[TR] Langzeitwanderung

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  • Abt
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    • 26.04.2010
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    AW: [TR] Langzeitwanderung

    Oh, den Zwischenfall habe ich ganz übersehen.

    Immer wieder erschreckend, wie ganz harmlose Menschen in diese Situation gebracht werden und die Erde sich scheinbar rückwärts dreht.
    Ähnlich prägendes Erlebnis hatte ich seinerzeit auch in der DDR bei einer ganz normalen Ausreise.

    Falls es eure Zeit erlaubt und euch ein Weg hier zum Sandsteinverlag vorbeiführt, erinnert euch, an meine Koordinaten.
    Der 9.6.wäre auch soein ganz prima Tag.
    Ich bin denkbar froh, dass ihr unterwegs schon so fleißig geschrieben habt und eure tollen Bilder und-Erlebnisse hier eingestellt habt. Danke dafür

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    • grenzenlos
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      • 25.06.2013
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      AW: [TR] Langzeitwanderung

      Zitat von Sternenstaub Beitrag anzeigen

      Ja, so sehe ich das auch, man sollte über all dem politischen Frust (der sehr berechtigt ist) nicht vergessen, was für ein tolles Land es ist und wie liebenswert sehr viele Menschen dort sind.

      liebe Grüße an euch zwei
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      Gruß, Wi grenzenlos

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      • grenzenlos
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        • 25.06.2013
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        AW: [TR] Langzeitwanderung

        Zitat von qwertzui Beitrag anzeigen
        Vor allem dachte ich an den Moment als uns ein kaschmirischer Junge im September 1989 von der beginnenden Grenzöffnung erzählte. Wir waren erst zwei Wochen aus Deutschland fort und taten seine Fragen nach einer möglichen Wiedervereinigung als Hirngespinste ab. Schön, dass er recht hatte und euch grenzenlos machte.

        Meine längsten Reisen dauerten nur zwei Monate. Trotzdem war mir Deutschland in der Zwischenzeit fremd geworden. Nach der Offenheit und Neugier z.B. der Türken gegenüber Fremden, kam mir meine Heimat doch recht kalt, anonym und fremd vor. Wie stark muss dieses Gefühl für euch nach der langen Zeit sein. Herzlich Willkommen zurück und danke, danke,danke!
        - Genau aus diesem Grund verwende ich gerne das Wort grenzenlos. Reisefreiheit war damals ein Traum für uns Wie vorausschauend doch der Junge damals war

        - Wir haben festgestellt, dass der Beginn einer längeren Tour nicht das Problem ist. Die Rückkehr ist für uns da immer weit schwieriger Speziell Gi hat da immer ihre Probleme, denn der frühere Gesprächskreis und die Gesprächsthemen, z.B. auf der Arbeit sowie im Freundeskreis, sind nun weit enger gefasst, weit schwieriger. Die eigene Lebenseinstellung hat sich enorm geändert.
        Ich habe es da etwas einfacher, denn in der Regel bin ich gedanklich weiter auf Tour. Dies im Sinne von Vorträgen, Berichten und Manuskripten und natürlich bei der Planung für weitere Touren . Speziell bei Vorträgen sind oft gleichgesinnte Leute im Raum/Saal Dies macht die empfundene Kälte etwas wärmer
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        Gruß, Wi grenzenlos

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          • 25.06.2013
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          AW: [TR] Langzeitwanderung

          Zitat von Abt Beitrag anzeigen

          Falls es eure Zeit erlaubt und euch ein Weg hier zum Sandsteinverlag vorbeiführt, erinnert euch, an meine Koordinaten.
          Der 9.6.wäre auch soein ganz prima Tag.
          Lieb Abt,

          momentan hat uns der deutsche Alltag am Wickel , somit ist momentan die Zeit knapp. Jedoch ist zu vermuten, dass wir im Spätherbst bzw. Frühjahr 2017 sicherlich einen Termin in der Dresdner Gegend haben werden. Natürlich würden wir dann gerne eine Koordinaten- Rast einlegen. Uns wäre es ein Vergnügen
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          Gruß, Wi grenzenlos

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          • grenzenlos
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            • 25.06.2013
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            AW: [TR] Langzeitwanderung

            Sind wieder da

            Oman



            Wüste, Berge, Meer und etwas mehr

            Die Trennung von den Kiwi-Enkelinnen ist nicht einfach. Der Abschied fällt jedoch etwas leichter, da unser nächstes Reiseland der Oman ist. Das wir den Oman sehr mögen, ist kein Geheimnis. Und einige Berichte über dieses prima Reiseland habe ich ja schon geschrieben. Deshalb möchte ich auch nicht mit bereits bekannten langweilen. Das schöne ist jedoch, jede weitere Tour durch das faszinierende Land eröffnet neue ungeahnte Einsichten.



            Wir mieten uns einen Kleinwagen. Somit können wir flott die uns bereits bekannten Lieblingsplätze und auch neue Übernachtungsplätze ansteuern. Die ersten Tage verbringen wir sozusagen im Sand. Dies ist wie immer der Oman- Lieblingsspielplatz von Gi. Sie behauptet nämlich da jedesmal, hier wäre es am einfachsten ungestört die Sonne einzufangen.


            Sonneneinfängerin

            Hierfür rauschen wir ins Länderdreieck vom Oman, Saudi Arabien und Jemen. Dort gibt es die höchsten Sanddünen, die schönsten Sandfarben, die herrlichsten Sonnenuntergänge, und pro Quadrat- Sandkilometer die wenigsten Menschen. Ungefähr 0,1 dürften es sein.
            Diese menschliche ,,Leere‘‘ im ‘‘Leeren Viertel‘‘ (die große Wüste auf der Arabischen Halbinsel), stört uns natürlich nicht. Täglich wechseln wir den Übernachtungsplatz. Dafür laufen wir, um die für uns romantischten zu entdecken, oft viele Kilometer durch und über Sand.


            Durch und über Sand

            Haben wir einen Platz erspäht (zumeist erspäht Gi), versuche ich das Auto bis zur Sandburg zu steuern. Dies ist meist nicht einfach, denn Allrad hat die Karre nicht. Schaffe ich es nicht, so tragen wir halt unseren Haushalt zum verwunschenen Sandspielplatz. Wir haben ja Zeit!


            Wir haben ja Zeit

            Zwischen all den Sandburgen schlängeln sich auch vereinzelt Wadis durch den ewigen Sand. Es sind die modernen Verbindungswege für die Beduinen. Man erkennt diese Verbindungswege spielend an den Autospuren. Nur noch sehr selten sieht man Beduinen mit Kamelen umherziehen. Autos (mit Allrad) ersetzen die schönen Wüstentiere. Auch in manchen dieser Wadis übernachten wir.

            Dort ist die Wüstenvielfalt besonders schön, denn, wenn auch sehr selten, sammelt sich hier das Regenwasser (oft nur alle paar Jahre). Dieser seltene Lebenssaft genügt so mancher Pflanze und auch manchem Tier um ihr Wüstenleben irgendwie ehrenhaft zu überleben. Die Wüste ist keine Einöde.
            Wüstenmäuse, Skorpione, Schlangen, Wüstenhasen, Skarabäus und auch Geckos scheinen, genau wie wir, die Wüsten zu lieben. Natürlich sind sie sehr gut angepasst. Ob bei Tag im Sand verbuddeln oder einfach nur große Ohren besitzen, jedes Tier hat so seinen Überlebenstrick.
            Zugegeben, diese Wüstentiere zu entdecken, zu bestaunen und somit auch irgendwie ihr Wüstenleben zu verstehen, verlangt Geduld, verlangt viel Zeit und verlangt auch Glück, denn nicht auf jedem Sandkorn sitzt ein Wüstentier.

            So manches Wüstentier können wir jedoch sehen. Meist ist es in der Nacht, denn die Nacht bringt die notwendige Kühle. Erst da wird es in der Wüste lebendig. In einem dieser Wadis passiert in der Nacht dann Sonderbares.


            In der Nacht passiert Sonderbares

            Wenn ich Gi nicht hätte, dann bekäme ich, speziell in der Nacht kaum etwas mit, denn wenn ich schlafe, dann schlafe ich sehr, sehr fest. Kämen Diebe, würden die mich gleich mit einpacken.

