[TR] Langzeitwanderung

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • grenzenlos
    Dauerbesucher
    • 25.06.2013
    • 566
    • Privat

    • Meine Reisen

    AW: [TR] Langzeitwanderung

    Zitat von Abt Beitrag anzeigen
    Hallo Gi und Wi...
    Recht lange keine Nachricht?
    Lieb Abt,

    es geht uns gut Brauche halt immer einige Zeit bis der nächste Bericht fertig ist. Danach brauche ich normales Internet um den Beitrag einzupflegen. Ist auf Tour oft nicht einfach. Manchmal sind wir für eine Woche ganz ohne Verbindung. In 2 bis 3 Tagen steht der nächste Bericht

    LG, Wi + Gi
    Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

    Gruß, Wi grenzenlos

    Kommentar


    • Sternenstaub
      Alter Hase
      • 14.03.2012
      • 3377
      • Privat

      • Meine Reisen

      AW: [TR] Langzeitwanderung

      oh, wie schön eine Lebensmeldung. gut, dass Abt was geschrieben hat.

      liebe Grüße euch Weltenbummlern!
      Two roads diverged in a wood, and I—
      I took the one less traveled by,
      And that has made all the difference (Robert Frost)

      Kommentar


      • grenzenlos
        Dauerbesucher
        • 25.06.2013
        • 566
        • Privat

        • Meine Reisen

        AW: [TR] Langzeitwanderung

        Zitat von Sternenstaub Beitrag anzeigen
        oh, wie schön eine Lebensmeldung. gut, dass Abt was geschrieben hat.

        liebe Grüße euch Weltenbummlern!
        Danke Sternenstaub + OK habe gerade gutes Wifi + eventuelle klappt es gleich mit nächstem Bericht
        Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

        Gruß, Wi grenzenlos

        Kommentar


        • grenzenlos
          Dauerbesucher
          • 25.06.2013
          • 566
          • Privat

          • Meine Reisen

          AW: [TR] Langzeitwanderung

          Georgien Teil 2



          Bis zur nächsten Grenze

          Wir verlassen Tiflis Richtung Norden. Am liebsten laufen wir Straßenstrecken welche den so typischen Dorfcharakter versprühen. Gi hat zwar immer Angst vor den Kühen, doch versuche ich sie jedes mal mit den gleichen Worten zu beruhigen. Schaue ihnen doch einfach nicht in die Augen. Dann bemerken die dich nicht. Sie ignorieren dich dann einfach.
          Doch Gi schaut immer wie hypnotisiert erneut ins Kuhauge. So bleibt es nie aus, dass zumindest immer eine der Kühe verrückt spielt. Und Gi hat somit auch ihren Grund verrückt zu spielen. Ihre Beine gewinnen dann immer an Geschwindigkeit. Ich mag diese Momente der flitzenden Beine.


          Flitzende Beine

          Gemeinsam mögen wir den wenigen Verkehr an solchen Strecken, die somit weit bessere Luft, die unendlich erscheinenden Alleen, die Wiesen und die darin oft versteckten Blumen. Versteckt sind nicht die Hühner im Verkaufsgefängnis. Auf dem Land scheint die Zeit oft stehen geblieben zu sein. Tiflis liegt schon weit hinter uns. Da gehört dann zu vielen Bauernhöfen noch eine Schubkarre, nicht um Erde von Ort zu Ort zu transportieren, verängstigte Hühner werden damit an die Straße transportiert. Ein Hühnchen kostet stolze 2 Euro. Hunderte von Eiern soll es in der Zukunft legen. Nur so erscheint der Preis gerechtfertigt. Anderes ist da weit billiger. Brot, Milch, Zucker oder Wasser bekommt man in jedem Dorfladen für wenig Geld. Wenig Geld ist unser Preisgefühl. Die Georgier sehen dies berechtigt anders. Der Dorfbäcker sieht dies berechtigt wieder anders. Für uns ist sein Rundofenbrot billig, für die Dorfbewohner zu teuer und für den Rundofenbäcker nicht teuer genug.


          Rundofenbrotbäcker


          Hühnergefängnis

          Genau wie in Armenien, gehören auch in Georgien die Kirchen zum täglichen Erscheinungsbild. Viele werden renoviert, neu herausgeputzt, somit auch neu beatmet. Wenn man zu Fuß unterwegs ist, hat man viel Zeit zum Nachdenken.


          Zeit zum Denken

          Man belebt, bedingt durch die reichlich verfügbare Zeit, oft auch seine eigene Phantasie - Welt.
          Wenn die Kirchen nun Menschen wären, einen eigenen Mund hätten und somit mit mir reden könnten, denke ich da zum Beispiel. Was würden mir die georgischen Kirchen alles erzählen?
          Ich war eine Lagerhalle. Ich war eine Müllhalde. In meinem Bauch war eine Disco. Ich war ein Lazarett. Ich war und bin eine der wenigen Kirchen die auf ewig eine Kirche sein durfte. Weiteres fällt mir ein. In meinem Bauch hielten die Kommunisten ihre Versammlungen ab. Ich war die Dorfbücherei, der Dorfkindergarten, der Dorfladen. Ich war ein Gefängnis. In mir wurden Kinder geboren, Kinder gezeugt, Zeitungen gedruckt. In mir versteckten sich Partisanen, Soldaten, Verbrecher. Okay, die Phantasie geht da manchmal mit mir durch, doch ich liebe genau diese Zeit-Wanderschafts-Phantasien, denn sie helfen mir manchmal Geschichte, manchmal auch nur Geschichten zu verstehen.

          Doch manchmal werden meine Gedankenspiele plötzlich unterbrochen, denn wenn wir einen Tunnel durchlaufen müssen (davon gibt es einige im bergigen Georgien!), weil es keine momentan andere Möglichkeit gibt, sind Gis Angstphantasien immer aufs äußerste angespannt.



          Ich habe recht lange gebraucht, um ihre Tunnelängste irgendwie zu verstehen. Lange enge Röhre, unheimlicher Krach von vorbeirauschenden Autos, wenig Licht, kein Licht, nur schmaler Seitenweg für Fußgänger, kein Fußgängerweg, Wassertropfen von der Decke, Stolperstellen, Fledermäuse im Anflug, Feuerausbruch durch Tanklasterunfall und weiteres beflügeln da ihre Ängste.
          Vor jedem weiteren Tunnel gibt es erneut Wandertunnelstress. Ist der Tunnel durchschaubar, also das berühmte Licht am Ende des Tunnels zu sehen, hält sich der Stress in Grenzen. Ist er aber sehr, sehr lang, dann ist guter Rat nötig. Wir warten dann meist bis ein Auto anhält, suchen nach einem machbaren Umweg oder bekämpfen gemeinsam Gis Angst.
          Sie rennt dann vorne weg. Ich merke dabei immer die Angstwellen welche sie verströmt. Irgendwie kann ich es verstehen, denn jeder Mensch hat Ängste. Nicht umsonst hält mir Gi immer mein Händchen, wenn wir in irgendeinem Flugzeug sitzen.

          Angstzustände bekomme ich auch immer bei Straßen der ungewöhnlichen Art. Da tut mir Toyota leid, jede Schraube tut mir leid und somit tue ich mir selbst leid, denn wenn es Toyota schlecht geht, geht es auch mir schlecht. Zum Glück sind diese Baustraßen recht selten.


          Angstzustand

          Zwischen Tunnelängsten, Baustraßen, Kirchen und viel Landluft, besuchen wir einen der berühmtesten Söhne von Georgien. Es ist Stalin. Natürlich besuchen wir ihn nicht persönlich, denn er lebt ja schon lange nicht mehr.
          Geboren wurde er in der Stadt Gori. Da Gori am Weg liegt, wollen wir einfach sehen, wie die Stadt mit ihrem berühmt-berüchtigten Sohn umgeht.
          Zwiespältig, drängt sich uns da gleich auf, denn die ehemalige, man staune, 18 Meter hohe Statue im Zentrum der Stadt wurde entfernt. Alles was nach Kommunismus roch, wurde nach dem Sowjetzusammenbruch in Georgien entfernt. Genosse Lenin sieht man nur noch auf Trödelmärkten. Bei Stalin konnte man sich nicht so recht entscheiden. Ist er doch ein Sohn Georgiens. Also blieb, wie uns die nette Touristinfo-Dame erklärt, das Stalinmuseum, die Stalinstraße und die Stalinparkanlage in Gori bestehen. Man überlegt auch, ob das 18 Meter hohe Monument erneut errichtet werden soll. Wenn sie Stalin mögen, sind sie hier richtig. Sonst gibt es nichts weiter in Gori zu bestaunen, sagt sie uns noch.
          Auch wenn wir Stalin nicht unbedingt mögen, besuchen wir das Museum. Es ist eine volle Enttäuschung!
          Das Problem der Stadt, wie gehen wir mit unserem Sohn um, wie erklären wir Geschichte, wie zeigen wir wahre Geschichte, springt uns förmlich ins Gesicht, denn nichts wurde in den verstaubten Räumlichkeiten seit Sowjetzeiten geändert. Es bleibt die zweifelhafte Huldigung an einer Person der Weltgeschichte. Ich schaue Stalin ins Gesicht.


