[NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

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  • Horst24
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    • 01.02.2012
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    [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

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    Mitreisende
    Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

    Mitreisende: Ellipirelli
    Reisezeit: September 2014








    Am Freitagmorgen um halb 5 in der Frühe geht es los. Wir düsen von Nürnberg nach Frankfurt, parken das Auto im Flughafenparkhaus und fliegen mit Lufthansa nach Oslo. Mein Freund Mario wird den Wagen am Tag darauf abholen und und uns in drei Wochen wieder am Flughafen abholen. Handy, Haus- und Autoschlüssel bleiben im Auto.

    Die Anreise klappt reibungslos. In Oslo haben wir gut vier Stunden Aufenthalt und gönnen uns den Spaß, einer Stippvisite in der City. Quasi als Akklimatisation und Startschuss, zumal wir, zum ersten Mal, diese Reise in Stockholm beenden wollen.

    Wir besorgen Gaskartuschen, kaufen das Abendessen - Räucherlachs, Butter und Bier - und essen im vietnamesischen Kleinrestaurant Dalat eine Pho Bo. Ich habe niemals mehr außerhalb Vietnams eine bessere Suppe gegessen. Der Besuch dieses Restaurants ist seither ein running gag bei jedem unserer Aufenthalte in Oslo.



    Dann geht es mit dem Zug nach Trondheim und von dort mit dem Schlafwagen bis Fauske. Das Wetter ist für die Jahreszeit, Anfang September viel zu warm und ich mache mir Sorgen um unsere enormen Buttervorräte, die ein Basisbaustein unserer neukonzipierten Essensplanung sind (dazu später mehr). Beim Zwischenstopp in Trondheim kaufe ich nachts um 11 in Trondheim sicherheitshalber eine weitere - verschließbare! - Tine Smör Butter und opfere dafür eine bereits böse verbeulte deutsche Markenbutter.
    Eine Nachtzugfahrt in einem norwegischen Zug ist etwas Feines. Der gleichmäßige Sound der Gleise hat etwas herrlich beruhigend-meditatives. Der Urlaub hat endgültig begonnen.



    Es ist herrlichstes Wetter. Wir freuen uns riesig, als wir beim Frühstück im Zug - es gibt zur Stärkung noch einmal Lachsbrote - das Bahnhofshäuschen von Lönsdal wieder sehen, den Endpunkt unserer Saltfjellwanderung ein paar Jahre zuvor. Dann wird der Rucksack final gepackt. Alle Plastiktüten, in denen wir bisher noch Handgepäck und sonstige Einkäufe mitgeschleppt haben, bleiben im Zug. Obwohl wir diesmal mit dem Proviant für 16 Tage viel mehr Essen dabei haben, paßt alles erstaunlich leicht in die Rucksäcke. In Fauske steigen wir aus.

    Der Plan ist, vom norwegischen Sulitjelma entlang des Padjelantaledens nach Schweden über Staloluokta bis zu den Tuottarhütten zu laufen, von dort querfeldein vorbei an den Rissajavre Seen zum großen See Alggajavre zu marschieren und dann entlang des Alggavagge, durchs Snavvavagga und das Rapadalen den Sarek zu durchqueren. Zum Abschluss soll es dann gemütlich auf dem Kungsleden zur Fjellstation nach Saltoluokta gehen.
    Da ich unmöglich laufen kann, wenn mir Mücken um die Ohren schwirren und auch nicht gerne wandere, wenn es zu warm ist, haben wir die Tour auf das Saisonende in den September gelegt.

    Die Route selbst ist ja eher ein Klassiker und mehrfach im Forum und zuletzt sogar in der Zeitschrift Four Seasons beschrieben. In den meisten Berichten, die wir gelesen haben, wird die Tour in Schweden begonnen, wir haben uns entschieden, die Tour andersrum zu laufen und also von Norwegen nach Schweden zu gehen. Zum einen heben wir uns bei dieser Variante spannungstechnisch das Highlight Rapadalen bis zum Schluß auf. Die Tatsache, daß der Rucksack bei den dann vermeintlich schwierigeren Etappen auch noch deutlich leichter sein würde, ist ein weiterer Vorteil. Bisher hatten wir auf unseren Touren zwar stets ein Zelt dabei, waren eigentlich aber hüttenwandernd unterwegs. Eine der Ungewissheiten dieser Tour war, ob uns das viele Zelten gefällt, daher war es ein weiterer Pluspunkt, daß bei unserer Richtungswahl die meisten Hütten am Beginn der Tour liegen, diese Anfang September noch geöffnet sind und wir also zunächst einige gewohnte Hüttenübernachtungen haben.
    Schlussendlich war der ausschlaggebende Punkt aber, daß wir diesmal die Tour mit einigen Tagen in Stockholm und eben nicht in Oslo beenden wollen, somit ein Tourende in Schweden logistisch einfach geeigneter war.

    In Fauste wartet ein Taxi, das uns bis Ny Sulitjelma bringt. Das ist natürlich die uncoolste und noch dazu recht teure Form der Anreise. Unsere ursprüngliche Idee war, mit dem Bus nach Sulitjelma zu fahren und erst dort ein Taxi zu nehmen, aber der dort ansässige Taxiunternehmer hatte seinen Betrieb eingestellt, so daß wir die Wahl hatten, nach der Busfahrt zusätzliche 500 Höhenmeter bis zur Berghütte Ny Sulitjelma aufzusteigen oder eben die teure, aber komfortable Taxivariante zu wählen. Da uns ab Ny Sulitjelma weitere knapp 500 Höhenmeter Aufstieg bevorstehen würden, wollten wir uns diese zusätzliche Höhe gleich bei der ersten Etappe und also mit vollem Gepäck, noch dazu größtenteils auf langweiligem Schotterweg, ersparen, zumal Elli ausgerechnet seit dem finalen Probewandern in den Schweizer Bergen drei Wochen vor Tourstart Knieprobleme hatte (auch dazu später mehr).



