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Hallo zusammen,
im Oktober 2014 unternahm ich als Ein-Mann-Gruppe eine Trekkingtour rund um die Annapurnas in Nepal. Im Unterschied zu den meisten Trekkingtouren rund um die Annapurnas, erfolgte die Übernachtungen fast ausnahmslos im Zelt, somit war ich mit einer kompletter einheimischer Begleitmannschaft (Guide, Koch, 3 Träger) unterwegs. Stationen der Tour (von Bhulbhule bis Nayapul nur auf Schusters Rappen): Besisahar - Bhulbhule - Tal - Chame - Pisang - Manang - Thorung La - Mutinath - Kagbeni - Kali Gandaki bis Tatopani - Ghorepani - Poon Hill - Nayapul.
Der 5416m hohe Thorung La Pass gilt als Höhepunkt dieser Trekkingtour. Weltweite Bekanntheit gelangte dieser Pass mit dem Schneesturmunglück vom 14.10.2014. Und genau an diesem Tag befanden wir uns mit geschätzt mehr als 400 Personen (Trekker, Guides, Träger, ...) auf der Strecke über den Pass.
Mir und alle meinen nepalesischen Begleitern wurde die Chance gegönnt, dieses Unglück vom 14.10.2014 am Thorung La körperlich und seelisch unverletzt überleben zu dürfen. Viele hatten dieses Glück nicht und manche haben den Traum oder die berufliche Notwendigkeit an diesem Tag den 5416m hohen Thorung La Pass zu überqueren mit dem Wertvollstem in ihrem Leben bezahlt, mit ihrem eigenen Leben.
Nehme ich die Zahlen aus Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Thorong_La), so wurden nach dem Unglück mehr als 300 Personen mit Hubschrauber gerettet, die Zahl der Toten wird mit 43 angegeben (Eigene Anmerkung: wahrscheinlich im "Großraum" Thorung La, also auch weitab vom Pass). Noch 5 Tage später wurden 45 Personen vermisst.
Mit diesem Reisebericht, der weitestgehend identisch so auch auf meiner Homepage zu lesen ist, möchte ich die Geschehnisse an diesem Tage wie ich sie erlebt habe wiedergeben. Ich beschränke mich hier aber nur auf die beiden Tage vor der Passquerung und die Passquerung selbst.

Am Tag nach dem Schneesturm. am Morgen des 15.10.2014 - Blick auf den Thorung La Pass (in Bildmitte), Muktinath und Jarkot auf den Weg nach Kagbeni
Es gibt Tage, die wünscht man seinem ärgstem Feind nicht. Oder, wie aus einer Trekkingtour, die von “Insidern” gerne verächtlich als Synonym eines “Banana Pancake Trails” bezeichnet wird, ganz schnell eine Fortsetzung von Jon Krakauers Tatsachenroman “In eisigen Höhen” werden kann.
Da der Bericht etwas umfangreicher ist (trotz nur 2 1/2 Tagen Inhalt), muss ich ihn auf mehrere Teile aufteilen (es gibt die 50.000 Buchstaben Grenze).
Der im Bericht genannte Ram prasad Rai war mein Guide und Koch, Shukra Bir Rai war mein Assistenzguide. Zwei Profis in ihrem Fach, ohne die ich diesen Bericht wahrscheinlich nie mehr hätte schreiben können.
Hinweis: Dieser Reisebericht ist v.a. ab Teil 2 nicht unbedingt als Gute-Nacht-Lektüre zu empfehlen.

Sonnenuntergang an der Annapurna 2 (7937m) am 11.10.2014, fotografiert von einem Teehaus bei Ghusang (4000m ü.NN) aus
Tag 10 (12.10.2014): Teehaus oberhalb von Ghusang - Ledar

12.10.2014, gegen 12 Uhr - Zeltplatz in Ledar - Annapurna III und Gangapurna im Hintergrund
...
Gegen 17 Uhr sehe ich dann über den Annapurnamassiv etwas, was mir so gar nicht gefällt: geschätzte 2km oberhalb der Berge am Annapurnamassiv sind drei kleinere flache und langgestrecke Wolken zu sehen. Von der Größe her eigentlich absolut unbedeutend, aber was machen die da so weit oben? Ich kenne kein Foto, wo sich kilometerweit oberhalb eines 8000ers einzelne Wolken befinden, überlichweise ist ja bei den tischtuchartigen “Föhnhauben” Schluß. Skukra und Ram prasad messen diesen Wolken (die ich leider nicht fotografiert habe) keine Bedeutung bei, aber für mich bedeuten solche Wolken, dass verdammt viel Unruhe in der Atmosphäre zu sein scheint. Ich sage zu Skukra: »In den nächsten 48 Stunden ändert sich das Wetter grundlegend, hoffentlich nur auf der anderen Seite des Massivs! Skukra, diese Wolken sind 24 Stunden zu früh da!«. Wenn die Wolken so weit oben sind, dann wirken sie wie ein Staubsauger , der Luftfeuchte nach oben zieht. Die uns abgewandte Seite des Annapurnamassivs ist ähnlich einem Amphitheater aufgebaut, da kann verdammt viel feuchte Luft aus den niederen Lagen aufgewirbelt werden, v.a. da mit der süd- bis südwestlichen Windrichtung dazu alles passt. Hoffentlich sind meine Sorgen dazu unbegründet.
Sage nie zu deinem Guide, dass Du seit einigen Minuten ganz leichtes absolut harmloses Kopfweh hast, nur mit dem Wort “Kopfweh” schrillen bei ihm alle Alarmglocken. Als Folge davon dürften im weiten Umkreis alle Knoblauchzehen ausverkauft sein, denn die folgende Nudelsuppe besteht eigentlich mehr aus Knoblauch als aus Nudeln. 30 Minuten später ist das Kopfweh wieder verschwunden, eigentlich wie von mir vermutet, denn Uhrzeit des Auftretens, Lage und Intensität haben mich eher auf die noch nicht gänzlich ausgestandene Erkältung schließen lassen. Als Folge sage ich zu Shukra Bir: »Ich muss meine Matte im Zelt in eine andere Richtung drehen. Wenn mir heute Nacht wegen dem Knoblauch einer entfleucht, dann wären bei Euch Gasmasken angesagt.«.
Heute Nacht ist es deutlich wärmer im Vergleich zu Gestern, drückt da irgendwas die angewärmte Luft aus dem Manangtal herauf?
Tagesdaten: Start: Teehaus oberhalb von Ghusang (3930m ü.NN) - 7:30 Uhr, Ziel: Ledar (4200m ü.NN) - 11:00 Uhr, ↑401m, ↓141m
Tag 11 (13.10.2014): Ledar - Thorung La High Camp
Die Nacht heute war ruhig, aber noch vor 6 Uhr beim Weg zu den großen Stehgeschäftsräumen sind schon die ersten Trekker in Richtung Thorung Phedi, der letzten Ansiedlung vor dem Pass unterwegs. Diese sind deshalb schon so früh auf den Beinen, weil die Plätze in den Lodges vor dem Pass im Windhundverfahren vergeben werden, d.h., wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Shukra Bir deutet mir an, dass wir uns da keine Sorgen machen müssen, wir sind die Allereinzigen im Zelt und können uns den Platz aussuchen.
In der Dunkelheit ist es doch noch knackig kalt geworden, nur etwas später als in den letzten Tagen, über dem Annapurnamassiv sind einige Wolken zu sehen, wesentlich mehr wie in den letzten Tagen, aber der Blauanteil am Himmel überwiegt noch deutlich.
Nur um 8 Uhr finde ich über der Annapurna III und dahinter ein deutlich indifferentes Wolkenbild vor, mit nur noch etwas durchscheinenden blauem Himmel über den ganzen Annapurnas. Damit ist mir klar, zumindest über den Annapurnas kündigt sich ein Wetterumschwung an, hier im kaum 15km entfernten Ledar ist es fast noch wolkenlos. Gegen 11 Uhr wissen wir, wo der Hase hinläuft, werden die Wolken mehr, dann wird sich der Gemütlichkeitsgrad der Tour reduzieren. Das Wolkenbild für sich alleine könnte zwar alles bedeuten (heiter in 1h oder Niederschläge), aber es ist so ganz anders als an allen Tagen zuvor und deshalb lässt es mir auch keine Ruhe.
Lange laufen wir an der Ostseite des Kone Khola entlang, bis wir wieder gut 100 Höhenmeter absteigen müssen. Die verlorenen Höhenmeter müssen auf der gegenüberliegenden Seite wieder hinzugewonnen werden, dafür gibt es aber dort für die Ungeduldigen auch ein Teehaus. Wenn man aber in Richtung der Annapurnas blickt, dann haben wir dort schon eine geschlossene Wolkendecke, hier ist es erst bewölkt. Nur wenig an- und absteigend verläuft der Pfad in Richtung Ende des Tales. Es gilt aber auch einen stark erdrutschgefährdeten Hang zu queren. Gegen 10 Uhr treffen wir in Thorung Pedi, oft auch Thorung La Base Camp genannt, auf 4520m ü.NN ein.
Für viele ist hier bereits die heutige Endstation, wir wollen aber noch die 370 Höhenmeter hinauf ins Thorung La High Camp wandern, dann sparen wir uns Morgen viele Höhenmeter. In steilen Serpentinen und über steiles Blockgelände führt uns der Weg nach oben, in der hier noch scheinenden Sonne eine sehr schweißtreibende Angelegenheit. So dauert es auch gut eine Stunde bis wir am 4890m hoch gelegenen High Camp ankommen. Unsere Zelte, es sind ja die Einzigen hier oben, sind deutlich zu erkennen. Um 12 Uhr hat es inzwischen komplett zugezogen, die Sonne ist nicht mehr zu sehen.

Zwei einsame Zelte am Thorung La High Camp
Das Mittagessen gibt es heute in meinem Zelt. Nur es wird immer dunkler. Konnten wir bis 13:30 Uhr die Spitze des Chulu West problemlos sehen, so fällt jetzt die Wolkendecke. Den 4980m hohen Aussichtsberg in Campnähe wollen wir nicht besuchen, da die Sichtverhältnisse immer schlechter werden. Wir machen nur einen kurzen Spaziergang in Richtung des Aussichtsberges. Hatte ich in den letzten Tagen immer ein Hardshell als oberste Jackenschicht, so habe ich mich jetzt für meine Daunenjacke entschieden. Nicht weil es so kalt ist, sondern, wenn man schon eine Jacke mit 1,5kg tagtäglich mitschleppen lässt, dann muss ich sie auch irgendwann mal anziehen. Wenn schon eine Übernachtung am kalten Tilicho See entfallen ist, dann darf sie Morgen als oberste Kleidungsschicht herhalten.
Die nicht überlebensunwichtige Bedeutung meines eher als Spass gemeinten Satzes an Skukra: »Ich zieh die Daunenjacke heute schon mal an, damit Ihr wisst, wie ich morgen bei der Passquerung ausschaue!« kann ich heute noch nicht erahnen. Aus einer grünen Hardshell ist eine dunkelblaue Expeditionsdaunenjacke geworden. Nicht nehmen lassen wir uns den Besuch der restlos gefüllten menschlichen Legebatterie im Camp für die Lodgenächtiger.
Gegen 15:30 Uhr oder auch etwas später beginnt der Schneefall, zunächst als Graupel, dann als "angenässter Pulverschnee". Kein wirklich starker Schneefall, aber es schneit sich ein. Die Wolkendecke sinkt immer weiter.
Abendessen gibt es gegen 17:30 als Candle-Light-Dinner im Zelt. Wir wollen uns Morgen schon um 4:15 Uhr in Richtung Thorung La Pass auf den Weg machen, denn ab 7 Uhr soll es am Pass oft einen kalten und starken Wind geben und den wollen wir meiden. Ab 19 Uhr haben wir hier am High Camp schon eine geschlossene Schneedecke und erstmals muss ich auch den Schnee vom Zelt klopfen. Eigentlich wäre ab jetzt Bettruhe angesagt, aber der Schnee auf dem Zelt verlangt doch noch 2-3x ein Klopfkomando. Aber ab 22 Uhr ist mir das Schneeklopfen leid und ich schlafe bis 3:30 Uhr ungestört durch. 5,5 Stunden ununterbrochenen am Stück auf fast 5000m geschlafen, dass ist neuer Rekord für mich.
Tagesdaten: Start: Ledar (4200m ü.NN) - 7:30 Uhr, Ziel: Thorung La High Camp (4890m ü.NN) - 11:45 Uhr, ↑898m, ↓317m

Morgenhimmel am Annapurnamassiv von Ledar aus: 13.10.14 - 8:00 Uhr

Aufziehende Wolkenfront, von Thorung Phedi Teehaus (4400m) - 9:30 Uhr

Zuziehende Wolkenfront, von Thorung La High Camp (4890m) aus - 12:00 Uhr; ab 13:30 ist der Chulu West, der weiße Berg am linken Bildrand, immer weniger zu sehen, ab 15 Uhr überhaupt nicht mehr
Tag 12: Thorung La High Camp - Thorung La - Muktinath
Aufbruchstimmung
Kurz vor 3:30 Uhr werde ich wach, im Zelt ist es noch nicht komplett abgedunkelt, d.h., das Zelt befindet sich noch nicht gänzlich unter dem Schnee begraben. Im Zelt ist es trotz der Höhe von 4900m ü.NN eigentlich gar nicht so kalt, da dürfte der Schnee an der Außenseite als gute Isolationsschicht wirken. Beim Verlassen des Zeltes zum ersten Pinkelstopp am heutige Tag fällt mir auf, dass sich die Schneemassen seit meinem letzten Boxenstopp um 22 Uhr nachts zwar vermehrt haben, aber nicht um dramatische Mengen. Es dürften jetzt etwa 20-30cm Neuschnee an unserem ebenen Zeltplatz liegen.

