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Nach zwei nicht erfolgreichen Anläufen soll es dieses Jahr nun endlich mit einer Tour in der Hardangervidda klappen. Ich bin spät dran mit der Planung und sie verläuft etwas holperig, aber nach Einarbeitung in norwegische Bus- und Bahnverbindungen sowie dem Erstellen der Route mit ut.no kann ich mich ungebremst der Vorfreude und der Aufregung hingeben! Letztere bezieht sich weniger auf die Tour selbst, als auf die Reiserei, ich bin keine souveräne Weltreisende und mein Englisch ist auch nicht besonders fluently. Wird schon klappen! Die nächste Zeit bastele ich noch an der Ausrüstung herum, hier ein paar Gramm weniger, da ein paar Gramm mehr, viel leichter wird es kaum noch gehen…
Dienstag, 6.8.
Sehr früh geht es zu Hause los, natürlich waren alle meine Sorgen überflüssig, ich lande geschmeidig in Oslo, treffe mich noch mit einer Bekannten, die mir netterweise den Rødsprit , den ich noch brauche, mitbringt und steige dann um 23.00 Uhr in den Bus nach Haukeliseter. Schräg vor mir sitzt ein menschengroßer Rumpelwicht, ich hoffe mal sehr, dass er nicht auch in Haukeliseter aussteigt und dann „Wiesu denn bluß? Wiesu tut sie su?“ fragt.
Mittwoch, 7.8.
Erfreulicherweise bleibt er dann dort im Bus sitzen, ich bin die Einzige, die um 4.10 Uhr den Bus verlässt. Es fängt bereits an zu dämmern, leider nieselt es auch, so verziehe ich mich erst einmal unter ein Dach und sortiere den Rucksack von Flugzeug auf Wanderung um. Ich trödele noch ein wenig herum, starte dann aber gegen 5.30 Uhr in leichtem Niesel und der akustischen Knarzkulisse meines Rucksackes, der ganz offensichtlich auch schon wach ist, den kleinen Pfad über die Straße Richtung Natur hinauf.

Rückblick auf Haukeliseter und den Ståvatn
Das Gewicht von ca. 15kg merke ich schon, aber es wird ja im Laufe der Zeit weniger werden! Außerdem ist die erste Steigung schnell geschafft und nun kann ich den Blick auch nach vorne schweifen lassen und die mir unbekannte Landschaft visuell beschnuppern. Ich fremdele gar nicht, wie mir das manches Mal in noch unbekannter Landschaft ergangen ist, es passt perfekt, dass ich jetzt hier bin! Die vielen kleineren und größeren Seen begeistern mich trotz des trüben Wetters, an diesem ersten Tag werde ich wohl nahezu jeden fotografieren…

Welcher See das nun ist, weiß ich leider nicht mehr...
Noch stiefele ich etwas hölzern und ungelenk durch die Gegend, wahrscheinlich muss ich mich nach vielen Kilometern in Trailrunnern erst einmal wieder an die Bergschuhe und so richtig schöne kleine und unebene Pfade gewöhnen. Trotzdem möchte ich die Klumpen in diesem Gelände nicht eintauschen!
Als es einmal aufhört zu nieseln, ziehe ich die Regenklamotten aus, die darf ich jedoch bald wieder anziehen, so lerne ich schnell, dass sich ein Wechsel bei dieser Wetterlage eher nicht lohnt! Irgendwann mache ich eine Art Frühstück, will sagen, koche heißes Wasser und genieße dazu diese Bixit-Haferkekse, die einen im normalen Leben wahrscheinlich schnell wie Evelyn nach dem Riegel-Testen in Loriots „Papa ante portas“ aussehen lassen, aber auf einer Tour gut genießbar sind und jede Menge der heißbegehrten Kalorien bieten.
Heute habe ich richtig Glück, sehe ich doch schon bald ein paar Vögel, kleinere finkenartige Exemplare und eine XY-Läufer(?)-Mutter mit zwei Küken, die besonders nett aussehen: Je zwei bräunlich gesprenkelte Daunenbällchen, die Kopf und Körper sind, rennen ziemlich schnell auf überdimensional langen Beinchen durch die Gegend. Sehr süß, ich fände es ja noch toller, wenn ich wüsste, was für Vögel das sind. Leider kann ich mit dem Handy nur Schummerfotos machen, so dass ich auch zu Hause das Rätsel nicht lösen werde.
Ab dem Mannevatn bessert sich das Wetter so rapide, dass im nächsten, kleineren See Anbaden angesagt ist. Herrlich, ich bin ja eigentlich keine Wasserratte, aber ein erfrischendes Bad in einem Bergsee lasse ich ungern aus!

