[SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

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  • Waldhexe
    Alter Hase
    • 16.11.2009
    • 2893
    • Privat

    • Meine Reisen

    #21
    AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

    „Knick, knick, knick…“ Rentiere! Vorsichtig schleichen wir zum offenen Fenster und tatsächlich, direkt vor uns ein Rentier mit Kälbchen. Die Kinder können ihre Begeisterung nur mühsam unterdrücken, so nah haben sie noch kein Rentier gesehen! Irgendwie schauen sie ja schon aus wie eine Kreuzung aus Hirsch und Dromedar, aber die Mädels würden am liebsten eins mitnehmen, für den heimischen Garten.

    Ungern lösen sie sich von dem Anblick, aber der Gedanke an Frühstück lockt. Allerdings haben sie vergessen, dass es Müsli gibt… Also richtiges Müsli wäre ja noch in Ordnung, aber das ist uns schon vor Tagen ausgegangen und auf den Hütten gibt es nur Haferflocken und Studentenfutter als Ersatz. Keiner mag es mehr sehen, geschweige den essen! Ich bereite den Kindern und mir zumindest eine kleine Portion, Bär verweigert ganz und hält sich ans Knäckebrot. Ich schwöre eigentlich auf Müsli auf Tour, ich glaube, es ist das einzige Lebensmittel, von dem man sich eine ganze Weile ausschließlich ernähren kann, ohne Mangelerscheinungen zu bekommen. Für nächstes mal muss ich mir was ausdenken, Zimt, Zucker oder Vanilliezucker, getrocknete Äpfel oder Beeren, Schokoflocken usw. und den „Brei“ vielleicht doch kochen, wie es die Schweden tun.

    Beim Frühstück halten wir mal wieder Kriegsrat, denn es soll heute trocken bleiben um dann allmählich wieder schlechter zu werden. Im Warmen sitzend will sich noch keiner so richtig vom Fjäll verabschieden und den Kindern gefällt es auf der Hütte, obwohl die Umgebung lange nicht so reizvoll ist wie an der Valastugorna. Allerdings hat es mehr Rentiere… Wir könnten zum Gletscher hinaufsteigen.
    Bärs Erkundigung bei den Stugvärd ergibt allerdings, dass die Hütte heute voll wird, wir auf jeden Fall unser Zimmer räumen und in eine ältere Hütte mit Mehrbettenzimmer umziehen müssten. Das kann ganz nett sein, muss es aber nicht und so entscheiden wir uns für den Abstieg.

    Nach der relativen Einsamkeit der letzten Tage kommt uns die geschäftige Aufbruchsstimmung um die Hütte und die vielen Wanderer auf der Etappe etwas rummelig vor, ganze Schulklassen begegnen uns beim Abstieg! Der Vorteil ist allerdings, dass die Rentiere das auch gewohnt zu sein scheinen und sich recht nah beobachten lassen.



    Den Kindern steckt die gestrige Etappe in den Knochen, aber als wir endlich an der „Kante“ einen schönen Blick in das Ljungdalen und den See Kesusjön haben und hinab in den Birkenwald steigen, wir der Weg abwechslungsreicher. Wir sind aus dem scharfen Fjällwind heraus und sogar die Sonne zeigt sich, es wird mit jedem Meter wärmer.



    Unten am See ist Luft süß und mild und wie Pferde kurz vorm Stall rennen die Kinder fast über die Bohlenwege. Es zieht sich allerdings noch und an einer der ersten Hütten mit Cafe gönnen wir uns daher eine Pause mit heißem Kakao, Waffeln mit Schlagsahne und Moltebeerenmus. Köstlich!!! Als ich frage, ob jemand lieber eine Scheibe Knäckebrot will, werde ich fast gelyncht!
    Die Kinder bemerken die respektvollen Blicke der Ausflügler aus dem Tal, die uns so sauber vorkommen und sind stolz - zu recht!

