[SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

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    [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Prolog

    Im Jahr 2007 unternahm ich meine erste große Solo-Reise.
    Im Jahr zuvor hatte ich mir mein damaliges Traummotorrad gekauft: eine Yamaha XTZ 660 Tenere, eine der Letzten, in Grün mit Doppelscheinwerfer. Den Winter über steckte ich viel Zeit und Geld in Umbau- und Verbesserungsmaßnahmen und die restlichen Monate bis zum Tourstart verbrachte ich mit Planungen über Reiseverlauf und Ausrüstung.
    Für mich war und ist diese Tour etwas ganz besonderes: Ich war zum ersten Mal ganz alleine unterwegs und nicht nur das: Gleich bis zum Nordkap sollte es gehen.
    Vier Wochen sollte die Reise dauern und los ging es in der Nachsaison Mitte August, runde 10.000 Kilometer lagen vor mir.
    Ein wenig nervös wurde ich schon je näher der Termin rückte. Die ersten Tage allerdings wollte ich noch in Gesellschaft meiner guten Freundin C. auf einem Eseltreffen in der Nähe von Berlin verbringen...



    Tag 1
    15.08.2007
    Strecke bis Neustadt
    Länge 664 km
    Fahrzeit 6:31 h





    Nach all den kurzfristigen Erledigungen und Verabschiedungen fahre ich natürlich viel zu spät los, 14:30 Uhr ist es schon. Ich stelle den angebauten Fahrradtacho auf 0, der mir in Zukunft tägliche Kilometerleistung und Fahrzeit mitteilen soll. Schnell noch Tanken und weiter geht es in Richtung Köln, auf die A1 und auf dieser bis quasi direkt auf den Zeltplatz.
    Es regnet viel, außerdem beschwert sich mein Allerwertester schon nach lockeren 150km... das kann ja heiter werden. Eine erste kurze Rast, den Hintern entspannen, etwas futtern und weiter. Einen Stau gibt es hinter Köln. Ich kann mich recht gut durchschlängeln, die meisten machen Platz.
    Nächster Tankstopp nach weiteren 310km. Mit 16 Litern tanke ich voll und weiter auf die Bahn, Kilometer machen. So langsam wird die Zeit knapp, nach 22 Uhr am Abend gibt es keine offenen Campingplätze mehr.
    Der Motor stottert. Ein Blick auf den Kilometerzähler zeigt 260km seit der letzten Tankstelle. Am Benzin kann es nicht liegen? Kann es doch: ein beherzter Griff zum Benzinhahn und der Dreh auf Reserve erwecken die Kiste wieder zum Leben. Gar nicht so einfach bei vollgepacktem Motorrad und 140km/h auf der Autobahn. Auf zur nächsten Tanke und wieder 16 Liter rein. Uff, ich blase ganz schön was durch bei der stundenlangen Vollgasfahrt. Das quält den Einzylinder und freut Aral.
    Sorgen macht mir die Hinterbremse, die meiner Meinung nach viel zu wenig Bremskraft hat und die Kettengeräusche, die auch nach dem Schmieren nur kurz weg sind. Eventuell werde ich in Norddeutschland noch zur Werkstatt fahren.
    V. hatte recht mit ihrer Wetterprognose: Hier im Norden ist schönstes Wetter, kein Regen, recht warm und ich habe einen glutroten Sonnenuntergang.
    Fast pünktlich auf die Minute erreiche ich mein Nachtquartier am Ostseecampingplatz "Am Strande" in Neustadt i.H.: Um 21:54 Uhr lässt mich die nette Campingfrau noch auf den Platz. C. ruft an, sie hängt noch bei Dortmund fest im schlimmsten Regen. Ich schätze vor drei Uhr heute Nacht werden sie und ihre Freundin nicht hier sein. Ich haue mich aufs Ohr.



    Tag 2
    16.08.2007
    Strecke Neustadt - Damlos - Nessendorf - Paaren/Glien
    Länge 352 km
    Fahrzeit ??



    Um sieben Uhr am Morgen werden ich wach und klingle gleich mal C. an: Sie sind mittlerweile, nach langer Nachttour und 3 Stunden Schlaf, auf einem Rastplatz in der Nähe von Neustadt. Ich gehe erstmal duschen und auf dem Rückweg kommen mir die Beiden schon entgegen. Was ne Freude! :-) Auf geht es zum leckeren Ostseestrandfrühstück!
    Schnell wird das Zelt zusammengerafft und los geht es zum Gestüt Damlos ganz in der Nähe um dem neuen Familienmitglied von C. einen kurzen Besuch abzustatten: Einem kleinen schwarzen Welch-Cob, welcher hier noch seine Fohlenzeit auf weitläufigen norddeutschen Wiesen mit Mutter, Tanten und vielen Spielgefährten verbringen darf. Eine tolle Rasse hat sie sich ausgesucht, einen der größeren seiner Art könnte ich mir auch für mich vorstellen.



    Wir sind dann doch sehr lange auf dem Gestüt um mit der Besitzerin zu Fachsimpeln, aber gegen 13 Uhr geht es dann, nach kurzem Mittagessen, zu einem Eselpark in der Nähe von dem wir schon einiges gehört haben und uns selbst ein Bild machen wollen.
    Recht grausam geht es dort zu: viel zu kleine Esel werden vor viel zu große Karren gespannt und müssen viel zu dicke Leute durch die Gott sei Dank flache Landschaft ziehen. Unsere Vorurteile haben sich bestätigt.
    Mittlerweile ist es halb vier und wir fahren weiter nach Paaren/Glien wo das Eseltreffen stattfinden wird. Die Fahrt dorthin zieht sich für mich, nicht zuletzt weil mein Hinterteil wieder sehr schmerzt.
    Ich will das Moped heute aber, nach der Gewalttour gestern, nicht mehr zu sehr quälen und fahre maximal 120. Das ist den Mädels im Auto vor mir wohl zu langweilig, nur leider fallen deren Gasgeben und ein Abzweig auf der Autobahn zusammen, so dass ich erstmal ohne Karte und Navi in die falsche Richtung brettere. Das führte zu kurzer Verwirrung und etwas heftigerer Diskussion am Handy, wir finden uns aber schnell wieder. Die Ausfahrt nach Paaren/Glien allerdings nicht auf Anhieb, so dass wir erst gegen 20 Uhr auf dem Gelände des Eseltreffens eintreffen. Ein paar Leute sind auch schon da.
    Ein paar Begrüßungsbiere sind noch drin und um 23 Uhr fällt für mich die Klappe.
    Zuletzt geändert von Ôpola; 09.02.2012, 11:46.

  • Blechroller
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    #2
    AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder



    Olli
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    • Ôpola
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      #3
      AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

      Hi Olli,

      coole Seite hast du da!

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      • Ôpola
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        #4
        AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

        Tag 3
        17.08.2007
        Länge 20 km



        Ok, die Freundin von C., hat zwar an vieles Gedacht, nur leider nicht an fleischlose Kost für den Motoradvegetarier und so streune ich heute durch die nahen Ortschaften auf der Suche nach grillbaren Tofuburgern. Damit scheinen es die Lebensmittelhändler in dieser Gegend allerdings nicht so zu haben. In Schönwaldes Edeka heißt es: "Ja, solche Bratlinge für auf den Grill aus Gemüse oder Soja, die gab es mal..." Da müsste ich zum Real nach Falkensee und das sei noch sehr weit. Ich spare mir das für heute und schließe mich wieder dem Treiben der Eselfreunde an.

        Nachmittags starteten wir dann unsere Stadtrundfahrt mit dem coolen Dodge durchs nahe Berlin. So gefällt mir die Stadt sehr gut: In dicken Ledersesseln und hinter verdunkelten Scheiben vorbeichauffiert an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten









        Abends dann wieder lecker Bier und ein wenig dem Eselgespräch der Nachbarschaft gelauscht. Die Mädels sind früh zu Bett und ich dann auch bald.



        Tag 4
        18.08.2007

        Am Samstagmorgen treibt mich der Hunger wieder auf die Suche nach Gemüseburgern und Co. Das Wetter ist schön und die Fahrt durch ostdeutsche Alleen macht Spaß, so dass ich den weiten Weg bis Falkensee mache. Fleischlose Burger! Hier werde ich fündig und freue mich aufs Mittagessen.
        Nachmittags zeigen die Hengste dass es doch auf die Größe ankommt.





        Über das Gesangsprogramm am Abend breiten wir lieber das Tuch des Schweigens. Ganz schön ist allerdings die Vorführung von kleinen Filmen und Dokus aus dem TV, natürlich über Esel.

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          #5
          AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

          ... auf den Tisch mit den Fingern trommeld...

          Olli
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            #6
            AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

            OT: Warst Du schon mal beim Wormser oder Schweizer Ténéré-Treffen?
            "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

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            • Ôpola
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              #7
              AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

              OT: Hi Chouchen,
              nö, wie kommst du darauf?


