AW: [NO] Tour de Troms - Rohkunborri, Øvre Dividal und Ånderdalen
03. September: Zwischen den großen Seen
In dieser Nacht habe ich sehr viel besser geschlafen als in der letzten, wache allerdings sehr früh mit Kopfschmerzen auf. Nichts Schlimmes, nur ein Spannungskopfschmerz, der mit zwei Aspirin und ein bisschen leichter Bewegung bald verschwinden wird. Liegt wahrscheinlich an dem mühsamen Gehen gestern. Nach Kaffee und Keksen packe ich schnell zusammen und bin gegen sieben abmarschbereit. Noch ist es größtenteils bewölkt, aber schon eine Viertelstunde später gießt die Sonne einen Eimer warmes Morgenlicht über das Tal. Plötzlich leuchten die Birken in goldenen Farben, ganz anders als noch vor zwei Tagen am Torneträsk. Als hätte ein samischer Waldgott über Nacht den Herbst herbeigezaubert. Unwillkürlich stelle ich mir vor, wie er jetzt oben auf dem nach Südwesten gestreckten Ausläufer des Rohunborri sitzt, im Rücken die geheimnisvoll nebelumwaberte Gipfelkuppe, und zufrieden sein Werk betrachtet.

Zum Anfang laufe ich weiter durch Weidendickicht, Birkenwald und Moor bis zum Seeabfluss des Lulit Hávgajávri. Der Bach ist glücklicherweise an dieser Stelle gerade noch gut mit Stiefeln zu überqueren, so muss ich nicht gleich zum Schuhwechsel anhalten und kann den Schwung der frühen Morgenstunde nutzen. Auf der anderen Seite geht es für eine Weile sehr angenehm über Moränenschutt mit Zwergstrauchheide genau nach Osten, bis ich auf den Wildbach treffe, der von der Hochebene Gáiseláhku herunterfließt. Die Sonne hat sich leider wieder hinter dicken Wolken verschanzt, die gelegentlichen Nieselregen fallen lassen.

Der Bach stürzt hier durch die enge Schlucht Bálggesgorsa zu Tal. Auf der Karte ist allerdings überhaupt nicht zu erkennen, dass er auch noch weiter unten scharf in die Landschaft eingeschnitten ist, viel zu steil um ihn an dieser Stelle zu queren. Also muss ich notgedrungen ein Stück bachabwärts laufen, bis ich auf einen Tierpfad treffe, der zum Wasser hinunterführt. Am Gegenhang findet sich ebenfalls ein steiler Pfad, diese Stelle benutzen also die Rentiere auf ihrem Zug durch das Tal, und die sind hier schließlich zu Hause. Nach dem Umweg beschließe ich, gleich hier die Frühstückspause zu machen. Eigentlich wollte ich den Anstieg zur Hochebene vorher noch schaffen, aber für den muss ich erst mal Kraft sammeln. Und hier gibt es wenigstens Wasser, auch wenn ich dafür noch mal den steilen Hang hinunter muss. Bald drängt es mich weiter, ich bin gespannt auf den Blick über den Geavdnjajávri, den langgestreckten See im Osten des Nationalparks. Und wer weiß, wie sich das Wetter entwickelt, momentan sieht es jedenfalls nicht sehr stabil aus.
Auf dem teils etwas steilen Anstieg kann ich zuerst noch einem undeutlichen Pfad folgen, der sich immer nah an der Schlucht hält, bis er dann auf dem Bergrücken ausläuft. Hier weht ein ungemütlich scharfer Wind über die Ebene, dafür ist die Aussicht über See und Berge für einen Flachlandbewohner wie mich schon sehr befriedigend. Ab und zu reißen die Wolken auf und lassen kurz die Sonne durch, aber sie ziehen einfach zu schnell über den Himmel, als dass es für mehr als ein Foto reichen würde.

Blick zum Hávgaluoppal

Rohkunborri

Hávgavuopmi

Geavdnjajávri
Nachdem der Hügel 829m überschritten ist, geht es ein paar Höhenmeter abwärts auf die Hochebene Gaiseláhku, teils steinig, dann wieder über Wiesen. Bis zum Lágojávri laufe ich einfach immer immer nah am Bach. Im Vergleich zum herrlichen Hávgavuopmi wirkt es hier sehr eintönig, graues Geröll und braunes Gras wechseln einander ab. Am Lágojávri entscheide ich mich für das südwestliche Ufer, die andere Seite sieht nach nasserem Gelände aus. Meine Laune ist eher gedämpft, als ich die zwei Kilometer am See entlang latsche, Geröll, Gras, ein Regenschauer, Geröll, immer schräg gegen den kräftigen Süd-Südostwind.

