[RU] 3 Wochen Altai-Trekking

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  • willo
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    • 28.06.2008
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    #61
    AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

    Mit ausreichend Russischkenntnissen sollte sich der Trip nur unwesentlich von einem nach Schweden unterscheiden. Ausgenommen die Fahrweise des Nahverkehrs gibt es nichts wofür man besonderen Mut bräuchte
    Meine Fotos ziehen um: http://500px.com/baryt/sets

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    • barleybreeder
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      • 10.07.2005
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      #62
      AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

      Zitat von willo Beitrag anzeigen
      Mit ausreichend Russischkenntnissen sollte sich der Trip nur unwesentlich von einem nach Schweden unterscheiden.
      Na dann kommen meine 10 Jahre Russisch ja vielleicht doch noch mal zum Einsatz..
      Barleybreeders BLOG

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      • willo
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        • 28.06.2008
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        #63
        AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

        Tag 10: 2.8.2010 - Trekkingtag 7


        20100802-Russland Altai von Baryt - Album.de


        Wir bleiben solange in den Zelten, bis gegen 10.00 Uhr endlich der Regen aufhört. Vorher ziehen noch eine Herde Kühe und einige Pferde über unseren Zeltplatz direkt an den Zelten vorbei. Wie gewohnt wird er direkt von starkem Sonnenschein und blauem Himmel abgelöst. Also können wir noch schön unsere Sachen trocknen und uns ausgiebig im klaren Wasser des Flusses waschen. Nach dem obligatorischen Müsli geht es sofort an das Furten des hier wirklich reissenden Flusses. Wie immer extrem kalt und auf Flip Flops ein echter Balanceakt.


        20100802-Russland Altai-4 von Baryt - Album.de



        20100802-Russland Altai-10 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai von Baryt - Album.de


        Nach einem kleinen Aufstieg erreichen wir eine der schönsten Stellen der ganzen Tour: Eine gigantische Hochebene mit feuchten Wiesen und zwei großen Seen. Der Kontrast aus blauem Himmel, grünen Wiesen und weissen Bergen ist einmalig. Dazu treibt der Wind noch strahlend weisse Schönwetterwolken auf der einen Seite, auf der anderen dunkle Regenwolken über den Himmel - wir sind beeindruckt. Als ich für ein Foto (hab ja nur mein Superweitwinkel dabei) etwas näher an den See rangehe, huscht eine wirklich riesige Kreuzotter über meine Schuhe. Ich bin dermaßen perplex, dass an ein Foto nicht zu denken ist. Leider finde ich sie im dichten Gras auch nicht wieder, will aber auch nicht alles zertrampeln.


        20100802-Russland Altai-13 von Baryt - Album.de



        Ich auf Schlangensuche.



        20100802-Russland Altai-18 von Baryt - Album.de


        Die ca. zehn Kilometer langer Ebene ist wirklich ein Fest für Fotografen und wir kommen aus dem Staunen kaum noch raus. Über der Ebene kreisen unzählige junge Steppenadler und ich bereue zum ersten mal auf einer Tour, mein Teleobjektiv nicht dabei zu haben.


        Ich, beim Beobachten eines Adlers.



        Ein Adlerpärchen.



        20100802-Russland Altai-26 von Baryt - Album.de



        20100802-Russland Altai-34 von Baryt - Album.de


        Am Ende dieser Ebene gibt es einen kleinen aber knackigen Aufstieg auf eine weitere Ebene auf der auch der zweite See liegt. Hier treffen wir auch die einzigen beiden Menschen die wir an diesem Tag sehen werden. Es sind zwei schwer bepackte Bergsteiger mit gigantischen Rucksäcken die wohl in Richtung Basecamp unterwegs sind. Autos sehen wir bis zum Ende der Tour überhaupt nicht mehr.


        20100802-Russland Altai-38 von Baryt - Album.de


        An dem hinteren der beiden Seen befindet sich eine verlassene Sommerweide mit einigen Hütten. Vor den meisten Gehöften steht hier ein bearbeiteter Holzpfahl, der wahrscheinlich eine religiöse Bedeutung hatdie uns aber leider verborgen bleibt.


        Religiöser Pfahl? von Kati79 - Album.de


        Bei bestem Sommerwetter machen wir hier unsere Mittagspause und spekulieren über ein Bad im See. Leider wird daraus nichts, da binnen Minuten das Wetter umschlägt und der Himmel komplett zuzieht. Es wird dunkel und kalt. Bei einsetzendem Regen suchen wir in einer der primitiven Hütten unterschlupf und warten ab, bis wenigstens der Regen aufhört und am Himmel wieder etwas Blau zu sehen ist. Leider bleibt das Wetter nicht stabil und nach einigen Kilometern steigen wir auf Regenklamotten um.


        20100802-Russland Altai-39 von Baryt - Album.de



        20100802-Russland Altai-41 von Baryt - Album.de



        Nun geht es bei leichtem Niesel wieder in die Waldzone direkt am Gebirge. Nach einem 200m Aufstieg geht es im Wald sofort wieder steil Bergab. Der nun folgende Abstieg kostet uns 400 Höhenmeter und ist wegen seiner extremen Steilheit eine wirkliche Belastung für unsere Knie.

        Am Ende des Abstiegs wartet wieder der Fluss auf uns, der diesmal sogar über eine rudimentäre Brücke aus Baumstämmen verfügt. Wir beschließen an der Brücke unser Lager aufzuschlagen, da der Platz hier sehr schön ist und es auf der anderen Seite erstmal wieder einige hundert Meter hoch geht. Kaum liegen wir in unseren Zelten fängt es auch wieder stärker an zu regnen, was sich für den Rest der Nacht nicht mehr ändern sollte.

        Tag 11: 3.8.2010 - Trekkingtag 8


        20100803-Russland Altai-2 von Baryt - Album.de


        Am Morgen hört pünktlich zum Aufstehen der Regen auf und das komplette Grau des Himmels wird wieder durch ein sattes Blau ersetzt. Ich wasche sämtliche Klamotten die ich mit habe und lege sie zum Trocknen in die Sonne. Nach einer Stunde sind sie trocken und wir können aufbrechen. Heute wollen wir in ein weiteres Hochtal laufen, in dem laut Karte zwei Gebirgsseen sein sollen.


        20100803-Russland Altai-3 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-5 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-8 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-10 von Baryt - Album.de


        Beim Queren der Brücke sehen wir ein Schild an einem Baum, welches den Service von Igors Cafe anpreist, das nur einen Kilometer entfernt sein soll und Schaschlik und Bier anbietet. Wir wundern uns über ein Café mitten in der Einöde und ziehen weiter in Richtung Berge. Nach einem ordentlichen Anstieg finden wir auf einer kleinen Ebene tatsächlich ein leeres Haus nebst angeschlossener (ebenfalls leerer) Verkaufsbude. Hier gab es wohl einmal den Schaschlik. Nun folgen wir, getreu dem Motto “Nach oben müssen wir sowieso”, einfach dem Trampelpfad auf dem wir uns befinden, obwohl uns Kati darauf hinweist, dass wir laut Karte in eine etwas andere Richtung müssen. Nach einem sehr knackigen Aufstieg endet der Trampelpfad an einem kleinen Stall und einigen Kühen. Hätten wir besser auf Kati gehört.


        20100803-Russland Altai-16 von Baryt - Album.de


        Doch anstatt umzukehren wollen wir lieber einen noch kleineren Pfad nehmen, der vage in die richtige Richtung führt, aber dafür die Höhe hält. Der Pfad wird immer kleiner und treibt uns immer mehr ins Unterholz. Zeitweise verschwindet er ganz. Irgendwann begreifen wir, auch ob der zahlreichen Kuhfladen auf dem Weg, dass dieser nicht von Wanderern mit dem selben Ziel wie wir ertrampelt wurde, sondern von umherstreifenden Kühen. Seis drum, zum umkehren sind wir schon zu weit und vor allem zu hoch. Ausserdem geht der Pfad ja noch weiter und die Richtung stimmt auch ungefähr. Irgendwann erreichen wir den höchsten Punkt der Gegend und stehen auf einem schmalen Kamm. Der Bewuchs besteht hier aus dichtem Unterholz und niedrigem Buschwerk. Spannend ist es für uns allemal, da es sich um einen echten Urwald handeln dürfte, der noch nie in seiner Geschichte irgendeine Art von Forstwirtschaft gesehen hat. Dementsprechend liegen überall umgekippte Bäume in allen Stufen der Zersetzung im Weg und es geht nur sehr langsam voran.