    Leider wird danach der Weg zu einem langweiligen Fahrweg und es sind noch etwa drei Kilometer, auf denen ich zur Motivation von Miss Krakatau mal wieder in die Trickkiste greifen muss. Nörgli läuft wieder wie ein Uhrwerk voraus. Endlich stehen wir an der Abzweigung, wo wir vor etwa einer Woche Richtung Ljungris abgebogen sind. Es scheint so lange her zu sein! Auch die Kinder wissen, jetzt ist es wirklich nicht mehr weit und sind wirklich froh, als wir am Parkplatz Kläppen an unserem Auto sind.

    Noch das übliche Nachher-Selfie, dann schnell die Rucksäcke ins Auto, denn Nieselregen setzt ein. Mal wieder perfektes Timing! Wir entscheiden, noch mal in die Juhe in Ljungdalen zu gehen, auf Zelten im Regen hat gerade niemand Lust. Der Kies knirscht unter den Reifen, die Kinder kuscheln sich in die Sitze, können so mühelose Fortbewegung kaum mehr fassen und Bär sagt: Fahr langsam, ich will’s genießen!

    Als erstes fallen wir in den Mini-ICA ein und bestaunen die große bunte Warenwelt. Schon nach einer Woche ist nichts mehr selbstverständlich, aber das kennen die Kinder schon von Bootstouren.

    Es folgen ein gemütliches Abendessen mit Salat (!!!) und Chili con Carne, endloses Ausrüstungsortieren, Auto auf Campingurlaub umpacken, Abschied vom Fjäll und Rentiersafari aus dem Auto, die Fahrt nach Stockholm, ein Kulturschock, die Vasa und einige erholsame Tage an einem hübschen See bei Eksjö.









    Auch (oder vor allem?) im Nachhinein hat den Kindern die Tour sehr gefallen, auch wenn sie zu Hause für Wandern oder auch nur Spazierengehen noch eine ganze Weile nicht zu haben sind…
    Zuletzt geändert von Waldhexe; 04.02.2020, 00:12.

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    • Chouchen
      Freak

      Liebt das Forum
      • 07.04.2008
      • 20009
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      #22
      AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

      Toll, ganz, ganz toll!
      "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

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      • Goettergatte
        Freak

        Liebt das Forum
        • 13.01.2009
        • 27469
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        • Meine Reisen

        #23
        AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

        Ein toller Bericht, danke,
        Eksjö hab ich auch sofort wieder erkannt,
        wart ihr auf Moventa Cämping am Försjön?
        "Wärme wünscht/ der vom Wege kommt----------------------
        Mit erkaltetem Knie;------------------------------
        Mit Kost und Kleidern/ erquicke den Wandrer,-----------------
        Der über Felsen fuhr."________havamal
        --------

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        • HAL 23562
          Dauerbesucher
          • 31.12.2005
          • 558
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          #24
          AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

          Ach, Fjällhexe,

          da hast Du aber einen wirklich schönen Bericht über unsere Tour geschrieben. Beim Lesen und beim Betrachten der Bilder schloss ich manchmal die Augen und roch dann wieder den feinen Duft der klaren, frischen Fjällluft, hörte den Wind rauschen und die Flüsse gluckern.
          Und die Mädels: Mit dieser Einstellung braucht denen vor nichts im Leben bange zu sein. Ich habe manchen Erwachsenen erlebt, der von Ihnen einiges lernen könnte. Chapeau! Ich freue mich schon auf unsere nächste gemeinsame Tour im Fjäll - vielleicht nur bei etwas besserem Wetter.

          Bär
          Vieles kommt - aber alles geht!

          Den Plünnenkreuzer, Landgänger und das neue raus&weg-Blog findet ihr entsprechend der Forumsregeln unter diesem einen Link - click!

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          • ranunkelruebe

            Fuchs
            • 16.09.2008
            • 2211
            • Privat

            • Meine Reisen

            #25
            AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

            Super Tour und super Bericht, DANKE!