          Ich schaue Stalin ins Gesicht

          Wie dumm von mir, denn Antworten wird er mir nicht geben. Lies er nun eine Millionen Menschen umbringen oder waren es viele Millionen mehr? Hier gibt es keine Antworten. Leider bestätigt sich für uns, manchmal braucht es Generationen um Geschichte aufzuarbeiten.

          So verlassen wir Gori recht schnell. Was bleibt sind die zwiespältigen Gefühle zu Gori und zu Stalin selbst. Was versöhnt sind nicht die nächsten Tunnel. Es ändert sich die Luft.


          Immer weiter

          Es wird wärmer. Die Berge werden grüner. Tag für Tag laufen wir über 30 Kilometer. Manchmal regnet es, doch sind nun die Wassertropfen angenehmer, da einfach wärmer. Als wir die ersten Zauberwälder erblicken, ist das Schwarze Meer schon irgendwie zu riechen.


          Erster Zauberwald

          Wir wissen da noch nicht, dass dieses Klima aus Nieselregen, aus Sonnenstunden, aus Nebelbänken an den Hängen von vielen grünen dichten Wäldern, für längere Zeit unsere Begleiter sein werden.
          Batumi, gelegen am Schwarzen Meer, empfängt uns genau mit diesem recht angenehmen Cocktail.

          Auf Batumi fällt kein Schatten von Stalin. Die Stadt wirkt befreit von alten Lasten. Die Badewanne Georgiens macht sich fein, gibt sich Mühe. So genießen wir die Feinheiten der Stadt. Nach langer Zeit sind wir wieder an einem Meer. Baden tun wir aber nicht. Der Strand ist uns zu kieselig und das Wasser zu kalt. Entweder sind wir verwöhnt oder halt auch nur zwei Weicheier? Wir schlendern da lieber der Strandpromenade viele Kilometer entlang. Es sind am Abend nie an die 30 Kilometer. Wir schlendern ja auch nur, machen lange Pausen oder schlecken Eis.


          Wir schlendern ja nur

          Begeistert sind wir von der Altstadt. Sehr vieles wurde renoviert und erstrahlt somit im neuen Glanz. Neben vielen Kirchen gibt es sogar Moscheen. Die Türkei ist nicht mehr weit, geht es mir da durch den Kopf. Und weiteres saust durch die Gehirnzellen.
          Viele Städte im Kaukasus, genau wie auch in vielen anderen Gegenden der Welt, waren Städte von religiöser Vielfalt. Da lebten die Religionen noch meist friedlich nebeneinander, auch voneinander und miteinander.


          Batumi erstrahlt

          Schöne Städte leben auch immer von ihren Parkanlagen. Auch da muss sich Batumi nicht verstecken. Wir suchen die großen Parks auf. Wasserspiele, Kaffees und Wiesen so grün wie die Zauberwälder, lassen die Schlenderstunden schnell vergehen.
          Nur einen Tag später sind wir in einer kleinen Ortschaft kurz vor der türkischen Grenze. Es ist bereits später Nachmittag. Zu diesen Stunden halten wir für gewöhnlich Ausschau nach einem Lagerplatz oder nach einer Pension für die Nacht.
          Die Ortschaft hat leider nur viele neue Hotels der Sternekategorie zu bieten und nach Lagerplatz kurz vor der Grenze ist uns nicht so recht, denn Regen kommt erneut von Bergen auf uns zu.
          Was haben wir denn noch für georgisches Geld, möchte Gi wissen. Ich schaue in die Börse. Umgerechnet sind es noch ca. 20 Euro.
          Da mir klar ist, was Gi mit ihrer Frage bezweckt, sage ich sogleich, das ist zu wenig für die Sternchenschuppen. Da reichen auch meine Verhandlungskünste garantiert nicht aus.

          In den vielen Tourenjahren, habe ich es mir regelrecht anerzogen, egal auch in welchem Land, egal mit oder ohne Sternchen, die Preise für Unterkünfte immer zu verhandeln. Ca. 90 Prozent der Vermieter sind für einen Deal bereit. Überraschend war für mich oft, welche Preisspannen da möglich sind. Diese hängen natürlich von unterschiedlichsten Kriterien ab. Ich habe mir da eine regelrechte Verhandlungsstrategie zurechtgezimmert. Diese variiert allerdings nach den jeweils anzutreffenden Umständen. Diese kann ich gar nicht alle aufzählen und somit verraten. Was ich verraten kann?


          In Zimmer-Preis-Gedanken

          Unbedingt freundlich sollte man sein. Ich erwähne dann auch meist, dass wir extra zu Fuß für diese Unterkunft von Deutschland bis hier her gelaufen sind (bei unserer Weltradeltour war es halt das Fahrrad). Einen Blick auf die Zimmerschlüsselecke oder den Zimmerschlüsselkasten ist wichtig. Meist ist es da recht voll, was im Umkehrschluss bedeutet, viele Zimmer sind leer. Somit ist die Verhandlungsbasis recht gut. Wenn ich merke, mein Verhandlungspartner ist am Verhandeln interessiert, erst dann lasse ich mir das Zimmer, meist auch mehrere Zimmer zeigen. Auch wenn mich manchmal ein Zimmer fast positiv vom Hocker haut, lasse ich es mir nicht anmerken.
          An der Rezeption beginnt dann der eigentliche Poker. Oft ist es wirklich ein richtiger spannender Poker, wenn der Zimmerpreis als Zahl im Taschenrechner Purzelbäume schlägt. Das Ergebnis lässt sich aber meist sehen. Ich schätze, so um die 25 Prozent haben wir in all den Jahren bei zu bezahlenden Unterkünften erhandelt.
          Ich will es gleich schreiben, der Wi Hofmann ist kein Geizkragen. Handeln ist in vielen Ländern normal. Die Verhandlungsspanne ist eh meist schon im Preis versteckt. Es gibt dir zudem auch niemand ein Zimmer, wenn der ausgehandelte Preis seinen Ruin bedeuten würde. Man lernt auch sehr schnell, wo beim Gegenüber die Schmerzgrenze liegt. Ich selbst habe ja auch eine Geld-Schmerzgrenze für eine Unterkunft. Es ist fast wie ein Spiel. Spielt dein Gegenüber mit, und dies geschieht öfters als man vorher denkt, macht das Spiel echt Freude, sogar für jeden Freude.
          Mit dem ersparten Geld zelebrieren wir keine Erfolgsparty am Abend. Wir haben aber unterwegs oft Gelegenheit anderen Menschen kleinere Freuden zu bereiten.

          Gehe doch einfach ins nächste Hotel und zeige dein letztes georgisches Geld, sagt Gi lächelnd. Typisch Gi, denke ich, auf solch eine Idee bin ich bisher selbst noch nicht gekommen. Ich überlege. Ich versuche es einfach, sage ich zu Gi. Bist du verrückt, war nur ein Spaß, ruft sie mir hinterher.
          Das erste Hotel verlasse ich nach nur einer Minute. Ich merke nämlich sofort, dass der Herr an der Rezeption schwierig sein wird, und der offizielle Hauspreis schon sehr hoch ist. Er möchte umgerechnet 70 Euro fürs Zimmer.
          Im 2. Hotel, es hat drei Sternchen, ist der offizielle Preis 50 Euro. Ich merke sofort, hier könnte eventuell etwas möglich sein, denn die Rezeptions-Lady ist ziemlich nett. Ich lasse mir ein Zimmer zeigen. 10 Minuten später drückt die junge Frau ihren letzten machbaren Preis von umgerechnet 25 Euro in den Rechner. Ich öffne meine Börse, lege, bis auf die Münzen, alle Scheine auf den Tresen und sage, ist unser letztes georgisches Geld. Morgen wollen wir über die Grenze. Dabei blicke ich wie ein ausgesetzter junger Kater.
          Sie redet kurz mit ihrer Kollegin. Ruft ihren Chef an. Danach erklärt sie mir, wenn wir kein Frühstück brauchen, dann wäre es machbar.

