[SE] Sarek die Zweite

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  • xeqis
    Anfänger im Forum
    • 10.08.2011
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    • Meine Reisen

    [SE] Sarek die Zweite

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    Mitreisende
    Hej Forum,

    da ich meine neuen Sarek-Impressionen dem Forum natürlich unmöglich vorenthalten kann, gibt es jetzt einen (fast) frischen Bericht aus dem hohen Norden. Bin seit zwei Wochen wieder zuhause und schon setzt wieder langsam das Fernweh ein...
    und das trotz einer durchwachsenen Tour. Aber der Reihe nach:
    Geflogen bin ich am 16.7. nach Kiruna. Ich wollte von Ritsem aus übersetzen und dann vom Padjelantaleden in den Sarek abbiegen. Nachdem jedoch der Busfahrer erzählt hatte, dass das offizielle Boot kaputt ist und nicht fährt, entschied ich mich spontan, doch schon in Suorva am Staudamm auszusteigen (Alle Wege führen nach Skarja..)
    Diesen kaum überquert, läuft mir ein Skipper aus Wales über den Weg, mit dem ich dann die ersten vier Tage zusammen gelaufen bin. Ein lustiger und sehr sympathischer Kerl mit einer Menge interessanter Geschichten à la "When I sailed to Alaska that year...".


    welch herzliche Begrüßung!


    kurz vorm Njabbejahka




    der erste Morgen...



    Vom Wetter her waren die ersten 3 Tage leider die einzigen mit längerer Sonne. Ich dachte schon, es würde werden wie letztes Jahr (2-3 Regentage), aber das war wohl Wunschdenken..das soll aber nicht heißen, dass das Wetter ein einziger Frust war - es war nur kein Sommerurlaub in dem Sinne.




    das in der Mitte bin ich


    die Sechs-Spur-Rentierautobahn



    ich bin bei Skarja mal ganz nach unten gelaufen. Ein ganz seltsamer Untergrund, irgendwas zwischen Matsch und Treibsand...





    Kurz nachdem wir bei Skarja angekommen waren, hüllte sich das ganze Tal anderthalb Tage in dichten Nebel, und als sich dieser wieder lichtete, lag auf den oberen Hängen Neuschnee..





    Allgemein war es durchaus kühl - nicht so, dass man richtig fror, doch den Schlafsack nur als Decke benutzen (so wie letztes Jahr) war eben auch nicht.

    Ab Skarja lief ich dann allein weiter, da Mike ins Ruohtesvagge abbog, während ich mich ins Alggavagge aufmachte. Die Furt über den Guohperjahka war dann sogar anspruchsvoller als gedacht (was wohl am Regen lag) aber nicht wirklich brenzlig.
    Der sofort wieder einsetzende Regen machte das Vorankommen etwas mühsam. Es wurde nicht langweilig - bach, sumpf, gestrüpp, wiese, sumpf-gestrüpp, blockfeld, schnee, sumpf....nie länger als 50m der gleiche Untergrund.

    Kurz vor dem Alggajavrre bin ich dann ins Niejdariehpvagge abgebogen, um nach Süden ins Sarvesvagge zu gelangen. Gerade der Einstieg ist bei Regen wirklich unangenehm rutschig, weil man einen sehr steilen Hang (teilweise nur lockere Steine) entlang geht und unten in der Schlucht der reißende Bach lauert. Danach geht es aber gut über Altschneefelder voran; vor allem der "Abstieg" am Ende ging über ein riesiges Schneefeld im nu vonstatten.










    zurück im Grünen

    Der Zeltplatz an diesem Abend war einer der schönsten der ganzen Reise, zumal ich abends noch stundenlang faszinierenden Lichtschauspielen voller wandernder Schatten und Reflexionen zugucken durfte.

    Es ging nun wieder nach Westen, ich blickte also stets Richtung Padjelanta. Der Untergrund im Sarvesvagge war meist relativ angenehm, ich begegnete einigen Leuten, die sich alle nach Staloluokta haben einfliegen lassen (Die Schummler)


    zwei "Schneebrücken", die nicht zu empfehlen sind.




    immer wieder verblüfften mich stundenlange Lichtspiele, die meine Kamera aber leider so gar nicht einzufangen vermochte.