              Hab am Wochenende meist keine Zeit zum Schreiben, aber heute mittag gehts wahrscheinlich weiter (und endlich hoch in den Norden

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              • Chouchen
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                #8
                AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                Zitat von Ôpola Beitrag anzeigen
                OT: Hi Chouchen,
                nö, wie kommst du darauf?
                OT: Es war mehr als Tipp gemeint mit Deiner Tätärä mal hinzufahren. Überschaubare Treffen mit netten Leuten und guten Diavorträgen.
                "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

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                  #9
                  AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                  OT: Ah, das hatte ich falsch verstanden, dachte schon du hättest nen Doppelgänger von mir mal da rumlaufen sehen ;) Bist du in der Szene?
                  Mir ist eben eingefallen, ich war tatsächlich vor ein paar Jahren mal bei nem Tenere-Treffen, aber das war in Mothern in Frankreich, da bin ich auch übers Tenere-Forum drangekommen und war ein schönes Wochenende!

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                    #10
                    AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                    Zitat von Ôpola Beitrag anzeigen
                    OT: Ah, das hatte ich falsch verstanden, dachte schon du hättest nen Doppelgänger von mir mal da rumlaufen sehen ;) Bist du in der Szene?
                    Mir ist eben eingefallen, ich war tatsächlich vor ein paar Jahren mal bei nem Tenere-Treffen, aber das war in Mothern in Frankreich, da bin ich auch übers Tenere-Forum drangekommen und war ein schönes Wochenende!
                    OT: Ich fahre selber keine Ténéré (ich bin zu kurz für Reiseenduros), bin aber befreundet mit Leuten aus der Orga des Wormser Treffens.
                    In Mothern war ich auch! Ich habe noch nie so viele Mückenstiche in kurzer Zeit abbekommen. War aber wirklich ein nettes Treffen.
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                      #11
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                      OT: Hey, das Netz ist klein Ohja, die Mücken
                      Der Hammer allerdings waren die Jungs, die ihre schwere SuperTenere über den Cross-Parcours geschickt haben, wahnsinn
                      Ne Bekannte von mir hat sich damals auch die Tenere gekauft und der Verkäufer wollte ihr partout keine geben und meinte immer nur: "Frauen fahren nicht XTZ, Frauen fahren RD!". Sie hat sich die Tenere dann woanders gekauft


                      So, weiter gehts



                      Tag 5
                      19.08.2007

                      Warum bitte schön findet das Treffen mitten in einem Moorgebiet statt? Die Mücken fressen uns auf: Ich schlafe quer auf der Rücksitzbank des Dodge, schaffe es aber nicht allen Mücken im Auto den Garaus zu machen und lecke jetzt am Morgen meine Wunden.
                      Die restlichen Stunden des Vormittags nutze ich dann zum ausgiebigen Nichtstun und Seele-baumeln-lassen.

                      Nachmittags stehen interessante Fahr-, Führ- und Reitwettbewerbe auf dem Programm.
                      Ein dickes Lob an die Organisatoren vom Eseltreffen, es fluppt und auch der nichtinformierte Zuschauer und Laie fühlt sich gut aufgehoben.
                      Von 15 bis 17 Uhr gibt es das von C. organisierte Showprogramm zu bewundern: römische Eselkarren, Esel die durch Feuer springen und ein spektakulärer vierspänniger Mulikarren im vollen Galopp. Alles in allem ein rundes Ding.

                      Nach einem interessanten Sonntag reisen C. und K. und auch viele der anderen Gäste wieder ab Richtung Heimat.
                      Ein seltsames Gefühl breitet sich in mir aus als ich mich von Beiden verabschiede und die Rücklichter des Dodge bald zwischen den Bäumen verschwinden.
                      Nachdem ich mein kleines Zelt aufgebaut habe und dies alleine auf dem großen leeren Platz sehe, fühle ich mich auf einmal einsam und frage mich ob mein Vorhaben wirklich eine gute Idee war. Ein Telefonat mit meiner Freundin V. heitert mich auf.



                      Tag 6
                      20.08.2007
                      Strecke Paaren - Flensburg
                      Länge 412,19 km
                      Fahrzeit 4:06

                      Am nächsten Morgen sieht die Welt schon wieder besser aus. Ich packe recht guter Dinge mein Zelt zusammen und mache mich gegen zehn Uhr auf den Weg der mich zuerst zum Motul-Händler in Falkensee führt: Ein Liter 10W40 Öl wandert für 13€ den Liter über die Theke und in meine Koffer.

                      Dann zu Yamaha-Ziemann nach Seeburg: Bremsen checken, Kette checken, Federvorspannung nachstellen, Probefahrt.
                      Ganz schön Wortkarg die Leute dort: Noch bevor ich die Probleme ausführlichst schildern kann, steht mein Moped in der Werkstatt und zwei Leute schrauben emsig.
                      "Klasse" denke ich "da geht meine Urlaubskasse hin."
                      Nach guten 30 Minuten (und gefühlten 2 Stunden) Werkstattaufenthalt plus weiteren 15 Minuten (und noch mal gefühlten 2 Stunden) Probefahrt ist die Diagnose: Kette zu locker, alle andern Geräusche normal. Bremse i.O., Feder nachgespannt um 1/2 Umdrehung. Sonst keine besonderen Vorkommnisse. Da freut sich doch der Nordkapfahrer!
                      Und zu den Kosten? "Gibst mir 20 Euro in die Kaffeekasse un's is ok."
                      Na denn, dafür gibt es hier noch eine kostenlose Empfehlung im Reisetagebuch!



                      Endlich kann es weitergehen! Auf die A irgendwas in Richtung Hamburg, dann Richtung Flensburg und um 17 Uhr erreiche ich den Zeltplatz Jolping. Netter kleiner Platz hier, nette Leute, nette Kinder. Gut essen tue ich hier, gut duschen und ...gut schlafen.







                      Tag7
                      21.08.2007
                      Strecke Flensburg - Bralanda (Sörbö Sand Camping)
                      Länge 496,85 km
                      Fahrzeit 5:17

                      Pünktlich zum Start heute Morgen regnet es und ich habe nun ein etwas nasses Zelt im Gepäck.

                      Dänemark bleibt für mich nur als Land des Windes in Erinnerung. Das bläst und zieht und drückt und zerrt vielleicht hier auf dem platten Land an mir und meinem Moped! In Flensburg fahre ich auf die Autobahn und in Frederikshavn wieder runter, dazwischen nur Kühe, Wohnwagen und Trucks und immer mal kurz die Sonne.



                      Die Überfahrt von Frederikshavn nach Göteborg kostet mich 58€ ohne Vorbuchung. Der Hauptständer am Moped ist auf der Fähre wirklich von Vorteil, denn das Schiff schwankt schon ziemlich zwischen den Wellen.
                      Drei Stunden habe ich Zeit Tagebuch zu schreiben, wäre da nicht das kleine Akkuproblem meines Laptops. Ich komme mit beiden Akkus zusammen auf ca. vier Stunden Laufzeit, allerdings stellt sich das Laden am Motorrad nicht so einfach vor wie gedacht:
                      Nachdem ich den Laptop heute Morgen zum Laden grade einmal 30 Minuten an das Moped angeschlossen hatte (ohne dass der Motor lief), war schon die Batterie leer. Eine defekte Batterie schon am Start der Tour? Das würde mir nicht unbedingt gefallen, ich muss in Zukunft vorsichtiger damit umgehen.
                      Aber nun habe ich erst einmal das Problem mit voll beladener Maschine und leerer Batterie die Maschine starten zu wollen. Mangels Kickstarter bleibt nur Anschieben…
                      Ich drücke wie ein Verrückter in voller Motorradmontur das Drum samt Gepäck über einen schmalen Weg am Straßenrand, der erste Gang ist drin, ich lasse die Kupplung kommen und rums: Die Karre steht natürlich sofort. Unmöglich die benötigte Geschwindigkeit so zu erreichen! Wo ist der nächste Berg hier in Norddeutschland? Und wie soll ich das Moped da herauf bekommen? Ich ernte schon erste hämische Blicke der Passanten, entdecke dann aber eine Einfahrt ein paar Meter weiter. Diese ist zwar nur mit grobem Schotter gefüllt und auch recht kurz aber dafür recht steil und meine einzige Möglichkeit. Ich habe nur eine Chance werfe mich mit Gerät und mit vollem Gewicht die Einfahrt hinunter, lasse 5 Meter vor der Hecke die Kupplung sausen, der Hinterreifen findet nur schwer Grip und die Steine fliegen, der Einzylinder sprotzt und röchelt und ... läuft! Kupplung ziehen, in die Eisen gehen, das Vorderrad steht schon in den Büschen, aber ich hab es Geschafft.
                      Nun die Fuhre noch einmal rückwärts am Hang ausparken und ich lasse weitere Minuten später den in Strömen unter meiner Kutte fließenden Schweiß im Fahrtwind trocknen.
                      Ich werde mir wohl in Zukunft eine richtige Steckdose zum Laden suchen.