Thorung La HC - 14.10.2014 um 3:30 Uhr - Blick aus meinem Zelt zum Zelt der Begleitmannschaft - links Abdeckplane mit Ausrüstung
Auch aus dem Mannschaftszelt sind jetzt Geräusche zu vernehmen, als Erster verlässt Guide und Koch Ram prasad das Zelt und geht zur Abdeckplane, wo meine Begleitmannschaft ihre komplette Ausrüstung gelagert hat, denn bei 5 Mann in einem 2,5mx2m großen Zelt gibt es da für solche Dinge wirklich keinen Platz mehr. In stoischer Ruhe packt er zunächst seinen Eispickel aus und beginnt mit dem strukturierten Sortieren der Schneemengen rund um Abdeckplane und den Zelten. Damit meine Mannschaft weiß, ich bin wach und alles ist in Ordnung, gehe ich zum Zelt und wünsche ein freundliches »Namaste«. Nur bei Shukra Bir bin ich mir aufgrund seines Gesichtsausdrucks nicht ganz sicher, ob er davon überzeugt ist, dass bei mir alles in Ordnung ist. Ich stehe noch barfuß in meinem Schlafanzug (kurzes T-Shirt und kurze Unterwäsche) im tiefen Schnee vor dem Zelt bei deutlichen Minustemperaturen.
Seine Frage »Keine Schuhe an hier im kalten Schnee?«
beantworte ich mit »Nö, dann werden wenigstens die Tevas nicht nass bis ich sie im Packsack verpacke!«.
Nach Erledigung der drängendsten Angelegenheiten beginne ich mit dem Verpacken meiner Ausrüstung. Wir haben Neuschnee ohne Altschneelage, deshalb lasse ich meine Grödel im aufgegebenen Gepäck, meine Hardshell-Jacke packe ich aber zusätzlich in den Rucksack ein, könnte ja zusätzlich zur Kälte noch nass und windig werden und dann wäre die Daunenjacke als wichtigster Witterungsschutz schnell an ihrem Grenzbereich angelangt. Erstmals seit dem Chukhung Ri im Everestgebiet in der letzten Herbstsaison bin ich auch „untenrum“ wieder winterhart angezogen, d.h. zwischen Trekkinghose und kurzer Unterwäsche gibt es noch die langen Liebestöter. Über der Trekkinghose dient dann die Regenhose als Wetterschutz und als Gamasche. Obenrum ist es dann das kurze Trekkinghemd, ein altes Hanes-Sweatshirt und meine (Expeditions-)Daunenjacke mit Kapuze, sinnigerweise eine Mountain Equipment Annapurna, und Fingerhandschuhe. Wobei die Handschuhe nicht unbedingt für kalte und nasse Bedingungen geeignet sind, dafür gibt es aber in der Daunenjacke extra Handschuhtaschen. Einen Ersatzakku für die Kamera trage ich sicherheitshalber in der innersten Jackentasche, man weiß nie, wie kalt es oben werden kann.
Die ruhige und zielgerichtete Art und Weise wie das ganze Team heute arbeitet, lässt mich vermuten, dass solche Bedingungen wie gerade jetzt hier gar nicht so unüblich sein dürften. Nur unser Starttermin mit 4:15 Uhr dürfte sich unmöglich halten lassen, es dauert wegen der Witterungsbedingungen einfach alles länger, trotz tatkräftiger Mithilfe meinerseits beim Abbau (normalerweise lassen sie mich sonst nie mithelfen). Auch einer der Träger überrascht mich heute, er war bis jetzt immer in Badelatschen unterwegs und heute steht er in Schuhen da, die durchaus auch ein Meindl Island sein könnten. An den Vortagen hatte ich die Thematik „Schuhwerk“ schon einmal angesprochen und u.a. gesagt: »Jeden von uns, den ich ohne vernünftiges Schuhwerk am Pass sehe, den streiche ich das Trinkgeld und für euch als Guides gibt es 10% Abzug für jeden „Ertappten“!«.
Auf meine Frage: »Wie habt Ihr denn diese Schuhe da wieder organisiert?«
antwortet Shukra Bir: »Gar nicht«.
»Wie gar nicht?« frage ich verdutzt zurück und Shukra Bir sagt:
»Er war vor 2 Jahren mit 18 ganz oben auf dem Mera Peak und seither hat er sie. Er zieht sie aber nur an, wenn es unbedingt sein muss, damit sie auch lange halten! Solche Schuhe bekommt man selten geschenkt und sie passen ihm auch noch richtig gut«. Anmerkung des Verfassers: Der Aussichtsberg Mera Peak ist mit fast 6500m Höhe der wohl höchste Berg der Welt, der von Trekkern noch ohne Expeditionserlaubnis aber unter erschwerten Bedingungen (Steigeisen) „erwandert“ werden darf.
Vor dem Start gibt es für mich noch ein persönliches Problem zu lösen, schaffe ich bis dorthin noch ein großes Geschäft oder nicht? Die Strecke heute ist sicherlich vegetationslos und Versteckmöglichkeiten für die Erledigung und Ergebnisse des großen Geschäfts dürften keine vorhanden sein. Und viele Stunden mit Pobackenübungen und mit der Angst herumzulaufen, dass es bei den in diesen Höhen wesentlich häufiger erforderlichen Druckausgleichsmaßnahmen im Verdauungsapparat zu Phasentrennungen kommen könnte, dies will ich mir nicht antun. Aber meine Wünsche werden erfüllt und es verwundert mich, dass vor den wenigen Latrinen um diese Uhrzeit gar nichts los ist, trotz Überbelegung der Legebatterien hier, haben die alle verschlafen?
Es ist fast 5 Uhr, bis wir soweit fertig sind, dass wir starten können. Wir werden zwei Teams bilden, einer der Guides und ich und der zweite Guide und die Träger als zweites Team. Und wir machen aus, dass wir uns spätestens oben am Häuschen am Pass treffen und dort nur gemeinsam weiter- oder zurückgehen, egal was passiert! Beim „Briefing“ sage ich zu Shukra Bir und Ram prasad, dass ich heute deutlich langsamer sein dürfte im Vergleich zu den Vortagen. Meine Erkältung ist zwar fast gänzlich weg, ich fühle mich pudelwohl ohne irgendwelche Anzeichen von höhenbedingten Unpässlichkeiten (eine „Höhenkrankheit“ ist für mich keine Krankheit, sondern das Ergebnis der Unfähigkeit des eigenen Körpers auf die geänderten Bedingungen in der Höhe zu reagieren) aber es war verdächtig wenig Schleimlösung nach meiner Erkältung in den letzten Tagen. Ich weiß nicht, war es nicht mehr Schleim oder ist da höhenbedingt eingetrockneter Schleim noch in der Lunge. Als „Zwergfellatmer“ benutzt man als Standardatemreservoir andere Lungenbereiche im Vergleich zu einem „Brustkorbatmer“.
Durch die Höhe verliert man beim Atmen schon sehr viel Flüssigkeit, es kann also sein, dass der Schleim eingetrocknet ist. Ein ähnliches Phänomen hatte ich vor Jahren in Bolivien in 4000m Höhe. Aus der Freude, dass bei einem Schnupfen die Nase nicht läuft, wurde später die Erkenntnis, dass der deshalb eingetrocknete „Rotzballen“ irgendwo in der Nebenhöhle auf einen Nerv gedrückt hatte und ich als Folge tagelang massivste Schluckbeschwerden hatte (und sonst gänzlich beschwerdefrei war). Als Folge daraus werde ich heute versuchen, ein bestimmtes Belastungsprofil nicht zu überschreiten, d.h. ich dürfte wahrscheinlich viele Pausen machen. Und eine 100%ige geistige Flexibilität hat hier für mich deutlich den Vorrang vor dem Genießen körperlicher Höchstleistungen. Das „Geil Puls 250 ohne schwarz vor Augen“ und dann den Guide fragen „Is heute Bundesliga?“ kann ich mir ersparen. Gesund und munter in Muktinath ankommen ist wichtig, wie lange ich bis zum Pass brauche ist zweit- oder drittrangig! Das Ersteres für einige Leute, die auch heute über den Pass wollen , absolut unmöglich werden wird, von dieser Information sind wir noch weit entfernt.
Für mich heißt es jetzt noch einmal in mich zu gehen und die aktuelle Situation zu analysieren und Schlüsse daraus zu ziehen, wie auf die geänderten Bedingungen eingegangen werden soll. Der Schnee hat hier 30cm, also dürften es oben am 550m höher gelegenen Pass max. 50cm Schnee sein, Schneeverwehungen nicht berücksichtigt. Hier ist der Schnee ein „angenässter“ Pulverschnee oder ein trockener Pappschnee. Da es keine Föhnwetterlage ist, dürfte der Schnee weiter oben nicht nässer sein, eher trockener und flugfreudiger. Die Schneemassen dürften zur Gänze Neuschnee sein, also keine lawinenfördernde Schneeschichten. Hier ist kaum Wind, es schneit großflockig aber kristallig, d.h. der Schnee wird sich verzahnen, passt also. Wir sind spät dran, d.h. vor 7 Uhr sind wir unmöglich am Pass, es wird also kalt und windig werden. Hier auf 4900m haben wir keinen Nebel, ob es oben so sein wird? Der Pass wird windbetreffend eine nicht geringe Düsen- bzw. Injektorwirkung haben, d.h. nach dem Pass dürfte es größere Windturbulenzen und Schneemengen geben als vor dem Pass, ich denke mal mit 100m Höhenunterschied dürfte man rechnen. Wird es z.B. auf 5300m vor dem Pass witterungsbezogen „knackig“, dann dürfte dies bis auf 5200m auf der windabgewandten Lee- bzw. Muktinath-Seite andauern. Gibt es überhaupt schon eine Spur oder erkennt man die richtige Spur anhand der Geländebedingungen? Es ist ja alles Neuschnee und beim Gang zu den Latrinen war der Schnee außerhalb des Lagers noch jungfräulich.
Unter normalen Bedingungen wäre es laut Reiseführer, auf dessen genannte Gehzeiten bis jetzt fast immer Verlass waren, 3 Stunden von hier bis zum Pass. Rechnen wir mal 1 Stunde für den Schnee und 1 Stunde für mein heutiges Tempo dazu, dann heißt es 10 Uhr am Pass. Vom Pass bis nach Muktinath sind es 3,5h normal, rechnen wir heute mit 5h und 30 Minuten Pause oben am Pass, dann dürften wir, wenn nicht Gröberes passiert, um 15:30 Uhr in Muktinath sein. Ab 17:30 wird es schnell dunkel, trotz verspätetem Start haben wir also genügend Zeit und Verlaufen soll man sich hier ja kaum können. Ein leicht in die Welt gesprochener Satz eines noch Unwissenden. Und zu allem Überfluß ist heute wieder Oktober der 14., auf den Tag genau ein Jahr seit dem Schneechaos auf meiner Everestrunde 2013.
Der Weg beginnt
Kurz nach 5 Uhr starte ich mit Shukra Bir. Zunächst müssen wir ein paar Höhenmeter nach oben, bis wir das „Hauptlager“ erreicht haben, alle Spuren dorthin und zurück passen nur zu meiner Schuhgröße. Nach dem Satz von mir zu Shukra Bir »Schau’mer mal, wie hart es wirklich wird!« gehen wir im Schnee in die Nacht. Schon nach einigen Metern ist klar ersichtlich, eine Spur ist heute noch nicht nach oben gelegt worden und im Lager unten herrscht auch nur eine begrenzte Betriebsamkeit, es warten aber schon einige Menschenansammlungen, dass sie starten können. Shukra Bir legt die Spur an und ich versuche meine Fußtritte genau in seine Tritte zu legen, damit schöne Trittstufen entstehen und es für die Nachfolgenden weniger anstrengend werden wird nach oben zu gelangen. Nur Schrittgröße und Schuhabdruckgröße differieren zwischen mir und Shukra Bir schon deutlich (Schuhgröße 44 bzw. 10,5 zu 35+x, Körpergröße 1,85m zu max. 1,65m), aber irgendwie kriegen wir das schon hin.
Auf dem ersten Hausberg nach dem Lager, sage ich zu Shukra Bir, dass es so nicht weitergehen kann. Ich rede weiter, dass ich keine Lust habe, im knietiefen Schnee mit ihm für alle anderen stundenlang den Spurbob zu spielen. In der Ebene wäre mir das egal, aber konstitutionsbedingt haben meine für die Körpergröße und -masse eher zu kurz geraden Beine beim hohen Anheben der Beine raus aus dem Schnee den Berg nach oben wesentlich mehr Aufwand zu treiben. Wenn sich keiner erbarmt, dann gibt es heute keinen Pass und auch kein Muktinath. Aus, pasta! Aber wir müssen keine fünf Minuten warten, bis die erste Gruppe an uns vorbeimarschiert, zwei Bergführer voraus und die Meute hinterher. Die Meute oft damit kämpfend, wie man die Stöcke ohne Schneeteller mit möglichst wenig Nachteilen und Kollateralschäden benützen kann.
Am Zelt waren es 30cm Schnee, jetzt hier knietief, sind es dann 3 Meter am Pass? Darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken, denn knietief ist er hier vor und nach einem kleinen Kamm, also dürfte er abseits davon auch nicht tiefer werden. Von unseren kleinen Aussichtspunkt haben wir einen schönen Blick in den beleuchteten „Innenhof“ des Lagers, inzwischen stehen die Trekker dort in längeren Zweierreihen vor den beiden Latrinen an. Wo kommen denn die ganzen Leute her? Am Anfang meiner Tour war fast nix los und jetzt kriechen sie aus allen Ecken und Enden heraus, dass sind ja mit den Einheimischen ein paar Hundert!
