minuten grimmig zu mir herüber, während ich da sitze und relativ amüsiert beiden beim Zeltaufbau zuschaue… *loooool* Schwein sein ist schön.
Irgendwann wird’s mir zu kalt und ich verziehe mich in die Küche der Bothy, hier bleibt das Licht an, solang der Generator läuft und so kann ich noch bischen lesen. Die Feuerstelle hat man wegen ein paar Idioten, die nicht mit offenem Feuer umgehen können offensichtlich demontiert. Nu ja, was soll man dazu sagen. Schade eigentlich. Als es mir auch drinnen zu kalt wird, verzieh ich mich ins Bett.
13.05.2005
Day off at Barrisdale.
Bei immer noch strahlender Sonne und blauem Himmel ein herrlicher Tag zum Faulenzen und Lesen… mittags wird’s mir zu heiss und ich verziehe mich in die kühle Bothy… was ein verrücktes Wetter für Schottland.
Ich nutze den Tag unter anderem auch dazu, den schwarzen Fleecepulli von weissen Daunenfedern zu befreien… irgendwie scheint der Yeti Pound doch noch andere Stellen zu haben, an denen Daunen austreten. Ich hatte ihn ja schon mal eingeschickt und man hat die Nähte unten am Fußteil gedoppelt, aber anscheinend war das nicht genug. Mal schauen, ich werd jetzt mal drauf achten, wann der Pullover wieder wie geteert und gefedert ausschaut. Überhaupt macht mir der Fleecestoff eher den Eindruck ein hervorragender Schmutzfänger zu sein… muss ich mal nach Alternativen schauen.
Was mir heute auch auffällt, nachdem ich den kompletten Rucksack mal aufgeräumt habe, ist, dass ich offensichtlich das Tarp nicht mehr dabeihabe… *autsch* … Das letzte Mal in der Hand hatte ich es, als ich den SeamSealer bei Sourlies-Bothy aufgetragen hatte. Woran ich mich nur nicht mehr erinnern kann ist, ob ich das zusammengelegte Tarp in den Rucksack gepackt oder anderswo in der Bothy zwischengeparkt habe… ärgerlich das ganze… sehr ärgerlich. Aber nicht mehr zu ändern, mache ich mir halt ein neues Tarp.
Obwohl ich das Knie den ganzen Tag lang schone und mich nicht wirklich viel vom Fleck bewege, bessert sich da mal garnix. Abends versuche ich ein paar Meter zu laufen, was aber deutlich mit Schmerzen beantwortet wird… zu allem Übel schmerzt es jetzt nicht nur beim hangabwärtslaufen, sondern auch in der Ebene.
Treffer versenkt würde ich sagen. :rot:
Ewig hier sitzen bleiben kann ich ja nun auch nicht und so steht der Entschluß fest, morgen zunächst bis Kinloch Hoorn zu laufen und wenn es dort noch gut ausschaut, weiter zu versuchen, ob ich Shiel Bridge erreichen kann. Schade auch, anscheinend hat Schottland was gegen mich, letztes Jahr der verknackste Knöchel, diesesmal das Knie… letztes mal war es einfach Pech und diesesmal evtl. fehlende Vorbereitung? Könnte durchaus hinkommen und wird mir ein Lehre für die Zukunft sein. Oder aber Tilo hat die Tour verflucht… hat das eigentlich schon wer tatsächlich bis Cannich geschafft?
SCNR
Gegen spätnachmittag passiert es dann auf einmal, während ich vor der Bothy sitze und lese:
Ein Mädel mit Rucksack kommt, vermutlich aus Kinloch Hoorn, an der Bothy vorbei. Und ein gut aussehendes noch dazu 8) Irgendwie hat sie aber schlechte Laune, jedenfalls schaut sie erstmal mit ziemlich ernstem Gesicht in die Bothy rein, löppt dann bischen ziellos über die Wiese, auf der man campen könnte und baut ihr Zelt schließlich ziemlich weit von der Bothy in der Nähe des Flusses auf. Sie will sich dann noch frisch machen, dummerweise ist aber auf der Toilette besetzt… also zuckelt sie wieder zum Zelt und kommt kurz darauf wieder… wieder besetzt… *ggg* bischen sauer geht sie leider auch nicht auf ein Gespräch mit mir ein sondern zuckelt stattdessen wieder ab zum Zelt… schade eigentlich...
Wenn ich jetzt wüsste, dass sie tatsächlich aus England oder Schottland kommt, wäre für mich ein für allemal das Gerücht wiederlegt, dass es in Großbritannien nur „seltsam“ aussehende Mädels hat (zumindest habe ich hier bisher nur seltsam aussehende Mädels mit einem seeeehr seeeeehr seltsamen Klamottengeschmack gesehen….) und noch dazu diejenigen, die sich offensichtlich ganz alleine in die Natur aufmachen… aber nu, wenn sie keine Lust auf ne Unterhaltung hat, kann man das auch mal nicht wirklich herausbekommen.
So endet der Tag dann zwar mit einem netten Mädel, aber leider nicht mit einer netten Unterhaltung… :wink:
14.05.2005
Heute habe ich wieder gut geschlafen, bin relativ früh wach und packe meine Siebensachen zusammen. In den beiden Nächten hatte ich die Bothy komplett für mich alleine, von daher störts auch niemanden, wenn ich so früh schon alles zusammensuche. Gegen 07.30 Uhr komme ich los. Der Weg geht zunächst wunderbar ausgebaut am Ufer des Loch Hoorn entlang und das Loch bietet so im morgendlichen Dunst einen malerischen Anblick. So malerisch, dass ich ganz in Gedanken versunken den Weg weiter und immer weiter laufe… die Augen mehr auf das Loch als auf den Weg gerichtet, geschweige denn mal einen Blick auf die Karte geworfen hätte, wie denn der Weg verläuft… und so stehe ich plötzlich am Ende der Landzunge mit den Schuhen fast im Wasser des Lochs und wundere mich doch sehr, wo denn der Pfad wohl geblieben sein soll… rechterhand besteht das Ufer aus Felsen… und vor mir ist Wasser. Ein Blick auf die Karte… einmal Umdrehen… noch ein Blick auf die Karte… noch mal das Ufer angeschaut und dann muss ich mir echt mit der flachen Hand vor die Stirn klatschen… 300 Meter zurück steht etwas landeinwärts eine Ruine und da geht auch der Pfad dran vorbei… und noch mal vor die Stirn geklatscht habe ich mir, als ich dort, wo der Pfad abgeht auch noch ein Hinweisschild gefunden habe, wo der Pfad hinführt… *aua* was mir da durch den Kopf gegangen ist, als ich hier langgelaufen bin, weiss ich auch nicht. Na egal, also wieder zurück und rauf auf den Pfad. Da Ibuprofen und auch Paracetamol als Schmerzmittel überhaupt nicht anschlagen, wird der jetzt folgende Teil des Pfades für mich mehr als schmerzhaft… obwohl es hier landschaftlich sehr schön ist und es schon wieder einen Tag voller Sonnenschein hat. Schade eigentlich, aber leider nicht zu ändern. So quäle ich mich denn die zwei oder drei Hügel hinauf und wieder hinab und bin irgendwie ziemlich fertig, als ich in Kinloch Hoorn ankomme. Erstmal Pause machen und die Klamotten wechseln. Das geht an dem Parkplatz in Kinloch Hoorn dank der Ruine sehr gut. Bei einer Heissen Tasse schaue ich erst auf die Karte, dann auf die Uhr und wieder auf die Karte und stelle fest, dass ich für den Weg nicht drei Stunden, sondern fünf (!) benötigt habe. Und das ohne nennenswerte Pausen oder sonstige Verzögerungen…. Das is ganz schön übel, vor allem wenn ich mir auf der Karte mal so anschaue, was bis Shiel Bridge noch vor mir liegt. Nach langem Überlegen entscheide ich mich, hier zu campen. Kostet 1 Pfund auf der Wiese hinterm Fluss, ist mir aber in dem Moment auch egal. Ich hab’ die gute Frau, die das eine Pfund fürs Campen kassiert hat dann noch gefragt, ob sie wüsste, ob man an der Farm, wo man auch für den Parkplatz bezahlt, Gertränke kaufen könnte… sie fragte, was für Getränke ich denn meinte und nachdem ich Colalight sagte, ging sie um ihr Auto herum, machte die Beifahrertür auf und holte aus einem Kühlfach eine Dose Cola heraus… ob das auch okay wäre. Ich muss wohl ziemlich dumm geschaut haben, jedenfalls fing sie an zu lachen und meinte, ich soll mir das schmecken lassen, der nächste Ort mit Einkaufsmöglichkeit läge wohl mehr als 20 Strassenmeilen entfernt. Nett, wirklich nett, ich habe ihr gesagt, dass ich die Dose bezahle, aber sie wollte dafür nix haben… wirklich nett. Nach einer Woche klarem Wasser und Tee schmeckt eine Dose Cola tatsächlich sehr angenehm, wenn auch sehr süß… Da es erst Mittags ist, baue ich das Zelt auf und lege mich erstmal kurz hin. Später am Nachmittag parkt ein weisser PKW an der Wiese und ich frage, nachdem ich gesehen habe, dass der gute Mann hier wohl auch zeltet, mal nach, ob er morgen evtl. wieder rausfährt. Er meinte, dass es schlechteres Wetter geben soll und wenn’s denn tatsächlich zu schlecht sei, würde er morgen rausfahren. Auf die Frage, ob er mich mitnehmen könnte, meinte er, dass das kein Problem sei. Das ist ja schon mal was, brauche ich morgen mit dem Knie nicht quer durchs Gebirge zu humpeln. Die Nacht wird relativ unruhig, die Cola-spendende Dame hatte mich diesbezüglich schon vorgewarnt, die haben wohl momentan Probleme mit einem Fuchs, der Lämmer reisst und daher seien sie nachts jetzt verstärkt unterwegs und ich solle mir keine Gedanken machen, wenn ich nachts plötzlich Schüsse hören würde. Fürs Zelt habe ich dann auch ein großes Knicklicht als Markierung erhalten… so rein prophylaktisch versteht sich… da schläft es sich doch gleich bedeutend ruhiger...
So rennen denn desöfteren Leute in der Nähe der Zelte herum, Geländewagen fahren hin- und her und zweimal knallt es denn auch in der Nacht.
15.05.2005
Ich werde gegen 07.00 Uhr wach, mache das Zelt auf und stelle erfreut fest, dass der Himmel komplett bewölkt ist und auch der Teil des Weges, über den es Richtung Shiel Bridge ginge in Wolken verhüllt ist. Dann fährt der Typ mit dem weissen Auto ja heute raus, das ist gut. Frühstück fällt heute aus, ich packe meine Siebensachen zusammen und darf zum ersten mal Bekanntschaft mit den schottischen Midges machen, als ich das Zelt zusammenräume… es ist windstill und der Bach ist nicht weit entfernt… obwohl es nicht wirklich viele Tiere zu sein scheinen, sitzen sie plötzlich überall, in den Ohren, in der Nase, am Hals, überall im Gesicht… und auch wenn die Bisse selbst zumindest im Nachhinein keine bleibenden Spuren hinterlassen haben, tun sie doch weh… so greife ich denn zügig meinen TilleyHat und das Moskitonetz, laufe ein paar Meter bis zum Weg, setze während des Laufens den Hut auf und streife das Moskitonetz drüber… das Endes des Netzes schnell in den Kragen geschoben und die Jacke bis oben zugemacht… so lassen sich die Biester wenigstens aus dem Gesicht fernhalten…. Jetzt weiss ich auch, wie scheisse midges in schottland sind… schon wenn es relativ wenige Tiere sind. Wie das ausschaut, wenn die Tiere in großen Schwärmen auftauchen, möchte ich lieber gar nicht wissen. Jetzt kann ich auch halbwegs normal mein Zelt abbauen und verstauen. Nach alldem und ein bisserl Warten ist auch der Schotte aus dem Auto wach. Als er seinen ersten Kaffee aufhat, gehe ich rüber und frage, was er nu gedenkt zu tun. Er meint, das Wetter sei okay und würde sich sicher halten, deshalb fährt er zwar heute weiter, aber nur bis zum Loch Quoich und geht dann dort noch bisserl wandern. Schade eigentlich, dann komme ich eben nicht mit ihm aus dem Tal heraus, denn die Chance, dass da hinten noch wer anhält und mich mitnimmt dürfte eher gering sein. Da es heute Sonntag ist und der Parkplatz in Kinloch Hoorn voller Autos steht, hoffe ich einfach mal, dass darunter auch ein paar „Weekendies“ sind, die heute im Laufe des Tages rausfahren, weil sie morgen arbeiten müssen. Auf dem Weg von der Campwiese zum Parkplatz wird mir auch klar, dass ich mit dem Knie gar keine andere Wahl habe als mitgenommen zu werden. Die zweihundert oder dreihundert Meter auf ebener Strasse sind so schmerzhaft, dass ich gar nicht wissen will, wie sich das im Gelände anfühlt. Am Parkplatz ist es relativ windig und deshalb relativ kühl, was aber immer noch besser ist als midges… Ich hole meine Daunenweste raus und ziehe die noch mit drüber, jetzt geht’s ganz gut, auch wenn man nix tut und nur wartet. Die ersten fünf Autos, die rausfahren sind entweder hoffnungslos überladen, fahren nur ein Tal weiter oder es sitzt ein arrogantes Arschloch am Steuer, das so tut, als würde ich chinesisch sprechen: „I am sorry Sir, but I do not know, what your problem is…“. Mein Englisch ist aber gar nicht so schlecht, wie mir später noch bestätigt wird. Arschloch halt.
Irgendwann gegen 10.00 Uhr kommen zwei PKWs neu auf den Platz. Die wollte ich gar nicht fragen, weil sie vermutlich eh ein paar Tage bleiben. Eine der beiden Frauen musste aber noch mal zurück zum Auto und hat mich dann angesprochen, was ich denn so mache und ich noch hinwill. Nachdem ich ihr alles erklärt habe, ruft sie ihren Mann dazu und meint, sie wären nur heute für einen Tagesausflug hier, kämen aus Ft. William und würden heute abend auch wieder dahin zurückfahren. Da sie in jedem Fall Platz im Auto haben, könnte ich auch in jedem Fall mit, wenn ich nicht noch woanders eher die Gelegenheit fände, mitzufahren. Das würde ja mal passen wie die berühmte Faust aufs Auge. Die Frau meinte dann noch, ich könnte ja, damit ich nicht den ganzen Tag hier rumsitzen muss, ruhig das Zelt irgendwo hinstellen und bis heute Nachmittag bisserl abchillen. Keine schlechte Idee und so bleibe ich zwar zunächst noch ein halbes Stündchen sitzen, nachdem sich dann aber erstmal nichts mehr tut, humple ich zurück zur Campingwiese und schmeisse das Zelt wieder aufn Acker. Dank des Windes sind die Midges im moment auch nicht unterwegs.