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            • Philipp
              Alter Hase
              • 12.04.2002
              • 2753
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              #26
              AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

              Sehr schön! Tolle Ecke, auch für den Einsatz eines Pilgerwagens (mit Ausnahmen). Werden wir uns vielleicht auch mal vorknöpfen.

              Gruß, Philipp
              "Oft vereint sind im Gemüte Dämlichkeit und Herzensgüte." - W. Busch

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              • paddel
                Fuchs
                • 25.04.2007
                • 1865
                • Privat

                • Meine Reisen

                #27
                AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                Super!!!
                Find ich echt klasse, wenn man sowas mit seinen Kindern macht!
                Froh schlägt das Herz im Reisekittel,
                vorausgesetzt man hat die Mittel.

                W.Busch

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                • ToughWeather
                  Gerne im Forum
                  • 07.08.2014
                  • 73
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                  Auch von Mir:

                  Sehr sehr toller Bericht!

                  War bestimmt eine tolle Familienerfahrung!

                  gruß,

                  tw

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                  • Daddyoffive
                    Fuchs
                    • 24.08.2011
                    • 2437
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                    Danke für den tollen Bericht! Ist doch toll, was man mit Kindern alles machen kann!
                    Das Leben ist kein Problem, das gelöst werden müsste, sondern ein Abenteuer, das gelebt werden will.
                    John Eldredge
                    ><>

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                    • nathalie_luke

                      Erfahren
                      • 08.08.2008
                      • 198
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #30
                      AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                      Total schön

                      Danke fürs Teilhaben!

                      lg nathalie

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                      • Sabine38

                        Lebt im Forum
                        • 07.06.2010
                        • 5368
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #31
                        AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                        Das hat Spass gemacht zu lesen! Wir brauchen mehr Berichte mit Kindern hier, ich habe den Eindruck dass es so langsam kommt, das freut mich... Ihr scheint ja alles richtig gemacht zu haben wenn ihr eine gute Zeit hattet. Das ist was zählt!
                        Uuuups... ;-)

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                        • tpo
                          Erfahren
                          • 19.06.2012
                          • 371
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #32
                          AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                          sehr schön geschrieben, tolle Fotos! Danke

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                          • oesine63
                            Erfahren
                            • 27.11.2013
                            • 421
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #33
                            AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                            Wunderbarer, kurzweiliger und informativer Bericht mit viel Humor. Vielen Dank dafür, ich hab ihn genossen
                            Gruß, oesine63

                            P.S.: Riesiges Kompliment an die Mädels!

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                            • Waldhexe
                              Alter Hase
                              • 16.11.2009
                              • 2893
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #34
                              AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                              Vielen Dank für das posiere Feedback! Ich habe allerdings erst kürzlich festgestellt, dass ja ein paar Fragen offen geblieben sind. Außerdem scheint das Thema "Auf Tour mit Kindern - wie verbinde ich Kinder und mein geliebtes Outdoorhobby?" viele seiende/werdende/geplante Eltern zu beschäftigen. Daher dazu noch ein paar Erfahrungen meinerseits.
                              Aber der Reihe nach!

                              Vintervik

                              Hast Du ein Bild von der Brücke über den Härjångsån südlich der Vålåstugorna?
                              Und am Sturebadet und Umgebung waren keine Hjortron??

                              Interessant, dass Ihr das Härjångsdalen zwischen Vålåstugorna und Gåsen nicht so toll findet. Ich finde es das schönste Stück, das ich bisher im Jämtlandsfjäll gelaufen bin.
                              Ja, hier, allerdings sieht es gar nicht so gruselig aus wie es war.
                              " border="0" />
                              Am Strurebadet unten haben wir gar nicht geschaut nach Hjortonbären...
                              Die Strecke zur Gasan ist wirklich sehr schön, aber etwas unangenehm zu gehen.