                      Und nun bin ich auf der Fähre Wirklich beeindruckend diese großen Schiffe. Hier ist auch so einiges los: Hauptsächlich spielende Schweden. Man glaubt es nicht, aber die Hauptbeschäftigung während der Überfahrt scheint das Spielen am einarmigen Banditen zu sein. Die Apparate hängen hier in nicht zu überschauenden Zahl auf jedem Deck.
                      Ich hab es mir in der Bar aufm C-Deck gemütlich gemacht. Schön vorne am Bug. König der Welt und so.
                      Wenn ich jetzt so ausm Fenster Richtung Schweden schaue sehe ich nur dicke, schwere Wolken.







                      In Schweden angekommen geht’s schnurstracks zum Sörbo Sand Camping in Bralanda.
                      Die Hütte ist zu, also baue ich schon mal mein Zelt auf. Zwei hübsche Mädels laufen über den Platz und ich versuche in fiesem Englisch in Erfahrung zu bringen wo sich der Platzwart herumtreibt. Die beiden können allerdings gar kein Englisch, so dass die Unterhaltung mit Händen und Füßen zwar sehr lustig ist, mir aber irgendwie nicht weiterhilft.
                      Was soll’s, überlege ich mir, wird sich schon jemand melden wenn es ihn stört das ich hier stehe (und ein Luxusplatz ist das hier sowieso nicht). Grade gedacht, kommt schon ein etwas zerlotterter Mann mit Hund aus dem Wald und möchte Geld von mir haben. Hmm, woher weiß ich, dass er wirklich zum Platz gehört? „Einmal wirklich was riskieren“, denke ich, und gebe ihm das Geld.






                      Suchbild: Wo versteckt sich mein Tarnzelt

                      Heute im Laufe des Tages habe ich mir Gedanken gemacht über meine Urlaubsplanung und verabschiede mich immer weiter von der Idee "Nordkap".
                      Warum bis ans Nordkap fahren? Nur um dagewesen zu sein? Auf Teufel komm raus Kilometer machen fürs Fotos unter dem Globus?
                      Oder soll ich nicht doch lieber einen entspannten Urlaub in Südschweden und -norwegen verbringen der für meinen Geldbeutel und auch meinen Hintern sicher angenehmer ist!
                      Ich werde auf jeden Fall bis Mittwochabend in Schweden Richtung Norden fahren und ich denke es ist eine gute Idee auf der Höhe Trondheim abzukürzen nach Norwegen und mir dort eine gute Zeit zu machen. Ich habe mir zu Hause ja auch schon ein schönes Programm für Südnorwegen zusammengestellt.
                      Zuletzt geändert von Ôpola; 14.02.2012, 11:03.

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                      • Ôpola
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                        #12
                        AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                        Tag 8
                        22.08.2007
                        Strecke Bralanda - Sveg
                        Länge 519,21 km
                        Fahrzeit 7:12



















                        und Tag 9
                        23.08.2007

                        Seit zwei Tagen lasse ich es mir gut gehen: Ich habe einen wunderschönen kleinen Campingplatz gefunden mitten in Schweden, in Sveg.



                        Hier ist eigentlich der Punkt an dem ich nach Trondheim abbiegen könnte, aber nun ist der Polarkreis so nah.
                        Ich werde morgen noch einmal 500km abreißen und bis Storuman fahren. Dann rüber nach Mo I Rana, wieder runter nach Trondheim und dann fahre ich die Tour in Südnorwegen, die ich schon im Frühjahr geplant hatte. So komme ich auf insgesamt 21 Reisetage und bin auch mit den Finanzen gut dabei. Soweit der Plan
                        Heute bin ich nicht gefahren, sondern habe den ganzen Tag auf meinem super Campingplatz entspannt. Ich habe Strom am Zelt, UMTS-Empfang, und Sonne satt. Dafür hab ich nun auch einen ordentlichen Sonnenbrand auf dem Rücken.
                        Noch kurz zu gestern: 500km fuhr ich durch Wald. Wald, Wald, nochmals Wald. Noch ein Grund meine Pläne zu ändern, ich will jetzt was anderes sehen, ich brauche Abwechslung!
                        So, heute gibt es Pizza.



                        Tag 10
                        24.08.2007
                        Strecke Sveg - Arvidsjaur
                        Länge 621,76 km
                        Fahrzeit 7:10

                        „Was soll’s, jetzt bist du so weit schon gefahren, jetzt geht es auch weiter bis zum Nordkap!“
                        ist mein erster Gedanken heute Morgen beim Blick auf die Karte. Die beiden letzten Tage haben mir gut getan und ich habe Kräfte gesammelt.
                        Ich werfe mir meine Motorradjacke über und… „Scheiße verdammt!“ schreie ich auf. Ein heftiger Sonnenbrand zieht sich meinen Rücken runter, über die Schultern, alles brennt! Noch dazu ist es heute auf einmal lausig kalt im Vergleich zu Gestern.

                        Ich fahre wieder







                        Pünktlich um 18 Uhr bin ich in Arvidsjaur. Der Namen prägt sich mir ein: Ich sehe dort die ersten Rentiere! Eine kleine Herde zieht gemütlich die Dorfstraße entlang, auch sehe ich hier die ersten Samen in ihrer bunten Tracht.
                        Der Campingplatz ist auch sehr schön und bietet mir kostenloses W-Lan bis 22 Uhr. Nur parke ich mein Zelt dann so, so dass sich beim nächtlichen Wind die Plane löst und es erstens etwas reinregnete und zweitens das ganze ziemlich laut ist.
                        Aber kein Problem, schlafen kann ich eh nicht: Der Sonnenbrand brennt wie Feuer und ich kann nur noch auf dem Bauch liegen.



                        Tag 11
                        25.08.2007
                        Strecke Arvidsjaur - Galliväre
                        Länge 479,40 km
                        Fahrzeit 6:04



                        So bin ich heute auch schon um halb sieben auf den Beinen: Packen und los. Hier in Arvidsjaur ist es noch ganze neun Grad warm.




                        Polarkreis vor Jokkmokk

                        Jokkmokk und Kvikkjokk stehen auf dem Programm und Regen, Regen, Regen. Mir ist nicht ganz klar, wie weit Kvikkjokk von Jokkmokk entfernt ist und so verzichte ich auf die Regenkluft und vertraue der Dichtigkeit meiner Goretex-Motorradklamotten, was sich als Fehler herausstellt. Nachdem sich Jacke und Hose 50km hinter Jokkmokk schon vollgesogen haben tun die Kälte und der scharfe Wind ihr übriges und lassen mich erbärmlich Zittern. Morgen werde ich sicher die Regenklamotten gleich am Morgen überziehen.
                        Kvikkjokk selbst finde ich weniger sehenswert, die Fahrt dorthin bleibt mir allerdings ewig in Erinnerung: Eine 100km lange Sackgasse führt die meiste Zeit am Seeufer entlang. Herrlich ruhig und einsam ist es hier, vielleicht 10 Autos sehe ich den beiden Stunden der An- und Abreise.
                        Während einer kurzen Rast genieße ich die absolute Stille um mich herum: Ich befinde mich auf einem schmalen Asphaltstreifen inmitten unbewohnter Natur, schalte den Motor und ziehe den Helm aus. Ich kann mich an eine Situation im Gebirge erinnern, als ich eine ähnliche Stille erlebte und genieße dieses seltene Geschenk einige Minuten lang.





                        Auf der Weiterfahrt löst sich mein Werkzeugfach, ein Abflussrohr aus Plastik befestigt am Motorschutzblech, zur Hälfte und ich merke es erst als es fast schon zu spät ist. Es wird morgen repariert werden müssen.
                        Die Rentiere werden meine ständigen Begleiter. Ich sehe die Tiere wirklich gerne, aber heute stehen mir drei Mal diverse Exemplare auf der Straße gegenüber, wie große Rehe, nur treudoofer. Sie lassen sich auch nicht stören, schauen mich nur verständnislos an und gehen dann doch meist gemächlich von der Straße. Zwar ist hier im verkehrsarmen Norden 110km/h auf den Landstraßen erlaubt, aber ganz gegen meine Gewohnheiten pendle ich mich bei gemütlichen 90km/h ein um nicht in eins dieser übergroßen Rehe hinein zu fahren.







                        Mittlerweile ist mein Sonnenbrand so schlimm geworden, dass ich etwas dagegen unternehmen muss. Die Haut fängt an sich großflächig zu schälen und jede Bewegung in den Klamotten schmerzt. In der nächstbesten Kleinstadt suche ich eine Apotheke: Alle haben geschlossen, es ist Samstagnachmittag. Nach einigen Nachfragen finde ich das etwas abgelegene städtische Krankenhaus gefunden.

