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Gescheitert!
Die Nacht senkt sich friedlich über Nido de Cóndores.
Wayra Tata meinte es gut mit uns. Kein Wind. Es hätte der perfekte Tag sein können.
Doch - Chance vertan! Heute war ich viel zu langsam. Das war mir schon wenige Minuten nach unserem Aufbruch von Campo Berlín klar. Noch bevor wir Campo Cólera passierten. Gabi spazierte leichtfüßig voran und ich hatte immer meine liebe Not zu folgen. Schwer zu glauben, aber wahr. Es half nichts – schon etwas unter 6400m, bei der Hüttenruine „Independencia“ war Feierabend. Es war einfach auszurechnen, dass wir mit meinem Tempo erst weit nach 13 Uhr am Einstieg zur Canaleta sein würden. Und ich war mir sicher, noch langsamer zu werden. Wozu weitergehen? Die Bergrettung würde uns dann ohnehin zurückschicken. Und wenn nicht – auf den Gipfel stünden wir dann so spät, dass wir auf dem Rückweg in die Dunkelheit geraten würden. Sinnlos!
Die drei abgefrorenen Finger eines Ukrainers ein paar Tage zuvor waren mir schon Mahnung genug. Heute, auf Independencia, zwei vermisste Mitglieder einer argentinischen Gruppe.
Mit welch hoffnungsloser Verbissenheit sich manche auf Independencia das Firnfeld hinaufquälten. Eine Frau: Ein Schritt – 4 Mal atmen. Selbst ich war schon langsam! Aber das war einfach unglaublich. Sie stieg dann wieder ab und ich dachte schon, sie habe ein Einsehen. Aber nein! Kurze Zeit später schlich sie wieder hoch. Ich überschlug, dass sie mit dem Tempo mindestens zehn Stunden bis zum Gipfel braucht.
Nein, die Umkehr bei Independencia war richtig. Nur quält mich mein Gewissen, weil Gabi so auf den Gipfel verzichten musste.
Selbstzweifel quälen mich.
Ich hatte einen schlechten Tag. Ja. Aber ist das nicht nur eine blöde Ausrede? Oder etwas, was man so dahinsagt, wenn man nicht wirklich weiß, woran es gelegen hat?
Eines wenigstens beruhigt mich: Höhenkrankheit war es mit Sicherheit nicht. Auch nicht die Tatsache, dass wir am Vortag in Campo Berlín ohne Gas dastanden, weil jemand unser Depot geplündert hatte.
Ich würde am liebsten alles hinschmeißen und mit Gabi nach Mendoza zurückfahren. Leckere Steaks und leckerer Malbec warten dort auf mich. Eine Dusche, ein richtiges Bett! Sommerfrische! Und eine Woche in Buenos Aires!
Was suche ich hier eigentlich? Bilder der Vergangenheit ziehen an mir vorüber …
Berge habe ich schon immer gemocht – im Gegensatz zum Urlaub am Meer.
Die vier Urlaube mit meinen Eltern in der Hohen Tatra fand ich immer toll, auch jetzt noch. Als kleiner Junge staunte ich ungläubig, wenn unser Gastgeber, der ehemalige Bergführer Alojz Krupicer von seiner Durchsteigung der Südwand an der Lomnitzer Spitze erzählte.
Doch mehr als Bergwanderungen auf Wegen oder Bergpfaden traute ich mir nie zu. Bis ich 2010 im Süden von Peru mit einer geführten Gruppe auf den Nevado Chachani schlurfte. Mein erster 6000er. Und das erste Mal mit Steigeisen an den Stiefeln und einen Eispickel in der Hand. Danach sagte ich mir: auf so einen Berg ohne technische Schwierigkeiten – wenigstens das will ich ohne Bergführer können. Und vielleicht schaffe ich es mal auf den Aconcagua!