                              Ditschi

                              Ansonsten: Waldhexe mal ohne Boot.
                              Dazu muss ich sagen, dass ich eigentlich vom (Berg-)Wandern/Trekking komme und erst richtig mit Bootfahrten angefangen habe, als die Kinder kamen. Weil es eine Möglichkeit ist, unterwegs zu sein, ohne auf die Kooperation der Kinder bei der Fortbewegung angewiesen zu sein. Dazu im allgemeinen Teil mehr.

                              chrizzlythebear

                              Meine 2 Mädels sind in 10 Jahren im alter Deiner beiden (große ist jetzt 4 Jahre, die kleine 5 Wochen alt) und ich hoffe, dass sie dann auch so motiviert sind, so eine Tour mit mir zu machen.

                              Dein Bericht macht mir auf jedenfall viel Vorfreude auf die Zeit, die noch kommen wird.
                              Dazu drei Dinge:
                              Es ist nicht immer so, wie es auf den Fotos scheint.
                              Jedes Kind ist anders.
                              Und von nichts kommt nichts.
                              Doch dazu später mehr.

                              fcelch

                              Leider habe ich gerade mit meinen 2 (jetzt 10 und 13) zwei Nörglis, wie sich im Oktober bei Tagestouren im Allgäu herausstellte. Aber vielleicht klapts nochmal mit ner längern Tour.
                              Ich denke, das ist auch irgendwie normal, wahrscheinlich waren wir auch nicht besser. Meine Eltern haben uns einfach in die Berge "gezwungen", im Nachhinein bin ich ihnen dankbar.
                              Hast Du Deine Nörglis von klein auf outdoors mitgenommen?

                              Goettergatte

                              Eksjö hab ich auch sofort wieder erkannt,
                              wart ihr auf Moventa Cämping am Försjön?
                              Ja, genau, Moventa Camping. Ein schöner Platz, vorallem in der Nachsaison! Gute Basis für Eksjö, Astrid Lindgrens Väld (hat sich leider zum Nachteil entwickelt) und Smaland allgemein.

                              HAL 23562

                              Ich freue mich schon auf unsere nächste gemeinsame Tour im Fjäll - vielleicht nur bei etwas besserem Wetter.
                              Ich mich auch! Aber davor vielleicht mal wieder Schwäbische Alb? Oder Goldsteig? Oder Westweg? Und dann mal West Highland Way? Und dann Paddjelantaleden? Und dann...

                              Gruß,

                              Claudia
                              Zuletzt geändert von Waldhexe; 15.02.2015, 11:38.

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                              • Waldhexe
                                Alter Hase
                                • 16.11.2009
                                • 2893
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #35
                                AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                                Mit Kindern auf Tour - damit das gut geht, gilt es ein paar Dinge zu beachten.
                                Diese Empfehlungen beruhen auf eigenen Erfahrungen, zum Teil aus Fehlverhalten und gescheiterten/misslungenen Touren, zum Teil aus guten Tourtagen.
                                Bei den Tipps muss ich mich immer wieder auch an die eigene Nase fassen! Mein Tourbericht klingt vielleicht nach einer tollen, harmonischen Tour, aber glaubt nicht, dass das immer so ist! Bei Zoff greift man selten zur Kamera und das Gute bleibt zum Glück länger in Erinnerung.


                                Spaß

                                Ich weiß nicht, wie unsere Eltern das gemacht haben, wahrscheinlich allgemein mit festerer Hand - ohne Diskussion - aber meiner Erfahrung nach ist es wichtig, dass die Kinder zumindest meistens Spaß haben. Das heißt, dass man ihre Bedürfnisse nach Zeit zum Spielen, möglichst gutem/ausreichendem Essen, einem behaglichen, warmen, trockenen Lager (gutes Zelt/Schlafsack/Matte/Kleidung!) und gutem, ausreichendem Schlaf unbedingt berücksichtigen muss.
                                Die Intensität der Bedürfnisse ist von Kind zu Kind sehr verschieden, manche sind robuster und anpassungsfähiger, manche sensibler. Daran lässt sich grundsätzlich nichts ändern, man muss sich also nach dem "schwächsten Glied in der Kette" richten!
                                Kinder brauchen auch Sicherheit, man sollte also als Eltern weit von seinen eigenen Grenzen wegbleiben um stets souverän handeln zu können! Auch Rituale und Tagesrythmen verleihen Struktur und geben Halt.

