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Mitreisende | |
Land: Schweden, Norwegen
Reisezeit: 02.08.2010 - 17.08.2010
Region/Kontinent: Nordeuropa
Rügen-Malmö-Mora-Grövelsjön-Oasen-Femundsmarka-Rogenstugan –Storrödjärnstugan- Hävlingen-Grövelsjön-Mora-Malmö-Berlin
Tach, liebe Leser und Leserinnen,
nach einigen stillen mitlesen hab ich mir nun ein Herz gefasst und mir gedacht ich schreibe hier ein bisschen was über meine Tour vom Sommer 2010.
Jedoch nicht ohne ein paar einleitende Worte dazulassen.
Vorwort:
Etwas mehr als ein Jahr vor dieser Tour sah ich den Film „Into The Wild“ der wie kaum ein Anderer Film großen Einfluss auf mich hatte, ich entschied mich bereits 2009, gerade volljährig geworden, dafür, per Anhalter nach Skandinavien zu trampen, aber das ist eine andere Geschichte.
Jedoch hat der junge Autor schon zu dieser Zeit Blut geleckt, wurde er doch früher von seinen Eltern bereits nach Schweden und in die Hohe Tatra verschleppt entwickelte sich nun erst der eigene Wille Natur zu schnuppern.
Die gesamte Reise war durch ein besonders geringes Budget, der daraus resultierenden Ausrüstung, dem öffentlichen Nah- und Fernverkehr und einer guten Portion jugendlichen Idealismus geprägt.
Nach einem Jahr der Planung fand ich, auch hier auf „outdoorseiten.net“ einen Reisebericht von
„NilsAc“ der mir bei der Entscheidung für eine Route enorm half. Ihm sei an dieser Stelle gedankt.
Die Bilder wurden übrigens aus Gewichtsgründen alle mit nem popeligen Camcorder gemacht, sorry dafür.
Aber bevor jetzt alle eingeschlafen sind geht’s los.
Montag 02.08.2010
Der Wecker klingelte, doch eigentlich war das überflüssig.
Vor lauter Aufregung fand ich eh keinen Schlaf, selbst meine Mutter war schon wach und hatte mir,
wohl zur Feier des Tages, sogar schon Frühstück gemacht.
Der Rucksack war schon seit einer Woche in einem mehr oder weniger gepackten Zustand.
Während ich mein Nutellabrötchen mampfte kamen von der lieben Frau Mama natürlich geschätzte 136 Fragen
„Hast du das Mückenspray?“ Eine Frage die mir noch lange im Kopf herumgeistern sollte...
„Einen warmen Pullover?“
„Genug frische Unterhosen?“
Ohne wirklich groß darüber nachzudenken bejahte ich alles.
Irgendwie schaffte ich es dann mit meinem Rucksack durch die Tür und lief zur U-Bahn.
Der Rucksack war schwer, sehr schwer, das letzte wiegen bescheinigte mir 21Kilo.
In der U-Bahn angekommen nahm ich Platz, der Rucksack auch, 2 sogar, die wenigen Rentner die zu dieser Zeit unterwegs waren starrten mich mit einer Mischung aus Verwunderung und Mitleid an, kann halt nicht jeder mit Rollköfferchen bei den Hurtigruten einchecken, pah.
Die nächsten Stunden gestalteten sich eher langweilig, am Hauptbahnhof rein in den Regio nach Sassnitz, das einzig spannende war Mark Twain's „In 80Tagen um die Welt“ das ich aus gegebenem Anlass aus dem Keller bergen konnte und der „Into The Wild“ Soundtrack der mir durchs Ohr dudelte.
Einige Müsliriegel später stapfte ich durch Sassnitz bereits in Richtung Fährhafen, doch nicht ohne im lokalen Aldi nochmal ein paar Vorräte aufzufüllen, es war bereits später Nachmittag,
und ich nutze die Gelegenheit zwischen den Weizenfeldern meine im Lidl erstandenen Trekkingstöcke zu erproben.
Ein wenig alt fühlte ich mich ja schon damit...
Am Fährhafen Mukran angekommen überblickte ich die Situation schnell, die nächste Fähre würde erst mitten in der Nacht in Trelleborg ankommen.
Keine gute Uhrzeit für Alleinreisende.
Ungewöhnlich viele Menschen waren dort vor Ort.
Sherlock Holmes mäßig ging ich der Sache auf den Grund.
Ich erblickte ein mittelgroßes Schiff, mit der Aufschrift „Das Traumschiff“.
Ich zuckte mit den Achseln uns ließ die Rentner gewähren, noch nicht ahnend was es mit dem Teil auf sich haben sollte.
Nun waren wichtigere Fragen zu klären!
„Wo hau ich mich aufs Ohr?“
In nächster Nähe lag ein Rohrlager, wäre doch cool in so einer Röhre zu schlafen, nur blöd wenn man auf einmal in der Ostsee aufwacht. Idee verworfen.
Aber da! Hinter dem Rohrlager, ein abgeerntetes Feld! Außerdem optisch durch einen 3Meter Erdwall im postmodernen Stil von der Straße abgegrenzt, So baute ich mein Zelt in dieser mondänen Nachbarschaft auf. Für diesen Abend mussten Muttis Brote als Abendessen ausreichen.