    Am zweiten Reisetag, morgens um halb 10 schultern wir also gleich nach der Taxifahrt unsere Rücksäcke an der Hütte Ny Sulitjelma und es geht los. Etappenziel ist die norwegische DNT Hütte Sorjushytta. Laut den norwegischen Beschreibungen soll diese Tour 2,5 Stunden dauern, aber wir trauen den wie üblich ambitionierten norwegischen Zeitangaben natürlich nicht über den Weg. Es ist Samstag und wir begegnen einigen Mit-Wanderern. Bestes Wetter, keine Wolke am Himmel. Gleich nach dem Start geht es 450 Höhenmeter hoch. Trotz des heftigen Rucksackgewichtes klappt der Einstieg in die Tour konditionell und kraftmäßig erstaunlich gut.
    Der Wanderweg verläuft zunächst mehr oder weniger parallel zu einem Schotterfahrweg und als wir eine Höhe von gut 850hm erreicht haben zweigt der Wanderweg in Richtung Osten ab und wir laufen in Richtung des markanten Berges Stortoppen.



    Kurz darauf machen wir Pause in Mitten einer herrlichen Hochgebirgslandschaft. Trotz des Sonnenscheins weht durch die nahen Gletscher ein kalter Wind. Unsere Hoffnung, nach dem ersten Anstieg das Schlimmste geschafft zu haben, wird enttäuscht, denn anschließend beginnt ein andauerndes Auf und Ab. Ein Gegenanstieg folgt auf den nächsten. Zwar ist der Weg an sich nicht schwierig zu gehen, aber die vielen kleinen und mittelgroßen Steine zwingen dazu, bei jedem Schritt den Fuß hochzuheben und präzise wieder abzusetzen.



    Einige Pausen später ist endlich die Hütte in Sicht. Vn den gegenüber der Hütte liegenden Hügeln hätte man einen wunderbaren Ausblick auf den Gletscher Blamannisen, aber es reicht uns für heute.







    Wir machen es uns in unserem Zimmerchen bequem und laden alles Gepäck, das heute Morgen im Zug provisorisch irgendwie in den Rucksack verladen wurde, aus, um nochmal einen Überblick zu kriegen, was in den kommenden Tagen unser Hausrat sein wird. Vor allem genießen wir die Nachmittagssonne vor der Hütte. Abends gibts Spaghetti mit Specksauce. Eine norwegische Gruppe spendiert uns einen Riesencognac. Die Welt ist in Ordnung. Der Start hat geklappt.

    Seit Wochen ist in Nordskandinavien ausschließlich bestes sonniges Wetter und man spricht von einem der trockensten Sommer seit Jahren und wir ahnen, daß dies nicht ewig so weitergehen kann. Immerhin ist für die kommenden beiden Tage noch Sonnenschein gemeldet, dann allerdings prognostiziert der Wetterdienst yr.no einen Wetterwechsel. Die Langfristvorhersage ist richtig düster. Dauerregen. Ein Norweger meint, daß uns das nicht stören muß, weil die Regenwolken wegen des Westwindes auf norwegischer Seite hängen bleiben. Sein Wort in Gottes Ohr.

    Am nächsten Morgen laufen wir früh los nach Schweden zur Sarjashütte oder Konsul-Perssons-Stuga, einer winzigen urtümlichen Hütte am Ufer des Sees Sarjasjaure. Nicht nur wegen des super Wetters ist der toller Weg recht leicht zu gehen.





    Immer wieder lugen Ausläufer der Gletscher zwischen den Bergen hervor und einige pittoresque Seen komplettieren das Panorama. Nach gut der Hälfte der Strecke passieren wir Grenze zwischen Norwegen und Schweden. Wenig später testen wir bei einer harmlosen Flußüberquerung unsere neue Kombination Watschuhe und Neoprensocken.







    Dann taucht schon die Hütte am Horizont auf - und prompt verlieren wir den (markierten und eigentlich offensichtlichen!) Weg und enden nach ein wenig Gewürge durch niedriges Unterholz direkt am Seeufer, was uns allerdings einen feinen Strandspaziergang bis zur Hütte beschert. Dort beziehen wir den rechten, kleineren Hüttenteil. Wir treffen Klaus Betz, ein deutsches Skandinavienurgestein.



    Der Nachmittag ist bei strahlendem Sonnenschein und dieser einmaligen Kulisse aus Bergen, Gletschern und dem See ein einziger Genuß. Ich bin allerdings froh, noch kurz vor der Abreise einen Hut zum Schutz vor der Sonne eingepackt zu haben. Yoga am Strand, ein Bad im See und viele Tips und Empfehlungen unseres Mitbewohners runden den Tag ab. Wir sind guter Dinge - bisher zwickt kein Knie und der Rucksack mit Rekordgewicht ist auch tragbar. Hat sich das Training zuhause bezahlt gemacht? Zum ersten Mal vor einer Tour bin ich mit meinem mit Medizinball, Kleidersäcken, Hanteln und Wasserflaschen bepackten Rucksack Trainingstouren in der Fränkischen Schweiz gelaufen.











    Am nächsten Tag marschieren wir vorbei an den bereits geschlossenen Staddajakka Hütten zum See Virihaure nach Staloluokta. Die Tour ist mit einer Wanderzeit von knapp 6 Stunden angegeben und viel länger brauchen wir auch nicht. Landschaftlich ist die Strecke wieder grandios und wir fragen uns, ob der Sarek die bisher eindrucksvolle Gebirgslandschaft entlang des Padjelanta wirklich toppen kann. Von der Sarjas Hütte führt der Weg aussichtsreich über das weite Tal eine ganze Weile leicht bergab.





    Bei Staddajakka machen wir Rast, bevor es bei angenehmem Auf und Ab und zum Teil über Holzbohlen nach Nordosten geht. Unterwegs begegnen wir zwei schwedischen Männergruppen, die auf dem Weg nach Staddajakka sind. Klaus, der heute auch nicht weiter gehen möchte, wird mit der ganzen Truppe in der Nothütte seine helle Freude haben. Noch wundern wir uns über die vielen Rentiere, die immer wieder ohne große Scheu vor Wanderern herumstrolchen.
    Im Laufe des späten Vormittags hat es zugezogen. Die Langfristwettervorhersage hat für heute den letzten schönen Tag prognostiziert.