Ja, und 2011 machte ich ernst damit und landete recht zufällig in einem Basiskurs für Hochtouren beim DAV Mainz. Als Nachrücker für einen abgesprungenen Teilnehmer. Wie ich den Leiter des Kurses damals anrief, ist mir noch sehr gegenwärtig. Ich fragte, ob ich auch teilnehmen könne, wenn ich nicht Mitglied der Sektion sei. Und Berthold antwortete mir damals in seiner typischen freundschaftlichen Art „Aber natürlich!!!! Aus Weimar, das ist gut! Dann haben wir mal jemanden, der uns von Weimar berichten kann.“
Vier Jahre lang hatte ich jeden Praxisteil des Kurses mitgenommen, vieles gelernt und erlebt, Freunde gefunden.
In der Zeit hatte ich virtuell jeden Bericht vom Aconcagua aufgesogen. Freilich auch die (legendären) Berichte von Becks und Benzodiapezin.
2014 war ich dann soweit zu sagen, dass ich es schaffen könnte. Begann Ausrüstung zu kaufen. Eine Generalprobe für den Aconcagua sollte der Elbrus sein. Jedoch – wegen Schlechtwetter habe ich den Gipfel nicht einmal versucht.
Egal! Ich kann das trotzdem. Im September 2015 dann die konkrete Planung. Und mit Gabi hatte sich im letzten Moment auch eine Mitstreiterin gefunden. Nicht die gesamte Zeit alleine zu sein fand ich aus Gründen der Moral und für die Sicherheit bei weitem besser als einen Sologang.
Immerhin hatte ich seit September fast jede freie Minute in die Planung gesteckt. Versucht, alles zu bedenken. Urlaub aufgespart, um einen kompletten Monat Zeit für das Unternehmen zu haben. Zudem hatte ich doch genau diesen Fall eingeplant: Ich wollte die Chance für einen zweiten Versuch haben.
Und jetzt alles einfach hinschmeißen? Nach so viel Aufwand?
Nein, unmöglich! Ich will bleiben und es noch einmal versuchen.
Die Nacht senkt sich friedlich über Nido de Cóndores.

Wayra Tata meinte es gut mit uns. Kein Wind. Es hätte der perfekte Tag sein können.
Doch - Chance vertan! Heute war ich viel zu langsam. Das war mir schon wenige Minuten nach unserem Aufbruch von Campo Berlín klar. Noch bevor wir Campo Cólera passierten. Gabi spazierte leichtfüßig voran und ich hatte immer meine liebe Not zu folgen. Schwer zu glauben, aber wahr. Es half nichts – schon etwas unter 6400m, bei der Hüttenruine „Independencia“ war Feierabend. Es war einfach auszurechnen, dass wir mit meinem Tempo erst weit nach 13 Uhr am Einstieg zur Canaleta sein würden. Und ich war mir sicher, noch langsamer zu werden. Wozu weitergehen? Die Bergrettung würde uns dann ohnehin zurückschicken. Und wenn nicht – auf den Gipfel stünden wir dann so spät, dass wir auf dem Rückweg in die Dunkelheit geraten würden. Sinnlos!
Die drei abgefrorenen Finger eines Ukrainers ein paar Tage zuvor waren mir schon Mahnung genug. Heute, auf Independencia, zwei vermisste Mitglieder einer argentinischen Gruppe.
Mit welch hoffnungsloser Verbissenheit sich manche auf Independencia das Firnfeld hinaufquälten. Eine Frau: Ein Schritt – 4 Mal atmen. Selbst ich war schon langsam! Aber das war einfach unglaublich. Sie stieg dann wieder ab und ich dachte schon, sie habe ein Einsehen. Aber nein! Kurze Zeit später schlich sie wieder hoch. Ich überschlug, dass sie mit dem Tempo mindestens zehn Stunden bis zum Gipfel braucht.
Nein, die Umkehr bei Independencia war richtig. Nur quält mich mein Gewissen, weil Gabi so auf den Gipfel verzichten musste.
