[DK] Mit dem Rad entlang Dänemarks Küste 2023

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    [DK] Mit dem Rad entlang Dänemarks Küste 2023

    Tourentyp
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    Mitreisende
    Mit dem Rad rund um Dänemark

    Teil 1:
    Um es vorweg zu schicken: Ganz außen immer auf dem Küstenradweg bin ich nicht gefahren. Im Norden bei Skagen fehlt mir ein Stück. Und auf den Inseln im Osten war ich auch nicht. Es geht also um das Kernland – weitestgehend. Das reichte mir auch, denn den Rest kannte ich entweder oder wollte ihn mit aufsparen.

    Zweiter Aspekt für die Planung war, dass es in Dänemark sehr viele „Shelter“ gibt (genau genommen 682 Stück), also Holzunterstände, in denen man umsonst und ohne Anmeldung übernachten kann. Einige haben Toiletten und Wasserhahn, andere sogar Duschen. Unten dazu mehr. Ich plante also Zeltübernachtungen (oder Shelterübernachtungen, wenn man es genau nehmen will). Daraus wurde nichts, um es vorweg zu nehmen.

    Und als dritter Grund für Dänemark scheint Mai die perfekte Jahreszeit, um in unseren Breiten mit dem Rad zu fahren. Es ist noch nicht so heiß wie im Sommer (dann muss man weiter nach Norden), während weiter im Norden der Mai noch mit Schneefeldern und hohem Wasserstand in Flüssen drohen kann. Dänemark schien perfekt. Und das war auch so.

    Hier soll die Karte erscheinen mit der GPX Datei ...
    Hinweg + Rückweg.gpx


    Und Start war in Kiel. Ich parkte das Auto (unter einer Linde. Jeder kann sich vorstellen, wie das Auto nach 2 Wochen aussah. Egal).
    Den ersten Tag radelte ich gegen 14 Uhr los, aus Kiel heraus, Richtung Nordwesten. Ich wollte Schleswig-Holstein Richtung Nordsee kreuzen, um zunächst an der Westküste Dänemarks hinauf zu fahren. Die Landschaft wurde sehr schön, wenn erstmal der Kanal überquert war.

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    Der Wind stand günstig, bald war ich in Schleswig. Der erste Campingplatz existierte nicht mehr, der zweite Campingplatz war nur noch für Dauercamper („Betreten verboten!“) und der dritte Platz nur für Wohnmobile. Okay. Etwas ratlos suchte ich schon nach einem halben Tag auf meinem Handy herum.

    Ich fand einen „Shelter“ in der Nähe vom Gammellunder See. Schleswig-Holstein hat mit der Initiative „Wildes SH“ etwas ähnliches gestartet wie Dänemark, aber weitaus kleiner (exakt 16 Plätze) und verwirrender. Mein bei Google-Maps gefundener Platz existierte auf der offiziellen Seite bspw. nicht. Ich holperte durch einen Bauernhof, kam an einen See, eine Bank, eine verdreckte Toilette. Ein Auto stand herum, darin 4 Jugendliche mit lauter Musik und einer trug eine Perücke. Sonntagabend auf dem Land.

    Sie lachten sich schlapp, als ich bei ihnen aufkreuzte. Übernachten kein Problem! Sie warten nur noch „auf die Frauen“. Das war mir alles zu ungemütlich. Ich radelte wieder zurück zur Straße und fand am nächsten Haus einen verwaschenen Zettel mit dem Wildes-SH Logo. Klingeln. Es öffnete jemand. „Übernachte einfach bei mir im Garten. Da ist auch ein Wasserhahn. Morgen früh können wir zusammen frühstücken.“

    Neben Kühen baute ich das Zelt auf, kroch in den Schlafsack und dachte, dass die Fahrt mal wieder super beginnt. Am nächsten Morgen wurde es um 5 Uhr hell. Als ich losradelte, war von meinem Gastgeber nichts zu sehen, war ja auch sehr früh.