Das "Feldlager" für die erste Nacht.
Dienstag 03.08.2010
Und wieder war das klingeln des Weckers überflüssig.
Nach einem seltsamen Traum der Mähdrescher und eine marodierende Dorfjugend beinhaltete war ich ohnehin hellwach.
Jedoch gab es ein für den Rest der Tour wichtiges Detail das mir den wolkenreichen Morgen etwas vermieste.
Das Zelt der Marke „Rocktrail“ für 15€ ausm Lidl
war einwändig und führte dazu das jeder Milliliter Wasser den ich so veratmete sich an der Decke sammelte, langsam herunterlief, meine Isomatte benetzte und auch auf den Schlafsack niederfiel.
Egal!
Aufgewischt, zusammengepackt, und los zum Terminal, der ja direkt vor der Haustür lag.
Auf der Fähre angekommen unterschied ich mich von den anderen Rucksackreisenden dadurch das ich mangels Schlaf jetzt schon aussah als würde ich aus der Wildnis kommen.
Doch jetzt war Zeit dafür und ich verbrachte, als wir bereits die Kreidefelsen hinter uns ließen, die nächsten paar Stunden mit wohlverdientem Schlaf.
Irgendwann hieß es dann „Alle Mann von Bord!“ oder was man da so auf schwedisch für sagt,
dass nächste Ziel war Malmö.
Um wieder ein paar Euro zu sparen und Erfahrungen zu gewinnen entschied ich mich für das bewährte trampen.
Hinter der letzten Ampel der Stadt, wo mich die Autofahrer schon von weitem Mustern konnten, positionierte ich mich und setzte mein schönstes Colgate-Lächeln auf.
Jetzt ein Quiz:
Die typisch schwedischen Reaktionen auf Tramper sind?
a) weiterfahren
b) zum nächsten Bahnhof/Bushaltestelle zeigen
c) hupen
d) Vogel zeigen
e) hupen und Vogel zeigen
Richtig! a,b,c,d und e!
Und so kam es das in gewohnter Weise ein Fernfahrer hielt.
Vladan, mein Fahrer, war aus Litauen und fuhr irgendwelche Metallteile.
Lkw's sind das beste was einem Tramper passieren kann, viel Platz für den Rucksack, eine super Sicht und einen Kollegen der froh über jede Gesellschaft ist. Er konnte kein Englisch oder Deutsch, ich kein Litauisch oder Schwedisch, doch irgendwie wurde ihm klar das ich nach Malmö wollte.
Was zur nächsten Herausforderung führen sollte.
Denn irgendwie konnte Vladan mit seinem Lkw nicht nach Malmö rein sondern musste mich an einer Raststätte davor raus lassen.
Erstmal Mittagspause, hier fand ich ein paar Motorradreisende von der Fähre wieder, ein wenig geplaudert und gegessen, jedoch nicht ohne den Eindruck zu bekommen das mein Vorhaben ein wenig Skepsis in meinen Zuhörern auslöste.
Die besagte Raststätte lag wiederum ca. 6Km vom Zentrum am Autobahnring um das schöne Städtchen Malmö.
Also losgestiefelt und erst mal zwischen den Abfahrten und Kreuzen verlaufen und mein junges Leben beim überqueren von Ausfahrten riskiert, bis ich die richtige Spur gefunden habe.
Wieder die üblichen Reaktionen der Autofahrer, obwohl ich diesmal nicht einmal mit dem Daumen gezuckt hatte.
Während dieses Marschs, den ich als Einstimmung auf die nächsten Tage betrachtete, schreckte ich eine Reihe an Hasen oder Kaninchen auf, von denen es hier wohl einige zu geben schien.
Das verrieten mir die geschätzten zwei Dutzend Kadaver die ich andächtig passierte.
Irgendwann geriet ich in die Innenstadt und suchte das STF Hostel im Zentrum auf, das ich vom letzten Jahr sehr positiv in Erinnerung hatte.
Rauf auf mein Zimmer und aufs Bett gehauen und Füße gelüftet, unerklärlicher Weise veranlasste das meinen Zimmergenossen dazu aufzuwachen. An der kleinen Aufschrift auf meinen Schuhen „Bund“ entlarvte er mich als Deutschen.
Siehe da, Marco war aus Bayern und mit dem Fahrrad in Skane unterwegs gewesen.
Wir unterhielten uns, bis ich Richtung „Triangeln“ zum Einkauf startete.
Malmö war bisher immer Station bei allen Reisen die ich nach Schweden machte,
die schönen Backsteinfassaden wurden inzwischen durch ein hochmodernes Hafenviertel ergänzt.
Hier hatte ich einen grandiosen Ausblick auf den Öresund und sogar der Skyline von Dänemark. (vermutlich schon Kopenhagen? )
Vom Steg schmissen sich junge Frauen in die raue Brandung, was natürlich nur am Rande meine Aufmerksamkeit erhielt.
Ein paar Meter weiter hielt eine schwedische Version einer Alt-68erin ihre Yoga-Session und ein Pärchen tanzte Walzer.
Die Sonne ging unter und ich war schon jetzt wieder total hingerissen.
Was könnte denn jetzt schon noch tolles kommen?
Ich genoss die letzten Sonnenstrahlen des Tages und verspürte es wieder, ja da war es, dieses beflügelnde Gefühl von Freiheit.
Zum Abendessen im Hostel stieß ich wieder auf Marco, nach ein wenig Mampf hatten wir ein ziemlich deutsches Verlangen.
Bier!
Gott sei Dank sind die Ladenschlusszeiten in Schweden recht flexibel, mit einem billigen Falcon schlenderten wir durch Malmö in der Hoffnung ein paar Schwedinnen vorgaukeln zu können wir hätten uns Verlaufen, was mir sehr schwer fallen würde, schon nach meinem ersten Aufenthalt in dieser Stadt kannte ich die Innenstadt auswendig.
Großstadtkind eben...
Irgendwie taumelten wir an etwas vorbei das nach einem Nachtclub aussah.
R: „Da Schwedinnen!“
M: „Ok hin da!“
R: „Aber die lassen uns niemals rein“ (Deutet auf seine Sandalen)
M: „Was haben wir schon zu verlieren.“
Argumentativ sichtlich in Bedrängnis geraten blieb mir nichts übrig außer Marco zu folgen.
Und siehe da! Wie Boris Becker sagen würde „Ich bin drin!“
Im Club angekommen wusste ich dann auch warum man uns reingelassen hatte, eine gähnende Leere zog sich durch das durchaus elegante Etablissement.
Nur der Western-typische Strohballen hat gefehlt.
Außer einigen verlorenen Seelen auf einem Sofa fand sich nichts.
Auch der übereifrige Barkeeper der uns ein Bier aufschwatzen wollte konnte uns nicht zum bleiben bewegen.
Zurück im Hostel war es auch ungewöhnlich ruhig. Hatte ich doch noch die wilden Exzesse vom letzten Jahr in Erinnerung...
Nach einigen weiteren Bieren war es dann Zeit zu schlafen, nicht jedoch ohne Bekanntschaft mit unserem schlafenden neuen Zimmergenossen aus Spanien zu machen.