„Badesee“
Meine Füße und die Schuhe sind sich allerdings noch nicht so einig, v.a. der rechte kleine Zeh ist mit dem Platzangebot nicht einverstanden. Liegt es an der neuen Besohlung, den anderen Socken oder einfach daran, dass die Schuhe leider ganze zwei Jahre quasi brach liegen mussten? Ich werde sehen… Ansonsten genieße ich die wunderschöne Landschaft, die weiten Blicke, das einigermaßen moderate Auf und Ab und staune, wie wenig mich der Schlafentzug der letzten Nacht bisher beeinträchtigt.
Die Ausblicke auf einige Höhenzüge lassen die Idee aufkommen, hier mal vom Zelt aus die eine oder andere Tagestour auf einen der Gipfel zu unternehmen. Ein anderes Mal...
Hin und wieder kommen mir ein paar Leute entgegen, ein kurzes „Hei“ und gut ist. Am Holmasjøen genieße ich eine Sonnenpause mit herrlichem Blick über den See. Dabei meine ich, immer mal wieder, von fern Stimmen zu hören. Da aber weit und breit niemand zu sehen ist, schiebe ich das schließlich auf meinen Schlafmangel. Doch nein, nach geraumer Zeit kommt schließlich doch eine große Gruppe plaudernder Wanderer vorbei. Eigentlich ganz beruhigend, dass ich nicht schon anfange, Stimmen zu hören!

Holmasjøen
Bei einem Abstieg überkommt mich dann doch plötzlich die Müdigkeit, es wird Zeit, dass ich nach einem Zeltplatz Ausschau halte. Es dauert allerdings noch ein Weilchen, bis ich den finde, ist das Gebiet hier doch erst einmal ziemlich sumpfig.

Bei näherer Betrachtung ist es in der Ebene viel zu nass zum Zelten
Gegen 15.00 Uhr findet sich oberhalb des Simletindvatn ein nahezu flaches Plätzchen, gar nicht weit davon auch eine gute Wasserstelle, so dass für alles gesorgt ist. Ich stelle das Zelt auf, drehe es dann aber noch einmal um, da es ihm besser tut, wenn der Wind nicht auf die senkrechte Rückseite steht. Also kein Seeblick aus dem Zelt – ich bin im Grunde auch viel zu müde dafür und werde bald schlafen. Ein kleines Nickerchen stellt sich spontan ein, dann koche ich aber noch richtig und schreibe danach Tagebuch. Dabei fängt es an zu regnen, so dass ich das Zelt erst einmal nicht wieder verlassen möchte. Darüber schlafe ich ein, ohne mich richtig „bettfein“ gemacht zu haben.
Donnerstag, 9.8.
Gegen 4.00 Uhr wache ich auf, dämmere aber immer wieder ein und träume jede Menge verrücktes Zeug. Dass sich das Unterbewusstsein in den ersten Nächten des Urlaubs eine wilde Mischung zusammenspinnt, kenne ich schon und denke erst gar nicht darüber nach, ob und wenn ja, welche Bedeutung diesen Träumen abgewonnen werden könnte. Dazu vergesse ich sie auch viel zu schnell. Als ich später gegen 7.00 Uhr von der Sonne geweckt werde, pelle ich mich schnell aus dem Schlafsack, fühle ich mich nun doch wesentlich fitter als gestern! Nach dem Frühstück in der Sonne findet die Packorgie statt, das flutscht alles noch nicht so richtig, aber ich habe ja zwei Wochen Zeit, mich in dieser Disziplin zu üben!