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    Der Wind blies am zweiten Tag weiterhin sehr günstig. Schleswig-Holstein ist dort an der Grenze zu Dänemark flach, wenig besiedelt und aus meiner Sicht kein Touristenhotspot. Aber gute Bäckereien! Medelby, Ladelund, und treten, treten, treten. Eine Außenstelle eines ehemaligen Konzentrationslagers. Auffällig, dass alle Orte große Supermärkte haben, getoppt sicher von Süderlügum, wo riesige Areale sind. Die Dänen kommen offensichtlich gerne zum Einkaufen über die Grenze.

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    An der Grenze natürlich keine Kontrolle, aber 2 Meter hinter der Grenze steht in Dänemark die erste öffentliche Toilette. Sauber, groß, geöffnet, fabelhaft. In Schleswig-Holstein gibt es nichts dergleichen, zumindest habe ich nie etwas entdeckt. In Schleswig-Holstein sind auch die Radwege meist eine Qual. Deutsche Straßenbauer bekommen im ersten Lehrjahr einen Zollstock, damit sie exakt alle 15 Meter eine tiefe Querrinne in die Radwege legen können, was sie auch machen. Für 6 oder 8 Stunden auf dem Rad alle 15 Meter einen Schlag in die Wirbelsäule zu bekommen ist deutscher Standard.

    Ich war nach 1,5 Tagen in Dänemark angekommen.
    Zuletzt geändert von Belge; 25.05.2023, 09:43. Grund: Nochmals gpx-Versuch

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    #2
    Teil 2:

    Dänische Radwege sind nicht perfekt, aber weitaus besser als in Deutschland. Insbesondere die Kreuzungen sind durchdachter. Das heißt nicht, dass dänische Autofahrer sich über jeden Radfahrer freuen, aber wenn Platz ist, weichen sie zum Überholen komplett auf die Gegenfahrbahn aus. Wenn kein Platz ist, halten sie genauso drauf wie deutsche Autofahrer.

    Eine schöne dänische Lösung für den Radweg unter der Straße
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    Unterwegs traf ich eine ältere Dänin, die von Basel bis zu ihrer Heimat nach Norddänemark radelte (bisher 31 Tage unterwegs). Sie schwärmte sogar von der Rücksicht der deutschen Autofahrer! Das Rheintal fand sie übrigens viel zu laut, insbesondere nachts im Zelt hört man die stündlichen Güterzüge extrem. Sie meinte, dass die Holländer die schlimmsten Autofahrer seien. Wir waren uns darin schnell einig. Es waren auch keine Holländer anwesend.









    In Dänemark folgte ich im Prinzip dem Fernradweg Nr. 1 immer die westliche Küste hinauf. Ribe ist eine sehr schöne Stadt, aber bis Esbjerg ist die dänische Küste nicht viel anders als in Deutschland, also Deiche, flaches Marschland, Schlick.

    Ribe





    Nördlich von Esbjerg kommt dann das Dänemark aus dem Katalog. Ferienhäuser in Dünen, Sand, etwas Wald, unglaublicher Wohlstand. Da wird auf einem völlig anderen Level als in Deutschland gespielt. Orte wie Vejers Strand oder Henne lassen den Mund offen stehen.

    Erwähnenswert noch der riesige Truppenübungsplatz vor Vejers, wo auch fleißig geübt wurde. Maschinengewehrsalven sind nicht so laut wie gedacht, ein Schützenpanzer hingegen riesig (und er legte eine Vollbremsung beim Überqueren der Straße hin und lächelnd gab der Kommandant mir die Vorfahrt). Ein Schuss aus einer Haubitze hingegen doch in etwa so laut, wie vermutet.