Abendstimmung in Malmö
Mittwoch 04.08.2010
Es war bereits 10 als ich erwachte, Marco war mit packen zugange und unser schnarchender Freund irgendwo unterwegs.
Ziel des Tages war es herauszufinden wie ich nach Mora komme.
Marco und ich spazierten wie ein eingespieltes Team durch die Stadt, die Sonne schien was den Outdoorler in uns herauskitzelte, wir besuchten alle Sportgeschäfte in Reichweite, ohne etwas zu kaufen.
Am Busterminal informierte ich mich über die Route, die mich mit 2maligen Umsteigen innerhalb von 11Stunden nach Mora bringen sollte.
Aber der Weg ist das Ziel und 40€ ein super Preis.
Da kann sich die Deutsche Bahn noch umgucken.
Mit dem erworbenen Ticket schlugen Marco und ich die Zeit tot, nicht ohne immer wieder eine Kontaktaufnahme mit den eingeborenen Vertreterinnen des anderen Geschlechts zu unternehmen.
Ich genoss noch einmal alle Vorzüge des Hostels, den Flatscreen, die Ikea-Küche, Internet...
Früh ging ich zu Bett, um 7 musste ich am Busterminal sein.
Donnerstag 05.08.2010
Deutlich zu früh ging ich nach kurzer Verabschiedung von Marco zum Terminal.
Ich wartete zwischen all den Reisenden auf meinen Bus der mich zunächst nach Göteborg führen sollte. Kein Backpacker oder Tourist zu sehen, scheinen alle irgendwie entweder mit Auto,Bahn oder Flugzeug zu reisen.
Im Bus selbst war ich von der Leere überrascht.
Der Fensterplatz an der linken Seite war mir sicher, denn in weiser Voraussicht wusste ich das ich von da einen wunderbaren Blick aufs Meer haben werde.
Lange Zeit saß ich allein, irgendwann hatte ich die Ehre einen jungen Schweden neben mir zu begrüßen, er bot mir zwar einen Schokoriegel an, war aber ansonsten sehr mit seinem Telefon beschäftigt.
Irgendwann bei Helsingborg setzte sich dann eine junge Norwegerin neben mich.
Den Trick mit dem Schokoriegel hab ich mir abgeschaut.
Nur doof das sie vom Shopen kam und selbst genug von dem Zeug dabei hatte,
egal, wir teilten brüderlich und unterhielten uns, leider ließ ihr Englisch keinen tiefgreifenden Austausch zu.
Zur Mittagsstunde in Göteborg blieben mir keine 10Minuten um mich am Nils Ericsson Terminal in die Schlage für den nächsten Bus einzureihen.
An dieser Stelle muss ich sagen, die Busse in Schweden haben, wahrscheinlich durch die vergleichsweise leeren Autobahnen eine Pünktlichkeit von der man hier nur träumen kann.
Dieser Bus war deutlich voller, so saß ich erst neben einer alten, aber sehr niedlich zu beobachtenden Dame die gerade ihren Salat aß.
Mir grummelte der Magen, meine Müsliriegel waren aufgebraucht, und meine Kaugummis hätten meinen Hunger nur verschlimmert.
So schnell würde ich nicht an meinen Rucksack im Laderaum kommen.
Super sind auch die Toiletten in den Bussen die zu jeder Zeit benutzt werden können und wirklich die Größe einer Toilette haben, nicht wie in den Reisebussen hierzulande, bei denen man Gefahr läuft beim verwechseln der Tür auf der Fahrbahn zu landen.
Schon vor Göteborg hatte sich die Landschaft endlich in die borealen Wälder verwandelt die man von Schweden kennt, wenn ich nun schon wegen meiner zu langen Beine nicht schlafen konnte so hatte ich jetzt zumindest was zu gucken.
Aus dem Fahrerbereich dudelte das Autoradio, irgendwann hallte ein kollektives Lachen durch den Bus, zu gern hätte ich gewusst was da so lustig gewesen war.
Ich lächelte leicht verunsichert und ließ die Zeit an mir vorbei ziehen.
Nur eine Pause brachte mich durcheinander, worauf wartet der Bus hier in diesem Kuhkaff, dessen Namen ich nicht einmal kannte?
Ich erhielt auf Nachfrage bei einem Mitreisenden die Antwort.
„Damit er pünktlich ankommt!“
Das verwirrte mich, aber erschien mir später logisch.
Wir machten Pause um unsere Überpünktlichkeit einzuholen.
Ich spare mir an dieser Stelle einen Vergleich zu Deutschland.
Der Bus leerte sich zum späten Nachmittag wie auch die Straßen.
In Borlänge hieß es wieder umsteigen, auch in 10Minuten.
Im Bus waren nur noch ein paar Omis, ein Typ mit Metallermähne und AmonAmart-Shirt und meine Wenigkeit.
Hin und wieder kamen und gingen Leute.
Es dämmerte bereits, als wir kurz vor Mora waren.
Während der ganzen Fahrt konnte man die langsame Veränderung der Landschaft wahrnehmen.
Mehr und mehr Seen tauchten auf und die flache Landschaft vom Süden weichte inzwischen einer Mittelgebirgslandschaft.
Irgendwann war der Siljan-See zu sehen und der Bus kam ins stoppen.
Ein ungewöhnliches, gar verstörendes Ereignis fand hier vor meinen Augen statt!
Ein Stau!
In Schweden!
In einem Ort namens Rättviken trafen sich alle Oldtimerverrückten aus ganz Schweden!
Und das sind bekanntlich einige. Ich hatte den Eindruck das ganze Land war hier um mich zu begrüßen.
Aber Leute ich will doch nach Mora!
Der Anblick von Schweden die im 50erJahre-Stil in ihren Cabrios sitzen und eine ganze Kleinstadt die einem Rummel glich hatten trotzdem einen wunderbaren Eindruck auf mich gemacht.
Irgendwann sollten wir es dann doch aus dem Autokorso geschafft haben.
Als die Sonne bereits verschwand, aber trotzdem noch ein ewiger Schein am Horizont verlief kam ich in Mora an.
Durchaus etwas geschafft vom vielen sitzen suchte ich eine Bleibe.
Aber was war denn hier los?
Noch so ein Volksfest!
Rättviken schien nicht groß genug um alle Feierwilligen Schweden aufzunehmen also hat man hier in Mora kurzerhand noch einen Rummel aufgebaut. An der Promenade des Seen tummelten sich betrunkene Schweden in meinem Alter die mir kaum noch eine wirklich brauchbare Antwort geben konnten wo man hier ein Dach überm Kopf bekommen sollte.
Außerdem machte ich die ersten Bekanntschaften mit der einheimischen Fauna.
Vandrarhem, ein Schild!
Mora war nicht groß genug um sich zu verlaufen, dachte ich.
Und so stand ich vor einer flachen Baracke mit STF-Fähnchen.
So ein Glück! Kamen doch da grad ein paar betrunkene Seelen die mich sogar herein ließen, denn es ist übliche Praxis das man ab einer gewissen Uhrzeit die Türen hier nur noch als Gast öffnen kann.
Doch die Rezeption, die eigentlich keine war, war unbesetzt.
Nur ein Schild verkündete das die Sprechzeiten hier zwischen 15 und 17Uhr lagen.
Das war ich von anderen Hostels nicht gewohnt.
Ich begann zu realisieren das ich nördlich genug war um meine bisherigen Erkenntnisse über schwedischen Tourismus über Bord werfen zu können.
Irgendwie waren auch alle in ihrem Zimmern verschwunden und kein laut drang nach Außen.
Nur die Küche und ein Fernsehraum war hier für mich zu erreichen.
Der Gedanke mich hier als „Besetzer“ einzuquartieren erschien mir unangebracht.
Ich beschloss zu gehen, aber...., was ist das?
Die Tür war verschlossen!
Nichts half, ich musste jemanden dazu bewegen mir die Tür aufzumachen.
Eine viertel Stunde klopfte ich an alle Türen bis mir eine verschlafene Belgierin gnädig den Weg nach Draußen eröffnete mit dem Hinweis das das Hauptgebäude ein Restaurant sei, ein paar Straßen weiter.
Doch auch hier waren alle Lichter aus und nur der Hinweis auf die Sprechzeiten vorhanden.
Ein kleines Fluchen konnte ich mir nicht verkneifen.
Ich war müde, es begann zu regnen und ich hatte keinen Plan wo ich hier schlafen könnte ohne zu viel Aufsehen zu erregen oder mich zu verlaufen. Nach einigem herumirren fand ich einen großen leeren Parkplatz. Ideal um sich hier auf dem Boden einzurichten.
Doch der immer wieder einsetzende Regen vermieste mir den Schlaf.
Ich erspähte eine Parkbank mit integriertem Tisch, die sollte mein Bett für diese Nacht werden.
Schlafsack rauf auf die Bank, rein da und irgendwie versuchen sich auf den 40cm Balken zu kauern.
Ab und zu fuhr ein Fahrrad oder ein Auto vorbei, so richtig schlafen konnte ich nicht.
Und als ich gerade davor war weg zu nicken hörte ich Schritte über den Rasen kommen, und einige Stimmen, weibliche Stimmen.
In meinem schon tranceähnlichen Zustand erhoffte ich zwei wunderbare Feen zu erblicken die mir möglicher Weise aus dieser misslichen Lage helfen wollen, also regte ich mich sachte und versuchte die Damen zu erspähen, doch kaum als ich sie ins Auge gefasst hatte und sie das bemerkten schreckten sie zurück, ja schrien sogar.
Selbst total überfordert machte ich einfach wieder die Augen zu und hoffte sie würden einfach gehen, aber unverhofft kommt bekanntlich oft.
Sie näherten sich wieder an, ganz vorsichtig und riefen mir etwas zu.
Ich verstand natürlich nicht und meinte nur „Sorry?“
Man verstand mich und ich konnte trotz der Dunkelheit sehen das die beiden überrascht waren.
Auf Englisch fragte man mich „Oh ehm, warum schläfst du hier?“
Ich wusste nicht wo ich mit der Geschichte anfangen sollte, also machte ich es kurz.
„Naja, ich bin mit dem Bus hier gegen 9Uhr angekommen und das Hostel war schon zu.“
„Oh, mhm dann eh...naja wir müssen dann auch weg, Tschüß“
„Gute Nacht“, brummte ich noch zurück bevor ich wieder versuchte zu schlafen.