Gegen 13.00 Uhr kann ich nicht mehr liegen, baue alles ab und mache mich auf den Weg zum Parkplatz… wenn’s mit rumliegen nix mehr ist, kann ich mich genauso gut da hinsetzen und lesen. Ein älteres Ehepaar kommt wieder von Barrisdale zurück, mit den beiden hatte ich mich an meinem DayOff bisserl unterhalten. Nette Leute, die aber leider Richtung Inseln fahren und darüber hinaus den Wagen bis unters Dach vollgepackt haben… was bei nem Smart aber auch kein Kunststück ist… *gggg*
Die nächsten Autos kamen wieder neu hierher und boten deshalb keine Gelegenheit, mitgenommen zu werden. So gegen 14.00 Uhr sehe ich dann von weitem, wie das gutaussehende, aber brummelige Mädel von vorgestern den Weg herunterkommt und zu seinem Auto geht… nachdem sie den Rucksack im Auto und die Socken gewechselt hat, gehe ich kurz rüber und frage, wo sie denn wohl hinfährt und ob sie mich wegen meiner Knieprobleme wohl mitnehmen könnte… Sie muss nach Edinburgh, könnte mich aber bis Spean Bridge mitnehmen. Von dort aus sinds dann noch etwa 10 Meilen bis Ft. William. Da muss ich kaum lange überlegen und sage direkt zu. Erstens komme ich drei bis vier Stunden eher hier weg und zweitens mit einer netten Fahrerin. 8)
Sie wollte sich noch kurz frisch machen auf der Farm und nachdem sie mir erklärt hatte, dass es dort auf der Toilette ein relativ großes Waschbecken gibt, habe ich mir da noch meine Haare gewaschen… hätt ich das mal eher gewusst, so hatte ich Katzenwäsche im Bach und die Naturtoilette mit Schäufelchen genutzt…. *aua*
Die zweite Frage nachdem wir loswaren ist, ob ich aus Deutschland komme… auf mein verdutztes „Yes“ meinte sie, ihre Mutter sei Deutsche und hätte, obwohl sie seit mehr als 40 Jahren in England lebte immer noch einen leichten deutschen Akzent. Ja so was, das erklärt dann auch gleich, warum sie so gut ausschaut… wenn da nicht nur Engländer beteiligt waren…
Mittlerweile is sie auch nimmer brummelig und meinte dann auch, dass sie sich wohl an mich erinnern könnte. Nu ja, wir haben uns wirklich gut unterhalten, zumal sie zum einen aus England stammt und erst seit ein paar Jahren in Schottland wohnt und ein entsprechend normal verständliches Englisch spricht und zum anderen in einer Einrichtung als Englisch-Lehrerin arbeitet… ja hurra, beste Voraussetzungen mit meinem Englisch aufs Maul zu fallen dachte ich. Sie meinte aber, dass das was ich da zum besten gebe vergleichsweise sehr gutes Englisch wäre, auch wenn man merkt, dass mir viele Vokabeln fehlen… womit sie wohl recht hat, weil ich wirklich relativ häufig Begriffe umschreiben muss, bei denen die Vokabeln einfach nicht präsent sind.
Die Fahrt war eigentlich ziemlich unterhaltsam, von ihrer Einstellung her hat sie vieles, was ich mir von einer neuen Partnerin wünschen würde.
Während der Fahrt wird mir mehr als deutlich bewusst, dass auch meine Idee, einfach der SingleTrackRoad von Kinloch Hoorn aus zu folgen, ziemlich danebengegangen wäre. Sie meinte auch, dass es wohl mehr als 20 Meilen bis zur nächstgrößeren Strasse seien und von da an noch mal wer weiß wie lange bis in den nächsten Ort sei.
Leider vergeht die Zeit bis Spean Bridge viel zu schnell, vielleicht hätte ich auf ihre Frage,
wo ich hinwollte „Edinburgh“ antworten sollen… *gggg* Aber damit hätte dann wohl ihr Freund so seine Probleme gehabt. Außerdem hätte ich in Edinburgh auch nicht wirklich gewusst, wo ich ein Hostel oder einen Campingplatz finde… Nu denn, nachdem wir uns während der Fahrt auch über meinen Urlaub und was ich eigentlich noch vorgehabt hatte unterhalten haben, wollte sie in Spean Bridge auf dem Parkplatz zumindest noch gerne die Tour am Loch Maree auf der Karte anschauen und als Dankeschön fürs mitnehmen habe ich ihr die Karte mit der eingezeichneten Tour einfach geschenkt… hätte sonst auch nicht wirklich gewusst, wie ich ihr fürs Mitnehmen hätte danken sollen.
In Spean Bridge dann wieder alleine unterwegs, habe ich zunächst am Ortsausgang an der Tankstelle den Daumen rausgehalten und eine halbe Stunde versucht, eine Mitfahrgelegenheit zu erwischen. Nachdem das nicht geklappt hatte, habe ich angefangen, die Hauptstrasse entlang Richtung Ft. William zu laufen. In unregelmässigen Abständen habe ich’s immermal wieder versucht, insbesondere, wenn man vom weiten schon mehrere Autos kommen gesehen hat. Aber nix. Nu ja, weitergelaufen. Nach etwa einer Stunde dann hält ein Kleinbus an und nimmt mich mit, er verursacht zwar einen halben Stau mitten auf der Strecke, aber das war ihm egal. In dem Bus sitzt eine Reisegruppe mit Jugendlichen, hauptsächlich Mädels, die von dem Fahrer mit HeadSet und jeder Menge Geschichten und Sprüchen unterhalten werden. Nachdem mir der Fahrer sagt, ich müsse mich bei allen Reiseteilnehmern bedanken, weil sie entschieden haben, dass er mich mitnehmen soll, mache ich das auch und verbeuge mich anständig vor allen. Sitzen kann ich in der letzten Reihe und die Mädels da hinten erzählen mir dann auch, dass er tatsächlich gefragt hat, ob sie mich mitnehmen sollen und nachdem alle im Bus laut ja geschrien haben, hat er angehalten… lustig das alles. Und irgendwie auch nett. Kurz darauf schmeisst mich der Fahrer an dem Kreisverkehr raus, wo der WHW endet.
Von hier aus laufe/ humple ich zur GlenNevis Caravan&Campsite und checke für zwei Tage ein. Martine, also das Mädel aus Edinburgh, das mich bis Spean Bridge mitgenommen hatte, meinte, dass ich lieber nicht in Schottland zum Arzt gehen sollte… das würde vermutlich nicht allzu viel bringen. Also sitze ich jetzt hier und überlege, was am besten zu tun ist. Es ist Sonntag abend, also geht heute eh nimmer viel. Immerhin bin ich froh, bereits um 17.00 Uhr in Ft. William auf dem Campingplatz zu sein… und nicht erst jetzt oder noch später in Kinloch Hoorn loszufahren.
Nach dem Aufbauen des Zeltes gings erstmal ab unter die warme Dusche… das tut nach einer Woche mal auch sehr gut. Leider waren dann anschließend mehr oder weniger nett riechende Klamotten angesagt… aber ich habe morgen ja Zeit um die Klamotten hier zu waschen.
Gegen 19.00 Uhr habe ich mir ein Taxi kommen lassen und bin nach Ft. William reingefahren… jetzt musste endlich mal ein Pint Guiness her… natürlich im „Grog and Gruel“. Bei nem gemütlichen Guiness habe ich dann noch mal überlegt, wie meine momentane Situation so ausschaut und wie der Urlaub weitergehen soll.
Ich war dann relativ schnell an dem Punkt angekommen, der mir seit vorgestern, also seit dem ich von Barrisdale nach Kinloch Hoorn gelaufen bin schon im Kopf rumschwirrte:
Da es relativ wenig Sinn macht, mit nem kaputten Knie noch zwei Wochen hier im Hostel oder sonst wie abzuhängen, will ich morgen schauen, ob ich den Rückflug auf irgendwann innerhalb dieser Woche umbuchen kann. Ist zwar schade, aber alles andere wäre nicht nur deutlich teurer sondern auch bedeutend weniger sinnvoll.
Beim zweiten Pint angekommen setzt sich ein amerikanisches Pärchen zu mir an die Theke mit denen ich mich dann noch bis zum dritten Pint gut unterhalte. Nach dem dritten geht’s wieder im Taxi zurück zur Campsite.
der Mai ist da und damit war es mal wieder Zeit für Schottland…
Nachdem ich letztes Jahr den WHW hinter mich gebracht hatte
und der zweite Teil der Tour im Letterewe-Gebiet an einem
verknacksten Knöchel gescheitert ist, war für dieses Jahr ursprünglich
nur der letztes Jahr gescheiterte Teil geplant, dafür wollte ich den etwas ausdehnen
und den einen oder anderen Berg da hinten unsicher machen und meine ersten Munros
„baggen“.
Dann kam aber alles anders, guckt ihr hier.
Die Bilder dort und auf Tilos Homepage haben mir so gut gefallen, dass ich Tilo ´ne pn geschickt hab' weil ich ’n paar Details zu der Tour wissen wollte. Nachdem ich dann
von Tilo die gescannte Karte hier auf dem Rechner angeschaut hatte und
von den Busverbindungen her auch alles optimal ausgesehen hatte, war klar:
Vor Loch Maree hat der Herr diese Tour gesetzt… *ggg*
Soweit so gut, nachdem das alles klar war, gings ans Packen.
Dabei galt es, die Fehler aus dem letzten Jahr zu vermeiden und die Liste umzusetzen,
die ich in diesem Thread schon mal gepostet hatte. Das hat auch alles ganz gut geklappt:
Der Rucksack hat auf der RyanAir-Waage inkl. Futter für rund 2 Wochen genau 16 Kilo
auf die Waage gebracht, da ich diesesmal eine Spiegelreflexkamera anstelle einer kleinen
Sucherkamera dabei hatte, kam noch mal eine Gürteltasche (LowePro Orion) mit einem Gewicht von etwa 3 Kilo dazu (Kamera mit 28-300er Objektiv, kleinem Stativ etc und einer Menge Medikamenten weil ich mit fettem Husten/Schnupfen/Grippe losgefahren bin.)
Und ich habe einen Tag vor dem Abflug noch den Süßigkeitenflash bekommen und für etwas
mehr als ein Kilo Schokolade etc. eingekauft und als Handgepäck mitgenommen… :bash:
Sowas nennt man wohl Dummheit…. *sichfürdienächstenotierend:dusollstnichtvielzuvielunnützesesseneinpacken*
Sagen wir mal inkl. Wasser und Brennstoff (Gaskartusche(n)) waren es sicherlich 20 Kilo,
die ich da mit mir herumgeschleppt habe… da möchte ich lieber gar nicht wissen, was ich
letztes Jahr aufm Puckel hatte. So, genug der Schwallerei, auf die Ausrüstung kann ich nachher noch mal eingehen.
Here we go:
07.05.2005
Auf geht’s, nach ein wenig Aufräumen morgens und den letzten Kontrollen (…nix verderbliches an Lebensmitteln mehr im Kühlschrank? … ist aller Müll draussen auf die
Tonnen verteilt? …hab’ ich das Wasser sicherheitshalber abgedreht und das selbe
auch an der Waschmaschine gemacht?) schmeisse ich den Rucksack und die Gürteltasche
ins Auto und es geht zunächst ab zu meinen Eltern, die während des Urlaubs den Wohnungs-
schlüssel bekommen. Da gibt’s zu Mittag noch lecker frischen Spargel zu essen und dann
geht’s endlich los und ich bin auf der Autobahn Richtung Flughafen Niederrhein (Düsseldorf/ Weeze). Dass RyanAir jetzt auch über diesen Standort nach Glasgow-Prestwick fliegt, finde
ich mal mehr als gut, weil ich mich dann nicht noch mit dem Transfer nach Frankfurt/ Hahn rumärgern muss. So kostet es mich etwa anderhalb Stunden Autofahrt nach Weeze und das
wars, selbst mit Spritkosten und 30,00 Euro Parkplatzkosten liege ich da günstiger als mit Zugfahrt und Bustransfer nach Hahn.
In Weeze angekommen bin ich von dem relativ großen Armeegelände etwas überrascht,
ich hätt’ nie gedacht, dass die Briten hier so einen riesigen Standort hatten. Das relativ neue
Flughafengebäude ist ein überraschender Kontrast, weil man vorher erst minutenlang durch
den alten Kasernenbereich mit seinen stillgelegten und langsam vor sich hingammelnden Gebäuden fährt. Nun denn, der Rest klappt hier eigentlich auch wie erwartet problemlos:
Rein in den Flieger, los geht’s, der Pilot scheint ein Raser zu sein und wir sind etwa 25 Minuten früher in Prestwick gelandet, als ursprünglich gedacht. Vom letzten Jahr her
kenne ich das Flughafengebäude noch ganz gut und so kann ich ganz gemütlich zum Bahnsteig laufen. Der Zug kommt innerhalb der nächsten 5 Minuten und weitere 45 Minuten
später bin ich auch schon in der Central Station angekommen. Da gehe ich zwar durch den Haupteingang raus, laufe dann aber in die falsche Richtung und damit einmal komplett um den Block… nun ja, egal, ich weiss jetzt aber wieder wo ich bin und wie ich von a nach b komme. Und von A muss ich auch nach B kommen, weil das Eurohostel, dieser Bau mit ichweissnichtmehrwievielenstockwerken, komplett ausgebucht ist. Die Leute an der Rezeption drücken mir einen Stadtplan in der Hand und erklären mir, wie ich ins Glasgower Westend komme, dort ist in der Berkeley Street das nächste Hostel. Schade eigentlich, aber selbst schuld, was erkundige ich mich auch nicht vorher, die Reservierung wäre ja über Internet kein Problem gewesen. Das empfohlene „Globetrotter-Hostel“ ist ein relativ heruntergekommener Altbau mit einem alten ich denke mal osteuropäischen Mütterchen als Herbergsmutter, die so gut wie kein Englisch kann. Also Zeichensprache her und ein junger Mann, der nur wenig besser englisch spricht, aber immerhin den Preis pro Nacht auf einen Zettel schreiben kann:
12,50 GBP solls kosten… nun denn, hier bekäme ich ohnehin keine weiteren Auskünfte wo man sonst noch Hostels findet… hätte ich vorher auch nachschauen können via www…