    Unterwegs kam ich immer an vielen der dänischen Shelter vorbei. Der Plan war ja, dort zu übernachten. Einige lagen direkt im Sporthafen, einige direkt am Radweg. Ich hatte nun wenig Lust, dass mir die Dänen den gesamten Abend zuschauen, wie ich in meinem Zelt liege. Andere waren von eher mangelhafter hygienischer Qualität. Vielleicht bin ich da als Boomer zu alt. Außerdem fand ich abends eine Dusche nicht schlecht. Ich suchte also ab 17 Uhr doch immer einen Campingplatz. Die gute Nachricht ist sicherlich: Es gibt diese Shelter in der Realität wirklich. Wer sich also darauf verlassen möchte, der wird sie finden.

    Ein paar Eindrücke von Sheltern (bzw. Lagerplätzen):
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    Und ein absolut guter Platz ganz neu an einer stillgelegten Bahnlinie
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    Die Entscheidung für Campingplätze fiel mir leicht, denn die Plätze waren sehr leer. Im Gegenteil war ich meist der einzige Gast, vielleicht noch ein Kastenwagen mit einem pensionierten Ehepaar (oder jungen Van-Lifern ohne Kinder). Jeder (!) Campingplatz hatte einen Aufenthaltsraum (geheizt), eine Küche, teilweise auf höchstem Standard. Die Kosten betrugen gerade mal zwischen 10 und 20 Euro die Nacht (meist 100 DKK, etwa 13 Euro). Das war eine einfache Entscheidung. Zelt aufbauen, duschen und im Aufenthaltsraum essen und lesen. Über Nacht habe ich meine Sachen in dem Raum trockenen lassen. Sehr komfortabel alles. Ich war immer völlig allein.

    Hier ein paar Eindrücke der Aufenthaltsräume etc. Da muss man nur einen Topf + gutes Buch dabei haben und es geht los
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    Ich kurbelte mich die Küste hinauf. Der Wind blies nun nicht mehr so günstig, einen Tag regnete es auch ziemlich. Es war verblüffend kalt, ich musste viele Tage mit Handschuhen und Mütze fahren (den Radhelm hatte ich zuhause vergessen). Es waren kaum andere Fernradler unterwegs, vielleicht zwei am Tag sah ich. Das erstaunte mich, ich hatte mit weitaus mehr Radreisenden gerechnet.

    Auch wenn es auf der Karte so aussieht, als ob man vom Fernradweg ständig das Meer sieht, ist es nicht so. Meist sieht man die Dünen oder Wald, eine sehr sandige Gegend. Dann kommt wieder Steilküste und es geht durch Felder und an Gehöften vorbei. Wer die Farbe Gelb nicht mag oder allergisch ist gegen Raps, der sollte Dänemark im Mai meiden. Sah aber schön aus.

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    Weniger schön ist die Schweineindustrie, gigantische Hallen mit Gestank, Gülle auf den Feldern. Dänemark versorgt die Welt mit Schweinefleisch. Wer Vegetarier werden möchte, dem empfehle ich die Tour auf jeden Fall.

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    Eine weitere Spezialität der Dänen sind Kiesstraßen. Die Fahrbahn geht unvermittelt in 2-4 cm tiefen Kies über. Wer mal mit dem Rad durch festgefahrenen Schnee gepflügt ist, weiß ungefähr wie sich das anfühlt. Man tritt gegen eine Welle an, das Rad springt und bockt, der Kies fliegt meterweit zur Seite.

    Und das dauert dann bspw. 14 km, bergauf und bergab. Das ist kein fest gewalzter Schotter wie auf deutschen Wegen, sondern Kies in loser Schüttung. Auf meiner Karte konnte man nicht erkennen, welche Straßen diesen Kies haben statt Asphalt, daher war es immer ein Bangen, wie weit man noch verzweifelt treten muss. Für mich sehr nervig.

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    Im Norden Dänemarks wird die Gegend rauer, mehr Fischereihäfen. Die lieblichen Dünen weichen Marschland und die Ferienhäuser sind praktischer gehalten und weniger mondän. Einmal muss man eine Fähre nehmen über eine Meeresmündung (Dänemark hat dort oben verblüffend große Seen, man kann das andere Ufer nicht sehen).