            Zum Glück ist dies bei Gi genau umgekehrt. Hüstelt eine Heuschrecke, schnäuzt sich ein Gecko oder ruft eine Ameise ihrer besten Ameisen- Freundin etwas zu, Gi wird da sofort wach. Zu diesen Hüstel- Schnäuz- Ruf- Geräuschen muss ich nun eigentlich nicht erwähnen, dass somit fast zwangsweise sehr oft Geräusch- Fehlalarm angesagt ist. Deshalb habe ich es mir auch angewöhnt, dass Gi mindestens zweimal einen Weckversuch starten muss, um mich aus dem Tiefschlaf zu holen. Nach dem ersten Versuch hat sie dann nämlich immer Zeit, um zu überlegen, ob sich ein zweiter Versuch denn wirklich lohnt!
            In dieser besonderen Wadinacht, startet Gi den zweiten Versuch.
            Wi, da draußen ist was.
            Was ist da?
            Ich weiß es nicht! Schau doch bitte mal nach.
            Ich mag nicht. Schlaf einfach weiter!
            Wi, da ist wirklich was.
            Ich schaue raus. Ich sehe nichts. Ich höre nichts.
            Gi, da ist nichts. Schlafe weiter. Und wecke mich nicht ständig.
            Ich liege kaum, da höre ich was rascheln, was kratzen. Nur nichts Gi sagen, denke ich, denn sonst muss ich erneut schauen. Plötzlich spüre ich an meinem Hinterkopf eine leichte Druckberührung. Da ist wirklich was. Nur nichts Gi sagen, denke ich erneut, denn sonst muss ich wirklich raus. Kaum gedacht, flüstert Gi, ich habe Angst. Hast du das jetzt gehört? Da draußen ist bestimmt ein großes Tier.
            Da ich nun wirklich munter bin, gebe ich Gi zu bedenken, dass ist sicherlich ein großes Tier.
            Egal, Wi, bitte schaue nach.
            Ich habe aber Angst vor Eisbären, Gi.
            Eisbär, spinnst Du? Doch nicht in der Wüste!
            Okay, wenn du mich töten willst, ich schaue nach.
            Ich bewaffne mich mit der Taschenlampe, öffne das Zelt und schaue in die Finsternis. Systematisch leuchte ich den Platz ab. Plötzlich blitzen zwei Augen. Ungefähr 10 Meter vom Zelt entfernt klotzen mich 2 Leucht- Augen irgendwie gefährlich an. Da ich ab und zu kein mutiger Typ bin, suche ich nach meinen Latschen unter der Zeltplane. Damit könnte ich werfen, das gefährliche Monstertier verscheuchen, denke ich. Ich finde meine Latschen nicht.
            Unbewaffnet und barfuß schreite ich mutig Richtung Klotzaugen. Die sind plötzlich verschwunden. Ich leuchte. Ungefähr 10 Meter vor mir tauchen sie erneut auf.
            Mir fällt ein Stein vom Herzen, denn das Spiel kenne ich. Es kann nur ein Wüstenfuchs sein, denn die bleiben immer auf 10 Meter- Distanz, sofern sie auf einem Menschen treffen.
            Er hat unseren Lagerplatz abgesucht. Und dabei natürlich nicht vermutet, dass da zwei Angsthasen im Zelt schlafen.
            Lieb Gi, es war ein Wüstenfuchs. Der hat garantiert dein leckeres Bedubrot gerochen. Ich habe ihn verscheucht. Ich hoffe, du hörst nun nichts mehr. Schlaf gut!

            Am Morgen suche ich meine Latschen. Ich kann sie nicht finden. Was mir aber sofort auffällt sind die vielen Pfotenabdrücke vom Wüstenfuchs. Wir versuchen den Spuren zu folgen. Nach gut einem Kilometer ruft mir Gi zu, da liegt einer deiner Latschen.


            Meine Latschen riechen halt einfach besser

            Der sieht echt gut aus! Ich glaube, deine Latschen haben den Wüstenfuchs angelockt. Die riechen garantiert besser wie mein Bedubrot. Schau her, da sind die Pfotenabdrücke sehr deutlich zu sehen.

            Wo Gi Recht hat, hat sie halt recht!
            Ich bin etwas traurig, denn ohne meine geliebten Latschen fahren wir in die Bergregion zur jemenitischen Grenze.


            Ich bin etwas traurig

            Doch die Bergwelt mit Superwadis entschädigt nach nur kurzer Zeit völlig. Zudem erleben wir im Grenzort, Mazyuna, einige Besonderheiten. Ich erhandle neue Latschen. Die Besonderheit dabei. Sie sind nagelneu, nicht angefressen, passen auf Anhieb, sind echt preiswert erhandelt und gefallen sogar Gi. Das mit dem Gefallen, kommt echt selten vor bei Gi.


            Superwadis

            Eine weitere Besonderheit der Ortschaft ist der Kamelmarkt. Es ist der größte im ganzen Oman. Das schöne dabei? Hier gibt es keine Touristen (okay, 2 waren gerade dort). Die Ortschaft steht in keinem Reiseführer. Und somit ist alles noch authentisch. Wobei, die Zeiten in denen noch Lastenkamele für Karawanen verkauft wurden, sind lange vorbei. Heute geht es nur noch um die Kilo. Kilo bedeutet dabei, umso mehr Kilo umso mehr Geld, denn es handelt sich zu 99 Prozent um Schlachtkamele. Den größten Kilo- Hunger haben dabei die Saudis. Lange schauen wir dem Treiben zu. Die Kamele werden mit Kränen auf 4x4 Pritschenautos verladen, grinsen dabei noch und scheinen somit nicht zu wissen, wohin die Reise eigentlich gehen wird.


            Ahnungslose Amira (Prinzessin)

            Natürlich kommen wir mit den Kamel- Menschen ins Gespräch. Ja, sagen sie, vieles hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Zeiten der Karawanen sind lange vorbei.
            Bedauern sie die Wandlung, möchte ich wissen.
            Nein, mit den Kilos ist nun weit mehr Geld zu verdienen.

            Und natürlich reden wir auch über dem so nahen Jemen. Die Grenze ist seit dem Krieg geschlossen. Nur wenige Menschen hatten in der Vergangenheit den Grenzübergang überhaupt benutzt. Die Grenzstraße führt in eine der schönsten Wadi- Regionen der Welt. Für uns ist es die schönste Wadi- Region überhaupt. Ich nenne nur die Stichpunkte: Hadramaut, Schibam, Wadi Dohan.

            Die Freude ist groß, als wir mit waschechten Jemeniten ins Gespräch kommen. Lange reden wir. Wir erzählen, dass wir vor wenigen Monaten noch in Sanaa waren und dort gerade die Huthi- Rebellen die Hauptstadt einnahmen. Sehr schnell merken sie, dass wir uns im Jemen auskennen.
            Ob wir in den Jemen wollen, fragen sie.


            Waschechter Jemenite

            Es gibt keine Visa für uns, wegen dem Krieg, gebe ich zurück.
            Kein Problem, sagen sie grinsend zu uns.
            Sie würden uns begleiten. Wir könnten bis ins Hadramaut auch ohne Visa. Es gibt da einige Wüstenschleichwege. Wir müssen auch nichts bezahlen. Von Freunden des Jemen nehmen sie kein Geld.
            Wir sind völlig überrascht. Und natürlich denken wir kurz nach, denn so ein Kurzausflug in den Jemen, dabei einen gemütlichen Kat- Nachmittag erleben, die Wadis vom Hadramaut inhalieren, Gespräche zu den neusten Entwicklungen im Land führen, das wäre natürlich ein Ding.
            Doch sehr schnell wird uns bewusst, das Risiko an die falschen Leute zu geraten, das Risiko verhaftet zu werden wegen illegalem Grenzübertritt, ist einfach zu hoch und somit die Sache nicht wert. Auch wenn es innerlich nagt, man soll ein eventuelles Unglück nicht herausfordern.
            Zudem weiß ich, dass seit einiger Zeit, speziell im Hadramaut, die Al Qaida das Sagen hat, und diese Leute kann ich absolut nicht ab. Mit Millionen von Saudi- Dollars werden die dortigen Stammesführer auf Al Qaida- Kurs getrimmt.

            Uns bleibt somit nur noch, den Jemeniten zu wünschen, dass dem Krieg ein baldiger Frieden folgt, denn die Menschen im Land haben es bitter nötig. Über 70 Prozent der Jemeniten leiden Hunger und haben keinen Zugang mehr zu sauberen Trinkwasser. Die humanitäre Katastrophe für die Menschen im Jemen hat unvorstellbare Ausmaße angenommen. Der vergessene Krieg wütet mit gnadenloser Grausamkeit.