Schon die ersten Meter nicht selbst gespurter Neuspur zeugen davon, dass der oder die beiden Spuranleger ihr Handwerk verstehen und die Spurführung so machen, wie ich sie auch machen würde. Nur die „Nachfolgegeneration“ macht schon aus der besten Spur Schrott, kaum einer tritt in die Tritte des Vordermannes. Für Nachfolgende bleibt dann nur noch ein Wirrwarr an festgetretenem Schnee oder auch mal wieder nicht festgetretenem Schnee, jeder Schritt dann ein neues Erlebnis. Haben die denn keine Ahnung, was eine Spur ist! Zu Bundeswehrzeiten hätte man gesagt: »Kameradenschweine«. Nach den ersten „Steilanstiegen“ wird es wieder ebener und die zusammengetretene Spur macht jetzt weniger Zusatzaufwand notwendig. Ich kann zwar dem Tempo der Vorauslaufenden folgen, brauche aber wegen der mir selbst auferlegten Beschränkungen mehr Pausen. Eigentlich hatte ich als Belastungsgrenze einen „klopfenden“ Puls im Hals festgelegt, aber der persönliche Begrenzungslevel liegt schon früher an. Wegen der unruhigen Spur ist sehr viel Nivellierarbeit mit den Knien und den Unterschenkeln notwendig. Aufgrund der nicht niedrigen Schafthöhe meiner Bergschuhe, auch noch gepaart mit einem ungünstigeren Hebelarm zum Knie, bin ich stärker mit dem Ausgleichen beschäftigt wie zuvor angenommen. Wird dieser Beschäftigungsanteil zu hoch bzw. ich merke, dass dies eintreten würde, dann trete ich an einer geeigneten Stelle aus der Spur und warte etwas. Da ich ja nicht wirklich außer Atem bin, auf über 5000m ist man eigentlich nur beim Luftanhalten nicht außer Atem, reicht es eigentlich immer zu einem kleinen Gespräch mit Shukra Bir.
Als erster Meilenstein beim Aufstieg steht die Querung einer doch sehr imposanten Stahlbrücke hier auf gut 5000m an, ein Bauwerk, dass mir oben so nicht vermuten würde. Gab es bis jetzt fast immer nur Hängebrücken oder Holzbrücken, so steht hier mitten im Nichts eine gut 40m lange DIN konforme panzertaugliche Stahlträgerbrückenkonstruktion. Da es doch noch sehr dunkel ist, verzichte ich darauf, den Fotoapparat aus dem Rucksack zu nehmen.
Irgendwie wird es heute auch nicht richtig hell, es ist zwar kaum Nebel aber in der Ferne gibt es überhaupt keine Sicht. Vor einem steileren Gegenanstieg (ich weiß aus der Erinnerung nicht mehr, ob es schon bei der Bachquerung über den Steg oder erst später bei einem Steinhaus auf dem Weg war bzw. ob dies ein oder zwei Ereignisse waren) machen wir eine etwas längere Pause. Ich bin zwar sehr langsam unterwegs, könnte also beim Warten außerhalb der Spur zu jedem heute auf der Strecke ein »Namaste« sagen, aber ich bin zufrieden. Was mir aber jetzt schon auffällt, unter den Trekkern müssen auch welche sein, die wahrscheinlich noch nie Schnee unter ihren Füssen hatten. Auch ihre Ausrüstungen sind manchmal interessant. Sind sie bei Trägern oft nur verschlissen, so sind viele Trekker doch neu ausgestattet aber eher mit Feinkost Albrecht (wenn es den außerhalb Deutschlands auch gibt) als Hauptlieferant. Ob diese Outdoorsachen nicht ein wenig zu unrobust sind? Vom Schuhwerk gibt es von Tevas bis zu normalen Bergschuhen alles, nur quasi steigeisenfeste wie meine Schuhe sehe ich kaum. Und manch Einer müsste doch mehrere Lagen dickste Unterwäsche unter den dünnen Außenjacken tragen, was ich mir aber bei den figurbetonten Schnitten von Jacken und Hosen nur bedingt vorstellen kann. Ob sich das später nicht noch rächt, auch wenn es nur noch gut 400 Höhenmeter bis oben sind? Den Vogel schießt aber ein vermeintliches Double des einem vom Survival-Duo auf DMAX ab: Caprihose und bei der Fußbekleidung dann Plastiktüte, dicke Socken und Sandalen, da friert es mich ja schon vom Zuschauen. Mit Daunenjacke sind auch einige unterwegs, dies sind aber meist die ganz dünnen oder die Thamel-TNF-Variante. Mit dicker Daunenjacke bin ich allein auf weiter Flur.
Vor der Rast hatten mich auch schon meine Träger überholt, sie waren einige Minuten nach mir gestartet. Bevor wir weitergehen, beschließen wir ohne mein Zutun, dass jetzt Ram prasad bei mir bleibt und Shukra Bir mit den Trägern bis zum Pass vorausgeht. Sie sind schneller als ich und immer Warten in der Kälte hat keinen Sinn. Oben am Pass gibt es eine Hütte, wo sie dann im Warmen auf mich warten können. Die Begleitung durch Ram prasad hat für mich noch einen weiteren Vorteil, er trägt wie schon an den Vortagen mein aufgegebenes Hauptgepäck, d.h. im Falle des Falles könnte ich sehr kurzfristig auf 100% meiner Ausrüstung zurückgreifen.
Langsam und mit vielen Pausen geht es immer nach der identischen Leier weiter, nur mit der Zeit wird die Sicht schlechter. Da man meist zwischen zwei „endmoränenartigen“ Erhebungen unterwegs ist, kann man die tatsächlich mögliche Sichtweite nicht abschätzen, und irgendwann müssen wir doch dann auch in die windreicherer Regionen vorstoßen, hatte sie eigentlich schon hier erwartet. Was mich hier schon etwas stutzig macht, ist, dass die umgebenden Berge nicht zu sehen sind. Liegt es am Schnee und dem heute bescheidenen Tageslicht oder ist der Nebel wesentlich stärker als vermutet? Da mein Gesicht und v.a. die Klettverschlüsse der Jacke noch eisfrei sind, dürfte es (noch) nicht am Nebel liegen.
Ich sage zu Ram prasad: »Du wirst sehen, wenn jetzt die Sicht weiter oben vielleicht noch schlechter wird, dann können wir davon ausgehen, dass die Leute dann wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen das Weite sucht und sich Keiner mehr für den Anderen interessiert! Dann kann Jeder selber schauen, wie er weiter kommt. Das täte mich schon ziemlich wundern, wenn’s nicht so wäre!«
Ankunft im Auge des Schneesturms
Nur mit der mentalen Freiheit bei den ersten Trekkern dürfte es inzwischen nicht mehr weit her sein. Wie ein Häuflein Elend sitzen zwei Trekkerrinnen im Schnee und machen auf mich den Eindruck, dass sie mit der Welt am Ende sind. Bis ich auf deren Höhe bin, werden sie aber schon von anderen Guides eindringlich aufgemuntert alles andere zu tun, nur nicht hinsetzen. Und dies sagen sie nicht ohne Grund: würde man sich in großen Höhen zu zügig vom Hinsetzen erheben, dann kann es zu einem massiven Abfall des Blutdrucks kommen, der dann eine Ohnmacht oder auch einen Kreislaufkollaps zur Folge haben kann. Mit Shukra Bir und Ram prasad habe ich vereinbart, dass, wenn ich mich auf der Passetappe freiwillig außerhalb eines Gebäudes hinsetzen würde, dies für sie bedeutet, dass ich nicht mehr Herr meiner Sinne wäre und ein absoluter Notfall vorliegen würde. D.h. runter von der Höhe, schnellstmöglich, egal wie und wenn sie mich einfach den Abhang runterrollen.
Auch wenn man jetzt die ersten Maultiere, nicht verwandt mit rosa Elefanten, sieht, der Sinneseindruck hat seine Richtigkeit. Man kann für den Passaufstieg auch Maultiere buchen und als Immobilie auf den Tierrücken zum Pass gelangen. Aber wie lange dann oben das Auftauen dauert sei dahingestellt. Wie festgefroren sitzen die Reiter für wahrscheinlich mehr als 200USD auf den Maultieren.
Beim Blick auf meinen Höhenmesser erkenne ich, dass wir jetzt gut 5250m Höhe erreicht haben. Der Wind wird jetzt deutlich stärker und somit auch die Sicht schlechter. Die vielen Schlaglöcher in der Schneespur sind noch die gleichen. Wenn ich Ram prasad so anschaue, dann sind sein Pokerface und seine Augen noch ein Herz und eine Seele. Er bietet sich an, meinen Rucksack zu übernehmen, da sage ich nicht nein, sind für mich wegen der schweren Kamera (2,5kg) 10kg weniger zu tragen. Während einer schöpferischen Pause frage ich Ram prasad danach, wie es um den Pass herum ausschaut. Die Sicht könnte ja nochmals schlechter werden und ich habe keine Lust am Pass vorbei zu laufen und dann mit riesen Umwegen oder gar nicht im Tal anzukommen: Inzwischen sieht man keine Bergwände mehr zur Orientierung und ob ich den Personen vor mir im Noch-Sichtbereich zwecks richtiger Route noch trauen kann, bezweifle ich immer mehr. Er sagt mir, dass wir uns eher hangaufwärts rechts halten sollen und bei einer Gesteinsformation, die er mir beschreibt, etwa 50 Höhenmeter unterhalb des Passes diese mit Abstand links unterhalb umrunden sollten, d.h. sie liegt oberhalb der eigentlichen Strecke. Dann sind es noch 10 bis 15 Minuten bis zum Gipfel. Wenn mein Höhenmesser 5350m anzeigt soll ich es ihm sagen. Ich versuche mir im Kopf aus den Beschreibungen von Ram prasad ein Bild von der nicht zu sehenden Landschaft zu machen, hoffentlich bin ich da im richtigen Film.
Aus dem Wind wird jetzt langsam ein Orkan, wegen meiner Daunenjacke und der aufgesetzten Daunenkapuze ist mir der Fast-Rückenwind zuvor kaum aufgefallen. So wie ich die Menschen kenne, wird es vor uns keine Polonaise an Menschen mehr geben, sondern Jeder wird für sich sein eigenes Süppchen kochen und nur noch bedingt auf seine Umwelt achten.
Hatten wir bis jetzt noch eine zu verfolgende Spur, so wird diese von Minute zu Minute nur noch eine konturlose Schneewüste. Es besteht keine Chance mehr, die Lage der Fußstapfen des 20m vor mir Laufenden zu identifizieren, der extreme Wind begräbt mit dem Schnee einfach alles. Ich sehe nur noch einige Einzelkämpfer vor mir und diese sind deutlich langsamer wie ich. Beim letzten Blick hinter mir vor geraumer Zeit, konnte ich bereits erkennen, dass Ram prasad und ich heute die Lumpensammler sind. Aber sind wir überhaupt noch auf den richtigen Weg? Ein ständiges Auf- und Ab vor dem Pass steht zwar in den Reiseführern, der Abstand der ganzen Zwischenhügel ist mir aber fast zu gering. Und die Sicht ist inzwischen sehr bescheiden, vielleicht noch maximal 100m bei „Normalwind“ und bei einer Böe ist es sekundenlang nur noch weiß mit Sichtweite bei fast 0. Es lässt sich eigentlich gar nicht mehr abschätzen, ob wir uns im Tal zwischen den Kamelbuckeln oder obenauf befinden. Nur die Windrichtung zeigt an, dass die eingeschlagene Gehrichtung gar nicht so falsch sein kann. Jetzt heißt es immer die Umgebung und die Lage der Vorauslaufenden zur Umgebung zu beobachten, damit wir nach einer Böe wissen, wo es weiter geht.
Wie aus dem Nichts tauchen Maultiere auf, die uns ohne Besatzung entgegen kommen. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: sie kennen den Weg nicht und nehmen uns beide als Orientierung oder, was ich vermute, sie gehen den Weg, den sie jeden Tag gehen, v.a. wenn sie ohne Führer unterwegs sind. Folglich sollten wir uns eigentlich auf dem richtigen Weg befinden. Trotzdem, eine Orientierung ist eigentlich fast nicht möglich, wo ist nun Ram prasads Gesteinsformation? Wir sind wieder an einem Scheidepunkt angekommen, wie gehen wir jetzt weiter? Die Logik meint geradeaus, mein Bauchgefühl sagt links durch eine kleine Querung, denn ich meine weiter hinten Umrisse eines Felsens, wahrscheinlich kaum 100m weg, zu sehen. An Ram prasad sehe ich, dass sein Pokerface und seine Augen inzwischen zwei verschiedene Sprachen sprechen. Auch aus dem Zick-Zack der inzwischen sehr langsam vor oder auch schon hinter mir Laufenden werde ich nicht schlau. Welcher von diesen Personen eingeschlagene Weg könnte zielführend sein? Im 90° Winkel vor uns ist alles dabei. Selber den vermeintlich richtigen Weg zu suchen und dabei darauf zu achten, unter allen Umständen Keine(n) der in “weiter Umgebung” um mir Laufenden aus den Augen zu verlieren. Da diese wahrscheinlich körperlich und mental völlig am Ende sind, vereinfacht es die Sache jetzt überhaupt nicht.
Wer hat den Weg geklaut?
Und wie geht es jetzt weiter, geradeaus oder halblinks? Ich frage Ram prasad, wo er weitergehen würde und stelle bewusst keine Ja/Nein oder Bevorzugt-Diese-Antwort-Frage. Er ist jetzt selber auch am Rätseln. Da er als Koch auf der Annapurnarunde nur selten gebraucht wird, macht er die Route nicht regelmäßig aber dennoch oft genug. Ich sage ihm, dass mein Höhenmesser 5380m anzeigt, wegen des Sturms dürften wir aber einen erhöhten Druckabfall haben, d.h. von dem Wert dürfen wir einige Meter abziehen.