Ich laufe von hier aus noch einmal „kurz“ zur BuchananStreet um nachzusehen, ob der für den morgigen Sonntag angedachte Bus nach Ft. William auch tatsächlich zu der im Internet angegebenen Zeit abfährt. Die Nacht wird relativ unruhig, das Fenster in dem ZweiPersonen-Zimmer, dass ich für mich alleine habe, lässt sich nicht ganz schliessen und draussen ist kurz nach Mitternacht voll die Schreierei im Gange, so wie es sich anhört geht da grade ’ne Beziehung lautstark in die Brüche und es fehlt nicht viel, dann prügelt man sich… ist schon lustig, sonst hat man ja aufgrund des herrlichen schottischen Dialekts so seine Probleme mit dem Verstehen… in solchen Situationen können die sich zwar laut, aber dafür mit seeehr deutlichen Worten unterhalten…

08.05.2005
Morgens piepst der Wecker mich unsanft wach, die Siebensachen sind zügig gepackt und
ich mache mich, einen Sandwich in der einen und eine ColaLight in der anderen Hand, auf den Weg zur Busstation in der Buchananstreet. Das alles bei herrlichstem Sonnenschein. Der Bus fährt pünktlich los und nachdem wir aus dem Stadtgebiet von Glasgow herausgefahren sind und Loch Lomond erreicht haben, führt der weitere Weg nach Ft. William zu einem großen Teil entlang des West Highland Way… zunächst am gegenüberliegenden Ufer des Loch Lomond entlang, dann weiter via Inverarnan, Crianlarich, Tyndrum, Bridge of Orchy, Kingshouse und durch das komplette Glen Coe hindurch nach Ft. William. Den letztjährigen Weg auf diese Weise noch mal zu erleben oder besser im Schnelldurchlauf vorgeführt zu bekommen, hat schon irgendwie was besonderes an sich. Es macht allerdings auch nachdenklich, weil ich beispielsweise auf dem Abschnitt zwischen Tyndrum und Bridge of Orchy, wo der Weg relativ oft in Sichtweite der Strasse verläuft, so viele Leute auf dem WHW gesehen habe, wie ich sie letztes Jahr auf dem ganzen Weg nicht angetroffen habe. Da möchte ich lieber gar nicht wissen, wie es ist, den Weg jetzt zu laufen… Im Nachhinein war die damalige Entscheidung zu einem frühen Urlaub Mitte April also doch goldrichtig gewesen... lieber bischen schlechteres Wetter, dafür aber Ruhe auf dem Weg.
In Ft. William angekommen stelle ich mal fest, dass die Baustelle am Busbahnhof vom letzten Jahr verschwunden ist und der Busbetrieb jetzt über den neuen Busbahnhof am Safeway läuft.
Dafür heisst der Safeway bald nicht mehr Safeway sondern irgendwie anders und wird Anfang Juni deshalb für ein Wochenende geschlossen sein... auch gut. Ich laufe los zur GlenNevis Caravan&Campsite und baue dort mein Zelt für eine Nacht auf. Vorher noch eben im Nevisport eine 500g-Kartusche Coleman-Fuel geholt. Beim Zeltaufbau beginnt es zu regnen… wie schön. Kaum da und das Zelt ausgepackt, schon geht das Scheisswetter los… *grummelgrummel* Glücklicherweise ist das alles aber erträglich, weil es tatsächlich nur Schauer sind und zwischendurch die Sonne wieder zwischen den Wolken durchkommt. Heute noch mal in den Ort zu laufen macht keinen Sinn, ist schließlich Sonntag und so hole ich mir im Shop am Platz meine zwei Dosen Bier anstelle zwei Pint Guinness im Grog&Gruel zu geniessen. Zwischen Zeltaufbau und Zu Bett gehen gegen 21.30 Uhr liegen noch die Dusche sowie das erste Reclam-Heftchen, das ich mitgenommen habe. Das Heft ist schön einfach und zügig zu lesen: „Der Buddhismus – Eine kurze Einführung“. Ich habe damit gestern im Flugzeug angefangen, heute abend hab’ ich’s durch und es wandert morgen gleich in die Tonne, wieder ein paar Gramm weniger mitzunehmen.
*sichgebetsmühlenartignotierend:dusollstzukünftigdeinzeltnichtindernähezweierdeutscherfamilienmitungezogenenkindernundverärgertenelternaufbauen*
Genau das is mir nämlich passiert: Drei Meter weiter hatten sich zwei anscheinend (…hat man nicht wirklich viel von gemerkt…

09.05.2005
Gut geschlafen habe ich und so gibt’s heute morgen dann zum ersten Mal das Frühstück, dass ich in den nächsten Tagen geniessen darf: Seitenbacher Schokomüsli...

