AW: Die Donau entlang
14.9.2013
Frühstück ist auch noch im Übernachtungspreis inbegriffen. Wir sitzen also allein in einer Art Bahnhofshalle, was der zuständigen Bedienung nicht besonders gefällt. Wir bekommen einen Teller mit unglaublich fettigem Rührei hingeknallt.
Anschließend packen wir, tragen die vielen Taschen runter und beladen unsere Räder in der Hotelhalle. Vor dem Eingang gibt es zur Treppenvermeidung sogar eine Rampe, die wir gestern abend völlig übersehen haben. Ich schiebe mein Fahrrad um die 90 Grad-Ecke auf die schmale Rampe, setze einen Fuß drauf, stelle fest, dass die Oberfläche aalglatt ist, rutsche weg, kann das schwere Rad nicht mehr halten und krache auf die Rampe. Das Rad liegt auf mir drauf. Als ich es anheben will, stelle ich fest, dass ich es keinen Millimeter bewegen kann, so bin ich eingeklemmt. Drum herum stehen etliche Passanten, die mich gerade noch freudig mit „Hello, Hola, Bonjour“ gegrüßt haben. Nun sehen sie gespannt zu, wie es wohl weitergeht. Helfen möchte niemand. Ich robbe Zentimeter für Zentimeter unter dem Rad heraus. Bis auf ein paar blaue Flecken bin ich noch intakt. Und sauer. Warum hat mir keiner geholfen?
Kombiniert mit dem Erlebnis gestern abend bestärkt das in mir den Wunsch, dieses Land zu verlassen. Bis Giurgiu ist es nicht mehr weit. Und da gibt es eine Brücke. Die wird wohl kaum nach den Sommerferien eingemottet wie die Fähren.
Der Rückenwind ist immer noch beträchtlich. Wir radeln mit Hochgeschwindigkeit. Die Strecke ist unverändert. Dorf-grüne Weite-Dorf. Die Dörfer immer noch im Alhambra-Baustil. Kläffende Hunde. Johlende Kinder. Wir wünschen uns definitiv Abwechslung.
Giurgiu ist groß. Besteht aus Gewerbe und Plattenbauten. Hat eher spätsozialistischen Charme. Und liegt zwar theoretisch an der Donau, ist ihr aber nicht zugewandt. Wir sind jetzt ungeduldig. Deshalb verfahren wir uns gleich mehrmals. Die Passanten, die wir fragen, haben auch keine Idee, wo die Brücke sein könnte. Wir müssen einen weiten Haken schlagen, um die Auffahrt zu finden. Hier ist viel Verkehr. LKW auf LKW rollt in Richtung Bulgarien. Bei gleichem Verkehrsaufkommen in Gegenrichtung. Wir folgen den Wegweisern. Zuerst kommen wir an ein Mauthäuschen. Nein, Räder müssen nichts bezahlen. Also weiter. Noch eine kurze Auffahrt und wir erreichen die Brücke, die ein bißchen altersschwach aussieht. Vor allem ist sie sehr schmal und sehr stark befahren.
Eigentlich würden wir lieber den Seitenweg benutzen. Aber ein Grenzer verlässt extra sein Häuschen, um uns in Richtung Fahrbahn zu schicken. Pech für die Autos hinter uns. Aber auch hier beschweren sie sich nicht. Die Donau ist hier breit und mehrarmig. Ihre Überquerung nimmt einige Zeit in Anspruch. Irgendwo unterwegs kommt uns ein Reiseradler entgegen. Unterhalten kann man sich hier leider nicht.
Auf der bulgarischen Seite werden wieder fleißig die Pässe kontrolliert. Dann dürfen wir weiter Richtung Ruse. Wir sind in einer Art Industrie-Hölle gelandet. Mehr oder weniger verfallen. Aber auch Neubauten sind zu sehen. Die Beschriftung ist ausschließlich kyrillisch. Gut, dass wir das gelernt und in Serbien schon geübt haben. Der Straßenzustand ist übel.