Der Camping...eh Parkplatz.
Freitag 06.08.2010
So richtig zu Bewusstsein kam ich erst als auf dem Parkplatz ein kleiner Pkw mit seltsamen Logo vorfuhr, aus dem stiegen zwei einheitlich gekleidete Frauen mit blauen Mülltüten und Greifzangen aus. So sieht also die örtliche Müllabfuhr aus...
Es war so gegen6, als ich meinen Kram packte fuhren hin und wieder ein paar Schweden auf ihren Fahrrädern vorbei und winkten mir zu. Sehr freundliche Menschen.
Der Plan sah es vor herauszufinden von wo und wann der Bus nach Grövelsjön fährt.
Schwer war das nicht, vom Parkplätz zur Fußgängerzone waren es vielleicht 200Meter und am Ende dieser war der Busbahnhof. Der Bus sollte gegen 11Uhr kommen, also blieb noch genug Zeit für, ja für was eigentlich? Ich hatte jetzt schon das Gefühl Mora auswendig zu kennen.
Gott sei Dank musste ich unbedingt noch meine Lebensmittelvorräte aufstocken, der ICA in der Fußgängerzone machte aber erst um 8 auf, der Rucksack war mir zu schwer um durch Mora zu streifen, also wartete ich auf einer Bank vor dem Laden, und wartete, und wartete.
Selbst meine als Angler ausgeprägte Ausdauer wurde hier strapaziert. Ein alter Schwede war der Einzige der sonst noch zu dieser Zeit durch die Stadt lief. Nichts war mehr zu spüren von dem emsigen Treiben des Abends davor, haben bestimmt alle noch einen Kater.
Es schien mir dann aber bald so als ob sich der Tagesablauf der Einheimischen stark nach den Öffnungszeiten des lokalen Supermarkts orientierte, als ich nämlich im ICA stand kamen auf einmal viele Andere in den Laden geströmt. Dieser bot auf etwa der Hälfte der Fläche eines Aldis mindestens so viel tolle Sachen wie 2 Stockwerke von Real.
So, jetzt aber Schluss mit der Werbung!
Fertignahrung ließ sich nur schwer auftreiben, hauptsächlich Cashewnüsse,Kekse und Brot fanden den Weg in meine Tüten.
Mit diesen Sachen im Gepäck ging ich zum Siljan-See, das Wetter war aber eher bewölkt und ein frischer Wind wehte, jedoch entdeckte ich dabei die Touristeninformation welche, was für eine Überraschung, erst später, um 9Uhr öffnen sollte.
Zeit verging, und letztlich stand ich in dem roten Häuschen und informierte mich nach dem Fahrplan des "Swebus" der mich später nach Malmö zurück bringen sollte.
Als auch dies erledigt war saß ich am Busbahnhof, aß Kekse und stöberte durch Mark-Twain.
Die Zeit kroch, bis der Bus endlich kam, hatte ich alle Autos der Stadt mindestens 3mal an mir vorbeifahren sehen. Im Bus hatte ich dann wieder einen Fensterplatz für mich allein. Viele Junge Schweden saßen mit mir im Bus und direkt vor mir ein Deutsch/Schwedisches Pärchen mit einem kleinen Baby. Die Landschaft wurde Wilder, ebenso wie die Straße die Zeitweise einer Schotterpiste wich. Regen setzte ein und mitten auf dieser Schotterpiste setztend ie Scheibenwischer aus. Unser Busfahrer telefonierte,fummelte,fluchte,...mit Erfolg. Irgendwann konnte er die Fahrt fortsetzen. Hügelketten mit langen Seen, kleine Ortschaft, Hochmoore alles das konnte ich sehen und irgendwann sah man die markanten Spitzen des Nipfjället vor Idre. In Idre selbst sah man das man sich hier schon vollkommen auf Tourismus eingestellt hatte. Sogar Schlittenhunde konnte man in einigen Vorgärten sehen. Als es dann zum Idrefjäll hochging sah ich dann zum ersten mal in meinem Leben die sagenumwobenen Rentiere in Natura, die stapften da einfach so über die Straße und hielten den Bus für einige Momente auf, in mir machte sich Euphorie breit. Das wurde dann verstärkt als der Bus oben auf dem Fjäll wieder eine dieser typischen Pünktlichkeitspausen machte.
Unglaublich, und das trotz der Scheibenwischer. Inzwischen waren nur noch das Pärchen vor mir, ein alter Mann und Ich im Bus. Das Wetter entschied sich hinter dem Idrefjäll nun komplett für Regen, Platzregen, wie aus Eimern. Besonders zu erwähnen wäre vielleicht noch das der Bus hier die Funktion der Post mit übernimmt und in jedem Dorf Pakete an Kiosken und Supermärkten ein und ausläd, und trotzdem überpünktlich ist. Hinterm Idrefjäll wurde die ohnehin wilde Gegend noch wilder, keine Spur mehr von Zivilisation außer der Straße. Kein Haus, nichts. Nur irgendwann hieß es dann „Aussteigen“. Tatsächlich, wir waren an der Grövelsjön-Fjällstation.
Wie lange und detailliert hatte ich mir vorgestellt wie es hier wohl aussehen mag, aber wie so oft liegen Vorstellung und Realität weit auseinander. Das erste was mir ins Auge fiel waren die Unmengen an Autos und Parkplätzen, dabei hab ich doch Wildnis erwartet. Aber ich war eigentlich ganz froh bei diesem Wetter nicht sofort ganz auf mich allein gestellt zu sein. Was mir sonst auffiel war das ich im Vergleich zu all den anderen Wanderern, die sich vor dem Regen unter dem Vordach und im Eingangsbereich schützen, ziemlich jämmerlich ausgerüstet schien. Ich sah die Hightechprodukte die ich schon vom Globetrotter kannte und wie das so ist verliehen die ihren Besitzern auch gleich eine ganze Menge Authentizität. Neidisch blickte ich auf die Fjällräven-Regenhosen, Aircontact-Rucksäcke die einen starken Kontrast zu meinem abgewetzten Essl-Rucksack und meiner schon durch den weg vom Bus durchgeweichten Moleskinhose bildeten.
Für einen Augenblick fragte ich mich ob ich mir nicht zu viel vorgenommen hätte,ob meine Ausrüstung dem ganzen gewachen sei, aber schnell erinnerte ich mich an meinen wichtigsten Glaubenssatz bei der ganzen Sache „Früher haben das schon Leute mit viel schlechterer Ausrüstung unter noch schlechteren Bedingungen durchgestanden.“ Ich erkundigte mich nach einem Bett für diese Nacht, welches sich dann in einem 4Bettzimmer im Keller befand, aber ich war froh bei diesem Wetter die Fjällstation nutzen zu können. Und nach der Bank erschien mir das zu kurze Bett als riesige Spielwiese. In dem Zimmer waren sonst noch ein Mann mittleren Alters und eine Frau so ca. Ende 20 einquartiert. Ich hatte auch gleich die Ehre auf die Dame zu stoßen, sie war die stereotypische Schwedin, fragte mich etwas auf schwedisch und ich konnte erneut nur erwidern „Sorry?“
Natürlich beherrschte sie Englisch perfekt und wir plauderten ein wenig, und wie so oft erhielt ich ungläubige Reaktionen als ich ihr von meiner Anreise berichtete, mit dem Hinweis darauf das es doch einen Bahnhof in Mora gibt. „Schon gut“ dachte ich mir, sie ließ sich für die nächsten Stunden entschuldigen und ich erkundete die Station. Hier gibt es Bilder und Relikte aus den Anfangszeiten des STF zu bestaunen und was mir besonders auffiel waren die Informationsbroschüren die hier auslagen und über das Verhalten im Falle eines Zusammenstoßes mit einem Bären oder Luchs informierten. Was ich als besonders praktisch empfand war der „Torkrum“ ein kleiner Raum mit geschätzten 30°C und einem ordentlichen Wind. Hier baumelten Handtücher und Unterhosen, nach dem Duschen gesellten sich meine dazu. Dann inspizierte ich den Shop, viele praktische Sachen, natürlich viel zu teuer, aber wenn einem mal was kaputt geht und man hier Ersatz findet ist man bestimmt sehr dankbar dafür.Schließlich viel mein Auge auf das Restaurant und besonders auf die Speisekarte die in großen Buchstaben am Eingang an eine Tafel geschrieben wurde. Mühelos konnte man das Angebot zur „gehobenen Küche“ zählen, die Preise verhielten sich dem entsprechend und so blieb mein Glas Wein eine kühne Fantasie. Mein Entdeckergeist trieb mich, nachdem der Regen nachließ wieder ins freie und so lief ich die ersten hundert Meter der markierte Wege und war verzaubert. Ich hatte noch nie die Fjällflora hautnah sehen können und jetzt war ich endlich da. Moose, Krüppelbirken, Pilze,Beeren ,so hab ich mir als Kind immer einen Märchenwald vorgestellt. Irgendwo hinter ein paar Sträuchern blitzte auch ein Zelt durch. Es war merklich kühl geworden und da ich nur Sandalen an hatte und auch die Mücken das bemerkten ging ich wieder ins trockene, es war Zeit für das Essen. Mit meinen Vorräten ging es dann in ein Nebenhaus in dem die Küchen waren, hier machte ich mir meine Spaghetti und studierte die Karte für den morgigen Tag. Mit mir in dieser Küche waren 2junge Familien von der eine wieder eine Deutsch/Schwedische Konstellation aufwies und sehr von antiauthoritäter Erziehung überzeugt war, was sich darin äußerte das zwischen den Kindern eine kleine Essensschlacht entstand die von den Eltern gedulded wurde. Nach dem Essen entdeckte ich ich den wohl schönsten Raum der ganzen Station den ich dann auch noch für mich allein hatte. Die Wolken lösten sich langsam auf und so konnte ich aus dem „Ruheraum“ das sich langsam auf tuende Panorama betrachten. Ich saß bis 10Uhr Abend noch da und hab einfach nur die einfache Süße meiner Existenz in diesem Augenblick genossen und bin dann mit einem guten Gefühl ins Bett gefallen. Der einzige Wermutstropfen war das ich meinen geliebten Mark-Twain im Bus vergessen habe.