    Staloluokta liegt reizvoll etwas oberhalb des Sees Virihaure. Die Hütte selbst hat keinen besonderen Charme, aber einen netten Gemeinschaftsraum mit großen Fenstern mit Blick auf den See. Es ist nicht viel los. Wir belegen ein Doppelzimmer. Im Shop kaufen wir frischen Frisch, Nudeln und Tomatensauce. Dies ist unser einziger - und im Voraus bereits eingeplanter - Essensnachkauf. Das beste ist allerdings die Sauna, die der Stugvart mit Abkühlmöglichkeit im angrenzenden kleinen Weiher.
    Die an der Rezeption aushängende Wettervorhersage ist schon ein paar Tage alt und grauslich. Für die kommenden Tage ist Regen gemeldet.

    Vor der Hütte ist eine Waage mit einem Haken. Mein Rucksack wiegt nach drei Wandertagen gut 26kg und Ellis Teil 19kg. Wir hatten zuhause die Rucksäcke nicht wiegen können, dieses Gewicht aber in etwa einkalkuliert.
    Bei der Vorbereitung des Urlaubs haben wir mehr Augenmerk als sonst auf die Reduzierung des Ruckackgewichtes gelegt und unter anderem deswegen auch ein neues Leichtgewichtszelt gekauft. Der entscheidende Faktor ist natürlich der Proviant, den wir für für 16 Tage mitschleppen. Bei unseren früheren, kürzeren Touren war ich jedes Mal sehr hungrig während der Tour und hatte am Ende stets allerhand Gewicht verloren. Dies wollte ich dieses Mal unbedingt vermeiden. Um diesen Spagat - mehr Essen und Gewichtsoptimierung - hinzubekommen, haben wir versucht, maximal kalorienreiche Nahrung mitzunehmen. Weil ich ja auch noch meine Milchallergie beachten muß und einige Nüsse nicht vertrage, war dies eine echte Tüftelei. Das Ziel war, gut 3500 Kalorien pro Tag für mich und 2500 Kalorien für Elli mitzunehmen. Diese Vorgabe haben wir durch die Mitnahme von viel Butter und Nüssen (Macadamianüsse hab ich allerdings keine mitgenommen, weil ich sie nicht vertragen habe, dafür Erd- und Cashewnüsse), selbstgebackene Müsliriegel mit viel Kokos und Pistazien, Olivenöl (abgefüllt in Leichtgewichts-PET-Flaschen), Unmengen Schokolade und einer Müslimischung mit viel Kürbiskernen, Leinsamen, Kokos- und sonstigen kalorienhaltigen Flocken, geschafft. Fürs Abendessen haben wir zum Teil Fertignahrung (hauptsächlich Real Turmat) sowie die bewährten Gerichte Kartoffelbrei, Steinpilzrisotto, Linseneintopf und so weiter dabei. Und natürlich für die Moral einige herzhafte Würste und schottischen Whisky (Faßstärke!). 100 Gramm Essen sollten im Schnitt mindestens 500 Kalorien ergeben, so daß 1,2kg Essen pro Tag für uns beide ausreicht. Schlussendlich ging die Essensplanung voll auf.

    An diesem Abend gibt's den in Butter ausgebackenen Saibling aus dem Virihaure mit Fladenbrot aus Staloluokta. Mittlerweile sind einige Wanderer eingetroffen, eine Gruppe kam sogar mit dem Hubschrauber eingeflogen. Wir sind sehr müde nach den ersten drei Etappen, legen uns früh schlafen und freuen uns auf den morgigen Ruhetag.

    Der nächste Tag ist wie erwartet trüb, aber trocken. Die Grautöne der Wolken spiegeln sich über dem See und ergeben ein fotogenes Farbenspiel. Vor lauter Begeisterung kaufe ich mir im Minishop einen weiteren, dieses Mal geräucherten Fisch. Allerdings ist der Shopinhaber heute mehr mit der Organisation seiner Elchjagd beschäftigt. Es gibt keine neue Wettervorhersage. Alles scheint auf einen gemütlichen Ruhetag hinauszulaufen. Lesend sitzen wir bei einem Tee im Aufenthaltsraum und sehen auf einmal, wie sich draußen ein einsamer Wanderer mit offensichtlich bösen Schmerzen die letzen Meter zur Hütte quält. Wir kommen ins Gespräch. Jürgen, der auch hier im Forum aktiv ist, war fast genau unsere geplante Strecke in entgegengesetzter Richtung gelaufen, hatte plötzlich ab der Kapelle im Alggavagge immer schlimmer werdende Knieschmerzen und kann sich geradeso mit letzter Kraft nach Staloluokta retten, Es ist offensichtlich, daß an einen Weitermarsch auf absehbare Zeit nicht zu denken ist, daher informieren wir die Herbergseltern Elisabeth und Leif, die wirklich fürsorglich alles tun, um einen Hubschrauberflug ins nächste Krankenhaus zu organisieren. Dies stellt sich jedoch als gar nicht so einfach heraus. Der letzte fahrplanmäßig fliegende Hubschrauber ist gestern geflogen, ein Polizei- oder Krankenhaushubschrauber steht aus unterschiedlichen Gründen (der Polizeihelikopter ist angeblich mit der Verfolgung von Räubern beschäftigt) nicht zur Verfügung, so daß die letzte Hoffnung ein Sondertransport ist, der eigentlich den Elch des Shopinhabers ausfliegen soll. Der Pilot erfragt Jürgens Gewicht und will nach der Zuladung des Elchs über die Mitnahme eines zusätzlichen Passagiers entscheiden. Schlussendlich gibt der Helipilot sein ok und Jürgen kann ausgeflogen werden - mittlerweile ist es 4Uhr nachmittags, welch ein aufregender Tag.