            Von der Grenzstadt hoppeln wir über Pisten bis in die Ebene von Salalah. Von da wollen wir entlang der Küste bis zurück nach Muscat düsen. Eine sehr gute Entscheidung, denn wenn auch viel in den wenigen größeren Siedlungen gebaut, gebaggert, gebuddelt, leider teilweise auch zerstört wird, so ist doch noch immer unvorstellbar viel Platz für Leute wie uns verfügbar. Menschen die die Einsamkeit lieben, mit Delfinen baden möchten, lange Wanderungen an Stränden mögen und die mit unverfälschter Gastfreundschaft etwas anfangen können, sind hier richtig aufgehoben.


            Schön genug?

            So bleibt es nicht aus, dass wir unvorstellbar romantische Über-nachtungsplätze er-spähen, teilweise dabei sogar die Qual der Wahl haben. Da fragen wir uns dann immer, schön genug? Bleiben wir hier? War der Platz vor 5 Minuten vielleicht doch schöner?
            Egal, wo wir auch immer am Meer übernachten, eine längere Wanderung gehört immer zum Pflichtprogramm.


            Pflichtprogramm

            Sehr oft beobachten wir die Fischer. Der Oman besitzt noch keine moderne Fangflotte. Mit kleinen Booten werden die vollen Netze ans Ufer geschippert. Dort übernehmen die Gastarbeiter aus Indien, Pakistan oder Bangladesch die harte Arbeit der Netzentleerung, der Sortierung und der notwendigen Kühlung. Bei Temperaturen, ab Mai bis Oktober, von über 40 Grad kein bequemer Job. Wie meist, wenn wir in einem Land unterwegs sind, rede ich auch mit diesen Menschen. Ich will einfach immer wissen, ob es ihnen im Oman gefällt, was sie verdienen, wie lange sie schon hier sind und ob vielleicht auch ihre Familie im nächsten Dorf wohnt? Wie gewohnt, sind die Auskünfte im Oman, meist verhalten positiv. Es gibt weit schlimmere Gastarbeiterländer.


            Harter Job

            Oft wollen uns die Männer einige Fische schenken. Immer wenn ich bezahlen will, gibt es Probleme. Sie wollen kein Geld. Ich lasse aber nie mit mir handeln, denn Arbeit soll, muss bezahlt werden. Es gibt eh zu viele Ungerechtigkeiten auf dieser Welt.

            So vergehen die Tage entlang der Küste mit vielen Abwechslungen. Kein Tag wird langweilig. Beim täglichen Bade- Ruhe- Vergnügen wird mir dann immer bewusst, wie gut es uns doch geht.


            Bade- Ruhe- Vergnügen

            Kurz vor Muscat besuchen wir noch einen neuen Trinkwasserstaudamm in den Bergen. Ich bin von den Wasserspiegelungen fasziniert.


            Faszinierende Spiegelungen

            Auch wird mir klar, was sich alles im Oman verändert. Vieles gefällt mir. Einiges gefällt mir nicht. Anderes verstehe ich einfach nicht. Um alles zu verstehen, müssen wir wohl erneut den Oman besuchen.
            Diese schelmischen Gedanken kommen mir, während Gi die letzten omanischen Bedubrote zaubert.


            Letztes Bedubrot im Oman


            In wenigen Tagen werden wir in Äthiopien sein. Wir können es kaum erwarten, denn in Äthiopien waren wir für 2 Monate während unserer Weltumradlungstour. Wir sind gespannt, was sich dort alles verändert hat?

            Ob sich in Äthiopien was verändert hat, erzähle ich dann aber erst im nächsten Bericht.

            LG, Wi + Gi Stand: Ende Februar 2016


            Zuletzt geändert von grenzenlos; 06.06.2016, 05:58.
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            Gruß, Wi grenzenlos

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            • qwertzui
              Alter Hase
              • 17.07.2013
              • 2902
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              AW: [TR] Langzeitwanderung

              Oh, ihr habt noch mehr Farben und Sonnenstrahlen für uns gesammelt.

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              • grenzenlos
                Dauerbesucher
                • 25.06.2013
                • 566
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                Zitat von qwertzui Beitrag anzeigen
                Oh, ihr habt noch mehr Farben und Sonnenstrahlen für uns gesammelt.
                Ist uns doch ein Vergnügen
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                Gruß, Wi grenzenlos

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                • Bluebalu
                  Dauerbesucher
                  • 19.05.2013
                  • 959
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                  Hallo Gi und Wi grenzenlos!

                  Ich lese sehr gerne eure Berichte, denn sie sind sehr informativ, zum nachdenken veranlassend und einfach fantastisch geschrieben und bebildert.

                  Höchste Zeit also Vielen Dank zu sagen für die "Mitnahme" in ferne Reisziele.

                  Grüssles
                  Bluebalu

                  PS: Ich war schockiert über eure Verhaftung in der Türkei

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                  • xuanxang
                    Erfahren
                    • 16.04.2014
                    • 199
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                    AW: [TR] Langzeitwanderung



                    An dieser Stelle musste ich echt lachen, ist mir doch am Anfang dieses Jahres auf meiner Radreise durch Sulawesi etwas Ähnliches wiederfahren: in der Nacht poltert es von außen an meine Türe des Minibungalows. Zu faul um auf zu stehen, mache ich irgend welche Geräusche, es kann ja nur irgend so’n Vieh sein. Bin damit auch erfolgreich, nur suche ich am darauf folgenden Morgen einen von meinem Paar Keen Schuhe, die ich schon seit Jahren benutze. Diesen finde ich dann auch vor dem Eingang des Wohnraumes der Besitzer des Guest Houses. Der Schlappen war nun etwas zerkaut und der Riemen hing nur noch an einem Faden, so dass ich den dann auch noch entfernte. In der nächsten etwas größeren Stadt habe ich dann sämtliche Schuhgeschäfte aufgesucht, aber für meine Größe 45 war da nix zu machen: maybe in Makassar, so’n Mist. Jetzt hielt der Schuh aber nicht so richtig, die Herren der Schusterkünstlerei weigerten sich auch Hand an zu legen. Also musste ich meine Zehen bei jedem Schritt etwas verkrampft an winkeln, damit der Schuh auf dem Fuß bleibt. So als Radler eigentlich kein Problem, aber wehe du läufst, hat dann aber zu meinem Hemd gepasst, das nach mehreren Jahren nun so verwaschen war, irgend wo hängen blieb, einriss und nun dementsprechend aus sah. Damit bin ich dann noch drei Wochen rum gefahren, muss lustig ausgesehen haben.
                    Gruß Rolf

                    Kommentar


                    • grenzenlos
                      Dauerbesucher
                      • 25.06.2013
                      • 566
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                      AW: [TR] Langzeitwanderung

                      Zitat von Bluebalu Beitrag anzeigen
                      Hallo Gi und Wi grenzenlos!

                      Ich lese sehr gerne eure Berichte, denn sie sind sehr informativ, zum nachdenken veranlassend und einfach fantastisch geschrieben und bebildert.

                      Höchste Zeit also Vielen Dank zu sagen für die "Mitnahme" in ferne Reisziele.

                      Grüssles
                      Bluebalu

                      PS: Ich war schockiert über eure Verhaftung in der Türkei
                      Bluebalu,

                      tut gut + spornt an weitere Berichte zu schreiben Danke!
                      Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                      Gruß, Wi grenzenlos

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                      • grenzenlos
                        Dauerbesucher
                        • 25.06.2013
                        • 566
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                        AW: [TR] Langzeitwanderung

                        Zitat von xuanxang Beitrag anzeigen


                        An dieser Stelle musste ich echt lachen, ist mir doch am Anfang dieses Jahres auf meiner Radreise durch Sulawesi etwas Ähnliches wiederfahren: in der Nacht poltert es von außen an meine Türe des Minibungalows. Zu faul um auf zu stehen, mache ich irgend welche Geräusche, es kann ja nur irgend so’n Vieh sein. Bin damit auch erfolgreich, nur suche ich am darauf folgenden Morgen einen von meinem Paar Keen Schuhe, die ich schon seit Jahren benutze. Diesen finde ich dann auch vor dem Eingang des Wohnraumes der Besitzer des Guest Houses. Der Schlappen war nun etwas zerkaut und der Riemen hing nur noch an einem Faden, so dass ich den dann auch noch entfernte. In der nächsten etwas größeren Stadt habe ich dann sämtliche Schuhgeschäfte aufgesucht, aber für meine Größe 45 war da nix zu machen: maybe in Makassar, so’n Mist. Jetzt hielt der Schuh aber nicht so richtig, die Herren der Schusterkünstlerei weigerten sich auch Hand an zu legen. Also musste ich meine Zehen bei jedem Schritt etwas verkrampft an winkeln, damit der Schuh auf dem Fuß bleibt. So als Radler eigentlich kein Problem, aber wehe du läufst, hat dann aber zu meinem Hemd gepasst, das nach mehreren Jahren nun so verwaschen war, irgend wo hängen blieb, einriss und nun dementsprechend aus sah. Damit bin ich dann noch drei Wochen rum gefahren, muss lustig ausgesehen haben.
                        Ja, Faulheit muss halt bestraft werden + bei Größe 45 ist es in Asien sehr, sehr schwierig
                        Im nächsten Bericht, er folgt in wenigen Tagen, werden Schuhe erneut eine kleine Nebenrolle haben

                        LG, Wi
                        Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                        Gruß, Wi grenzenlos

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                          • 25.06.2013
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                          Äthiopien Teil 1



                          Im Land des Kaffees, der Kirchen, der Schuhe, der Märkte und ...