    Die Tour ging nun südlich am Tjadnarisvarasj vorbei und dann runter ins Njoatsosvagge mit seinen großartigen Seen. Schon als ich bei diesen ankam, setzten jedoch teilweise extreme Winde ein, wie ich sie im Sarek noch nie erlebt hatte. Habe dann den Zeltplatz schon extra nach Windkriterien ausgesucht. Trotzdem gab es die ganze Nacht hindurch abwechselnd Schreien und Kreischen des Zelts - und dann plötzlich wieder völliger Stille. Sehr böig das ganze..






    das Zelt hat über die 16 Tage wirklich eine Menge Regen abbekommen.


    um halb zwei Uhr nachts wurde ich durch Blöken geweckt....richtig dunkel wird's einfach nicht.

    Die Seen im Njoatsosvagge fließen in einen Wasserfall ab, und das Gelände wird plötzlich sehr steil. Man muss einen sehr schrägen Hang entlang und dabei versuchen, möglichst viel Höhe zu verlieren, um unten ins Tal zu geraten.

    Dort fand ich dann einen richtigen Pfad vor, der direkt auf den Luohttojahka führte. Die Brücke war leider hinüber (wahrscheinlich schon länger). Ich entschied mich dann, flussabwärts zu suchen, da der Fluss hier unmöglich zu furten war. Nach einer Woche Hochfjäll stand ich plötzlich in hohem Dickicht, welches bis direkt ans Flussufer unglaublich dicht wuchs. Immer wieder fand ich vereinzelte Fußspuren, welche aber auch wieder abrupt endeten. Ich war wohl nicht der erste, der hier herumirrt...Ich fand einfach keine geeignete Stelle zum furten und kam von der geplanten Route immer mehr nach Süden ab. Die Moskitos flogen wieder unzählige Angriffswellen, dazu nieselte es, mit tollem Timung zerbrach dann auch noch meine Bauchgurtschnalle am Rucksack...dieser Tag war auf jeden Fall eine Herausforderung für meine Laune.
    Nach einer halben Ewigkeit und drei Furten war ich endlich wieder halbwegs auf Kurs, was ich mit sofortigem Feierabend und einer Doppelration Tütenessen belohnte. Zur Krönung kam an diesem Abend sogar noch die Sonne zurück, und mit ihr großartige Laune. Wieder einmal wurde mir bewusst, wie sehr die Natur und nicht ich hier das Sagen hat.


    die Sonne kehrt aus ihrem Sommerurlaub zurück.

    Mit der nächsten Etappe begann für mich gefühlt bereits der Rückweg, obwohl ich mich noch mitten im Njoatsosvagge befand. Doch die offende Landschaft war dicht gewachsenen Wäldchen und sumpfigem hüfthohem Gestrüpp gewichen. Ich kam den ganzen Tag über nicht so recht auf einen richtigen Pfad, der nicht sofort wieder im Gestrüpp endete. Bin daher nur das absolute Minimalziel gelaufen (ich hatte zeitlich auch noch etwas Puffer), bis kurz bevor es über einen Pass Richtung Parek abgeht.

    Der nächste Tag wurde der wohl skurrilste der ganzen Reise. Ich hatte bei ca. 800m gezeltet und ahnte schon, dass es auf 1200 neblig werden könnte. Direkt über mir waberten die Wolken dicht am Hang entlang, den ich hinaufwollte. Die Richtung war mit regelmäßigen Holzpfählen markiert, ungewöhnlich aufwendig für den Sarek, wie ich fand.


    immer mitten in den Nebel rein....


    ein letzter Blick zurück ins sehr lange Njoatsosvagge



    Als ich eine Stunde später im dichtesten Nebel stand, bewertete ich den Nutzen der Pfähle noch einmal ganz neu. Ich hatte zwar ein GPS dabei, aber es tat trotzdem gut, immer zumindest den nächsten Pfahl aus dem Nebel schimmern zu sehen. Während einiger Schneefelder sah man immerhin noch die Spitze des Pfahls. Noch dazu war es völlig windstill und damit auch still. Auf eine schräge Weise war auch dies ein faszinierendes Naturerlebnis.


    die Welt ist klein


    Der Weg nach Parek war dann bis auf die Furt des Sähkojahka unspektakulär. Diesen bin ich etwas weiter unten durchwatet als der Pfad auf der Karte dies vorgibt. Um ehrlich zu sein, hatte ich mich nicht auf die letzten Tage gefreut (auf geringerer Höhe), und zwar aus dem einfachen Grund, dass es nunmal eine fürchterliche Mückenhölle ist, sobald auch nur Bäume wachsen. Die Mücken waren wie letztes Jahr eigentlich im zentralen Sarek ein kleineres Problem gewesen. Doch die letzten 25km nach Kvikkjokk nahmen sie exponentiell zu, bis es wirklich nicht mehr lustig war. Ich packte also mein bisher unbenutztes Kopf-Moskitonetz aus und kam mir vor wie ein Imker ohne Aussicht auf Honig.