Wie immer gewöhnungsbedürftig. Meine Jacke hat heute auch Hunger, was muss ich Depp mich auch am Holztisch sitzend nach irgendwas umdrehen.


Also hier Karte rausgeholt und erstmal geschaut, wo ich hinmuss. Nachdem das klar war, bin ich über die Strasse und lese doch tatsächlich an dem Touri-Schuppen irgendwas von wegen Drehort HarryPotter Filme und so weiter. Ich bin dann erstmal da rein und habe mal nachgeschaut… das ein Teil der Filme hier gedreht wurde, wusste ich bis zu dem Zeitpunkt gar nicht. Auch nicht schlecht, aber nix, was mich jetzt zu saltos oder freudensprüngen hinreissen würde… Auch nicht schlecht ist das Wetter heute: Blauer Himmel und Sonnenschein. Für Schottland ja mal mehr als gewöhnungsbedürftig. So geht es denn auf einem gut ausgebauten Weg Richtung Norden, so ungefähr jedenfalls, unter dem alten Viadukt/ der Eisenbahnbrücke hindurch Richtung Glenfinnan Lodge und Corryhully –Bothy.
Ich denke mal der Weg hier hoch ist auch nur aufgrund der Lodge so gut ausgebaut, damit die reichen Herrschaften, die da oben zur Jagd dinieren oder sich anderweitig erfreuen mit dem Auto bequem vorfahren können. Wie auch immer, ich geniesse, dass der Weg hier gut in Schuss ist und bin bald an der Bothy angekommen. Die beiden Frauen, die hier auch nächtigen, machen sich auf den Weg einen Munro zu erklettern. Dass sind eine hässliche Tochter und ihre Mutter…

Also denn, lasse ich die beiden mal ihren Munro besteigen und mache es mir in der Bothy gemütlich. Ist ohnehin die erste Bothy, die ich in meinem Leben betrete und von daher mal mehr als interessant, sich das alles in Ruhe anzuschauen. Soviel zu schauen gibt’s da zwar auch nicht, aber egal. Anschließend habe ich mich für den Rest des Tages vor der Hütte in die Sonne gesetzt und den Tag genossen… Bothy-Book lesen, eigenes Buch lesen, ist ja schließlich Urlaub und man muss das nette Wetter geniessen. Die beiden Mädels hatten sich wohl in der Zeit für ihren Ausflug etwas verschätzt und kommen gegen 22.00 Uhr, also im Dunkeln wieder an. Den Berg haben sie nicht erreicht, nur einen Vorgipfel, irgendwie meinen sie, sie hätten sich wohl vertan auf der Karte. Die Mutter ist dann noch in einen Bach gefallen und entsprechend klatschnass. Das Feuerchen das ich angemacht hatte, haben beide dann zum Trocknen und Wärmen genutzt. Die Tochter meinte noch so, dass das hier eine FünfSterne-Bothy sei, so mit Fenstern und einer (übrigens nagelneu gefertigten) Tür… dann bin ich mal gespannt, wie die anderen Bothys so ausschauen, an denen ich vorbeikommen werde. Irgendwann war das trockene Holz dann auch verbraucht und dann gings ab in den Schlafsack/ nach Bett. Da die Mutter wohl meinte, die müsste für neues Brennholz sorgen und die Nacht über geschnarcht hat wie blöde, war diese Nacht nur halb so angenehm wie die letzte auf der Campsite in Ft. William. Heute nacht fällt mir auch zum ersten mal die ¾-Isomatte negativ auf. Der Schlafsack liegt halb auf dem Holz (hatte den Rucksack nicht komplett ausgeleert und entsprechend auch nicht als Verlängerung genutzt) und wird da unnötig dreckig und die blöde Matte rutscht so was von hin und her auf dem glatten Holz, dass man sie quasi ständig zur zurechtzieht, weil man wieder halb auf dem blanken Holz liegt. Die Nacht wird ziemlich schattig, ich wache zwischendurch auf und ziehe meinen Fleece-Pulli über. Der Pound kommt irgendwie an seine Grenzen, es muss wirklich rattenkalt sein. Das Thermometer habe ich leider nicht zur Hand, ohne den kompletten Rucksack von links nach quer zu räumen.
10.05.2005
Ich wache morgens früh auf, gegen 07.30 Uhr. Zum pinkeln geht’s raus und einmal um die Hütte herum. Jetzt weiss ich zumindest, dass es heute nacht wirklich ziemlich kalt war:
Blau strahlender, wolkenloser Himmel und alles ist mit einer dicken Schicht Rauhreif überzogen. Da bin ich mal froh, dass ich nicht im Zelt gepennt habe glaube ich.
Heute geht es weiter das Tal hinauf Richtung Glen Dessary. Der Weg bleibt zunächst weiterhin sehr gut in Schuss, auf meinem Weg hoch zu dem Pass sitzen irgendwo noch Bauarbeiter und bessern den Weg aus… weiss der Schinder warum sie das tun, hier oben gibt’s nix mehr, wo der Weg hinführen könnte… ausser vielleicht dass die jagenden Herrschaften hier mit dem Auto hingekarrt werden…. Wer weiss.
Je weiter ich bei supergenialem Wetter Richtung Pass komme, desto mehr verschwindet der Weg allerdings. Immerhin, bis fast zur höchsten Stelle des Passes kann man den ursprünglichen Wegverlauf noch erahnen. Laut Karte geht der zweispurige Forstweg jetzt in einen Fußpfad über, der den Pass auf der anderen Seite herunterführt… ich mache erstmal Pause, weil der Aufstieg bis hierher zwar auf vernünftigen Wegen verlaufen ist, aber nixdestotrotz für ein untrainiertes Etwas wie mich anstrengend war. Nach dem Päuschen geht es weiter, ich suche nach dem Fußpfad, muss aber irgendwie feststellen, dass da nix is, was irgendwie nach Fußpfad ausschaut… *grmpf* … zugegebenerweise, ich hatte bei einem in der Karte eingezeichneten Fußweg irgendwas erwartet, was in etwa so ausschaut wie der Pfad an den Devils Staircases auf dem WHW…. Dass da nix aufgeschottertes und gepflegtes kommen würde war klar, aber wenigstens ein Pfad… nix dergleichen habe ich gefunden (vielleicht is da ja ein Pfad und ich bin nur zu blöde gewesen?). Also weiter im Text… ähem Tal und weiter wegelos… nach einiger Zeit und etlichen Tritten in Wasserlöcher etc. lernt man dann völlig uneigennützig sehr schnell, welches Gras das Gewicht Löffler+Rucksack trägt, wo man auf einem Schwamm läuft und wo man absäuft… meine Lehrer wären stolz auf mich gewesen, wenn ich diese Lernleistung damals an den Tag gelegt hätte…

Als es plötzlich einen Abhang relativ steil heruntergeht, merke ich, dass ich offensichtlich Probleme beim Kartenlesen habe… denn so ein Abhang war mir auf der Karte nicht aufgefallen. Dass ich mich zukünftig tatsächlich intensiver mit dem Lesen von Karten auseinandersetzen muss, wird mir im weiteren Verlauf der Tour noch deutlich… auf der linken Talseite steht eine Gruppe Deer und schaut zu mir herüber… wahrscheinlich lachen die sich kaputt, wie ich so vor mir hinfluchend und teilweise stolpernd vorwärts komme. Ich versuche zwar immer, mich irgendwo in der Nähe des auf der Karte verzeichneten Fußpfades vorwärts zu arbeiten, aber einen Pfad kann ich beim besten Willen nicht entdecken. Irgendwann habe ich mich damit abgefunden, dass da wohl kein Pfad ist und laufe weiter wegelos durch das Tal in Richtung Talausgang und einer Brücke über den Fluß, der die ganze Zeit über rechts von mir dem Tal entgegenfliesst. An der Brücke mache ich Pause und freue mich darüber, dass es wenigstens Sonnenschein pur hat… bei Regen wäre dieser Abschnitt glaube ich absolut ekelhaft geworden. Landschaftlich ist es hier eigentlich super… besser als alles, was der WHW zu bieten hatte… leider muss man sich so sehr auf jeden Fußtritt konzentrieren, dass man die Landschaft nur in den Verschnaufpäuschen wahrnimmt. Aber trotzdem an dieser Stelle mal ein dickes Lob an Tilo… hast’ ne echt nette Tour rausgesucht!
Sodala, an der Brücke über den Fluß ist es Zeit für den nächsten Navigationsfehler… ich entscheide mich, weil es so aussieht, als sei auf der anderen Seite ein Pfad vorhanden, die Brücke zu queren. Leider war die Entscheidung falsch, nach ein paar hundert Metern geht da nicht mehr viel. Also wieder zurück zu der Brücke, rüber, nach rechts geschaut und was sehe ich: Eine kleine Steinpyramide auf einem etwas größeren Stein… *aua* Das Leben könnte so einfach sein…