„Entspanntes Zelt“ am Morgen
Um 9.15 Uhr geht es dann endlich los. Heute ziehe ich die bewährten Wollsocken an, was meine Füße sehr begrüßen! Nicht nur deshalb bin ich jetzt weniger hölzern unterwegs, scheinbar habe ich mich an die schweren Bergstiefel und die so andere Gangart darin gewöhnt und fühle mich wieder mehr in meinem Element.
Mein gemütliche Kunstfaserjacke gibt zwei Daunen von sich. Womöglich ist sie eine im falschen Körper geborene Daunenjacke? Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Daunen Ausreißer aus dem Schlafsack sind.
Bei dem herrlichen Wetter heute ist die Landschaft noch viel schöner, schon auf dem Weg zur Hellevasbu erfreue ich mich nicht nur optisch an dieser herben, seenreichen Landschaft, sondern auch akustisch an den verschiedenartigen Geräuschen, die das Wasser macht und fange an, eine Begriffssammlung zu machen: gluckern, rauschen, plätschern, brodeln, donnern, tosen… mal sehen, was im Laufe der Tour noch dazukommt! Mir fällt ein, dass es von Franz Hohler ein kleines Gedicht über einen Bergbach gibt, in dem er viele Geräusche zitiert, leider bekomme ich es aber aus dem Gedächtnis nicht zusammen. Wieder zu Hause werde ich dann fündig:
Es war einmal ein Bach
Der machte großen Krach.
Er rauschte, brauste, brodelte,
er johlte, jauchzte, jodelte,
Und rollte Steine auf dem Grunde
Am Tag, zur Nacht, zu jeder Stunde.
So tanzte er dem Stausee zu
und ward verschluckt. Nun gab er Ruh.

Bald passiere ich die erste „echte“ Brücke, danach geht es etwas langwieriger, als ich mir das vorgestellt habe, zur Hellevasbu, vor der es noch einmal eine schöne Hängebrücke zu überqueren gibt. Nichtsdestotrotz bin ich wieder von den Ausblicken, aber auch von der alpinen, kargen Flora beeindruckt. Ich sinne mal wieder darüber nach, warum mich dieses Karge, die Flechten, Moose, Kriechweiden und das fotogene Wollgras immer wieder so begeistern, mich üppige Vegetation eher nicht so berührt. Eine Erklärung finde ich allerdings nicht.

Hellevasbu am Øvre Hellevatnet
An der Hütte komme ich mit einer Mutter samt erwachsenem Sohn aus Haugesund sehr nett ins Gespräch. Sie sind schon fast eine Woche unterwegs und werden sich für die Strecke bis Haukeliseter zwei Tage Zeit nehmen. Recht haben sie, es gibt genug zu schauen und zu genießen!
Nach der Hellevasbu geht es dann erst einmal ganz gut aufwärts, netterweise steht aber direkt am Weg ein „Sofastein“, auf dem es sich extrem komfortabel sitzen und Pause machen lässt! Die Gelegenheit lasse ich mir natürlich nicht entgehen!

«Sofastein» zum Pause machen
Danach wird es steiniger und alpiner (wobei sich alpin hier in der Hardangervidda selten auf die Steigung, mehr auf die Bodenbeschaffenheit bezieht) und zieht sich etwas zu. Immer wieder bewundere ich Seen mit Wollgrasparadiesen, außerdem fliegen hier viele „Viddafinken“ herum. Sie sind allerdings so flink, dass ich sie nie richtig vor die Linse bekomme. Merke: Vor der nächsten Tour in unbekannte Gefilde über die Tierwelt informieren!
Auch heute stelle ich fest, dass es kein Gerücht ist, dass norwegische Gehzeiten eher knackig sind – jedenfalls für mich mit meinem Gepäck! Insgesamt ist selbiges ganz gut auszuhalten, heute tun die Gelenke nicht mehr weh, nur die üblichen Druckstellen an den Beckenknochen. Also alles im grünen Bereich! Trotzdem zieht sich gerade der Weg etwas, ich bin zudem wettermisstrauisch, aber bis auf ein paar Tropfen wird es heute trocken bleiben! Den Abstieg zum Kvennsjøen unterbreche ich, um mal die Füße von mir zu strecken. Hinter mir sind einige jüngere Wanderer, die scheinen auch etwas erschöpft zu sein.
Nach dem Passieren eines Wollgrasparadieses und von zwei Brücken über Zuflüsse zu diesem See geht es bei viel Wind noch einmal zur Sache auf einen Pass mit Wegabzweig, dann mit Blick auf den Litlosvatn hinunter, um dann ein ganzes Stück an dessen Ufer entlang zu laufen.