                          Äthiopien ist Kaffeeland!!! Schon diese leckere Versuchung zwingt uns, besonders mich als stetigen Kaffeeschlürfer, dieses absolut interessante Land erneut zu bereisen.


                          Kaffee, eine meiner Leidenschaften

                          Während unserer Weltradeltour waren wir dort für 2 Monate unterwegs. Es wird oft behauptet, wer Indien und Äthiopien beradelt hat, kann auch durch alle anderen Länder radeln. Er ist gerüstet, vorbereitet. Und nichts wird den Radler bremsen, abschrecken oder verzweifeln lassen. Da ist was dran, denn beide Länder sind für ihre Widersprüche und auch Armut bekannt.

                          Äthiopien ist kein einfaches Reiseland. Natürlich ist dabei auch entscheidend, wie man unterwegs ist. Mir ist immer wichtig, dass ich andere Reiselustige nicht abschrecken möchte ein Land zu besuchen, denn jedes Land hat es verdient besucht zu werden. Umso einfacher man aber unterwegs ist, umso intensiver wird man in der Regel ein Land, seine Menschen, seine Schönheiten, auch seine Armut, seine Rustikalität und Widersprüche erfahren, erleben können.
                          Schon der Flug vom Oman nach Äthiopien ist für uns kein normaler Linienflug, denn im ausgebuchten Flieger sitzen über 95 Prozent Frauen. Man staune weiter, denn jede darf bis 40 kg Gepäck beim Check-in aufs Band wuchten. Die Frauen sind Gastarbeiterinnen auf dem Rückflug in ihre Heimat. Sie sind aufgekratzt, freuen sich nach vielen Monaten endlich ihre Familien zu sehen. Der Flug ist somit nicht langweilig. Sehr schnell sind wir nämlich irgendwie seelenverwandt, reden in Englisch und Arabisch über ihr Gastarbeiterland und natürlich auch über ihr Heimatland. Sie erzählen ihre Geschichte. Wir erzählen unsere Geschichte. Und dabei betonen wir, wir mögen Äthiopien, denn Äthiopien ist immer für Überraschungen gut.
                          Warum sind keine äthiopischen Männer an Bord, möchte ich wissen. Die Frauen lachen.
                          Äthiopische Männer sind schlechte Kindermädchen, sind schlechte Kassiererinnen, sind schlechte Haushälterinnen, sind nicht so belastbar, nicht so mutig, nicht so neugierig und, und, und …
                          Ja, sage ich. Männer sind halt weltweit nur Männer. Die Frauen lachen noch mehr.
                          3 von den Frauen können besonders laut lachen. Die drei sind sehr stark geschminkt, sind anders gekleidet, tragen auch kein Kopftuch wie ihre Landsmännerinnen. Im Oman gibt es, wenn auch sehr, sehr versteckt, eine Rotlichtszene, geht es mir durch den Kopf.
                          Was macht ihr in Äthiopien, wollen die Frauen wissen. Vier Wochen wollen wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchs Land reisen. Orte, welche wir von unserer Radeltour kennen, wollen wir erneut besuchen. Und dabei wird interessant sein, wie hat sich euer Land verändert?

                          Lasst euch überraschen, sagt eine der Frauen, und fügt stolz hinzu, in Addis Abeba gibt es jetzt eine Hochbahn.


                          Immer lächeln

                          Die Hochbahn gibt es wirklich. Wir benutzen sie aber nicht. Auf der Suche nach einem Zimmer, laufen wir durch die große Stadt, fühlen uns dabei fast sofort heimisch in der 5 Millionenstadt. Wir merken sehr schnell einen Unterschied zum Oman. Beim tragen unser Rucksäcke fällt uns die Atmung schwer. Addis liegt zwischen 1800 bis 2500 Höhenmetern über dem Meeresspiegel. Sie ist die dritthöchst gelegene Hauptstadt der Welt.
                          Um genug Anfangs- Luft zu bekommen, und um unseren Hunger zu stillen, setzen wir uns in eines der unzählig vielen Freiluft- Restaurants. Gi mag zu gerne Pellkartoffeln.


                          Gis Lieblingsgericht

                          Also bestellt sie für uns eine Portion gewürzte Pellkartoffeln und Tee. Ich bin kein Pellkartoffel- Freund, doch es wird für unsere Addis- Zeit unser Lieblingsrestaurant. Dies liegt nicht nur an den Kartoffeln. Die sympathische Freiluft- Resto- Chefin ist ein weiterer Grund. Sie spricht Arabisch, war in Saudi Arabien als Gastarbeiterin und hat sich vom angesparten Geld ihren Traum vom eigenen Geschäft erfüllt. Solche oder ähnliche Gastarbeitergeschichten werden wir noch oft hören. Es sind zumeist Frauengeschichten, Geschichten welche daherkommen mit viel Stolz, Lachen und leuchtenden Augen.


                          Traum erfüllt, eigenes Freiluftresto

                          Gi erkundigt sich bei unserer Kartoffelprinzessin nach den aktuellen Preisen. Was kostet Zucker, Brot, Wasser und was kosten Kleider? Nach den Kleidern reden die zwei von Schuhen.
                          Und bei dem fraulichen Fach- Schuhgespräch - ich habe ja nun Zeit um die Gegend zu beobachten - fällt mir auf, es hat sich neben der Hochbahn auch weiteres geändert in Addis.
                          Und diese Änderung betrifft genau den wichtigen Stichpunkt Schuhe, denn Schuhe zu besitzen war noch vor einigen Jahren für viele Äthiopier purer Luxus. Cirka 50 Prozent der Bevölkerung hatte keine Schuhe!

                          Ich schaue den Menschen auf die Füße. In der Hauptstadt hat eigentlich nun jeder Schuhe an den Füßen. Auf dem Markt nebenan, und auf den Märkten im ganzen Land, stapeln sich die Schuhe. Sie sind aus Plastik und stammen aus China.


                          Endlich genug bezahlbare Schuhe

                          Sie sind relativ billig, kosten umgerechnet knapp einen Euro und finden reißenden Absatz. Zum Glück auch, denn mit dem Schuhproblem ging und geht noch immer in Äthiopien ein weiteres Problem einher. Vor wenigen Jahren saßen in den Straßen von Addis noch viele Leprakranke. Lepra ist eine Infektionskrankheit. Mangelnde Hygiene ist dabei die treibende Kraft für diese fürchterliche Krankheit. Wenn man ständig barfuß unterwegs ist, dabei die Körperhygiene arg vernachlässigt, ist die Wahrscheinlichkeit sich die Krankheit einzufangen, nicht unbedingt gering. Natürlich liegt es nicht nur an fehlenden Schuhen, doch ohne Schuhe und zudem ohne Hygiene ist die Wahrscheinlichkeit weit höher angesiedelt.
                          Und natürlich bedeutet es nicht, da nun keine Leprakranken mehr in den Straßen von Addis sichtbar sind, dass es diese Krankheit nicht mehr in Äthiopien gibt.
                          Ich denke, die Leprakranken dürfen da nicht mehr sitzen. Die meisten haben durch Betteln versucht irgendwie zu überleben. Sie passten der Obrigkeit einfach nicht mehr ins Stadtbild. Eigentlich kann ich nur hoffen, sie sitzen jetzt dort wo ihnen auch geholfen werden kann, denn Lepra ist durchaus heilbar.
                          Für uns selbst, ist durch das ,,Wegräumen‘‘ der Leprakranken, Addis nicht attraktiver geworden. Die Stadt ist nicht unbedingt als Schönheit zu bezeichnen. Was ich aber als schön empfinde, endlich haben fast alle Äthiopier eigene Schuhe.

                          Nach einigen Tagen Pellkartoffeln und genügend Luftzufuhr, wollen wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln in den Norden. Wir freuen uns auf die Berge. Wir freuen uns auf Lalibela.