                                Zur Beschäftigung würde ich raten, in die Naturpädagogen-Trickkiste zu greifen, da gibt es recht brauchbare Bücher mit Anregungen für die Eltern, auf Wunsch nenne ich ein paar. Also eher das Schnitzmesser und die Becherlupe mitnehmen als die Barbie, an Ruhetagen Becher oder Löffel brennen, Zwergengärtchen oder Hüttchen bauen (ein paar Schlümpfe oder Schleichpferde ruhig einpacken), Flitzebogen basteln, das Kochen (evtl. am Feuer) zelebrieren und die Kinder einbeziehen. Abenteuer gefällt allen Kindern und macht die Tour zu etwas besonderem!

                                Viel Spaß haben die Kinder vorallem an Ruhetagen mit einer (eigenen! sonst gibts Gezicke!) Hängematte, zumindest wo es Bäume hat und z.B. auf Boots- oder Fahrradtouren, wo es nicht aufs Gramm ankommt. Es gibt leichte/kompakte aus Fallschirmseide, z.B. von Ticket-To-The-Moon, der Name ist Programm!

                                Wenn die Kinder endlich selber Bücher lesen, ist das ein Segen, vorallem bei schlechtem Wetter! Vorher ist viel Vorlesen und Malsachen bei schlechtem Wetter ein guter Rat.
                                Für die Anfahrt zur Tour haben sich ab dem Vorschulalter Hörbücher bei uns bewährt. "Was - sind wir schon da?"
                                Wichtig: Das Hörbuch nicht im Alltag verbrauchen sondern nur bei langen Autofahrten einsetzen!
                                Für kleinere: "Robbi, Tobbi und das Fliewatüt", unbedingt gelesen von Stefan Kaminski!
                                Später "Harry Potter" oder "Der goldene Kompass". Diese Beispiel-Bücher sind auch für Erwachsene toll, mein Auto war Benjamin-Blümchen-freie-Zone! Manchmal muss man sich einfach durchsetzen!

                                Grundsätzlich haben die Kinder auf einer Gruppentour mehr Spaß und "funktionieren" etwas besser. Das müssen nicht andere Kinder sein (eins plärrt dann immer bzw. es gibt mehr Streit, andere Kinder nerven extrem mehr als die eigenen), es tut auch der Onkel oder erwachsene Freunde. Allerdings kann es sein, dass der Gruppendruck (heute dieses oder jenes Ziel erreichen wollen) zu stark wird und man sich auch als Eltern über die Bedürfnisse der Kinder hinwegsetzt. Das ging mir bei einer Tour so, danach hätte ich Urlaub gebraucht.
                                Man sollte sich sicher sein, dass die Freunde wirklich Kinder mögen und bereit sind, sich nach ihnen zu richten. Super sind ältere Freunde, die selbst (große) Kinder haben und verzweifelt auf Enkel warten!
                                Toll sind Bekanntschaften mit Kindern unterwegs. Die Kinder haben ein paar Stunden oder Tage Spaß miteinander und man ist nicht lange genug zusammen, um sich über die "unmöglichen Gören" der anderen lang aufzuregen...
                                Zusammengefasst: Ich rate zumindest von längeren Touren mit Freunden/anderen Familien ab. Für ein paar Tage ist das super. Im allgemeinen Wird man den Kindern leichter gerecht, wenn man als Familie unter sich bleibt.

                                Meine Kinder wollen übrigens als Sommerurlaub (da gehen wir meistens vier Wochen) nach wie vor keinen reinen Outdoorurlaub bzw. nur auf Tour sein, davor und danach oder dazwischen muss es etwas Campingurlaub mit Besichtigungen, Eisessen und Shoppen sein. Die Tour also eher zu kurz als zu lang halten und lieber zwei Touren einbauen!