Wollgrasparadies

Die erste der beiden Brücken

Luxuswegweiser
So langsam möchte ich mal Feierabend machen, allerdings nicht direkt am Weg das Zelt aufbauen, so lasse ich einige ebene Stellen wortwörtlich links liegen und steige dann quasi gegenüber der Litlos-Hütte etwas den Hang hoch, bis ich gegen 18.00 Uhr eine einladende Ebene erreiche. Ein kleiner Bach ist in der Nähe, einen Minihausberg, oder besser -zeltberg habe ich auch, das passt doch alles bestens! Das Zelt wird gleich in die richtige Richtung aufgestellt, dann gibt es richtig leckeres Abendessen: Woknudeln mit scharfem Paprika-Möhren-Gemüse. Hoffentlich habe ich davon noch mehr Portionen in meinen Vorräten. So genau weiß ich das nicht mehr, meine Dörraktion ist schon etwas länger her…
In der Nähe kommen immer wieder Wanderer mit und ohne Angelzeug den Berg hinunter, laut Karte gibt es da keinen Weg, aber das muss hier wahrscheinlich nicht viel heißen. Später erklimme ich den mit Rentierflechten, Krähenbeeren und anderem krautigem Gewächs überzogenen Buckel neben dem Zelt, von dem aus man einen guten Überblick über den Litlosvatn hat. Ich bin mal wieder hin und weg von den Farben: Ein regenschwangerer dunkler Himmel lässt den See stahlgraublau aussehen, im Gegensatz dazu leuchten die sonnenbeschienenen Flechten unter meinen Füßen, einfach toll! Ich bleibe lange hier und lasse den Blick schweifen, auch zu meinem kleinen Zelt ein paar Meter weiter unten.

Blick auf den Litlosvatnet

Blick vom „Hausberg“ auf das Zelt
Be-, wenn nicht gar verzaubert geht es zurück um Zelt, ich schreibe noch Tagebuch, hole die „Wäsche“ rein und lege mich dann nieder, müde genug bin ich. Je nach Windrichtung höre ich v.a. Wasser rauschen, manchmal auch das leise Brummen des Hüttengenerators, bald aber gar nichts mehr...
Dienstag, 6.8.
Sehr früh geht es zu Hause los, natürlich waren alle meine Sorgen überflüssig, ich lande geschmeidig in Oslo, treffe mich noch mit einer Bekannten, die mir netterweise den Rødsprit , den ich noch brauche, mitbringt und steige dann um 23.00 Uhr in den Bus nach Haukeliseter. Schräg vor mir sitzt ein menschengroßer Rumpelwicht, ich hoffe mal sehr, dass er nicht auch in Haukeliseter aussteigt und dann „Wiesu denn bluß? Wiesu tut sie su?“ fragt.
Mittwoch, 7.8.
Erfreulicherweise bleibt er dann dort im Bus sitzen, ich bin die Einzige, die um 4.10 Uhr den Bus verlässt. Es fängt bereits an zu dämmern, leider nieselt es auch, so verziehe ich mich erst einmal unter ein Dach und sortiere den Rucksack von Flugzeug auf Wanderung um. Ich trödele noch ein wenig herum, starte dann aber gegen 5.30 Uhr in leichtem Niesel und der akustischen Knarzkulisse meines Rucksackes, der ganz offensichtlich auch schon wach ist, den kleinen Pfad über die Straße Richtung Natur hinauf.