        20100803-Russland Altai-18 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-20 von Baryt - Album.de


        Als wir den Punkt erreichen an dem es in alle Richtungen nur noch steil bergab geht, beschließen wir die Taktik zu ändern und direkt Luftlinie auf den Fluss zuzugehen der aus den beiden Seen entspringt die unser Tagesziel sind und diesen dann entlang zu wandern. Nach einigem Gewühle durchs Unterholz können wir den Fluss bereits hören und nach einer weiteren Kurve stehen wir an einem Abhang und weit unter uns fließt der reissende Gebirgsbach. In Richtung Gebirge gibt es hier allerdings wieder einen kleinen Trampelpfad und das Vorankommen wird etwas einfacher. Bei der ersten Gelegenheit steigen wir zum Fluss hinunter und machen auf einer kleinen Insel im reissenden Strom unsere Mittagspause. Es ist wirklich herrlich hier!


        Am Gletscherbach von Kati79 - Album.de



        Profikocher im Einsatz



        20100803-Russland Altai-26 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-27 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-29 von Baryt - Album.de


        Nach der ausgedehnten Pause geht es wieder kontinuierlich nach oben, immer am Fluss entlang. Irgendwann tauchen wir wieder vollständig in den Wald ein und können den Fluss nur noch hören. Der Weg wird immer steiler und wieder schwieriger zu laufen. Wir kommen an einigen guten Zeltplätzen vorbei, doch uns zieht es nach oben. Als wir schliesslich die Baumgrenze erreichen, wird uns klar, dass es nochmal mindestens hundert Höhenmeter bis zu den Seen werden würden. Carsten fühlt sich nicht wohl und befürchtet das Aufkeimen einer Krankheit und will daher den Aufstieg nicht mehr machen. Kati und ich entledigen uns unseres Gepäcks und nehmen die restlichen Meter nur mit den Kamerataschen als Ballast.


        20100803-Russland Altai-31 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-33 von Baryt - Album.de


        Was wir nun sehen verschlägt uns fast die Sprache. Eingebettet in eine schroffe Berg- und Gletscherwelt liegt ein knallblauer See in der Abendsonne, dessen Grund offensichtlich immernoch aus Eis besteht. Ein wirklich beeindruckender Anblick. Wir steigen nach einer halben Stunde des Verweilens noch weiter bis auf fast 2500 Meter auf und erreichen den zweiten See. Hinter ihm liegt ein gewaltiger Gletscher, dessen Zunge bis vor kurzem wohl noch das schmale Tal, in dem wir uns jetzt befinden, ausgefüllt haben muss. Wir warten noch auf das verschwinden der Abendsonne hinter dem Kamm und kehren dann zu Carsten und dem Gepäck zurück.


        20100803-Russland Altai-34 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-35 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-37 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-40 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-42 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-44 von Baryt - Album.de



        20100803-Russland Altai-45 von Baryt - Album.de


        Als Nachtlager einigen wir uns auf einen der guten Plätze die wir weiter unten gesehen haben. Wir steigen dafür wieder auf 2100 Meter ab, müssen dann aber feststellen, dass der Lagerplatz bereits von einer Gruppe russischer Bergsteiger belegt ist. Diese geben uns aber sofort zu verstehen, dass wir trotzdem auch hier zelten sollen. Sie bieten uns heissen Tee an und interessieren sich für unsere bisherige Wanderroute. Wir zeigen ihnen anhand einer kleinen Karte den groben Verlauf unser bisherigen Tour und die weitere Planung. Da es wieder empfindlich kalt geworden ist, sitzen wir nicht mehr lange am Lagerfeuer, sondern ziehen uns in unsere Zelte zurück. Am Lagerfeuer wird eine Gitarre rausgeholt und noch eine halbe Stunde gesungen. Eine willkommene Abwechslung zum Einschlafen. Musik haben wir uns nämlich aus Gewichtsgründen gespart.

        Tag 12: 4.8.2010 - Trekkingtag 9


        Spuren des Nachtfrostes



        20100804-Russland Altai-5 von Baryt - Album.de


        Ich stehe diesen Morgen recht früh auf und komme mir vor wie in einer Winterlandschaft. Alle Blumen und Gräser sind mit einer recht dicken Schicht Raureif bedeckt und glitzern in der Morgensonne. Leider bestätigt sich die Vorahnung vom Vortag und Carsten ist wirklich krank geworden. Beim Frühstück komme ich erneut mit den russischen Bergsteigern ins Gespräch. Sie wundern sich über unsere “winzigen” Rucksäcke und fragen sich wie man in ein paar Tagen diese Stelle hier erreichen konnte. Als ich ihnen erkläre, dass wir keine Tagesausflügler sind, sondern schon 9 Tage auf Tour sind, können sie es kaum glauben. Allerdings mutet mein 58 l Rucksack gegen ihre 110 l Rucksäcke an die noch einiges außen rangeschnallt ist, tatsächlich winzig an.


        110l Rucksack voll bepackt. Wenn er grün wäre, hätten andere user definitiv keine Schrankwand mehr...



        Kati überlegt ob sie als blinder Passagier das Team wechseln soll


        Die Idee Ausrüstung nach Gewicht und Packmaß zu kaufen, ist ihnen einfach noch nie gekommen. Allerdings schleppen sie auch eine komplette Bergsteigerausrüstung nebst Eisbohrer, Eispickel, Helm und Seilen mit sich rum. In diesem besonderen Fall hatten war sogar eine Gitarre dabei. Zudem gibt es in Russland kein Travellunch zu kaufen, so dass sie eine große Menge Konservendosen dabeihaben und verschiedene Töpfe, die sie übers Feuer hängen können. Wir schenken ihnen noch eine Packung Globi Mousse au Chocolat über die sie sich riesig freuen. Nächstes mal sollten wir definitiv mehr verschenkbare Lebensmittel mitnehmen, da uns überall im Gebirge Tee, Suppe und Schokolade angeboten wurde und wir wegen unserer abgezählten Minimalverpflegung ansich nie die Gastfreundschaft erwidern konnten.


        20100804-Russland Altai-9 von Baryt - Album.de


        Nachdem sich die Russen verabschiedet haben und zum Training für den Aktru zu den Gletschern an den beiden Seen aufsteigen, unternehmen Kati und ich noch einen Ausflug auf einen der umliegenden Berge, während Carsten im Zelt seine Krankheit auskuriert.

        Nach einem harten Aufstieg befinden Kati und ich uns auf einem langezogenen Kamm, der auf der einen Seite nochmal den Blick auf die unten liegen beiden Seen eröffnet und auf der gegenüberliegenden Seite die Sicht auf eine weite Steppenebene freigibt. Leider sind hier oben extrem viele Pferdebremsen und auch einige Mücken anzutreffen, so dass wir bald wieder absteigen. An einem Geröllfeld beobachten wir noch eine Weile einen Altai-Pfeiffhasen bei der Nahrungssuche und erreichen gegen Mittag wieder das Camp.


        20100804-Russland Altai-11 von Baryt - Album.de



        20100804-Russland Altai-14 von Baryt - Album.de



        20100804-Russland Altai-18 von Baryt - Album.de



        20100804-Russland Altai-19 von Baryt - Album.de



        20100804-Russland Altai-21 von Baryt - Album.de



        Das ist ein Altai-Pfeiffhase. Sieht aus wie ein Meerschwein und macht auch ähnliche Geräusche. Er ist aber wesentlich agiler als ein Meerschwein.


        Carsten geht es wieder etwas besser und er fühlt sich fit genug um den Abstieg am Fluss entlang zu wagen.

        Der Abstieg selber ist für mich eher eine Belastung als eine schöne Wanderung. Zum einen sind wir die Strecke ja schon am Vortrag gegangen und zum anderen brennt die Sonne dermaßen stark heute, dass ich davon Kopfschmerzen bekomme. Als wir einen Abzweiger im Fluss erreichen tut sich die Möglichkeit auf, nicht weiter abzusteigen, sondern noch in eine anderes Tal wieder aufzusteigen.