Und an wen aus den vorauslaufenden Personen sollen wir uns am Besten halten bzw. am meisten aufpassen? Ram prasad und ich beschließen, der am weitesten rechts von uns befindlichen Person unser besonderes Augenmerk zu widmen. Es dürfte sich aus unserer Entfernung gesehen von der Konstitution und der Kleidungsfarbe her um eine Frau handeln, was sich auch später bewahrheitet. Sie sitzt an einem kleinen Felsen und steht gerade von diesem wieder auf. Ich erkenne, dass sie keinen Rucksack mehr trägt und sie sich komplett alleine “weiterschlägt”. Warum ist sie hier ohne Rucksack unterwegs und ganz alleine? Wirft man hier einen Rucksack einfach weg? Zwar nicht auszuschließen, aber dafür läuft sie mir jetzt zu zielstrebig weiter! Wo ist dann die Person, die jetzt den Rucksack von dieser Person trägt? Ist es der Ehepartner, dann wäre diese Vorgehensweise ein Scheidungsgrund ersten Ranges, den anderen hier einfach sich selbst zu überlassen. Ist es der Guide oder der "Lumpensammler" einer Gruppe, dann wäre es eigentlich grob verantwortungslos den Kunden in solch einer Situation sich selbst zu überlassen.
Die Whiteouts, so bezeichnet man Schneesturmphänomene, wenn man nur noch weiß sieht, und deshalb keine Konturen, geschweige denn Himmel und Erde, nehmen an Häufigkeit zu und haben zeitlich inzwischen die Oberhand. Ich schlage Ram prasad vor, während einer Whiteout-Pause sich den Felsumriss anzuschauen, den ich gesehen habe und der von der Beschreibung zu der Gesteinsformation von Ram prasad passen könnte. Ich habe absichtlich meinen linken Fuß genau in Richtung der Formation stehen lassen, um diese nach einem Whiteout wieder schnell zu finden. Nach gut einer Minute kann man den Felsen wieder sehen, sogar etwas besser als zuvor. Die Wandlung von Ram prasads Pokerface in ein kleinkindliches Freudengesicht (er ist älter als ich) in den nächsten Sekundenbruchteilen ist ein Ereignis, dass man sich lebenslang einprägen kann.
Mir sagt es nur, Volltreffer, der Weg passt! Jetzt wo die schlimmste Anspannung aus der Situation draußen ist, frage ich ihn: »Wie lange hättest Du Dein Pokerface noch durchgehalten, deine Augen haben mir seit geraumer Zeit etwas ganz anderes erzählt?«,
»Nicht mehr lang, schaut ihr Europäer den anderen Menschen nicht nur ins Gesicht, sondern auch auf die Augen?« antwortet er sichtlich überrascht.
Darauf ich: »Wir gehen zum Fels und dann langsam in Richtung Pass. Wir müssen aber aufpassen, dass wir von denen schräg vor und hinter uns niemanden verlieren!« und gebe den Personen dabei mehrmals deutliche Handzeichen, wo der Weg hingeht. Ob sie es bemerken, weiß ich nicht. Bei diesen wenigen Personen ist aber ersichtlich, dass sie den Willen haben weiterzukommen, persönliche Hilfestellungen also noch nicht unbedingt notwendig sind. An die genaue Personenzahl kann ich mich nicht erinnern, aber man vergleicht hier im Unterbewusstsein Bilder des Erinnerungsmusters. Obwohl man die Personen nicht wissentlich durchzählt, habe ich einmal die “Alarmmeldung”, irgendwas fehlt in meinem Wahrnehmungsbild, nur was? Irgendetwas war pastell-graufarbig und das fehlt jetzt. Pastellfarben sind hier ab 10m nur noch ein Grauschleier. Wo ist die Frau von zuvor denn jetzt abgeblieben? Eigentlich haben wir immer versucht darauf aufzupassen, dass sie nicht sitzen bleibt und uns nachfolgt, aber kaum ist man ein paar Augenblicke mit sich selbst beschäftigt, findet man sie nicht mehr. Kaum einige Sekunden später erspähen wir sie wieder in unsere Richtung laufend, eine kleine Kuppe hatte die Sicht versperrt.
Die Gesteinsformation ist schnell erreicht, sie liegt auf einem kleinen Plateau, es liegt auch fast kein Schnee. Da wir ja noch vor dem Pass sind und wahrscheinlich etwas zu hoch sind, schlage ich vor nach halblinks leicht bergab zu gehen. So makaber es auch klingen mag, ob wir von hier wirklich bergab oder bergauf laufen müssen, kann wegen des gänzlich fehlenden Horizonts schnell falsch eingeschätzt werden. Es dauert nicht mehr lange, und der Schnee wird wieder knietief, die Whiteouts sind aber kräftig und häufig wie zuvor. Und während ich mit dem Spur legen beschäftigt bin, klopft mir Ram prasad auf die Schulter und zeigt nach vorne. Da ist er, der Pass, oder wenigstens die Teehütte und rechts davon die Gebetsfähnchen und die Passschilder, wir haben es geschafft. Kaum 50m liegen sie entfernt!
Ich gebe allen hinter mir Laufenden eindeutige Zeichen, wo der Pass sich befindet.
Ankunft am Thorong La
Aber nach ein paar Sekunden ist es wieder vorbei mit der Sicht, zweifelsfrei ist nur noch erkennbar, wo ist oben und wo ist unten. Jetzt heißt es wieder die Geduld zu bewahren und auf ein Sichtfenster zu warten und dann die nächsten 20-30 Schritte zu wagen. Nach zwei weiteren Zwischenstopps haben wir endlich die Hütte am Pass erreicht. Nur irgendwie habe ich mir den Pass unabhängig vom heutigen Wetter etwas anders vorgestellt. Man geht zwischen der Passmarkierung und dem Teehaus hindurch, erwartet hätte ich eigentlich, dass der Weg an beiden vorbeiführt.
Vor der Hütte erkenne ich auch mehrere Tragekörbe, von zwei bin ich mir absolut sicher, dass sie zu uns gehören, und ein weiterer dürfte auch ein unsriger sein. D.h. die Träger müssten alle den Pass erreicht haben. Die Windverhältnisse sind schon extrem hier, aber warum stehen da noch ein paar Menschen vor der Hütte, ist im Innern kein Platz mehr? Im Bereich des Passschildes ist niemand, ist auch nicht verwunderlich, der Wind pfeift in Orkanstärke und zwischen Hütte und Passmarkierung dürfte z.T. mehr als ein Meter Schnee liegen. Kaum sehen wir uns um, ist auch schon Shukra Bir da und begrüßt uns freudestrahlend mit sichtlich allergrößter Erleichterung.
Shukra Bir sagt: »Die anderen sind schon lange im Innern der Hütte, die ist aber inzwischen restlos überfüllt. Kein Chance auf einen Platz!«
»Und der Rest der Meute wartet auf Einlass?« antworte ich und Shukra Bir erwidert: »So in etwa«. Auf meine Frage zu Shukra Bir, wie er in dem Schneechaos so schnell mitbekommen hat, dass Ram prasad und ich gerade am Pass eingetroffen sind, wir haben ihn ja außerhalb der Hütte nicht gesehen , antwortet er lapidar: »Ich habe nur etwas in Knallorange an der Tür vorbeigehen sehen, was nach einem Rucksack ausgeschaut hat. Und dein Rucksack ist der Einzige in Knallorange, den ich in den letzten Tagen gesehen habe!«.
Während unseres Gesprächs bemerke ich im Augenwinkel, dass jemand eine Rettungsdecke auswickelt. Ich drehe mich um und sehe, dass mehrere Personen um eine Frau herum stehen, die im Gesicht so ziemlich jede Farbe des Regenbogens, sei es knalliges rot, intensives blauviolett, kräftiges braungelb, … hat und am ganzen Körper nur noch fürchterlich zittert. So viele unterschiedliche und extreme Farbnuancen hat ja in Deutschland fast keine einzige Frau in ihrem Beauty-Case. Die Kleidungsfarbe der Frau ist ähnlich der Person, die ich vor dem Pass überholt habe und wo ich nach dem Erreichen des Passes gesehen habe, dass diese auch nur noch wenige Meter hat. Was nicht passt, ist, irgendwie fehlt da jetzt mindestens eine Konfektionsgröße und, wenn es die identische Person ist, so stark verfroren hat sie mir vor dem Pass auch nicht gewirkt. Mehrere Personen, es scheinen Nepali zu sein, scharen sich im Halbkreis um die Person und versuchen sie auch zu stützen. Aber warum steht denn keiner in Ihrem Rücken, der orkanartige Wind bläst genau in ihren Rücken. Die können doch nicht vorne ihr die Rettungsdecke umlegen und am Rücken der Frau setzt sich ihr Schockgefrieren fort!
Noch bevor ich mich auf den Weg mache, mich als Windschutz zwischen Windböen und der Frau zu stellen, mache ich mir leise oder auch laute Gedanken, ich vermute ich habe es nur gedacht und nicht laut ausgesprochen (im Originalton-Süd hätte es hier sowieso niemand verstanden) was die Vorgehensweise hier soll: »Bringt die Frau schnellstmöglich hier weg, mit dieser dünnen Jacke erfriert die hier sonst! Die ist restlos unterkühlt! Rein in die Hütte egal wie, oder sofort ab nach unten und wenn ihr sie am Seil runterzieht! Lieber 50 blaue Flecken und ein paar Knochen mehr als zeit Lebens gefriergetrocknet!«
Man bin ich froh, dass wir alle hier am Pass zusammen sind. Oft während des Aufstiegs habe ich mich mit dem Gedanken beschäftigt: was passiert, wenn einer aus Übereifer am Pass gleich weiter rennt und ich aber noch vor dem Pass umkehren muss. Ich hatte immer im Hinterkopf, dass ich es mir im Sinne der Unversehrtheit der Gruppe gar nicht leisten darf, den Pass nicht zu erreichen. Danke, wieder eine Angst weniger.
Beim Eigencheck bei mir merke ich, dass bei mir alles in Ordnung ist. Die Schuhe sind trocken, die Füße angenehm temperiert, eigentlich alles angenehm, nur an den Händen beginne ich auszukühlen. Und ich bin der Einzige mit dickerer Daunenjacke hier. In welchen mentalen Zustand wäre ich jetzt, bei frierenden Zehen oder kaltem Bauch? Auch Shukra Bir und Ram prasad sind mir die wenigen Meter gefolgt. Sicherheitshalber will ich zumindest den Blick vom Pass zurück wagen, könnte ja jemand kommen, der Hilfe braucht. Aber nach kaum 10 Sekunden gebe ich dieses Vorhaben freiwillig auf. Wer schießt hier mit abertausenden kleinen extrem heißen Stahlkugeln bei dem orkanartigen Wind mitten in mein Gesicht? Mit der Hand muss ich den Klettverschluss meiner Kapuze festhalten, damit der Wind den Klettverschluss nicht noch aufreißt. Da sind doch hier gefühlte -50°C oder noch niedriger! Da muss doch die oberste Hautschicht im Gesicht schon weggefroren sein, das Gesicht brennt binnen weniger Sekunden auf das Fürchterlichste! Ist das in der Luft noch Schnee oder schon flüssiger Stickstoff im Sturm? Solche gefühlten kalten Temperaturen wie gerade aktuell habe ich bis jetzt noch nicht einmal im Ansatz in meinem Leben erlebt. Da waren ja meine kältesten -21°C ja noch tropische Hitze. Scheiß Wind!
Wenn ich mich jetzt wieder aus dem Wind drehe, haben die Anderen die frierende Frau schon in die Hütte gebracht, oder muss ich mich dann um eine gesundheitserhaltenden Lösung der Sache kümmern? In meinem Rucksack wären noch eine Daunenhose zum Drüberziehen und die dann abzugebende Daunenjacke könnte ich mit meiner Hardshell tauschen, müsste mir dann aber eine zweite “Langarmlage” unterhalb der Hardshell anziehen.
Kaum wende ich den Wind wieder den Rücken zu, wird es wieder erträglich und auch mein Gesicht scheint sich wieder zu erholen. Auch sehe ich, dass die Menschen versuchen, die extrem stark unterkühlte Frau in das Innere der Hütte zu bringen bzw. dass sie sich fast nicht mehr außerhalb der Hütte befindet. Ihre Versorgung dürfte gesichert sein. Wünschen wir ihr das Beste.
»Sag mal Shukra Bir, stehen da noch Leute hinter der Hütte, da müsste doch kaum Wind sein?« frage ich und erhalte als Antwort von ihm, »Da ist nur eine riesige Schneeverwehung, da kann keiner hin!«. »Shukra Bir, hinter der Hütte sind normal Turbulenzen, deshalb die Schneeverwehung. Zwei Meter weiter hinten sollte kaum Wind sein, kann auch ein Meter mehr oder weniger sein, da können wir uns hinstellen!«. Shukra Bir schaut mich absolut ungläubig an, geht aber trotzdem hinter die Hütte. Kaum angekommen winkt er uns umgehend herbei. Und tatsächlich ist an der Stelle sehr deutlich weniger Wind. Ich habe mich zwar während meines Studiums für die Strömungsmechanik kaum begeistern können, aber anscheinend lernt man im Studium auch mal was fürs (Über-)Leben.
Auf meine Frage an Ram prasad, ob denn Zustände wie aktuell öfters vorkommen, erhalte ich als Antwort, dass es schon heftig sei, sie aber solche Zustände schon mitgemacht haben, aber noch nie hier am Thorung La.
Auch wenn die aktuellen Witterungszustände nicht unbedingt der Lebensdauer von Elektronikbauteilen freundlich gesinnt sind, beschließe ich, dass Shukra Bir ein Bild von mir am Passschild machen soll, als Beweisfoto, welche Zustände hier herrschen. Das glaubt mir sonst keiner danach und es müssen ja nicht immer diese Schönwetterfotos bei den Reiseveranstaltern sein. Für diesen Zweck ist es mir egal, ob meine Fotokamera dieses Ansinnen übersteht, auch wenn deren Neuwert über dem Preis dieser Reise liegt!