          Wenig später schauen wir vom Balkon aufs Meer. Es nieselt leicht. Die Sicht ist schlecht. Doch irgendwie sind wir happy. Das Zimmer ist prima. Die Laken sind schneeweiß. Die Dusche ist heiß. Sehr selten genehmigen wir uns ein Sternchenzimmer. Hätte ich nie gedacht, dass Gis Idee schon beim zweiten Versuch Früchte trägt. Von 50 auf 20 Euro, habe ich so selbst noch nicht erlebt. Man lernt halt nie aus.
          Wenig später lullen mich die angenehmen Wellengeräusche in einen tiefen Schlaf.


          Es nieselt leicht

          Auf dem Weg zur Grenze genehmigen wir uns vom restlichen Münzgeld ein ordentliches Frühstück. Das Kleingeld reicht für Tee und Chatschaburis, heiße Käsebrote. Viele dieser Chatschaburis haben wir in Georgien verschlungen. Die schmecken echt sehr gut, geben Wanderkraft für Stunden und sind zudem für uns sehr preiswert.
          Kurz vor der Grenze retten wir noch eine Schildi. Sie will gerade die Straße überqueren. Will sie vielleicht auch in die Türkei, sage ich zu Gi.


          Schildi

          Da könnten wir sie ja mitnehmen.
          Ich denke, sagt Gi, die will nur schnell über die Straße kommen. Ihr Ziel wird ihr Geheimnis bleiben. Gi trägt die Schildi in den sichern Wald.

          Wir wollen in den nächsten Tagen immer entlang der türkischen Schwarzmeerküste bis nach Trabzon laufen. Was wir dabei erleben, ist noch unser Geheimnis. Erst im nächsten Bericht werde ich davon erzählen.

          Bis dahin, liebe Grüße,

          Wi + Gi + Toyota

          Wanderkilometer bis zur Grenze: ca. 330 km

          Gesamtwanderkilometer bisher: ca. 4.885 km Stand: Anfang Juli 2015

          Für Abt + Sternenstaub: geschafft

          PS: Auf unserer HP ist die grobe Googlewanderroute für Georgien einsehbar. HP ist unten in Signatur anklickbar.
          Zuletzt geändert von grenzenlos; 08.08.2015, 19:21.
          Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

          Gruß, Wi grenzenlos

          Kommentar


          • Sternenstaub
            Alter Hase
            • 14.03.2012
            • 3377
            • Privat

            • Meine Reisen

            AW: [TR] Langzeitwanderung

            oh wie fein. Obwohl - ich kann Gis Ängste in Tunneln mehr als verstehen, die sind auch durchaus nicht irrational. Allein die Abgase sind schon krankmachend. ok, was muss, das muss. Ich finde sie da echt tapfer, weiß nicht, ob ich das könnte.

            lieben Gruß in den Abend
            Two roads diverged in a wood, and I—
            I took the one less traveled by,
            And that has made all the difference (Robert Frost)

            Kommentar


            • grenzenlos
              Dauerbesucher
              • 25.06.2013
              • 566
              • Privat

              • Meine Reisen

              AW: [TR] Langzeitwanderung

              Zitat von Sternenstaub Beitrag anzeigen
              oh wie fein. Obwohl - ich kann Gis Ängste in Tunneln mehr als verstehen, die sind auch durchaus nicht irrational. Allein die Abgase sind schon krankmachend. ok, was muss, das muss. Ich finde sie da echt tapfer, weiß nicht, ob ich das könnte.

              lieben Gruß in den Abend
              Sternenstaub, ja Gi ist schon echt tapfer. Und sie mag auch echt die Abgase in den Tunnels nicht. Und der Lärm ist da immer höllisch. Jeder hat halt so seine Ängste. Ich bin ein echtes Weichei, wenn ich in ein Flugzeug muss Da ist Gi immer absolut gut drauf. Am liebsten würde sie dann selbst das Ding fliegen Und ich bekäm wahrscheinlich dann den Herzkasper

              Und echt liebe Grüße zurück
              Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

              Gruß, Wi grenzenlos

              Kommentar


              • Abt
                Lebt im Forum
                • 26.04.2010
                • 5726
                • Unternehmen

                • Meine Reisen

                AW: [TR] Langzeitwanderung

                Wegen der entlaufenen Großkatzen hatte ich mir bei der km-mäßig kurzen Lücke und der langen Zeitspanne hier Gedanken gemacht, - aber ihr habt ja in Realo zumindest einen Monat Lebensvorsprung
                Aber wie verkraftet ihr ,- hier sind es fast 40°C,- die Hitze auf den Straßen? da sind die Tunnels doch eher angenehm kühl, wenn auch gefährlich.
                Was ist das Ziel eures Weges? Plant ihr in euer (und auch mir!) zunehmend fremd gewordenes Ursprungsland zurückzukehren? Ist sicher ein Problem des Kopfes über den Sinn einer solchen Langzeitwanderung nachzudenken ...

                Kommentar


                • grenzenlos
                  Dauerbesucher
                  • 25.06.2013
                  • 566
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  AW: [TR] Langzeitwanderung

                  Zitat von Abt Beitrag anzeigen
                  Wegen der entlaufenen Großkatzen hatte ich mir bei der km-mäßig kurzen Lücke und der langen Zeitspanne hier Gedanken gemacht, - aber ihr habt ja in Realo zumindest einen Monat Lebensvorsprung
                  Aber wie verkraftet ihr ,- hier sind es fast 40°C,- die Hitze auf den Straßen? da sind die Tunnels doch eher angenehm kühl, wenn auch gefährlich.
                  Was ist das Ziel eures Weges? Plant ihr in euer (und auch mir!) zunehmend fremd gewordenes Ursprungsland zurückzukehren? Ist sicher ein Problem des Kopfes über den Sinn einer solchen Langzeitwanderung nachzudenken ...
                  Hallo Abt,

                  ich kenne Menschen die bezahlen ein Vermögen um Großkatzen in freier Wildbahn zu sehen. Es wäre mir ein Vergnügen gewesen eine der georgischen Katzen im Busch zu bestaunen

                  Nun aber ernst. Hitze hat uns schon immer kaum ein Problem bereitet. Besonders Gi ist absolut hitzebeständig. Ich selbst liebe Tunnels, da dort ein kräftiger Durchzug ist

                  Unser Ziel ist, dass sich der Wanderkreis in Göreme (da wo Smily symbolisch beerdigt wurde ) schließt. Bis dahin ist es (ist ja alles zeitverschoben) nur noch ein kurzes Stück. Danach haben wir eine weitere Idee. Doch dies ist noch unser Geheimnis. Ich mag auch nie über Dinge schreiben, welche dann plötzlich wegen irgendwelchen Umständen platzen können (z. B. meine Mutter ist fast 80 und nicht bei bester Gesundheit). Also, in Göreme wird aber Schluss sein mit unserer Wanderung. Das werden dann so knapp 6 Tausend km sein. Reicht uns als Erfahrung dann auch irgendwie.

                  Für uns war vor Tourstart klar, wir haben ungefähr 2 Jahre Zeit (Gis Vertrag für die Freistellung beträgt 2 Jahre). Somit war auch klar, wir werden nach D. zurück gehen. Gi muss ihren alten Job aufnehmen und ich brauche dann noch ca. 2 Jahre bis zur Frührente. Für mich ist die Rückkehr kein kopfproblem, da ich Anfragen schon jetzt für Vorträge habe. Auch gibt es Anfragen von Verlagen für ein weiteres Buch. Ich kann somit weiter, zumindest gedanklich bei diesen Tätigkeiten, in meiner Reisewelt leben. Eigentlich Ideal
                  Gi graut es aber schon jetzt mit der Rückkehr. Vielleicht verlängert sie auch ihre Freistellung um einige Monate. Wir werden sehen.
                  In 2 oder 3 Jahren wollen wir dann erneut irgend etwas tun. In D werden wir wohl nicht bleiben. Was es sein wird, steht noch in den Sternen. Wir müssen auch die Entwicklungen in bestimmten Regionen abwarten. Beide haben wir die Sanitäterausbildung abgelegt. Wir könnten uns auch in dieser Richtung was vorstellen

                  LG, Wi
                  Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                  Gruß, Wi grenzenlos

                  Kommentar


                  • Rainer Duesmann
                    Fuchs
                    • 31.12.2005
                    • 1642
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    AW: [TR] Langzeitwanderung

                    Danke.