        20100804-Russland Altai-24 von Baryt - Album.de



        20100804-Russland Altai-25 von Baryt - Album.de


        Dazu gilt es allerdings den Fluss komplett zu überqueren. Nach dem balancieren über einige Baumstämme und dem Springen über einige Steine, trennt uns immer noch der Hauptstrom von unserem Ziel und wir beschließen etwas am Fluss entlangzulaufen. Leider findet sich keine geeignete Stelle und irgendwann befinden wir uns wieder auf dem eigentlichen Weg, an unserem ursprünglichen Fluss hinunter. An dieser Stelle kommt uns in den Sinn, dass manch ein Weg im Altai saisonbedingt machbar ist, andere dafür aber nicht. Der Fluss durch den wir wollten, war viel zu tief, zu kalt und zu reißend, als dass wir ihn dort hätten überwinden können. Also beschließen wir erneut an der Brücke von vorgestern zu campen und erreichen diese auch am frühen Abend.


        20100804-Russland Altai-28 von Baryt - Album.de
        Meine Fotos ziehen um: http://500px.com/baryt/sets

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        • Gast-Avatar

          #64
          AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

          Das ist wirklich ein richtig schöner und spannender Reisebericht!
          Ich freue mich schon darauf, die Fotos demnächst mal in groß zu sehen! Hat Carsten auch fotografiert? Ich hoffe doch...

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          • willo
            Administrator

            Administrator
            Lebt im Forum
            • 28.06.2008
            • 9799
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            • Meine Reisen

            #65
            AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

            Danke für das Lob, da macht es doch Spass weiter am nächsten Teil zu schreiben! Carsten hat auch fotografiert, allerdings mit ner kleinen Kompakten.
            Meine Fotos ziehen um: http://500px.com/baryt/sets

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            • Markus K.
              Lebt im Forum
              • 21.02.2005
              • 7452
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              #66
              AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

              Hi Willo,
              sehr feiner Bericht. Weiss jemand um die Bedeutung dieser bearbeiteten Holzpfähle?
              "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur das falsche Fell!"

              -Samson und Beowulf- Als Hunde sind sie eine Katastrophe, aber als Menschen unersetzbar.

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              • flosi79
                Erfahren
                • 19.10.2005
                • 299
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                #67
                AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                Zitat von Markus K. Beitrag anzeigen
                Hi Willo,
                sehr feiner Bericht. Weiss jemand um die Bedeutung dieser bearbeiteten Holzpfähle?
                In der Altai-Region ist der sog. Schamanismus noch sehr verbreitet. Soweit ich mich erinnere hat es etwas mit den Geistern zu tun. Diese Holspfähle stellen eine Verbindung zwischen der realen und der Welt der Geister dar.

                Aber keine Garantie auf 100% Korrektheit!
                Vor Klugheit bläht sich zum Platzen der Blöde.

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                • Gast-Avatar

                  #68
                  AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                  Freue mich ebenfalls schon auf die Fortsetzung

                  Das lesen hält ab den eigenen entlich mal fertig zu stellen

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                  • Ixylon
                    Fuchs
                    • 13.03.2007
                    • 2264
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #69
                    AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                    Zitat von Sternenstaub Beitrag anzeigen
                    Hat Carsten auch fotografiert? Ich hoffe doch...
                    Aber sicher doch. Allerdings wie Heiko schon sagte mit ner kleinen Digiknipse. Es hätte kaum Sinn gemacht, noch eine dritte Spiegelreflex mitzunehmen zumal ich an die genialen Bilder von Heiko und Kati wohl eh nicht rangekommen wäre. Also lieber ne kleine unaufällige Kamera für die Situationen, in denen man die große Spiegelreflex doch lieber nicht rausholt. Die ganzen Bilder bis zum Start in Kurai sind z.B. von mir.
                    FOLKBOAT FOREVER

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                    • willo
                      Administrator

                      Administrator
                      Lebt im Forum
                      • 28.06.2008
                      • 9799
                      • Privat

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                      #70
                      AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                      Tag 13: 5.8.2010 - Trekkingtag 10

                      Da wir nur noch Nahrung für 4-5 Tage haben, gestaltet sich die Planung der nächsten Tage etwas schwierig. Ein Rundkurs ist in der kurzen Zeit nicht mehr machbar, dazu fehlen uns die zwei Tage die wir durch meine und Carstens Krankheit verloren haben. Also beschließen wir noch ein weiteres Tal zu erwandern und die Trekkingtour schon nach dreizehn Tagen enden zu lassen. Dafür würde dann noch etwas Zeit für etwas Backpacking durch die größeren Städte bleiben.

                      Wir brechen am Morgen wieder an der Brücke und der Schaschlikwerbung auf. Diesmal müssen wir aber den höchsten Punkt des Berghanges überwinden. Da kommt es uns sehr zu gute, dass wir mal relativ früh aufgebrochen sind und noch nicht in der prallen Tagessonne laufen.

                      Der Aufstieg ist dermaßen steil, das ich mehrmals innehalten muss, um wieder zu Atem zu kommen. Dafür wird wie zu erwarten die Aussicht mit jedem Meter besser. Nach dem Durchqueren eines kleinen Waldstückes befinden wir uns plötzlich auf der Ebene, die Kati und ich am Vortag bereits von oben gesehen haben.


                      _MG_8769 von Kati79 - Album.de



                      _MG_8787 von Kati79 - Album.de



                      20100805-Russland Altai-13 von Baryt - Album.de


                      Der Himmel bietet heute mit Cirruswolken in allen möglichen Formationen ein ganz besonderes Schauspiel und die Fotoapparate laufen wieder mal heiss. Erneut treffen wir auf eine sehr große Herde wild umherstreifender Pferde und sehen wieder viele Adler. Das Wetter ist jetzt schon seit Tagen stabil und die Sonne brennt gnadenlos. Am Ende der Ebene geht es wieder aufwärts und am höchsten Punkt beschließen wir unsere Mittagspause unter ein paar uralten knorrigen Bäumen zu machen. Im Schatten ist es so kalt, dass wir unsere Jacken anziehen müssen.


                      20100805-Russland Altai-30 von Baryt - Album.de




                      20100805-Russland Altai-9 von Baryt - Album.de



                      20100805-Russland Altai-11 von Baryt - Album.de



                      20100805-Russland Altai-12 von Baryt - Album.de



                      20100805-Russland Altai-16 von Baryt - Album.de


                      Danach geht es weiter auf einem recht ausgetretenen Pfad erneut in Richtung Berge. Wir treffen eine Gruppe Russen die mit Packpferden unterwegs sind und im Schatten der Bäume eine Rast machen. Auf einem kleinen Hochplateau treffen wir einen Fotografen mit Trekkingrucksack und Stativ. Wir kommen kurz ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass er der Betreiber der Fotoseite ist, die wir zur Planung der “must have” Sehenswürdigkeiten herangezogen haben. Leider ist sein Englisch so schlecht, dass ich ihm das nicht so ganz klar machen kann - er hätte sich sehr gefreut. Da er mir aber seine Karte gibt, werde ich ihm das per Mail schreiben.


                      20100805-Russland Altai-21 von Baryt - Album.de



                      20100805-Russland Altai-33 von Baryt - Album.de



                      20100805-Russland Altai-36 von Baryt - Album.de


                      Auf einem Stein sitzend treffen wir noch ein älteres Ehepaar die mit Hanfseilen und einem Eispickel mit Stil aus Holz ebenfalls ins Gebirge unterwegs sind. Der Mann zeigt uns, wo zwischen den schneebedeckten Berge, der höchste der Region liegt.