Schönwetterphase (kein Witz !!!) am Thorung La - 14.10.2014 9:23 Uhr - Das Bild wurde mit 1/250s Belichtungszeit aufgenommen, man beachte im verlinkten Bild in Originalgröße die Länge der Schneefahnen
Das Bild in Originalgröße anschauen.

In voller Konzentration nach dem nächsten Whiteout die 10m entfernte Hütte am Thorong La Pass wieder zu finden

Auch wenn diese Aufnahme am Thorung La Pass beim Gang vom Teehaus zum Passschild erfolgte, es zeigt exemplarisch auch die Spur- und Schneeverhältnisse auf der Manangseite rund um den Thorung La.
Ende von Teil 1 (der Text darf nur 50.000 Zeichen lang sein).
im Oktober 2014 unternahm ich als Ein-Mann-Gruppe eine Trekkingtour rund um die Annapurnas in Nepal. Im Unterschied zu den meisten Trekkingtouren rund um die Annapurnas, erfolgte die Übernachtungen fast ausnahmslos im Zelt, somit war ich mit einer kompletter einheimischer Begleitmannschaft (Guide, Koch, 3 Träger) unterwegs. Stationen der Tour (von Bhulbhule bis Nayapul nur auf Schusters Rappen): Besisahar - Bhulbhule - Tal - Chame - Pisang - Manang - Thorung La - Mutinath - Kagbeni - Kali Gandaki bis Tatopani - Ghorepani - Poon Hill - Nayapul.
Der 5416m hohe Thorung La Pass gilt als Höhepunkt dieser Trekkingtour. Weltweite Bekanntheit gelangte dieser Pass mit dem Schneesturmunglück vom 14.10.2014. Und genau an diesem Tag befanden wir uns mit geschätzt mehr als 400 Personen (Trekker, Guides, Träger, ...) auf der Strecke über den Pass.
Mir und alle meinen nepalesischen Begleitern wurde die Chance gegönnt, dieses Unglück vom 14.10.2014 am Thorung La körperlich und seelisch unverletzt überleben zu dürfen. Viele hatten dieses Glück nicht und manche haben den Traum oder die berufliche Notwendigkeit an diesem Tag den 5416m hohen Thorung La Pass zu überqueren mit dem Wertvollstem in ihrem Leben bezahlt, mit ihrem eigenen Leben.
Nehme ich die Zahlen aus Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Thorong_La), so wurden nach dem Unglück mehr als 300 Personen mit Hubschrauber gerettet, die Zahl der Toten wird mit 43 angegeben (Eigene Anmerkung: wahrscheinlich im "Großraum" Thorung La, also auch weitab vom Pass). Noch 5 Tage später wurden 45 Personen vermisst.
Mit diesem Reisebericht, der weitestgehend identisch so auch auf meiner Homepage zu lesen ist, möchte ich die Geschehnisse an diesem Tage wie ich sie erlebt habe wiedergeben. Ich beschränke mich hier aber nur auf die beiden Tage vor der Passquerung und die Passquerung selbst.

Am Tag nach dem Schneesturm. am Morgen des 15.10.2014 - Blick auf den Thorung La Pass (in Bildmitte), Muktinath und Jarkot auf den Weg nach Kagbeni
Es gibt Tage, die wünscht man seinem ärgstem Feind nicht. Oder, wie aus einer Trekkingtour, die von “Insidern” gerne verächtlich als Synonym eines “Banana Pancake Trails” bezeichnet wird, ganz schnell eine Fortsetzung von Jon Krakauers Tatsachenroman “In eisigen Höhen” werden kann.
Da der Bericht etwas umfangreicher ist (trotz nur 2 1/2 Tagen Inhalt), muss ich ihn auf mehrere Teile aufteilen (es gibt die 50.000 Buchstaben Grenze).
- Teil 1: Der Weg bis zum Pass
- Teil 2: Der Weg vom Pass nach Muktinath Phedi Teehaus
- Teil 3: Muktinath Phedi Teehaus nach Muktinath
Der im Bericht genannte Ram prasad Rai war mein Guide und Koch, Shukra Bir Rai war mein Assistenzguide. Zwei Profis in ihrem Fach, ohne die ich diesen Bericht wahrscheinlich nie mehr hätte schreiben können.
Hinweis: Dieser Reisebericht ist v.a. ab Teil 2 nicht unbedingt als Gute-Nacht-Lektüre zu empfehlen.

Sonnenuntergang an der Annapurna 2 (7937m) am 11.10.2014, fotografiert von einem Teehaus bei Ghusang (4000m ü.NN) aus
Tag 10 (12.10.2014): Teehaus oberhalb von Ghusang - Ledar

12.10.2014, gegen 12 Uhr - Zeltplatz in Ledar - Annapurna III und Gangapurna im Hintergrund
...
Gegen 17 Uhr sehe ich dann über den Annapurnamassiv etwas, was mir so gar nicht gefällt: geschätzte 2km oberhalb der Berge am Annapurnamassiv sind drei kleinere flache und langgestrecke Wolken zu sehen. Von der Größe her eigentlich absolut unbedeutend, aber was machen die da so weit oben? Ich kenne kein Foto, wo sich kilometerweit oberhalb eines 8000ers einzelne Wolken befinden, überlichweise ist ja bei den tischtuchartigen “Föhnhauben” Schluß. Skukra und Ram prasad messen diesen Wolken (die ich leider nicht fotografiert habe) keine Bedeutung bei, aber für mich bedeuten solche Wolken, dass verdammt viel Unruhe in der Atmosphäre zu sein scheint. Ich sage zu Skukra: »In den nächsten 48 Stunden ändert sich das Wetter grundlegend, hoffentlich nur auf der anderen Seite des Massivs! Skukra, diese Wolken sind 24 Stunden zu früh da!«. Wenn die Wolken so weit oben sind, dann wirken sie wie ein Staubsauger , der Luftfeuchte nach oben zieht. Die uns abgewandte Seite des Annapurnamassivs ist ähnlich einem Amphitheater aufgebaut, da kann verdammt viel feuchte Luft aus den niederen Lagen aufgewirbelt werden, v.a. da mit der süd- bis südwestlichen Windrichtung dazu alles passt. Hoffentlich sind meine Sorgen dazu unbegründet.
Sage nie zu deinem Guide, dass Du seit einigen Minuten ganz leichtes absolut harmloses Kopfweh hast, nur mit dem Wort “Kopfweh” schrillen bei ihm alle Alarmglocken. Als Folge davon dürften im weiten Umkreis alle Knoblauchzehen ausverkauft sein, denn die folgende Nudelsuppe besteht eigentlich mehr aus Knoblauch als aus Nudeln. 30 Minuten später ist das Kopfweh wieder verschwunden, eigentlich wie von mir vermutet, denn Uhrzeit des Auftretens, Lage und Intensität haben mich eher auf die noch nicht gänzlich ausgestandene Erkältung schließen lassen. Als Folge sage ich zu Shukra Bir: »Ich muss meine Matte im Zelt in eine andere Richtung drehen. Wenn mir heute Nacht wegen dem Knoblauch einer entfleucht, dann wären bei Euch Gasmasken angesagt.«.
Heute Nacht ist es deutlich wärmer im Vergleich zu Gestern, drückt da irgendwas die angewärmte Luft aus dem Manangtal herauf?
Tagesdaten: Start: Teehaus oberhalb von Ghusang (3930m ü.NN) - 7:30 Uhr, Ziel: Ledar (4200m ü.NN) - 11:00 Uhr, ↑401m, ↓141m
Tag 11 (13.10.2014): Ledar - Thorung La High Camp
Die Nacht heute war ruhig, aber noch vor 6 Uhr beim Weg zu den großen Stehgeschäftsräumen sind schon die ersten Trekker in Richtung Thorung Phedi, der letzten Ansiedlung vor dem Pass unterwegs. Diese sind deshalb schon so früh auf den Beinen, weil die Plätze in den Lodges vor dem Pass im Windhundverfahren vergeben werden, d.h., wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Shukra Bir deutet mir an, dass wir uns da keine Sorgen machen müssen, wir sind die Allereinzigen im Zelt und können uns den Platz aussuchen.
In der Dunkelheit ist es doch noch knackig kalt geworden, nur etwas später als in den letzten Tagen, über dem Annapurnamassiv sind einige Wolken zu sehen, wesentlich mehr wie in den letzten Tagen, aber der Blauanteil am Himmel überwiegt noch deutlich.
Nur um 8 Uhr finde ich über der Annapurna III und dahinter ein deutlich indifferentes Wolkenbild vor, mit nur noch etwas durchscheinenden blauem Himmel über den ganzen Annapurnas. Damit ist mir klar, zumindest über den Annapurnas kündigt sich ein Wetterumschwung an, hier im kaum 15km entfernten Ledar ist es fast noch wolkenlos. Gegen 11 Uhr wissen wir, wo der Hase hinläuft, werden die Wolken mehr, dann wird sich der Gemütlichkeitsgrad der Tour reduzieren. Das Wolkenbild für sich alleine könnte zwar alles bedeuten (heiter in 1h oder Niederschläge), aber es ist so ganz anders als an allen Tagen zuvor und deshalb lässt es mir auch keine Ruhe.
Lange laufen wir an der Ostseite des Kone Khola entlang, bis wir wieder gut 100 Höhenmeter absteigen müssen. Die verlorenen Höhenmeter müssen auf der gegenüberliegenden Seite wieder hinzugewonnen werden, dafür gibt es aber dort für die Ungeduldigen auch ein Teehaus. Wenn man aber in Richtung der Annapurnas blickt, dann haben wir dort schon eine geschlossene Wolkendecke, hier ist es erst bewölkt. Nur wenig an- und absteigend verläuft der Pfad in Richtung Ende des Tales. Es gilt aber auch einen stark erdrutschgefährdeten Hang zu queren. Gegen 10 Uhr treffen wir in Thorung Pedi, oft auch Thorung La Base Camp genannt, auf 4520m ü.NN ein.
Für viele ist hier bereits die heutige Endstation, wir wollen aber noch die 370 Höhenmeter hinauf ins Thorung La High Camp wandern, dann sparen wir uns Morgen viele Höhenmeter. In steilen Serpentinen und über steiles Blockgelände führt uns der Weg nach oben, in der hier noch scheinenden Sonne eine sehr schweißtreibende Angelegenheit. So dauert es auch gut eine Stunde bis wir am 4890m hoch gelegenen High Camp ankommen. Unsere Zelte, es sind ja die Einzigen hier oben, sind deutlich zu erkennen. Um 12 Uhr hat es inzwischen komplett zugezogen, die Sonne ist nicht mehr zu sehen.

Zwei einsame Zelte am Thorung La High Camp
Das Mittagessen gibt es heute in meinem Zelt. Nur es wird immer dunkler. Konnten wir bis 13:30 Uhr die Spitze des Chulu West problemlos sehen, so fällt jetzt die Wolkendecke. Den 4980m hohen Aussichtsberg in Campnähe wollen wir nicht besuchen, da die Sichtverhältnisse immer schlechter werden. Wir machen nur einen kurzen Spaziergang in Richtung des Aussichtsberges. Hatte ich in den letzten Tagen immer ein Hardshell als oberste Jackenschicht, so habe ich mich jetzt für meine Daunenjacke entschieden. Nicht weil es so kalt ist, sondern, wenn man schon eine Jacke mit 1,5kg tagtäglich mitschleppen lässt, dann muss ich sie auch irgendwann mal anziehen. Wenn schon eine Übernachtung am kalten Tilicho See entfallen ist, dann darf sie Morgen als oberste Kleidungsschicht herhalten.
Die nicht überlebensunwichtige Bedeutung meines eher als Spass gemeinten Satzes an Skukra: »Ich zieh die Daunenjacke heute schon mal an, damit Ihr wisst, wie ich morgen bei der Passquerung ausschaue!« kann ich heute noch nicht erahnen. Aus einer grünen Hardshell ist eine dunkelblaue Expeditionsdaunenjacke geworden. Nicht nehmen lassen wir uns den Besuch der restlos gefüllten menschlichen Legebatterie im Camp für die Lodgenächtiger.
Gegen 15:30 Uhr oder auch etwas später beginnt der Schneefall, zunächst als Graupel, dann als "angenässter Pulverschnee". Kein wirklich starker Schneefall, aber es schneit sich ein. Die Wolkendecke sinkt immer weiter.
Abendessen gibt es gegen 17:30 als Candle-Light-Dinner im Zelt. Wir wollen uns Morgen schon um 4:15 Uhr in Richtung Thorung La Pass auf den Weg machen, denn ab 7 Uhr soll es am Pass oft einen kalten und starken Wind geben und den wollen wir meiden. Ab 19 Uhr haben wir hier am High Camp schon eine geschlossene Schneedecke und erstmals muss ich auch den Schnee vom Zelt klopfen. Eigentlich wäre ab jetzt Bettruhe angesagt, aber der Schnee auf dem Zelt verlangt doch noch 2-3x ein Klopfkomando. Aber ab 22 Uhr ist mir das Schneeklopfen leid und ich schlafe bis 3:30 Uhr ungestört durch. 5,5 Stunden ununterbrochenen am Stück auf fast 5000m geschlafen, dass ist neuer Rekord für mich.
Tagesdaten: Start: Ledar (4200m ü.NN) - 7:30 Uhr, Ziel: Thorung La High Camp (4890m ü.NN) - 11:45 Uhr, ↑898m, ↓317m

Morgenhimmel am Annapurnamassiv von Ledar aus: 13.10.14 - 8:00 Uhr

Aufziehende Wolkenfront, von Thorung Phedi Teehaus (4400m) - 9:30 Uhr

Zuziehende Wolkenfront, von Thorung La High Camp (4890m) aus - 12:00 Uhr; ab 13:30 ist der Chulu West, der weiße Berg am linken Bildrand, immer weniger zu sehen, ab 15 Uhr überhaupt nicht mehr
Tag 12: Thorung La High Camp - Thorung La - Muktinath
Aufbruchstimmung
Kurz vor 3:30 Uhr werde ich wach, im Zelt ist es noch nicht komplett abgedunkelt, d.h., das Zelt befindet sich noch nicht gänzlich unter dem Schnee begraben. Im Zelt ist es trotz der Höhe von 4900m ü.NN eigentlich gar nicht so kalt, da dürfte der Schnee an der Außenseite als gute Isolationsschicht wirken. Beim Verlassen des Zeltes zum ersten Pinkelstopp am heutige Tag fällt mir auf, dass sich die Schneemassen seit meinem letzten Boxenstopp um 22 Uhr nachts zwar vermehrt haben, aber nicht um dramatische Mengen. Es dürften jetzt etwa 20-30cm Neuschnee an unserem ebenen Zeltplatz liegen.