Rückblick auf Haukeliseter und den Ståvatn
Das Gewicht von ca. 15kg merke ich schon, aber es wird ja im Laufe der Zeit weniger werden! Außerdem ist die erste Steigung schnell geschafft und nun kann ich den Blick auch nach vorne schweifen lassen und die mir unbekannte Landschaft visuell beschnuppern. Ich fremdele gar nicht, wie mir das manches Mal in noch unbekannter Landschaft ergangen ist, es passt perfekt, dass ich jetzt hier bin! Die vielen kleineren und größeren Seen begeistern mich trotz des trüben Wetters, an diesem ersten Tag werde ich wohl nahezu jeden fotografieren…

Welcher See das nun ist, weiß ich leider nicht mehr...
Noch stiefele ich etwas hölzern und ungelenk durch die Gegend, wahrscheinlich muss ich mich nach vielen Kilometern in Trailrunnern erst einmal wieder an die Bergschuhe und so richtig schöne kleine und unebene Pfade gewöhnen. Trotzdem möchte ich die Klumpen in diesem Gelände nicht eintauschen!
Als es einmal aufhört zu nieseln, ziehe ich die Regenklamotten aus, die darf ich jedoch bald wieder anziehen, so lerne ich schnell, dass sich ein Wechsel bei dieser Wetterlage eher nicht lohnt! Irgendwann mache ich eine Art Frühstück, will sagen, koche heißes Wasser und genieße dazu diese Bixit-Haferkekse, die einen im normalen Leben wahrscheinlich schnell wie Evelyn nach dem Riegel-Testen in Loriots „Papa ante portas“ aussehen lassen, aber auf einer Tour gut genießbar sind und jede Menge der heißbegehrten Kalorien bieten.
Heute habe ich richtig Glück, sehe ich doch schon bald ein paar Vögel, kleinere finkenartige Exemplare und eine XY-Läufer(?)-Mutter mit zwei Küken, die besonders nett aussehen: Je zwei bräunlich gesprenkelte Daunenbällchen, die Kopf und Körper sind, rennen ziemlich schnell auf überdimensional langen Beinchen durch die Gegend. Sehr süß, ich fände es ja noch toller, wenn ich wüsste, was für Vögel das sind. Leider kann ich mit dem Handy nur Schummerfotos machen, so dass ich auch zu Hause das Rätsel nicht lösen werde.
Ab dem Mannevatn bessert sich das Wetter so rapide, dass im nächsten, kleineren See Anbaden angesagt ist. Herrlich, ich bin ja eigentlich keine Wasserratte, aber ein erfrischendes Bad in einem Bergsee lasse ich ungern aus!

„Badesee“
Meine Füße und die Schuhe sind sich allerdings noch nicht so einig, v.a. der rechte kleine Zeh ist mit dem Platzangebot nicht einverstanden. Liegt es an der neuen Besohlung, den anderen Socken oder einfach daran, dass die Schuhe leider ganze zwei Jahre quasi brach liegen mussten? Ich werde sehen… Ansonsten genieße ich die wunderschöne Landschaft, die weiten Blicke, das einigermaßen moderate Auf und Ab und staune, wie wenig mich der Schlafentzug der letzten Nacht bisher beeinträchtigt.
Die Ausblicke auf einige Höhenzüge lassen die Idee aufkommen, hier mal vom Zelt aus die eine oder andere Tagestour auf einen der Gipfel zu unternehmen. Ein anderes Mal...
Hin und wieder kommen mir ein paar Leute entgegen, ein kurzes „Hei“ und gut ist. Am Holmasjøen genieße ich eine Sonnenpause mit herrlichem Blick über den See. Dabei meine ich, immer mal wieder, von fern Stimmen zu hören. Da aber weit und breit niemand zu sehen ist, schiebe ich das schließlich auf meinen Schlafmangel. Doch nein, nach geraumer Zeit kommt schließlich doch eine große Gruppe plaudernder Wanderer vorbei. Eigentlich ganz beruhigend, dass ich nicht schon anfange, Stimmen zu hören!

Holmasjøen
Bei einem Abstieg überkommt mich dann doch plötzlich die Müdigkeit, es wird Zeit, dass ich nach einem Zeltplatz Ausschau halte. Es dauert allerdings noch ein Weilchen, bis ich den finde, ist das Gebiet hier doch erst einmal ziemlich sumpfig.