                      _MG_8811 von Kati79 - Album.de



                      20100805-Russland Altai-39 von Baryt - Album.de



                      20100805-Russland Altai-41 von Baryt - Album.de


                      Dort wo er sitzt, befindet sich ein Pfahl, der mit jeder Menge Fetzen vollgehängt ist. Diese Stelle sieht fast aus, wie ein Eingang in die Bergwelt. Die meisten Menschen, die wir hier treffen, müssen einen Ein- oder Zeitagesmarsch von Chibit hinter sich haben, um hier anzukommen. Die Kulisse, die sich uns hier eröffnet ist wirklich großartig. Eine sumpfige und daher blumenreiche Ebene, die bestimmt einen Durchmesser von 5 km hat. Sie ist umgeben von Bergen. Große Grüne sind dabei, schneebedeckte und hohe Kämme. An Anblick, an dem man sich nicht sattsehen kann.Wir orientieren uns wieder am Fluss und steigen in Richtung Tal ab. Leider schaffen wir es erneut nicht eine geeignete Stelle zum überqueren des Flusses zu finden und wandern ihn somit an der “falschen Seite” entlang. Da sich hier aber ein gut ausgetretener Pfad befindet, waren wir in diesem Jahr sicher nicht die ersten, die diese Route gewählt haben. Wir finden trotzdem eine Stelle zum Campen und nehmen sogar ein Bad im Fluss - aufgrund der Kälte recht schmerzhaft, aber das Wasser ist herrlich klar. Und weil wir von 9 Uhr morgens bis 18.30 Uhr in knalliger Sonne, ohne eine Wolke, fast ohne Bäume, bergauf und bergab gelaufen sind, ist die Erfrischung und Abkühlung im Wasser sehr entspannend. Obwohl sich hier bereits eine Feuerstelle befindet, ist dieser Lagerplatz der wildeste der ganzen Tour. Kurz vor uns müssen andere Wanderer diesen Platz erst geschaffen haben. Das Gestrüpp auf dem wir zelten, bäumt sich allerdings noch leicht auf und ist wahrscheinlich bisher nur ein oder zweimal zum Zelten benutzt worden. Fünf Meter neben uns rauscht der Gebirgsbach entlang und die Lautstärke erinnert stark an ein Wasserkraftwerk. Hier huschen auch ab und zu Mäuse am Ufer entlang.


                      Harter Opinel Survival Einsatz!


                      Am Abend kam dann noch der große Moment an dem ich zum ersten mal während der letzten drei Touren mein Opinel zum Einsatz bringe! Ich entferne von einem Stück Holz die Rinde und baue daraus eine adäquate Bank. Somit kann ich als einziger im Sitzen essen, ohne mir die Hose dreckig zu machen - was für ein Erfolg für mich und mein Messer. Der Gedanke, nächstes mal ohne Messer loszugehen, wird natürlich sofort verworfen.


                      20100805-Russland Altai-45 von Baryt - Album.de



                      20100805-Russland Altai-48 von Baryt - Album.de



                      Meine komplette Ausrüstung


                      Tag 14: 6.8.2010 - Trekkingtag 11

                      Nach dem Frühstück gehen wir wieder ein Stück den Fluss hoch und zweigen an der Stelle wo wir gestern den Fotografen getroffen haben in Richtung Chibit (dem Ende unserer Tour) ab.


                      _MG_8828 von Kati79 - Album.de



                      Eine Reisegruppe mit Pferden auf dem Weg in die Berge hinein



                      20100806-Russland Altai-11 von Baryt - Album.de


                      Faszinierend ist dann noch eine Wolkenformation, die sich genau in der optischen Achse mit einem Berg befindet, so dass das ganze an einen Vulkan erinnert.


                      20100806-Russland Altai-3 von Baryt - Album.de



                      20100806-Russland Altai-5 von Baryt - Album.de


                      Das nun folgende Stück sollte ansich laut Karte ein Pfad entlangführen, der ist aber kaum noch erkennbar und anscheinend seit Jahren nicht mehr begangen worden. Wir hoffen innerlich, dass es dafür keine gewichtigen Gründe gibt. Ein vorstellbarer Grund ist zumindest die immense Anzahl von Pferdebremsen die uns auf diesem Stück begleitet. Wir bewegen uns an einer sumpfigen Hochebene entlang, an deren Rändern das Wasser herausgepresst wird und kleine Bäche bildet. Das feuchte Gelände ist artenreich an Pflanzen und Insekten. Zum ersten mal auf dieser Tour lege ich etwas Eau de Autan auf und habe zumindest temporär meine Ruhe. Katis blauer Rucksack scheint sie jedoch magisch anzuziehen und zeitweilig lassen sich darauf bestimmt 50 Exemplare ein Stück mitnehmen.


                      _MG_8847 von Kati79 - Album.de


                      Da am Horizont über den Bergen dunkle Wolken aufziehen, entscheiden wir, einen Tag früher als geplant den Abstieg anzutreten. Ansonsten müssten wir direkt in die Gewitterwolken hineinlaufen, um noch eine neue Gegend entdecken zu können.


                      Blick nach hinten



                      Blick nach Vorne - von der selben Position


                      Nach einigen Kilometern müssen wir laut Karte genau zwischen zwei Gipfeln hindurch und dann in ein Tal absteigen. Leider befindet sich der Pass nicht auf unserer Höhe, sondern ungefähr 200 Meter über uns. Aufgrund der Bremsenplage renne ich den Berg förmlich nach oben und komme zwanzig Minuten vor den anderen beiden und völlig erschöpft oben an. Der Pass ist eine wunderschöne Ebene mit herrlicher Aussicht in zwei Richtungen und fast bremsenfrei. Wir machen hier oben unsere Mittagspause und ruhen noch etwas aus.


                      Carsten trocknet sein zelt im Wind



                      20100806-Russland Altai-19 von Baryt - Album.de



                      20100806-Russland Altai-21 von Baryt - Album.de


                      Dann ist der Zeitpunkt gekommen, das Hochgebirge endgültig zu verlassen und nur noch abzusteigen. Es geht sehr steil durchs Unterholz nach unten und über einige recht schön anzusehende Feuchtwiesen, die aufgrund ihrer Insektenfülle nicht zum Verweilen einladen. An einigen Stellen geht es sehr steil bergab. Der Weg ist fast nicht erkennbar. Es sieht an vielen Stellen so aus, als wären wir die Ersten, die in diesem Sommer hier langgelaufen sind. Nach einem weiteren mal Furten stehen wir plötzlich auf einem recht breiten Weg - es gibt also noch eine zweite Möglichkeit zum Abstieg zu gelangen, wahrscheinlich ohne vorher nochmal ordentlich aufzusteigen. Seis drum. Von nun an geht es durch den Wald immer an einem Bach entlang und steil nach unten, insgesamt werden es ungefähr 600 m. Gegen Abend erreichen wir einen schönen Lagerplatz direkt am Wasser und bauen unser Lager auf. Hier treffen wir auch wieder auf ein paar andere Wanderer die uns entgegen kommen und hier rasten. Auch Pferdetouren kommen hier vorbei.


                      20100806-Russland Altai-22 von Baryt - Album.de



                      Tag 15: 7.8.2010 - Trekkingtag 12


                      Der vorletzte geplante Wandertag bricht an. Für heute ist der Rest des Abstieges in Richtung Chibit dran, um von dort aus weiter in Richtung Aktasch zu gelangen. Nach einer weiteren Nacht im Zelt, an noch unklarer Stelle, würde uns von Aktasch früh um sieben der Bus Richtung Gorno-Altaisk bringen - so der Plan.

                      Erstmal geht es nach dem Frühstück jedoch in einem ständigen Auf und Ab weiter nach unten. Der Weg ist jedoch durch Pferde komplett zerstört und von tiefen Matschfurchen durchzogen. Ein Ausweichen zur Seite ist auch kaum möglich, da die Pferde auch schon auf diese Idee gekommen waren und der Waldboden teilweise auf zehn Meter breite zerstört war. Wir beginnen zu begreifen, dass ein Verbot von Pferden (so wie in deutschen Wäldern) durchaus seine Berechtigung hat.


                      20100807-Russland Altai-2 von Baryt - Album.de



                      20100807-Russland Altai-3 von Baryt - Album.de



                      20100807-Russland Altai-4 von Baryt - Album.de



                      20100807-Russland Altai-6 von Baryt - Album.de


                      Irgendwann verlassen wir den Wald und haben nach einer leichten Kurve einen beeindruckenden Blick auf Chibit. Zwischen uns und dem Dorf ist aber ein riesiger Fluss und wir werden auf eine Brücke angewiesen sein. Erstmal müssen wir aber noch einige hundert Meter weiter absteigen. Die nächsten Kilometer entfernen wir uns wieder von Chibit und laufen den Fluss in der “falschen” Richtung entlang, da hier auf der Karte eine Brücke eingezeichnet ist. Der nicht zu verhindernde Umweg ist ca. 5 bis 6 km lang. Nach überqueren der Brücke müssen wir auf der anderen Seite des Flusses wieder die ganze Strecke zurück laufen, immer entlang der M52 - der einzigen Strasse durch die Republik Altai. Die Sehnsucht nach frisch gegrilltem Schaschlik und einem gekühlten Getränk mit Kohlensäure (wir haben alle unterschiedliche Vorlieben), treiben uns voran.