                          Herrliche Bergwelt

                          Bis Lalibela sind es nur um die 350 Kilometer Luftlinie. Wir wissen aber, es wird dauern, denn die Straßen sind schlecht, die Busse meist sehr rustikal und bis Lalibela lohnt außerdem so mancher Zwischenstopp.


                          Geordnet voll

                          Einen Zwischenstopp genießen wir in Bati. Von der Hauptstraße sind es nur 36 Kilometer bis Bati. Doch diese 36 Kilometer haben es in sich. Die Straße ist eine fürchterliche Piste. In der Nacht ist zudem ein Hang ins Rutschen gekommen. Keine Seltenheit hier in der Gegend, denn die Berge stürzen regelrecht bis runter ins Danakil- Tiefland, sind somit auch die natürliche Wetterscheide und der relativ viele Regen sorgt einfach für so manchen Erdrutsch.


                          Es wird dauern

                          Drei Stunden hoppeln wir bis Bati. Es lohnt sich aber, denn immer Montags ist hier einer der interessantesten Märkte von ganz Äthiopien. Tausende Bewohner vom Tiefland und den Bergen treffen sich sozusagen auf halber Höhe, verkaufen oder tauschen ihre Waren, erzählen sich die neusten Nachrichten, feilschen unerbittlich um die Preise.


                          Afar Mädchen - Markt in Bati

                          Manche Händler sind bis zum Marktplatz 3 Tage unterwegs. Die meisten der so wichtigen Sachen werden noch immer mit Kamelen zum Markt transportiert.


                          Kamele sind noch wichtig

                          Alles was man braucht, glaubt zu brauchen oder was man nicht braucht, gibt es zu erhandeln. Salz, Zucker, Ziegen, Plastikeimer, Gemüse, Obst, falsche Haare, Schmuck, Kondome und, und …

                          Und natürlich gibt es auch Schuhe, sogar Schuhe der ganz besonderen Art. Äthiopien ist aus unterschiedlichsten Gründen ein armes Land. Wer sich die chinesischen Plastikschuhe nicht leisten kann, kauft sich Gummilatschen für umgerechnet 50 Eurocent. Ja, die Äthiopier sind, oftmals aus der Not geboren, sehr findige Menschen, denn manche von ihnen basteln sogar aus alten Autoreifen die so wichtigen Schuhe.


                          Schuhe aus Autoreifen

                          Gi gönnt sich neben ihren geliebten Pellkartoffeln auch ein paar Latschen aus chinesischer Fertigung. Das dauert, denn die Größe soll natürlich stimmen, und noch wichtiger, die Farbe soll, muss stimmen. Grüne müssen es unbedingt sein. Diese findet sie erst am Rand des Marktes, da wo die reicheren Händler wohnen, ihr Geschäft haben.


                          Grün müssen sie sein

                          Tage später trudeln wir in Lalibela ein. Lalibela ist bekannt für seine Felsenkirchen. Der Name Felsenkirchen lässt ver-muten, dies muss was ganz Besonderes sein. Und so ist es auch, denn die vielen Kirchen (erbaut 12./13. Jh.) sind in der Regel ein in den Fels gehauenes Labyrinth, oft mit unterirdischen Gängen und mittelalterlich anmutenden Priestern davor, welche Stolz ihr Kreuz tragen und immer - zumindest hatten wir den Eindruck - eine Spende erwarten.


                          Einer von mindestens 200

                          Natürlich werde ich jetzt nicht alle Kirchen und die davor stehenden Priester aufzählen, denn in und um Lalibela soll es um die 200 Kirchen und somit mindestens 200 von davor stehenden Priestern geben. In Lalibela gibt es aber 2 größere Gruppen von Felsenkirchen. Und jede sollte man sich wirklich anschauen. Lohnt sich echt!


                          Lohnt sich echt

                          Eine der schönsten Einzelkirchen ist die Bete Gyorgis. Sie befindet sich im Ort Lalibela, kann also auch von Nichtwanderern sehr leicht erlaufen werden. Und dies sollten sie unbedingt tun, denn man erhält einen prima Einblick von all der genialen Schaffenskraft.


                          Bete Gyorgis

                          Diese Bete Gyorgis ist eine Felsenkirche, welche man als richtiges Gebäude im Fels bezeichnen kann. Denn sie wurde nicht nur in den Fels getrieben. Der Kreuz- Gebäude- Felsenblock wurde auch noch vom Fels freigestellt. Man kann sich unschwer vorstellen, wie lange da mühsam in und um den Fels freigemeißelt wurde. Die gehämmerte Tiefe beträgt gigantische 12 Meißel - Meter. Hut ab vor den Meißlern!

                          Wir bleiben einige Tage in Lalibela. Natürlich wegen der Kirchen, aber auch wegen der Landschaft, denn die ganze Gegend ist ein Wanderparadies. Gi soll sich ja auch nicht umsonst ihre ``Grünen`` gekauft haben.


                          Wanderlandschaft im Abendlicht

                          Lalibela liegt auf ungefähr 2500 Höhenmetern. Spielerisch verteilen sich die Gehöfte an den Hängen des Lasta- Gebirges. Die größte Erhebung beträgt immerhin 4180 Meter. Wir schaffen es zumindest bis auf ca. 3200 Höhenmeter. Es sind Tageswander-ungen, welche uns die Schönheit der Berge nahe bringen.
                          Wir haben nie einen richtigen Plan, laufen einfach den Straßen entlang, biegen auf unbefestigte Wege ab oder folgen den Einheimischen auf ihren Trampelpfaden. Trampelpfade gibt es überall. Äthiopien ist ein sehr dicht bevölkertes Land. Für mich ist es das Land der Läufer, denn egal wo man auch ist, ständig sieht man laufende Menschen. Oft sind sie mit ihren Eseln unterwegs. Sie laufen ins nächste Dorf, laufen zu ihren Äckern, in die Schule, ins Krankenhaus oder besuchen Verwandte. Die Entfernungen sind nie kurz. Das Leben der Äthiopier ist hart.


                          8 Personenhaus

                          Für uns ist es nicht hart, denken wir. Wir sind ja zum Vergnügen hier, wollen nur sehen, begreifen, auch lernen und genießen. Das Genießen, das Lernen, das Verstehen, das Begreifen und das Vergnügen ist oft nicht einfach, manchmal gar unmöglich, merken wir sehr schnell, denn Armut ist an jeder Ecke spürbar, oft sichtbar, manchmal nur zu erahnen oder zu riechen.

                          Trotz ihrer Armut sind die meisten Menschen sehr stolze Menschen. Ein junger Mann lädt uns in sein Haus ein.


                          Es gibt Kaffee

                          Acht Menschen leben im Haus. Im Untergeschoss ist der Stall für die Kuh, für den Esel und das Federvieh. Das Obergeschoss ist nur ein einziger Raum. Der ca. 15 Quadratmeter- Lehmboden- Raum ist der Schlafraum für alle, gleichzeitig auch die Küche, das Wohnzimmer und das Spielzimmer für die Kinder. Schränke gibt es nicht. Warum auch? Sie besitzen kaum Wechselkleidung, sie haben keine Bücher, sie haben keine Porzellanfiguren, keine Ordner, keine Kamera, keinen Computer, keine Lampen, keine Handtücher, keine Dusche, keine Bettwäsche, kein Mobile, kein Sofa, keinen Kühlschrank, keinen Fernseher, keine Stühle, keinen Tisch, keinen … Und sie haben keinen Strom.
                          Sie haben einige selbst geflochtene Körbe für Nahrungsmittel, einige mit Stroh gefüllte Unterlagen, etliche gegerbte Kuhhäute zum Schlafen, einige dünne Decken, einige verklumpte Kissen, wenige Ton- oder Plastikgefäße, einen großen Tonkrug für Wasser, einen Strohbesen, 5 Tassen, zwei Messer, einige Löffel, ein Tablett und weitere Kleinigkeiten. Und sie haben die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Strom wünschen sie sich sehnlichst. Es würde viel erleichtern, sagen sie.
                          Der angebotene Kaffee schmeckt bitter. Sie haben keinen Zucker.


                          Gerne hätten sie Strom

                          Auf dem Rückweg, bestaunen wir am Ortsrand von Lalibela eine Getreidemühle. Sie passt irgendwie zum Acht- Personenhaus. Es ist eine andere Welt, eine Welt die uns eigentlich fremd ist.


                          Und doch bin ich glücklich

                          Und doch bin ich glücklich über die Zeitmaschinen- Zusammenkunft, denn der Raum, die Menschen, das Licht, die Maschinen und die staubige Luft, wirken wie ein Gemälde aus längst vergangener Zeit auf mich. Nur das laute Geratter der Maschinen holt mich zurück.