Ruse ist recht groß. Wir durchqueren einen Gewerbegürtel samt großem Hafen. Danach endlose Plattenbau-Viertel und kommen schließlich in die Stadtmitte. Die Fußgängerzone ist ausgesprochen belebt. Es gibt Geschäfte, Restaurants und Cafes jeder Art. Wir nutzen gleich mal einen der vielen Bankautomaten. In Ruse findet gerade ein Rock-Festival statt. Auf den Plätzen sind Bühnen aufgebaut. Überall gibt es Musik und Aufführungen.
Schließlich finden wir die gut ausgeschilderte Touri-Info und fragen, wie wir am besten in Richtung Campingplatz kommen. Wir erfahren, dass der seit kurzem nicht mehr existiert. Inzwischen ist ein junges deutsches Radlerpärchen aus Dresden aufgetaucht. Ebenfalls auf Quartiersuche. Wir bekommen einen Stadtplan und man zeichnet uns ein, wo wir Hotels in der gewünschten Preislage (möglichst wenig) finden können. Man empfiehlt uns das English Guesthouse. Das liegt gleich um die Ecke.
Den anderen ist es zu teuer, aber uns gefällt es so gut, dass wir die 30 € bezahlen wollen. Hübsche Zimmer. Schöne Gemeinschaftsräume. Terrasse, Küche, Esszimmer. Und eine angenehme internationale Athmosphäre. Das haben wir uns mal verdient. Morgen wollen wir zu den Felsenklöstern von Iwanowo fahren.
Jetzt machen wir uns erst einmal auf die Suche nach einer Fahrradwerkstatt. An meinem Rad fehlt eine Schraube an der Schaltung. An dem meines Mannes wackelt das Vorderrad und lässt sich auch nicht festschrauben. Wir bekommen von der netten Wirtin eine Wegbeschreibung und die Adresse des Ladens in kyrillisch aufgeschrieben, damit wir uns durchfragen können. Auf relativ direktem Weg finden wir hin. Eine kleine dunkle Werkstatt. Davor stehen auf dem Bürgersteig diverse Räder. Dazwischen sitzen Menschen und in der Mitte wird an einem Montageständer gearbeitet.
Wir sollen auf den Meister warten. Schnell schraubt der meine Schaltung wieder fest. An dem Vorderrad scheitert er genauso wie wir vorher. Die Nabe ist wohl nicht mehr zu richten. Er schlägt vor, dass wir ein neues Vorderrad kaufen. Da sind wir skeptisch. Inzwischen sind die Dresdner aufgetaucht. Eines ihrer Räder hat Probleme mit der Gabel. Was genau, kriegen wir nicht mit. Die beiden parlieren „ausländisch“ mit dem Meister. Wohl Russisch.
An unserem Rad hätten wir nun gerne noch die Schaltung richtig eingestellt. Da hakt es. Der Meister macht sich an die Arbeit. Er tauscht die Schaltzüge aus. Baut das Hinterrad aus. Säubert Kette und Ritzel gründlich. Dabei stellt er fest, dass mehrere Speichen locker sind. Ein Achter. Auf dem Zentrierständer wird sichtbar, dass eine der Speichen aus der Felge gerissen ist. Er macht sich dran, auf einer Drehbank ein passendes Ersatzteil herzustellen. Es ist inzwischen 22 Uhr. Samstag. Er schlägt vor, dass wir am Sonntag mittag wiederkommen sollen. Dann wird das Rad fertig sein. Einverstanden. Sieht nach einer längeren Pause in Ruse aus.
Wir machen noch einen Spaziergang an der Uferpromenade, wo die Kreuzfahrtschiffe anlegen und durch die reichlich vorhandenen Fußgängerzonen mit ihren hübschen Plätzen und all der Musik. Schließlich kochen wir uns in der Küche etwas zu essen. Trotz der dröhnenden Musik vom nahe gelegenen Platz schlafen wir gut.