Bei näherer Betrachtung ist es in der Ebene viel zu nass zum Zelten
Gegen 15.00 Uhr findet sich oberhalb des Simletindvatn ein nahezu flaches Plätzchen, gar nicht weit davon auch eine gute Wasserstelle, so dass für alles gesorgt ist. Ich stelle das Zelt auf, drehe es dann aber noch einmal um, da es ihm besser tut, wenn der Wind nicht auf die senkrechte Rückseite steht. Also kein Seeblick aus dem Zelt – ich bin im Grunde auch viel zu müde dafür und werde bald schlafen. Ein kleines Nickerchen stellt sich spontan ein, dann koche ich aber noch richtig und schreibe danach Tagebuch. Dabei fängt es an zu regnen, so dass ich das Zelt erst einmal nicht wieder verlassen möchte. Darüber schlafe ich ein, ohne mich richtig „bettfein“ gemacht zu haben.
Donnerstag, 9.8.
Gegen 4.00 Uhr wache ich auf, dämmere aber immer wieder ein und träume jede Menge verrücktes Zeug. Dass sich das Unterbewusstsein in den ersten Nächten des Urlaubs eine wilde Mischung zusammenspinnt, kenne ich schon und denke erst gar nicht darüber nach, ob und wenn ja, welche Bedeutung diesen Träumen abgewonnen werden könnte. Dazu vergesse ich sie auch viel zu schnell. Als ich später gegen 7.00 Uhr von der Sonne geweckt werde, pelle ich mich schnell aus dem Schlafsack, fühle ich mich nun doch wesentlich fitter als gestern! Nach dem Frühstück in der Sonne findet die Packorgie statt, das flutscht alles noch nicht so richtig, aber ich habe ja zwei Wochen Zeit, mich in dieser Disziplin zu üben!

„Entspanntes Zelt“ am Morgen
Um 9.15 Uhr geht es dann endlich los. Heute ziehe ich die bewährten Wollsocken an, was meine Füße sehr begrüßen! Nicht nur deshalb bin ich jetzt weniger hölzern unterwegs, scheinbar habe ich mich an die schweren Bergstiefel und die so andere Gangart darin gewöhnt und fühle mich wieder mehr in meinem Element.
Mein gemütliche Kunstfaserjacke gibt zwei Daunen von sich. Womöglich ist sie eine im falschen Körper geborene Daunenjacke? Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Daunen Ausreißer aus dem Schlafsack sind.
Bei dem herrlichen Wetter heute ist die Landschaft noch viel schöner, schon auf dem Weg zur Hellevasbu erfreue ich mich nicht nur optisch an dieser herben, seenreichen Landschaft, sondern auch akustisch an den verschiedenartigen Geräuschen, die das Wasser macht und fange an, eine Begriffssammlung zu machen: gluckern, rauschen, plätschern, brodeln, donnern, tosen… mal sehen, was im Laufe der Tour noch dazukommt! Mir fällt ein, dass es von Franz Hohler ein kleines Gedicht über einen Bergbach gibt, in dem er viele Geräusche zitiert, leider bekomme ich es aber aus dem Gedächtnis nicht zusammen. Wieder zu Hause werde ich dann fündig:
Es war einmal ein Bach
Der machte großen Krach.
Er rauschte, brauste, brodelte,
er johlte, jauchzte, jodelte,
Und rollte Steine auf dem Grunde
Am Tag, zur Nacht, zu jeder Stunde.
So tanzte er dem Stausee zu
und ward verschluckt. Nun gab er Ruh.

Bald passiere ich die erste „echte“ Brücke, danach geht es etwas langwieriger, als ich mir das vorgestellt habe, zur Hellevasbu, vor der es noch einmal eine schöne Hängebrücke zu überqueren gibt. Nichtsdestotrotz bin ich wieder von den Ausblicken, aber auch von der alpinen, kargen Flora beeindruckt. Ich sinne mal wieder darüber nach, warum mich dieses Karge, die Flechten, Moose, Kriechweiden und das fotogene Wollgras immer wieder so begeistern, mich üppige Vegetation eher nicht so berührt. Eine Erklärung finde ich allerdings nicht.