    In der Kvikkjokk Fjällstation angekommen, nahm ich die Annehmlichkeiten einzeln und sehr bewusst wahr: Das Dach über dem Kopf. Ein Kaffee mit echter Milch, aus einer richtigen Tasse! Ein Stuhl, ein Tisch zum Hände ablegen. Ein frisches und deftiges Essen. Eine Toilette mit Waschbecken! Nur die warme Dusche musste noch Warten, da ich nachmittags den Bus nach Jokkmokk nahm, um dort zu campen und vor allem mehr zu essen.

    Es ist seltsam: eigentlich fahre ich ja in die Natur wegen der Natur und um der Bequemlichkeit zu entfliehen. Doch der erste Kontakt mit der Zivilisation gehört dennoch zu den besten Momenten des ganzen. Es ist fast so, als ob man eigentlich nur seine eigene Dekadenz legitimieren wollte..

    Fazit der Tour: die Reise war anstrengender, kälter, nasser, aber dafür auch abwechslungsreicher, faszinierender, ursprünglicher, beeindruckender als letztes Jahr. Der Sarek hat viele Gesichter. Ich kenne sicher erst einige davon, doch mein ohnehin großer Respekt vor dem Park ist bei dieser Reise eher noch gestiegen. Während ich da war, ist wohl ein 19-jähriger Junge aus Dänemark am Ahkka umgekommen. Er hatte seinem Wanderpartner gesagt, dass er in 6 Stunden zurück wäre. Sie haben dann ungefähr 10 Tage nach ihm gesucht, bevor am Tag meiner Abreise herauskam, dass sie die Suche eingestellt hatten.

    Hmm.ich wollte den Bericht jetzt gar nicht mit einer so traurigen Endnote beenden. Alles in allem möchte ich die Reise auf keinen Fall missen. Für die oft unscharfen Fotos meiner undichten "wasserdichten" Kamera, die meist auch noch von innen beschlagen war, entschuldige ich mich. Ein richtiger Fotoapparat gehört auf jeden Fall zu den nächsten "Outdoor"-Anschaffungen.

    Also, das wars (für dieses Jahr). Schönen Abend noch und hoffentlich noch gute Reisen, bevor der Sommer zuende geht.
    Zuletzt geändert von xeqis; 17.08.2012, 19:17.

  • smeagolvomloh
    Fuchs
    • 07.06.2008
    • 1929
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: Sarek die Zweite

    Schöner Reisebericht. Vielen Dank fürs Einstellen!

    "Wieder einmal wurde mir bewusst, wie sehr die Natur und nicht ich hier das Sagen hat." Eine stets gültige Wahrheit, die man sich immer wieder ins Bewußtsein rufen sollte!
    "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit."
    Wilhelm von Humboldt, 1767-1835

    Kommentar


    • micky
      Gerne im Forum
      • 21.12.2008
      • 54
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: Sarek die Zweite

      Wir sind fast zeitgleich mit Dir los um von Ritsem/Akka Richtung Rapadalen durch den Sarek zu laufen. Weil's am ersten Tag so geschüttet hat, sind wir aber letztendlich durch das höher gelegene Bastavagge, wo man den Auswirkungen vom Regen nicht so ausgesetzt gewesen wäre, wie im grünen Tal. Sonst hätten wir wohl einen ganzen Tag durch dieses "irgendwas zwischen Matsch und Treibsand" von dem Du geschrieben hast laufen müssen.
      Da bin ich ja im nachhinein doch ganz froh, dass wir uns diese Gelegenheit für ein anderes Mal aufgehoben haben .
      Fotos | Tracks

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      • Mika Hautamaeki
        Alter Hase
        • 30.05.2007
        • 4006
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [SE] Sarek die Zweite

        Schöner Bericht!. Nur kurz zur Info:
        Wenn ihr dem Weg zum Sähkojahka gefolgt wärt, hättet ihr eine sehr schöne und stabile Schneebrücke vorgefunden. Der mit Steinhaufen markierte Pfad läuft geradewegs darauf zu und die Brücke war auch Ende August noch sehr stabil, trotz vorhergehender 10-11 Tage Sonne (die wir nicht mehr hatten).
        So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
        A. v. Humboldt.

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