Thorung La HC - 14.10.2014 um 3:30 Uhr - Blick aus meinem Zelt zum Zelt der Begleitmannschaft - links Abdeckplane mit Ausrüstung
Auch aus dem Mannschaftszelt sind jetzt Geräusche zu vernehmen, als Erster verlässt Guide und Koch Ram prasad das Zelt und geht zur Abdeckplane, wo meine Begleitmannschaft ihre komplette Ausrüstung gelagert hat, denn bei 5 Mann in einem 2,5mx2m großen Zelt gibt es da für solche Dinge wirklich keinen Platz mehr. In stoischer Ruhe packt er zunächst seinen Eispickel aus und beginnt mit dem strukturierten Sortieren der Schneemengen rund um Abdeckplane und den Zelten. Damit meine Mannschaft weiß, ich bin wach und alles ist in Ordnung, gehe ich zum Zelt und wünsche ein freundliches »Namaste«. Nur bei Shukra Bir bin ich mir aufgrund seines Gesichtsausdrucks nicht ganz sicher, ob er davon überzeugt ist, dass bei mir alles in Ordnung ist. Ich stehe noch barfuß in meinem Schlafanzug (kurzes T-Shirt und kurze Unterwäsche) im tiefen Schnee vor dem Zelt bei deutlichen Minustemperaturen.
Seine Frage »Keine Schuhe an hier im kalten Schnee?«
beantworte ich mit »Nö, dann werden wenigstens die Tevas nicht nass bis ich sie im Packsack verpacke!«.
Nach Erledigung der drängendsten Angelegenheiten beginne ich mit dem Verpacken meiner Ausrüstung. Wir haben Neuschnee ohne Altschneelage, deshalb lasse ich meine Grödel im aufgegebenen Gepäck, meine Hardshell-Jacke packe ich aber zusätzlich in den Rucksack ein, könnte ja zusätzlich zur Kälte noch nass und windig werden und dann wäre die Daunenjacke als wichtigster Witterungsschutz schnell an ihrem Grenzbereich angelangt. Erstmals seit dem Chukhung Ri im Everestgebiet in der letzten Herbstsaison bin ich auch „untenrum“ wieder winterhart angezogen, d.h. zwischen Trekkinghose und kurzer Unterwäsche gibt es noch die langen Liebestöter. Über der Trekkinghose dient dann die Regenhose als Wetterschutz und als Gamasche. Obenrum ist es dann das kurze Trekkinghemd, ein altes Hanes-Sweatshirt und meine (Expeditions-)Daunenjacke mit Kapuze, sinnigerweise eine Mountain Equipment Annapurna, und Fingerhandschuhe. Wobei die Handschuhe nicht unbedingt für kalte und nasse Bedingungen geeignet sind, dafür gibt es aber in der Daunenjacke extra Handschuhtaschen. Einen Ersatzakku für die Kamera trage ich sicherheitshalber in der innersten Jackentasche, man weiß nie, wie kalt es oben werden kann.
Die ruhige und zielgerichtete Art und Weise wie das ganze Team heute arbeitet, lässt mich vermuten, dass solche Bedingungen wie gerade jetzt hier gar nicht so unüblich sein dürften. Nur unser Starttermin mit 4:15 Uhr dürfte sich unmöglich halten lassen, es dauert wegen der Witterungsbedingungen einfach alles länger, trotz tatkräftiger Mithilfe meinerseits beim Abbau (normalerweise lassen sie mich sonst nie mithelfen). Auch einer der Träger überrascht mich heute, er war bis jetzt immer in Badelatschen unterwegs und heute steht er in Schuhen da, die durchaus auch ein Meindl Island sein könnten. An den Vortagen hatte ich die Thematik „Schuhwerk“ schon einmal angesprochen und u.a. gesagt: »Jeden von uns, den ich ohne vernünftiges Schuhwerk am Pass sehe, den streiche ich das Trinkgeld und für euch als Guides gibt es 10% Abzug für jeden „Ertappten“!«.
Auf meine Frage: »Wie habt Ihr denn diese Schuhe da wieder organisiert?«
antwortet Shukra Bir: »Gar nicht«.
»Wie gar nicht?« frage ich verdutzt zurück und Shukra Bir sagt:
»Er war vor 2 Jahren mit 18 ganz oben auf dem Mera Peak und seither hat er sie. Er zieht sie aber nur an, wenn es unbedingt sein muss, damit sie auch lange halten! Solche Schuhe bekommt man selten geschenkt und sie passen ihm auch noch richtig gut«. Anmerkung des Verfassers: Der Aussichtsberg Mera Peak ist mit fast 6500m Höhe der wohl höchste Berg der Welt, der von Trekkern noch ohne Expeditionserlaubnis aber unter erschwerten Bedingungen (Steigeisen) „erwandert“ werden darf.
Vor dem Start gibt es für mich noch ein persönliches Problem zu lösen, schaffe ich bis dorthin noch ein großes Geschäft oder nicht? Die Strecke heute ist sicherlich vegetationslos und Versteckmöglichkeiten für die Erledigung und Ergebnisse des großen Geschäfts dürften keine vorhanden sein. Und viele Stunden mit Pobackenübungen und mit der Angst herumzulaufen, dass es bei den in diesen Höhen wesentlich häufiger erforderlichen Druckausgleichsmaßnahmen im Verdauungsapparat zu Phasentrennungen kommen könnte, dies will ich mir nicht antun. Aber meine Wünsche werden erfüllt und es verwundert mich, dass vor den wenigen Latrinen um diese Uhrzeit gar nichts los ist, trotz Überbelegung der Legebatterien hier, haben die alle verschlafen?
Es ist fast 5 Uhr, bis wir soweit fertig sind, dass wir starten können. Wir werden zwei Teams bilden, einer der Guides und ich und der zweite Guide und die Träger als zweites Team. Und wir machen aus, dass wir uns spätestens oben am Häuschen am Pass treffen und dort nur gemeinsam weiter- oder zurückgehen, egal was passiert! Beim „Briefing“ sage ich zu Shukra Bir und Ram prasad, dass ich heute deutlich langsamer sein dürfte im Vergleich zu den Vortagen. Meine Erkältung ist zwar fast gänzlich weg, ich fühle mich pudelwohl ohne irgendwelche Anzeichen von höhenbedingten Unpässlichkeiten (eine „Höhenkrankheit“ ist für mich keine Krankheit, sondern das Ergebnis der Unfähigkeit des eigenen Körpers auf die geänderten Bedingungen in der Höhe zu reagieren) aber es war verdächtig wenig Schleimlösung nach meiner Erkältung in den letzten Tagen. Ich weiß nicht, war es nicht mehr Schleim oder ist da höhenbedingt eingetrockneter Schleim noch in der Lunge. Als „Zwergfellatmer“ benutzt man als Standardatemreservoir andere Lungenbereiche im Vergleich zu einem „Brustkorbatmer“.
Durch die Höhe verliert man beim Atmen schon sehr viel Flüssigkeit, es kann also sein, dass der Schleim eingetrocknet ist. Ein ähnliches Phänomen hatte ich vor Jahren in Bolivien in 4000m Höhe. Aus der Freude, dass bei einem Schnupfen die Nase nicht läuft, wurde später die Erkenntnis, dass der deshalb eingetrocknete „Rotzballen“ irgendwo in der Nebenhöhle auf einen Nerv gedrückt hatte und ich als Folge tagelang massivste Schluckbeschwerden hatte (und sonst gänzlich beschwerdefrei war). Als Folge daraus werde ich heute versuchen, ein bestimmtes Belastungsprofil nicht zu überschreiten, d.h. ich dürfte wahrscheinlich viele Pausen machen. Und eine 100%ige geistige Flexibilität hat hier für mich deutlich den Vorrang vor dem Genießen körperlicher Höchstleistungen. Das „Geil Puls 250 ohne schwarz vor Augen“ und dann den Guide fragen „Is heute Bundesliga?“ kann ich mir ersparen. Gesund und munter in Muktinath ankommen ist wichtig, wie lange ich bis zum Pass brauche ist zweit- oder drittrangig! Das Ersteres für einige Leute, die auch heute über den Pass wollen , absolut unmöglich werden wird, von dieser Information sind wir noch weit entfernt.
Für mich heißt es jetzt noch einmal in mich zu gehen und die aktuelle Situation zu analysieren und Schlüsse daraus zu ziehen, wie auf die geänderten Bedingungen eingegangen werden soll. Der Schnee hat hier 30cm, also dürften es oben am 550m höher gelegenen Pass max. 50cm Schnee sein, Schneeverwehungen nicht berücksichtigt. Hier ist der Schnee ein „angenässter“ Pulverschnee oder ein trockener Pappschnee. Da es keine Föhnwetterlage ist, dürfte der Schnee weiter oben nicht nässer sein, eher trockener und flugfreudiger. Die Schneemassen dürften zur Gänze Neuschnee sein, also keine lawinenfördernde Schneeschichten. Hier ist kaum Wind, es schneit großflockig aber kristallig, d.h. der Schnee wird sich verzahnen, passt also. Wir sind spät dran, d.h. vor 7 Uhr sind wir unmöglich am Pass, es wird also kalt und windig werden. Hier auf 4900m haben wir keinen Nebel, ob es oben so sein wird? Der Pass wird windbetreffend eine nicht geringe Düsen- bzw. Injektorwirkung haben, d.h. nach dem Pass dürfte es größere Windturbulenzen und Schneemengen geben als vor dem Pass, ich denke mal mit 100m Höhenunterschied dürfte man rechnen. Wird es z.B. auf 5300m vor dem Pass witterungsbezogen „knackig“, dann dürfte dies bis auf 5200m auf der windabgewandten Lee- bzw. Muktinath-Seite andauern. Gibt es überhaupt schon eine Spur oder erkennt man die richtige Spur anhand der Geländebedingungen? Es ist ja alles Neuschnee und beim Gang zu den Latrinen war der Schnee außerhalb des Lagers noch jungfräulich.
Unter normalen Bedingungen wäre es laut Reiseführer, auf dessen genannte Gehzeiten bis jetzt fast immer Verlass waren, 3 Stunden von hier bis zum Pass. Rechnen wir mal 1 Stunde für den Schnee und 1 Stunde für mein heutiges Tempo dazu, dann heißt es 10 Uhr am Pass. Vom Pass bis nach Muktinath sind es 3,5h normal, rechnen wir heute mit 5h und 30 Minuten Pause oben am Pass, dann dürften wir, wenn nicht Gröberes passiert, um 15:30 Uhr in Muktinath sein. Ab 17:30 wird es schnell dunkel, trotz verspätetem Start haben wir also genügend Zeit und Verlaufen soll man sich hier ja kaum können. Ein leicht in die Welt gesprochener Satz eines noch Unwissenden. Und zu allem Überfluß ist heute wieder Oktober der 14., auf den Tag genau ein Jahr seit dem Schneechaos auf meiner Everestrunde 2013.
Der Weg beginnt
Kurz nach 5 Uhr starte ich mit Shukra Bir. Zunächst müssen wir ein paar Höhenmeter nach oben, bis wir das „Hauptlager“ erreicht haben, alle Spuren dorthin und zurück passen nur zu meiner Schuhgröße. Nach dem Satz von mir zu Shukra Bir »Schau’mer mal, wie hart es wirklich wird!« gehen wir im Schnee in die Nacht. Schon nach einigen Metern ist klar ersichtlich, eine Spur ist heute noch nicht nach oben gelegt worden und im Lager unten herrscht auch nur eine begrenzte Betriebsamkeit, es warten aber schon einige Menschenansammlungen, dass sie starten können. Shukra Bir legt die Spur an und ich versuche meine Fußtritte genau in seine Tritte zu legen, damit schöne Trittstufen entstehen und es für die Nachfolgenden weniger anstrengend werden wird nach oben zu gelangen. Nur Schrittgröße und Schuhabdruckgröße differieren zwischen mir und Shukra Bir schon deutlich (Schuhgröße 44 bzw. 10,5 zu 35+x, Körpergröße 1,85m zu max. 1,65m), aber irgendwie kriegen wir das schon hin.
Auf dem ersten Hausberg nach dem Lager, sage ich zu Shukra Bir, dass es so nicht weitergehen kann. Ich rede weiter, dass ich keine Lust habe, im knietiefen Schnee mit ihm für alle anderen stundenlang den Spurbob zu spielen. In der Ebene wäre mir das egal, aber konstitutionsbedingt haben meine für die Körpergröße und -masse eher zu kurz geraden Beine beim hohen Anheben der Beine raus aus dem Schnee den Berg nach oben wesentlich mehr Aufwand zu treiben. Wenn sich keiner erbarmt, dann gibt es heute keinen Pass und auch kein Muktinath. Aus, pasta! Aber wir müssen keine fünf Minuten warten, bis die erste Gruppe an uns vorbeimarschiert, zwei Bergführer voraus und die Meute hinterher. Die Meute oft damit kämpfend, wie man die Stöcke ohne Schneeteller mit möglichst wenig Nachteilen und Kollateralschäden benützen kann.
Am Zelt waren es 30cm Schnee, jetzt hier knietief, sind es dann 3 Meter am Pass? Darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken, denn knietief ist er hier vor und nach einem kleinen Kamm, also dürfte er abseits davon auch nicht tiefer werden. Von unseren kleinen Aussichtspunkt haben wir einen schönen Blick in den beleuchteten „Innenhof“ des Lagers, inzwischen stehen die Trekker dort in längeren Zweierreihen vor den beiden Latrinen an. Wo kommen denn die ganzen Leute her? Am Anfang meiner Tour war fast nix los und jetzt kriechen sie aus allen Ecken und Enden heraus, dass sind ja mit den Einheimischen ein paar Hundert!