    Und es geht weiter. Der geräucherte Saibling provoziert eine dermaßen allergische Reaktion bei mir, daß ich für den Rest des Abends flach liege. Immerhin hab ich vorher noch eine Runde Sauna genossen. Der Abendtalk mit Klaus, der mittlerweile auch eingetroffen ist, fällt allerdings aus.

    Am nächsten Morgen geht's dann endlich weiter. Wir verabschieden uns von Elizabeth und Leif sowie von Klaus, der uns noch wissen läßt, daß er Autor eines nur noch antiquarisch erhältlichen Wanderbildbandes über Skandinavien ist und welchen wir uns mittlerweile angeschafft haben. Das Wetter ist wie befürchtet nicht sonderlich gut, aber die grauen Wolken über dem See sorgen für eine wunderschöne Stimmung und das Licht der Sonne, die immer wieder durch die Wolkenfelder durchblitzt, wirkt mit den dunklen Wolken im Hintergrund richtig spannend. Ein leichter Nieselregel hört gleich nach dem Abmarsch auf, aber es bleibt die ganze Etappe über sehr windig.
    Zunächst geht es den Weg von Vorgestern einen Kilometer zurück, dann am See Gieddavvre entlang, bevor der Weg langsam und stetig ansteigend Richtung Tuottar führt. Mit 19 Kilometern ist es eine weitere längere Etappe, trotzdem scheint sich Elli für diese Strecke die neue Strategie zurecht gelegt zu haben, daß die Last des schweren Rucksackes kürzer und damit angenehmer zu tragen ist, je schneller man läuft. Ich komme kaum hinterher. Eine Rentierherde nach der anderen kreuzt unseren Weg und ich halte immer wieder zum Fotografieren an, was die Sache nicht besser macht.













    Angesichts der Vielzahl herumlaufender Rentiere habe ich Bedenken, Blaubeeren zu sammeln, aber als wir im Windschatten eines großen Steinblocks Pause machen und mitten in einem Blaubeerfeld sitzen, schlage ich doch zu und fülle die leergetrunkene Thermoskanne mit Blaubeeren auf. Irgendwie schaffen wir es, ständig in einer Wolkenlücke zu laufen. Obwohl immer wieder Regenschauer vorbeiziehen und ein Regenbogen nach dem anderen am Horizont erscheint, bleiben wir trocken. Am späteren Nachmittag erreichen wir Tuottar und bekommen eine kuschelige Hütte zugewiesen. Die attraktive Hüttenwartin überrascht uns mit frischgebackenem Brot und sogar Schokolade, hat aber keine neuen Wetterinformationen.
    Beim Vorbereiten der Pausebrote für den nächstenTag schneide ich mir blöderweise ziemlich heftig in den Finger. Im Apothekenbeutelchen sind keine Pflaster. Offenbar haben wir sie vergessen mitzunehmen. Gott sei Dank hat die Hüttenwartin noch einen Streifen Pflaster, aber es ist jetzt schon klar, daß dies eine Wunde ist, die die ganze Tour Ärger machen wird, weil es bei der ganzen Hantiererei unmöglich ist, die Wunde trocken zu halten oder dauernd daran hängen zu bleiben.



    In Tuottar müssen wir uns entscheiden, ob wir die Tour wie geplant fortsetzen wollen. Ist es angesichts der ungewissen Wetterprognose sinnvoller, eine Alternative zu suchen?
    In den vergangenen Jahren und zuletzt bei einer harmlosen Tour im Frühsommer diesen Jahres hatte ich immer wieder mit Knieproblemen zu kämpfen. Und ausgerechnet bei unserem Probebergaufenthalt im Schweizer Safiental drei Wochen vor der Tour zog sich Elli plötzlich eine Reizung im Knie zu und legte infolgedessen bis zur Abfahrt eine weitgehende Schonpause ein. Trotz dieses Dilemmas entschieden wir uns, die Sarektour wie geplant zu beginnen. In Tuottar steht die Entscheidung an, ob die Tour auch bis zum Schluß durchgezogen werden kann. Tatsächlich hat das Knie bisher zwar gelegentlich gezwickt, die leichten Beschwerden waren aber niemals besorgniserregend. Und vom Wetter wollen wir uns keinesfalls abschrecken lassen.





    Am nächsten Tag wandern wir also weglos dem Tuottarjavre entlang grob nach Norden, bis wir nach einigem Auf und Ab auf den Rissajavre stoßen, und folgen dessen Südufer in östlicher Richtung. Kurz nach einem Rentierzaun, unter dem wir zunächst die Rucksäcke durchschieben und danach selbst durchkrabbeln, machen wir windgeschützt eine erste Pause. Elli hat Kopfschmerzen. Die Landschaft wirkt wenig einladend. Die Berge des Sarek tauchen am Horizont auf, wirken düster und abweisend.







    Der Wasserstand der Seen ist nach der langen Trockenheit des Sommers so niedrig, daß wir unmittelbar vor dem Lulep Rissajavre bereits ans Nordufer traversieren können, ohne waten zu müssen. Wir passieren einige prima Zeltplätze, aber es ist noch zu früh, um die Etappe zu beenden. Nach den Seen beginnt der Abstieg zum Alggajavre. Der Blick ins Tal Alggavagge erinnert an Mordor aus dem "Herr-der-Ringe" Epos, so schwarz, düster und abweisend wirken die Berge.



    Zu allem Überfluss beginnt es zu regnen. Wir beschließen, die Tour vorzeitig zu beenden und entdecken nach kurzer Suche einen guten Zeltplatz am Talfluß (Alep Sarvesjakha) vor dessen Mündung in den See Alggajavre. Gespannt bauen wir unser neues Zelt auf und sind stolz, daß es auf Anhieb so toll steht. Der Regen kann kommen.
    Zuletzt geändert von November; 17.11.2014, 20:27.