Nu ja, also weiter auf der linken Seite des Flussufers und nach ein paar hundert Metern wird der Weg auch etwas besser bzw. nicht mehr ganz so matschig. Apropos matschig:
Seit diesem Urlaub weiss ich mit Sicherheit, was der Schotte meint, wenn er sagt, ein Weg ist „boggy“…
Dort, wo der Fluß/ Bach, der mich die ganze Zeit über das Tal hinunter begleitet hat (Allt Cuirnean) auf den River Pean trifft, mache ich die erste größere Pause. Hier bei herrlichem Wetter ein halbes Stündchen abzuchillen macht echt Laune und lässt den matschigen Weg hier herunter schnell vergessen, zumal die dünne Hose auch total fix wieder getrocknet ist. Hier probiere ich auch das erste mal den Myox Purifier aus. An der Bothy hatte ich abends noch Wasser mit Micropur-Tabletten behandelt. Das Teil funzt ganz gut, allerdings schmeckt das Wasser anschließend nach Chlor… hätte mir klar sein müssen, nachdem der Purifier mit normalem groben Salz bzw. letztlich einer Salzlauge funktioniert. Und Vitamintabletten oder so was, womit man Geschmack ans Wasser bekommt hatte ich nicht eingepackt…. Nu ja, schmeckt es eben bischen nach Schwimmbad. Hauptsache sauber bzw. desinfiziert. Weiter geht’s, über Stepping Stones den Fluß trockenen Fußes gequert und dann etwas nach links versetzt zu einer kleinen Schneise im Nadelwald gelaufen. Die Trackmarkierung von Tilo ist hier echt ziemlich präzise… ich hatte mir für den Großteil der Tour die entsprechende OS Karte besorgt und den Weg darauf von Hand übertragen, nur die ersten und letzten paar Kilometer waren nicht drauf, die habe ich mir aus der Karte von Tilo ausgedruckt. Als ich quasi so mittendrin stehe, erinnere ich mich wieder an das Bild in dem Beitrag von Tilo, also da wer bis werweisswohin im Matsch steht… es muss wohl hier entstanden sein. Der kurze Abschnitt durch den Wald bis zum Forstweg ist wirklich ziemlich „boggy“ geraten.
Auf dem Forstweg angekommen, geht es – logischerweise – deutlich angenehmer und entsprechend auch schneller voran. Nachdem der Bogen aus dem Glen Pean heraus in das Glen Dessary hinter mir liegt, fängt es irgendwo vor mir plötzlich an zu lärmen: Weiter unten im Tal lärmt irgendeine Maschine rum und vor mir auf dem Forstweg setzen Arbeiter einen neuen Zaun rechts des Weges. Und das natürlich nicht etwa von Hand (wäre ja auch wirklich schön blöde) sondern die Zaunpfosten werden mit einem Maschinchen in den Boden getrieben, wofür es wiederum einen Kompressor als Energiequelle braucht. Nachdem ich die lärmende und stinkende Baustelle hinter mich gelassen habe, dauert es auch nicht mehr so lange, bis ich A’ Chuil entdecke, die nächste Bothy, das nächste Zuhause für eine Nacht.
Wenn Corryhully eine „FünfSterne“-Bothy ist, muss das hier das „Mirage“ unter den Bothys sein: zwei separate Räume, ein kleiner Flur im Eingang, der rechte Raum ist erst kürzlich frisch gestrichen worden, man riecht die Farbe noch, es gibt in jedem Raum eine Feuerstelle und der Schlafteil in dem rechten Raum ist noch mal ein Extra-Räumchen. Luxusherberge

Nachdem in dem Raum links schon wer „wohnt“ und rechts keine Klamotten liegen, lasse ich mich rechts nieder. Erstmal raus aus den Klamotten, mit denen ich gelaufen bin, rüber an den Bach, der neben der Bothy herläuft und kurz den ganzen Körper mit kaltem, frischem Wasser bespritzen…. Welch Wohltat! Wieder rein in die Bothy, abtrocken und in die frischen, trockenen Ersatzklamotten geschlüpft… noch mal eine Wohltat… die dreckigen und vollgeschwitzten Klamotten ziehe ich auch einmal kurz durch den Bach, bevor ich sie draussen zum Trocknen aufhänge.
Auch wenn es Gewichtstechnisch vielleicht nicht so optimal ist, die zweite Hose und die zweite Garnitur Unterwäsche machen mehr als Sinn und ich freue mich wirklich darüber, in frischen Sachen zu sitzen. Nach so einer Tour ist mein kompletter Rücken nassgeschwitzt, gleiches gilt für den kompletten Bereich um Hintern und Hüfte herum:
Die Sachen kann ich regelmässig auswringen, so verschwitzt sind sie. Um soviel Feuchtigkeit abzutransportieren, muss vermutlich erst noch Kleidung mit integrierter Wasserpumpe erfunden werden… :wink: Ich denke mal kaum, dass irgendwelche bisher erhältlichen Membran-Stoffe so was leisten können. Wo dieses extreme Schwitzen herkommt weiss ich allerdings auch nicht. Der einzige Grund, der mir einfiele ist, dass der Golite Gust als Rucksack so gut wie keinen Platz zwischen Rücken und Rucksack zur Be-/ Entlüftung lässt.
Wie auch immer, ich sitze in trockenen Klamotten in der Bothy und genieße eine Heisse Tasse Spargelcreme mit Croutons….

Das Feuer in Gang zu bringen gelingt mir und dem älteren Herrn, der in dem linken Raum wohnt, nicht. Das Holz ist einfach zu nass, um wirklich gut anzugehen. Nun denn, es geht auch ohne Feuer und ich gehe wie meistens im Urlaub ohnehin früh zu Bett. Heute wollte ich besonders schlau sein, was den Schlafsack und die kurze Isomatte angeht:
Ich habe ja das Tarp mit dabei und entsprechend auch eine Bodenplane aus SilNylon… die habe ich untergelegt…. *aua*

11.05.2005
Auch wenn ich gut bis sehr gut geschlafen habe, schreibe ich beim Frühstück im Tagebuch in der Rubrik „Ausrüstung – positiv/negativ“, dass ich die kurze Isomatte als unpraktisch empfinde… aber vielleicht gibt sich das noch im Laufe des Urlaubs. Heute geht es erst relativ spät los, ich habe zu gut geschlafen und will nicht so recht in die Pötte kommen. Um 09.30 Uhr habe ich dann endlich den Absprung geschafft und die Bothy-Tür zugemacht. Weil der ältere Herr mir gestern abend noch sagte, dass der Weg, den ich heute zurücklegen werde gerade am Anfang in dem Waldstück sehr „boggy“ würde, beschließe ich, den normalen Weg zurück auf den Forstweg zu nehmen und nicht über die Wiese abzukürzen. Lieber ein paar Meter vernünftigen Untergrund anstelle sumpfiger Wiese. Der Weg innerhalb des Waldgebietes ist wirklich ziemlich „boggy“ und teilweise steil ansteigend… aber wann immer ich mich umdrehe und mich umschaue werde ich von der grandiosen Landschaft erschlagen… Scotland at its best! Das Tal, in das es jetzt hineingeht, wird nach Norden hin von mehreren Munros begrenzt, einfach geniale Aussichten hier.
Mittlerweile bin ich, was die angeblichen Fußpfade, die es hier geben soll angeht, fest der Überzeugung, dass die Jungs bei OrdnanceSurvey bevor sie die Karten gezeichnet haben einen VHS-Kurs in „Fantasy-Art“ belegt haben. Ich finde jedenfalls wieder keinen Pfad, anfangs ist da zwar was vorhanden, was Pfad sein könnte, das verschwindet aber so schnell wieder, wie es aufgetaucht ist. Nu ja, man gewöhnt sich an alles und hätte ich letztes Jahr die Rundtour am Loch Maree machen können, wäre ich vermutlich nicht so unvorbereitet gewesen, was das wegelose Wandern in Schottland angeht. Was ich wieder aus der Karte irgendwie nicht habe ersehen können ist, dass es zwischen den beiden kleinen Lochans in dem Tal wieder einen steilen Absatz zu bewältigen gibt. Das auch wieder ohne Pfad, der taucht kurz darauf wieder aus dem Nichts auf…. *ggg* Der einzige Mensch, den ich hier heute treffe, kommt mir entgegen und gibt mir noch den Tip, weiter unten unbedingt den Fluß an einer flachen Stelle zu queren, auch wenn es nicht so ausschaut, als ginge es dort weiter. Der Weg runter zur Sourlies-Bothy steigt seiner Auskunft zufolge zunächst an der rechten Talseite stark an, wird in diesem Bereich aber wesentlich besser als hier und fällt erst nach diesem Anstieg ins Tal ab. Das gibt mir ja Hoffnung… und tatsächlich, der Mann hat recht: Der Pfad wird wirklich deutlich besser und führt steil die Talflanke hinauf um auf der anderen Seite ebenso steil wieder hinabzufallen. Die Aussichten von der höchsten Stelle des Pfades auf das Loch Nevis sind grandios und entschädigen für die teilweise Quälerei hier hoch

Als ich unten angekommen bin und die letzten Meter Richtung Bothy zurücklege, bemerke ich Möwengeschrei und es liegt ein Geruch in der Luft, als sei ich an der Küste… es liegt auch Seetang herum… nach der ersten kurzen Verwirrung und einem Blick auf die Karte stelle ich fest, dass der Eindruck „ich bin an der See“ so falsch gar nicht ist:
Das Loch hat Verbindung zur Küste und in der Bothy sind auch Warnhinweise zu finden, dass das Wasser hier bei Flut relativ stark/ schnell ansteigt. Ich sollte heute eigentlich noch bis zur Ruine weiterlaufen… nun ja, bleibe ich erstmal für ein Mittagspäuschen und zum Klamottentrocknen hier an der Bothy. Also gesagt getan, die klatschnassen, verschwitzten Klamotten an die um die Bothy herumführende Leine gehängt, frische Klamotten angezogen, eine Heisse Tasse zubereitet und erstmal in die Sonne geflätzt… Was soll ich sagen, es wurde ein kleines Mittagsschläfchen draus und als ich wieder aufgewacht bin, war es bereits 16.00 Uhr… und die Flut hatte eingesetzt. Von der Entfernung her hätte ich mal so geschätzt, dass es bis zur Ruine noch etwa 4 Stunden zu laufen war… und habe mich dann dafür entschieden, nicht weiterzugehen. Stattdessen lieber hierbleiben und morgen früh aufstehen. Tagesziel für morgen war Skiary in der Nähe von Kinloch Hoorn. Da es morgen dann einer dieser Tage werden würde, die mal noch bisserl anstrengender werden würden, wollte ich heute früh nach Bett. Vor das ZuBettgehen hatte der Herr aber noch die Idee gesetzt, dass ich mein Tarp aufbaue und mit SeamSealer bearbeite. Das hatte ich in D nicht mehr geschafft. Also Tarp vor die Bothy gebaut, SeamSealer drauf und das ganze gut trocknen gelassen. Mittlerweile ist ein etwa gleichaltriges Pärchen aus der tschechischen Republik eingetrudelt, die beiden wollen heute auch hier an der Bothy bleiben. Sie ist so fertig, dass sie sofort ins Bett bzw. den Schlafsack verschwindet, er spricht besser Deutsch als Englisch und so sammeln wir noch Holz fürs Feuer und sitzen bis nach Mitternacht an einem herrlich prasselnden Feuer. Der komplette Kamin wurde durch die MontainBothyAssociation (MBA) kürzlich gereinigt und neu betoniert, so dass der Kamin nun sehr sehr gut zog und entlüftet hat. Keine Spur mehr von den Problemen, die noch vor wenigen Wochen vorhanden waren in punkto verstopfter Kamin und Räucherbude…