                          Bis zum nächsten Bericht,


                          LG, Wi + Gi Stand: Mitte März 2016
                          Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                          Gruß, Wi grenzenlos

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                          • Sternenstaub
                            Alter Hase
                            • 14.03.2012
                            • 3376
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                            hallo ihr Beiden!

                            vor lauter Arbeiten/Urlaub/Arbeiten hatte ich gar nicht mitbekommen, dass es hier weitergegangen ist.
                            Aber dafür konnte ich jetzt in einem Rutsch alles lesen, das ist dann auch wieder schön.

                            Speziell eure Zeit in Äthiopien spricht mich besonders an, die Fotos und auch das, was du darüber berichtest. Spannend, was du speziell über die Frauen dort berichtest. Freue mich auf mehr!

                            liebe Grüße
                            Two roads diverged in a wood, and I—
                            I took the one less traveled by,
                            And that has made all the difference (Robert Frost)

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                            • grenzenlos
                              Dauerbesucher
                              • 25.06.2013
                              • 566
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                              Zitat von Sternenstaub Beitrag anzeigen
                              hallo ihr Beiden!

                              vor lauter Arbeiten/Urlaub/Arbeiten hatte ich gar nicht mitbekommen, dass es hier weitergegangen ist.
                              Aber dafür konnte ich jetzt in einem Rutsch alles lesen, das ist dann auch wieder schön.

                              Speziell eure Zeit in Äthiopien spricht mich besonders an, die Fotos und auch das, was du darüber berichtest. Spannend, was du speziell über die Frauen dort berichtest. Freue mich auf mehr!

                              liebe Grüße
                              Hallo Sternenstaub,

                              danke für die netten Sätze. Zu den Frauen in Äthiopien : Gibt natürlich auch prima Männer, doch ohne die Frauen, hätte Äthiopien weit mehr Probleme , denn Wasser, Feld, Kinder und, und ... ist Frauenjob. Nur wirklich vernünftige Männer gehen da zur Hand, zum Herd, zum Feld.
                              In wenigen Tagen folgt der nächste Teil
                              LG, Wi
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                              Gruß, Wi grenzenlos

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                              • grenzenlos
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                                • 25.06.2013
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                                Äthiopien Teil 2



                                Lucy ist an allem schuld

                                Von Lalibela aus, versuchen wir weiterhin, mit unter-schiedlichsten fahrbaren Untersätzen unsere Tour fortzusetzen. Natürlich klappt dies irgendwie. Jedoch ist immer viel Zeit nötig, denn fahrbare Untersätze sind noch immer außerhalb der Hauptstadt Mangelware.


                                Zwangspause

                                Und immer wenn Mangelware herrscht, ist dafür die Nachfrage besonders groß. In jedem fahrbaren Untersatz, ob nun groß oder klein, herrscht ordentlich Gedränge. Keine gute Option für Menschen mit Platz- oder Berührungsängsten. Wir haben zum Glück diese Ängste nicht.


                                Platzangst?

                                Besonders Gi empfindet die Holperfahrten immer als sehr interessant. Sie mag die Zwangspausen, wenn es eine Reparatur gibt. Sie mag die Pausen, wenn eine Rast eingelegt wird. Sie mag die vielen Unterhaltungen im Gefährt. Sie mag auch die Nüsschen und das Zuckerrohr, welches regelmäßig angeboten wird. Sie mag das geordnete Chaos. Sie mag nur nicht, wenn uns die Helfer der Buspiloten, nämlich die Kassierer, zu viele Münzen oder gar Scheine berechnen wollen.
                                Deshalb fragt sie immer die Einheimischen, was der richtige Preis ist. In der Regel sind die Kassierer ehrliche Typen, jedoch gibt es auch unter ihnen sehr clevere Trickser. Diese Trickser kennen aber Gi nicht. Würden sie sie kennen, würden sie garantiert nicht einen überhöhten Preis einfordern, denn die bekommen da regelmäßig absoluten Kassiererstress.
                                Ich interessiere mich da mehr für die Technik. Hoffe die Stoßdämpfer halten durch, hoffe die Ziegen und Schafe auf dem Busdach mögen überleben und hoffe unsere Rucksäcke fallen nicht vom Dach oder aus den rustikalen Schließfächern.

                                Spannend wird es, wenn die Kotztüten zum Einsatz kommen. Es riecht dann plötzlich komisch. Die Geräusche ändern sich und so mancher Äthiopier bekommt eine recht helle Gesichtsfarbe. Ich wünsche mir dann immer einen Platz dicht an einem Fenster, dicht an der frischen Luft.

                                Fast frische Luft gibt es am Tanasee. Er ist der größte Hochland- See Äthiopiens auf ca. 1800 Metern. Gespeist wird er von vielen kleinen Flüssen. Dazu gehört auch der Tinish Abay. Und dieser ist der eigentliche Quellfluss vom Blauen Nil.
                                Berühmt ist der See auch wegen seiner vielen Inselklöster. Natürlich schauen wir uns diese an. Weit interessanter finde ich aber die vielen Papyrusboote. Noch immer benutzt man sie zum Transport von Waren. Da wundert man sich nur, denn die sehr leichten Boote tragen unglaublich viel Gewicht. Zwischen 2 und 10 Meter sind sie lang. Die großen werden mit bis zu einer halben Tonne beladen.
                                So mancher Inselbewohner muss sein Schilfboot fast täglich benutzen, denn auf den Inseln gibt es keine Schule. Die Mädchen und Jungs sind sehr mutig.


                                Sehr mutig

                                Mut gehört schon dazu, mit solch einem kleinen Papyrusboot übers Wasser zu gleiten. Es gibt nämlich Nilpferde im See. Und Nilpferde können wirklich sehr gefährlich sein. Um sie nicht zu reizen, ist Abstand die wichtigste Überlebensregel. Und dies ist ernst gemeint.


                                Abstand ist wichtig

                                Irgendwann verlieren wir jedoch die Lust, den Abstand zwischen Boot und Nilpferd auf die Abstands- Spitze zu treiben.

                                An den Nilfällen, sie sind nur ca. 35 Kilometer vom See entfernt, möchten wir das „Dampfenden Wasser“ sehen. Viel ist nicht mit dampfen, denn es ist gerade Trockenzeit und das nahe Kraftwerk pocht zudem auf sein Wasserrecht. Egal, die „Schrumpffälle“ sind ja trotzdem irgendwie schön anzuschauen.

                                Und mir fällt beim Betrachten der nicht großartig dampfenden Fälle ein, dass von hier aus schon sehr mutige Niltouren von Abenteurern unternommen wurden. Rüdiger Nehberg gehört dazu. 1975 fuhr er gemeinsam mit Freunden auf einen Floss den Nil entlang. In der wirklich gefährlichen Nilschlucht kam es dabei zu einem noch weit größeren Problem. Bei einem Überfall wurde einer seiner Freunde durch einen Schuss tödlich getroffen. Über 40 Jahre ist diese Traurigkeit nun her.
                                Was mich aber am nächsten Tag wundert, noch immer steigen hier bewaffnete Männer in Autos, Minibusse und auch große Busse.


                                Was mich wundert, noch immer ...

                                Während unserer Weltradeltour wurden wir damals hier in der Gegend öfters gewarnt. Passt auf euch auf, war ein gängiger Satz. Zum Glück hatten wir aber keine größeren Probleme bezüglich Schießprügel. Mit Steine werfende Kinder, war unser größtes äthiopisches Radel- Problem. Nicht angenehm damals, jedoch irgendwie händelbar.
                                Diesmal wirft uns niemand mit Steinen. Egal, wo wir auch entlang des Nildurchbruchs auftauchen, die Kinder sind nett.


                                Sie sind nett

                                Und da sie nett sind, sind natürlich auch wir sehr nett. Immer haben wir viel Spaß zusammen. Der tägliche Kinder-Nett- Höhepunkt, bei irgend-welchen zufälligen Dorf- Begegnungen, sind immer Gis Fingerspiele.


                                Mann/Frau muss es nur tun

                                Sie wollen es wissen, probieren bis die Finger eigentlich schon keine Lust mehr dazu haben. Es sind Kinder, Kinder wie überall auf der Welt. Es ist leicht Kindern eine Freude ohne Geldaufwendung zu bereiten. Frau oder Mann muss es nur tun.

                                Die Fingerspiele begleiten uns bis zum Grabenbruchgebiet. Dort gibt es die Spiele an den wunderschönen Seen, am Fluss Awash und später in den Bergen rund um Harar, und natürlich in Harar selbst.