                      20100807-Russland Altai-8 von Baryt - Album.de



                      20100807-Russland Altai-12 von Baryt - Album.de



                      20100807-Russland Altai-15 von Baryt - Album.de



                      20100807-Russland Altai-16 von Baryt - Album.de


                      Nach einem Gewaltmarsch unter der sengenden Sonne landen wir schliesslich an einer Bushaltestelle am Rande von Chibit. Das dort wartende Pärchen behauptet, dass heute noch ein Bus in Richtung Gorno Altaisk ankommen würde. Wir können das nicht so richtig glauben, weil es schon fast 15 Uhr ist und der Bus auf der Hinfahrt, in halsbrecherischer Fahrweise, fast 7 Stunden gebraucht hat. Er würde dann entgegen unseren bisherigen Erfahrungen mitten in der Nacht in Gorno Altasik ankommen. Wir kommen jedoch nicht dazu das näher zu hinterfragen, denn plötzlich hält ein schrottreifer Lada an der Bushaltestelle, vollgepackt bis auf den Dachgepäckträger mit Leuten, die offensichtlich mit Gepäck in die Berge wollen. Der Fahrer gibt sein Auto als Taxi aus und verspricht eine Fahrt nach Gorno Altaisk in fünf Stunden. Er bittet uns 10 Minuten zu warten, weil er seine Fahrgäste in Aktash ausladen und dann zurückkommen will.

                      Nach kurzem Überlegen siegt bei uns die Aussicht auf eine Nacht im Hotel und eine warme Dusche. Ausserdem würden wir einen weiteren Tag gewinnen. Als Fahrpreis wurde sich auf 3000 Rubel geeinigt (ca. 75 € für alle zusammen und 360 km) und es ging auch schon los. Der Fahrer fuhr wie der Henker und ich hatte Angst um mein Leben. Er fuhr grundsätzlich 30-40 km/h zu schnell und überholte ohne Beachtung der Streckensituation oder des Gegenverkehrs. Bemerkenswert war auch, dass die anderen Verkehrsteilnehmer - nicht wie zum Beispiel in der Türkei, wo alle wie die Berserker heizen - völlig normal fuhren.


                      _MG_8873 von Kati79 - Album.de


                      Die Frontscheibe des Ladas war im Vergleich zu den Rissen, die wir bisher an den Frontscheiben von Bussen gesehen hatten, nicht nur ein Riss, sondern eine Netzspinne. Auf der Beifahrerseite konnte man kaum noch nach vorn sehen, weil sie so zerhackt war. Bei der ein oder anderen Bodenwelle knackte es verdächtig. Aber nun wissen wir, dass weder Steinschlag oder Risse in der Frontscheibe dazu führen, dass man irgendwann mit der Scheibe im Gesicht dasitzt. Als wir auf Höhe Tshemal vorbeifahren, ist es wie auf einem Jahrmarkt. Sehr viele Autos und Menschen. An den Ufern des Katun ist alle 50 m ein Zelt aufgebaut, neben dem ein Auto mit offener Gepäckluke steht aus der Bierbüchsen gucken. Es ist nicht das, was man als Naturliebhaber sucht.

                      Nach fünf Stunden finden wir uns wie versprochen am Busbahnhof von Gorno-Altaisk wieder. Hier nimmt uns gleich der Rest der Taxifahrermeute in Empfang und will uns diverse Anschlussfahrten andrehen. Wir gehen aber lieber in Richtung des Hotels, in dem wir auf der Hinreise übernachtet haben. Dort werden wir aber gleich wieder mit der typisch russischen Mischung aus absoluter Unfreundlichkeit und Sturheit konfrontiert, die wir in den Städten bisher erlebt hatten. Im Hotel teilte man uns kurzerhand mit, dass die Einzelzimmer keine Dusche hätten (wissen wir ja schon von der Hinreise) und man uns deshalb keines vermieten würde. Uns wurde lediglich die Version Doppelzimmer mit Schlafcouch angeboten. Es half alles nichts, wir mussten das Hotel, das offensichtlich komplett leer war, wieder verlassen und uns ein anderes suchen.

                      Da die Hotels aus dem Lonely Planet nicht mehr existieren, nicht auffindbar sind oder 4 km zu Fuß an der Hauptstraße weg vom Zentrum sind, irren wir etwas in der Stadt herum und finden schließlich ein anderes Hotel in einem riesiegen Plattenbau gegenüber der zentralen Lenin-Statue.


                      _MG_8891 von Kati79 - Album.de


                      Hier wollte man uns an der Rezeption schon fast wieder abblitzen lassen, bis man feststellte, dass wir deutsch sprechen - eine Sprache der auch die Dame an der Rezeption des Hotel “Tourist” mächtig ist. Also nehmen wir wie gewohnt ein Einzelzimmer ohne Dusche und die einzige Suite (Einzige Möglichkeit auf eine Dusche im Zimmer). Das Hotel selbst sieht von innen so aus wie ich mir als unbedarfter Wessi das Stasi-Gefängnis in Bautzen immer vorgestellt habe. Wir ahnen schlimmes und schließen unser Zimmer auf; erleben dann jedoch eine Überraschung: das Zimmer ist im tadellosen Zustand und das Bad nagelneu. Auch Carstens Einzelzimmer ist in gutem Zustand, strahlt jedoch den Charme vergangener Sowjetzeiten aus.


                      20100808-Russland Altai-2 von Baryt - Album.de



                      20100808-Russland Altai-3 von Baryt - Album.de


                      Wir versorgen uns noch im nahegelegenen Einkaufszentrum mit etwas Essen und dem lang ersehnten Erfrischungsgetränk und fallen hundemüde in unsere Betten.
                      Zuletzt geändert von willo; 16.05.2011, 19:58.
                      Meine Fotos ziehen um: http://500px.com/baryt/sets

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                      • Skysurfer
                        Erfahren
                        • 19.04.2009
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                        #71
                        AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                        Ein wunderbarer Reisebericht bisher! Kann das Finale kaum abwarten! Weiter so!

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                        • elaso
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                          Fuchs
                          • 02.05.2007
                          • 1163
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                          #72
                          AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                          Witzige Autofahrt!

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                          • willo
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                            AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                            Tag 16: 8.8.2010 - Ruhetag

                            Nach dem Aufstehen und einem Frühstück aus dem Einkaufszentrum erkunden wir die leider recht langweilige Stadt. Unser Tagesziel, Turnschuhe zu besorgen, die in den kommenden Tagen die Wanderstiefel ersetzen sollen, rückt in weite Ferne. Wir laufen in Flip Flops und Sandale mehrere Kilometer weit die zwei großen Straßen rauf und runter. Es ist zum verrückt werden: In allen Schuh- und Sportläden gibt es exakt die selben Schuhe. Super schlecht gefälschte Markenschuhe von absolut gruselieger Qualität. Unter anderem Goretex Proshell Schuhe mit Adidas Logo im Asics Look. Ich kaufe irgendwann notgedrungen ein Paar. Leider ist der Laufkomfort schlechter als in meinem Flip Flops, aber immerhin bin ich raus aus den Stiefeln.


                            20100808-Russland Altai-8 von Baryt - Album.de



                            20100808-Russland Altai-9 von Baryt - Album.de



                            20100808-Russland Altai-13 von Baryt - Album.de



                            Da wir noch einige Tage bis zum Rückflug haben, planen wir für den nächsten Tag die Fahrt zum See Teletzkoe der uns von mehreren Russen als eine der besten Destinationen im Altai empfohlen wurde. Der Teletzkoe soll der kleine Bruder des Baikal sein. Er ist ca. 50 km lang und hat einen Knick am oben Ende. im Winter friert er nicht zu und im Sommer soll er bis zu 20 Grad Wassertemperatur haben. Laut Reiseführer gibt es an seinem nördlichen Ende eine Turbaza (ein Art Feriendorf), bei der man zelten und deren Infrastruktur nutzen kann. Wir träumen uns in einsame Badebuchten an strahlend türkisem Wasser.


                            Busbahnhof von Gorno Altaisk - Finde den Fehler...