12.05.2005
Früh aufgestanden bin ich und zum Glück habe nicht nur ich schlecht geschlafen, die anderen beiden fanden die Nacht auch irgendwie scheisse… nu ja, geteiltes Leid ist wenigstens halbes Leid. Also weiter geht’s, heute liegt ein langer Tag vor mir. Ich mache mir schon gar keine Sorgen mehr darum, dass ich wie üblich keinen Pfad finde und suche mir meinen Weg so ungefähr entlang der Linie, wo angeblich der Pfad verlaufen soll… was, nachdem ich die Landzunge umrundet habe heisst, durch matschige/ sumpfige, halt irgendwie „boggy“ Wiese zu laufen und dabei den Kurs auf eine Brücke zu halten, über die ich auf die andere Seite des Flüsschens „River Carnach“ gelange. Das gelingt soweit auch ganz gut, leider gelingt es der Wiese zweimal, mein geschultes Auge zu überlisten und so sitze ich zweimal bis knapp unterhalb der Hüften im Wasser… Glücklich sein kann ich dabei tatsächlich darüber, dass es zum einen nur Wasser ist und nicht wie bei Rosi letztes Jahr tatsächlich Modder und darüber, dass es nur bis knapp zur Hüfte reichte… meine Schwester wäre nicht sehr erfreut gewesen, wenn ich ihre Spiegelreflex-Kamera als Unterwasserkamera missbraucht hätte… An den ersten Ruinen vorbei geht es auf relativ deutlichem Pfad weiter gen Norden, immer am linken Ufer des Flusses entlang. Das soll auch bis zur Ruine, meinem gestrigen Tagesziel, so bleiben. Der Pfad wird mittlerweile wieder schlechter und ist nur noch stellenweise vorhanden, was mich aber nicht weiter stören kann, man gewöhnt sich an alles. Ein kurzer Blick auf die Karte, da vorne sind entlang des Flusses Bäume zu sehen, also sollte kurz danach die Ruine auftauchen. Ich quere den Fluss hier zweimal und wundere mich, dass ich plötzlich vor der Ruine stehe, bevor ich die Bäume erreicht habe… seltsam das alles. Also erstmal Pause, Rucksack runter, Kompass raus und schauen was löppt.
Et löppt falsch. Ich bin nicht an der Ruine, zu der ich wollte, sondern falsch gelaufen. Der Fluss, den ich für den richtigen gehalten hatte, ist der Allt Achad a’ Ghlinne, der aus einem nach Osten verlaufenden Taleinschnitt herabfliesst. „Meine“ Ruine liegt aber deutlich und exakt im Norden… also alles retoure, wieder den Fluss queren und einem zunächst völlig unscheinbaren Bach folgen, der sich aber hinter der nächsten Ecke wieder als der ursprüngliche Fluss/ Bach entpuppt. Hier habe ich zum ersten Mal tatsächlich den Kompass gebraucht bzw. wäre ohne das Teil vermutlich nicht drauf gekommen, dass mein „gefühltes“ Nord eigentlich Ost war… Nach einer kurzen und teilweise wirklich „tricky“ Klettereinlage kommt dann plötzlich die eigentliche Ruine zum Vorschein. Drei Stunden habe ich gebraucht, also hätte ich eigentlich gestern abend noch gut gehen können, ohne den Navigationsfehler wäre es evtl. noch kürzer gewesen. Shit happens, was solls. Der Platz wäre zum Zelten aber wirklich genial gewesen =:-) Hast Du gut ausgesucht, Traeuma!
Mir hätte auf der Karte an der falschen Ruine eigentlich sofort aufgehen müssen, dass das mal gar nicht die Ruine sein kann, zu der ich will, denn wo die steht, geht der Fels nahezu senkrecht in die Höhe und das kann man aus der Karte schon ersehen. Oberhalb der Ruine hat es zwei Wasserfälle und von hier aus in etwa sollte es nun weglos in Richtung eines höherliegenden Pfades gehen, der dann Richtung Loch Hoorn führt. Der Weg, den Tilo und Julia genommen hatten, verlief so querfeldein, dass ich auch nach längerem Anschauen und Überlegen zu dem Entschluss gekommen bin, dass ich das definitiv nicht schaffe: Zu Steil, viel zu steil um da mit Rucksack vernünftig hochzukommen. Alternativ habe ich mich daher dazu entschlossen, dem Tal weiter flussaufwärts gen Nordosten zu folgen und dort dann „kurz und schmutzig“ sozusagen querfeldein auf den Weg zu stossen. Das hat auch ganz gut geklappt, im Nachhinein fand ich’s ganz lustig, etwas vom Hang entfernt zu sitzen und eine machbare Route da hindurch zu suchen. Ist wirklich interessant so als Flachlandtiroler die Route zu suchen und dann festzustellen, dass das auch tatsächlich so klappt, wie man es vorhatte. Da der Fluss unterhalb der 50-Höhenmeter Marke verläuft und ich den Weg etwa bei der 300-Höhenmetermarke erreicht habe schätz’ ich mal ganz grob, dass das tatsächlich etwa 200 Höhenmeter waren, die ich da hinter mich gebracht habe. Der Nachteil dieser Routenwahl ist natürlich, dass ich jetzt noch weitere 200 Höhenmeter auf dem Pfad hinter mich bringen muss, das wäre auf der direkteren Linie von Tilo und Julia alles in einem Abwasch fertig gewesen. Beinahe auf dem Scheitelpunkt des Passes angekommen, stelle ich ein bischen verdutzt fest, dass die direktere Route doch problemlos möglich gewesen wäre, von unten aber quasi unmöglich aussah… na ja, wieder schlauer geworden. Es hat von hier aus eine geradezu geniale Aussicht in das Tal, aus dem ich heraufgestiegen bin, ich kann beinahe bis zu der Landzunge sehen, hinter der die Sourlies-Bothy liegt. Hatte ich schon erwähnt, dass ich auch heute blauen, wolkenlosen Himmel und strahlenden Sonnenschein erleben darf? So langsam glaube ich, dass ich mir diesen Urlaub wirklich verdient habe und mich der liebe Gott oder welche Macht auch immer da im Hintergrund lenkt für den ganzen Scheiss mit dem ich mich tagtäglich bei der Arbeit rumschlagen darf mit einmalig schönem Wetter im Urlaub belohnt. Die Unterarme und wegen der Trekkingstöcke ganz besonders die Handrücken haben mittlerweile einen kräftigen Sonnenbrand eingefangen. Sonnenschutzmittel liegt zu Hause, wer braucht das in Schottland schon… BANGBANG… Aber den Sonnenbrand nehme ich liebend gerne in Kauf. Während ich so dasitze und auf die Karte schaue, fällt mir auf, dass ich hier oben quasi von Munros umzingelt bin, gleich drei Stück liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Pfad… der hier oben übrigens tatsächlich vorhanden ist und dem entspricht, was ich mir unter einem Pfad vorstelle… :wink: genug über nicht vorhandene Pfade gelästert jetzt. Ich überlege eine ganze Zeit, den Rucksack hier irgendwo liegen zu lassen und einen Abstecher auf den Luinne Bheinn zu machen, der hätte gleich zwei Gipfel über 914 Metern zu bieten…. Lasse das aber schließlich doch lieber sein, der Aufstieg bis hierher war schon anstrengend genug. Irgendwann laufe ich dann weiter, über den Scheitelpunkt des Passes hinweg und beginne mit dem Abstieg ins Gleann Unndalain. Nach etwa einer halben Stunde Abstieg probt mein rechtes Knie plötzlich den Zwergenaufstand und beginnt, wehzutun. Ich habe keine ungewöhnlichen Bewegungen gemacht und kann mich auch daran erinnern, dass mir die Knie letztes Jahr auf dem WHW auch wehgetan haben, als es nach den Devils Staircases hinunter nach Kinlochleven ging bzw. vor dem Ende des WHW hinunter ins Glen Nevis. Scheint also an der hohen Belastung der Gelenke beim Abstieg zu liegen. Also mache ich mir darüber weniger Gedanken, laufe einfach weiter. Als ich nach einer Pause weiterlaufen möchte, beginnt das Knie, bei jedem Schritt abwärts genau in dem Moment wie die Hölle wehzutun, wo es unter Belastung einknickt. Quasi der Moment, wo beim Treppe heruntergehen der linke Fuß ausgestreckt die nächste Stufe betritt und der rechte Fuß gleichzeitig im Kniegelenk abknickt. Tut weh wie die Hölle, interessanterweise tut es nicht weh, wenn ich umdrehe und aufwärts gehe… da klappt alles prima. Umdrehen und wieder abwärts ist wieder die Hölle… Ich nehme gegen die Schmerzen eine Tablette Ibuprofen und humple von dem Moment an weiter talwärts. Wenn ich das rechte Bein gerade ausstrecke und quasi so bewege als hätte ich nen Gips drum, dann geht es und ich kann einigermaßen Schmerzfrei vorwärts kommen. Gefallen tut mir das aber trotzdem ganz und gar nicht. Humpelnd an der Barrisdale-Bothy angekommen mache ich erstmal Pause und erkundige mich bei den Leuten, die vor der Bothy zelten, wie weit es denn wohl noch bis Skiary sei. Ich hatte da eine Bothy vermutet, es ist aber wohl ein Privathaus und da ich die Route von Hand in die Karte übertragen , aber nicht eingetragen hatte, ob Tilo und Julia dort gezeltet oder die Bothy genutzt haben, konnte ich auch nicht mehr sehen, dass die beiden dort gezeltet hatten.
Wie auch immer, die Info, dass das ein Privathaus ist und der nächste Campingplatz in Kinloch Hoorn zu finden sei, Kinloch Hoorn aber etwa 3 Stunden entfernt liegt, habe ich dann von den campenden Leuten erhalten. Nach einigem Überlegen entscheide ich mich für einen Ruhetag um das Knie zu schonen. Barrisdale ist eine private Bothy der „Mirage“-Klasse :wink: und entsprechend kostet die Übernachtung hier 3 Pfund pro Nacht und Person. Angesichts einer mit fließend Wasser ausgestatteten Küche, einer funktionierenden Toilette in der Bothy und zwei supersauberen 6-Bett-Zimmern bin ich gerne bereit, zwei Nächte hierzubleiben. Einziger Wehrmutstropfen an der Sache ist, dass so gegen 17.00 Uhr ein Generator anspringt, der bis 23.00 Uhr oder so läuft und morgens gegen 07.00 Uhr wieder anspringt. Aber gut, damit kann ich leben.
Während ich meine Sachen zum Trocknen an einem Gitter auf der Campingwiese aufgehängt habe und vor der Bothy in der Sonne sitzend einen Heisse Tasse genieße, kommt ein älteres Pärchen vorbei. Sie will gerne in der Bothy nächtigen, er regt sich darüber auf, dass er nicht hierher gekommen wäre, um mit einer Tasse Kaffee vor der Bothy zu sitzen… na warte Du kleines A*schloch, ich habe Zeit und werde mich jetzt den ganzen Nachmittag vor die Bothy setzen! :kaffee: Dass die blöden Kommentare eindeutig auf mich gemünzt sind, ist relativ klar, denn er schaut alle paar Minuten grimmig zu mir herüber, während ich da sitze und relativ amüsiert beiden beim Zeltaufbau zuschaue… *loooool* Schwein sein ist schön.
Irgendwann wird’s mir zu kalt und ich verziehe mich in die Küche der Bothy, hier bleibt das Licht an, solang der Generator läuft und so kann ich noch bischen lesen. Die Feuerstelle hat man wegen ein paar Idioten, die nicht mit offenem Feuer umgehen können offensichtlich demontiert. Nu ja, was soll man dazu sagen. Schade eigentlich. Als es mir auch drinnen zu kalt wird, verzieh ich mich ins Bett.
13.05.2005
Day off at Barrisdale.
Bei immer noch strahlender Sonne und blauem Himmel ein herrlicher Tag zum Faulenzen und Lesen… mittags wird’s mir zu heiss und ich verziehe mich in die kühle Bothy… was ein verrücktes Wetter für Schottland.
Ich nutze den Tag unter anderem auch dazu, den schwarzen Fleecepulli von weissen Daunenfedern zu befreien… irgendwie scheint der Yeti Pound doch noch andere Stellen zu haben, an denen Daunen austreten. Ich hatte ihn ja schon mal eingeschickt und man hat die Nähte unten am Fußteil gedoppelt, aber anscheinend war das nicht genug. Mal schauen, ich werd jetzt mal drauf achten, wann der Pullover wieder wie geteert und gefedert ausschaut. Überhaupt macht mir der Fleecestoff eher den Eindruck ein hervorragender Schmutzfänger zu sein… muss ich mal nach Alternativen schauen.
Was mir heute auch auffällt, nachdem ich den kompletten Rucksack mal aufgeräumt habe, ist, dass ich offensichtlich das Tarp nicht mehr dabeihabe… *autsch* … Das letzte Mal in der Hand hatte ich es, als ich den SeamSealer bei Sourlies-Bothy aufgetragen hatte. Woran ich mich nur nicht mehr erinnern kann ist, ob ich das zusammengelegte Tarp in den Rucksack gepackt oder anderswo in der Bothy zwischengeparkt habe… ärgerlich das ganze… sehr ärgerlich. Aber nicht mehr zu ändern, mache ich mir halt ein neues Tarp.
Obwohl ich das Knie den ganzen Tag lang schone und mich nicht wirklich viel vom Fleck bewege, bessert sich da mal garnix. Abends versuche ich ein paar Meter zu laufen, was aber deutlich mit Schmerzen beantwortet wird… zu allem Übel schmerzt es jetzt nicht nur beim hangabwärtslaufen, sondern auch in der Ebene.
Treffer versenkt würde ich sagen. :rot:
Ewig hier sitzen bleiben kann ich ja nun auch nicht und so steht der Entschluß fest, morgen zunächst bis Kinloch Hoorn zu laufen und wenn es dort noch gut ausschaut, weiter zu versuchen, ob ich Shiel Bridge erreichen kann. Schade auch, anscheinend hat Schottland was gegen mich, letztes Jahr der verknackste Knöchel, diesesmal das Knie… letztes mal war es einfach Pech und diesesmal evtl. fehlende Vorbereitung? Könnte durchaus hinkommen und wird mir ein Lehre für die Zukunft sein. Oder aber Tilo hat die Tour verflucht… hat das eigentlich schon wer tatsächlich bis Cannich geschafft?