                    Rainer
                    radioRAW - Der gesellige Fotopodcast

                    Kommentar


                    • grenzenlos
                      Dauerbesucher
                      • 25.06.2013
                      • 566
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      AW: [TR] Langzeitwanderung

                      Zitat von Rainer Duesmann Beitrag anzeigen
                      Danke.

                      Rainer
                      Bitte + die Bilder von radio RAW finde ich echt gut
                      Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                      Gruß, Wi grenzenlos

                      Kommentar


                      • grenzenlos
                        Dauerbesucher
                        • 25.06.2013
                        • 566
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        AW: [TR] Langzeitwanderung

                        Türkei zurück Teil 1


                        Endlich wieder Feuerwolken

                        Entlang der Schwarzmeerküste

                        Wir sind noch keine 5 Stunden auf türkischen Boden unterwegs, da werden wir eingeladen. In der nächsten Ortschaft möchte sich der Mann mit uns am Abend in einem Restaurant treffen. Da wir nicht so recht Lust darauf verspüren, lehnen wir höflichst ab. Dem netten Mann erklären wir, wir wissen nicht ob wir am Abend noch vor der Ortschaft, in der Ortschaft oder schon viel weiter sein werden. Irgendwie versteht er es.
                        Wenn ich ehrlich bin, wir wollen an den Abenden am liebsten immer unsere Ruhe haben, selbst was köcheln, den Sonnenuntergang genießen und recht bald schlafen, denn unser Körper verlangt meist regelrecht danach.


                        Toyota + wir lieben das Meer

                        Auch vermuten wir recht schnell, dass die Küstenstraße für diesen erwünschten Ablauf geradezu für uns erschaffen wurde.Wir täuschen uns nicht. Die nächsten Wandertage bis nach Trabzon vergehen, bis auf wenige Ausnahmen, im idealen Gleichklang mit unseren Vorstellungen.
                        Die Strecke ist ideal dafür. Täglich laufen wir über 30 Kilometer. Es gibt keinen Anstieg der bremsen würde. Die Temperaturen können nicht wanderfreundlicher sein. Zwischen 20 und 25 Grad pegeln die Zahlen.

                        Wenn es nieselt, dann immer nur links von uns, nämlich in den nahen Bergen. Der leichte, fast tägliche Bergregen, lässt den Reichtum der türkischen Küste sprießen. Teeplantagen ist das Zauberwort. Über gut 150 Kilometer laufen wir an Teeplantagen vorbei. Danach folgen die Haselnussplantagen bis Trabzon. Zwischen den Plantagen wurzeln große Farne, Essigbäume und vereinzelt undurchdringlich erscheinender Küsten-Dschungel.


                        Grün

                        Die Dörfer und Kleinstädte entlang der Strecke folgen entfernungsmäßig idealer Platzierung. Jede Kleinstadt, jedes Dorf hat mindestens einen BIM (der Aldi der Türkei) und einen 101 (der Lidl der Türkei). Dort kaufen wir unser frisches Brot, Obst, Gemüse, Milch, Nudeln, Nussschokolade und manch andere Schleckerei.
                        Lagerplätze für die Nacht finden wir immer recht schnell. Die meisten sind fast paradisisch zu bezeichnen.


                        Herrlich Platz


                        Herrlich Essen

                        Schon während unserer Laufstrecke heben wir Holz auf, was wir am Wegesrand sehen. Wir sammeln nur das Altholz ein. Davon brauchen wir nicht viel. Es muss nur für den Kaffee und das Abendessen Glut erzeugen.Vor Sonnenuntergang entzünde ich ein kurzes Feuer. Auch wenn wir uns immer sicher fühlen, so lösche ich doch immer mit Untergang der Sonne das kleine Lagerfeuer. Feuer ist halt weit sichtbar. Wir mögen die Unsichtbarkeit.


                        Romantisch

                        Es wäre natürlich gelogen, würde ich behaupten, dass jeder Lagerplatz ideal ist. Die Küste ist über weite Strecken von großen Felsen belagert. Grober Kieselstrand liegt meist zwischen den Felsbuchten. Wir übernachten an solchen Abschnitten meist in einem der vielen Picknickparks. An einem Abend wählen wir jedoch eine Unterführung. Der Platz ist garantiert nicht das Paradies, doch einen Vorteil hat die Auswahl, sollte es ja in der Nacht regnen, dann können wir um wenige Meter einfach ins Trockene umziehen.


                        Unterführungslagerplatz

                        Genau in dieser Unterführungsnacht weckt mich Gi mitten in der Nacht. Ich höre was, sagt sie. Wird ein Hund sein, murmle ich zurück.
                        Schau doch mal nach, Wi.
                        Habe keine Lust!
                        10 Minuten später. Wi, ich höre da draußen wirklich was.
                        Gi, schlafe einfach weiter.
                        10 Minuten später. Wi, ich war draußen zum pinkeln. Aus dem Gebüsch haben 2 sehr, sehr große leuchtende Augen auf unser Zelt geschaut.
                        Dann war es ein Hund. Der wird uns nichts tun, Gi.
                        Wi, die Augen waren sehr groß. Und hast du vergessen, dass du mir in Georgien gesagt hast, die Tiger sind vielleicht schon in der Türkei.
                        War doch nur ein Spaß.
                        Gi flüstert, das glaube ich dir nicht. Und weißt du vielleicht, wie schnell sich Tiger vermehren? Kannst du mir das schnell noch sagen?
                        Kann ich nicht, denn ich bin ja kein Tiger. Und wenn du mich jetzt schlafen lässt, dann fällt es mir eventuell später ein. Okay?
                        Okay.

                        Nicht jede Nacht haben wir solch eine spannende Unterhaltung. Doch diese empfand ich trotz Ruhestörung recht lustig.

                        Verlässt man am nächsten Morgen solch einen unromantischen Platz, versüßt sofort die Natur den weiteren Weg. Überhaupt gibt es ständig viel zu sehen, zu beobachten und zu bestaunen. Nur selten sind wir solch eine spannende Strecke gelaufen.


                        Versöhnung pur

                        Solche spannungsgeladenen Strecken haben den Vorteil, dass das Wandern unheimlich Freude bereitet, die Füße nur so über den Asphalt huschen und man am Abend selbst über die gelaufenen Kilometer erstaunt ist.
                        Kurz vor Trabzon male ich stolz die 5000 km in den Sand. Fünftausend Wanderkilometer liegen da hinter uns. Wir können es selbst nicht so richtig glauben.


                        5000 km

                        Wir mögen auch die größeren Städte in der Türkei. Dies gilt natürlich auch für die Küstenstädte Rize und Trabzon. In solchen größeren Städten suchen wir uns immer ein Billigzimmer. Suchen ist der richtige Ausdruck, denn wir schieben da das Wägelchen meist sehr lange durch Gassen, über prall gefüllte Straßen, an Teebuden vorbei, über Plätze und schaffen es irgendwann, ein Zimmer als das unsrige zu beziehen. Die Billigzimmerkategorie versteckt sich nämlich meist im unendlich erscheinenden türkischen Großstadt-Gewirr.


                        Zimmersuche

                        In Trabzon erleben wir das Ende vom Ramadan. Die Straßen sind mit Menschenmassen gefüllt. Weihnachten und Ostern fallen sozusagen auf einen Tag. Die Freude bei den Menschen ist groß. Die vielen Einladungen zum Tee nehmen wir da natürlich gerne an. Wir freuen uns gemeinsam, unterhalten uns dabei auch oft über Gott und die Welt.


                        Da müssen wir durch

                        An einer Moschee beobachte ich 4 Männer. Es scheint ihr Stammplatz zu sein. Sie reden, reden und reden.