                                Tyrannen

                                Eine Gratwanderung ist es, sich nach den Kindern zu richten ohne dass diese dadurch zu Tyrannen werden. "Möchtest Du noch weiterlaufen oder lieber nicht?" oder "Sollen wir hier zelten oder lieber dort?" sollte man vermeiden. Ich würde empfehlen, zumindest jüngere Kinder nicht nach ihren Wünschen zu fragen, sondern herauszufinden, was die Kinder brauchen und als Eltern für die Kinder zu entscheiden. Also eher "Ist Dir warm genug?" oder "Gefällt es Euch hier?"

                                Kinder stärkt und motiviert es allerdings ungemein, wenn man ihnen nach und nach Verantwortung übergibt, sie selber machen lässt und mit zunehmenden Alter direkt in den "Kriegsrat" einbezieht, sie Tourpartner werden lässt. Das ist wohl der wichtigste Punkt.


                                Gelassenheit

                                Bedeutet oft genug "Entdeckung der Langsamkeit". Ist es nicht viel wichtiger, einfach draußen und unterwegs zu sein, ausgeglichene, fröhliche Kinder zu haben, einen entspannten Urlaub gehabt zu haben als die und die Strecke "gemacht" zu haben? Manchmal baut man eben schon nach fünf Kilometern das Zelt auf. Der Lohn ist, das die Kinder wieder auf Tour gehen wollen!
                                Das ist wohl der Punkt, mit dem sich vor allem jüngere oder sehr sportliche Eltern, die früher die "harten Sachen" gemacht haben am schlechtesten anfreunden können. Kompromisse können helfen, z.B. eine stramme Tagestour, während der andere Partner mit den Kindern Ruhetag macht. Oder eine Fortbewegungsart, bei der die Kinder nicht kooperieren müssen, sie also in den Fahrradanhänger oder vorne ins Boot setzen. Die Geduld der Kinder ist allerdings auch dabei begrenzt und ein flottes Kajak kann durch ein "mitpaddelndes" Kind ganz schön sabotiert werden!
                                Grundsätzlich ist das einige Jahre einfach so dass man verzichten muss, und das kann frustrierend sein. Mir hat geholfen, ab und zu mal ohne die Kinder auf Tour gehen zu können.

                                Gelassenheit bedeutet aber auch, Streit und schlechte Laune zu ertragen, keine zu großen Erwartungen zu haben. Gerade im Urlaub und auf Tour kommen viele Konflikte und falsche Erwartungen zu Tage . Der Ortswechsel und die ungewohnten Umstände stressen die Kinder, was sie an den Eltern auslassen.
                                Das Tourleben mit kleinen Kindern ist hart, ein Familienhaushalt mit kochen, waschen, putzen wie zu Hause, nur unter erschwerten Bedingungen! Und dazu aus-einpacken, auf-abbauen und die Touranstrengung. Bei meiner ersten "großen" Tour mit den Kindern bin ich abends ins Bett, wenn alle Lagerarbeiten erledigt waren, meist also nicht lange nach den Kindern...
                                Die Erwartungen also runterschrauben und Geduld bewahren wenn es Streit und Stress gibt - das renkt sich wieder ein! Manchmal hilft auch eine Standpauke mit klaren Ansagen, die Eltern haben schließlich auch Urlaub! Wichtig ist, klar zu sagen, was man von den Kindern will, was genau sie wie machen sollen. Und gnädig mit sich sein wenn man mal die Nerven verloren hat, kein Mensch ist ständig "pädagogisch wertvoll".
                                Also ich wünschte, ich könnte das alles immer so befolgen...