Gegen spätnachmittag passiert es dann auf einmal, während ich vor der Bothy sitze und lese:
Ein Mädel mit Rucksack kommt, vermutlich aus Kinloch Hoorn, an der Bothy vorbei. Und ein gut aussehendes noch dazu 8) Irgendwie hat sie aber schlechte Laune, jedenfalls schaut sie erstmal mit ziemlich ernstem Gesicht in die Bothy rein, löppt dann bischen ziellos über die Wiese, auf der man campen könnte und baut ihr Zelt schließlich ziemlich weit von der Bothy in der Nähe des Flusses auf. Sie will sich dann noch frisch machen, dummerweise ist aber auf der Toilette besetzt… also zuckelt sie wieder zum Zelt und kommt kurz darauf wieder… wieder besetzt… *ggg* bischen sauer geht sie leider auch nicht auf ein Gespräch mit mir ein sondern zuckelt stattdessen wieder ab zum Zelt… schade eigentlich...

Wenn ich jetzt wüsste, dass sie tatsächlich aus England oder Schottland kommt, wäre für mich ein für allemal das Gerücht wiederlegt, dass es in Großbritannien nur „seltsam“ aussehende Mädels hat (zumindest habe ich hier bisher nur seltsam aussehende Mädels mit einem seeeehr seeeeehr seltsamen Klamottengeschmack gesehen….) und noch dazu diejenigen, die sich offensichtlich ganz alleine in die Natur aufmachen… aber nu, wenn sie keine Lust auf ne Unterhaltung hat, kann man das auch mal nicht wirklich herausbekommen.
So endet der Tag dann zwar mit einem netten Mädel, aber leider nicht mit einer netten Unterhaltung… :wink:
14.05.2005
Heute habe ich wieder gut geschlafen, bin relativ früh wach und packe meine Siebensachen zusammen. In den beiden Nächten hatte ich die Bothy komplett für mich alleine, von daher störts auch niemanden, wenn ich so früh schon alles zusammensuche. Gegen 07.30 Uhr komme ich los. Der Weg geht zunächst wunderbar ausgebaut am Ufer des Loch Hoorn entlang und das Loch bietet so im morgendlichen Dunst einen malerischen Anblick. So malerisch, dass ich ganz in Gedanken versunken den Weg weiter und immer weiter laufe… die Augen mehr auf das Loch als auf den Weg gerichtet, geschweige denn mal einen Blick auf die Karte geworfen hätte, wie denn der Weg verläuft… und so stehe ich plötzlich am Ende der Landzunge mit den Schuhen fast im Wasser des Lochs und wundere mich doch sehr, wo denn der Pfad wohl geblieben sein soll… rechterhand besteht das Ufer aus Felsen… und vor mir ist Wasser. Ein Blick auf die Karte… einmal Umdrehen… noch ein Blick auf die Karte… noch mal das Ufer angeschaut und dann muss ich mir echt mit der flachen Hand vor die Stirn klatschen… 300 Meter zurück steht etwas landeinwärts eine Ruine und da geht auch der Pfad dran vorbei… und noch mal vor die Stirn geklatscht habe ich mir, als ich dort, wo der Pfad abgeht auch noch ein Hinweisschild gefunden habe, wo der Pfad hinführt… *aua* was mir da durch den Kopf gegangen ist, als ich hier langgelaufen bin, weiss ich auch nicht. Na egal, also wieder zurück und rauf auf den Pfad. Da Ibuprofen und auch Paracetamol als Schmerzmittel überhaupt nicht anschlagen, wird der jetzt folgende Teil des Pfades für mich mehr als schmerzhaft… obwohl es hier landschaftlich sehr schön ist und es schon wieder einen Tag voller Sonnenschein hat. Schade eigentlich, aber leider nicht zu ändern. So quäle ich mich denn die zwei oder drei Hügel hinauf und wieder hinab und bin irgendwie ziemlich fertig, als ich in Kinloch Hoorn ankomme. Erstmal Pause machen und die Klamotten wechseln. Das geht an dem Parkplatz in Kinloch Hoorn dank der Ruine sehr gut. Bei einer Heissen Tasse schaue ich erst auf die Karte, dann auf die Uhr und wieder auf die Karte und stelle fest, dass ich für den Weg nicht drei Stunden, sondern fünf (!) benötigt habe. Und das ohne nennenswerte Pausen oder sonstige Verzögerungen…. Das is ganz schön übel, vor allem wenn ich mir auf der Karte mal so anschaue, was bis Shiel Bridge noch vor mir liegt. Nach langem Überlegen entscheide ich mich, hier zu campen. Kostet 1 Pfund auf der Wiese hinterm Fluss, ist mir aber in dem Moment auch egal. Ich hab’ die gute Frau, die das eine Pfund fürs Campen kassiert hat dann noch gefragt, ob sie wüsste, ob man an der Farm, wo man auch für den Parkplatz bezahlt, Gertränke kaufen könnte… sie fragte, was für Getränke ich denn meinte und nachdem ich Colalight sagte, ging sie um ihr Auto herum, machte die Beifahrertür auf und holte aus einem Kühlfach eine Dose Cola heraus… ob das auch okay wäre. Ich muss wohl ziemlich dumm geschaut haben, jedenfalls fing sie an zu lachen und meinte, ich soll mir das schmecken lassen, der nächste Ort mit Einkaufsmöglichkeit läge wohl mehr als 20 Strassenmeilen entfernt. Nett, wirklich nett, ich habe ihr gesagt, dass ich die Dose bezahle, aber sie wollte dafür nix haben… wirklich nett. Nach einer Woche klarem Wasser und Tee schmeckt eine Dose Cola tatsächlich sehr angenehm, wenn auch sehr süß… Da es erst Mittags ist, baue ich das Zelt auf und lege mich erstmal kurz hin. Später am Nachmittag parkt ein weisser PKW an der Wiese und ich frage, nachdem ich gesehen habe, dass der gute Mann hier wohl auch zeltet, mal nach, ob er morgen evtl. wieder rausfährt. Er meinte, dass es schlechteres Wetter geben soll und wenn’s denn tatsächlich zu schlecht sei, würde er morgen rausfahren. Auf die Frage, ob er mich mitnehmen könnte, meinte er, dass das kein Problem sei. Das ist ja schon mal was, brauche ich morgen mit dem Knie nicht quer durchs Gebirge zu humpeln. Die Nacht wird relativ unruhig, die Cola-spendende Dame hatte mich diesbezüglich schon vorgewarnt, die haben wohl momentan Probleme mit einem Fuchs, der Lämmer reisst und daher seien sie nachts jetzt verstärkt unterwegs und ich solle mir keine Gedanken machen, wenn ich nachts plötzlich Schüsse hören würde. Fürs Zelt habe ich dann auch ein großes Knicklicht als Markierung erhalten… so rein prophylaktisch versteht sich… da schläft es sich doch gleich bedeutend ruhiger...