Der Ruheraum

Der Weg an der Fjällstation


Aussicht aus dem Ruheraum
So, demnächst gehts weiter.
Reisezeit: 02.08.2010 - 17.08.2010
Region/Kontinent: Nordeuropa
Rügen-Malmö-Mora-Grövelsjön-Oasen-Femundsmarka-Rogenstugan –Storrödjärnstugan- Hävlingen-Grövelsjön-Mora-Malmö-Berlin
Tach, liebe Leser und Leserinnen,
nach einigen stillen mitlesen hab ich mir nun ein Herz gefasst und mir gedacht ich schreibe hier ein bisschen was über meine Tour vom Sommer 2010.
Jedoch nicht ohne ein paar einleitende Worte dazulassen.
Vorwort:
Etwas mehr als ein Jahr vor dieser Tour sah ich den Film „Into The Wild“ der wie kaum ein Anderer Film großen Einfluss auf mich hatte, ich entschied mich bereits 2009, gerade volljährig geworden, dafür, per Anhalter nach Skandinavien zu trampen, aber das ist eine andere Geschichte.
Jedoch hat der junge Autor schon zu dieser Zeit Blut geleckt, wurde er doch früher von seinen Eltern bereits nach Schweden und in die Hohe Tatra verschleppt entwickelte sich nun erst der eigene Wille Natur zu schnuppern.
Die gesamte Reise war durch ein besonders geringes Budget, der daraus resultierenden Ausrüstung, dem öffentlichen Nah- und Fernverkehr und einer guten Portion jugendlichen Idealismus geprägt.
Nach einem Jahr der Planung fand ich, auch hier auf „outdoorseiten.net“ einen Reisebericht von
„NilsAc“ der mir bei der Entscheidung für eine Route enorm half. Ihm sei an dieser Stelle gedankt.
Die Bilder wurden übrigens aus Gewichtsgründen alle mit nem popeligen Camcorder gemacht, sorry dafür.
Aber bevor jetzt alle eingeschlafen sind geht’s los.

Montag 02.08.2010
Der Wecker klingelte, doch eigentlich war das überflüssig.
Vor lauter Aufregung fand ich eh keinen Schlaf, selbst meine Mutter war schon wach und hatte mir,
wohl zur Feier des Tages, sogar schon Frühstück gemacht.
Der Rucksack war schon seit einer Woche in einem mehr oder weniger gepackten Zustand.
Während ich mein Nutellabrötchen mampfte kamen von der lieben Frau Mama natürlich geschätzte 136 Fragen
„Hast du das Mückenspray?“ Eine Frage die mir noch lange im Kopf herumgeistern sollte...
„Einen warmen Pullover?“
„Genug frische Unterhosen?“
Ohne wirklich groß darüber nachzudenken bejahte ich alles.
Irgendwie schaffte ich es dann mit meinem Rucksack durch die Tür und lief zur U-Bahn.
Der Rucksack war schwer, sehr schwer, das letzte wiegen bescheinigte mir 21Kilo.
In der U-Bahn angekommen nahm ich Platz, der Rucksack auch, 2 sogar, die wenigen Rentner die zu dieser Zeit unterwegs waren starrten mich mit einer Mischung aus Verwunderung und Mitleid an, kann halt nicht jeder mit Rollköfferchen bei den Hurtigruten einchecken, pah.

Die nächsten Stunden gestalteten sich eher langweilig, am Hauptbahnhof rein in den Regio nach Sassnitz, das einzig spannende war Mark Twain's „In 80Tagen um die Welt“ das ich aus gegebenem Anlass aus dem Keller bergen konnte und der „Into The Wild“ Soundtrack der mir durchs Ohr dudelte.
Einige Müsliriegel später stapfte ich durch Sassnitz bereits in Richtung Fährhafen, doch nicht ohne im lokalen Aldi nochmal ein paar Vorräte aufzufüllen, es war bereits später Nachmittag,
und ich nutze die Gelegenheit zwischen den Weizenfeldern meine im Lidl erstandenen Trekkingstöcke zu erproben.
Ein wenig alt fühlte ich mich ja schon damit...
Am Fährhafen Mukran angekommen überblickte ich die Situation schnell, die nächste Fähre würde erst mitten in der Nacht in Trelleborg ankommen.
Keine gute Uhrzeit für Alleinreisende.
Ungewöhnlich viele Menschen waren dort vor Ort.
Sherlock Holmes mäßig ging ich der Sache auf den Grund.
Ich erblickte ein mittelgroßes Schiff, mit der Aufschrift „Das Traumschiff“.
Ich zuckte mit den Achseln uns ließ die Rentner gewähren, noch nicht ahnend was es mit dem Teil auf sich haben sollte.
Nun waren wichtigere Fragen zu klären!
„Wo hau ich mich aufs Ohr?“
In nächster Nähe lag ein Rohrlager, wäre doch cool in so einer Röhre zu schlafen, nur blöd wenn man auf einmal in der Ostsee aufwacht. Idee verworfen.
Aber da! Hinter dem Rohrlager, ein abgeerntetes Feld! Außerdem optisch durch einen 3Meter Erdwall im postmodernen Stil von der Straße abgegrenzt, So baute ich mein Zelt in dieser mondänen Nachbarschaft auf. Für diesen Abend mussten Muttis Brote als Abendessen ausreichen.
Das "Feldlager" für die erste Nacht.
Dienstag 03.08.2010
Und wieder war das klingeln des Weckers überflüssig.
Nach einem seltsamen Traum der Mähdrescher und eine marodierende Dorfjugend beinhaltete war ich ohnehin hellwach.
Jedoch gab es ein für den Rest der Tour wichtiges Detail das mir den wolkenreichen Morgen etwas vermieste.
Das Zelt der Marke „Rocktrail“ für 15€ ausm Lidl

Egal!
Aufgewischt, zusammengepackt, und los zum Terminal, der ja direkt vor der Haustür lag.
Auf der Fähre angekommen unterschied ich mich von den anderen Rucksackreisenden dadurch das ich mangels Schlaf jetzt schon aussah als würde ich aus der Wildnis kommen.
Doch jetzt war Zeit dafür und ich verbrachte, als wir bereits die Kreidefelsen hinter uns ließen, die nächsten paar Stunden mit wohlverdientem Schlaf.
Irgendwann hieß es dann „Alle Mann von Bord!“ oder was man da so auf schwedisch für sagt,
dass nächste Ziel war Malmö.
Um wieder ein paar Euro zu sparen und Erfahrungen zu gewinnen entschied ich mich für das bewährte trampen.
Hinter der letzten Ampel der Stadt, wo mich die Autofahrer schon von weitem Mustern konnten, positionierte ich mich und setzte mein schönstes Colgate-Lächeln auf.

Jetzt ein Quiz:
Die typisch schwedischen Reaktionen auf Tramper sind?
a) weiterfahren
b) zum nächsten Bahnhof/Bushaltestelle zeigen
c) hupen
d) Vogel zeigen
e) hupen und Vogel zeigen
Richtig! a,b,c,d und e!

Und so kam es das in gewohnter Weise ein Fernfahrer hielt.
Vladan, mein Fahrer, war aus Litauen und fuhr irgendwelche Metallteile.
Lkw's sind das beste was einem Tramper passieren kann, viel Platz für den Rucksack, eine super Sicht und einen Kollegen der froh über jede Gesellschaft ist. Er konnte kein Englisch oder Deutsch, ich kein Litauisch oder Schwedisch, doch irgendwie wurde ihm klar das ich nach Malmö wollte.
Was zur nächsten Herausforderung führen sollte.
Denn irgendwie konnte Vladan mit seinem Lkw nicht nach Malmö rein sondern musste mich an einer Raststätte davor raus lassen.
Erstmal Mittagspause, hier fand ich ein paar Motorradreisende von der Fähre wieder, ein wenig geplaudert und gegessen, jedoch nicht ohne den Eindruck zu bekommen das mein Vorhaben ein wenig Skepsis in meinen Zuhörern auslöste.
Die besagte Raststätte lag wiederum ca. 6Km vom Zentrum am Autobahnring um das schöne Städtchen Malmö.
Also losgestiefelt und erst mal zwischen den Abfahrten und Kreuzen verlaufen und mein junges Leben beim überqueren von Ausfahrten riskiert, bis ich die richtige Spur gefunden habe.
Wieder die üblichen Reaktionen der Autofahrer, obwohl ich diesmal nicht einmal mit dem Daumen gezuckt hatte.