                                Ehrgeiz

                                Tempo und Etappenlänge muss sich nach den Kindern richten, Ehrgeiz der Eltern rächt sich! Das gilt auch für Touren, bei denen die Kinder nicht selbst aktiv sind und z.B. vorne im Boot oder im Radanhänger sitzen. Darüber sollten sich beide Eltern und auch eventuelle Torpartner wirklich im Klaren sein!
                                Das bedeutet nicht, dass man Kinder nicht mal fordern darf oder nicht ihren Ehrgeiz wecken sollte, aber meiner Erfahrung nach sind Kinder auf Tour vor allem in Gefahr, mental überfordert zu sein. Kinder können sich noch nicht selbst ablenken; wenn die Füße weh tun, besteht die Welt aus den Füßen. Regen bringt für die Kinder fast immer frieren und nicht Spielen können mit sich, bei schlechtem Wetter also Ruhetag machen, in eine Unterkunft gehen oder die Tour abbrechen. Zumindest jüngere Kinder haben selbst meist noch nicht genug Ehrgeiz, solche Unbilden in Kauf zu nehmen!

                                Landschaftsreize nehmen Kinder nicht oder nicht so wahr wie Erwachsene, auf den "Unterhaltungswert" schöner/spektakulärer Landschaft sollte man meiner Erfahrung nach nicht zu sehr bauen! Toll ist Wasser in jeder Form, aber nur wenn man auch damit spielen kann. Kinder wollen die Welt nach meiner Erfahrung be-greifen, nicht nur anschauen. Also eine große Mittagspause an einem reizvollen, bespielbaren Platz einbauen und Ruhetage einlegen, meine Kinder brauchen nach wie vor etwa alle zwei Tage einen, und ich auch...

                                Was Ehrgeiz, Selbstmotivation und "Leidensfähigkeit" anbelangt, unterscheiden sich Kinder enorm. Da hilft wenig, schon gar keine vermeintlichen Vorbilder: "Schau mal, wie toll der Kevin läuft" oder Hinweise auf andere Kinder (oder die eigene Kindheit!), die "in Deinem Alter schon viiiiel weiter laufen".
                                Ablenkung hilft eine Weile, z.B. durch Geschichten, Lieder oder (Rollen-)Spiele im Laufen. Motivierend ist Lob, selber machen lassen, besonders hilft vorauslaufen/-fahren lassen und als wichtigster Punkt Identifikation mit der Tour.
                                Wollen die Kinder die Tour? Fahren sie vielleicht lieber Fahrrad als zu wandern? Wurden sie bei der Planung altersentsprechend einbezogen? Was wissen sie über die Landschaft, was gibt es zu entdecken? Was könnte sie locken?



                                Erziehung zu Tourpartnern

                                Der Lohn der ganzen Mühe ist neben Erinnerungen an gute Tage, wenn die Kinder allmählich zu Tourpartnern werden. Doch von nichts kommt nichts.
                                Ich glaube, dass meine Kinder vergleichsweise gerne auf Tour gehen, weil sie von klein auf Naturbezug hatten. Für sie war es von Anfang an selbstverständlich, draußen zu sein, wir haben sie so früh wie möglich mitgenommen. Ein Waldkindergarten und Pfadfinder helfen dabei ungemein!
                                Noch wichtiger ist, den Kindern altersgemäß Verantwortung und Know-How zu übertragen. Meine Kinder bekamen ein eigenes Zelt geschenkt, als die große neun Jahre alt war. Ab da haben sie "ihr" Lager auch selbst aufgebaut, was nicht immer harmonisch verlief. Mit acht Jahren bekamen sie ihr eigenes Kajak.
                                Auch wenn es schwer fällt, wo es ungefährlich ist, müssen Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen. Mehr als alle Ermahnungen, doch das Gepäck nicht unter dem Zeltdach vorschauen zu lassen hilft Wasser in der Ortliebtasche und nasse Sachen. Zumindest am Ende der Tour kann man's ja mal drauf ankommen lassen!
                                Die Kinder sollten auch immer wissen und gezeigt bekommen, was passiert, wenn sie sich nicht an Regeln halten oder warum sie etwas nicht dürfen. Mit Grenzen, Gefahren und Risiken können sie nur umgehen, wenn sie sie kennen lernen.