                        Unterhaltung

                        Keiner hat ein Mobile. Da muss ich mich ja eigentlich nicht wundern, dass sie ständig reden. Von einem der Männer werden wir später zum Tee eingeladen. Da auch wir kein Mobile dabei haben, reden auch wir beim Tee recht viel.
                        77 Jahre ist unser Teespendierer alt. Früher hat er bei der Post gearbeitet. Morser-Nachrichten hat er übermittelt. Muss wirklich schon lange her sein. Da gab es noch keine Mobile. Dann hat er für eine französische Firma gearbeitet. Deswegen spricht er auch relativ gut Französisch. Er fragt uns, ob wir seine Schwarzmeerküste mögen. Natürlich mögen wir sie. Wir mögen die Landschaft und die Menschen an seiner Küste, versichern wir ihm. Da lächelt er.
                        In den letzten 20 Jahren hat sich hier viel geändert. Vieles ist besser geworden. Dabei erzählt er uns von neuen Straßen, Tunneln, den Häusern und den vielen Parkanlagen.
                        Und durch Erdogan ist in den letzten Jahren alles noch viel moderner geworden. Er liebt Erdogan, sagt er mit leuchtenden Augen. Erst eine Woche ist er aus dem Krankenhaus zurück. Er wurde operiert. Eine Woche musste er im Krankenhaus bleiben. Keine Lira musste ich bezahlen, sagt er stolz.
                        Das einzige was ihm stört, ist, dass noch immer viel Müll mit den Flüssen ins Meer gelangt und das es seine Landsleute überhaupt mit dem Müll nicht so genau nehmen.
                        Ich bin überrascht. Da sagt uns ein 77 jähriger, was ich eigentlich von jungen Menschen gerne hören würde. Er ist der erste Türke, der überhaupt bisher das Wort Müll in den Mund genommen hat. Leider wird er auch der einzige bleiben.

                        Von Trabzon aus besuchen wir per Anhalter (Toyota darf im Zimmer bleiben) das Sumelakloster in den nahen Bergen. Das Kloster hatten wir vor ca. 20 Jahren mit unserem damaligen Camper besucht. Es hatte uns gefallen. Deswegen der erneute Besuch.


                        Sumelakloster

                        Wir sitzen kaum in einem Auto, haben die ersten Bergkurfen hinter uns, beginnt es typisch Schwarzmeer-zu-regnen. Feine Nieseltropfen setzten sich auf die Autoscheibe. Vom großen Parkplatz kraxeln wir den Schlangenformweg hoch. Wir kommen dabei ordentlich ins schwitzten. Doch es macht Spaß. Ständig versuchen wir durchs viele grün das Kloster zu erspähen. Dichter Nebel liegt am Berg. Erst auf den letzten Anstiegsmetern erblicken wir schemenhaft die ersten Klostermauern. Wie eine verwunschene Festung wirken sie auf uns.
                        Die meisten Klöster weltweit liegen an echt romantischen Plätzen. Auch dieses wirkt wie ein Adlernest an hohem Berghang. Romantisch ist da aber immer auch gleichzusetzen mit Abgelegenheit. Oft ist das nächste Dorf Kilometer weit entfernt.
                        Wer hat das nur alles gebaut? Wer hat das notwendige Baumaterial hergeschleppt? Wer musste alles sein Leben dafür lassen? Wie war die Logistik als das Kloster fertig war? Hatten die Mönche Dienstpersonal, Leibeigene, Knechte oder waren sie sehr fleißige Mönche? Fragen über Fragen.
                        Das Sumelakloster liegt immerhin auf über 1000 Meter Höhe, wurde bereits im 500 Jhd. erbaut und war ein griechisches Kloster. Die Griechen mussten das Kloster 1926 verlassen. Sie waren nicht die einzigen Griechen, welche das muslimische Land verlassen mussten. An der Mittelmeerküste zogen ganze Dorfgemeinschaften gen Griechenland. Übrigens zogen da im Gegenzug auch ganze türkische Dorfgemeinden gen Türkei. Ein unfreiwilliger Umzug war da beidseits im Gange. Zurück blieben beidseits die Dörfer, die Kirchen und Moscheen und auch so manches Kloster. Erst viel später wurde erkannt, wie gut sich all die Klöster und Kirchen im Tourigeschäft vergolden lassen.

                        Bei unserem ersten Besuch war noch vieles in der Klosteranlage dem Verfall preisgegeben und irgendwelche Krixeleien verunstalteten, fast bis zur Unkenntlichkeit, die herrlichen Wandmalereien. Es muss unheimlich viel Arbeit gekostet haben, dies alles zu restaurieren.
                        Was mir noch auffällt? Damals gab es hier keine Polizei. Jetzt steht an jeder Ecke ein Bewaffneter.


                        Gut bewacht

                        Die Welt ist leider in den letzten Jahren nicht einfacher geworden. Auf der einen Seite geben einem genau diese Polizisten ein Sicherheitsgefühl. Überall in der Türkei, vom kleinsten Dorf bis zur Großstadt, sind die Hüter der Ordnung rund um die Uhr unterwegs. Auf der anderen Seite hat diese mächtige Präsenz natürlich auch mit dem weltweit zunehmenden Terrorismus und auch oft mit innerpolitischen Problemen zu tun. Das eigene Sicherheitsgefühl beginnt, bei dieser zu sehenden Übermacht an Ordnungskräften, zu straucheln. Man fragt sich dann, was ist hier los?
                        Tourismus ist für viele Länder eine erquickliche Einnahmequelle. Nur ein Anschlag lässt diese Quelle für Jahre versiegen.
                        In der Türkei rumort es schon länger. Es gibt die zunehmenden Probleme an der Grenze zu Syrien und Irak. Die Isis-Verbrecher treiben vermehrt ihr Unwesen im Land. Auch flammt regelmäßig die Kurdenproblematik erneut auf. Diese politisch inner-türkischen Probleme verschmelzen kurz nach dem Ramadan zu einer gefährlichen Einheit. Wir bekommen am Rande mit, es gibt die ersten Isis Anschläge in der Türkei und seit längerer Zeit auch wieder tote Polizisten durch PKK Anschläge. Der türkische Staat schlägt zurück. Auf Isis und PKK Stellungen werden Bomben abgeworfen. Und in Kurdistan selbst ist die Luft recht explosiv.
                        An der Schwarzmeerküste sehen wir täglich mindestens einen Radler, oft sind es auch zwei aus Europa. Früher war durch türkisch Kurdistan die klassische Radelstrecke um in den Iran zu gelangen. Was sagt mir das? Auch die vielen Fernradler sind vernünftigerweise ihrem Bauchgefühl gefolgt, momentan die landschaftlich herrliche Strecke durch Kurdistan zu meiden. Unsere eigene Entscheidung, über Armenien, Georgien und dann entlang der Küste, zurück nach Kappadokien zu laufen, war nicht unbedingt falsch.

                        So laufen wir weiter entlang der Küste bis Unye. Auf dem Wanderweg dahin, sehen wir die ersten kleineren Sandstrände.


                        Abschied vom Schwarzen Meer

                        In Unye zeigt uns ein Schild den Abzweig rauf in die Berge. Wir laufen jedoch einfach geradeaus weiter, denn noch eine Nacht wollen wir am Schwarzen Meer verbringen. Am Abend nehmen wir gedanklich Abschied von der Küste. Sie hat uns sehr gut gefallen.


                        Gut gefallen

                        Am Morgen suchen wir erneut den Abzweig rauf in die Berge. Am Ortsausgang kaufen wir Obst und Wasser. Der Ladenbesitzer sagt uns, von hier fährt ein Bus rauf in die Berge. Danke, sagen wir, doch wir wollen laufen. Er schaut uns kurz an, schüttelt mit dem Kopf und verschwindet im Laden.
                        Der Weg rauf auf die anatolische Hochebene wird schweißtreibend. Wir wissen es vorher. Und wir wollen es ja so. Dies kann der nette Schüttelkopf natürlich nicht wissen.

                        Vom schweißtreibenden Weg rauf in die Berge, erzähle ich aber erst im nächsten Bericht.

                        Bis dahin, liebe Grüße,

                        von Wi, Gi + Toyota


                        Wanderkilometer türkische S-M-Küste: ca. 375 km

                        Gesamtwanderkilometer bisher: ca. 5260 km Stand Mitte Juli 2015


                        Sonnen-Untergangs-Meeres-Flimmern
                        Zuletzt geändert von grenzenlos; 23.08.2015, 15:01.
                        Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                        Gruß, Wi grenzenlos

                        Kommentar


                        • Stecknadel
                          Neu im Forum
                          • 21.08.2015
                          • 1
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          AW: [TR] Langzeitwanderung

                          Sonst als stiller Mitleser, möchte ich gerne auch einmal ein Kommentar schreiben. Ich bin begeistert von Eurer Reise und den Berichten. Weiter so! Gerade der Bericht über den Iran hat mich doch sehr erstaunt. Die Bilder sind einfach toll! Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, einmal über einen "Urlaub" im Iran nachzudenken. Durch die Berichte in den Medien wird man da ja eher abgeschreckt. Aber der Iran muss ein wunderschönes Land sein.

                          Auch finde ich euren Mut bewundernswert.

                          Ich freue mich schon auf den nächsten Bericht und die nächsten Bilder.