                        Es wirkt verlassen, kein Auto steht auf dem Parkplatz.
                        Langsam gehe ich durch die Eingangstür. Auch hier ist kein Mensch zu sehen, alle Lichter sind aus, niemand ist an der Rezeption. Etwas unschlüssig stehe ich herum, gehe die Treppe zum ersten Stock hoch und wieder herunter, rufe in die leeren Gänge... Plötzlich ein lautes Geräuch aus einem der hinteren Räume!

                        Ein Fernseher läuft? Ich gehe dem Geräusch nach und entdecke weit hinten den Aufenthaltsraum inklusive zwei gelangweilter Sanitäter. Hey, jetzt habt ihr die Chance ein Leben zu retten! Ich versuche es mit meinem besten Englisch: "Sunburn! On my back!" und versuche auf meinen Rücken zu deuten und komme mir dabei unheimlich dämlich vor in meiner kompletten Motorradmontur, Außentemperaturen von nunmehr rund 5 Grad und Schneefallresten der letzten Nacht auf dem Parkplatz vor der Tür.

                        Die Gesichter der Sanitäter sprechen Bände und meinen, dass sie wohl eine Verbrennungssalbe da haben, diese aber für Notfälle gedacht sei! Und dies hier könne ja nun wirklich keiner sein. Ich solle es doch mal mit einer After-Sun-Lotion probieren, in der Stadt habe noch ein Geschäft geöffnet.
                        Mit diesen Worten machen die Beiden kehrt und widmen sich wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung: Warten.
                        Tatsächlich finde ich in der Stadt eine After-Sun-Lotion die auch meine Rettung ist da sie den in den nächsten Tagen einsetzten höllischen Juckreiz zumindest lindern können wird.


                        Der moderne Campingplatze mit den neuen Hütten und Häusern in Gällivare kommt mir wie gerufen: Nach der Nacht gestern und der Regenfahrt heute habe ich jetzt ein Einzelzimmer für 150SEK, ca. 15€, Camping mit Zelt hätte 14€ gekostet. Endlich kann ich alle meine Sachen durchtrocknen und mich aufwärmen! Mein Zimmer verwandelt sich innerhalb von Minuten in ein Labyrinth aus Zeltteilen, Schlafsack, Klamotten, Helm, und allem anderen was ich so mit mir durch die Gegend fahre und nun trocken muss.



                        Zuletzt geändert von Ôpola; 22.02.2012, 13:55.

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                        • Ôpola
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                          #13
                          AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                          Tag 12
                          26.08.2007
                          Strecke Galliväre - Olderfjord
                          Länge 585,83 km
                          Fahrzeit 7:05








                          Kautokeino





                          Auf dem Weg nach Olderfjord der bisher schönste Streckenabschnitt der Reise: Erst werden die Bäume kleiner, dann weniger und dann sind sie ganz weg und es liegt nur die weite Tundra vor mir. Herrlich. Freie Sicht über das weites Land und ein paar Rentiere zur Auflockerung, das find ich richtig toll und erinnerte mich ein wenig an die Wicklow Mountains in Irland.
                          Kurz vor Alta geht die Fahrt durch eine enge, nasse, dunkle aber gleichzeitig wunderschöne Schlucht. Eine perfekte Einstimmung, der krasse Gegensatz vom ebenen, waldigen Schweden zum kantigen, rauen Norge.

                          Das Wetter ist heute sehr gemischt: Regen, Sonne, Regen, Sonne und immer ein kalter Wind. Komplett eingepackt bin ich mit meinen Klamotten sehr zufrieden, nur die Finger sind das Problem: Ich werde wohl die nächsten Tage mit Eisfingern leben müssen.
                          Der Wind wird nun spürbar stärker und verwandelt sich auf einer weiten Fläche plötzlich in einen kleinen Sturm. Schneefall setzt ein und ich befinde mich augenblicklich im schönsten Schneesturm und kämpfe mit extremer Schräglage dagegen an! Ich fahre Vollgas trotzdem komme ich nicht mehr über die 90km/h, der Gegenwind ist einfach zu stark!
                          Wahnsinnig Kräftezehrend ist diese Fahrerei und mehr als einmal befürchte ich von der Straße geweht zu werden.
                          Irgendwann lässt aber auch dieser Wind nach. Der Schnee verwandelt sich in Regen, so dass ich mich freue, bald die Dächer des Russenes-Campings vor mir zu sehen.
                          Gleich hier vor dem Camping treffe ich einen fliegenden Holländer auf seiner FZR. Netter Kerl, kommt grade vom Kap und braust jetzt wohl ohne Pause zurück nach Hause.
                          Der Nordkap-Nepp beginnt anscheinend schon hier. Der Campingplatz wird zwar in meinem Reiseführer empfohlen, aber nun muss ich 40€ zahlen muss für ein wirklich runtergekommenes Zimmer, dreckige Toiletten und eine noch dreckigere Küche. Zur Krönung nistet ein lautstarker Vogel im Lüftungsrohr in meinem Zimmer.



                          Aber ich schlafe warm und trocken und das ist mir grade das wichtigste.
                          Ach übrigens... Nordkap! Morgen werde ich endlich da sein! Ich freu mich schon und dann gibt es auch Postkarten für die Daheimgebliebenen.

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                          • Blechroller
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                            #14
                            AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                            Ich glaub, ich werde es nie über mich bringen, diesen Ort der Massenverarsche aufzusuchen, aber ich kann gut verstehen, dass man das als Ziel sieht oder wenn man eh schon mal da oben ist...

                            Ich harre der fortsetzung!

                            Olli
                            http://blechroller.wordpress.com/

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                            • Ôpola
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                              #15
                              AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                              Ja, ich weiß was du meinst.
                              Aber es ist wie du sagst auch ein symbolisches Ziel und schön für mich sagen zu können: Hey, da oben warst du!

                              So, weiter gehts


                              Tag 13
                              27.08.2007
                              Strecke Olderfjord - Nordkap - Alta
                              Länge 364,34 km
                              Fahrzeit 5:10

                              Nach einer etwas schnellen Duschaktion und kurzem Kettencheck geht es los Richtung Nordkap, nicht ohne der Frau vom Russenes-Camping vom Nerv-Vogel zu berichten.
                              Nach Olderfjord führt die Straße gute 80km entlang am großen Porsangerfjorden. Hier ist es richtig schön zu fahren, fast kein anderes Fahrzeug weit und breit.
                              Zwischendurch passiere ich noch einige Tunnel, am meisten begeistert mich der 3km lange Skarvberg-Tunnel.



                              Zitat Reiseführer: "...und früher keine Beleuchtung hatte. Das herabtropfende Wasser verursachte im Winter lange Eiszapfen, die beim Durchfahren abbrachen." Das Problem wurde zwar zwischenzeitlich durch gelegentliche Deckenabhängungen gelöst und es gibt auch ein funzeliges gelbes Licht, aber der Tunnel hat beim ersten Durchfahren seinen sehr eigenen Charme, muffig, kalt, kahl und sehr faszinierend.
                              Dann geht es noch durch den Nordkaptunnel...



                              ...7km lang und 70NOK teuer (der Rückweg kostet noch einmal 70NOK, aber das erfährt man erst auf diesem, was interessant ist da es keinen anderen Weg von der Insel gibt) und ich bin auf der Nordkapinsel!
                              Weiter über ausgedehnte Tundra-Landschaft mit vielen Rentieren und viel Wind...





                              ...bis ich in der Ferne die Kuppel des Nordkapkomplexes sehe.



                              Endlich, ich bin angekommen!

                              Ich das Nordkap erst einmal ganz für mich alleine. Morgens um zehn und Ende August ist die Welt hier noch in Ordnung. Außer mir stehen nur eine handvoll Autos auf dem Parkplatz und so genieße ich die Stille am Kap.
                              Danach gibt es einen ausführlichen Rundgang durch die Anlage und einen sehenswerten Film im 180 Grad Kino über die Jahreszeiten am Nordkap.



                              Als ich mich wieder an Tag blicken lasse, ein mittelprächtiger Schock: Sieben Reisebusse überfallen die Anlage gleichzeitig und am Globus muss man nun Schlange stehen fürs obligatorische Foto.



                              Im Souvenirshop bezahlte ein deutsches Ehepaar älteren Semesters mit einem 50€-Schein vier Postkarten und wundert sich, dass es so komische bunte Scheine und Münzen mit Löschern drin als Wechselgeld gibt.
                              Nach weiteren drei Stunden wird es so langsam dann auch Zeit für die Rückreise.







                              Die Strecke bis Alta kenne ich nun schon, heute ist es noch mal extra zugig. Aber ich bin ja kein Warmduscher, habe deshalb nur meine Mopedstiefel, kurze Socken, Skisocken, eine Unterhose, eine Radlerhose, eine Motorradhose, eine Regenhose, ein T-Shirt, ein Laufshirt, einen Pulli, eine Motorradhose, eine Regenjacke, ein Halstuch, eine Skimaske, einen Helm, ein Paar Unterhandschuhe und ein Paar Motorradhandschuhe angezogen und kalt ist mir auch nur noch wenig.
                              Laufen lassen, die Landschaft genießen. Ein Blick nach rechts, hier muss ich anhalten!