    Und ich musste langsam planen, wie weit ich die Küste noch hinauf kommen würde.

    Die Fähre. Tags legt sie zu jeder vollen Stunde ab.
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      #3
      Teil 3

      Nach einigen Tagen rollte ich vormittags in den Ort Klitmøller hinein. Ich hatte schon etwas nachgerechnet, wann ich den Rückweg antreten müsste, denn ich wollte etwas Reserve haben. Bisher hatte das Rad gehalten, auch die Knie und der Po, aber das musste ja nicht so bleiben.

      Ich trank einen Kaffee, überall liefen junge Leute in Surfanzügen herum, einer rollte mit seinem Fatbike vorbei, das Surfbrett seitlich montiert. Auf der Uferpromenade ein alter VW-Bus mit Berliner Kennzeichen, die Fahrerin mit bodenlangem Leopardenfellmantel sitzend. Jedes Klischee wurde mitgenommen.

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      Die Wirtin des Cafés erzählte mir, dass ihr Vater die erste Surfschule des Ortes gegründet hätte und irgendwann ein Strom junger Akademiker aus Kopenhagen gekommen wäre und nie wieder abgereist, auf der Suche nach einem besseren Lebensstil. Morgens mal mit dem Fatbike zum Surfen. Im Winter seien die Wellen natürlich besser, aber es ginge auch gar nicht um die Wellen und das Surfen. Es ginge um ein anderes Leben. Weshalb ausgerechnet Klitmøller dieser Hotspot wurde, wusste sie auch nicht. Dem Ort ginge es sehr gut, ganz im Gegenteil zu den traditionellen Fischereihäfen. Aber die alten Einheimischen benötigten schon noch etwas Zeit, um sich an die Latte-Trinker zu gewöhnen. Mir gefiel der Ort, Berliner VW-Bus und Leopardenmantel hin oder her.

      Und ich beschloss, dass es Zeit war für den Rückweg. Besser konnte es nicht werden. Ich stach durchs Landesinnere hinüber nach Aarhus an der Ostküste. Und das war heftig. Dänemark ist nicht flach, sondern eine einzige Achterbahn, steile Anstiege, sehr steile Abfahrten (und unten immer ein Stoppschild, eine Kreuzung oder eine Schranke). Der Wind blies in Sturmstärke aus Ost. Es war mehr als anstrengend.

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      Jedes Gramm der Ausrüstung bereute ich (Zelt, Schlafsack und Kleidung waren okay. Aber drei Bücher? Wofür den Wasserfilter? Die Stirnlampe?) Irgendwann wird man Stoiker. Vor sich eine extrem lange Steigung bis zum Horizont, der Wind bläst ins Gesicht, man steht faktisch. Aber einfach treten im kleinen Gang, Podcast hören. Und irgendwann ist man oben. Es geht.

      Ich habe die Dänen gefragt, ob sie die Berge auch als so anstrengend empfinden. Ja, empfinden sie. Außer die vielen Rennradfahrer vielleicht. Ein junger Knirps zog begeistert drei Mal an mir vorbei, immer wieder wenden und nochmals in schnellem Tempo an mir vorbei, der sich im ersten Gang quälte. Und junge Dänen mit Gepäck haben natürlich auch keine tonnenschweren Ortlieb-Packtaschen, sondern Gravelbike und Arsch-Rakete.

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ID: 3200934

      Aarhus dann eher ein Schock, so viele Menschen. In vielen Windungen ging es dann weiter auf dem Fernradweg Nr. 5 hinab nach Süden. Dort waren auch etwas mehr Leute unterwegs, ein Franzose wollte bis ans Nordkap (Start in Paris vor 4 Wochen, insgesamt 6 Monate Zeit. Es war sein erstes Jahr in Rente).