                                Mädchen in Harar

                                Harar mögen wir sehr, denn die Stadt ist eine farbenfrohe Stadt mit Pferdekutschen, quirligen Märkten, alten Kirchen, alten Moscheen und sie hat eine ganz besondere Altstadt. Diese ist von einer dicken Mauer umgeben. Und da eine Mauer um eine Stadt eigentlich afrikanisch sehr untypisch ist, ist schon diese Mauer ein Anziehungspunkt der ganz besonderen Art. Auf nur ca. 1 Quadratkilometer Ummauerung leben zudem um die 40.000 Menschen. Acht Tore dienen als Einlass. Früher wurden die Tore in der Nacht verschlossen. Dies hatte einen ganz besonderen Grund. Nachts kamen nämlich die Hyänen an und in die ummauerte Stadt. Sie waren sozusagen die natürliche Müllabfuhr. Löcher, welche zur Entwässerung dienten, wurden als Hyänen- Schlupflöcher benutzt.

                                Da die Müllabfuhr auch in der heutigen Zeit mit Mängel behaftet ist, schleichen noch immer Hyänen nachts in die Stadt. Einige konnten wir von unserem Zimmer aus beobachten.
                                Bei Tag sind die Menschen zum Glück aber die Hauptattraktion in der ummauerten Basar- Stadt. Wir verlieren uns regelmäßig in deren Gewusel. Es macht uns viel Freude und Spaß, denn die Momenteindrücke sind unglaublich vielfältig.


                                Ganz Alt- Harar ist ein Markt

                                In einer der Gassen - es ist die Gasse der Schneider - fällt mir ein Junge auf. Ich beobachte ihn lange. Was mich fasziniert, ist sein fröhlicher Gesichtsausdruck.


                                In der Schneidergasse

                                Trotz viel Arbeit in seinem Alter wirkt er nicht traurig, nicht gelangweilt und auch nicht fehlplatziert. Er scheint einfach zu seiner Nähmaschine zu gehören.


                                Seelenverwandt?

                                Er ist mit ihr verbunden. Seelenverwandt fällt mir da nur ein. Wenn seelenverwandt, dann kann es ja auch nicht schlecht sein, versuche ich mir einzuhämmern.
                                Kinderarbeit ist in Äthiopien keine Mangelerscheinung, leider! Jedoch scheint es da gewaltige Unterschiede zu geben, denn abgemagerte Kinder in Steinbrüchen, ausgemergelte Mädchen auf Baustellen oder Kleinkinder beim Steine klopfen, haben schon oft unsere Gehirnzellen in Äthiopien malträtiert. Zumindest rede ich mir bei diesen Gedankengängen da noch die quälenden Unterschiede ein.
                                Ich frage ihn, ob ich einige Fotos machen darf. Er freut sich darüber, willigt lächelnd ein.
                                Ich bin fasziniert von seinen flinken Fingern, von seinem Umgang mit der großen Schere und dem dabei stetigen und somit stetig glücklichem Gesichtsausdruck.

                                Erst am Abend, beim Beschauen der Bilder, wird mir bewusst, dass diese Seelenverwandtschaft keine sein kann, keine sein darf, denn das Porträtfoto lässt mich erneut überlegen. Er ist nur ein kleiner Junge.


                                Er ist nur ein kleiner Junge

                                Hätte ich als kleiner Junge täglich an einer Nähmaschine sitzen wollen? Diplomatisch ausgedrückt, ich kann es mir nicht vorstellen, denn meine Seelenverwandtschaften waren nun wirklich andere Dinge. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Junge glücklich ist. In seinen Porträt- Augen sehe ich die Sehnsucht nach anderen Dingen, den Wunsch nach kindgerechter Beschäftigung. Ich denke, ich täusche mich da nicht.

                                Äthiopien ist kein einfaches Reiseland für den Kopf. Armut, Ungerechtigkeiten und Widersprüche sind überall sichtbar. Dies gilt auch für Harar. Elendsviertel umklammern die Stadt. Bettler gehören zur ganz normalen Stadtansicht. Die Wasserversorgung der Stadt ist ein großes Problem. Viele Menschen haben keine Bleibe. Sie schlafen auf der Straße.


                                Viele haben keine Bleibe

                                Wenn uns all diese Traurigkeiten an so manchen Tagen regelrecht überhäufen, so reden wir darüber. Wir reden über den Sinn der Welt, und somit auch über den Sinn der Menschheit. Seit wir im Museum in Addis Abeba, Lucy einen Besuch während unserer Weltradeltour abgestattet hatten, neigt Gi dazu, Lucy alle Schuld am Elend unserer Erde zu geben. Sie sagt dann immer, Lucy ist an allem schuld. Hätte es Lucy nicht gegeben, gäbe es viele Probleme auf der Erde nicht.
                                Lucys Skelett wurde 1974 in der Danakil- Ebene ausgebuddelt. Um die 3 Millionen Jahre soll sie alt sein. Das Besondere an ihr? Die kleine (105 cm klein) Lucy lief aufrecht.
                                Und Gi behauptet nun, ab da begann das Elend, denn Lucys Clan sind unsere Vorfahren. Wir sind sozusagen alle Kinder von Lucy. Sie ist unsere Ur, Ur, Ur … Großmutter. Womit Gi natürlich nicht ganz Unrecht hat, denn die Bevölkerung unserer so geliebten Erde, hat ihren Ursprung genau aus diesem Grabenbruchgebiet. Die Lucys wanderten in die Welt. Ich könnte auch schreiben, eigentlich sind wir alle Äthiopier.
                                Das Lucys Wanderdrang die Erde so tiefgreifend verändern würde, wusste sie bestimmt nicht, denn über den Sinn der Menschheit auf unserer Erde, wurde damals sicherlich bei Familientreffen nicht gesprochen.
                                Was mir aber bewusst ist, dass Lucy bestimmt nicht unbedingt sehr stolz auf ihre Ur, Ur, Ur … Enkel sein würde, denn das was uns Lucy schenkte, nämlich die Möglichkeit unser Dasein im Einklang mit unserer geliebten Erde zu erleben, wird aus unterschiedlichsten von Menschen gemachten Gründen immer mehr zerstört.

                                Trotz all dieser von Menschen gemachter Probleme liebe ich die Welt noch immer, besonders nach leichten Phasen der Resignation. Auch ich bemühe dann nämlich immer Lucy. Jeder braucht halt auch irgendwie seinen eigenen Scherz- Prügelknaben. So auch geschehen an einem Morgen, als wir bereits auf dem Rückweg nach Addis sind.
                                Ich verlasse mit Gi unser Preiswert- Hotel in der Stadt Adama. Wir wollen nur schnell über die Straße, denn da befindet sich direkt gegenüber ein Geldautomat. Mit frischem Geld in der Börse, wollen wir die Hotelrechnung begleichen und uns danach gleich einen Bus nach Addis greifen. Halb auf der Straße, legt ein großer Bursche seinen Arm um meine Schulter, drückt mir dabei irgendwie kräftig in den linken Arm und schreit mir was ins rechte Ohr.
                                Instinktiv greife ich mit der rechten Hand hoch zu meinem linken Arm. Dort angekommen, lässt er mich auch schon los. Sonderbar, denke ich. Ich laufe nur um die 5 Schritte weiter, da sagt mir mein Gehirn, Junge greife doch sofort in deine rechte Hosenbeintasche. Ich greife. Ich spüre nichts. Komisch denke ich, da müsste doch meine Geldtasche drin sein. Die hatte ich noch im Zimmer in die rechte Hosenbeintasche getan. Es sind ja nur wenige Meter bis zum Automat. Und da passiert nichts, war meine Eingebung. Da auch Eingebungen täuschen können, suche ich mich selbst ab, greife in alle Taschen. Um die Selbstleibesvisitation ja auch ordentlich zu beenden, entledige ich mich meines Hüftgürtels. Da sind mein Pass drin, zwei Geldkarten sowie Scheine in Euros & Dollars und auch andere wichtige Papiere. Der Gürtel ist immer unter der Hose platziert. Da muss einer schon tüchtig an die Wäsche um den zu bekommen. Die Börse ist natürlich nicht im Hüftgürtel.
                                Sofort schaue ich nach dem Kerl. Ich sehe viele Menschen. Nur den Kerl sehe ich nicht. 15 Sekunden reichen um sich in Luft aufzulösen.
                                Gi war hinter mir. Ein zweiter Stinkstiefel hat sie geschupst. So hat sie nicht mitbekommen, was da eigentlich lief.
                                Gi, meine Geldtasche ist geklaut.
                                Gibt es nicht. Schau nach in all deinen Taschen.
                                Die ist weg, glaub es mir.
                                Für mich bricht eine Welt zusammen. Ich stehe da wie ein Depp. Lasse mich beklauen.