                              Eine kleine Japanerin hatte kurz vor mir die gleiche Idee und hüpft sofort auf mich zu als sie mich entdeckt! Woher ich komme will sie in recht gutem Englisch wissen. Deutschland? Das sei ja sooooo weit weg! Na ja, Japan liegt auch nicht grade um die Ecke... Sie fragt mich weiter aus, ist überglücklich über mich, mein Motorrad, die ganze Welt! Ich habe wohlgemerkt noch immer meinen Helm an und das Tuch bis unter die Augen gezogen, aber das scheint sie nicht zu stören, eine wahre Frohnatur und dann freuen wir uns beide noch ein paar Minuten zusammen





                              Bis zum Zeltplatz ist es nicht mehr weit, aber zuerst steht noch ein schwieriges Unterfangen an: Die Suche nach mobilem Internet in Norwegen.
                              Ich finde im Altaer Alleencenter Gott sei Dank einen Typen im Handyladen der zwar genauso viel oder wenig Ahnung von der Materie hat wie ich, aber doch mit viel Motivation an die Sache ran geht. Wir brauchen zusammen eine Stunde um alle Infos zusammenzutragen und -zutelefonieren, beide nur in mittelprächtigem Englisch. Dafür hab ich jetzt eine norwegische Prepaid-SIM und kann für wenig Geld ins Netz. Ist doch klasse!
                              Der Campingplatz ist dann auch sehr schön:



                              Eine warme Küche, saubere Duschen und ich quatsche ein wenig mit einem deutschen Pärchen, unterwegs mit einer BMW-GS, und zwei Russinnen, unterwegs mit viel Vodka.
                              Ich glaube das ist nun auch die bisher kälteste Nacht. Ich sehe zum ersten Mal meinen Atem und friere entsetzlich. Mir dämmert so langsam, dass der norwegische Spätsommer nicht unbedingt mit dem unseren zusammen fällt und eine Ausrüstung bestehend aus 10 Jahre altem Aldi-Iglu-Zelt, uraltem Aldi-Schlafsack und einer billigsten Alu-Isomatte nicht Nord-Norwegen-Im-September-Geeignet ist.
                              Ich friere wie ein Schlosshund trotz des Drapierens aller meiner Klamotten unter, auf und an mir und meine Nase glaubt ein Eis am Stiel zu sein.
                              Zuletzt geändert von Ôpola; 24.02.2012, 15:29.

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                              • mastersergeant
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                                AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder



                                Gruß von einem FZ Treiber

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                                  Tag 14
                                  28.08.2007
                                  Strecke Alta - Tennevoll
                                  Länge 478,86 km
                                  Fahrzeit 6:47



                                  Die Strecke heute ist landschaftlich eine der Schönsten der gesamten bisherigen Tour: Von Alta bis fast nach Narvik geht es vorbei an atemberaubender Kulisse, mal direkt am Wasser, mal weit oben über den Fjorden. Man muss es einfach gesehen haben!














                                  Ich lasse mir Zeit und mache viele kleine Pausen, aber irgendwo 150 km vor meinem Tagesziel und mit einsetzendem Regen verlässt mich die Lust am Fahren und der Rest des Weges ist eine kleine Qual. Dafür soll am Ende ein toller Campingplatz in Tennevoll auf mich warten, aber als ich dort ankomme, ist weit und breit nichts davon zu sehen.
                                  Ich befinde mich am Ende des Lavangenfjordes um mich herum erhebt sich Berg um Berg.

                                  Es gibt einen anderen Campingplatz hier und für 15€ (der Wächter ist Deutscher, ich habe keine Kronen mehr und er nimmt die Euros) bekomme ich einen miefigen Wohnwagen. Der Alte ist ein wenig gruselig und zeigt ein ungewöhnliches Interesse an meinem Motorrad und meinem Wohlbehagen, fragt, nachdem er mir die Heizung in dem klapprigen Wohnwagen anmacht, sicher noch 5-mal nach ob es denn jetzt auch schön wärm hier wäre. Mir wäre es lieber gewesen er hätte den Wohnwagen abgedichtet. So schlafe ich im Stakkato der in die Eimer aufschlagenden Regentropfen ein.



                                  Hier im Camp riecht alles: Der Wohnwagen, die Küche, die Duschen, der Alte. Ich bin froh wenn's morgen weitergeht, noch einmal mehr als 500 km über die E6 bis Mo I Rana. Parallel dazu verläuft die RV17, nachdem was ich darüber gelesen habe eine der Traumstraßen Europas. Mangels Zeit und Geld bleibt dies für mich in diesem Jahr auch erstmal ein Traum und kommt, neben den Lofoten, auf die Wunschliste für die nächste Tour.



                                  Tag 15
                                  29.08.2007
                                  Strecke Tennevoll - Korgen
                                  Länge 577,31 km
                                  Fahrzeit 7:43

                                  Geschlafen habe ich dann doch noch erstaunlich gut im miefigen Wohnwagen, ich glaube die Erschöpfung nach der langen Tour gestern hat ihr übriges getan. Nur das Duschen heute morgen erspare ich mir hier.
                                  Über Nacht hat es geschneit auf den Bergen ringsherum.



                                  Von Tennevoll geht es wieder 20 km durch eine wundervoll im Morgennebel liegende Schlucht zurück auf die E6. Es ist ein toller Morgen, die Sonne scheint nach dem langen Regen gestern und ich will Strecke machen!







                                  Aber schon hat mich die norwegische Verkehrsrealität eingeholt:
                                  Um halb 12 stehe ich an der einzigen Fähre die noch an der E6 existiert und kann ihr nur noch hinterher schauen. Seit zwei Tagen ist Winterfahrplan, das bedeutet für mich erst einmal zwei Stunden hier zu warten.
                                  Aber solch eine Pause ist immer gut Bekanntschaften zu machen und ich lerne dort einen deutsch sprechenden Norweger kennen der auf der Suche nach einem neuen Zuhause hier im Norden ist. Auf meine Frage wie es sich in Norwegen so lebt meinte er man käme mit 2000NOK im Monat gut hin: Wasser und Essen gibt es im Fluss, auf Strom ist keine
                                  Mehrwertsteuer, Holz zum Heizen findet er im Wald, er braucht nur noch ein kleines Häuschen zum leben... 2000NOK sind 250Euro. In Anbetracht der Tatsache das ich für 0,5er Wasser, 2 Bananen und 5 Scheiben Brot schon 6€ bezahlt habe, halte ich das doch für sehr optimistisch, wünsche ihm aber aufrichtig viel Glück für seinen Traum.





                                  Die Überfahrt bietet dann wieder herrliche Ausblicke und herrliche Ruhe.
                                  Kurz hinter der Fähre muss ich trotz allem Zeitdruck einen Abstecher zum Strand machen. Was sich auf der Karte andeutete, bewahrheitet sich: ein wahnsinns Blick auf die Lofoten öffnet sich an der Küste.









                                  Nach einer weiteren Fjordtour geht es dann ins Hochland und um 18 Uhr passierte ich zum zweiten Mal den Polarkreis bei Mo I Rana.





                                  Verdammt zugig hier oben! Das Wetter hält, kein Regen, aber die Finger schmerzen! Diese eiskalten Finger machen mir nun tatsächlich am Meisten zu schaffen. Die erste Stunde wärmen die Handschuhe mich noch, aber dann zieht sich die Kälte durch alle Lagen und ich muss den ganzen Tag über meine Finger bewegen um die Durchblutung ein wenig in Gang zu halten. Am Ende habe ich 3 Paar Handschuhe an: Arbeithandschuhe die ich noch im Gepäck gefunden habe, dünne Liner und meine pseudowasserdichten Sommermotorradhandschuhe. Leider ohne Erfolg und an den Füßen ist es mittlerweile nicht viel besser, trotz Socken und Skistrümpfen in den guten Daytona Motorradstiefeln. Von außen bleibt ja alles trocken, aber das nützt mir nichts wenn der Schweiß sich durch die Kälte irgendwann extrem abkühlt und mich auskühlt.