                          LG

                          Kommentar


                          • grenzenlos
                            Dauerbesucher
                            • 25.06.2013
                            • 566
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            AW: [TR] Langzeitwanderung

                            Zitat von Stecknadel Beitrag anzeigen
                            Sonst als stiller Mitleser, möchte ich gerne auch einmal ein Kommentar schreiben. Ich bin begeistert von Eurer Reise und den Berichten. Weiter so! Gerade der Bericht über den Iran hat mich doch sehr erstaunt. Die Bilder sind einfach toll! Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, einmal über einen "Urlaub" im Iran nachzudenken. Durch die Berichte in den Medien wird man da ja eher abgeschreckt. Aber der Iran muss ein wunderschönes Land sein.

                            Auch finde ich euren Mut bewundernswert.

                            Ich freue mich schon auf den nächsten Bericht und die nächsten Bilder.

                            LG
                            Hallo Stecknadel,

                            danke für die netten Sätze. Auch uns hatte der Iran während unserer ersten Tour (war im Jahre 2001) erstaunt. Deswegen wurden wir Wiederholungstäter. Speziell beim Iran haben die Medien mit der vorherrschenden Politik kräftig ins Horn geblasen. Natürlich ist auch im Iran nicht alles prima, doch habe ich immer eine ausgewogene Berichterstattung arg vermisst.
                            Wenn man länger unterwegs ist, so auch viele Iranreisende unterwegs trifft, hört man von diesen fast immer nur positives vom Land. Auch wir können einen ''Urlaub'' im Iran nur empfehlen.

                            LG, Wi
                            Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                            Gruß, Wi grenzenlos

                            Kommentar


                            • grenzenlos
                              Dauerbesucher
                              • 25.06.2013
                              • 566
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              AW: [TR] Langzeitwanderung

                              Türkei zurück Teil 2



                              Seid ihr Flüchtlinge?

                              Wir sind erst 2 Tage von der Küste weg, als ich plötzlich merke, Toyota rollt irgendwie unrund. Ich schaue nach. Erschrocken stelle ich fest, eines der Lager ist ausgebrochen. Das defekte Lager hat nur noch 2 Kügelchen und natürlich fehlt die so wichtige Abdeckung.


                              Plötzlich unrund

                              Zum Glück ist in Toyotas Bauch immer noch das Ersatzrad, welches ich vor über einem Jahr in München vorsorglich mitgenommen habe. Oft hat es irgendwie gestört, denn jeder Zentimeter Platz ist ja in so einem Schiebewagen-Bäuchlein wichtig. Jetzt bin ich natürlich froh. Das Ersatzrad ist schnell ausgewechselt. Beim Auswechseln kommen mir üble Gedanken. Beide Lager haben über 5000 Kilometer durchgehalten. Nun ist meine Sorge, dass das andere Lager eventuell in den nächsten Tagen, nächsten Stunden, vielleicht nur Minuten, auch den Geist aufgibt. Ein weiteres Ersatzrad, Ersatzlager haben wir nicht dabei. Zurück an die Küste, in die letzte größere Stadt, um eventuell Ersatz aufzutreiben, möchte ich nun wirklich nicht. Dafür sind wir schon zu weit oben, zu weit oben in den Bergen. Einige 100 Wanderkilometer trennen uns noch von Göreme. Wir setzen alles auf eine Karte, denn ein Lager im Hochland aufzutreiben wird schwierig werden. Wir erhoffen einfach, die Lager werden noch bis Göreme aushalten. Wohl ist uns nicht dabei!

                              Seit wir erneut auf türkischen Wanderboden unterwegs sind, werden wir täglich gefragt, seid ihr Flüchtlinge? Kommt ihr aus Syrien? Ist im Wagen ein Kind? Kann ich, können wir helfen? Braucht ihr etwas?
                              Wir wundern uns über diese Fragen aus unterschiedlichsten Gründen. Natürlich fragen wir uns selbst, sehen wir denn wirklich wie 2 Flüchtlinge aus? Wenn ja, wieso dann immer die Frage ob wir Syrier sind? Warum vermutet man meist ein Baby oder ein kleines Kind in Toyotas Bauch? Und warum spricht uns täglich eine oder auch mehrere Personen (es ist wirklich so) diesbezüglich an? Und warum machen wir absolut keine negativen Erfahrungen?
                              Als wir uns Tage später, das Bild mit Gi, Wägelchen schiebend im Nebel auf über 1000 Meter Höhe, betrachten, wird uns klar, irgendwie sieht es schon wie ein Flüchtlingsbild aus.


                              Flüchtlings-Gi

                              Das relativ schlechte Wetter, welches uns einige Tage bergauf begleitete, passt natürlich zum Flüchtlings-Erscheiningsbild wie die Faust aufs Auge. Doch auch an der Küste bei Sonnenschein, wurden uns die Fragen gestellt. Die Kleidung passt irgendwie. Gi trägt gerne lange Röcke, trägt auch oft Kopftuch aus unterschiedlichsten Gründen und sieht somit natürlich nicht unbedingt wie Tanzmariechen aus. Auch bei mir vermutet man sicherlich nicht den verirrten Pauschaltourist von der türkischen Mittelmeerküste.
                              Wir sind sehr weit von der syrischen Grenze entfernt. Und doch sehen auch wir die syrische Flüchtlinge so weit weg von ihrer ehemaligen Heimat. Uns wird da oft bewusst, wir gehen äußerlich fast voll als Flüchtlinge durch.
                              Es gibt unterschiedliche Schätzungen über die Anzahl syrischer Flüchtlinge in der Türkei. Sie reichen von einer halben Million bis über 2 Millionen. Uns ist auch bekannt, dass es nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen diesbezüglich in der Türkei gibt. Auch in diesem Land gibt es, wie in fast allen Ländern weltweit, Ausländerfeindlichkeit. Die Gründe sind auch hier die weltweit bekannten. Angst um den eigenen Arbeitsplatz, Überfremdung und natürlich die Vermutung, die Flüchtlinge bekommen viel Geld vom Staat. Auch gibt es die Angst wegen vermehrten Terrorismus.
                              Wir selbst erleben jedoch keine negativen Reaktionen. Ganz im Gegenteil. Alle Türken sind sehr nett zu uns. Wir sind täglich überrascht über so viel Gastfreundschaft, so viel Fürsorge.
                              Erstaunt sind unsere Gesprächspartner immer, wenn wir erklären, wir sind aus Deutschland. Und wir machen dies freiwillig. Natürlich sagen wir auch immer sofort, dass kein Baby im Wagen liegt. Wir können es den Leuten nicht verübeln, wenn sie dies so denken. Toyota ist ja eigentlich auch die ideale Kinderkutsche.
                              Das wir keine negativen Erfahrungen machen, liegt sicherlich auch daran, dass wir doch irgendwie auch aus dem Flüchtlingsrahmen fallen, denn welcher Flüchtling hat schon so ein Wägelchen?
                              Manchmal denke ich darüber nach, was wäre, wenn wir nun doch aus Syrien wären? Die Gedanken dazu sind schwierig, denn wenn man selbst nie ein richtiger Flüchtling war, nie einen Krieg im eigenen Land erlebt hat, nie entscheiden musste, ja, jetzt flüchten wir, kann man sich auch nicht in die wirkliche Gedankenwelt von Flüchtlingen versetzen. Die Sache erscheint mir viel zu Komplex.
                              Was wir aber teilweise nachempfinden können, ist das Leben an und auf der Straße selbst, ist die Suche nach einem idealen Nachtlagerplatz, ist die Hoffnung auf regenfreie Tage und Nächte und ist der Wunsch, nur freundlichen Türken zu begegnen.
                              Da wir von den Türken viele nützliche Dinge wie Wasser, Brot, Obst oder Gemüse geschenkt bekommen, geben wir diese oft an wirkliche Flüchtlinge weiter, bezahlen auch manches Essen für die wirklich Bedürftigen.
                              Wir selbst, sind aus unserer eigenen Sicht, natürlich keine Flüchtlinge. Und wenn wir es wären, dann wären wir ja eigentlich absolute Luxusflüchtlinge. Wir wären somit aus Deutschland als Luxusflüchtlinge gestartet. Dies nicht, weil in Deutschland Krieg herrscht, nein, wir wollen ja nur sehr eigennützig, selbstsüchtig oder nenne ich es egozentrisch, in der Welt unterwegs sein. Uns unterscheidet von den wirklichen Flüchtlingen absolut viel.
                              Wenn wir in einem Restaurant essen möchten, wenn wir in einem Hotel übernachten wollen, wenn wir 1 kg Kirschen kaufen wollen, dann können wir es tun. Wir können uns täglich, sofern wir es möchten, alles notwendige und manchmal auch alles nicht notwendige leisten. Zudem haben wir eine Krankenversicherung, einen richtigen Reisepass und eine Bankkarte. Der größte Unterschied ist aber, wir sind freiwillig unterwegs. Und wenn wir keine Lust mehr haben, so können wir zurück.