Hellevasbu am Øvre Hellevatnet
An der Hütte komme ich mit einer Mutter samt erwachsenem Sohn aus Haugesund sehr nett ins Gespräch. Sie sind schon fast eine Woche unterwegs und werden sich für die Strecke bis Haukeliseter zwei Tage Zeit nehmen. Recht haben sie, es gibt genug zu schauen und zu genießen!
Nach der Hellevasbu geht es dann erst einmal ganz gut aufwärts, netterweise steht aber direkt am Weg ein „Sofastein“, auf dem es sich extrem komfortabel sitzen und Pause machen lässt! Die Gelegenheit lasse ich mir natürlich nicht entgehen!

«Sofastein» zum Pause machen
Danach wird es steiniger und alpiner (wobei sich alpin hier in der Hardangervidda selten auf die Steigung, mehr auf die Bodenbeschaffenheit bezieht) und zieht sich etwas zu. Immer wieder bewundere ich Seen mit Wollgrasparadiesen, außerdem fliegen hier viele „Viddafinken“ herum. Sie sind allerdings so flink, dass ich sie nie richtig vor die Linse bekomme. Merke: Vor der nächsten Tour in unbekannte Gefilde über die Tierwelt informieren!
Auch heute stelle ich fest, dass es kein Gerücht ist, dass norwegische Gehzeiten eher knackig sind – jedenfalls für mich mit meinem Gepäck! Insgesamt ist selbiges ganz gut auszuhalten, heute tun die Gelenke nicht mehr weh, nur die üblichen Druckstellen an den Beckenknochen. Also alles im grünen Bereich! Trotzdem zieht sich gerade der Weg etwas, ich bin zudem wettermisstrauisch, aber bis auf ein paar Tropfen wird es heute trocken bleiben! Den Abstieg zum Kvennsjøen unterbreche ich, um mal die Füße von mir zu strecken. Hinter mir sind einige jüngere Wanderer, die scheinen auch etwas erschöpft zu sein.
Nach dem Passieren eines Wollgrasparadieses und von zwei Brücken über Zuflüsse zu diesem See geht es bei viel Wind noch einmal zur Sache auf einen Pass mit Wegabzweig, dann mit Blick auf den Litlosvatn hinunter, um dann ein ganzes Stück an dessen Ufer entlang zu laufen.

Wollgrasparadies

Die erste der beiden Brücken

Luxuswegweiser
So langsam möchte ich mal Feierabend machen, allerdings nicht direkt am Weg das Zelt aufbauen, so lasse ich einige ebene Stellen wortwörtlich links liegen und steige dann quasi gegenüber der Litlos-Hütte etwas den Hang hoch, bis ich gegen 18.00 Uhr eine einladende Ebene erreiche. Ein kleiner Bach ist in der Nähe, einen Minihausberg, oder besser -zeltberg habe ich auch, das passt doch alles bestens! Das Zelt wird gleich in die richtige Richtung aufgestellt, dann gibt es richtig leckeres Abendessen: Woknudeln mit scharfem Paprika-Möhren-Gemüse. Hoffentlich habe ich davon noch mehr Portionen in meinen Vorräten. So genau weiß ich das nicht mehr, meine Dörraktion ist schon etwas länger her…
In der Nähe kommen immer wieder Wanderer mit und ohne Angelzeug den Berg hinunter, laut Karte gibt es da keinen Weg, aber das muss hier wahrscheinlich nicht viel heißen. Später erklimme ich den mit Rentierflechten, Krähenbeeren und anderem krautigem Gewächs überzogenen Buckel neben dem Zelt, von dem aus man einen guten Überblick über den Litlosvatn hat. Ich bin mal wieder hin und weg von den Farben: Ein regenschwangerer dunkler Himmel lässt den See stahlgraublau aussehen, im Gegensatz dazu leuchten die sonnenbeschienenen Flechten unter meinen Füßen, einfach toll! Ich bleibe lange hier und lasse den Blick schweifen, auch zu meinem kleinen Zelt ein paar Meter weiter unten.

Blick auf den Litlosvatnet

Blick vom „Hausberg“ auf das Zelt
Be-, wenn nicht gar verzaubert geht es zurück um Zelt, ich schreibe noch Tagebuch, hole die „Wäsche“ rein und lege mich dann nieder, müde genug bin ich. Je nach Windrichtung höre ich v.a. Wasser rauschen, manchmal auch das leise Brummen des Hüttengenerators, bald aber gar nichts mehr...
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