      Die Ostküste Dänemarks ist nicht wesentlich anders als die Westküste, was mich überraschte. Keine Dünen, weniger Sand, klar, aber die gleichen Rapsfelder, Schweinemastbetriebe und das extreme Auf und Ab der Straße. Wenn man mal wieder auf einem Hügel stand, konnte man sich sicher sein, dass der Weg exakt über die nächste hohe Erhebung führen würde, die man in der Distanz bereits sah. Auf die Idee, Straßen (oder wenigstens die Radwege) mal entlang Täler zu führen, kommt niemand. Immerhin gibt es einige Radfernwege, die entlang von alten Bahntrassen führen. Mit etwas Planung kann man die nehmen.

      Und es gibt immer wieder schöne Buchten und Abschnitte
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ID: 3200937

      Auf dem schönen kleinen Camping in Haderslev merke ich nachts, das meine Matratze die Luft verliert. Auf dem Boden ist das nicht nur hart, sondern insbesondere sehr kalt (der Daunensack geht zwar bis 5 Grad Frost, aber unten wird er natürlich zusammen gepresst). Zudem stürmte es gewaltig. Um 5 Uhr packe ich ein und verziehe mich in die benachbarte Jugendherberge. Dort gönne ich mir erstmal ein Frühstücksbuffett und beschließe, die nächste Nacht im Hotel zu verbringen.

      Eine sehr gute Entscheidung. In Sønderborg miete ich ein riesiges Zimmer in einer Kaserne, Bad für mich, Bettwäsche, richtige Handtücher, abends kann ich mit Licht lesen solange ich will. Und morgens schon wieder ein Frühstück! Ich merkte, dass die Annehmlichkeiten von Zimmern doch etwas für sich haben.

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ID: 3200938

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        #4
        Teil 4 (und Ende)

        Ich will mir in Flensburg eine neue Isomatte kaufen (die Modelle in Sønderborg von Sea-to-Summit kosteten 180 Euro, was mir zu viel war. Aber sehr schick). Ich kurvte über die Grenze, eine Art Fußgängerbrücke. Mir kamen wirklich hunderte Räder entgegen, viele nun auch bepackt, Einräder mit Rucksack, Liegeräder, auf den Straßen historische Traktoren, Oldtimer im Dutzend, Cabrios. Es war Vatertag! Alles, was aus der Garage gerollt werden konnte und auf dem man sitzen konnte, wurde hervor geholt.

        Die Grenze DK zu D
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ID: 3200940

        Daher hatte aber leider der Outdoorladen in Flensburg geschlossen. Na prima. Ich überlegte, wieder ins Hotel zu gehen (an Vatertag bei Bombenwetter an der Küste sicher leicht zu bekommen). Erstmal abwarten. Durch Zufall weiche ich vom Fernweg D2 an der Küste ab, durch Zufall ein Lidl am Wegesrand, der zufällig am Sonntag geöffnet hat. Und als letzter Zufall: Es gab es dort noch ein Campingmatte, selbstaufblasbar. Ein Riesentrum, aber ich schnallte es auf und der Abend war gerettet.

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ID: 3200941

        Ich fand einen Camping am Wasser, natürlich Vatertagstrubel (sehr verwirrend, nachdem ich in Dänemark oft der einzige Gast war), und ich kam mir etwas tölpelhaft vor, als ich meine riesige noch Original verpackte Lidl-Matte auspackte. Egal. Die Nacht war wunderbar.

        Ich fragte den Campwart noch, wo denn der Aufenthaltsraum sei. „Haben wir nicht mehr. Da saßen immer die Jugendlichen drin.“ Irgendetwas scheint Dänemark anders zu machen als wir.

        An der Küste entlang ging es zurück nach Kiel. Bis Eckersförde eine wirklich schöne Strecke entlang der Küste, danach folgt der Fernradweg etwas viele Radwege neben viel befahrenen Straßen. Eine nette Fähre über den Kanal. In Deutschland kam mir der Weg etwas weniger hügelig vor als in Dänemark. Und der Schotter ist gewalzt und fest, nicht dieser lose Kiesel.