                                  Aber ich kann dort oben noch einmal richtig Gas geben unbehelligt von eventuellen Blitzern und mache so noch einige Kilometer.
                                  Ich durchfahre unzählige kleine und größere Tunnel. Die Gebirgstrecke hier ist landschaftlich sehr genial, unzählige schroffe ungewöhnlich geformte Felsen und Berge säumen meinen Weg!
                                  Abends erreiche ich ziemlich am Ende meiner Kräfte den Campingplatz in Korgen. Der Besitzer hat schon die Winterruhe eingeläutet und an der Tür hängt nur noch ein Schild: "Bitte 100NOK in den Briefkasten werfen fürs zelten." Quasi Glück gehabt, denn ich habe wieder vergessen mir Kronen zu besorgen, der nächste Geldautomat ist sehr weit weg und so stecke mein letztes Geld, 60NOK, in den Kasten, 10 NOK halte ich fürs morgendliche Duschen zurück. Nun taucht doch noch der Besitzer auf und ist zuerst etwas verärgert, versteht dann aber meine Lage und erlässt mir den Rest.
                                  Mit auf dem Platz stehen zwei Wohnwägen voller Russen die, wie es sich anhört, die ganze Nacht über feiern werden. Aber ich bin todmüde und schlafe um 22 Uhr ein.

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                                  • Ôpola
                                    Erfahren
                                    • 01.05.2008
                                    • 390
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                                    Tag 16
                                    30.08.2007
                                    Strecke Korgen - Trasavika Camping
                                    Länge 461,28 km
                                    Fahrzeit 6:12

                                    Wieder eine Nacht im Zelt und wieder ist es saukalt, ich kann wirklich nicht gut schlafen. Der Schlafsack ist nicht für Temperaturen unter 5 Grad gedacht. Ich frag mich auch: wie hält man sich das Gesicht warm im Winter, im Schlaf, draußen. Dafür entschädigt die morgendliche heiße Dusche mal wieder, nur der Regen der schon die ganze Nacht fiel, will nicht nachlassen.
                                    Also entschließe ich mich erstmal zu einem gemütlichen verlängerten Frühstück und mache es mir im Sessel des Wohnraums bequem. Die Russen haben ein ziemliches Schlachtfeld hinterlassen, sind aber schon früh wieder auf den Beinen. Ich verstehe kein Wort, bekomme aber einen halben Marmorkuchen in die Hand gedrückt und grinse breit. Bis 12 Uhr surfe ich noch im Internet und dann geht es auf das letzte Stück der E6 vorbei an Trondheim bis Orkanger.
                                    Es regnet durchgehend! Ich sehe durch die tief hängenden Wolken und den ewigen Wasserschleier auf dem Visier nicht viel von der Landschaft und bin nur damit beschäftigt meine Fingerspitzen ein wenig warm zu halten, Bilder mache ich keine.
                                    Ich erreiche dann irgendwann meinen Campingplatz Trasavika Camping. Dort gibt es, nachdem der nette Herr des Hauses mich noch 15 Minuten in der Kälte hat stehen lassen, Gott sei Dank für 300 NOK Nebensaisonpreis eine kleine Hütte mit Heizung. Die Hütte ist genial warm. Ich schlafe himmlisch von 11 Uhr am Abend bis 8 am nächsten Morgen.



                                    Tag 17 mit strahlendem Sonnenschein aufgewacht!
                                    31.08.2007
                                    Strecke Trasavika Camping - Trollstigen Camping
                                    Länge 313,32 km
                                    Fahrzeit 4:41

                                    Eigentlich gilt es jeden Sonnenstrahl auszunutzen, aber ich habe noch ein wenig zu arbeiten und bleibe deshalb bis High Noon in meiner kuscheligen Hütte. Aber auch der Rest des Tages bleibt schön!
                                    Nach den vielen Tagen des Kilometermachens steht heute die erste kurze Tour an: 300 km cruisen, Landschaft genießen.









                                    Ich halte oft für Fotos, fahre eine sehr schöne Passstraße welche wohl auch als Rallye-Strecke genutzt wird was an den zahlreichen Straßenbemalungen zu erkennen ist und komme in den Höhenlagen auch wieder sehr nah an den ersten Neuschnee des Jahres heran.
                                    Eine Zeitlang fahre ich ein kleines Freundschaftsrennen mit einem Einheimischen entlang eines Fjordausläufers, am Fotostop zeigt er sich allerdings nicht interessiert und so trennen sich unsere Wege wieder.



                                    Abends erreiche ich den Trollstigen der morgen erklommen werden will. Respekteinflößend steht der Berg vor mir mit seinem verrückt in den Stein planiertem Asphaltband.



                                    Es geht zurück zum 4-Sterne Zeltplatz in der Nähe und bei diesem tollen Wetter wird natürlich wieder gezeltet!
                                    Der wunderschöne Sonnenuntergang verleiht dem kräftigen Rosa meines treuen Bauparkzeltes den letzten Schliff, die Berge bieten den Rahmen für dieses Bild.



                                    Wenig ist los hier am Ende des Sommers: Ein Deutscher der acht Monate im Jahr in Schweden wohnt und den Rest des Jahres mit dem Wohnwagen durch Norwegen tourt, zwei Franzosen vom Mont Blanc, die von Campingplatz zu Campingplatz wandern um dann die Gegenden zu erkunden.



                                    Tag 18
                                    01.09.2007
                                    Strecke Trollstigen Camping - Boyum Camping
                                    Länge 275,36 km
                                    Fahrzeit 4:26

                                    Und wieder eine sau kalte Nacht im Zelt, 5 Grad sind es heute Morgen, geschlafen habe ich so lala.
                                    Der Himmel ist verhangen, windig und kalt ist es, aber es regnet nicht. Ab und zu schaut sogar die Sonne ein wenig durch die Wolken.
                                    Also auf geht’s! Um halb 10 sitze ich auf der Kiste und ab geht es zum Trollstigen. Das ist echt eine nette Wand die ich hier grade erklimme. Ans Fotografieren denke ich unterwegs weniger da ich anscheinend nicht so ganz schwindelfrei bin, schieße dafür aber von oben noch ein paar Andenken.



                                    Weiter bewege ich mich über die anschließende Bergstrasse und stehe auf einmal mitten im Schnee!









                                    Bald fahre ich wieder den Berg herunter, ein Stück mit der Fähre und wieder hoch in Richtung Geiranger. Zum Motorradfahren sind die Strecken heute absolut genial: Von obersten Punkt der Adlerstraße wird ein schneller Blick auf den Ort Geiranger geworfen..



                                    ..schon geht es Serpentine um Serpentine nach unten, durch den Ort hindurch, und auf der anderen Seite die Serpentinen wieder hinauf.



                                    Zwischendurch wechsle ich noch ein paar Worte mit einem etwas betagteren GS1200er-Fahrer der eine sehr sehr junge, blonde, hübsche Sekrät... Beifahrerin spazieren fährt.
                                    Bis hier ist das Wetter ok, auf dem Berg hinter Geiranger allerdings fängt das Unheil an: Erst nur etwas Regen, dann aber auf dem Weg zum Dalsnibba-Gipfel Schnee und Nebel und ein Witz: Unten an der Zufahrt zum Dalsnibba sitzt ein Student im Holzhäuschen und kassiert 40 Kronen. Dafür darf ich 5 km Lehm-Serpentinen-Piste fahren um oben festzustellen, dass ich außer einem verzweifelten Franzosen nichts sehe. Alles, wirklich alles, liegt in dichtem Nebel, noch dazu Schneetreiben. Ich drehe ein kleines Video wenn ich schon mal hier bin von einem schönsten Aussichtspunkte auf runden 1500 Metern Höhe.
                                    Also wieder 5 km runter im 1. Gang und weiter im Regen, der sich irgendwann immer mehr in ein unaufhörliches Schütten verwandelte.



                                    Die Landschaft ist weiterhin beeindruckend: Über Stryn vorbei am Innvikfjorden, die E60 ist auf dem ersten Teilstück noch sehr schön alt und schmal angelegt.
                                    Dann weitere Serpentinen bis Byrkjelo und weiter zum Boyum Camping. Ein weiterer 4 Sterne Platz, da bin ich schon gespannt was mich erwartet. Und siehe da: Es gibt neben Camping für 120 NOK auch ein Bett im 6er Zimmer unterm Dach für 135 NOK! Klasse, ich kann meine Sachen wieder trocknen und bin auch heute der einzige Bewohner.



                                    Das gesparte Geld investiere ich gleich in eine Waschmaschinenladung, für meinen Pullover wird es nach 2 Wochen Dauereinsatz Zeit.
                                    Schnell wird noch der Wetterbericht gecheckt und die weitere Tour geplant: Morgen geht es durch den längsten Autotunnel der Welt: 24,5km lang.
                                    Die Touren sind jetzt natürlich viel entspannender zu fahren wenn 300 km statt 500 auf dem Plan stehen. Da schlaf ich doch gleich morgen mal aus!

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                                    • Ôpola
                                      Erfahren
                                      • 01.05.2008
                                      • 390
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                                      #19
                                      AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                                      Tag 19
                                      02.09.2007
                                      Strecke Fearland - Gol
                                      Länge 267,59 km
                                      Fahrzeit 4:13





                                      Glück gehabt. Ich befürchte zuerst heute einen großen Umweg fahren zu müssen: Im Netz finde ich nur die Info das meine Fähre schon im Winterdienst ist, nur noch einmal am Tag und nicht zu der Zeit fährt, wenn ich da bin. Aber die zweite Fähre ist noch in Betrieb und lasse mich nach Laerdal übersetzen.