  • Echnathon
    Fuchs
    • 20.02.2012
    • 1316
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    #2
    AW: (NO/SE) Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

    Zitat von Horst24 Beitrag anzeigen
    Am nächsten Tag wandern wir also weglos dem Tuottarjavre entlang grob nach Norden, bis wir nach einigem Auf und Ab auf den Rissajavre stoßen, und folgen dessen Südufer wir in westlicher Richtung.
    OT: Sicher, dass du nicht östliche Richtung meinst?

    Ich bin aber auf jeden Fall sehr gepannt, wie es weiter geht.
    Und möchte gerne mehr von den schönen Bildern sehen.

    Ich sehe schon, im Sommer nächsten Jahres lande ich auch in der Ecke...
    Nur soviel Glück mit dem Wetter wie diesen Sommer müsste man haben.

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    • Horst24
      Erfahren
      • 01.02.2012
      • 214
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: (NO/SE) Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

      @Echnaton, vielen Dank für deinen netten Kommentar. Und insbesondere fürs aufmerksame Lesen!
      Du hast natürlich recht - östliche Richtung! Ich habs gleich ausgebessert.
      Horst

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      • Mika Hautamaeki
        Alter Hase
        • 30.05.2007
        • 4006
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: (NO/SE) Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

        wow, das lässt sich ja schon richtig gut an. Bitte schnell weiterschreiben!
        So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
        A. v. Humboldt.

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        • Ellipirelli
          Gerne im Forum
          • 21.04.2014
          • 64
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          #5
          AW: (NO/SE) Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

          Sehr amüsant seine eigene Reise zu lesen...und meine Gefühle und Gedanken von damals wieder zu spüren
          Als Du Deinen Allergieanfall hattest
          Als wir nach Tuottar wanderten und Du auf einmal hinter mir meintest:
          Ähm du weisst jetzt aber schon, dass Du bergauf so schnell läufst wie in der Ebene....
          Stichwort Macadamia, als wir die im Vorfeld testeten hahaha
          Tja und ich wollte ergänzen, dass nach Deinem Schnitt in den Finger Dein Kreislauf schwächelte und Du Dich erst nochmal kurz hinggelegt hast...
          Im nachhinein war es so grossartig vor allem die Begeisterung zu Zelten, die hatte ich vorher an mir nicht bemerkt.
          Tadle nicht den Fluss, wenn Du ins Wasser fällst.

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          • Ellipirelli
            Gerne im Forum
            • 21.04.2014
            • 64
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: (NO/SE) Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

            ach und die Hüttenwirtin fandest Du attraktiv...das erfahre ich jetzt erst
            Tadle nicht den Fluss, wenn Du ins Wasser fällst.

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            • Horst24
              Erfahren
              • 01.02.2012
              • 214
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              #7
              AW: (NO/SE) Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

              @ellipirelli:
              Es ist im Bericht eh schon viel zu viel von körperlichen Gebrechen und Wehwehchen die Rede, da wollte ich dies nicht noch ausführen.

              Zitat von Ellipirelli Beitrag anzeigen
              ach und die Hüttenwirtin fandest Du attraktiv...das erfahre ich jetzt erst
              Das war eher so allgemein gemeint. Aber überrascht war ich schon, mans tellt sich Hüttenwarte immer so als eremitische Männe vor. Aber Schweden ist halt anders.

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              • Fjaellraev
                Freak
                Liebt das Forum
                • 21.12.2003
                • 13981
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: (NO/SE) Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                Schön die Strecke in der Gegenrichtung zu sehen, ich erkenne so manche Stelle wieder und möchte am liebsten gleich wieder dorthin - dauert aber sicher noch ein paar Jahre.
                Bin gespannt wie die Tour weiter verläuft, es kommen ja noch einige mir bekannte Pfade.

                Zitat von Horst24 Beitrag anzeigen
                Zitat von Ellipirelli Beitrag anzeigen
                ach und die Hüttenwirtin fandest Du attraktiv...das erfahre ich jetzt erst
                Das war eher so allgemein gemeint. Aber überrascht war ich schon, mans tellt sich Hüttenwarte immer so als eremitische Männe vor. Aber Schweden ist halt anders.
                Na dann hat Horst aber noch nicht viele schwedische Hüttenwarte und Hüttenwartinnen erlebt. Da ist von jung bis alt, von alleine bis Familie alles dabei. Aber als Eremit ist mir da in all den Jahren noch niemand vorgekommen, höchstens als (positiv gemeint) Original wie Assar in Hukejaure (Immer mit seiner Frau dort) oder natürlich Ossi in Unna Allakas.

                Gruss
                Henning
                Es gibt kein schlechtes Wetter,
                nur unpassende Kleidung.

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                • evernorth
                  Fuchs
                  • 22.08.2010
                  • 1917
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                  Da habt ihr ja eine schöne und ereignisreich-spannende Tour " begonnen ".
                  Gut geschrieben und sehr persönlich inspiriert. Macht Spass.

                  Sehr gut gefallen mir auch die sehr stimmungsvollen und gelungenen Fotos.
                  Herrlich, euch auf dem Weg durch Lappland und dem Sarek auf diese Weise so auf " Schritt und Tritt " zu folgen.
                  Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.
                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                  • evernorth
                    Fuchs
                    • 22.08.2010
                    • 1917
                    • Privat

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                    #10
                    AW: (NO/SE) Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                    Zitat von Ellipirelli Beitrag anzeigen
                    ach und die Hüttenwirtin fandest Du attraktiv...das erfahre ich jetzt erst
                    Horst, wo bleibt das Foto. Du hast doch bestimmt.......
                    My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                    • Heidelkraut
                      Anfänger im Forum
                      • 21.02.2013
                      • 16
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                      Ein sehr schöner und ausführlicher Bericht und die Bilder sind super!
                      Freue mich schon, mehr zu lesen
                      Welche Karten habt ihr für eure Tour verwendet?
                      Habt ihr Kompass/GPS benutzt?

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                      • Horst24
                        Erfahren
                        • 01.02.2012
                        • 214
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                        erstmal Danke für die netten Kommentare.