                              Die Freiwilligkeit macht uns momentan noch immer viel Spaß und Freude, auch wenn dies oft bedeutet, wir leben unterwegs meist sehr einfach.


                              Freiwilliger Lagerplatz in den Bergen

                              In unserer selbst gewählten, freiwilligen Einfachheit, liegt für uns oft ein großer Segen. Dies wird mir an den Abenden besonders bewusst. Im Wägelchen haben wir alles was wir brauchen. So können wir köcheln, entspannen, uns ausruhen, den nächsten Tag grob planen, dabei nach den Sternen schauen und wenn es in der Nacht kalt wird, wärmende Sachen aus Toyotas Bauch zaubern. Wir haben es, zumindest meistens, einfach nur gut.





                              Am Rande bekomme ich die momentanen Flüchtlingsschlagzeilen aus der Heimat mit. Manches irritiert mich, manches überrascht mich, manches stimmt mich traurig und manches stimmt mich froh. Was ich mir dabei am meisten wünsche, es möge endlich die Zeit kommen, dass niemand mehr flüchten muss. Nur ''Luxusflüchtlinge'' wie wir es sind, sollte es geben.

                              So genießen wir den Weg rauf in die recht frische Bergwelt. Auf der anatolischen Hochebene wird es dann endlich wärmer. Auch die Landschaft ändert ihr Gesicht.
                              Bei Kayseri erblicken wir die Schneeberge der Region. Sie sind für mich die Könige der anatolischen Hochebene.


                              Schneeberg bei Kayseri

                              Anatolien ist die Kornkammer der Türkei. Ich mag diese anatolische Weite der Felder, das im Winde sich schwingende Korn, die seltenen grünen Oasen in den Senken, die geschwungenen Hügel und das flimmernde Licht auf den endlos erscheinenden Wegen. Hier macht es viel Freude einen Platz für die Nacht zu suchen, denn die Suche dauert nie lange. Oft nächtigen wir am Rande eines Kornfeldes.


                              Bett im Kornfeld

                              So oft es geht, versuchen wir die Hauptstraßen zu verlassen. Ideal ist dabei ein Nebenweg von Kayseri Richtung Kappadokien. 3 Tage wandern wir einem Fluss entlang.


                              3 Flusswandertage

                              Vereinzelt gibt es kleine Dörfer an der Strecke. Die Menschen sind auch da nett wie immer. Viele Schafherden kreuzen unseren Weg. Gi hat da nur immer ein Problem mit den recht großen Hirtenhunden. Viele der Hunde tragen um den Hals einen Holz- oder einen Eisenring mit Stacheln.
                              Wenn einem bewusst ist, dass die Hunde ja nur ein bestimmtes Revier verteidigen, man das Revier akzeptieren muss, also nicht überschreitet, dann tun einem die Hunde auch nichts, erkläre ich dann immer Gi. Gi wäre es natürlich am liebsten, dass das Revier mit Fähnchen abgesteckt ist, so sagt sie es zumindest bei jeder erneuten Hunde-Revier-Verteidigungs-Attacke. Wie soll ich denn sonst das Revier erkennen, ist ihre plausible Feststellung.


                              Zum Glück sind die Schafe keine Hirtenhunde

                              An den Dorfwasserstellen ist meist Generalreinigung angesagt. Wir waschen da manchmal unsere Kleidung, reinigen das Kochgeschirr vom Ruß und füllen Trinkwasser auf.


                              Muss täglich sein

                              Auch da gibt es nie Probleme mit den Dorfbewohnern. Auch hier denken die meisten, dies müssen Flüchtlinge sein. Ich stelle mir da manchmal eine Wasserstelle in meiner Heimatstadt vor. Wie würden da wohl die Menschen reagieren?
                              An unserem Wanderfluss bekommen wir von einer Familie Äpfel und Gurken geschenkt. Der Mann und seine Frau verkaufen ihr überflüssiges Obst an der Straße. Nötig hätten sie es nicht, sagen sie uns. 30 Jahre haben sie in Deutschland gearbeitet, bekommen nun 2 Rentenüberweisungen im Monat aus Deutschland und können damit echt gut Leben. Sie dachten auch erst wir seinen Flüchtlinge. Da sie Deutsch sprechen, erzählen sie uns ihre Geschichte. Zum Schluss unserer Unterhaltung legen sie uns ans Herz. Nicht alle Türken sind gute Menschen. Wir sollen aufpassen.

                              Nur wenig später bekommen wir mit, dass ein Hündchen von einem PKW überfahren wird. Was mir da sofort in den Sinn kommt, der kleine Kerl hat nicht aufgepasst. Natürlich ist dieser Gedanke falsch, denn der Fahrer hat natürlich nicht aufgepasst. Er hält auch nicht an. Er rast einfach weiter. Nicht alle Türken sind gute Menschen.


                              Ohne Worte

                              Wir überlegen was wir machen können. Gi will den Kleinen zum Straßenrand bringen. Dies funktioniert aber nicht, denn die Hundemutter lässt uns nicht ran. Gi startet einige Versuche, doch keiner führt zum Erfolg. Die Mutter gibt ihr Kind nicht her. Es ist ihr Hunde-Mutter-Revier.
                              Wenn man zu Fuß unterwegs ist, bekommt man gnadenlos mit, was wir Menschen den Tieren alles antun. Fährt man mit einem Auto, dann sieht man natürlich die überfahrenen Hunde am Straßenrand, doch alles was kleiner ist, nehmen die Augen nicht mehr wahr. Besonders viele Schmetterlinge erwischt es. Schlangen, Schildkröten, jede Menge Vögel, Igel, Bienen, Eidechsen, Ameisen, Mäuse und Libellen werden überrollt, werden zermalmt am Autoblech. Zu Zeiten der Karawanen gab es diesen Massenmord noch nicht.
                              Wenn wir Menschen für jedes getötete Tier ein Kreuz am Straßenrand errichten müssten, bräuchten wir keine Leitplanken mehr. Milliarden von Kreuzen würden die Straßenränder säumen.

                              Kurz vor dem Herz von Kappadokien, bezwingen wir eine letzte längere Steigung. Wir lieben die Türkei, doch hassen wir die türkischen Hochland-Straßen, denn der Asphalt ist dort in der Regel ein Gemisch aus viel Kiesel und wenig Teer.


                              Viel Kiesel, wenig Teer

                              Der Belag ist oft so grob, dass man sogar an leichten Gefällen Toyota richtig schieben muss. Bergauf kann es zur Qual werden. Qual bedeutet viel Schweiß, stechen in den Waden, gierig nach Luft schnappen, brennenden Schweiß aus den Augen wischen, gierig Wasser trinken und alle paar Meter eine Zwangspause einlegen. Wir mobilisieren da immer unsere letzten Kraftreserven, zumindest glauben wir es immer in genau diesen Augenblicken voller Anstrengungen. Zum Glück sind es aber nie die letzten Kraftreserven, denn so manche dieser Anstiege haben uns in den letzten Monaten begleitet, verärgert und auch genervt. Bezwungen haben wir sie jedoch alle. Hat man solch einen Anstieg dann irgendwann geschafft, erzwungen, bezwungen, dann spürt man eine Last fallen. Der Lohn sind dann oft plötzlich spürbare Glückshormone, welche den Körper sanft durchströmen. Es sind Gefühle die man nur unzureichend beschreiben kann. Nur wer sie selbst kennt, erlebt hat, kann sie auch wirklich nachempfinden. Bei dieser letzten bezwungen Steigung kommt hinzu, dass wir genau wissen, in 2 oder 3 Tagen wird sich unser Wanderkreis in Göreme schließen. Schließen bedeutet, in Göreme, da wo wir Smily vor über einem Jahr symbolisch beerdigt haben, werden wir unsere Wanderung beenden. An dieser letzten langen Steigung vermischen sich die Glückshormone in ein regelrechtes Hormonfeuerwerk.