                                      Ich habe heute viel Zeit und meine Tagestouren nun auf 250-300 km reduziert.



                                      Das Wetter war heute Morgen bei der Abfahrt noch sehr regnerisch und verhangen, hier bei Laerdal scheint allerdings schon wieder die Sonne und so mache ich einen Abstecher über den längsten Autotunnel der Welt hinweg und fahre die alte Gebirgsstraße Snøvegen nach Aurland.







                                      Eine sehr schöne Straße: Kurvenreich führt sie 50 km auf dem Bergrücken entlang. Dann aber schlägt das Wetter schlagartig um: Wind zieht auf und versucht mich von der Straße zu ziehen, zu drücken. Die Straße ist schmal und direkt am Wegesrand drohen große und spitze Felsbrocken und schon ziehen dicke Wolken über den Bergen auf. Der sofort einsetzende schnee fliegt durch den Wind waagerecht über das Hochplateau und ich sehe mich schon unter einem Felsen gekauert auf den Schneepflug warten.
                                      Ich kämpfe mich langsam weiter und bin froh nach einer gefühlten Ewigkeit den Rand des Berges zu erreichen. Weiterhin langsam geht es die Serpentinen hinunter und je tiefer ich komme, desto mehr flaut der Wind ab. Vom spektakulären Stegastein genieße ich den Blick hinunter in den nun ruhig vor mir liegenden Aurlandsfjord.



                                      Lange halte ich mich nicht auf und es geht zurück, diesmal 24 km gradewegs durch den Berg, den Lærdalstunnel, den längsten Straßentunnel der Welt.



                                      Es ist schon ein seltsames Gefühl so lange hier im Tunnel zu sein, aber die Norweger sorgen für Abwechslung: Alle sechs km sind große Höhlen installiert die mit indirekten Lichtspielen dem Fahrer ein Gefühl der Geborgenheit und Abwechslung geben. Schön anzusehen und eine sehr gemütliche Stimmung.
                                      Nach dem Tunnel geht es ein wenig durch unbefestigte Baustellen und dann hoch Richtung Gol, der Skisportarena Norwegens. Wieder eine Bergstraße, aber sehr gut ausgebaut und schnell zu fahren, Schöne Landschaft, kahl, keine Bäume.
                                      Kurz vor Hemsedal fliegt ein Schild an mir Vorbei, irgendwas mit "...foss"! Es ist eh Zeit für eine Pause. Ich stelle das Moped zur Seite und betrete einen kleinen Weg zwischen den Bäumen...



                                      ...und nach 200 Metern Fußmarsch öffnet sich mir der Blick auf eine verwunschene Wasserlandschaft. Zeit zum Verweilen. Die Sonne wärmt die Felsen und auch mich nun der so lang wie er ist auf eben diesen liegt.





                                      Gegen 18 Uhr erreiche ich Gol und beschließe, da es schon recht spät ist, hier zu übernachten.



                                      Die Stabkirche möchte ich mir noch anschauen hat aber schon geschlossen. Der Campingplatz gefällt mir und nun sitze ich im Aufenthaltsraum, schaue ein wenig norwegisches Fernsehen und schreibe einen Reisebericht.










                                      Zum Moped:
                                      Es gibt leichten Ölverlust am Generatordeckel links, was ich aber, nach Rücksprache mit meinen Freunden vom Tenere-Forum, als unproblematisch einstufe.



                                      Heute habe ich mein letztes Öl nachgefüllt, was einen Verbrauch von drei Litern auf den letzten 7000 km seit meinem Start zu Hause bedeutet. Die Kette habe ich zum ersten Mal gespannt, nicht einmal eine Umdrehung ist nötig. Auch der Reifendruck hat sich seit 1000den von Kilometern nicht verändert.
                                      Alles im grünen Bereich.



                                      Tag 20
                                      03.09.2007
                                      Strecke Gol - Utne
                                      Länge 315,33 km
                                      Fahrzeit 5:37



                                      Ich werde sehr früh gegen halb sechs vom starken Wind geweckt. Ich lasse mir viel Zeit und nach ausgiebigem Frühstück komme ich um neun Uhr bei Sonnenschein und weiterhin starkem Wind, los. Mein Weg führte mich zuerst durch einen der bekanntesten Wintersportorte Norwegens, Geilo, aber da alle Hänge noch grün sind, gibt es dort außer ein paar Einheimischen nur große, leere Hotels zu bestaunen.



                                      Jetzt hoch zur Hardangervidda. Eine wunderschöne Hochebene erstreckt sich vor meinen Augen: Seen, Bäume, Berge und ein eisiger Wind.



                                      Schnell entschließe ich mich doch wieder meine Regenklamotten als Windschutz überzuziehen was eine gute Entscheidung ist denn der Sonnenschein hält nicht lange an.
                                      Schon beim Vøringsfossen, einem weiteren spektakulären Wasserfall, gibt es Nieselregen, noch gemischt mit Sonne aber durch den kalten Wind bin ich wieder so durchgefroren, das ich hier erst einmal lecker Tee am gemütlichen Kaminfeuer im angeschlossenen Cafe genieße.





                                      Nach einer Stunde Pause und vielen geschossenen Bildern vom wirklich schönen Wasserfall fahre ich an der Steilwand entlang durch unzählige Tunnel hinunter ins Tal nach Eidfjord.





                                      Dort liegt Norwegens größtes Wasserkraftwerk, das natürlich schon für Besucher geschlossen hat. Nachsaison.

                                      Auch führt von hier ein sehr schmaler Weg durch einen 2,5 km langen unbeleuchteten einspurigen Tunnel hoch zum Kjeåsen einem Einsiedlerhof der früher nur über einen schmalen Stieg am Berg zu erreichen war.



                                      Ein paar Wanderer erzählen mir das dort noch eine alte Frau lebt, die im Sommer Waffeln an Touristen verkauft und im Winter, wenn der Tunnel wegen der großen Schneemassen geschlossen ist, mit Ihren paar Schafen und Ziegen hier oben alleine wohnt.
                                      Der Tunnel hat noch die Besonderheit das er eine Einbahnstraße ist, die alle 30 Minuten die Richtung wechselt, wie ein großes Schild unten anzeigt. Nur wissen das wohl nicht alle und prompt kommt mir ein Auto im Tunnel entgegen.







                                      Weiter geht es mit der Fähre über den Eidfjorden und ab dort immer am Fjord entlang bis Norheimsund. In Norheimsund ein weiterer berühmter Wasserfall: ein Weg führt hinter ihm und der Felswand entlang, der Steinsdalsfossen.





                                      Hier weiß ich dann auch wieder, warum ich mit dem eigenen Motorrad unterwegs bin: Mit mir kommen gleich vier Reisebusse an und 200 Touris schlängelten sich den Berg hinauf zum Fall, bewaffnet mit Kameras und Videokameras, stürmen die Souvenirläden und verschwinden nach einer einprogrammierten Fotopausenzeitspanne wieder in ihren Bussen.



                                      Was in diesem Land wohl zur Hauptsaison los sein muss?

                                      Hinter Nordheimsund geht die Fähre nach Jondal, auf dessen Hausberg ein Gletschersommerskigebiet existiert. Da es allerdings schon halb fünf ist als ich dort ankomme, machte ich mir wenig Hoffnung auf ein Skiabenteuer. Es führte ein 20km langer, gut asphaltierter aber schmaler und kurviger Weg vorbei an haushohen Gesteinsbrocken ins Gebirge.



                                      Der Weg hat sich gelohnt, das Ziel weniger: 50m Skipiste verschwinden im Nebel, rundherum Geröll und ein schlecht gelaunter Norweger.



                                      Da die Sicht auch wieder schlechter wird und es zu schneien beginnt, fahre ich schnell wieder hinunter und machte mich auf den Weg nach Utne, wo ich heute schlafen werde.
                                      Hier scheint auch wieder die Sonne zum Abschluss dieses tollen Tages und ich fahre durch eine sehr schöne Obstanbauregion mit Bäumen voller Äpfel, immer am Fjord entlang bis Utne. Kleine, gute Straßen, kleine Ortschaften wunderschön am Wasser gelegen, lassen die letzten Kilometer zu einem Genuss werden.



                                      Vor Utne finde ich meinen Campingplatz: sehr schön am Wasser gelegen, tolle Ausstattung und mit einen der bisher schönsten Aufenthaltsräume, hergerichtet in einer alten Scheune mit Panoramablick über das Wasser.





                                      Ich lerne dort eine Fahrrad fahrende Deutsche und ein deutsches Pärchen um die 25 kennen. Letztere sind auf Drei-Wochen Urlaub, waren allerdings schon im letzten Winter für vier Monate in Norwegen und erzählen uns einiges über das Leben hier als Ausländer. Das es schwer für sie war Arbeit zu finden und auch das es sich als nicht so einfach herausgestellt hat Freundschaften zu den Norwegern aufzubauen.
                                      Um elf geht es dann für uns alle in die Zelte.