                        Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                        Horst, wo bleibt das Foto. Du hast doch bestimmt.......
                        Hehe, nein, ich hab tatsächlich kein Foto. Mit der Aktion mit dem Finger, als Elli zu ihr sauen und ein Pflaster holen mußte, hab ich vermutlich auch keinen nachhaltigen positiven Eindruck hinterlassen.


                        Zitat von Heidelkraut Beitrag anzeigen
                        Ein sehr schöner und ausführlicher Bericht und die Bilder sind super!
                        Freue mich schon, mehr zu lesen
                        Welche Karten habt ihr für eure Tour verwendet?
                        Habt ihr Kompass/GPS benutzt?
                        Wir hatten die übliche schwedische Sarekkarte BD10 dabei und für den norwegischen Teil hatte ich noch die Saltfjellet Karte im Maßstab 1:75.000 zuhause von der Saltfjellet Tour. Da war noch das bei der BD10 fehlende Eck bis nach der Sarjashütte drauf.
                        Wir hatten einen Kompass und auch eine GPS Uhr (Fenix) dabei. Das GPS hatten wir sicherheitshalber dabei, falls einmal die Position zu bestimmen gewesen wäre, etwa bei Nebel oberhalb des Rapadalen. Die Bedingungen waren aber immer so gut, daß wir das GPS nie und den Kompass nur ganz sporadisch - um bei der Routenwahl sicherzugehen - gebraucht haben.
                        Viele Grüße
                        Horst

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                        • Cameiro
                          Gerne im Forum
                          • 02.11.2011
                          • 85
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                          Hallo Horst!

                          Immer diese verd@mmten Knie ...

                          Meine Güte, da habe ich ja wirklich einen wunderbaren Abschnitt zwischen Staloluokta und Sulitjelma verpaßt!!! Ich könnte echt heulen ....

                          Der Rückflug mit dem Heli nach Kvikkjokk war nicht ansatzweise so interessant muß ich leider sagen...

                          Tolle Bilder und großartiger Bericht! Man kann sich gut in die Situation reinfinden und eure Tour nacherleben. Vielen Dank!

                          Nun bin ich natürlich gespannt, wie der mir bereits bekannte Abschnitt von euch erlebt wurde. Bei mir war es ja fast durchgehend strahlender Sonnenschein. War dann vor Ort zwar sehr recht, aber mit ein paar dramatischen Wolken wie bei dir sehen die Bilder einfach ein bißchen besser aus ...

                          Und wie du schreibst, war es wirklich ein sehr eigentümlicher arktischer Spätsommer: Keine Mücken, kein Frost, kein Regen, erstaunlich wenige Furten und einmal sogar die Notwendigkeit einen zu tiefen Gletscherbach über Nacht 'auszusitzen/schlafen'.

                          Muß wohl wirklich nochmal einen Anlauf auf den Abschnitt Stalo-Suli machen... - brauche mir nur deine Bilder anschauen, schon könnt' ich wieder losziehen ....

                          Bitte bald weiterschreiben!

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                          • Kuoika
                            Erfahren
                            • 23.08.2012
                            • 471
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                            Ach schön. Da werden gleich wieder Erinnerungen wach. Toller Bericht und tolle Fotos! Ganz ähnliche Motive flimmern bei mir gerade durch Lightroom. Euer Einstieg in den Sarek war quasi unser Ausstieg (Ende August, wahrscheinlich knapp verpasst).

                            Ward Ihr in Stalo in der Sauna? Ich muss immer noch über das Bastuticket (und den Erwerb dessen) lachen, wem sollte ich das zeigen?

                            Bin schon gespannt auf die Fortsetzung.

                            Nachtrag: War das Hilde in Tuottar? Ihr Brot war der Hammer. Wollte schon längst das Rezept ausprobiert haben.
                            Zuletzt geändert von Kuoika; 19.11.2014, 15:50.

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                            • Ellipirelli
                              Gerne im Forum
                              • 21.04.2014
                              • 64
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                              Ward Ihr in Stalo in der Sauna? Ich muss immer noch über das Bastuticket (und den Erwerb dessen) lachen, wem sollte ich das zeigen?

                              Nö Ticket hatten wir keines, am ersten Tag war erst ich (Damensauna) und dann ne Stunde später Horst (Herren) jeweils allein und am nächsten Tag durften wir als Belohnung für die ganze Aufregung mit "Cameiro" und dem Heli etc. zusammen in die Sauna ohne Ticket....
                              Tja kann nur sagen die "Mutter aller Saunen" mit dem See, echt idyllisch.
                              Tadle nicht den Fluss, wenn Du ins Wasser fällst.

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                              • berniehh
                                Alter Hase
                                • 31.01.2011
                                • 2625
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                                interessanter Bericht und sehr schöne Fotos
                                Beim Sarjasjaure schwelge ich in Erinnerungen, ihr hattet dort ja einen herrlich blauen Himmel.
                                Bin gespannt wie es weitergeht und ich hoffe da kommen auch noch mehr schöne Herbstfarbenfotos vom Sarek
                                www.trekking.magix.net

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                                • Mortias
                                  Fuchs
                                  • 10.06.2004
                                  • 1261
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                                  Schließe mich mit dem Lob meinen Vorrednern an. Liest sich sehr angenehm und die Bilder sind echt toll. Die Route zwischen Sulitjelma und Staloluokta scheint ja recht beliebt zu sein. Hatte die bisher irgendwie nie so richtig auf der Rechnung, bzw. hat sich einfach nicht ergeben sie zu laufen. Aber wenn ich mir da so eure Bilder anschaue bekomme ich schon irgendwie ein bisschen Lust dazu. Hoffe natürlich auch, dass es bald weitergeht und ihr noch ein paar richtig schöne Spätsommertage im Sarek hattet.

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                                  • Horst24
                                    Erfahren
                                    • 01.02.2012
                                    • 214
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                                    Fortsetzung. 5. September 2014



                                    Tatsächlich nieselt es den ganzen Abend und auch nachts. Wir sind heilfroh, daß unser neues Zelt so geräumig ist, nutzen den noch ungewohnten Komfort der riesigen Apsis zum Kochen, prüfen neugierig jedes Eck und jeden Winkel des Zeltes (gelegentliches Tropfen am Eingangsreißverschluss hört nach kurzer Zeit auf - offenbar quillt die Baumwollnaht tatsächlich erst auf), und probieren alle Belüftungvarianten aus. Es funktioniert sogar, ein klein wenig Yoga im Zelt zu machen!