Während dieses Marschs, den ich als Einstimmung auf die nächsten Tage betrachtete, schreckte ich eine Reihe an Hasen oder Kaninchen auf, von denen es hier wohl einige zu geben schien.
Das verrieten mir die geschätzten zwei Dutzend Kadaver die ich andächtig passierte.
Irgendwann geriet ich in die Innenstadt und suchte das STF Hostel im Zentrum auf, das ich vom letzten Jahr sehr positiv in Erinnerung hatte.
Rauf auf mein Zimmer und aufs Bett gehauen und Füße gelüftet, unerklärlicher Weise veranlasste das meinen Zimmergenossen dazu aufzuwachen. An der kleinen Aufschrift auf meinen Schuhen „Bund“ entlarvte er mich als Deutschen.
Siehe da, Marco war aus Bayern und mit dem Fahrrad in Skane unterwegs gewesen.
Wir unterhielten uns, bis ich Richtung „Triangeln“ zum Einkauf startete.
Malmö war bisher immer Station bei allen Reisen die ich nach Schweden machte,
die schönen Backsteinfassaden wurden inzwischen durch ein hochmodernes Hafenviertel ergänzt.
Hier hatte ich einen grandiosen Ausblick auf den Öresund und sogar der Skyline von Dänemark. (vermutlich schon Kopenhagen? )
Vom Steg schmissen sich junge Frauen in die raue Brandung, was natürlich nur am Rande meine Aufmerksamkeit erhielt.
Ein paar Meter weiter hielt eine schwedische Version einer Alt-68erin ihre Yoga-Session und ein Pärchen tanzte Walzer.
Die Sonne ging unter und ich war schon jetzt wieder total hingerissen.
Was könnte denn jetzt schon noch tolles kommen?
Ich genoss die letzten Sonnenstrahlen des Tages und verspürte es wieder, ja da war es, dieses beflügelnde Gefühl von Freiheit.

Zum Abendessen im Hostel stieß ich wieder auf Marco, nach ein wenig Mampf hatten wir ein ziemlich deutsches Verlangen.
Bier!

Gott sei Dank sind die Ladenschlusszeiten in Schweden recht flexibel, mit einem billigen Falcon schlenderten wir durch Malmö in der Hoffnung ein paar Schwedinnen vorgaukeln zu können wir hätten uns Verlaufen, was mir sehr schwer fallen würde, schon nach meinem ersten Aufenthalt in dieser Stadt kannte ich die Innenstadt auswendig.
Großstadtkind eben...
Irgendwie taumelten wir an etwas vorbei das nach einem Nachtclub aussah.
R: „Da Schwedinnen!“
M: „Ok hin da!“
R: „Aber die lassen uns niemals rein“ (Deutet auf seine Sandalen)
M: „Was haben wir schon zu verlieren.“
Argumentativ sichtlich in Bedrängnis geraten blieb mir nichts übrig außer Marco zu folgen.
Und siehe da! Wie Boris Becker sagen würde „Ich bin drin!“
Im Club angekommen wusste ich dann auch warum man uns reingelassen hatte, eine gähnende Leere zog sich durch das durchaus elegante Etablissement.
Nur der Western-typische Strohballen hat gefehlt.
Außer einigen verlorenen Seelen auf einem Sofa fand sich nichts.
Auch der übereifrige Barkeeper der uns ein Bier aufschwatzen wollte konnte uns nicht zum bleiben bewegen.
Zurück im Hostel war es auch ungewöhnlich ruhig. Hatte ich doch noch die wilden Exzesse vom letzten Jahr in Erinnerung...
Nach einigen weiteren Bieren war es dann Zeit zu schlafen, nicht jedoch ohne Bekanntschaft mit unserem schlafenden neuen Zimmergenossen aus Spanien zu machen.
Abendstimmung in Malmö
Mittwoch 04.08.2010
Es war bereits 10 als ich erwachte, Marco war mit packen zugange und unser schnarchender Freund irgendwo unterwegs.
Ziel des Tages war es herauszufinden wie ich nach Mora komme.
Marco und ich spazierten wie ein eingespieltes Team durch die Stadt, die Sonne schien was den Outdoorler in uns herauskitzelte, wir besuchten alle Sportgeschäfte in Reichweite, ohne etwas zu kaufen.
Am Busterminal informierte ich mich über die Route, die mich mit 2maligen Umsteigen innerhalb von 11Stunden nach Mora bringen sollte.
Aber der Weg ist das Ziel und 40€ ein super Preis.
Da kann sich die Deutsche Bahn noch umgucken.
Mit dem erworbenen Ticket schlugen Marco und ich die Zeit tot, nicht ohne immer wieder eine Kontaktaufnahme mit den eingeborenen Vertreterinnen des anderen Geschlechts zu unternehmen.
Ich genoss noch einmal alle Vorzüge des Hostels, den Flatscreen, die Ikea-Küche, Internet...
Früh ging ich zu Bett, um 7 musste ich am Busterminal sein.
Donnerstag 05.08.2010
Deutlich zu früh ging ich nach kurzer Verabschiedung von Marco zum Terminal.
Ich wartete zwischen all den Reisenden auf meinen Bus der mich zunächst nach Göteborg führen sollte. Kein Backpacker oder Tourist zu sehen, scheinen alle irgendwie entweder mit Auto,Bahn oder Flugzeug zu reisen.
Im Bus selbst war ich von der Leere überrascht.
Der Fensterplatz an der linken Seite war mir sicher, denn in weiser Voraussicht wusste ich das ich von da einen wunderbaren Blick aufs Meer haben werde.
Lange Zeit saß ich allein, irgendwann hatte ich die Ehre einen jungen Schweden neben mir zu begrüßen, er bot mir zwar einen Schokoriegel an, war aber ansonsten sehr mit seinem Telefon beschäftigt.
Irgendwann bei Helsingborg setzte sich dann eine junge Norwegerin neben mich.
Den Trick mit dem Schokoriegel hab ich mir abgeschaut.
Nur doof das sie vom Shopen kam und selbst genug von dem Zeug dabei hatte,
egal, wir teilten brüderlich und unterhielten uns, leider ließ ihr Englisch keinen tiefgreifenden Austausch zu.