Schon die ersten Meter nicht selbst gespurter Neuspur zeugen davon, dass der oder die beiden Spuranleger ihr Handwerk verstehen und die Spurführung so machen, wie ich sie auch machen würde. Nur die „Nachfolgegeneration“ macht schon aus der besten Spur Schrott, kaum einer tritt in die Tritte des Vordermannes. Für Nachfolgende bleibt dann nur noch ein Wirrwarr an festgetretenem Schnee oder auch mal wieder nicht festgetretenem Schnee, jeder Schritt dann ein neues Erlebnis. Haben die denn keine Ahnung, was eine Spur ist! Zu Bundeswehrzeiten hätte man gesagt: »Kameradenschweine«. Nach den ersten „Steilanstiegen“ wird es wieder ebener und die zusammengetretene Spur macht jetzt weniger Zusatzaufwand notwendig. Ich kann zwar dem Tempo der Vorauslaufenden folgen, brauche aber wegen der mir selbst auferlegten Beschränkungen mehr Pausen. Eigentlich hatte ich als Belastungsgrenze einen „klopfenden“ Puls im Hals festgelegt, aber der persönliche Begrenzungslevel liegt schon früher an. Wegen der unruhigen Spur ist sehr viel Nivellierarbeit mit den Knien und den Unterschenkeln notwendig. Aufgrund der nicht niedrigen Schafthöhe meiner Bergschuhe, auch noch gepaart mit einem ungünstigeren Hebelarm zum Knie, bin ich stärker mit dem Ausgleichen beschäftigt wie zuvor angenommen. Wird dieser Beschäftigungsanteil zu hoch bzw. ich merke, dass dies eintreten würde, dann trete ich an einer geeigneten Stelle aus der Spur und warte etwas. Da ich ja nicht wirklich außer Atem bin, auf über 5000m ist man eigentlich nur beim Luftanhalten nicht außer Atem, reicht es eigentlich immer zu einem kleinen Gespräch mit Shukra Bir.
Als erster Meilenstein beim Aufstieg steht die Querung einer doch sehr imposanten Stahlbrücke hier auf gut 5000m an, ein Bauwerk, dass mir oben so nicht vermuten würde. Gab es bis jetzt fast immer nur Hängebrücken oder Holzbrücken, so steht hier mitten im Nichts eine gut 40m lange DIN konforme panzertaugliche Stahlträgerbrückenkonstruktion. Da es doch noch sehr dunkel ist, verzichte ich darauf, den Fotoapparat aus dem Rucksack zu nehmen.
Irgendwie wird es heute auch nicht richtig hell, es ist zwar kaum Nebel aber in der Ferne gibt es überhaupt keine Sicht. Vor einem steileren Gegenanstieg (ich weiß aus der Erinnerung nicht mehr, ob es schon bei der Bachquerung über den Steg oder erst später bei einem Steinhaus auf dem Weg war bzw. ob dies ein oder zwei Ereignisse waren) machen wir eine etwas längere Pause. Ich bin zwar sehr langsam unterwegs, könnte also beim Warten außerhalb der Spur zu jedem heute auf der Strecke ein »Namaste« sagen, aber ich bin zufrieden. Was mir aber jetzt schon auffällt, unter den Trekkern müssen auch welche sein, die wahrscheinlich noch nie Schnee unter ihren Füssen hatten. Auch ihre Ausrüstungen sind manchmal interessant. Sind sie bei Trägern oft nur verschlissen, so sind viele Trekker doch neu ausgestattet aber eher mit Feinkost Albrecht (wenn es den außerhalb Deutschlands auch gibt) als Hauptlieferant. Ob diese Outdoorsachen nicht ein wenig zu unrobust sind? Vom Schuhwerk gibt es von Tevas bis zu normalen Bergschuhen alles, nur quasi steigeisenfeste wie meine Schuhe sehe ich kaum. Und manch Einer müsste doch mehrere Lagen dickste Unterwäsche unter den dünnen Außenjacken tragen, was ich mir aber bei den figurbetonten Schnitten von Jacken und Hosen nur bedingt vorstellen kann. Ob sich das später nicht noch rächt, auch wenn es nur noch gut 400 Höhenmeter bis oben sind? Den Vogel schießt aber ein vermeintliches Double des einem vom Survival-Duo auf DMAX ab: Caprihose und bei der Fußbekleidung dann Plastiktüte, dicke Socken und Sandalen, da friert es mich ja schon vom Zuschauen. Mit Daunenjacke sind auch einige unterwegs, dies sind aber meist die ganz dünnen oder die Thamel-TNF-Variante. Mit dicker Daunenjacke bin ich allein auf weiter Flur.
Vor der Rast hatten mich auch schon meine Träger überholt, sie waren einige Minuten nach mir gestartet. Bevor wir weitergehen, beschließen wir ohne mein Zutun, dass jetzt Ram prasad bei mir bleibt und Shukra Bir mit den Trägern bis zum Pass vorausgeht. Sie sind schneller als ich und immer Warten in der Kälte hat keinen Sinn. Oben am Pass gibt es eine Hütte, wo sie dann im Warmen auf mich warten können. Die Begleitung durch Ram prasad hat für mich noch einen weiteren Vorteil, er trägt wie schon an den Vortagen mein aufgegebenes Hauptgepäck, d.h. im Falle des Falles könnte ich sehr kurzfristig auf 100% meiner Ausrüstung zurückgreifen.
Langsam und mit vielen Pausen geht es immer nach der identischen Leier weiter, nur mit der Zeit wird die Sicht schlechter. Da man meist zwischen zwei „endmoränenartigen“ Erhebungen unterwegs ist, kann man die tatsächlich mögliche Sichtweite nicht abschätzen, und irgendwann müssen wir doch dann auch in die windreicherer Regionen vorstoßen, hatte sie eigentlich schon hier erwartet. Was mich hier schon etwas stutzig macht, ist, dass die umgebenden Berge nicht zu sehen sind. Liegt es am Schnee und dem heute bescheidenen Tageslicht oder ist der Nebel wesentlich stärker als vermutet? Da mein Gesicht und v.a. die Klettverschlüsse der Jacke noch eisfrei sind, dürfte es (noch) nicht am Nebel liegen.
Ich sage zu Ram prasad: »Du wirst sehen, wenn jetzt die Sicht weiter oben vielleicht noch schlechter wird, dann können wir davon ausgehen, dass die Leute dann wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen das Weite sucht und sich Keiner mehr für den Anderen interessiert! Dann kann Jeder selber schauen, wie er weiter kommt. Das täte mich schon ziemlich wundern, wenn’s nicht so wäre!«
Ankunft im Auge des Schneesturms
Nur mit der mentalen Freiheit bei den ersten Trekkern dürfte es inzwischen nicht mehr weit her sein. Wie ein Häuflein Elend sitzen zwei Trekkerrinnen im Schnee und machen auf mich den Eindruck, dass sie mit der Welt am Ende sind. Bis ich auf deren Höhe bin, werden sie aber schon von anderen Guides eindringlich aufgemuntert alles andere zu tun, nur nicht hinsetzen. Und dies sagen sie nicht ohne Grund: würde man sich in großen Höhen zu zügig vom Hinsetzen erheben, dann kann es zu einem massiven Abfall des Blutdrucks kommen, der dann eine Ohnmacht oder auch einen Kreislaufkollaps zur Folge haben kann. Mit Shukra Bir und Ram prasad habe ich vereinbart, dass, wenn ich mich auf der Passetappe freiwillig außerhalb eines Gebäudes hinsetzen würde, dies für sie bedeutet, dass ich nicht mehr Herr meiner Sinne wäre und ein absoluter Notfall vorliegen würde. D.h. runter von der Höhe, schnellstmöglich, egal wie und wenn sie mich einfach den Abhang runterrollen.
Auch wenn man jetzt die ersten Maultiere, nicht verwandt mit rosa Elefanten, sieht, der Sinneseindruck hat seine Richtigkeit. Man kann für den Passaufstieg auch Maultiere buchen und als Immobilie auf den Tierrücken zum Pass gelangen. Aber wie lange dann oben das Auftauen dauert sei dahingestellt. Wie festgefroren sitzen die Reiter für wahrscheinlich mehr als 200USD auf den Maultieren.
Beim Blick auf meinen Höhenmesser erkenne ich, dass wir jetzt gut 5250m Höhe erreicht haben. Der Wind wird jetzt deutlich stärker und somit auch die Sicht schlechter. Die vielen Schlaglöcher in der Schneespur sind noch die gleichen. Wenn ich Ram prasad so anschaue, dann sind sein Pokerface und seine Augen noch ein Herz und eine Seele. Er bietet sich an, meinen Rucksack zu übernehmen, da sage ich nicht nein, sind für mich wegen der schweren Kamera (2,5kg) 10kg weniger zu tragen. Während einer schöpferischen Pause frage ich Ram prasad danach, wie es um den Pass herum ausschaut. Die Sicht könnte ja nochmals schlechter werden und ich habe keine Lust am Pass vorbei zu laufen und dann mit riesen Umwegen oder gar nicht im Tal anzukommen: Inzwischen sieht man keine Bergwände mehr zur Orientierung und ob ich den Personen vor mir im Noch-Sichtbereich zwecks richtiger Route noch trauen kann, bezweifle ich immer mehr. Er sagt mir, dass wir uns eher hangaufwärts rechts halten sollen und bei einer Gesteinsformation, die er mir beschreibt, etwa 50 Höhenmeter unterhalb des Passes diese mit Abstand links unterhalb umrunden sollten, d.h. sie liegt oberhalb der eigentlichen Strecke. Dann sind es noch 10 bis 15 Minuten bis zum Gipfel. Wenn mein Höhenmesser 5350m anzeigt soll ich es ihm sagen. Ich versuche mir im Kopf aus den Beschreibungen von Ram prasad ein Bild von der nicht zu sehenden Landschaft zu machen, hoffentlich bin ich da im richtigen Film.
Aus dem Wind wird jetzt langsam ein Orkan, wegen meiner Daunenjacke und der aufgesetzten Daunenkapuze ist mir der Fast-Rückenwind zuvor kaum aufgefallen. So wie ich die Menschen kenne, wird es vor uns keine Polonaise an Menschen mehr geben, sondern Jeder wird für sich sein eigenes Süppchen kochen und nur noch bedingt auf seine Umwelt achten.
Hatten wir bis jetzt noch eine zu verfolgende Spur, so wird diese von Minute zu Minute nur noch eine konturlose Schneewüste. Es besteht keine Chance mehr, die Lage der Fußstapfen des 20m vor mir Laufenden zu identifizieren, der extreme Wind begräbt mit dem Schnee einfach alles. Ich sehe nur noch einige Einzelkämpfer vor mir und diese sind deutlich langsamer wie ich. Beim letzten Blick hinter mir vor geraumer Zeit, konnte ich bereits erkennen, dass Ram prasad und ich heute die Lumpensammler sind. Aber sind wir überhaupt noch auf den richtigen Weg? Ein ständiges Auf- und Ab vor dem Pass steht zwar in den Reiseführern, der Abstand der ganzen Zwischenhügel ist mir aber fast zu gering. Und die Sicht ist inzwischen sehr bescheiden, vielleicht noch maximal 100m bei „Normalwind“ und bei einer Böe ist es sekundenlang nur noch weiß mit Sichtweite bei fast 0. Es lässt sich eigentlich gar nicht mehr abschätzen, ob wir uns im Tal zwischen den Kamelbuckeln oder obenauf befinden. Nur die Windrichtung zeigt an, dass die eingeschlagene Gehrichtung gar nicht so falsch sein kann. Jetzt heißt es immer die Umgebung und die Lage der Vorauslaufenden zur Umgebung zu beobachten, damit wir nach einer Böe wissen, wo es weiter geht.
Wie aus dem Nichts tauchen Maultiere auf, die uns ohne Besatzung entgegen kommen. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: sie kennen den Weg nicht und nehmen uns beide als Orientierung oder, was ich vermute, sie gehen den Weg, den sie jeden Tag gehen, v.a. wenn sie ohne Führer unterwegs sind. Folglich sollten wir uns eigentlich auf dem richtigen Weg befinden. Trotzdem, eine Orientierung ist eigentlich fast nicht möglich, wo ist nun Ram prasads Gesteinsformation? Wir sind wieder an einem Scheidepunkt angekommen, wie gehen wir jetzt weiter? Die Logik meint geradeaus, mein Bauchgefühl sagt links durch eine kleine Querung, denn ich meine weiter hinten Umrisse eines Felsens, wahrscheinlich kaum 100m weg, zu sehen. An Ram prasad sehe ich, dass sein Pokerface und seine Augen inzwischen zwei verschiedene Sprachen sprechen. Auch aus dem Zick-Zack der inzwischen sehr langsam vor oder auch schon hinter mir Laufenden werde ich nicht schlau. Welcher von diesen Personen eingeschlagene Weg könnte zielführend sein? Im 90° Winkel vor uns ist alles dabei. Selber den vermeintlich richtigen Weg zu suchen und dabei darauf zu achten, unter allen Umständen Keine(n) der in “weiter Umgebung” um mir Laufenden aus den Augen zu verlieren. Da diese wahrscheinlich körperlich und mental völlig am Ende sind, vereinfacht es die Sache jetzt überhaupt nicht.
Wer hat den Weg geklaut?
Und wie geht es jetzt weiter, geradeaus oder halblinks? Ich frage Ram prasad, wo er weitergehen würde und stelle bewusst keine Ja/Nein oder Bevorzugt-Diese-Antwort-Frage. Er ist jetzt selber auch am Rätseln. Da er als Koch auf der Annapurnarunde nur selten gebraucht wird, macht er die Route nicht regelmäßig aber dennoch oft genug. Ich sage ihm, dass mein Höhenmesser 5380m anzeigt, wegen des Sturms dürften wir aber einen erhöhten Druckabfall haben, d.h. von dem Wert dürfen wir einige Meter abziehen.
Und an wen aus den vorauslaufenden Personen sollen wir uns am Besten halten bzw. am meisten aufpassen? Ram prasad und ich beschließen, der am weitesten rechts von uns befindlichen Person unser besonderes Augenmerk zu widmen. Es dürfte sich aus unserer Entfernung gesehen von der Konstitution und der Kleidungsfarbe her um eine Frau handeln, was sich auch später bewahrheitet. Sie sitzt an einem kleinen Felsen und steht gerade von diesem wieder auf. Ich erkenne, dass sie keinen Rucksack mehr trägt und sie sich komplett alleine “weiterschlägt”. Warum ist sie hier ohne Rucksack unterwegs und ganz alleine? Wirft man hier einen Rucksack einfach weg? Zwar nicht auszuschließen, aber dafür läuft sie mir jetzt zu zielstrebig weiter! Wo ist dann die Person, die jetzt den Rucksack von dieser Person trägt? Ist es der Ehepartner, dann wäre diese Vorgehensweise ein Scheidungsgrund ersten Ranges, den anderen hier einfach sich selbst zu überlassen. Ist es der Guide oder der "Lumpensammler" einer Gruppe, dann wäre es eigentlich grob verantwortungslos den Kunden in solch einer Situation sich selbst zu überlassen.