                                    Am nächsten Morgen regnet es immer noch leicht. Dann hört es kurz auf, um gleich darauf weiter zu nieseln. Gerade so stark, daß man zwar ohne allzu große Einschränkungen laufen kann, aber auf lange Sicht sicher tropfnaß wird. Außerdem ist die Sicht miserabel. Wir beschließen, bis 12Uhr abzuwarten und dann endgültig über den Weitermarsch zu entscheiden. Die Zwischenzeit nutze ich, um unsere Schuhe nochmals einzuwachsen.

                                    Bereits während der vorletzten Etappe ist mir bei Ellis rechtem Lundhagsschuh ein kleines Loch in der Naht, die an der Ferse den Lederschaft mit dem Gummiunterteil verbindet, aufgefallen. Irgendwie hatte ich das wieder verdrängt und erschrecke, daß durch die sich weiter auftrennende Naht aus dem Loch ein veritabler Riß mit einer Länge von gut 3cm geworden ist. Normalerweise ist diese Stelle mit einer Doppelnaht vernäht, aber durch einen offensichtlichen Verarbeitungsfehler hat die obere der beiden Nähte innen überhaupt keine Verbindung zum Lederinnenschuh. Der ganze Lederschaft droht also, sich bei weiterer Beanspruchung vom Gummiunterteil abzulösen!



                                    Noch perplexer bin ich allerdings, als Elli sofort ein Schuhflickset inklusive einer Lederahle zückt. Dieses Teil stand auf keiner Packliste. Während der folgenden Stunde ist Elli mit dem Flicken des Stiefels beschäftigt. (an dieser Stelle sei gleich anmerkt, daß Lundhags auf unsere Beschwerde vorbildlich reagiert. Mats Lundhags bittet Elli, die Stiefel nach Schweden zu schicken, drei Wochen später kommen beide Schuhe vollständig repariert und mit komplett neuem Unterteil runderneuert zurück).

                                    Nach der Reparatur ist es kurz nach 12Uhr, es nieselt immer noch und wir beschließen, erst morgen weiterzulaufen und stattdessen eine gemütliche Tagesetappe zur Kapelle Alkavare oberhalb des Sees zu unternehmen. Es ist schon phänomenal, daß an einer solch einsamen Stelle eine Kapelle steht und regelmäßig einmal im Jahr ein Gottesdienst abgehalten wird. Auf dem Rückweg platzieren wir das zweite der drei Ruderboote auch gleich auf unserer Seeseite, so daß wir morgen ohne zusätzlichen Bootstransfer starten können. Der niedrige Wasserstand macht das Hantieren mit den Booten äußerst beschwerlich. Dauernd sitzen die Boote im flachen Gewässer auf. Beim Abstoßen vom Ufer, stehe ich irgendwann mit beiden Schuhen im See.
                                    Die wichtigste Erkenntnis des Ausfluges ist aber, daß Ellis Schuhreparatur geklappt hat - die neue Naht scheint zu halten. Abends blitzen ein paar Sonnenstrahlen durch. Wir sind guter Dinge für den nächsten Tag.



                                    Tatsächlich ist es am nächsten Morgen bewölkt, aber trocken. Die Paddelei über den See ist wieder eine beschwerliche Angelegenheit - diesmal verkeilen wir uns beim Anlegen auf der anderen Uferseite. Wahrscheinlich wäre es schlauer, trockener und vor allem schneller gewesen, den See auf Höhe des Abflußes zu furten.
                                    Der Marsch entlang der Nordseite des Sees Alggajavre ist problemlos. Fast immer können wir einem der zahlreichen Pfade durch das niedrige Unterholz folgen und wo er sich einmal verliert, marschieren wir einfach ohne groß Ausschau nach dem vermeintlich richtigen Weg zu halten weiter und stoßen meist rasch wieder auf einen neuen Pfad. Etwa auf Höhe des Seeendes machen wir Rast. Es bewährt sich, daß jeder von uns eine eigene kleine 0,5l Thermoskanne dabei hat. Ein Schluck heißer Tee ist gerade bei diesem nasskalten Wetter eine feine Sache. Außerdem mische ich jeden Morgen für Elli und mich ein kleines Brotzeitbeutelchen mit Müsliriegeln, Nüssen, Schokolade, einem Butterbrot (bestreut mit gerösteten und gesalzenen Kürbiskernen) und einem Stück Wurst. Meistens mampfe ich bei der ersten Rast schon die Hälfte der Tagesration weg.






                                    Statt dem erhofften Blick tief ins Alggavagga sehen wir nur Dunst und Nebel. Es beginnt auch wieder ganz leicht zu regnen. Ich verzichte zunächst darauf, meine Goretexhose anzuziehen, weil ich nicht gerne mit einer wasserdichten Hose laufe. Das ist ein Fehler. Meine Wanderhose hat unten an den Hosenbeinen gamaschenähnliche regendichte Einsätze, die mit dem normalen Baumwoll-/Polyestergemisch der Hose unterlegt sind, welches sich beim Gang durchs nasse Unterholz ruck zuck voll Feuchtigkeit saugt. Das Pflaster am Finger ist mittlerweile auch durchnässt. Die Wunde blutet leicht. Zu allem Überfluss stolpere ich kurz vor der Durchquerung des nach dem Berg Alggavarre ins Tal fließenden Geltscherbaches und plumpse auf den Hosenboden. Die Hose ist also endgültig naß und ich bin grantig.