                              Die Glückshormone kommen gleich

                              Sollte jetzt noch ein Lager von Toyota brechen, dann werde ich alles auf meinem Rücken bis Göreme schleppen, sage ich in meiner Euphorie zu Gi.
                              Wirklich alles, fragt Gi irgendwie spitz.
                              Natürlich alles. Und wenn ich statt 3 Tage 10 Tage brauchen würde, alles würde ich hinschleppen.
                              Mich auch? Bei dieser unerwarteten Frage lächelt Gi unglaublich und kann die Antwort kaum erwarten.
                              Gi, Toyota wird durchhalten. Also muss ich, musst auch du, nichts schleppen. Da bin ich mir ziemlich sicher. Ich kann dir aber schon jetzt was versprechen. In Göreme wird es 2 Überraschungen geben. Frage aber bitte nun nicht alle 5 Minuten was die Überraschungen sind. In 2 oder 3 Tagen ist es ja soweit.

                              Nicht nur Gi muss sich noch etwas gedulden, denn was die Überraschungen nun wirklich sein werden, erzähle ich nämlich erst im nächsten Teil.

                              Bis dahin,
                              liebe Grüße, von Wi + Gi + Toyota

                              Wanderkilometer bis kurz vor Göreme: ca. 430 km

                              Gesamtwanderkilometer bisher: ca. 5690 km Stand: Anfang August 2015

                              Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                              Gruß, Wi grenzenlos

                              Kommentar


                              • Sternenstaub
                                Alter Hase
                                • 14.03.2012
                                • 3377
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                AW: [TR] Langzeitwanderung

                                Hallo Wi,

                                wie schön, passend zu ein bisserl Zeit für mich finde ich deine letzten beiden Berichte (war ein bisschen eingespannt). Ich mag die Türkei ebenfalls sehr, leider bin ich dort noch nicht wirklich gewandert, außer mal ne Tagestour oder so. Wird aber mit Sicherheit vermutlich ab 2017 nachgeholt.

                                Ich bin schon gespannt, wie die letzten wenigen Tage eurer Wanderung weitergehen (und auch auf die Überraschungen für Gi ), gleichzeitig aber auch ein wenig traurig, weil der Bericht ja logischerweise bald zuende sein muss.
                                Wobei ich mir mühelos nicht vorstellen kann, dass ihr ab dann den Wahlspruch haben werdet bleibe im Lande und nähre dich redlich

                                auf jeden Fall juckt es mich immer enorm in den Füßen, wenn ich hier lese.

                                lg
                                Two roads diverged in a wood, and I—
                                I took the one less traveled by,
                                And that has made all the difference (Robert Frost)

                                Kommentar


                                • Abt
                                  Lebt im Forum
                                  • 26.04.2010
                                  • 5726
                                  • Unternehmen

                                  • Meine Reisen

                                  AW: [TR] Langzeitwanderung

                                  Ich beneide euch etwas um eure Impressionen und den direkten Kontakt mit den Menschen unterwegs. vor allem, das ihr euch mit denen durch Sprachkenntnis auch direkt unterhalten könnt. das ist ein Riesenvorteil gegenüber anderen.
                                  Sicher könnte Gi hier ihre Sprachkenntnisse super anwenden.
                                  Habt ihr eigentlich dort an der Unterführung mal nach Tierspuren gesucht?
                                  Haben nun die gesehenen Augen bläulich oder gelb reflektiert?
                                  Hier noch eine beruhigende Zugabe https://de.wikipedia.org/wiki/Kaspischer_Tiger
                                  Wundern würde es mich nicht all zu sehr. Aber das Terrain passt normal nicht. Im übrigen war in deinem Lesebuch der fünften oder sechsten Klasse so eine jagdgeschichte drin, da ging es um einen Dzulbars und dessen Abschuss.
                                  Also...
                                  Meldet euch wenn ihr zurück seid. Bis dann.
                                  Gruß Abt

                                  Kommentar


                                  • grenzenlos
                                    Dauerbesucher
                                    • 25.06.2013
                                    • 566
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    AW: [TR] Langzeitwanderung

                                    Zitat von Abt Beitrag anzeigen
                                    Sicher könnte Gi hier ihre Sprachkenntnisse super anwenden.
                                    Habt ihr eigentlich dort an der Unterführung mal nach Tierspuren gesucht?
                                    Haben nun die gesehenen Augen bläulich oder gelb reflektiert?
                                    Gruß Abt
                                    Hallo Abt,
                                    nach Aussage von Gi, waren die Augen gelb.
                                    Gi überlegt schon lange, ihre Sprachkenntnisse anzuwenden. Vielleicht klappt es irgendwann

                                    Danke für die Lesetipps.

                                    Ja, nach Tierspuren habe ich geschaut, doch nichts gesehen. Na ja, manchmal geht auch die Fantasie bei Gis nächtlichen Pinkelausflügen mit ihr durch. Jedenfalls haben wir oft mächtig zu lachen

                                    LG, Wi
                                    Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                                    Gruß, Wi grenzenlos

                                    Kommentar


                                    • grenzenlos
                                      Dauerbesucher
                                      • 25.06.2013
                                      • 566
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      AW: [TR] Langzeitwanderung

                                      Zitat von Sternenstaub Beitrag anzeigen
                                      Hallo Wi,
                                      Wird aber mit Sicherheit vermutlich ab 2017 nachgeholt.

                                      Ich bin schon gespannt, wie die letzten wenigen Tage eurer Wanderung weitergehen (und auch auf die Überraschungen für Gi ), gleichzeitig aber auch ein wenig traurig, weil der Bericht ja logischerweise bald zuende sein muss.
                                      Wobei ich mir mühelos nicht vorstellen kann, dass ihr ab dann den Wahlspruch haben werdet bleibe im Lande und nähre dich redlich

                                      auf jeden Fall juckt es mich immer enorm in den Füßen, wenn ich hier lese.

                                      lg
                                      Hallo Sternestaub,

                                      wünsche schon jetzt herrlich Tour in 2017

                                      In wenigen Tagen folgt ein weiterer und somit letzter Bericht von der längeren Wandertour.

                                      Da wir aber noch bis Frühjahr 2016 Zeit haben, werde ich, sofern gewünscht, unsere Tour weiter erzählen. Von der Türkei fliegen wir in ein weiteres interessantes Land. Allerdings werden wir dort nicht die Wanderung fortsetzen. Wir versuchen eine weitere Reiseform.

                                      LG, Wi
                                      Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                                      Gruß, Wi grenzenlos

                                      Kommentar


                                      • dingsbums
                                        Fuchs
                                        • 17.08.2008
                                        • 1503
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        AW: [TR] Langzeitwanderung

                                        Zitat von grenzenlos Beitrag anzeigen
                                        ..., werde ich, sofern gewünscht, unsere Tour weiter erzählen. Von der Türkei fliegen wir in ein weiteres interessantes Land. Allerdings werden wir dort nicht die Wanderung fortsetzen. Wir versuchen eine weitere Reiseform.
                                        Das ist auf alle Fälle gewünscht! Muss mal wieder zwischendurch anmerken, wie gerne ich deine Berichte lese. Neben den Fotos und Erlebnissen selbst genieße ich auch deinen Erzählstil sehr. Ich bin gespannt, was ihr jetzt vorhabt.

                                        Kommentar


                                        • joeyyy
                                          Erfahren
                                          • 10.01.2010
                                          • 198
                                          • Privat

                                          • Meine Reisen

                                          AW: [TR] Langzeitwanderung

                                          Vielen Dank für Euren Bericht, sehr spannend - vor allem, wenn man weiß, dass das ja alles ziemlich aktuell ist.

                                          Die toten Tiere an und auf den Straßen sehe ich auch immer wieder und radel in stummem Beileid vorbei. Ich sehe es dann für mich so: Sie hatten mit großer Wahrscheinlichkeit ein ordentliches Leben in Freiheit und sind (meistens) ziemlich schnell tot, kriegen es vielleicht noch nicht mal mit. Und für den "Mord" fehlt bei den Autofahrern dann ja doch der Vorsatz. Man nimmt es halt in Kauf. Wenn ich in Deutschland oder anderen Ländern an den Mast- und Fleischfabriken vorbeifahre oder mich Tierlaster überholen, in denen Millionen von Tieren für unseren Konsum gequält werden, dann könnte ich schon eher in Versuchung kommen, an Vorsatz oder niedere Motive zu denken.

                                          Na ja, das sind halt so die Gedanken, die einem auf Reisen kommen. Schön, dass Ihr sie auch teilt. Wertvoll für Euch und für uns.

                                          Gruß aus Deutschland

                                          Jörg.
                                          www.gondermann.net
                                          Reisen - Denken - Leben

                                          Kommentar

                                          Lädt...
                                          X