Die Whiteouts, so bezeichnet man Schneesturmphänomene, wenn man nur noch weiß sieht, und deshalb keine Konturen, geschweige denn Himmel und Erde, nehmen an Häufigkeit zu und haben zeitlich inzwischen die Oberhand. Ich schlage Ram prasad vor, während einer Whiteout-Pause sich den Felsumriss anzuschauen, den ich gesehen habe und der von der Beschreibung zu der Gesteinsformation von Ram prasad passen könnte. Ich habe absichtlich meinen linken Fuß genau in Richtung der Formation stehen lassen, um diese nach einem Whiteout wieder schnell zu finden. Nach gut einer Minute kann man den Felsen wieder sehen, sogar etwas besser als zuvor. Die Wandlung von Ram prasads Pokerface in ein kleinkindliches Freudengesicht (er ist älter als ich) in den nächsten Sekundenbruchteilen ist ein Ereignis, dass man sich lebenslang einprägen kann.
Mir sagt es nur, Volltreffer, der Weg passt! Jetzt wo die schlimmste Anspannung aus der Situation draußen ist, frage ich ihn: »Wie lange hättest Du Dein Pokerface noch durchgehalten, deine Augen haben mir seit geraumer Zeit etwas ganz anderes erzählt?«,
»Nicht mehr lang, schaut ihr Europäer den anderen Menschen nicht nur ins Gesicht, sondern auch auf die Augen?« antwortet er sichtlich überrascht.
Darauf ich: »Wir gehen zum Fels und dann langsam in Richtung Pass. Wir müssen aber aufpassen, dass wir von denen schräg vor und hinter uns niemanden verlieren!« und gebe den Personen dabei mehrmals deutliche Handzeichen, wo der Weg hingeht. Ob sie es bemerken, weiß ich nicht. Bei diesen wenigen Personen ist aber ersichtlich, dass sie den Willen haben weiterzukommen, persönliche Hilfestellungen also noch nicht unbedingt notwendig sind. An die genaue Personenzahl kann ich mich nicht erinnern, aber man vergleicht hier im Unterbewusstsein Bilder des Erinnerungsmusters. Obwohl man die Personen nicht wissentlich durchzählt, habe ich einmal die “Alarmmeldung”, irgendwas fehlt in meinem Wahrnehmungsbild, nur was? Irgendetwas war pastell-graufarbig und das fehlt jetzt. Pastellfarben sind hier ab 10m nur noch ein Grauschleier. Wo ist die Frau von zuvor denn jetzt abgeblieben? Eigentlich haben wir immer versucht darauf aufzupassen, dass sie nicht sitzen bleibt und uns nachfolgt, aber kaum ist man ein paar Augenblicke mit sich selbst beschäftigt, findet man sie nicht mehr. Kaum einige Sekunden später erspähen wir sie wieder in unsere Richtung laufend, eine kleine Kuppe hatte die Sicht versperrt.
Die Gesteinsformation ist schnell erreicht, sie liegt auf einem kleinen Plateau, es liegt auch fast kein Schnee. Da wir ja noch vor dem Pass sind und wahrscheinlich etwas zu hoch sind, schlage ich vor nach halblinks leicht bergab zu gehen. So makaber es auch klingen mag, ob wir von hier wirklich bergab oder bergauf laufen müssen, kann wegen des gänzlich fehlenden Horizonts schnell falsch eingeschätzt werden. Es dauert nicht mehr lange, und der Schnee wird wieder knietief, die Whiteouts sind aber kräftig und häufig wie zuvor. Und während ich mit dem Spur legen beschäftigt bin, klopft mir Ram prasad auf die Schulter und zeigt nach vorne. Da ist er, der Pass, oder wenigstens die Teehütte und rechts davon die Gebetsfähnchen und die Passschilder, wir haben es geschafft. Kaum 50m liegen sie entfernt!
Ich gebe allen hinter mir Laufenden eindeutige Zeichen, wo der Pass sich befindet.
Ankunft am Thorong La
Aber nach ein paar Sekunden ist es wieder vorbei mit der Sicht, zweifelsfrei ist nur noch erkennbar, wo ist oben und wo ist unten. Jetzt heißt es wieder die Geduld zu bewahren und auf ein Sichtfenster zu warten und dann die nächsten 20-30 Schritte zu wagen. Nach zwei weiteren Zwischenstopps haben wir endlich die Hütte am Pass erreicht. Nur irgendwie habe ich mir den Pass unabhängig vom heutigen Wetter etwas anders vorgestellt. Man geht zwischen der Passmarkierung und dem Teehaus hindurch, erwartet hätte ich eigentlich, dass der Weg an beiden vorbeiführt.
Vor der Hütte erkenne ich auch mehrere Tragekörbe, von zwei bin ich mir absolut sicher, dass sie zu uns gehören, und ein weiterer dürfte auch ein unsriger sein. D.h. die Träger müssten alle den Pass erreicht haben. Die Windverhältnisse sind schon extrem hier, aber warum stehen da noch ein paar Menschen vor der Hütte, ist im Innern kein Platz mehr? Im Bereich des Passschildes ist niemand, ist auch nicht verwunderlich, der Wind pfeift in Orkanstärke und zwischen Hütte und Passmarkierung dürfte z.T. mehr als ein Meter Schnee liegen. Kaum sehen wir uns um, ist auch schon Shukra Bir da und begrüßt uns freudestrahlend mit sichtlich allergrößter Erleichterung.
Shukra Bir sagt: »Die anderen sind schon lange im Innern der Hütte, die ist aber inzwischen restlos überfüllt. Kein Chance auf einen Platz!«
»Und der Rest der Meute wartet auf Einlass?« antworte ich und Shukra Bir erwidert: »So in etwa«. Auf meine Frage zu Shukra Bir, wie er in dem Schneechaos so schnell mitbekommen hat, dass Ram prasad und ich gerade am Pass eingetroffen sind, wir haben ihn ja außerhalb der Hütte nicht gesehen , antwortet er lapidar: »Ich habe nur etwas in Knallorange an der Tür vorbeigehen sehen, was nach einem Rucksack ausgeschaut hat. Und dein Rucksack ist der Einzige in Knallorange, den ich in den letzten Tagen gesehen habe!«.
Während unseres Gesprächs bemerke ich im Augenwinkel, dass jemand eine Rettungsdecke auswickelt. Ich drehe mich um und sehe, dass mehrere Personen um eine Frau herum stehen, die im Gesicht so ziemlich jede Farbe des Regenbogens, sei es knalliges rot, intensives blauviolett, kräftiges braungelb, … hat und am ganzen Körper nur noch fürchterlich zittert. So viele unterschiedliche und extreme Farbnuancen hat ja in Deutschland fast keine einzige Frau in ihrem Beauty-Case. Die Kleidungsfarbe der Frau ist ähnlich der Person, die ich vor dem Pass überholt habe und wo ich nach dem Erreichen des Passes gesehen habe, dass diese auch nur noch wenige Meter hat. Was nicht passt, ist, irgendwie fehlt da jetzt mindestens eine Konfektionsgröße und, wenn es die identische Person ist, so stark verfroren hat sie mir vor dem Pass auch nicht gewirkt. Mehrere Personen, es scheinen Nepali zu sein, scharen sich im Halbkreis um die Person und versuchen sie auch zu stützen. Aber warum steht denn keiner in Ihrem Rücken, der orkanartige Wind bläst genau in ihren Rücken. Die können doch nicht vorne ihr die Rettungsdecke umlegen und am Rücken der Frau setzt sich ihr Schockgefrieren fort!
Noch bevor ich mich auf den Weg mache, mich als Windschutz zwischen Windböen und der Frau zu stellen, mache ich mir leise oder auch laute Gedanken, ich vermute ich habe es nur gedacht und nicht laut ausgesprochen (im Originalton-Süd hätte es hier sowieso niemand verstanden) was die Vorgehensweise hier soll: »Bringt die Frau schnellstmöglich hier weg, mit dieser dünnen Jacke erfriert die hier sonst! Die ist restlos unterkühlt! Rein in die Hütte egal wie, oder sofort ab nach unten und wenn ihr sie am Seil runterzieht! Lieber 50 blaue Flecken und ein paar Knochen mehr als zeit Lebens gefriergetrocknet!«
Man bin ich froh, dass wir alle hier am Pass zusammen sind. Oft während des Aufstiegs habe ich mich mit dem Gedanken beschäftigt: was passiert, wenn einer aus Übereifer am Pass gleich weiter rennt und ich aber noch vor dem Pass umkehren muss. Ich hatte immer im Hinterkopf, dass ich es mir im Sinne der Unversehrtheit der Gruppe gar nicht leisten darf, den Pass nicht zu erreichen. Danke, wieder eine Angst weniger.
Beim Eigencheck bei mir merke ich, dass bei mir alles in Ordnung ist. Die Schuhe sind trocken, die Füße angenehm temperiert, eigentlich alles angenehm, nur an den Händen beginne ich auszukühlen. Und ich bin der Einzige mit dickerer Daunenjacke hier. In welchen mentalen Zustand wäre ich jetzt, bei frierenden Zehen oder kaltem Bauch? Auch Shukra Bir und Ram prasad sind mir die wenigen Meter gefolgt. Sicherheitshalber will ich zumindest den Blick vom Pass zurück wagen, könnte ja jemand kommen, der Hilfe braucht. Aber nach kaum 10 Sekunden gebe ich dieses Vorhaben freiwillig auf. Wer schießt hier mit abertausenden kleinen extrem heißen Stahlkugeln bei dem orkanartigen Wind mitten in mein Gesicht? Mit der Hand muss ich den Klettverschluss meiner Kapuze festhalten, damit der Wind den Klettverschluss nicht noch aufreißt. Da sind doch hier gefühlte -50°C oder noch niedriger! Da muss doch die oberste Hautschicht im Gesicht schon weggefroren sein, das Gesicht brennt binnen weniger Sekunden auf das Fürchterlichste! Ist das in der Luft noch Schnee oder schon flüssiger Stickstoff im Sturm? Solche gefühlten kalten Temperaturen wie gerade aktuell habe ich bis jetzt noch nicht einmal im Ansatz in meinem Leben erlebt. Da waren ja meine kältesten -21°C ja noch tropische Hitze. Scheiß Wind!
Wenn ich mich jetzt wieder aus dem Wind drehe, haben die Anderen die frierende Frau schon in die Hütte gebracht, oder muss ich mich dann um eine gesundheitserhaltenden Lösung der Sache kümmern? In meinem Rucksack wären noch eine Daunenhose zum Drüberziehen und die dann abzugebende Daunenjacke könnte ich mit meiner Hardshell tauschen, müsste mir dann aber eine zweite “Langarmlage” unterhalb der Hardshell anziehen.
Kaum wende ich den Wind wieder den Rücken zu, wird es wieder erträglich und auch mein Gesicht scheint sich wieder zu erholen. Auch sehe ich, dass die Menschen versuchen, die extrem stark unterkühlte Frau in das Innere der Hütte zu bringen bzw. dass sie sich fast nicht mehr außerhalb der Hütte befindet. Ihre Versorgung dürfte gesichert sein. Wünschen wir ihr das Beste.
»Sag mal Shukra Bir, stehen da noch Leute hinter der Hütte, da müsste doch kaum Wind sein?« frage ich und erhalte als Antwort von ihm, »Da ist nur eine riesige Schneeverwehung, da kann keiner hin!«. »Shukra Bir, hinter der Hütte sind normal Turbulenzen, deshalb die Schneeverwehung. Zwei Meter weiter hinten sollte kaum Wind sein, kann auch ein Meter mehr oder weniger sein, da können wir uns hinstellen!«. Shukra Bir schaut mich absolut ungläubig an, geht aber trotzdem hinter die Hütte. Kaum angekommen winkt er uns umgehend herbei. Und tatsächlich ist an der Stelle sehr deutlich weniger Wind. Ich habe mich zwar während meines Studiums für die Strömungsmechanik kaum begeistern können, aber anscheinend lernt man im Studium auch mal was fürs (Über-)Leben.
Auf meine Frage an Ram prasad, ob denn Zustände wie aktuell öfters vorkommen, erhalte ich als Antwort, dass es schon heftig sei, sie aber solche Zustände schon mitgemacht haben, aber noch nie hier am Thorung La.
Auch wenn die aktuellen Witterungszustände nicht unbedingt der Lebensdauer von Elektronikbauteilen freundlich gesinnt sind, beschließe ich, dass Shukra Bir ein Bild von mir am Passschild machen soll, als Beweisfoto, welche Zustände hier herrschen. Das glaubt mir sonst keiner danach und es müssen ja nicht immer diese Schönwetterfotos bei den Reiseveranstaltern sein. Für diesen Zweck ist es mir egal, ob meine Fotokamera dieses Ansinnen übersteht, auch wenn deren Neuwert über dem Preis dieser Reise liegt!

Schönwetterphase (kein Witz !!!) am Thorung La - 14.10.2014 9:23 Uhr - Das Bild wurde mit 1/250s Belichtungszeit aufgenommen, man beachte im verlinkten Bild in Originalgröße die Länge der Schneefahnen
Das Bild in Originalgröße anschauen.

In voller Konzentration nach dem nächsten Whiteout die 10m entfernte Hütte am Thorong La Pass wieder zu finden

Auch wenn diese Aufnahme am Thorung La Pass beim Gang vom Teehaus zum Passschild erfolgte, es zeigt exemplarisch auch die Spur- und Schneeverhältnisse auf der Manangseite rund um den Thorung La.
Ende von Teil 1 (der Text darf nur 50.000 Zeichen lang sein).
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