Heute könnte ruhig noch was Aufregenderes passieren, denke ich, als das Seeende erreicht ist, wo gemächlich ein paar Rentiere weiden. Sind Rentiere aufregend? Ein Rentier hebt nur müde den Kopf, sind Wanderer aufregend? Okay, ich bin ja schon still. Am See 844m gehe ich noch vorbei und stelle dort das Zelt für die Mittagspause auf, gut abgespannt, falls es stärkere Böen gibt. Mehr Regenschauer, die warte ich lieber noch ab, kann mich sowieso nicht so recht aufraffen. Andererseits kann ich noch ein gutes Stück schaffen. Was die gelaufenen Kilometer angeht, hab ich mich bisher ja nicht mit Ruhm bekleckert. Jetzt geht es südlich vom Lágočohkka noch mal ein Stück hoch über dem Geavdnjajávri entlang, am See 881m vorbei und endlich sanft hinunter zum Røkskardet, der Landenge zwischen Altevatnet und Geavdnjajávri. Steiniges und unübersichtliches Gelände erwartet mich hier, durchsetzt mit Weidenbüschen.

Geavdnjajávri

Altevatnet
Südlich der Mitte steht eine kleine Hütte, die ich aber nicht in Augenschein nehme, wahrscheinlich ist sie sowieso abgeschlossen. Stattdessen gehe ich über eine Art felsige Terrasse um den Ausläufer des Davit Borjjasoaivi herum Richtung Altevatn. Der Regen hat aufgehört, aber die Sonne kann sich auch nicht so recht durchsetzen. Immerhin ist das hier interessantes Gelände. Direkt am Seeufer käme man wohl am einfachsten voran, aber ich halte mich lieber auf der 600m-Höhenlinie und quere hier den Hang, der bald recht steil wird. Das macht mehr Spaß als sich durch den dichten Birkenwald zu schlagen, denke ich, und tatsächlich habe ich bald richtig gute Laune. Ein paar Stellen sind etwas knifflig, besonders weil nach dem Regen alles nass ist. Nach einem Kilometer wird der Hang flacher, und nach einem weiteren Kilometer gibt es ganz perfekte Plätze zum Zelten, auf Krähenbeerenheide, ganz nah am Bach. Sehr schön, genau so hatte ich mir das vorgestellt. Ich bin total entspannt an diesem Abend. Gedanken ziehen durch, ohne sich festzuhaken, nichts ist wichtig, außer genau an diesem Platz zu sein und die Ruhe der Landschaft aufzusaugen.
03. September: Zwischen den großen Seen
In dieser Nacht habe ich sehr viel besser geschlafen als in der letzten, wache allerdings sehr früh mit Kopfschmerzen auf. Nichts Schlimmes, nur ein Spannungskopfschmerz, der mit zwei Aspirin und ein bisschen leichter Bewegung bald verschwinden wird. Liegt wahrscheinlich an dem mühsamen Gehen gestern. Nach Kaffee und Keksen packe ich schnell zusammen und bin gegen sieben abmarschbereit. Noch ist es größtenteils bewölkt, aber schon eine Viertelstunde später gießt die Sonne einen Eimer warmes Morgenlicht über das Tal. Plötzlich leuchten die Birken in goldenen Farben, ganz anders als noch vor zwei Tagen am Torneträsk. Als hätte ein samischer Waldgott über Nacht den Herbst herbeigezaubert. Unwillkürlich stelle ich mir vor, wie er jetzt oben auf dem nach Südwesten gestreckten Ausläufer des Rohunborri sitzt, im Rücken die geheimnisvoll nebelumwaberte Gipfelkuppe, und zufrieden sein Werk betrachtet.

Zum Anfang laufe ich weiter durch Weidendickicht, Birkenwald und Moor bis zum Seeabfluss des Lulit Hávgajávri. Der Bach ist glücklicherweise an dieser Stelle gerade noch gut mit Stiefeln zu überqueren, so muss ich nicht gleich zum Schuhwechsel anhalten und kann den Schwung der frühen Morgenstunde nutzen. Auf der anderen Seite geht es für eine Weile sehr angenehm über Moränenschutt mit Zwergstrauchheide genau nach Osten, bis ich auf den Wildbach treffe, der von der Hochebene Gáiseláhku herunterfließt. Die Sonne hat sich leider wieder hinter dicken Wolken verschanzt, die gelegentlichen Nieselregen fallen lassen.