14.9.2013
Frühstück ist auch noch im Übernachtungspreis inbegriffen. Wir sitzen also allein in einer Art Bahnhofshalle, was der zuständigen Bedienung nicht besonders gefällt. Wir bekommen einen Teller mit unglaublich fettigem Rührei hingeknallt.
Anschließend packen wir, tragen die vielen Taschen runter und beladen unsere Räder in der Hotelhalle. Vor dem Eingang gibt es zur Treppenvermeidung sogar eine Rampe, die wir gestern abend völlig übersehen haben. Ich schiebe mein Fahrrad um die 90 Grad-Ecke auf die schmale Rampe, setze einen Fuß drauf, stelle fest, dass die Oberfläche aalglatt ist, rutsche weg, kann das schwere Rad nicht mehr halten und krache auf die Rampe. Das Rad liegt auf mir drauf. Als ich es anheben will, stelle ich fest, dass ich es keinen Millimeter bewegen kann, so bin ich eingeklemmt. Drum herum stehen etliche Passanten, die mich gerade noch freudig mit „Hello, Hola, Bonjour“ gegrüßt haben. Nun sehen sie gespannt zu, wie es wohl weitergeht. Helfen möchte niemand. Ich robbe Zentimeter für Zentimeter unter dem Rad heraus. Bis auf ein paar blaue Flecken bin ich noch intakt. Und sauer. Warum hat mir keiner geholfen?
Kombiniert mit dem Erlebnis gestern abend bestärkt das in mir den Wunsch, dieses Land zu verlassen. Bis Giurgiu ist es nicht mehr weit. Und da gibt es eine Brücke. Die wird wohl kaum nach den Sommerferien eingemottet wie die Fähren.
Der Rückenwind ist immer noch beträchtlich. Wir radeln mit Hochgeschwindigkeit. Die Strecke ist unverändert. Dorf-grüne Weite-Dorf. Die Dörfer immer noch im Alhambra-Baustil. Kläffende Hunde. Johlende Kinder. Wir wünschen uns definitiv Abwechslung.
Giurgiu ist groß. Besteht aus Gewerbe und Plattenbauten. Hat eher spätsozialistischen Charme. Und liegt zwar theoretisch an der Donau, ist ihr aber nicht zugewandt. Wir sind jetzt ungeduldig. Deshalb verfahren wir uns gleich mehrmals. Die Passanten, die wir fragen, haben auch keine Idee, wo die Brücke sein könnte. Wir müssen einen weiten Haken schlagen, um die Auffahrt zu finden. Hier ist viel Verkehr. LKW auf LKW rollt in Richtung Bulgarien. Bei gleichem Verkehrsaufkommen in Gegenrichtung. Wir folgen den Wegweisern. Zuerst kommen wir an ein Mauthäuschen. Nein, Räder müssen nichts bezahlen. Also weiter. Noch eine kurze Auffahrt und wir erreichen die Brücke, die ein bißchen altersschwach aussieht. Vor allem ist sie sehr schmal und sehr stark befahren.
Eigentlich würden wir lieber den Seitenweg benutzen. Aber ein Grenzer verlässt extra sein Häuschen, um uns in Richtung Fahrbahn zu schicken. Pech für die Autos hinter uns. Aber auch hier beschweren sie sich nicht. Die Donau ist hier breit und mehrarmig. Ihre Überquerung nimmt einige Zeit in Anspruch. Irgendwo unterwegs kommt uns ein Reiseradler entgegen. Unterhalten kann man sich hier leider nicht.
Auf der bulgarischen Seite werden wieder fleißig die Pässe kontrolliert. Dann dürfen wir weiter Richtung Ruse. Wir sind in einer Art Industrie-Hölle gelandet. Mehr oder weniger verfallen. Aber auch Neubauten sind zu sehen. Die Beschriftung ist ausschließlich kyrillisch. Gut, dass wir das gelernt und in Serbien schon geübt haben. Der Straßenzustand ist übel.