Zur Mittagsstunde in Göteborg blieben mir keine 10Minuten um mich am Nils Ericsson Terminal in die Schlage für den nächsten Bus einzureihen.
An dieser Stelle muss ich sagen, die Busse in Schweden haben, wahrscheinlich durch die vergleichsweise leeren Autobahnen eine Pünktlichkeit von der man hier nur träumen kann.
Dieser Bus war deutlich voller, so saß ich erst neben einer alten, aber sehr niedlich zu beobachtenden Dame die gerade ihren Salat aß.
Mir grummelte der Magen, meine Müsliriegel waren aufgebraucht, und meine Kaugummis hätten meinen Hunger nur verschlimmert.
So schnell würde ich nicht an meinen Rucksack im Laderaum kommen.
Super sind auch die Toiletten in den Bussen die zu jeder Zeit benutzt werden können und wirklich die Größe einer Toilette haben, nicht wie in den Reisebussen hierzulande, bei denen man Gefahr läuft beim verwechseln der Tür auf der Fahrbahn zu landen.
Schon vor Göteborg hatte sich die Landschaft endlich in die borealen Wälder verwandelt die man von Schweden kennt, wenn ich nun schon wegen meiner zu langen Beine nicht schlafen konnte so hatte ich jetzt zumindest was zu gucken.
Aus dem Fahrerbereich dudelte das Autoradio, irgendwann hallte ein kollektives Lachen durch den Bus, zu gern hätte ich gewusst was da so lustig gewesen war.
Ich lächelte leicht verunsichert und ließ die Zeit an mir vorbei ziehen.
Nur eine Pause brachte mich durcheinander, worauf wartet der Bus hier in diesem Kuhkaff, dessen Namen ich nicht einmal kannte?
Ich erhielt auf Nachfrage bei einem Mitreisenden die Antwort.
„Damit er pünktlich ankommt!“
Das verwirrte mich, aber erschien mir später logisch.
Wir machten Pause um unsere Überpünktlichkeit einzuholen.
Ich spare mir an dieser Stelle einen Vergleich zu Deutschland.
Der Bus leerte sich zum späten Nachmittag wie auch die Straßen.
In Borlänge hieß es wieder umsteigen, auch in 10Minuten.
Im Bus waren nur noch ein paar Omis, ein Typ mit Metallermähne und AmonAmart-Shirt und meine Wenigkeit.
Hin und wieder kamen und gingen Leute.
Es dämmerte bereits, als wir kurz vor Mora waren.
Während der ganzen Fahrt konnte man die langsame Veränderung der Landschaft wahrnehmen.
Mehr und mehr Seen tauchten auf und die flache Landschaft vom Süden weichte inzwischen einer Mittelgebirgslandschaft.
Irgendwann war der Siljan-See zu sehen und der Bus kam ins stoppen.
Ein ungewöhnliches, gar verstörendes Ereignis fand hier vor meinen Augen statt!
Ein Stau!
In Schweden!
In einem Ort namens Rättviken trafen sich alle Oldtimerverrückten aus ganz Schweden!
Und das sind bekanntlich einige. Ich hatte den Eindruck das ganze Land war hier um mich zu begrüßen.
Aber Leute ich will doch nach Mora!
Der Anblick von Schweden die im 50erJahre-Stil in ihren Cabrios sitzen und eine ganze Kleinstadt die einem Rummel glich hatten trotzdem einen wunderbaren Eindruck auf mich gemacht.
Irgendwann sollten wir es dann doch aus dem Autokorso geschafft haben.
Als die Sonne bereits verschwand, aber trotzdem noch ein ewiger Schein am Horizont verlief kam ich in Mora an.
Durchaus etwas geschafft vom vielen sitzen suchte ich eine Bleibe.
Aber was war denn hier los?
Noch so ein Volksfest!
Rättviken schien nicht groß genug um alle Feierwilligen Schweden aufzunehmen also hat man hier in Mora kurzerhand noch einen Rummel aufgebaut. An der Promenade des Seen tummelten sich betrunkene Schweden in meinem Alter die mir kaum noch eine wirklich brauchbare Antwort geben konnten wo man hier ein Dach überm Kopf bekommen sollte.
Außerdem machte ich die ersten Bekanntschaften mit der einheimischen Fauna.
Vandrarhem, ein Schild!
Mora war nicht groß genug um sich zu verlaufen, dachte ich.
Und so stand ich vor einer flachen Baracke mit STF-Fähnchen.
So ein Glück! Kamen doch da grad ein paar betrunkene Seelen die mich sogar herein ließen, denn es ist übliche Praxis das man ab einer gewissen Uhrzeit die Türen hier nur noch als Gast öffnen kann.
Doch die Rezeption, die eigentlich keine war, war unbesetzt.
Nur ein Schild verkündete das die Sprechzeiten hier zwischen 15 und 17Uhr lagen.
Das war ich von anderen Hostels nicht gewohnt.
Ich begann zu realisieren das ich nördlich genug war um meine bisherigen Erkenntnisse über schwedischen Tourismus über Bord werfen zu können.
Irgendwie waren auch alle in ihrem Zimmern verschwunden und kein laut drang nach Außen.
Nur die Küche und ein Fernsehraum war hier für mich zu erreichen.
Der Gedanke mich hier als „Besetzer“ einzuquartieren erschien mir unangebracht.
Ich beschloss zu gehen, aber...., was ist das?
Die Tür war verschlossen!

Nichts half, ich musste jemanden dazu bewegen mir die Tür aufzumachen.
Eine viertel Stunde klopfte ich an alle Türen bis mir eine verschlafene Belgierin gnädig den Weg nach Draußen eröffnete mit dem Hinweis das das Hauptgebäude ein Restaurant sei, ein paar Straßen weiter.
Doch auch hier waren alle Lichter aus und nur der Hinweis auf die Sprechzeiten vorhanden.
Ein kleines Fluchen konnte ich mir nicht verkneifen.

Ich war müde, es begann zu regnen und ich hatte keinen Plan wo ich hier schlafen könnte ohne zu viel Aufsehen zu erregen oder mich zu verlaufen. Nach einigem herumirren fand ich einen großen leeren Parkplatz. Ideal um sich hier auf dem Boden einzurichten.
Doch der immer wieder einsetzende Regen vermieste mir den Schlaf.
Ich erspähte eine Parkbank mit integriertem Tisch, die sollte mein Bett für diese Nacht werden.
Schlafsack rauf auf die Bank, rein da und irgendwie versuchen sich auf den 40cm Balken zu kauern.
Ab und zu fuhr ein Fahrrad oder ein Auto vorbei, so richtig schlafen konnte ich nicht.
Und als ich gerade davor war weg zu nicken hörte ich Schritte über den Rasen kommen, und einige Stimmen, weibliche Stimmen.
In meinem schon tranceähnlichen Zustand erhoffte ich zwei wunderbare Feen zu erblicken die mir möglicher Weise aus dieser misslichen Lage helfen wollen, also regte ich mich sachte und versuchte die Damen zu erspähen, doch kaum als ich sie ins Auge gefasst hatte und sie das bemerkten schreckten sie zurück, ja schrien sogar.

Selbst total überfordert machte ich einfach wieder die Augen zu und hoffte sie würden einfach gehen, aber unverhofft kommt bekanntlich oft.
Sie näherten sich wieder an, ganz vorsichtig und riefen mir etwas zu.
Ich verstand natürlich nicht und meinte nur „Sorry?“
Man verstand mich und ich konnte trotz der Dunkelheit sehen das die beiden überrascht waren.
Auf Englisch fragte man mich „Oh ehm, warum schläfst du hier?“
Ich wusste nicht wo ich mit der Geschichte anfangen sollte, also machte ich es kurz.
„Naja, ich bin mit dem Bus hier gegen 9Uhr angekommen und das Hostel war schon zu.“
„Oh, mhm dann eh...naja wir müssen dann auch weg, Tschüß“
„Gute Nacht“, brummte ich noch zurück bevor ich wieder versuchte zu schlafen.

Der Camping...eh Parkplatz.
Freitag 06.08.2010
So richtig zu Bewusstsein kam ich erst als auf dem Parkplatz ein kleiner Pkw mit seltsamen Logo vorfuhr, aus dem stiegen zwei einheitlich gekleidete Frauen mit blauen Mülltüten und Greifzangen aus. So sieht also die örtliche Müllabfuhr aus...
Es war so gegen6, als ich meinen Kram packte fuhren hin und wieder ein paar Schweden auf ihren Fahrrädern vorbei und winkten mir zu. Sehr freundliche Menschen.

Schwer war das nicht, vom Parkplätz zur Fußgängerzone waren es vielleicht 200Meter und am Ende dieser war der Busbahnhof. Der Bus sollte gegen 11Uhr kommen, also blieb noch genug Zeit für, ja für was eigentlich? Ich hatte jetzt schon das Gefühl Mora auswendig zu kennen.
Gott sei Dank musste ich unbedingt noch meine Lebensmittelvorräte aufstocken, der ICA in der Fußgängerzone machte aber erst um 8 auf, der Rucksack war mir zu schwer um durch Mora zu streifen, also wartete ich auf einer Bank vor dem Laden, und wartete, und wartete.