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ID: 3200942

        Ein komisches Gefühl, einmal durch Dänemark und nun wieder in die Stadt zu rollen. Insgesamt waren es knapp 1200 km mit allen Umwegen, das macht rund 90 km pro Tag. Ich habe keinen Kilometerzähler am Rad, aber hatte mit weniger gerechnet. Die Knie taten auf den ersten 10 km morgens weh, abends dann der Hintern, aber es ging.

        Insgesamt waren es auf der Strecke auf dem Hinweg 1200 Höhenmeter hinauf, auf dem Rückweg (mit dem Binnenland) 4200 Höhenmeter hinauf.

        Keine Katastrophen diesmal (okay, Helm zuhause vergessen, Handy im Regen runtergefallen und Display zersplittert, Isomatte platt). Aber insbesondere kein Unfall und das Rad hat einwandfrei durchgehalten (Cube Touring). Ich würde nächstes Mal versuchen, noch etwas Gewicht einzusparen.

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ID: 3200943

        Bargeld brauchte ich auch hier kein einziges Mal, alles per Karte, sogar der Kaffeeautomat (und die Fähre an der Westküste).

        Dänemark ist ein gutes Land zum Radfahren, nicht das Paradies, aber toll. Nette Menschen, öffentliche Toiletten, meist breite Wege, ein dichtes Netz an Radfernwegen. Man benötigt aber eine Landkarte (zumindest eine Karte auf dem Handy), nicht alle Abzweigungen sind erkennbar. Und mit (kleinen) Kindern würde ich den Weg nicht empfehlen. Zu häufig muss man auf schmalen Schutzstreifen neben Lastwagen fahren. Nicht gut.

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ID: 3200944

        Komisch, dass es in Dänemark kaum Bäckereien gibt, kaum Restaurants. Und Tankstellen haben meist keine Shops (nur Kreditkartensäulen), außer die Marke „Circle K“ – und dort bekommen Kaffee und Softeis die Bestnote. Sobald ich eine der Tankstellen entdeckte, habe ich angehalten.

        Daher ist die Versorgung weitgehend auf Supermärkte beschränkt. Ich habe in jedem Supermarkt eingekauft.
        Hier ein kleine Auswahl, absolut sehenswert und ein soziologisches Universum.

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ID: 3200950

        Ich habe ständig gegessen, Schokocroissants, Thunfischsalat, Obst, Salsadip, Eis und wieder von vorne. Dennoch habe ich über 2 Kilo abgenommen. Wer also in diese Richtung etwas vorhat, dem sei Dänemark per Rad ebenfalls empfohlen.

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ID: 3200951

        Kommentar


        • Torres
          Freak

          Liebt das Forum
          • 16.08.2008
          • 32305
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          Hübsche Tour, lustig geschrieben. Hat Spaß gemacht, zu lesen.

          Den Track kann ich aber nicht sehen, da kommen Fehlermeldungen. Ich ahne dennoch, wo Du gefahren bist. Und die Erkenntnis mit den Zimmern hatte ich auch schon auf Tour. Wie wahr.
          Oha.
          (Norddeutsche Panikattacke)

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          • ApoC

            Moderator
            Lebt im Forum
            • 02.04.2009
            • 6554
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            Vermutlich musst du den Track einmal löschen und wieder einfügen.

            Danke fürs mitnehmen. Wir waren schon mehrfach in Klitmöller zum Surfen und fahren im Herbst wahrscheinlich wieder hin. Und ja die Wellen sind im Winter wirklich besser. Wir waren mal im Februar dort! Klasse!

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            • rockhopper
              Fuchs
              • 22.04.2009
              • 1243
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              Ich schließe mich Torres an! Habe den Bericht mit großem Vergnügen gelesen. Danke!
              Letztes Jahr hatte ich nach einer Woche DK die Radtour wegen schlechtem Wetter bei Ringköbing abgebrochen.
              Das war Ende Mai gewesen

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              • Belge
                Dauerbesucher
                • 23.02.2021
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                • Meine Reisen

                #8
                Danke für die Rückmeldungen. Yes, ich hatte insgesamt großes Glück mit dem Wetter. Das gehört natürlich für einen guten Eindruck dazu.