Ruse ist recht groß. Wir durchqueren einen Gewerbegürtel samt großem Hafen. Danach endlose Plattenbau-Viertel und kommen schließlich in die Stadtmitte. Die Fußgängerzone ist ausgesprochen belebt. Es gibt Geschäfte, Restaurants und Cafes jeder Art. Wir nutzen gleich mal einen der vielen Bankautomaten. In Ruse findet gerade ein Rock-Festival statt. Auf den Plätzen sind Bühnen aufgebaut. Überall gibt es Musik und Aufführungen.
Schließlich finden wir die gut ausgeschilderte Touri-Info und fragen, wie wir am besten in Richtung Campingplatz kommen. Wir erfahren, dass der seit kurzem nicht mehr existiert. Inzwischen ist ein junges deutsches Radlerpärchen aus Dresden aufgetaucht. Ebenfalls auf Quartiersuche. Wir bekommen einen Stadtplan und man zeichnet uns ein, wo wir Hotels in der gewünschten Preislage (möglichst wenig) finden können. Man empfiehlt uns das English Guesthouse. Das liegt gleich um die Ecke.
Den anderen ist es zu teuer, aber uns gefällt es so gut, dass wir die 30 € bezahlen wollen. Hübsche Zimmer. Schöne Gemeinschaftsräume. Terrasse, Küche, Esszimmer. Und eine angenehme internationale Athmosphäre. Das haben wir uns mal verdient. Morgen wollen wir zu den Felsenklöstern von Iwanowo fahren.
Jetzt machen wir uns erst einmal auf die Suche nach einer Fahrradwerkstatt. An meinem Rad fehlt eine Schraube an der Schaltung. An dem meines Mannes wackelt das Vorderrad und lässt sich auch nicht festschrauben. Wir bekommen von der netten Wirtin eine Wegbeschreibung und die Adresse des Ladens in kyrillisch aufgeschrieben, damit wir uns durchfragen können. Auf relativ direktem Weg finden wir hin. Eine kleine dunkle Werkstatt. Davor stehen auf dem Bürgersteig diverse Räder. Dazwischen sitzen Menschen und in der Mitte wird an einem Montageständer gearbeitet.
Wir sollen auf den Meister warten. Schnell schraubt der meine Schaltung wieder fest. An dem Vorderrad scheitert er genauso wie wir vorher. Die Nabe ist wohl nicht mehr zu richten. Er schlägt vor, dass wir ein neues Vorderrad kaufen. Da sind wir skeptisch. Inzwischen sind die Dresdner aufgetaucht. Eines ihrer Räder hat Probleme mit der Gabel. Was genau, kriegen wir nicht mit. Die beiden parlieren „ausländisch“ mit dem Meister. Wohl Russisch.
An unserem Rad hätten wir nun gerne noch die Schaltung richtig eingestellt. Da hakt es. Der Meister macht sich an die Arbeit. Er tauscht die Schaltzüge aus. Baut das Hinterrad aus. Säubert Kette und Ritzel gründlich. Dabei stellt er fest, dass mehrere Speichen locker sind. Ein Achter. Auf dem Zentrierständer wird sichtbar, dass eine der Speichen aus der Felge gerissen ist. Er macht sich dran, auf einer Drehbank ein passendes Ersatzteil herzustellen. Es ist inzwischen 22 Uhr. Samstag. Er schlägt vor, dass wir am Sonntag mittag wiederkommen sollen. Dann wird das Rad fertig sein. Einverstanden. Sieht nach einer längeren Pause in Ruse aus.
Wir machen noch einen Spaziergang an der Uferpromenade, wo die Kreuzfahrtschiffe anlegen und durch die reichlich vorhandenen Fußgängerzonen mit ihren hübschen Plätzen und all der Musik. Schließlich kochen wir uns in der Küche etwas zu essen. Trotz der dröhnenden Musik vom nahe gelegenen Platz schlafen wir gut.
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