Der Bach stürzt hier durch die enge Schlucht Bálggesgorsa zu Tal. Auf der Karte ist allerdings überhaupt nicht zu erkennen, dass er auch noch weiter unten scharf in die Landschaft eingeschnitten ist, viel zu steil um ihn an dieser Stelle zu queren. Also muss ich notgedrungen ein Stück bachabwärts laufen, bis ich auf einen Tierpfad treffe, der zum Wasser hinunterführt. Am Gegenhang findet sich ebenfalls ein steiler Pfad, diese Stelle benutzen also die Rentiere auf ihrem Zug durch das Tal, und die sind hier schließlich zu Hause. Nach dem Umweg beschließe ich, gleich hier die Frühstückspause zu machen. Eigentlich wollte ich den Anstieg zur Hochebene vorher noch schaffen, aber für den muss ich erst mal Kraft sammeln. Und hier gibt es wenigstens Wasser, auch wenn ich dafür noch mal den steilen Hang hinunter muss. Bald drängt es mich weiter, ich bin gespannt auf den Blick über den Geavdnjajávri, den langgestreckten See im Osten des Nationalparks. Und wer weiß, wie sich das Wetter entwickelt, momentan sieht es jedenfalls nicht sehr stabil aus.
Auf dem teils etwas steilen Anstieg kann ich zuerst noch einem undeutlichen Pfad folgen, der sich immer nah an der Schlucht hält, bis er dann auf dem Bergrücken ausläuft. Hier weht ein ungemütlich scharfer Wind über die Ebene, dafür ist die Aussicht über See und Berge für einen Flachlandbewohner wie mich schon sehr befriedigend. Ab und zu reißen die Wolken auf und lassen kurz die Sonne durch, aber sie ziehen einfach zu schnell über den Himmel, als dass es für mehr als ein Foto reichen würde.

Blick zum Hávgaluoppal

Rohkunborri

Hávgavuopmi

Geavdnjajávri
Nachdem der Hügel 829m überschritten ist, geht es ein paar Höhenmeter abwärts auf die Hochebene Gaiseláhku, teils steinig, dann wieder über Wiesen. Bis zum Lágojávri laufe ich einfach immer immer nah am Bach. Im Vergleich zum herrlichen Hávgavuopmi wirkt es hier sehr eintönig, graues Geröll und braunes Gras wechseln einander ab. Am Lágojávri entscheide ich mich für das südwestliche Ufer, die andere Seite sieht nach nasserem Gelände aus. Meine Laune ist eher gedämpft, als ich die zwei Kilometer am See entlang latsche, Geröll, Gras, ein Regenschauer, Geröll, immer schräg gegen den kräftigen Süd-Südostwind.

Heute könnte ruhig noch was Aufregenderes passieren, denke ich, als das Seeende erreicht ist, wo gemächlich ein paar Rentiere weiden. Sind Rentiere aufregend? Ein Rentier hebt nur müde den Kopf, sind Wanderer aufregend? Okay, ich bin ja schon still. Am See 844m gehe ich noch vorbei und stelle dort das Zelt für die Mittagspause auf, gut abgespannt, falls es stärkere Böen gibt. Mehr Regenschauer, die warte ich lieber noch ab, kann mich sowieso nicht so recht aufraffen. Andererseits kann ich noch ein gutes Stück schaffen. Was die gelaufenen Kilometer angeht, hab ich mich bisher ja nicht mit Ruhm bekleckert. Jetzt geht es südlich vom Lágočohkka noch mal ein Stück hoch über dem Geavdnjajávri entlang, am See 881m vorbei und endlich sanft hinunter zum Røkskardet, der Landenge zwischen Altevatnet und Geavdnjajávri. Steiniges und unübersichtliches Gelände erwartet mich hier, durchsetzt mit Weidenbüschen.

Geavdnjajávri

Altevatnet
Südlich der Mitte steht eine kleine Hütte, die ich aber nicht in Augenschein nehme, wahrscheinlich ist sie sowieso abgeschlossen. Stattdessen gehe ich über eine Art felsige Terrasse um den Ausläufer des Davit Borjjasoaivi herum Richtung Altevatn. Der Regen hat aufgehört, aber die Sonne kann sich auch nicht so recht durchsetzen. Immerhin ist das hier interessantes Gelände. Direkt am Seeufer käme man wohl am einfachsten voran, aber ich halte mich lieber auf der 600m-Höhenlinie und quere hier den Hang, der bald recht steil wird. Das macht mehr Spaß als sich durch den dichten Birkenwald zu schlagen, denke ich, und tatsächlich habe ich bald richtig gute Laune. Ein paar Stellen sind etwas knifflig, besonders weil nach dem Regen alles nass ist. Nach einem Kilometer wird der Hang flacher, und nach einem weiteren Kilometer gibt es ganz perfekte Plätze zum Zelten, auf Krähenbeerenheide, ganz nah am Bach. Sehr schön, genau so hatte ich mir das vorgestellt. Ich bin total entspannt an diesem Abend. Gedanken ziehen durch, ohne sich festzuhaken, nichts ist wichtig, außer genau an diesem Platz zu sein und die Ruhe der Landschaft aufzusaugen.
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