Selbst meine als Angler ausgeprägte Ausdauer wurde hier strapaziert. Ein alter Schwede war der Einzige der sonst noch zu dieser Zeit durch die Stadt lief. Nichts war mehr zu spüren von dem emsigen Treiben des Abends davor, haben bestimmt alle noch einen Kater.
Es schien mir dann aber bald so als ob sich der Tagesablauf der Einheimischen stark nach den Öffnungszeiten des lokalen Supermarkts orientierte, als ich nämlich im ICA stand kamen auf einmal viele Andere in den Laden geströmt. Dieser bot auf etwa der Hälfte der Fläche eines Aldis mindestens so viel tolle Sachen wie 2 Stockwerke von Real.
So, jetzt aber Schluss mit der Werbung!
Fertignahrung ließ sich nur schwer auftreiben, hauptsächlich Cashewnüsse,Kekse und Brot fanden den Weg in meine Tüten.
Mit diesen Sachen im Gepäck ging ich zum Siljan-See, das Wetter war aber eher bewölkt und ein frischer Wind wehte, jedoch entdeckte ich dabei die Touristeninformation welche, was für eine Überraschung, erst später, um 9Uhr öffnen sollte.
Zeit verging, und letztlich stand ich in dem roten Häuschen und informierte mich nach dem Fahrplan des "Swebus" der mich später nach Malmö zurück bringen sollte.
Als auch dies erledigt war saß ich am Busbahnhof, aß Kekse und stöberte durch Mark-Twain.
Die Zeit kroch, bis der Bus endlich kam, hatte ich alle Autos der Stadt mindestens 3mal an mir vorbeifahren sehen. Im Bus hatte ich dann wieder einen Fensterplatz für mich allein. Viele Junge Schweden saßen mit mir im Bus und direkt vor mir ein Deutsch/Schwedisches Pärchen mit einem kleinen Baby. Die Landschaft wurde Wilder, ebenso wie die Straße die Zeitweise einer Schotterpiste wich. Regen setzte ein und mitten auf dieser Schotterpiste setztend ie Scheibenwischer aus. Unser Busfahrer telefonierte,fummelte,fluchte,...mit Erfolg. Irgendwann konnte er die Fahrt fortsetzen. Hügelketten mit langen Seen, kleine Ortschaft, Hochmoore alles das konnte ich sehen und irgendwann sah man die markanten Spitzen des Nipfjället vor Idre. In Idre selbst sah man das man sich hier schon vollkommen auf Tourismus eingestellt hatte. Sogar Schlittenhunde konnte man in einigen Vorgärten sehen. Als es dann zum Idrefjäll hochging sah ich dann zum ersten mal in meinem Leben die sagenumwobenen Rentiere in Natura, die stapften da einfach so über die Straße und hielten den Bus für einige Momente auf, in mir machte sich Euphorie breit. Das wurde dann verstärkt als der Bus oben auf dem Fjäll wieder eine dieser typischen Pünktlichkeitspausen machte.

Unglaublich, und das trotz der Scheibenwischer. Inzwischen waren nur noch das Pärchen vor mir, ein alter Mann und Ich im Bus. Das Wetter entschied sich hinter dem Idrefjäll nun komplett für Regen, Platzregen, wie aus Eimern. Besonders zu erwähnen wäre vielleicht noch das der Bus hier die Funktion der Post mit übernimmt und in jedem Dorf Pakete an Kiosken und Supermärkten ein und ausläd, und trotzdem überpünktlich ist. Hinterm Idrefjäll wurde die ohnehin wilde Gegend noch wilder, keine Spur mehr von Zivilisation außer der Straße. Kein Haus, nichts. Nur irgendwann hieß es dann „Aussteigen“. Tatsächlich, wir waren an der Grövelsjön-Fjällstation.
Wie lange und detailliert hatte ich mir vorgestellt wie es hier wohl aussehen mag, aber wie so oft liegen Vorstellung und Realität weit auseinander. Das erste was mir ins Auge fiel waren die Unmengen an Autos und Parkplätzen, dabei hab ich doch Wildnis erwartet. Aber ich war eigentlich ganz froh bei diesem Wetter nicht sofort ganz auf mich allein gestellt zu sein. Was mir sonst auffiel war das ich im Vergleich zu all den anderen Wanderern, die sich vor dem Regen unter dem Vordach und im Eingangsbereich schützen, ziemlich jämmerlich ausgerüstet schien. Ich sah die Hightechprodukte die ich schon vom Globetrotter kannte und wie das so ist verliehen die ihren Besitzern auch gleich eine ganze Menge Authentizität. Neidisch blickte ich auf die Fjällräven-Regenhosen, Aircontact-Rucksäcke die einen starken Kontrast zu meinem abgewetzten Essl-Rucksack und meiner schon durch den weg vom Bus durchgeweichten Moleskinhose bildeten.
Für einen Augenblick fragte ich mich ob ich mir nicht zu viel vorgenommen hätte,ob meine Ausrüstung dem ganzen gewachen sei, aber schnell erinnerte ich mich an meinen wichtigsten Glaubenssatz bei der ganzen Sache „Früher haben das schon Leute mit viel schlechterer Ausrüstung unter noch schlechteren Bedingungen durchgestanden.“ Ich erkundigte mich nach einem Bett für diese Nacht, welches sich dann in einem 4Bettzimmer im Keller befand, aber ich war froh bei diesem Wetter die Fjällstation nutzen zu können. Und nach der Bank erschien mir das zu kurze Bett als riesige Spielwiese. In dem Zimmer waren sonst noch ein Mann mittleren Alters und eine Frau so ca. Ende 20 einquartiert. Ich hatte auch gleich die Ehre auf die Dame zu stoßen, sie war die stereotypische Schwedin, fragte mich etwas auf schwedisch und ich konnte erneut nur erwidern „Sorry?“

Natürlich beherrschte sie Englisch perfekt und wir plauderten ein wenig, und wie so oft erhielt ich ungläubige Reaktionen als ich ihr von meiner Anreise berichtete, mit dem Hinweis darauf das es doch einen Bahnhof in Mora gibt. „Schon gut“ dachte ich mir, sie ließ sich für die nächsten Stunden entschuldigen und ich erkundete die Station. Hier gibt es Bilder und Relikte aus den Anfangszeiten des STF zu bestaunen und was mir besonders auffiel waren die Informationsbroschüren die hier auslagen und über das Verhalten im Falle eines Zusammenstoßes mit einem Bären oder Luchs informierten. Was ich als besonders praktisch empfand war der „Torkrum“ ein kleiner Raum mit geschätzten 30°C und einem ordentlichen Wind. Hier baumelten Handtücher und Unterhosen, nach dem Duschen gesellten sich meine dazu. Dann inspizierte ich den Shop, viele praktische Sachen, natürlich viel zu teuer, aber wenn einem mal was kaputt geht und man hier Ersatz findet ist man bestimmt sehr dankbar dafür.Schließlich viel mein Auge auf das Restaurant und besonders auf die Speisekarte die in großen Buchstaben am Eingang an eine Tafel geschrieben wurde. Mühelos konnte man das Angebot zur „gehobenen Küche“ zählen, die Preise verhielten sich dem entsprechend und so blieb mein Glas Wein eine kühne Fantasie. Mein Entdeckergeist trieb mich, nachdem der Regen nachließ wieder ins freie und so lief ich die ersten hundert Meter der markierte Wege und war verzaubert. Ich hatte noch nie die Fjällflora hautnah sehen können und jetzt war ich endlich da. Moose, Krüppelbirken, Pilze,Beeren ,so hab ich mir als Kind immer einen Märchenwald vorgestellt. Irgendwo hinter ein paar Sträuchern blitzte auch ein Zelt durch. Es war merklich kühl geworden und da ich nur Sandalen an hatte und auch die Mücken das bemerkten ging ich wieder ins trockene, es war Zeit für das Essen. Mit meinen Vorräten ging es dann in ein Nebenhaus in dem die Küchen waren, hier machte ich mir meine Spaghetti und studierte die Karte für den morgigen Tag. Mit mir in dieser Küche waren 2junge Familien von der eine wieder eine Deutsch/Schwedische Konstellation aufwies und sehr von antiauthoritäter Erziehung überzeugt war, was sich darin äußerte das zwischen den Kindern eine kleine Essensschlacht entstand die von den Eltern gedulded wurde. Nach dem Essen entdeckte ich ich den wohl schönsten Raum der ganzen Station den ich dann auch noch für mich allein hatte. Die Wolken lösten sich langsam auf und so konnte ich aus dem „Ruheraum“ das sich langsam auf tuende Panorama betrachten. Ich saß bis 10Uhr Abend noch da und hab einfach nur die einfache Süße meiner Existenz in diesem Augenblick genossen und bin dann mit einem guten Gefühl ins Bett gefallen. Der einzige Wermutstropfen war das ich meinen geliebten Mark-Twain im Bus vergessen habe.

Der Ruheraum
Der Weg an der Fjällstation
Aussicht aus dem Ruheraum
So, demnächst gehts weiter.
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