                            20100808-Russland Altai-21 von Baryt - Album.de



                            20100808-Russland Altai-22 von Baryt - Album.de



                            20100808-Russland Altai-24 von Baryt - Album.de



                            Tag 17: 9.8.2010 - Transfer zum See Teletzkoe

                            Donner und das Plärren einer Werbeanzeige vor dem Hotel, reißen uns uncharmant aus dem Schlaf. Früh Morgens verlassen wir das Hotel und gehen in Regenklamotten zum Busbahnhof, da es mittlerweile stark regnet. Dies ändert sich auch während der elendig langen (7 h) und über bucklige Nebenstraßen führenden Busfahrt nach Artybash nicht. Sie gleicht eher einer Schifffahrt als einer Busfahrt. Es gibt sehr viele enge Kurven, die den Bus in rhytmisches Schaukeln versetzen. Dafür treffen wir im Bus einen Schweizer Tourenradfahrer mit seinem kleinen Sohn, der 500 km Radtour durch den Altai hinter sich hat und ebenfalls noch mal zwei Tage an den großen See möchte. In der einen langen Pause und während der Fahrt tauschen wir unsere Erfahrungen aus. Als wir an der Endhaltestelle in Iogasch (andere Seeseite als geplant) ankommen, sind wir eine Art Schiksalsgemeinschaft und beschließen erstmal gemeinsam im Regen nach einer Unterkunft zu suchen.


                            20100809-Russland Altai-3 von Baryt - Album.de



                            20100809-Russland Altai-2 von Baryt - Album.de



                            20100809-Russland Altai-6 von Baryt - Album.de


                            Wir wollten zwar zelten, aber aufgrund des immer noch regnerischen Wetters würden wir auch ein Hotel nehmen. Wir laufen zunächst von Iogasch nach Artybash über die Brücke, die den Anfang des See Teletzkoe markiert. Im Wasser kann man noch die verottenden Pfeiler einer alten Brücke erkennen. Durch den Regen sieht es hier eher unspektakulär aus, fast dreckig. An so gut wie jedem Haus hängt ein Schild, das die Vermietung von einem Zimmer oder einem ganzen Haus anpreist. Da immer nur Telefonnummern als Kontakt ausgewiesen sind und unsere Begleiter aus der Schweiz genauso wenig Russisch sprechen wie wir, müssen wir so lang laufen, bis wir was finden, was man mit Händen und Füßen buchen kann. Nach einer recht langen Laufstrecke durch den gesamten Ort finden wir am anderen Ende ein Hostel, das noch zwei Zimmer frei hat - die Hotels sind ausgebucht. Die Zimmer sind einfach eingerichtet aber in gutem Zustand und kosten fast nichts. Nach einer Mahlzeit (wie bisher immer aus der Mikrowelle) in einem Café, was mehr nach einer Kantine aussah, fotografieren wir noch die melancholisch, düstere Stimmung am See und gehen schlafen. Wir verabreden uns lose für den nächsten Tag zu einer Bootsfahrt auf dem See.


                            20100809-Russland Altai-10 von Baryt - Album.de



                            20100809-Russland Altai-11 von Baryt - Album.de



                            _MG_8912 von Kati79 - Album.de



                            Tag 18: 10.8.2010 - Am See Teletzkoe

                            Leider ist das Wetter auch an diesem Morgen nicht besser - Regen. Wir nehmen erstmal ein Frühstück im Hostel ein, zu dessen Bestellung uns die nette Herbergswirtin kurzerhand alle angebotenen Speisen auf ein Tablett stellt und uns per Fingerzeig wählen lässt - eine absolute Ausnahme bisher. Nach Pfannkuchen und Omlett erkunden wir zusammen mit den Schweizern die Umgebung. Leider scheinen wir einen anderen Geschmack zu haben als unsere russischen Tippgeber. Die Gegend ist eher schlicht bis hässlich und von dutzenden Buden die aller Art Neppes aus chinesischer Produktion verkaufen: vom Traumfänger mit Apachen-Foto in der Mitte bis zum Potenztee findet sich hier jede denkbare Art Schrott. Am Seeufer dann noch ein paar Bierbuden mit lauter Techno-Musik. Hinter den Buden gelangt man zur ehemaligen Turbaza. Der Charme vergangener Zeiten umweht uns, vermengt mit Nieselregen. Es gibt ein paar Zelte, aber die Turbaza ist geschlossen.


                            Die Turbaza



                            20100810-Russland Altai-3 von Baryt - Album.de



                            20100810-Russland Altai-4 von Baryt - Album.de



                            20100810-Russland Altai von Baryt - Album.de


                            Man kann eine Baustelle sehen auf der neue Fereinhäuser als Holz entstehen. Eine Batterie von Plumpsklos mit kaputten Türen säumt den Weg und so langsam sammelt sich eine Rotte von herrenlosen Kötern um uns, die wohl auf Futter hoffen.

                            Die Bootstour fällt auch aus, da der Vermieter einen absolut abenteuerlichen Preis verlangt, den wir nicht bereit sind zu bezahlen (3500 Rubel für 2 Stunden, das wären fast 90 €). Das Wetter ist auch viel zu schlecht dafür. Also schlagen wir irgendwie die Zeit tot und harren dem Abend entgegen. Aber nicht ohne uns frisch gegrillten Schaschlik zu gönnen. An einem Kiosk sitzen drei Verkäuferinnen. Eine recht junge hat sich die Haare grau gefärbt. Ein stark angetrunkener Mann erzählt uns mehrere Minuten irgendwas auf Russisch. Es ist nicht das Ferienparadies, das wir uns erträumt hatten. Wir schlendern am Seeufer zurück zu unserer Herberge. An einer Stelle kann man sich anseilen und von einer Anhöhe aus ca. 100 m Strecke ans Seeufer an einem Seil runtersausen. Diese Attraktion fesselt uns für fast 5 Minuten.

                            Das Abendessen nehmen wir in der Küche unserer Herberge ein. Diesmal ist es etwas komplizierter. Wir versuchen der Speisekarte grobe Richtungen zu entlocken. Ich versuche irgendwas mit Fleisch zu finden. Die Küchenfrau nimmt uns die Entscheidung ab, zeigt mit dem Finger auf ein paar Sachen. Serviert bekommen wir, wie in den letzten Tagen häufiger, eine Boulette mit Kartoffelbrei. Diesmal heißt sie nicht Beefsteaki, sonder Kotletta. Wir trösten uns über die einseitige Ernährung damit hinweg, dass wir am kommenden Tag in Barnaul sicher einer größeren Auswahl an Speisen gegenüberstehen werden. Als die beiden Schweizer kurz nach uns Essen, gehen sie direkt in die Küche, lassen sich durch einen Blick in den Kühlschrank die Vielfalt der Vorräte zeigen und bekommen Geflügel mit Reis.

                            Nach ein paar Runden Skat gehen wir zeitig ins Bett, da wir früh um 7 Uhr den Bus nach Barnaul bekommen möchten, um diesen skurrilen Ort verlassen zu können.
                            Zuletzt geändert von willo; 20.09.2010, 21:56.
                            Meine Fotos ziehen um: http://500px.com/baryt/sets

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                              • 28.06.2008
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                              #74
                              AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                              Tag 19: 11.8.2010 - Nach Barnaul

                              Kurz nach dem Start der Fahrt stellen wir mittels GPS fest, dass der Bus nicht etwa den direkten Weg nach Barnaul nimmt, sondern statt dessen den gigantischen Umweg über Gorno-Altaisk. Und das obwohl 40 Minuten vorher ein dedizierter Bus nach Gorno Altaisk abgefahren ist. Die Busfahrt selbst ist der reinste Horrortrip. Der Busfahrer heizt wie ein Besenkter über die schlechte und kurvige Strasse. Das Mädchen vor mir kotzt die gesamte Fahrt permanent in eine Tüte und während der Fahrt muss der Bus sogar anhalten, damit eine alte Frau sich am Strassenrand übergeben kann.

                              Nach fast neun Stunden erreichen wir am Nachmittag Barnaul. Wir checken wieder im selben Hotel wie bei der Hinfahrt ein, verzichten aber auf das Frühstück. Die Zimmerkategorie wird uns wieder zugewiesen und auch auf explizite Nachfrage dürfen wir sie nicht wechseln.

                              Nach einer kleinen Pause im Zimmer, wollen wir noch etwas essen gehen. Wir entscheiden uns für ein Pizza- und Burgerrestaurant in unmittelbarer Nähe, damit die Wahrscheinlichkeit, etwas anderes als Boulette zu bekommen, steigt. Das Essen ist grauenhaft. Die Pommes zum Burger sind eiskalt, so als wären sie vor Stunden in der Friteuse gewesen. Der Burger dazu wird in der Mikrowelle erhitzt. Kati hat es besser getroffen. Sie hat sich für etwas entschieden, das wie ein großer Teigtaler aussieht. Der wird frisch zubereitet und kommt heiß auf den Teller. Nach dieser Niederlage gönnen wir uns noch ein Eis aus dem Supermarkt.