Selbstzweifel quälen mich.
Ich hatte einen schlechten Tag. Ja. Aber ist das nicht nur eine blöde Ausrede? Oder etwas, was man so dahinsagt, wenn man nicht wirklich weiß, woran es gelegen hat?
Eines wenigstens beruhigt mich: Höhenkrankheit war es mit Sicherheit nicht. Auch nicht die Tatsache, dass wir am Vortag in Campo Berlín ohne Gas dastanden, weil jemand unser Depot geplündert hatte.
Ich würde am liebsten alles hinschmeißen und mit Gabi nach Mendoza zurückfahren. Leckere Steaks und leckerer Malbec warten dort auf mich. Eine Dusche, ein richtiges Bett! Sommerfrische! Und eine Woche in Buenos Aires!
Was suche ich hier eigentlich? Bilder der Vergangenheit ziehen an mir vorüber …
Berge habe ich schon immer gemocht – im Gegensatz zum Urlaub am Meer.
Die vier Urlaube mit meinen Eltern in der Hohen Tatra fand ich immer toll, auch jetzt noch. Als kleiner Junge staunte ich ungläubig, wenn unser Gastgeber, der ehemalige Bergführer Alojz Krupicer von seiner Durchsteigung der Südwand an der Lomnitzer Spitze erzählte.
Doch mehr als Bergwanderungen auf Wegen oder Bergpfaden traute ich mir nie zu. Bis ich 2010 im Süden von Peru mit einer geführten Gruppe auf den Nevado Chachani schlurfte. Mein erster 6000er. Und das erste Mal mit Steigeisen an den Stiefeln und einen Eispickel in der Hand. Danach sagte ich mir: auf so einen Berg ohne technische Schwierigkeiten – wenigstens das will ich ohne Bergführer können. Und vielleicht schaffe ich es mal auf den Aconcagua!
Ja, und 2011 machte ich ernst damit und landete recht zufällig in einem Basiskurs für Hochtouren beim DAV Mainz. Als Nachrücker für einen abgesprungenen Teilnehmer. Wie ich den Leiter des Kurses damals anrief, ist mir noch sehr gegenwärtig. Ich fragte, ob ich auch teilnehmen könne, wenn ich nicht Mitglied der Sektion sei. Und Berthold antwortete mir damals in seiner typischen freundschaftlichen Art „Aber natürlich!!!! Aus Weimar, das ist gut! Dann haben wir mal jemanden, der uns von Weimar berichten kann.“
Vier Jahre lang hatte ich jeden Praxisteil des Kurses mitgenommen, vieles gelernt und erlebt, Freunde gefunden.
In der Zeit hatte ich virtuell jeden Bericht vom Aconcagua aufgesogen. Freilich auch die (legendären) Berichte von Becks und Benzodiapezin.
2014 war ich dann soweit zu sagen, dass ich es schaffen könnte. Begann Ausrüstung zu kaufen. Eine Generalprobe für den Aconcagua sollte der Elbrus sein. Jedoch – wegen Schlechtwetter habe ich den Gipfel nicht einmal versucht.
Egal! Ich kann das trotzdem. Im September 2015 dann die konkrete Planung. Und mit Gabi hatte sich im letzten Moment auch eine Mitstreiterin gefunden. Nicht die gesamte Zeit alleine zu sein fand ich aus Gründen der Moral und für die Sicherheit bei weitem besser als einen Sologang.
Immerhin hatte ich seit September fast jede freie Minute in die Planung gesteckt. Versucht, alles zu bedenken. Urlaub aufgespart, um einen kompletten Monat Zeit für das Unternehmen zu haben. Zudem hatte ich doch genau diesen Fall eingeplant: Ich wollte die Chance für einen zweiten Versuch haben.
Und jetzt alles einfach hinschmeißen? Nach so viel Aufwand?
Nein, unmöglich! Ich will bleiben und es noch einmal versuchen.
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