                Mit der gpx-Datei werde ich nicht mehr warm. Ich habe nun versucht, das Biest auch irgendwie einzubinden, aber es funktioniert nicht, auch nicht mit Quellcode. Ich bin da der dümmste anzunehmende User. Zumindest kann man die Datei im Notfall herunterladen, denke ich.

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                • lina
                  Freak

                  Vorstand
                  Liebt das Forum
                  • 12.07.2008
                  • 44442
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  Vielen Dank auch von mir, Dänemarkberichte finde ich immer super, auch weil ich ebenfalls sehr gerne dort bin :-)

                  Die Campingkultur dort scheint wirklich anders zu sein als hierzulande (es gibt noch großzügige separate Zeltwiesen!!), und die Aufenthaltsräume finde ich auch schön, obwohl ich sie selten nutze (nur beispielsweise wenn ich wirklich Licht brauche oder es sehr schnürlregnet und sturmregnet, was in DK durchaus häufig vorkommt). Töpfe muss man schon mitbringen, denn wenn welche zu finden sind, sind die eher verbeult und suboptimal, aber die Geräteausstattung ist super, gute Qualität hält halt auch länger und zieht mehr Gäste an, die das schätzen. Da es auch vorkommt, dass dänische Familien ihre Feste dort ausrichten (die Gäste kommen alle mit Zelt und Wohnwagen, man stellt alles im Kreis auf und feiert), nehme ich an, dass dann in den Aufenthaltsräumen/-küchen für alle gekocht wird, meistens sind dort jedoch Gäste, die ihr Geschirr spülen. Jugendliche sitzen dort durchaus auch, aber draußen ist es ja meistens noch schöner :-) Und auch die öffentlichen Toiletten am Strand zu haben finde ich sehr vernünftig und zweckmäßig, wenn viele Leute sich den ganzen Tag am Strand aufhalten, mit dem (kleinen) Boot unterwegs sind, usw., müssen die ja irgendwo hin, wenn sie mal müssen. Die geringe Bäckereidichte ist mir noch nicht aufgefallen, da es ja in den Supermärkten i.d.R. kleine Bäckereitheken gibt.

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                  • Maunz
                    Fuchs
                    • 24.08.2009
                    • 2440
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    Danke für den Dänemark-Bericht! Der Bäckerei-Mangel ist mir auch schon aufgefallen, als wir mal bis fast Ejsberg hochgefahren sind. Auch Supermärkte waren an der Nationalstrasse praktisch nicht zu sehen.
                    Der Service mit sauberen öffentlichen Toiletten ist klasse, da kann man in D nur von träumen.
                    Süderlügum ist DER dänische Einkaufstraum - praktisch wenn man im Urlaub am Sonntag einkaufen will. Das Angebot in den dänischen Läden ist allerdings sehr ungewohnt (dafür gibt es da diverse Sorten Marbou).

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                    • lina
                      Freak

                      Vorstand
                      Liebt das Forum
                      • 12.07.2008
                      • 44442
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      Zitat von Maunz Beitrag anzeigen
                      Das Angebot in den dänischen Läden ist allerdings sehr ungewohnt (dafür gibt es da diverse Sorten Marbou).
                      Das ist zum Glück inzwischen viel besser geworden. Vor einigen Jahren stand ich da auch recht ratlos zwischen Fertigsalaten mit viel Mayo, Kartoffelsalat mit viel Mayo, Großpackungen Leberpastete und riesigen Fleischstücken. Notfalls konnte man immerhin von Joghurt mit Muesli leben Aber das Gemüse holt vehement auf (auch in den kleinen Läden) und Kartoffeln gibt es eh gute dort.

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                      • blauloke

                        Lebt im Forum
                        • 22.08.2008
                        • 9103
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        Auch von mir Danke für diesen schön geschriebenen Bericht.
                        Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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