                              Während die anderen beiden zurück ins Hotel gehen und ausspannen, mache ich mich auf die Suche nach einem Internetcafé. Auf einem düsteren Hinterhof werde ich fündig. Die große Gruppe Jugendlicher vor der Tür ist mir zunächst “wenig aufgeschlossen” gegenüber. Als mich jedoch nicht von ihnen abhalten lasse und mir den Weg nach Innen bahne und sie merken das ich Ausländer bin, werden sie auf einmal extrem höflich und regeln Bezahlung und Platzwahl für mich. Vor allem dafür dass sie mit einer mir unbekannten Tastenkombination auf lateinisch umstellen, bin ich ihnen sehr dankbar.

                              Tag 20: 12.8.2010 - Barnaul


                              Da wir am nächsten Tag zwingend nach Novosibirsk fahren müssen, ziehen wir Katis morgigen Geburtstag um einen Tag vor und ich erkunde mit ihr zu zweit Barnaul. Bis auf ein sehr leckeres frühstück in einer Blini-Bar, gibt es hier leider kaum etwas zu erkunden. Die Stadt ist recht langweilig und in fast allen Läden schlägt uns Unfreundlichkeit, gepaart mit offener Fremdenfeindlickeit entgegen. In einem Buchladen dreht sich die Verkäuferin einfach weg als ich sie auf Englisch anspreche. Eine zweite sagt uns in gutem Englisch das sie kein Englisch spreche als wir sie nach “English books” fragen.

                              Wir erkunden riesige Märkte auf denen es alles zu kaufen gibt, was man für das tägliche Leben braucht. Auffallend ist aber auch hier, dass es an hunderten Ständen exakt die selben Sachen zu kaufen gibt. Die absolute Mehrheit der Produkte sind super minderwertige, gefälschte Sportklamotten.

                              Wirklich verwundert sind wir, als der Besitzer eines kleinen Imbisses bemerkt, dass wir kein russisch sprechen und anstatt uns zu ignorieren oder wegzuschicken eine englische Speisekarte hervorzaubert - absolut verblüffend. Das Essen ist trotzdem wieder aus der Mikrowelle, inkl. der Pommes Frittes.

                              Nach ca. 10 km Fussmarsch in den neuen Schuhen, die sich wirklich nur wie Gummi unter den Füßen anfühlen, sind wir fußlahm und wollen die Straßenbahn zurück zum Hotel nehmen. Das Ticket kauft man in der Straßenbahn bei einer Frau, die ausschließlich dafür zuständig ist, Tickets zu verkaufen. Wir sind gespannt, ob wir das Hotel aus der Bahn heraus erkennen und wie die einzige große Straße aussieht, die wir noch nicht entlanggelaufen sind. Nach drei oder vier Stationen sehen wir ein Einkaufszentrum aus den Augenwinkeln, in dem sich ein Nike-Store befindet. Wir entscheiden uns, nochmal auszusteigen, weil wir die Hoffnung auf ein paar bequeme Schuhe noch nicht aufgegeben haben.

                              Das Einkaufszentrum ist modern und es gibt hauptsächlich westliche Mode zu kaufen - zu fast westlichen Preisen. Dementsprechend herrscht hier gähnende Leere, da kaum jemand sich hier diese Produkte leisten kann. Als wir den Nike-Store betreten stürzen sich sofort alle fünf Verkäuferinnen auf uns als die einzigen Kunden, verschwinden jedoch sofort wieder als sie merken das wir nicht aus Russland sind. Eine Verkäuferin spricht jedoch Englisch und wir führen ein recht nettes Gespräch mit ihr. Mit einem neuen Paar Nike-Airs die ich direkt anbehalte verlasse ich den Laden.

                              Abends gehen wir noch im einzigen in ganz Barnaul entdeckten Restaurant (also etwas mit einem echten Koch und essen nicht aus der Mikrowelle) etwas essen. Leider ist man auch hier Fremden gegenüber eher feindselig eingestellt und nimmt gewohnt mürrisch unsere Bestellung von der russischen Karte entgegen. Man weist mich auch nicht darauf hin, dass ich zum abgebildeten Fleisch keine Beilage bestellt habe und serviert es dann halt komplett ohne. Wir finden das mittlerweile aber witzig erfreuen uns an dem sehr guten Essen.

                              Tag 21: 13.8.2010 - Von Barnaul nach Novosibirsk

                              Nach einem wirklich leckeren Frühstück in der Blini-Bar (Pfannkuchen Bar) gehen wir zum Busbahnhof und kaufen die Busfahrkarten nach Novosibirsk. In Novosibirsk fahren wir dann wieder mit dem Taxi vom Bahnhof zum Busbahnhof - diesmal für 300 Rubel anstatt für 500 Rubel, was immernoch Betrug ist. Von dort aus soll es mit dem Bus weiter zum Flughafen gehen, doch leider wissen wir nicht genau von wo der Bus fährt. Das Nachfragen auf dem Busbahnhof wird zum absoluten Geduldsspiel, da auch Jugendliche, die definitiv Englisch in der Schule haben, nicht mit uns reden wollen. Schliesslich bringen wir dann doch in Erfahrung, dass wir direkt an der Richtigen Haltestelle stehen und steigen irgendwann auch in den richtigen Bus ein.

                              Am Flughafen gehen wir direkt in das Hotel am internationalen Terminal. Selbst hier spricht erst niemand Englisch und wir werden wirsch in eine Ecke gewiesen, um dort auf jemanden zu warten, der Englisch spricht. Man ist offensichtlich genervt von den Ausländern. Irgendwann kommt die besagte Mitarbeiterin, die sich aber erstmal demonstrativ eine viertel Stunde um den Drucker kümmert bevor sie in extrem unhöflichem Tonfall fragt, was wir denn wollen. Als Kati und ich ein Doppelzimmer verlangen fragt sie tatsächlich ob wir denn auch verheiratet sind. Ich lache sie aus, was ihre Laune nicht gerade steigert. Wieder beginnt das minutenlange Kopieren aller Seiten in unseren Pässen. Alle Registrierungen werden ebenfalls kopiert. Pro Person kommen da leicht 5 bis 10 Minuten zusammen. Als man uns dann auch noch mitteilt, dass hier keine Kreditkarten akzeptiert werden, muss ich erneut laut loslachen, so surreal ist die Szenerie. Wir bekommen schliesslich, nachdem Kati im Terminal Bargeld gezogen hat, unsere extrem luxeriösen und überteuerten Zimmer die wir für 12 Stunden gemietet haben und nehmen noch schnell ein absolut schäbiges Mikrowellenessen in dem zum Hotel gehörigen Imbisszelt ein.

                              Tag 22: 14.8.2010 - Rückflug über Moskau

                              Der Tag an dem wir in der Schlange standen. Da wir dicht am Terminal übernachtet haben, kommen wir relativ spät zum Flughafen und müssen uns an eine lange Schlange anstellen. Diese erste Schlange wird eine knappe Stunde unserer Lebenszeit kosten. Die nächste endlose Schlange wartet erst in Moskau auf uns. Auch wenn wir hier nicht jede einzelne Schlange aufzählen werden, so hat Kati ca. 3 Stunden zusammengerechnet, an denen wir nur wartend dagestanden haben.

                              Da wir in Moskau fast 12 Stunden Aufenthalt haben, beschliessen wir nocheinmal in die Stadt zu fahren, zumal Carsten noch nie in Moskau war. Am Flughafen fällt uns der extreme Smog und der beissende Gestank auf, der durch die wohl recht nahen Waldbrände verursacht wurde. Wir nehmen einen “Express Zug” in die Stadt, der im Zentrum halten soll. Wir kommen an einem Bahnhof an und wissen nicht so recht, wo hin. Die Standard-Karte auf dem GPS zeigt uns die Richtung an, in der das Stadtzentrum sein soll. Es soll nur 3 km weit sein. Wir machen uns auf den Weg durch die fast menschenleere Stadt.


                              moskau1 von Kati79 - Album.de


                              Moskau selbst finde ich ähnlich langweilig wie die anderen russischen Städte die ich kenne auch. Wir gehen eine Runde vom Bahnhof über den Roten Platz und erkunden die Umgebung. Am Roten Platz gibt es jede Menge Touristen, ansonsten scheint die Stadt ausgestorben zu sein.