                                Ich beschimpfe die Diebe mit Worten die ich nicht schreiben mag. Und Gi gibt ihren Senf dazu. Dieser Senf ist nicht löblich für mich. Es ist ein schlechter Morgen.

                                Drei Stunden später sitzen wir in einem Freiluftresto. Uns gegenüber sitzt ein Mann. Er schlürft an seiner Limo. Er gefällt mir. Ich lichte ihn ab. Er freut sich. Oft drücke ich den Auslöser. Ich muss mich einfach ablenken.


                                Er schlürft an einer Limo

                                Bei der Polizei lief alles ab wie erwartet. Unser Fall kommt handschriftlich ins Märchenbuch, wird dort für immer bleiben und nie ein Häkchen als erledigt bekommen.
                                Ich ärgere mich über mich selbst. Ich, der dachte, mir kann so was nicht passieren, falle auf diese Schurken rein. Ich fühle mich als Greenhorn, als Verlierer, als absolut grüner Grünschnabel. Nur eines wäre nötig gewesen, um den Diebstahl zu verhindern. Ich hätte, wie ich es sonst immer tue, alles in meinem Hüftgürtel direkt am Körper unter dem Hosenbund aufbewahren müssen. Der Dieb hätte ins Leere gegriffen. Absolut sicher wäre er leer ausgegangen. Eigentlich ganz einfach.

                                Clevere Burschen, sagt Gi.
                                Lucy ist an allem schuld, sage ich genervt.
                                Gi kann plötzlich wieder lachen.
                                Gi, es fehlt ja zum Glück nur das bisschen Bargeld, leider auch meine Fahrerlaubnis. Wir werden es überleben, es gibt schlimmeres!
                                Ja, es gibt schlimmeres. Wi, clever waren die aber trotzdem.
                                Gi, Diebe sind nicht clever. Diebe sind nur Diebe. Dieb sein ist ein sehr einfacher Job. Sie nutzen nur das aus, was uns Lucy vererbt hat.
                                Was hat sie uns denn vererbt?
                                Ein Taschendiebstahl läuft immer gleich ab. Ist ein ganz einfaches System. Man lenkt dich ab. Diese Ablenkung war der Druck auf meine Schulter und das Gebrülle in mein Ohr. Jeder Körper reagiert dank Lucy auf plötzliche Druckstellen, auf vermeintliche Gefahr. Dies ist sozusagen das Lucy- Gefahr- Syndrom. Also greife ich mit meiner Hand zur erzeugten Gefahr, zur Druckstelle. Genau in diesem Moment greift der Dieb zur Geldtasche, denn diese Seite ist nun frei, diese Seite unterliegt keinem momentanen Abwehr- Syndrom, signalisiert somit keine Gefahr. Dauert nur 2 bis 3 Sekunden. Eigentlich ganz einfach. Der Kollege von unserem Dieb hat dich geschubst. Also warst auch du abgelenkt. Hast somit nichts mitbekommen. Oft ist noch ein dritter Schurke dabei. Der übernimmt die Börse und verschwindet. Also, Ablenkung durch Druckerzeugungen, Ablenkung durch Gebrüll und auch durch rumschubsen, ist alles was Diebe beherrschen müssen.
                                Lieb Wi, wenn du das alles weißt, warum hast du dann nicht anders reagiert?

                                Lieb Gi, das Lucy- Gefahr- Syndrom kann man nur austricksen, wenn man darauf vorbereitet ist, also wenn man weiß, genau jetzt will dich einer beklauen. Um den Dieben keine Diebesmöglichkeit zu geben, gibt es nur ein Mittel, stecke nie eine Geldtasche in irgendeine Hosentasche.
                                Wir verlassen das Restaurant. Nach nur ungefähr 50 Metern spüre ich einen Druck auf meiner Schulter. Alle Alarmsignale durchzucken meinen Körper. Ich drehe mich blitzschnell um, hebe meinen Arm zur Abwehr. Fehlalarm signalisiert mein Gehirn sofort, denn ich schaue in ein verwundertes Gesicht. Es ist der Limo- Mann. Er gibt mir meine Kamera, welche ich vor lauter Lucy- Klauerklärungen vergessen habe.

                                Er bringt mir nicht nur meine Kamera zurück, er bringt mir auch den menschlichen Sonnenschein zurück. Ich bin happy. Lucy ist an allem schuld, flüstere ich Gi ins Ohr.


                                Netter junge in Addis

                                Drei Tage später sitzen wir im Flieger. Der Abschied von Äthiopien fällt uns nicht leicht. Wir mögen das Land, denn Äthiopien ist immer für Überraschungen gut. Hat Lucy dafür gesorgt? Keine Ahnung! Ist auch egal. Wir freuen uns aufs nächste Land. Es wird die Türkei sein. Dort wollen wir unsere etwas längere Tour gemütlich ausklingen lassen. Die erhoffte Gemütlichkeit wird zum Alptraum werden. Im Flieger wissen wir dies natürlich noch nicht. So genießen wir, völlig entspannt, den guten Service von Türkisch Airline und freuen uns auf eines unserer Lieblingsländer.

                                Bis zum nächsten Bericht,

                                liebe Grüße,

                                von Wi + Gi grenzenlos Stand: Ende März 2016


                                Taubenauge sei wachsam!
                                Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                                Gruß, Wi grenzenlos

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                                • atlinblau
                                  Alter Hase
                                  • 10.06.2007
                                  • 4126
                                  • Privat

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                                  "Luci ist an allem schuld
                                  ..Das Besondere an ihr? Die kleine (105 cm klein) Lucy lief aufrecht.
                                  Und Gi behauptet nun, ab da begann das Elend..."


                                  Das Elend begann schon viel früher...wir hätten schon das Wasser nicht verlassen dürfen

                                  Thomas

                                  Kommentar


                                  • grenzenlos
                                    Dauerbesucher
                                    • 25.06.2013
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                                    Zitat von atlinblau Beitrag anzeigen
                                    "Luci ist an allem schuld
                                    ..Das Besondere an ihr? Die kleine (105 cm klein) Lucy lief aufrecht.
                                    Und Gi behauptet nun, ab da begann das Elend..."


                                    Das Elend begann schon viel früher...wir hätten schon das Wasser nicht verlassen dürfen

                                    Thomas
                                    Da will ich mich nicht festlegen
                                    Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                                    Gruß, Wi grenzenlos

                                    Kommentar


                                    • Sternenstaub
                                      Alter Hase
                                      • 14.03.2012
                                      • 3376
                                      • Privat

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                                      wie erfreulich, dass nach dem blöden Erlebnis, was aus eigener "Dummheit" und einem seinem Broterwerb nachgehendem Kleinganoven entstand, so ein schönes Erlebnis folgte, als dir deine Kamera nachgebracht wurde. Das entspricht auch meinen Erfahrungen, dass die positiven Erlebnisse letztlich überwiegen.

                                      Jetzt bin ich nun etwas nervös, weil ja jetzt eine sehr schlechte Erfahrung kommen wird, aber letztlich wissen wir ja, dass ihr wieder wohl behalten daheim angekommen seid.
                                      Two roads diverged in a wood, and I—
                                      I took the one less traveled by,
                                      And that has made all the difference (Robert Frost)

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                                      • qwertzui
                                        Alter Hase
                                        • 17.07.2013
                                        • 2902
                                        • Privat

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                                        AW: [TR] Langzeitwanderung

                                        Mich macht vor allem die Tatsache nervös, dass wenn vor zwei Monaten deutsche Reisende 24 Tage verschwinden konnten, jetzt Tausende auf Zeit und Ewigkeit verschwinden werden

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                                        • grenzenlos
                                          Dauerbesucher
                                          • 25.06.2013
                                          • 566
                                          • Privat

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                                          Zitat von Sternenstaub Beitrag anzeigen
                                          wie erfreulich, dass nach dem blöden Erlebnis, was aus eigener "Dummheit" und einem seinem Broterwerb nachgehendem Kleinganoven entstand, so ein schönes Erlebnis folgte, als dir deine Kamera nachgebracht wurde. Das entspricht auch meinen Erfahrungen, dass die positiven Erlebnisse letztlich überwiegen.


                                          Jetzt bin ich nun etwas nervös, weil ja jetzt eine sehr schlechte Erfahrung kommen wird, aber letztlich wissen wir ja, dass ihr wieder wohl behalten daheim angekommen seid.
                                          Moin Sternenstaub, Gut und Böse liegen oft nah beieinander + bin selbst nervös aus unterschiedlichsten Gründen

                                          LG, Wi
                                          Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                                          Gruß, Wi grenzenlos

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