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                                      • Ôpola
                                        Erfahren
                                        • 01.05.2008
                                        • 390
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        AW: [SE][NO] Nordkap 2007 - Nachsaison und ein Zylinder

                                        Die Woche Urlaub hat gutgetan
                                        Weiter gehts mit dem Bericht!


                                        Tag 21
                                        04.09.2007
                                        Strecke Utne - Roldal
                                        Länge 213,60 km
                                        Fahrzeit 3:59

                                        Die Nacht ist ruhig, aber immer noch kalt, der Morgen herrlich: Ein sonniger Sonnenaufgang und gemeinsames Frühstück am Wasser.
                                        Um zehn Uhr dann weiter, heute steht die Tour Utne, Odda, Rosendal, Tysedal, Roldal auf dem Programm. Gleich die Tour nach Odda ist wieder einmal verträumt und wunderschön,
                                        was nach den elf Kilometern des Folgefontunnels auf der anderen Seite des Gletschers auf der Tour nach Rosendal noch getoppt wird: Ein spiegelglatt liegender Fjord in dem sich die umliegenden Felsen spiegeln, Wasserfälle die unter der Straße durchfließen. Alles noch wenig touristisch erschlossen da der Tunnel erst 2002 gebaut wurde und Rosendal bis dahin nur
                                        per Schiff zur erreichen war. Um es mit dem Engländer zu sagen den ich unterwegs traf: "It's a marvelous road!"



                                        In Rosendal decke ich mich mit Proviant ein und mache einen Spaziergang im Garten des Baroniet, des kleinsten skandinavischen Schlosses mit uraltem Laubbaumbestand.







                                        Wieder zurück in Odda halte ich mich erstmal wieder Richtung Norden nach Tysedal, es gibt dort das alte Wasserkraftwerk zu besichtigen. Ich laufe alleine durch die alte
                                        Verlassene Maschinenhalle und auch die anschlosse Ausstellung ist schön gemacht.



                                        Das Gebäude liegt natürlich wunderschön eingerahmt am Fjordufer.





                                        Von dort mache ich einen kurzen Abstecher zum Stausee oberhalb der Stadt, nur die Lorenseilbahn ganz nach oben hat geschlossen. Nebensaison.



                                        Auf dem Weg nach Roldal geht es durchs Oddatal, gut geeignet zum gemütlichen Cruisen und zwischendurch eine kleine Pause beim Doppelwasserfall Låtefoss.



                                        Um 18 Uhr bin ich dann in Roldal und habe richtig Glück mit der Zimmersuche: Ich bekomme auf einem schönen Campingplatz eine Hütte für 200 NOK und schreibe noch bis 24 Uhr an meinen Berichten.





                                        Geschickterweise passiert es mir heute schon zum dritten Mal einen bzw. mehrere Tagesberichte zu löschen und ich darf nun also alles noch einmal in die Tasten hauen.
                                        Dieser Tag ist der sonnigste und wärmste Tag seit langer Zeit für mich.



                                        Tag 22
                                        05.09.2007
                                        Strecke Roldal - Jorpeland
                                        Länge 202,96 km
                                        Fahrzeit 3:26

                                        Die Stabkirche in Roldal ist von außen eher schmucklos, aber von innen beeindruckend. Weniger die, auch schönen, Bemalungen der Wände und der Decke und die alte Einrichtung, viel Faszinierender finde ich die Bauart der Kirche: komplett aus Holz gebaut steht sie dort seit Hunderten von Jahren. Man merkt, man hört und fühlt, das alte Haus lebt. Es knarzt und knackt im Gebälk.



                                        Nachdem das Wetter gestern Vorfreude auf mehr machte, regnet es heute wieder durchgehend.



                                        Von Roldal bis Jorpeland kommt kein starker aber unablässiger Nieselregen von oben, der Himmel ist dunkel verhangen.
                                        Da machte es auch keinen Spaß noch mehr Wasserfälle zu sehen und ich fahre am Gullingen Turistsenter vorbei Richtung Fähre nach Hjelmeland. Auch auf die Besichtigung des größten Wasserkraftreservoirs Europas habe ich seltsamerweise heute keine Lust und so fahre ich direkt nach Oanes. Es ist eine gemütliche Fahrt auf der ich viel Zeit zum Nachdenken habe, durch unzählige Tunnel, vorbei an Seen, Flüssen, Feldern und Schafen.
                                        Die Touristeninformation in Oanes hat geschlossen, ebenso die in Jorpeland, ebenso das Steinzeitdorf in Foarnes. Nachsaison. Also bleibt nur die Suche nach einem günstigen Campingplatz.

                                        300 NOK für eine Hütte wollen sie hier. Das ist nicht ganz günstig, aber dafür ist es alles recht billig hier und auch auf diesem Campingplatz werde ich mir das Duschen verkneifen, die Duschen sind ebenfalls zum abgewöhnen.
                                        Mein Nachbar ist heute der redebedürftige Altnazi und letzte Dauercamper der mir erst etwas vom bösen Brandt erzählt, auch das halb Polen eh Deutsch ist und von der bösen Wiedervereinigung. Schon der zweite mit solch kruden Ansichten den ich treffe.
                                        Aber nun ist gut: Halb zehn ist es, schlafen ist angesagt und auch freuen auf einen sonnigen Donnerstag!



                                        Tag 23

                                        Der Preikestolen
                                        ... und einer ging über die Klippe.
                                        Nachdem es gestern ja durchgehend geregnet hatte und meine Stimmung auf dem Tiefpunkt war, dachte ich, ich würde morgen Mittag schon auf der Fähre nach Deutschland sitzen.
                                        Aber der Tag heute fängt mit viel Sonne an und nur wenige Wolken tummeln sich dort oben, also steht schnell der Entschluss fest: Es muss heute die Kanzel werden!
                                        So ist dies heute auch meine kürzeste Tour, nur 10km zur Preikestolhytta fahre ich. Hier gibt es ein Bett im 4-er Zimmer für 310 NOK inklusive frischer Bettwäsche, Frühstück und Parkplatz. Los ist hier im Wanderheim noch nichts, so dass ich bis jetzt wieder einmal das Zimmer für mich habe. Ich fühle mich hier wohl.
                                        Um 10:30 Uhr mache ich mich dann in Jeans und Straßenschuhen, eine willkommene Abwechslung, auf den Weg. Ich treffe noch einen Biker der grade vom Felsen zurückkommt und die Strecke ohne Pause in 3:15 Stunden gemacht hat.
                                        Gleich geht es zügig den Berg hinauf und nach 400 Metern muss ich erstmal verschnaufen und die Jacke ausziehen. Weiter geht es, diesmal einen Schritt langsamer. Ich schließe mich einem deutschen Pärchen an, wir wandern in ca. anderthalb Stunden hinauf zum Felsen und überholen unterwegs zwei Schulklassen.
                                        Der Weg ist nicht ganz einfach zu meistern: Man soll darauf achten, wohin man seine Füße setzt, es geht meist über kleine und große Steine und Wasser umfließt die eigenen Schuhe. Ein Stück des Weges führt dann auch direkt einen kleinen Wasserfall hinauf und fast am Ende geht man ungesichert recht nahe am 600 Meter tiefen Abgrund entlang. Eine gute Therapie gegen Höhenangst.









                                        Auf der Kanzel selbst bekomme ich dann auch erstmal weiche Knie, 600 Meter steil über dem Fjord. Manche sitzen auch ganz vorne am Rand und lassen ihre Füße über die Kante
                                        baumeln. Mein Mut reicht nur für das "auf dem Bauch ach vorne robben" aus, aber ich befinde mich in guter Gesellschaft anderer Touris.
                                        Über die Klippe geht dann auch kein Touri, sondern nur mein Apfel der mir aus der Hand fällt, über das Plateau kullert, sich dann spektakulär ist den sicheren Suizid stürzt was von allen Umstehenden mit Schrecken beobachtet wird...
                                        Als die beiden Schulklassen auftauchen und mit 30 Mann am Abgrund herumalbern wird es Zeit für den Heimweg.
                                        Der Rückweg dauert etwas länger: Es ist schwierig auf einem Hochplateau einen Baum fürs kleine Geschäft zu finden und ich muss natürlich noch viele Wegfotos machen.







                                        Nachmittags um drei stehe ich unter der heißen Dusche und später chille ich in der Sonne sitzend und den Ausblick genießend vor unserer Hütte.



                                        Morgen möchte ich die laut Reiseführer spektakulärste Straße Norwegens, 27 Harnadelkurven auf sechs Kilometern inklusive Tunnel, hinunter nach Lysebotn sehen, natürlich auch befahren und übermorgen dann geht es wohl auf die Fähre nach Hause.

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