                              Moskau2 von Kati79 - Album.de


                              Fast alle Geschäfte sind geschlossen, ebenso Kioske. An einer Brücke erleben wir dann doch noch das Gegenteil. Die Massenabfertigung dutzender Brautpaare die wohl traditionell einmal über diese Brücke laufen, um sich dann von einer der unzähligen Stretchlimousinen, die dort warten, abtransportieren zu lassen. Es ist anscheinend eine Hochzeitsbrücke. Auf ihr befinden sich kleine Bäumchen, an denen mehrere hundert oder tausend Schlösser hängen. Jedes Brautpaar bringt ein Neues an und dann werfen die frisch vermählten die Schlüssel zum Schloss nach hinten ins Wasser. Um die Paare herum, bewegt sich die gesamt Hochzeitsgesellschaft und Fotografen, die mal mehr, mal weniger, die Szenerie dokumentieren. Irgendwann haben wir genug gesehen und bummeln zurück zum Bahnhof, von dem wir losgelaufen sind. Dort nehmen wir den Zug zurück zum Flughafen. Dort angekommen, lege ich mein Restgeld in Vodka. Dann geht es durch den Nacktscanner und ab in die nächste Schlange vorm Gate. Entgegen unserer Erwartungen, fliegen wir als das einzige Flugzeug pünktlich ab und landen nach drei Wochen Sibirien heil in Berlin.

                              Epilog

                              Der Trekkingtrip im Altai war ein einziges großes Abenteuer mit einer nie zu vor erlebten Dichte an Naturerlebnissen. Die Region ist definitiv einer der weltweiten Topspots für Gebirgswanderungen. Das gesamte Gebiet ist fast unberührt. Bis auf ein paar Schotterpisten gibt es nichts von Menschen Geschaffenes. Vor allem keine Skipisten und keine Seilbahnen. Die ganze Trekkingtour war einfach traumhaft und alle Menschen die wir in den Bergen getroffen haben, waren ausnahmslos sehr nett und absolut gastfreundlich. Wir haben nicht einen Menschen in den Bergen getroffen, der Alkohol getrunken hat und uns danach belästigen wollte.

                              Den krassen Kontrast dazu bilden die Städte. Sie sind von unbeschreiblicher Hässlichkeit und die Menschen die hier Arbeiten waren bis auf wenige Ausnahmen extrem unfreundlich und das absolute Gegenteil von hilfsbereit. Ich wurde aus mehreren Läden rausgeworfen, weil ich kein Russisch konnte. Zum Teil schlug uns offene Fremdenfeindlichkeit entgegen obwohl wir uns nichtmal als Deutsche zu erkennen gegeben haben. Positiv ist anzumerken, dass die von uns erwartete Kriminalität die überall lauern soll, ein absolutes Vorurteil geblieben ist. Wir wurden weder überfallen, beklaut oder sonst irgendwie betrogen und haben uns auch nie unsicher gefühlt. Alle vorher abgemachten Preise wurden stets eingehalten.

                              Kompakte Informationen zur Reiseplanung gibt es im Wiki unter dem Stichwort Altai.
                              Meine Fotos ziehen um: http://500px.com/baryt/sets

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                              • Zwimon

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                                #75
                                AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                                Respekt und Anerkennung! Beeindruckender Trip und super Bericht
                                NPL 2013 - It's not the fart that kills you, it's the smell! - Petter Solberg

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                                  • 17.09.2010
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                                  #76
                                  AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                                  Wahnsinn! Sehr ausführlicher, gut zu lesender und unheimlich spannender Bericht mit tollen Fotos! Mein Kompliment! Ich hab jetzt über mehrere Tage verteilt immer wieder mal gelesen und hab mich jedes Mal wieder auf den nächsten Teil gefreut! :-)
                                  "Life does not cease to be funny when people die
                                  any more than it ceases to be serious when people laugh."
                                  - George Bernard Shaw

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                                  • charlie
                                    Anfänger im Forum
                                    • 02.05.2010
                                    • 27
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                                    #77
                                    AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                                    ich kann mich dem lob nur anschliessen,
                                    einfach super
                                    mein persönliches highlight im bericht war der putzige altaipfeiffhase
                                    der wunderschöne see teletzkoe hat mich echt an
                                    kanada erinnert.
                                    danke schön für die vielen bilder .
                                    wenn du mal eine schöne russische stadt sehen
                                    möchtest -sankt petersburg-

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                                    • willo
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                                      • 28.06.2008
                                      • 9799
                                      • Privat

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                                      #78
                                      AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                                      Ich war schon zweimal in St. Petersburg und fand es auch sehr nett Da - auch wenn es schon sehr westlich war und mich sehr an Hamburg erinnert hat.
                                      Neben dem Pfeiffhasen gab es auch noch andere niedliche Tiere wie Streifenhörnchen und Erdhörnchen - die waren jedoch etwas scheuer.
                                      Meine Fotos ziehen um: http://500px.com/baryt/sets

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                                      • iber
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                                        • 10.09.2010
                                        • 1
                                        • Privat

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                                        #79
                                        AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                                        Ein sehr schön zu lesener Bericht und super tolle Fotos.
                                        Beeindruckene Landschaft!!!

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                                          • 20.09.2010
                                          • 152
                                          • Privat

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                                          #80
                                          AW: [RU] 3 Wochen Altai-Trekking

                                          Oh ja, ein toller Bericht und eine grandiose Gegend - in tollen Bildern eingefangen.
                                          Die Sache mit der Registrierung hat mir auch beide Male, die ich in Russland war etwas Sorgen gemacht. So richtig eine klare Aussage gab es nie, wie es denn genau geht und wer denn nur überprüft, dass man an einem Ort länger als drei Tage war.
                                          Bei der ersten Tour haben wir viel zu spät in einem Hotel in Ekaterinburg einen Stempel bekommen und hatten dann keine Probleme mehr. Wir waren mit Business-Visum unterwegs.
                                          Beim zweiten Mal haben wir eine Nacht im Hostel in Moskau geschlafen. Dort sprach man excellent Englisch (Hostel Sherston, sehr nett) und hat die Registrazia gemacht, gab dann auch keinerlei Probleme.
                                          Ich habe unterwegs (in der Mongolei) viele Reisende getroffen, die hatten gar keine Registrierung und sind auch wieder rausgekommen.

                                          Was die Freundlichkeit von Personal angeht habe ich auch sehr ähnliche Erfahrungen gemacht. Besonders an Bahnschaltern, in Hotels u.ä.
                                          Teilweise waren die Menschen dort aber auch zu Russen so unfreundlich. Echte Fremdenfeindlichkeit habe ich nie erlebt. Es gibt in Irkutsk beim Busbahnhof ein nettes kleines Hotel, dort wurde ich sowohl 2000 als auch 2007 wieder "herausbefördert", weil es nicht für Ausländer ist.
                                          Meine Erfahrung war, dass man die Leute einfach nicht in Verlegenheit bringen darf. Wenn man direkt fragt, ob sie Englisch sprechen, müssen sie eine Schwäche eingestehen - das macht man nicht gerne.
                                          Was immer recht gut gewirkt hat war ein höflicher Satz auf Russisch (mehr konnte ich auch nicht) "Guten Tag. Sprechen sie englisch?". Dann gibt man sich schonmal Mühe und hat einen Bonus. Wenn man dann mehr will, z.B. für Bahnkarten hat oft ein Zettel geholfen, auf dem alles wichtige steht, auf kyrillisch (z.B. 12:15, 2 Platzkartni, Ulan Ude). Dann kann die Person am Schalter zum einen selbst etwas dazuschreiben (z.B. eine andere Uhrzeit) und gerät nicht in Verlegenheit, sich mit Englisch rumzuschlagen.
                                          Was man halt dort nicht machen kann ist verlangen, dass der Gegenüber sich irgendwie mit einer anderen Sprache bemüht. Wenn man den Menschen zeigt, dass man versucht, mit ihrer Sprache (auch wenn es nur ein paar Brocken sind) so weit wie möglich zu kommen, dann klappt es oft etwas besser.
                                          Ich erinnere mich da an den Ticketschalter des Busbahnhofs in Irkutsk - dort war die Dame, nachdem sie grinsend meinen unbeholfenen kyrillischen Zettel gelesen hat echt nett und hat sogar ein wenig Englisch gesprochen.
                                          Aber Irkutsk und Baikalregion ist ja auch recht touristisch, da ist das mit Sicherheit etwas entspannter.

                                          VIelen Dank für den tollen Bericht!

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