                                    Obwohl es noch gar nicht so spät ist, entscheiden wir uns auf Höhe des markanten Berges Harrabakte einen Zeltplatz zu suchen. Wandern bei diesem Wetter macht wenig Spaß und wir spekulieren darauf, von diesem Standort, an dem das Tal einen kleinen Knick macht und auch in etwa der höchste Punkt des Alggavagges erreicht ist, nochmal einen besseren Blick zurück in den unteren Talabschnitt werfen zu können, sollte das Wetter am nächsten Tag schöner sein. Trotzdem liegen wir am Abend zufrieden im Zelt. Bis auf meine Hose sind trotz der Regentage alle Sachen trocken.

                                    Am nächsten Morgen schlägt unser Herz höher. Am Horizont sind Gletscher der zentralen Sarekmassive zu sehen. Zwar ist es noch ziemlich bewölkt, aber kleine Fetzen blauen Himmels spitzen schon heraus. Es verspricht ein schöner Tag zu werden. Wir haben keine Eile mit dem Loskommen, sondern nutzen das trockene Wetter, um alle Sachen gemütlich vor dem Zusammenpacken auszubreiten. Nach dem achten Tag im Fjell ist das Rucksackpacken langsam Routine und geht deutlich flotter.





                                    Das Wetter wird immer besser. Nach einer guten Stunde Marsch erreichen wir eine riesige grasige Ebene, die Grundsten als "weltgrößtes Fußballfeld" betitelt und laufen zum ersten Mal im Nationalpark in voller Sonne. Ich mache ein Foto nach dem anderen. Das Panorama ist super und wird wenig später, auf Höhe des Algganjalme, wo die Sarektäler Alggavagge und Guohpervagge zusammenlaufen, noch eindrucksvoller.





                                    Trotz aller Vorbereitung und dem Lesen einiger Reiseberichte hatten wir keine eigentliche Erwartung an die Landschaft des Sarek und sind überwältigt von dessen Weite und Schönheit.
                                    Kurz darauf steht am Guohperjahka die erste ernstzunehmende Furt an. Also, Schuhe raus, Neoprensocken an und rein in die Crocs. Elli geht ohne Gepäck voraus und erkundet eine passende Strecke. Ich gehe zweimal und trage beide Rucksäcke und werde dafür auch fotografiert.







                                    Die restliche Strecke bis Skarja ist leicht zu gehen, auch wenn sich der zuletzt gut sichtbare Pfad bald verliert. Die gestrichelten Linien in der Karte zeigen einen kleinen Aufstieg am Fuß des Berges Skarjatjahka an, wir bleiben aber konstant auf einer Höhe von ca. 760m in einem attraktiven Gelände voller überwachsener Felsen, Bäche und Bewuchs aus Blaubeeren, niedrigen Sträuchern und Farnen. Oberhalb des Rapadalens stoßen wir plötzlich auf einen dermaßen idyllischen Zeltplatz, daß wir uns in die Augen schauen und spontan entscheiden, hier zu bleiben. Und das ist die richtige Entscheidung. Der Platz ist eine echte Sonnenterasse.











                                    Ich tigere den ganzen Nachmittag herum und mache unzählige Fotos. Mit dem Fernglas erkunden wir die weitere Strecke bis zum Hochtal Snavvavagge. Den Bach, der gleich neben dem Zeltplatz vor sich hin plätschert, nutzen wir für eine ausgiebige Ganzkörperwäsche. So eine toller Tourtag!

















                                    Für den nächsten Tag planen wir nur eine kurze Etappe bis zur Biellvalda Hochebene. Wehmütig verlassen wir unseren Traumzeltplatz und sind in weniger als einer halben Stunde an der Skarja Sommerbrücke. Von dort geht es schnurstracks und ohne große Höhenunterschiede auf einem ausgetretenen Pfad nach Südosten. Die Ausblicke in alle Richtungen sind einfach großartig.



                                    Die berüchtigte Furt des Tjagnarisjagasi stellt an diesem Tag keine allzu große Herausforderung dar. Etwa 50-60m oberhalb der Stelle, an der der Weg auf den Gletscherbach trifft, findet sich eine geeignete Watstelle. Dort steht auch ein kleines Steinmännchen. Elli testet wieder ohne Rucksack die Furt aus. Ich folge mit dem Gepäck, verfehle jedoch Ellis sehr passablen Übergang, aber das Wasser schwappt dennoch nur einen Moment bis an den Oberschenkel.



                                    Weiter geht's durch eine Hochfjellandschaft, die sich immer herbstlicher färbt. Die Verfärbung hat durch die vorangegangenen Regentage nochmals einen kräftigen Schub erfahren und das Landschaftsbild schimmert immer bunter in verschiedenen Gelb-, Ocker- oder Rottönen. In der Nähe eines markanten Bergknubbels mit dem Namen Bielavarasi machen wir Halt und suchen einen Zeltplatz.







                                    Obwohl die Etappe heute wirklich nicht lang oder schwierig war, bin ich erschöpft und mache ein ausgedehntes Nachmittagsnickerchen. Eigenartigerweise hat es überraschend schnell zugezogen und insbesondere in Richtung unseres morgigen Zieles Snavvavagge ziehen ganz dunkle Wolken herauf. Aber wir haben gelernt, wie schnell sich hier das Wetter ändern kann und während wir zu Beginn der Tour noch gebannt nach Wetterberichten Ausschau hielten, sind wir jetzt nicht weiter beunruhigt.

                                    Zuletzt geändert von Horst24; 23.11.2014, 10:27.

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                                    • Alpentrekker
                                      Erfahren
                                      • 22.07.2013
                                      • 136
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                                      #19
                                      AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                                      Hatte ich eben so entdeckt und ich kann nur sagen ein wirklich sehr angenehm zu lesender Bericht mit sehr tollen herbstlichen Bildern. Ich freue mich schon wenn es weiter geht
                                      - Walk, Walk, Walk ... -
                                      https://reiseelefanten.wordpress.com/

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                                      • Kaesehobler
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                                        • 16.02.2013
                                        • 1203
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [NO/SE] Sarek im sonnigen September - von Sulitjelma nach Saltoluokta

                                        Ja, der September hatte dieses Jahr wirklich tolles Wetter dort oben...
                                        Toller Bericht!

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