So rennen denn desöfteren Leute in der Nähe der Zelte herum, Geländewagen fahren hin- und her und zweimal knallt es denn auch in der Nacht.
15.05.2005
Ich werde gegen 07.00 Uhr wach, mache das Zelt auf und stelle erfreut fest, dass der Himmel komplett bewölkt ist und auch der Teil des Weges, über den es Richtung Shiel Bridge ginge in Wolken verhüllt ist. Dann fährt der Typ mit dem weissen Auto ja heute raus, das ist gut. Frühstück fällt heute aus, ich packe meine Siebensachen zusammen und darf zum ersten mal Bekanntschaft mit den schottischen Midges machen, als ich das Zelt zusammenräume… es ist windstill und der Bach ist nicht weit entfernt… obwohl es nicht wirklich viele Tiere zu sein scheinen, sitzen sie plötzlich überall, in den Ohren, in der Nase, am Hals, überall im Gesicht… und auch wenn die Bisse selbst zumindest im Nachhinein keine bleibenden Spuren hinterlassen haben, tun sie doch weh… so greife ich denn zügig meinen TilleyHat und das Moskitonetz, laufe ein paar Meter bis zum Weg, setze während des Laufens den Hut auf und streife das Moskitonetz drüber… das Endes des Netzes schnell in den Kragen geschoben und die Jacke bis oben zugemacht… so lassen sich die Biester wenigstens aus dem Gesicht fernhalten…. Jetzt weiss ich auch, wie scheisse midges in schottland sind… schon wenn es relativ wenige Tiere sind. Wie das ausschaut, wenn die Tiere in großen Schwärmen auftauchen, möchte ich lieber gar nicht wissen. Jetzt kann ich auch halbwegs normal mein Zelt abbauen und verstauen. Nach alldem und ein bisserl Warten ist auch der Schotte aus dem Auto wach. Als er seinen ersten Kaffee aufhat, gehe ich rüber und frage, was er nu gedenkt zu tun. Er meint, das Wetter sei okay und würde sich sicher halten, deshalb fährt er zwar heute weiter, aber nur bis zum Loch Quoich und geht dann dort noch bisserl wandern. Schade eigentlich, dann komme ich eben nicht mit ihm aus dem Tal heraus, denn die Chance, dass da hinten noch wer anhält und mich mitnimmt dürfte eher gering sein. Da es heute Sonntag ist und der Parkplatz in Kinloch Hoorn voller Autos steht, hoffe ich einfach mal, dass darunter auch ein paar „Weekendies“ sind, die heute im Laufe des Tages rausfahren, weil sie morgen arbeiten müssen. Auf dem Weg von der Campwiese zum Parkplatz wird mir auch klar, dass ich mit dem Knie gar keine andere Wahl habe als mitgenommen zu werden. Die zweihundert oder dreihundert Meter auf ebener Strasse sind so schmerzhaft, dass ich gar nicht wissen will, wie sich das im Gelände anfühlt. Am Parkplatz ist es relativ windig und deshalb relativ kühl, was aber immer noch besser ist als midges… Ich hole meine Daunenweste raus und ziehe die noch mit drüber, jetzt geht’s ganz gut, auch wenn man nix tut und nur wartet. Die ersten fünf Autos, die rausfahren sind entweder hoffnungslos überladen, fahren nur ein Tal weiter oder es sitzt ein arrogantes Arschloch am Steuer, das so tut, als würde ich chinesisch sprechen: „I am sorry Sir, but I do not know, what your problem is…“. Mein Englisch ist aber gar nicht so schlecht, wie mir später noch bestätigt wird. Arschloch halt.
Irgendwann gegen 10.00 Uhr kommen zwei PKWs neu auf den Platz. Die wollte ich gar nicht fragen, weil sie vermutlich eh ein paar Tage bleiben. Eine der beiden Frauen musste aber noch mal zurück zum Auto und hat mich dann angesprochen, was ich denn so mache und ich noch hinwill. Nachdem ich ihr alles erklärt habe, ruft sie ihren Mann dazu und meint, sie wären nur heute für einen Tagesausflug hier, kämen aus Ft. William und würden heute abend auch wieder dahin zurückfahren. Da sie in jedem Fall Platz im Auto haben, könnte ich auch in jedem Fall mit, wenn ich nicht noch woanders eher die Gelegenheit fände, mitzufahren. Das würde ja mal passen wie die berühmte Faust aufs Auge. Die Frau meinte dann noch, ich könnte ja, damit ich nicht den ganzen Tag hier rumsitzen muss, ruhig das Zelt irgendwo hinstellen und bis heute Nachmittag bisserl abchillen. Keine schlechte Idee und so bleibe ich zwar zunächst noch ein halbes Stündchen sitzen, nachdem sich dann aber erstmal nichts mehr tut, humple ich zurück zur Campingwiese und schmeisse das Zelt wieder aufn Acker. Dank des Windes sind die Midges im moment auch nicht unterwegs.
Gegen 13.00 Uhr kann ich nicht mehr liegen, baue alles ab und mache mich auf den Weg zum Parkplatz… wenn’s mit rumliegen nix mehr ist, kann ich mich genauso gut da hinsetzen und lesen. Ein älteres Ehepaar kommt wieder von Barrisdale zurück, mit den beiden hatte ich mich an meinem DayOff bisserl unterhalten. Nette Leute, die aber leider Richtung Inseln fahren und darüber hinaus den Wagen bis unters Dach vollgepackt haben… was bei nem Smart aber auch kein Kunststück ist… *gggg*
Die nächsten Autos kamen wieder neu hierher und boten deshalb keine Gelegenheit, mitgenommen zu werden. So gegen 14.00 Uhr sehe ich dann von weitem, wie das gutaussehende, aber brummelige Mädel von vorgestern den Weg herunterkommt und zu seinem Auto geht… nachdem sie den Rucksack im Auto und die Socken gewechselt hat, gehe ich kurz rüber und frage, wo sie denn wohl hinfährt und ob sie mich wegen meiner Knieprobleme wohl mitnehmen könnte… Sie muss nach Edinburgh, könnte mich aber bis Spean Bridge mitnehmen. Von dort aus sinds dann noch etwa 10 Meilen bis Ft. William. Da muss ich kaum lange überlegen und sage direkt zu. Erstens komme ich drei bis vier Stunden eher hier weg und zweitens mit einer netten Fahrerin. 8)
Sie wollte sich noch kurz frisch machen auf der Farm und nachdem sie mir erklärt hatte, dass es dort auf der Toilette ein relativ großes Waschbecken gibt, habe ich mir da noch meine Haare gewaschen… hätt ich das mal eher gewusst, so hatte ich Katzenwäsche im Bach und die Naturtoilette mit Schäufelchen genutzt…. *aua*
Die zweite Frage nachdem wir loswaren ist, ob ich aus Deutschland komme… auf mein verdutztes „Yes“ meinte sie, ihre Mutter sei Deutsche und hätte, obwohl sie seit mehr als 40 Jahren in England lebte immer noch einen leichten deutschen Akzent. Ja so was, das erklärt dann auch gleich, warum sie so gut ausschaut… wenn da nicht nur Engländer beteiligt waren…

Die Fahrt war eigentlich ziemlich unterhaltsam, von ihrer Einstellung her hat sie vieles, was ich mir von einer neuen Partnerin wünschen würde.
Während der Fahrt wird mir mehr als deutlich bewusst, dass auch meine Idee, einfach der SingleTrackRoad von Kinloch Hoorn aus zu folgen, ziemlich danebengegangen wäre. Sie meinte auch, dass es wohl mehr als 20 Meilen bis zur nächstgrößeren Strasse seien und von da an noch mal wer weiß wie lange bis in den nächsten Ort sei.
Leider vergeht die Zeit bis Spean Bridge viel zu schnell, vielleicht hätte ich auf ihre Frage,
wo ich hinwollte „Edinburgh“ antworten sollen… *gggg* Aber damit hätte dann wohl ihr Freund so seine Probleme gehabt. Außerdem hätte ich in Edinburgh auch nicht wirklich gewusst, wo ich ein Hostel oder einen Campingplatz finde… Nu denn, nachdem wir uns während der Fahrt auch über meinen Urlaub und was ich eigentlich noch vorgehabt hatte unterhalten haben, wollte sie in Spean Bridge auf dem Parkplatz zumindest noch gerne die Tour am Loch Maree auf der Karte anschauen und als Dankeschön fürs mitnehmen habe ich ihr die Karte mit der eingezeichneten Tour einfach geschenkt… hätte sonst auch nicht wirklich gewusst, wie ich ihr fürs Mitnehmen hätte danken sollen.
In Spean Bridge dann wieder alleine unterwegs, habe ich zunächst am Ortsausgang an der Tankstelle den Daumen rausgehalten und eine halbe Stunde versucht, eine Mitfahrgelegenheit zu erwischen. Nachdem das nicht geklappt hatte, habe ich angefangen, die Hauptstrasse entlang Richtung Ft. William zu laufen. In unregelmässigen Abständen habe ich’s immermal wieder versucht, insbesondere, wenn man vom weiten schon mehrere Autos kommen gesehen hat. Aber nix. Nu ja, weitergelaufen. Nach etwa einer Stunde dann hält ein Kleinbus an und nimmt mich mit, er verursacht zwar einen halben Stau mitten auf der Strecke, aber das war ihm egal. In dem Bus sitzt eine Reisegruppe mit Jugendlichen, hauptsächlich Mädels, die von dem Fahrer mit HeadSet und jeder Menge Geschichten und Sprüchen unterhalten werden. Nachdem mir der Fahrer sagt, ich müsse mich bei allen Reiseteilnehmern bedanken, weil sie entschieden haben, dass er mich mitnehmen soll, mache ich das auch und verbeuge mich anständig vor allen. Sitzen kann ich in der letzten Reihe und die Mädels da hinten erzählen mir dann auch, dass er tatsächlich gefragt hat, ob sie mich mitnehmen sollen und nachdem alle im Bus laut ja geschrien haben, hat er angehalten… lustig das alles. Und irgendwie auch nett. Kurz darauf schmeisst mich der Fahrer an dem Kreisverkehr raus, wo der WHW endet.
Von hier aus laufe/ humple ich zur GlenNevis Caravan&Campsite und checke für zwei Tage ein. Martine, also das Mädel aus Edinburgh, das mich bis Spean Bridge mitgenommen hatte, meinte, dass ich lieber nicht in Schottland zum Arzt gehen sollte… das würde vermutlich nicht allzu viel bringen. Also sitze ich jetzt hier und überlege, was am besten zu tun ist. Es ist Sonntag abend, also geht heute eh nimmer viel. Immerhin bin ich froh, bereits um 17.00 Uhr in Ft. William auf dem Campingplatz zu sein… und nicht erst jetzt oder noch später in Kinloch Hoorn loszufahren.
Nach dem Aufbauen des Zeltes gings erstmal ab unter die warme Dusche… das tut nach einer Woche mal auch sehr gut. Leider waren dann anschließend mehr oder weniger nett riechende Klamotten angesagt… aber ich habe morgen ja Zeit um die Klamotten hier zu waschen.
Gegen 19.00 Uhr habe ich mir ein Taxi kommen lassen und bin nach Ft. William reingefahren… jetzt musste endlich mal ein Pint Guiness her… natürlich im „Grog and Gruel“. Bei nem gemütlichen Guiness habe ich dann noch mal überlegt, wie meine momentane Situation so ausschaut und wie der Urlaub weitergehen soll.
Ich war dann relativ schnell an dem Punkt angekommen, der mir seit vorgestern, also seit dem ich von Barrisdale nach Kinloch Hoorn gelaufen bin schon im Kopf rumschwirrte:
Da es relativ wenig Sinn macht, mit nem kaputten Knie noch zwei Wochen hier im Hostel oder sonst wie abzuhängen, will ich morgen schauen, ob ich den Rückflug auf irgendwann innerhalb dieser Woche umbuchen kann. Ist zwar schade, aber alles andere wäre nicht nur deutlich teurer sondern auch bedeutend weniger sinnvoll.
Beim zweiten Pint angekommen setzt sich ein amerikanisches Pärchen zu mir an die Theke mit denen ich mich dann noch bis zum dritten Pint gut unterhalte. Nach dem dritten geht’s wieder im Taxi zurück zur Campsite.
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