                                Outdoor bedeutet manchmal mehr Technik, als einem bewusst ist. Das richtige Gehen und Atmen, Kräfte einteilen, sich "in Trance laufen" wenn es hart wird, Klettern, Paddeltechnik, gleichmäßiges Radfahren, Orientierung, Kartenlesen, Umgang mit dem Kompass, Wetterkunde, Ausrüstung, Kochen outdoors und Ernährung auf Tour, umweltschonendes Touren, Lageraufbau, Tourplanung, Erste Hilfe, Naturwissen, Improvisation, Kameradschaft (klingt altmodisch und gerät offensichtlich in Vergessenheit!), Selbstmanagement, Ultralight und platzsparendes Packen - sprich all die Dinge, die ODS füllen, sollte man den Kindern vermitteln und sie früh anwenden lassen.
                                Aber auch das ist Mittel zum Zweck, den Sinn des Outdoorlebens, die Begeisterung für das ursprüngliche Unterwegssein müssen die Eltern als Vorbilder vermitteln, durch Wertschätzung, Muse und Teilhaben lassen.

                                „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“

                                Antoine de Saint-Exupery


                                Und zum Ausgleich für den vielen Text und die Besserwisserei ein paar schöne Bilder aus mittlerweile über zehn Jahren auf Tour mit Kindern.

                                Grüße,

                                Claudia

                                Zuletzt geändert von Waldhexe; 15.02.2015, 13:02.

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                                • Rattus
                                  Lebt im Forum
                                  • 15.09.2011
                                  • 5177
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                                  #36
                                  AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                                  Hi Claudia, das ist ein ein toller zusammenfassender Erfahrungsbericht in Bezug auf Kinder und weit entfernt von Besserwisserei
                                  Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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                                  • Chouchen
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                                    #37
                                    AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                                    Das sind tolle Tipps (und nicht nur was das Outdoor-Sein angeht), ich werde den Beitrag direkt mal den (werdenden) Eltern im Freundeskreis empfehlen.
                                    "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

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                                    • Mus
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                                      • 13.08.2011
                                      • 13116
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #38
                                      AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                                      Ich schließ mich dem Lob an. Wunderbarer Text, wunderbare Bilder.

                                      Aber warum gönnst du dem nicht einen eigenen Thread im Kinderunterforum sondern "versteckst" es hier hinter einem Reisebericht. Wäre wirklich schade drum, wenn es interessierte Eltern deshalb übersehen würden.

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                                      • Waldhexe
                                        Alter Hase
                                        • 16.11.2009
                                        • 2893
                                        • Privat

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                                        #39
                                        AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                                        Ich habe unter "Outdoor Basiswissen" im Unterforum "Unterwegs mit Kindern" den Text noch einmal eingestellt, hier.

                                        Eine Bitte an die Mods: Wenn möglich beide Texte stehen lassen, hier dient er als Abschluss des Tourberichts und dort wird er wohl leichter gefunden.

                                        Die weitere Diskussion sollte dann im verlinkten Faden im Unterforum "Unterwegs mit Kindern" stattfinden.

                                        Danke für das freundliche Feedback!

                                        Grüße,

                                        Claudia

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                                        • Kuoika
                                          Erfahren
                                          • 23.08.2012
                                          • 471
                                          • Privat

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                                          #40
                                          AW: [SE] Mit Nörgli und Miss Krakatau ins Fjäll

                                          Danke für´s Teilen Eurer Familientour. Ich finde es immer toll, wenn ich Leute mit Kind und Kegel im Fjäll treffe.

                                          Zum Müsli: Ich kann das Aufkochen oder zumindest das Anrühren mit heissem Wasser wärmstens empfehlen - auch für große Kinder. Ich mag meinen Frühstücksbrei nur so, alles andere ist mir zu kratzig. Zucker und Zimt habe ich auch dabei. Finden sich keine Beeren, gibt es einen Klecks Marmelade oben drauf.

                                          Wann ward Ihr eigentlich unterwegs? 2014 war doch so ein super Sommer.

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